in Luftaufnahmen von 1930

Joachim Paschen

Medien-Verlag Schubert ISBN 978-3-937843-56-8 © Copyright 2019 by Medien-Verlag Schubert, Alle Rechte, auch des auszugsweisen Nachdrucks und der fotomechanischen Wiedergabe, vorbehalten. Konzept/Gestaltung: Medien-Verlag Schubert / Thomas Börnchen Printed in Inhaltsverzeichnis

Einleitung 7 Westufer der Binnenalster 25 Kreuzung von Neuer Jungfernstieg St. Nikolai 9 und Esplanade Die erste Kirche der Hamburger Kaufleute Lombardsbrücke 26 Mönckebergstraße 10 Eine Brücke trennt die Binnen- von der Außenalster Eine Hauptschlagader des Verkehrs Holstenplatz 27 Steinstraße 11 Ein Platz mit Kreisverkehr Ein Fernhandelsweg als erste gepflasterte Straße Hamburgs Musikhalle 28 Hamburg wollte in der Weltklasse mitspielen Sprinkenhof 13 Hamburgs größtes Kontorhaus Deutschlandhaus 29 Eine Großbaustelle an der Dammtorstraße St. Jacobi 15 Die Kirche der Pilger, der Fuhrleute, Seewarte 30 der Handwerker, der Bauern Ein italienisches Kastell auf einer Bastion

Chilehaus 16 St. Katharinen 31 Das erste Kontorhaus im Sanierungsgebiet der Die Kirche der Schiffer direkt am Wasser südlichen Altstadt St. Michaelis 32 Deichtormarkt 18 Die jüngste, größte und am höchsten gelegene Der größte Marktplatz Hamburgs Hauptkirche Hamburgs

Alsterdamm 19 Gängeviertel 35 Neubauten nach dem Großen Brand 1842 Ein Elendsviertel der besonderen Art

Rathaus 20 Zoologischer Garten 36 Rücken an Rücken die geballte politische und Eine Grünanlage ohne Lebewesen wirtschaftliche Macht Universität 37 Börse 22 Ein Kuppelbau „der Forschung, der Lehre, Das Herzstück der hamburgischen Wirtschaft der Bildung“ geweiht

Jungfernstieg 23 AK St. Georg 39 Benannt nach dem Heiligen Ritter mit ISBN 978-3-937843-56-8 Die beliebteste Promenade der jungen Leute dem roten Kreuz © Copyright 2019 by Medien-Verlag Schubert, Hamburg trug früh den Spitznamen Jungfernstieg Alle Rechte, auch des auszugsweisen Nachdrucks und der fotomechanischen Wiedergabe, vorbehalten. Alsterfleet 24 40 Konzept/Gestaltung: Medien-Verlag Schubert / Thomas Börnchen Durch zwei Wasserläufe fließt Vom Weide- und Gemüseland zur Fabrik- und Printed in Germany die Alster in die Elbe Arbeitervorstadt

3 Am Bille-Bogen 41 Winterhuder Fährhaus 58 Wohnen und Arbeiten im Gedränge Kein Fährhaus, sondern ein Ausflugslokal

Hachmannplatz 42 Stadtparksee 60 Eine Allee zur Kirche Die größte öffentliche Grünanlage Hamburgs

Hotel Atlantic 43 Planetarium 62 Ein Nobel-Haus an der Außenalster Ein Wasserturm an der höchsten Stelle des Stadtparks

St. Pauli-Landungsbrücken 44 Habichtsplatz 63 Zu Füßen des Hamburger Bergs Am Stadtrand Platz für die Stadtarmut

Reeperbahn 46 Jarrestadt 65 Eine lange und schnurgerade Strecke, um Neues Wohnen in Schiffstaue und -seile zu drehen Meerweinstraße 66 Schlachthof 47 Eine Volksschule für die Arbeiterstadt Die Versorgung der Millionenstadt 67 Außenalster 48 Im Kampf gegen die Wohnungsnot Baden in der Alster Barmbeks Parkkrankenhaus 68 Mundsburg 50 Das dritte Krankenhaus für Hamburg Eine Großbaustelle bei der Hochbahn-Haltestelle Barmbeks Industrie 70 Rauhes Haus 51 Arbeiten und leben an den Kanälen Ein Rettungsdorf für sittlich gefährdete Knaben Ohlsdorfer Friedhof 72 Barmbecks Kaufhaus 52 Eine Parklandschaft als letzte Ruhestätte Ausverkauf bei Karstadt an der Hamburger Straße Krematorium 73 Dampfbäckerei 53 Der Würde des Todes angemessen Eine Fabrik in Barmbek umringt von dreistöckigen Hinterhäusern Restaurant Röttger 74 Mit Blick auf den Haupteingang zum Friedhof Uhlenhorster Fährhaus 54 Eine Ruderregatta auf der Außenalster Freibad Ohlsdorf 75 Hamburgs erstes Familienbad Rondeel 55 Ein Rundling um einen Teich Ratsmühlendamm 76 Eine breite Verbindungsstraße zwischen Alster und Goldbekkanal 56 Alsterkrugchaussee Landgewinnung durch Kanäle und Aufhöhungen Heinrich-Traun-Siedlung 78 Winterhuder Marktplatz 57 Ein Wohnquartier am grünen Stadtrand und Vom autofreien Platz zum Verkehrsknoten unmittelbar am Alsterlauf

