Liebe Besucherinnen, liebe Besucher! Dieses Faltblatt wird im Rahmen des Besucher- informationssystems (BIS) für Naturschutzgebiete und NATURA 2000-Gebiete in Schleswig-Holstein vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Das Kliff ist eines der ältesten Naturschutzge- Räume des Landes Schleswig-Holstein (LLUR) biete in Schleswig-Holstein. Hier finden seltene Tier- herausgegeben. Dieses und weitere Faltblätter des BIS können kostenlos beim LLUR bestellt werden: Morsum Kliff und Pflanzenarten einen besonderen Lebensraum. Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek, Tel. 04347 / 704 - 230 E-Mail: [email protected] Aufgeschlossene Erdschichten repräsentieren eine für Unter www.umweltdaten.landsh.de/bestell/publnatsch.html unser Land ungewöhnlich lange geologische Zeitspan- können die Faltblätter ebenfalls angefordert oder auch als digitale Version aufgerufen werden. (QR-Code oben) ne von 10 Millionen Jahren. Darüber hinaus zählt das Finanzierung Gebiet wegen der enormen Zahl an Grabhügeln zu den Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes besterhaltenen sakralen, d.h. von kultischen Handlun- Schleswig-Holstein gen geformten Landschaften Deutschlands. Die ver- Durchführung schiedenen Gräber werden durch Tafeln der „hünen. Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein kulTour“ vor Ort kurz erläutert.

Seine Unterschutzstellung steht in engem Zusam- Gebietsbetreuung menhang mit dem , für dessen Bau Naturschutzgemeinschaft e. V. anfänglich auch das Morsum Kliff mit seinen bis zu 10 M.-T. Buchholz-Stich 10a 25996 Wenningstedt/Braderup Millionen Jahre alten Erdschichten abgetragen und als Tel: 04651 / 44421 [email protected] Baumaterial verwendet werden sollte. www.naturschutz-sylt.de Eine private Initiative der späteren Gründer des Ver- eins Naturschutz Sylt (heute Naturschutzgemeinschaft Unterstützung Sylt e.V.) verhinderte das Vorhaben. Sie konnten sogar Landschaftszweckverband Sylt erreichen, dass das Kliff zusammen mit der angren- Andreas-Nielsen-Str. 1 25980 Sylt / OT Westerland zenden Heide im Jahr 1923 in einer Größe von etwa Tel: 04651 / 8510 43 Hektar unter Schutz gestellt wurde. Als eines der bedeutendsten geologi­schen Denkmä- Ausgezeichnet als Nationaler Geotop Akademie für Geowissenschaften und ler in Deutschland wurde das Morsum Kliff 2006 als Geotechnologien e. V. www.geoakademie.de „Nationaler Geotop“ ausgezeichnet. Eiszeitliche Gletscher haben hier ältere,­ ursprünglich flach liegende Ablagerungen des Tertiärs („Braunkohle- Dieses Gebiet ist Bestandteil des europäischen ökologischen Netzes „NATURA 2000“. zeitalter“) schräg gestellt, in mehrere Schollen zerlegt www.natura2000.schleswig-holstein.de und so aufeinander geschoben, dass diese heute

schuppenartig nebeneinander liegen. Fotos Mordhorst (Titelbild: Morsum Kliff, 3,10,12-14), Rohde (1,2), Wernicke (4,5), Heim (6), Stecher (7), Werhahn (8,15,17), Ludwig (9), Schliephake (11), Behr (16)

Redaktion, Grafik Planungsbüro Mordhorst-Bretschneider GmbH und Herstellung Kolberger Straße 25, 24589 Nortorf Tel: 04392 / 69271, www.buero-mordhorst.de November 2016 - Internetversion 54-73

Geologischer Aufbau des Morsum Kliffs im Längsschnitt Aus Fossilien, die in den einzelnen Erdschichten am Morsum Kliff gefun- den wurden, haben Wissenschaftler (Paläontologen) rekonstruiert, wie Ostscholle Hauptscholle Mittelscholle Westscholle es auf Sylt vor Millionen Jahren ausgesehen haben muss. Sie konnten m 20 aus den Funden ableiten, welche klimatischen Bedingungen damals wohl D DD D 0 100 200 300 400 500 vorherrschten. Fe Fe Aufgrund der Leitfossilien im Glimmerton (Ochsenherzmuschel und 10 Helmschnecke) wird angenommen, dass vor 8 bis 10 Millionen Jahren eine „Ur-Nordsee“ etwa zwei Drittel des heutigen Schleswig-Holsteins be- Fe deckte. Heute sind, außer nach Sturmfluten im Winter, vor dem Kliff kaum 0 noch Fossilien zu finden. Fotos : Arend Heim 10 bis 8 Mio. Jahre vor heute: In einem etwa 100 Meter Fe Eisenverkitteter Kaolinsand unter Aufschiebung tiefen Teil der damals sehr warmen Ur-Nordsee sedimentiert schwarzer Oberer Glimmerton (blaugrauer Meereston). 8 bis 6 Mio. Jahre vor heute: Das Meeresbecken der Ur- Glazialtektonische Überschiebungen Nordsee wird von Glimmerfeinsand immer weiter aufgefüllt. (Alter: 0,4 bis 0,13 Mio. Jahre)

6 bis 4 Mio. Jahre vor heute: Allmählich entsteht ein flach- Ablagerungen der Saale-Kaltzeit gründiges Küstenmeer. Oxidierter, braunroter, eisenhaltiger Li- (Alter: 0,28 bis 0,13 Mio. Jahre) monitsand (ockerfarbener Flachwassersand) wird abgelagert. 4 bis 3 Mio. Jahre vor heute: Der Sandstein wird von Fein- Dünensand des Holozän sanden überdeckt. D (Alter: 0,01 Mio. Jahre bis heute) Ochsenherzmuschel Helmschnecke

3 bis 2 Mio. Jahre vor heute: Die Meeresablagerungen wer- den von weißem Kaolinsand (Flusssand) überdeckt, den einer Profilabfolge des Morsum Kliff nach HINSCH (verändert) der europäischen Urflüsse aus Skandinavien und dem Balti- W kum hierher transportierte. Fotos der Erdschichten: Arend Heim 2

Vordringender Gletscher Richtung SW Stauchung des Morsum Kliffs während der Kaltzeiten

Eis Druck Schub Kaolinsand • Während der Kaltzeiten vor mindestens 200.000 Jahren Limonitsandstein schoben sich Gletscher mit enormem Druck seitlich und Glimmerton von oben auf die drei