4 Eine neue Realschule im Alstertal 79 Seehof 96 Ein Flachbau mit vielen Fenstern Ein Ausflugslokal mitten in der Natur

Im Anflug auf Fuhlsbüttel 80 Berne 97 Hamburgs Flughafen auf einsamer Flur Eine Volksschule mit dem Berner Wald im Rücken

Flughafenterrasse 81 Farmsen Versorgungsheim 98 Die Fliegerei als Attraktion Vom Werk- und Armenhaus zum Pflegeheim

Siemershöhe 82 Farmsen Staatsgut 99 Den Mittelstand zog es an den Stadtrand ins Grüne Vom Moorland zum Kulturland

Fritz-Schumacher-Siedlung 83 Farmsen Trabrennbahn 100 Für Kleinverdiener Kleinhäuser mit Großer Renntag in Farmsen Gartenland zur Selbstversorgung Hagenbecks Tierpark 101 Irrenanstalt Ochsenzoll 84 Die „größte Sehenswürdigkeit Hamburgs“ Ein behütetes Dorf als Außenstelle der Krankenanstalt Friedrichsberg 102 Ein Wachtposten bei der Einfahrt in den Anscharhöhe 85 Hamburger Hafen Wohltätigkeit in Eppendorf Hummelsbüttel Ziegelei 104 Eppendorf 87 Einblick in die Eiszeit Von der Großstadt an den Rand gedrängt Bergedorfer Nagelfabrik 105 Ein Allgemeines Ein Norweger in Lohbrügge Krankenhaus in Eppendorf 88 Eine Pavillonanlage in einem Parkgelände 106 Eine Windmühle als Wahrzeichen Heilwigstraße 90 Vom Nonnenkloster zum Damenstift 107 Hamburgs Brückenkopf am Südufer der Elbe Beiersdorf in Eimsbüttel 91 Eine Fabrik für eine schneeweiße Hautcreme 108 Ein Lustschloss für einen Hamburger Auswandererhallen 93 Von der Elbe ins gelobte Land der unbegrenzten Walddörferschule 109 Möglichkeiten Unterricht in freier Natur und ländlicher Kultur

Müllverbrennung in 94 Wohldorf Schleuse 110 Dreckschleuder an der Leeseite der Stadt Durch das Schleusentor nach Hamburg

Bramfeld 95 Zollenspieker 111 Eine Kirche mitten im Grünen Vom Wachposten zum Fährhaus

5 Altona 112 Neumühlen Donner-Schloss 128 Drei Lebensadern durchziehen die Stadt Der helle Prachtbau einer Bankiersfamilie als Ausbildungsstätte Altona Hafen 114 Rauchende Schlote am umschlagfreundlichen Neumühlen 129 Hafenrand Vom Kühlhaus für Gefrierfleisch zur Residenz für Senioren Altona Rathaus 115 Die neue Mitte Altonas 130 Vom Elbschlösschen zur Elbschloss-Brauerei Steinway 116 Eine Weltfirma im neuen Industriegebiet Gojenberg 131 Auf den Bergen zu den Sternen Bahrenfeld Freibad 117 Hervorragende Sportstätten als Anhang Bergedorf Schloss 132 zum Volkspark Von der Wasserburg zum Heimatmuseum

Blankenese Blick auf die Elbe 118 Bergedorf Altstadt 133 Der schönste Aussichtspunkt in Hamburgs Ein Durchbruch zu den Vierlanden Umgebung Bergedorf Hansa-Schule 134 Süllberg 120 Ein klassischer Schumacher Bau Ein runder Aussichtsturm als Wahrzeichen Außenmühle 136 Blankenese Strandhotel 121 Ein großer See und ein großer Park Vom Fischerdorf zum Luftkurort Harburg Eißendorf 137 Blankenese Schulen 122 Moderne Flachdächer inmitten alter Spitzdächer Realgymnasium neben Lyzeum Harburg Friedrich-Ebert-Halle 138 Blankenese Warburg Villa 123 Zwei Schulen und ein Festsaal Eine Sommerresidenz am Hang des höchsten Berges von Blankenese Gewerbe 139 Handel und Wandel am Stadtrand Blankenese Krähenburg 124 Der Blick vom Krähenberg Wandsbek Markt 140 Von der Kreisstadt zum Stadtteil Dockenhuden Elbkurhaus 125 Vom Nobel-Hotel zur Apartmentanlage Literatur 142

Dockenhuden Hirschpark 126 Der letzte Rest eines Riesenbesitzes

Klein Flottbek Jenisch-Park 127 Ein Sommersitz mit Blick auf die Elbe

6 Einleitung

Hamburg im Jahre 1930 – auf halber wissen Ehrfurcht vor den Leistungen hinter den feindlichen Linien. In den Strecke zwischen dem Ende des Ersten Schumachers haben die Hamburger 1920er Jahren waren es vor allem Ver- und dem Beginn des Zweiten Welt- wieder aufgebaut, was nur beschä- messungsämter, die sich durch solche kriegs: Deutschlands Tor zur Welt war digt worden war. Nur wenige Bauten Aufnahmen eine exaktere Kartographie im ersten Krieg nicht unmittelbar be- wurden endgültig aufgegeben. Vieles versprachen. Für die Fotografen war es troffen, hatte aber schwer unter den von dem, was die britischen Bomben in den offenen Maschinen ein windiges Folgen zu leiden: Der Welthandel war verschont hatten, blieb erhalten, aber Geschäft: Mit beiden Händen richteten zum Erliegen gekommen, nicht nur die so manche Bauten und Grünanlagen sie ihre schweren Apparate auf das Ziel Kriegsschiffe, auch die gesamte Han- verschwanden in der Nachkriegszeit aus; die Flughöhe erlaubte eine große delsflotte musste den Siegermächten von der Bildfläche. Hamburg wurde Blende, die Geschwindigkeit des Flie- ausgeliefert werden, die Elbe wurde zu Beginn des 21. Jahrhunderts zur gers verlangte eine kurze Verschlusszeit; unter internationale Kontrolle gestellt. wachsenden Stadt erklärt, die auf zwei die belichtete Glasplatte im Format 13 Die Revolution von 1918/19 hatte Millionen Einwohner zusteuern soll. mal 18 musste schnell mit einer neuen der Millionenstadt eine neue Regie- Die hier ausgewählten Luftbilder getauscht werden, damit das nächste rung eingebracht, gemeinsam von der entstanden um das Jahr 1930. Sie zeigen Ziel anvisiert werden konnte. Sozialdemokratischen und der Demo- Hamburg vor den Zerstörungen des 1930 hat es offenbar den Versuch kratischen Partei gebildet: Mit großem Krieges und den Abrissarbeiten in der gegeben, ganz Deutschland aus der Luft Aufwand suchten Senat und Bürger- Nachkriegszeit. Dabei werden neben zu fotografieren. Jedenfalls existieren schaft an alte Traditionen anzuknüp- der Innenstadt, den Vororten und vie- aus diesem Jahr solche Aufnahmen von fen und der Stadt ein neues Gesicht zu len Stadtteilen auch jene Nachbarstädte zahlreichen deutschen Städten und geben. Die 1920er Jahre wurden für und Randgemeinden berücksichtigt, Landschaften. Durchgeführt wurde das Hamburg trotz vieler Schwierigkeiten die erst 1937 mit Hamburg vereinigt Unternehmen von einer Luftbild-Ge- eine Zeit des Aufbruchs. wurden. Nicht einbezogen ist der Ha- sellschaft, die dafür Flieger und Foto- Verantwortlich für das neue Gesicht fen, weniger weil er eine eigene Dar- grafen engagierte. Die Attraktion dieser war der geniale Stadtbaumeister Fritz stellung verdient hätte, eher, weil er Bilder besteht darin, dass sie weniger Schumacher. Er hatte sein Amt bereits nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise unübersichtliche Totalen, mehr de- vor dem Krieg angetreten und erfüllte mit den stillgelegten Schiffen in vielen taillierte Großaufnahmen zeigen: Wir es bis 1933. Es glückte ihm gegen man- Hafenbecken ein trauriges Bild bot. sehen nicht nur Gebäude, Straßenzü- chen Widerstand die Balance zwischen Drei Grundsätze haben die Auswahl ge, Siedlungen, sondern auch Men- der mittelalterlichen Tradition des ro- bestimmt: schen, Fahrzeuge, Aufschriften. Wir ten Backsteins und den Prinzipien des - Man soll sehen, wie das Stadtbild des können bei genauer Betrachtung das Neuen Bauens im 20. Jahrhundert. Er 19. Jahrhunderts umgestaltet wurde. Leben nachempfinden. Die beigefüg- legte Straßen und Plätze an, er errichte- - Man soll wiedererkennen, was in ten Texte sollen bei der Orientierung te Geschäfts- und Bürohäuser, er plante den ersten drei Jahrzehnten des vori- behilflich sein und dazu ermuntern, vor Wohnsiedlungen und ganze Stadtteile, gen Jahrhunderts in Groß-Hamburg Ort vergangenen Zeiten auf die Spur er schuf Parks und Grünanlagen und entstanden ist und heute noch in ver- zu kommen. er baute Schulen, Schulen, Schulen. änderter Umgebung steht. Gewidmet ist dies Buch Herbert Überdies sorgte er für großhamburgi- - Man soll mit Wehmut betrachten, Eisenhauer, dem langjährigen Foto- sche Gemeinsamkeiten mit den Nach- was im Krieg und durch Abriss verloren grafen der ehemaligen Landesbild- barstädten Altona, Wandsbek und Har- gegangen ist. stelle, der in den 1980er Jahren dafür burg sowie dem Umland. Aufnahmen aus der Vogelperspek- gesorgt hat, dass diese Luftbilder aus Die britischen Flächenbombar- tive sind 1930 nichts Neues. Bereits dem zentralen Magazin in Koblenz an dements im zweiten Krieg haben die Ballonfahrer und Zeppelinschiffer ihren angestammten Platz in Hamburg halbe Stadt zerstört; erstaunlich viele haben den Reiz solcher Aufnahmen kommen. Sie liegen heute im Staats- Schumacher-Bauten haben jedoch die erkannt. Im Ersten Weltkrieg dien- archiv, dem für die Bereitstellung zu Angriffe überstanden. Aus einer ge- ten Luftaufnahmen der Aufklärung danken ist.

7 8 Innenstadt

St. Nikolai

Die erste Kirche der Hamburger Kaufleute

Im Bogen des Nikolai-Fleets, das die 1943 durch britische und US-ameri- Elbe mit der Alster verbindet, machten kanische Bomber, die die Turmspitze im 12. Jahrhundert die ersten Schif- als Orientierung nutzten, damit ihre fe fest. Auf der von einem Ringwall Ladungen wie geplant in den dicht be- umgebenen Neuen Burg (heutiger siedelten Gebiete im Osten der Stadt Straßenname) war damals Platz für 50 ihr Zerstörungswerk anrichten konn- Kaufmannsfamilien. Es gelang ihnen ten. Heute verläuft zu Füßen des einzig 1189, von Kaiser Friedrich Rotbart stehengebliebenen Kirchturms, der als einen Freibrief zu besorgen, der ih- Gedenkstätte dient, eine sechsspurige nen freie Fahrt auf der Elbe zusicherte Durchgangsstraße. Links Rücken an und fremde Herren auf Distanz halten Rücken Börse und Rathaus, rechts die sollte. Zweimal wurde der Kern der Türme von St. Petri und St. Jacobi. Kaufmannsstadt zerstört: 1842 durch den Großen Brand – beim Neuaufbau erhielt die Kirche den höchsten Turm der Stadt (1874 geweiht) und wurde der Hopfenmarkt zur größten Markt- fläche der Stadt erweitert, den vor allem die Vierländerinnen belieferten. Und

9 Deichtormarkt

Der größte Marktplatz Hamburgs

In der äußersten Südostecke, wo einst ren in den einzelnen Stadtteilen frisch Bau der Deichtorhallen nach Eppen- das Deichtor stand, wurde 1911 der anbieten konnten. Was nicht verkauft dorf verlegt hatte. Zur Zeit der Aufnah- Großmarkt für Obst und Gemüse er- worden war, kam in den Keller unter me ist dort das Statistische Landesamt öffnet: Täglich lieferten Bauern aus den beiden durch Tunnel verbundenen untergebracht. Heute wird ein Großteil Schleswig-Holstein sowie den Vier- Markthallen (Bildmitte, heute Ausstel- des Geländes von einem gigantischen und Marschlanden mit der Bahn oder lungshallen). Sie waren den empfindli- ober- und unterirdischen Verkehrskno- auf kleinen Schiffen ihre Produkte für chen Obstsorten und Südfrüchten vor- ten beherrscht, der die Autos von der die Millionen-Stadt ab. Täglich sam- behalten. Einen festen Bau erhielt 1913 ost-westlichen Durchgangsstraße links melten sich bereits in den Morgen- auch die Blumenhalle (links oben). in den Wallringtunnel oder oben rechts stunden zwischen 3.30 bis 8.30 Uhr Gleich gegenüber ist in einer Grünan- über die Amsinckstraße (hinter dem Kleinhändler und Höker an den mehr lage das Johanniskloster zu erkennen, Bahngelände) zur Autobahn lenkt. als 2000 Ständen, damit sie ihre Wa- ein Damenstift, das seinen Sitz mit dem

18 Alsterdamm

Neubauten nach dem Großen Brand 1842

Aus dem Bauschutt war das östliche Säulenportal errichten (unten links), Straßennetz begradigt worden. Die Ufer der Binnenalster zu einem Boule- der später umgebaut und erweitert Gertrudenstraße führt von der Boots- vard aufgeschüttet worden, mit seinen wurde und auch einen neuen Eingang anlegestelle direkt zur Grünanlage des Alleen eher für Fußgänger als für Au- erhielt. Zur gleichen Zeit wie Ballin Gertrudenfriedhofs. Gut zu sehen sind torfahrer geeignet. Von Martin Hal- ließ sich Emil Kirdorf, der „Bismarck auch die Doppeltürme der 1857 einge- ler, dem Architekten des Rathauses, des Ruhrbergbaus“, nur durch die Ger- weihten Reformierten Kirche an der ließ sich Albert Ballin, der Generaldi- trudenstraße getrennt, einen Repräsen- Ferdinandstraße (im Krieg zerstört). Im rektor der weltgrößten Reederei, der tationsbau für das Rheinisch-Westfäli- Hintergrund der Hauptbahnhof und Hamburg-Amerika-Linie, um 1900 sche Kohlen-Syndikat errichten. Beim links der 1919 fertig gestellte Anbau an prominenter Stelle auf fünf Grund- Wiederaufbau des niedergebrannten der Kunsthalle. stücken einen Verwaltungspalast mit Quartiers bis zur Lilienstraße war das

19 Lombardsbrücke

Eine Brücke trennt die Binnen- von der Außenalster

Aus dem hölzernen Steg von 1621 wur- eröffnete Badeanstalt „Alsterlust“ mit Paddelbooten. Zu Füßen des Hotels de erst 1868 eine steinerne Fassung mit zwei Schwimmbecken und Kaffeehaus, Atlantic (links unten) eine Anlege- drei Durchlässen. Anlass war die Her- links daneben das Bootshaus des Nord- stelle für Alsterdampfer: Sie machen stellung einer Eisenbahnverbindung deutschen Regatta-Vereins, am ande- ihrem Namen alle Ehren und sorgen zwischen Hamburg und Altona sowie ren Ende der Brücke das Bootshaus des für Ausflugs- und Personenverkehr: einer Ringstraße um die Innenstadt he- Ruder-Clubs Favorite Hammonia. (Al- 1935 werden drei Millionen Fahrgäste rum. 1900 wurde die Lombardsbrücke les verdrängt von der 1953 dem Verkehr gezählt, das sind allerdings nur etwa für weitere Gleise der Vorortbahn von übergebenden Neuen Lombardsbrü- ein Prozent des gesamten öffentlichen 32 auf 49 Meter verbreitert. Die Au- cke, heute: Kennedy-Brücke.) In den Nahverkehrs. Nur schwach zu sehen ßenalster war ein Bade-, Ruder- und 1920er Jahren holten die Segel- die sind links im Hintergrund das Hotel Segelparadies. In der Mitte sieht man Ruderboote zahlenmäßig ein, abge- Vier Jahreszeiten und oben rechts der auf einer künstlichen Insel die 1888 sehen von den Tausenden Kanus und Dammtor-Bahnhof.

26 Holstenplatz

Ein Platz mit Kreisverkehr

Hier stand einst das Holstentor, das schaft) zusammen mit seiner Versiche- schlossenem Untersuchungsgefängnis dem Platz und der Straße links den Na- rung Deutscher Ring; 1470 Fenster ist nicht mehr im Bild. Die Platzanlage, men gab. Sie ist Teil des Rings auf dem sorgen für reichlich Licht. Die Gebäu- benannt nach dem 1909 verstorbenen planierten Wall zwischen Millerntor de gegenüber dienen der Rechtspflege: ersten Präsidenten des Oberlandesge- und Dammtor; links oben sind Reste Das um 1900 fertig gestellte Ziviljustiz- richts, Ernst Friedrich Sieveking, wird des Wallgrabens zu sehen. Am Rand gebäude (davor das vom Rathausmarkt bestimmt von einem Wasserbecken mit der Innenstadt erhebt sich seit 1931 mit versetzte Reiterdenkmal Wilhelms I.) Springbrunnen und allegorischen Fi- 13 Stockwerken ein „Wolkenkratzer“ erhielt 1928 einen geschwungenen Er- guren. Als wichtige Zufahrtsstraße in als höchstes Kontorhaus der Stadt. Es weiterungsbau; angeschnitten rechts die Innenstadt ist 1890 die Kaiser-Wil- gehört dem Deutschnationalen Hand- oben das Hanseatische Oberlandesge- helm-Straße geschaffen worden, mit lungsgehilfen-Verband/DHV (einem richt, Oberinstanz für die drei Hanse- zwei betürmten Häusern zur Begrüs- Vorläufer der Angestellten-Gewerk- städte; das Strafjustizgebäude mit ange- sung (nur das linke steht noch).

27

Eine lange und schnurgerade Strecke, um Schiffstaue und -seile zu drehen

Die breite Reeperbahn verbindet Ham- Lebens auf den Schiffen und ihre Heu- sich an das andere bis zum Ende des burgs Millerntor (oben) mit Altonas er zerstreuen konnten. Je schneller der Spielbudenplatzes, wo das Ernst-Dru- Nobistor (unten nicht mehr im Bild), Hafen wurde, desto mehr entwickelten cker-Theater (seit 1941: St.-Pauli-The- die eigentliche Arbeit wurde aber bis sich aus den einfachen Kneipen und ater) plattdeutsche Volksstücke und 1880 links davon in der Seilerstraße Tingeltangeln großstädtische Unter- Possen spielte; an der Straßenecke die verrichtet. Diese Vorstadt, benannt haltungsstätten. Begrüßt wurde man 1913/14 gebaute Davidwache. Nicht nach der St. Paulus-Kirche auf dem gleich zu Beginn vom Trichter (oben zu zählen sind die Bierpaläste, Wein- Hamburger Berg, wurde 1813 von der rechts), wo neben Speisen, Bier und stuben, Kaffeehäuser, Bars links und napoleonischen Besatzungsmacht nie- Kaffee auch Konzerte und Varieté ge- rechts sowie in den Nebenstraßen, ein dergebrannt und danach mit Etagen- boten wurden; davor das Neue Ope- Tummelplatz, wo Fremde und Ham- wohnhäusern in einem rechtwinkligen retten-Theater, unter gleicher Leitung burger jeden Standes und Geschlechts Straßennetz wieder aufgebaut (linke wie gegenüber die Volksoper mit dem einträchtig zusammenfanden. Links Hälfte). Die rechte Seite („Spielbu- Dauerbrenner „Bei uns um den Michel oben eine Ecke des Heiligengeistfeldes denplatz“) war eher den Vergnügungen rum“ von Friedrich Holländer. Wenige mit Sportplätzen und der Halle des St. gewidmet, wo Seeleute ihre Sehnsucht Schritte entfernt der Rundbau von Zir- Pauli Turnvereins. nach Abwechslung vom Einerlei des kus Busch. Ein Vergnügungslokal reiht

46 Schlachthof

Die Versorgung der Millionenstadt

Das kulturhistorische Denkmal der (links angeschnitten, heute Kaufhal- ligten Verkauf von bedingt tauglichem Windmühle am nördlichen Rand des le mit Parkdeck) statt, die verkauften Fleisch auf der Freibank mit der Auflage Heiligengeistfeldes steht im Kontrast Tiere wurden durch einen Tunnel in zulassen konnte, es vor dem Verzehr zum zentralen Vieh- und Schlacht- die langgestreckte Halle getrieben und zu kochen. Jeder Hamburger hatte in hof zwischen Neuem Kamp und dem dort geschlachtet. Schweine wurden der Woche im Schnitt ein Kilo Fleisch Bahnhof . Die riesige täglich verkauft und in weiter nördlich auf dem Teller. Im Schanzenviertel Anlage von 1888 diente sowohl dem gelegenen Hallen geschlachtet. Es lief siedelten sich zahlreiche Zulieferer Auftrieb von Schweinen, Rindern, wie am Fließband: mit einem Strom- des Schlachthofs an. Rechts neben der Kälbern, Schafen und Pferden (meist schlag sekundenschnell töten, ausblu- Mühle ist ein niedliches Häuschen zu per Bahn aus Schleswig-Holstein) wie ten lassen, in heißem Wasser reinigen sehen, der Zugang zur Haltestelle Feld- auch dem Schlachten und Ausneh- und ausweiden, in zwei Hälften teilen straße der Hochbahn. men der Tiere. Einmal die Woche und kunstgerecht zerlegen; schließlich fand der Rindermarkt in einer Halle der Fleischbeschauer, der den verbil-

47 Östliche Stadtteile

Außenalster

Baden in der Alster

Um 1900 kein Problem und auch nicht Weltkriegs war hier eine beliebte Stätte gefährlich, denn vor der Bucht, in der des Schwimmsports. Gleich daneben die Alsterschwäne früher ihr Winter- mündet der Mundsburger Kanal, der quartier bezogen („Schwanenwik“), über den Eilbeker Kanal von der sau- waren zum Schutz vor Sportbooten beren Wandse gespeist wird: Seit 1900 und Alsterdampfern durch Planken überließ Wandsbek seine Abwässer Bassins abgegrenzt worden, in der Hamburger Sielen. Der Kanal trennt Mitte für Männer, links und rechts Hohenfelde (rechts) von für Frauen, davor noch ein richtiges (links). Zwei Brücken verbinden die Schwimmbassin, zum Land durch beiden Stadtteile, wo kräftig in gut- Bäume und Gebüsch vor neugieri- bürgerliche Etagenwohnhäuser inves- gen Blicken gesichert. Die Badenden tiert wurde. Der Mundsburger Damm konnten das Alsterwasser (auch an den (oben Mitte) führt über die Hamburger Kiosken) genießen, anders als heute, Straße nach Barmbek. An der Kanal- wo die Umweltbehörde abrät: nicht mündung links ist noch eine Anlege- gesundheitsgefährend, aber zu unhy- stelle für Alsterdampfer zu sehen. gienisch. Bis zum Beginn des Zweiten

48 49 64 Jarrestadt

Neues Wohnen in Barmbek

Nach zweijähriger Bauzeit konnte die Großwohnsiedlung in unmittelbarer Nähe zum Stadtpark zwischen der Jar- restraße (unten), dem Glindweg, dem Goldbekufer und dem Wiesendamm (Mitte) 1930 bezogen werden. In den 35 bis zu fünfgeschossigen rot verklin- kerten Wohnblocks mit Flachdächern standen mehrere Tausend 2- bis 3-Zim- mer-Wohnungen mit Küche und Bad für viele Tausend Bewohner zur Ver- fügung. Die nach einem Wettbewerb ausgewählten zehn besten Architekten bildeten unter Leitung des Oberbau- direktors Fritz Schumacher eine Ar- beitsgemeinschaft und erreichten trotz unterschiedlicher Akzente eine starke Einheitlichkeit der Anlage, in der das Gemeinschaftsgefühl greifbare Gestalt annahm. Als erster Preisträger durfte Karl Schneider um einen großen Hof herum den Mittelblock bauen. Rechts daneben der nach dem ehemaligen SPD-Bürgermeister Otto Stolten be- nannte Hof. Die vielen Grünanlagen und Balkone sorgten in der Jarrestadt für Licht und Sonne, aber trotz genos- senschaftlicher und gewerkschaftlicher Beteiligung nicht für niedrige Mieten.

65 86 Eppendorf

Von der Großstadt an den Rand gedrängt

Die alte St. Johannis Kirche unmittel- bar am Alsterlauf (rechts) ist nicht mehr der Mittelpunkt von Eppendorf, das 1894 Stadtteil wurde und danach ei- nen großstädtischen Bauboom erlebte, nicht zuletzt befördert 1912 durch die Anbindung an den Ring der Hochbahn (Haltestelle Kellinghusenstraße links), später mit dem Abzweig nach Ohlsdorf. Zwischen den beiden Strecken hat das vornehme Evangelische Damenstift des Klosters St. Johannis seinen Platz gefunden, wie auch die Villen an der Heilwigstraße mit Garten zur Alster. Die beiden großen Wohnblocks zwi- schen der neuen Kellinghusenstraße und der Kunhardtstraße (Mitte) hat der Eppendorfer Zimmermeister Ruppert Anfang der 1920er Jahre dort errich- ten lassen, wo zuvor die Dorfarmut gehaust hatte. Die Wohnungen waren für betuchte Mieter gedacht, drei bis vier Zimmer, Küche, Bad, Balkon zum Hof, Loggia zur Straße, Garage im Kel- ler. Links ist noch das Kellinghusenbad zu erkennen. Rechts im Hintergrund die zu einem Mühlenteich aufgestaute Tarpenbek und dahinter die Stadtgren- ze: das Nedderfeld.

87 Altona

Drei Lebensadern durchziehen die Stadt

112 Nachbarstädte

An der Großen Elbstraße (rechts), die von Lärm und Geruch der Arbeit be- stimmt war, standen langgestreckte Kaischuppen mit Bahnanschluss, da- vor die Fischdampfer, die hier ihren Heringsfang löschten, eine der Haup- teinnahmequellen Altonas. Auf dem bewaldeten Geesthang die Straße der Reeder und Kaufleute, die dort ihre prächtigen Paläste mit Blick auf die Elbe errichteten und die mit ihrer Adresse „Palmaille“ an ein Ballspiel erinnerten, das hier angeblich 300 Jahre zuvor unter schattigen Alleebäumen gespielt wor- den war, inzwischen eine viel befahrene Durchgangsstraße. Hinter dem Viereck des neuen Rathauses (links) beginnt die breite Königstraße mit vielerlei Ge- schäften auf beiden Seiten und viel Ver- kehr; hier standen das Stadttheater und am Ende, gleich hinter der Hauptkirche (ihr schlanker Turm verschwimmt im Hintergrund) das alte Rathaus. Briti- sche Bomber legten Ende Juli 1943 halb Altona nieder, auch das neue Rathaus wurde schwer beschädigt, aber schnell wiederhergestellt; das geplante Neu- altona brauchte mehr Zeit. Die lan- gen Hallen wurden ausgebaut; Fisch wird am Kai schon lange nicht mehr gelöscht, aber noch verkauft und geges- sen. Das Hafenbecken ist zugeschüttet worden und dient seit 1991 als Vorplatz für ein Kreuzfahrtterminal.

113 Blankenese Süllberg

Ein runder Aussichtsturm als Wahrzeichen

Eine Gastwirtschaft hatte es auf der und mit steilen Treppen erschlossen. ist der gerade fertig gestellte Neubau Anhöhe des Süllbergs bereits seit Umringt wird die Erhebung auf hal- einer Volksschule zu sehen, benannt 1837 gegeben. Aber erst der Gastwirt ber Höhe von Stützmauern und der nach einem Dichter, zuerst Richard Heinrich Detlev Rohr ließ Ende des Süllbergsterrasse. Ein riesiger Terras- Dehmel, später Gorch Fock. In den 19. Jahrhunderts in Erinnerung an die sengarten ist rechts zu erkennen, be- 1990er Jahren war die Bergspitze vom mittelalterliche Burganlage einen 20 herrscht vom Säulenvorbau einer Villa, Abriss und der Bebauung mit Luxus- Meter hohen Söller neben sein Res- die gerade der Hamburger Rechtsan- wohnungen bedroht; nach Protesten taurant und sein Hotel (zehn Zimmer walt Alfred Schüler erworben, erwei- gelang es, einen 2-Sterne-Koch zu ge- mit 18 Betten) errichten. Ein großer tert und prachtvoll ausgestattet hatte. winnen, der nach Umbauten zudem Saal diente Festlichkeiten, eine lange Die exponierte Lage garantierte gute ein 5-Sterne-Hotel mit elf Zimmern Terrasse dem unverstellten Blick auf Aussicht und wenig Einblick, so dass führt. Der Blick blieb unverwüstlich. die Elbe und den Schiffsverkehr. Die Jahrzehnte später erst ein Mode-Desig- Taleinschnitte links und rechts sowie ner, dann ein Musikproduzent sich hier die Hänge sind dicht an dicht bebaut zeitweise niederließen. Im Hintergrund

120 Blankenese Strandhotel

Vom Fischerdorf zum Luftkurort

Als Sinnbild dieses Wandels steht seit (oben rechts) Sonne und Wasser (jetzt mediterranen Gestade zog es Groß- 1902 das helle Strandhotel (Bildmitte) Hafenanlage für einen Segel-Club). städter, die sich hier einkauften und am Blankeneser Elbufer. In den Som- Am Strandweg reihte sich ein Restau- breitmachten. Auch der zu Ruhm und mermonaten kamen Tausende aus Al- rant ans andere, unten links ist noch Geld gekommene Schriftsteller Gustav tona und Hamburg: Viele ließen sich das Schifferhaus zu erkennen, dem ein Frenssen aus Dithmarschen ließ sich im großen Bier- und Kaffeegarten auf Sturm zwei Zwiebeltürme weggerissen vor dem Ersten Weltkrieg eine Villa dem Vorgelände von Hans Ahrberg be- hatte; heute steht hier ein Wohnhaus. mit weitem Blick auf die Elbe errichten dienen, von der Anlegestelle mit einem Von den Stroh gedeckten Twee- und (oben Mitte). Der Krieg hat hier keinen Boot über die breite Elbe zum Großen Dreehüsern der ehemaligen Blankene- Schaden angerichtet. Schweinesand übersetzen oder genos- ser Fischer, Fährleute und Frachtenseg- sen am Strand zu Füßen des Baurs Parks ler ist nicht mehr viel zu sehen: An diese

121 Bergedorf Schloss

Von der Wasserburg zum Heimatmuseum

In Bergedorf steht das einzige noch er- leübergang und die südlich angrenzen- verwilderte Schlosspark hergerichtet: haltene Schloss in Hamburg, nachdem den Vierlande. Bergedorfs Aufschwung Erhalten blieb in Erinnerung an den die Dänen und Welfen ihre Herrschafts- begann, als Hamburg 1867 Lübeck ab- Ursprung als Wasserburg der innere sitze in Altona, Wandsbek und Har- fand, die Verwaltung allein übernahm Wassergraben, nicht erhalten blieb das burg aufgeben mussten. Es ist eine der und um 1900 das heruntergekommene nicht mehr benötigte freie Schussfeld; wenigen kriegerischen Eroberungen, Schloss außen und innen unter Beach- der verspielte Dachreiter wurde 1939 die Hamburg gemeinsam mit Lübeck tung altertümlicher Stilelemente reno- entfernt. Im Schloss befanden sich das 1420 gelang: Der übermütige Herzog vierte: Es gab einen verkleinerten Ersatz Amtsgericht, ein Polizeiposten und an- von Lauenburg hatte an Elbe und Bille für den zusammengestürzten Turm, dere Ämter; 1955 hat ein Museum sei- mit Straßenräubereien vom Handel der einen neuen Flügel an der Nordseite ne Pforten geöffnet, das die Geschichte Hanse profitieren wollen. Die beiden und gediegen eingerichtete Gemächer des Städtchens und der Vierlande be- Städte beherrschten nun abwechselnd für den hier residierenden Landherrn handelt. vom Schloss aus das Örtchen am Bil- aus Hamburg. Mit Sorgfalt wurde der

132 Bergedorf Altstadt

Ein Durchbruch zu den Vierlanden

In den 1920er Jahren strebte der sozi- Städtchen binden. Viele alte Häuser- das neu ausgebaute Hafenbecken. Da- aldemokratische Bürgermeister Wil- zeilen mit engen, dunklen, ungesunden zwischen ist 1957/58 gegen heftige Pro- helm Wiesner ein „neues Bergedorf“ Gassen mussten wie die Gängeviertel teste ein zweiter Durchbruch erfolgt: an. Dafür wurden große Teile der Alt- in Hamburg den Sanierungsabsichten Die mehrspurige Bergedorfer Straße stadt geopfert. Der 1928 begonnene weichen; nur der ehrwürdige Gasthof beseitigte die Reste der Altstadt mit Bau einer „Durchbruchstraße“ zu den Stadt Hamburg konnte versetzt und 400 „leistungsschwachen“ Mietpartei- Vierlanden (Mitte) sollte die schmale bewahrt werden. Die Besetzung des en und ermöglichte die Umwandlung Straße zwischen Holsten- und Sach- Straßenrandes mit 4-stöckigen Back- der historischen Durchgangsstraße in sentor (oben) vom Durchgangsver- stein-Wohnhäusern begann Ende 1930. eine Fußgängerzone. Dreißig Jahre kehr entlasten sowie die erfolgreichen Die neue Schneise gibt den Blick frei später mussten auch die letzten beiden Obst- und Gemüsebauern in Alten- auf das Herz des Ortes, die Kirche und Fachwerkhäuser am Specken (Bildmit- und Neuengamme, in und das Schloss (oben). Links ist der alte Ha- te) gegen den Widerstand von Hausbe- enger an das wachsende fen am Schiffwasser zu sehen, dahinter setzern verschwinden.

133 Literatur

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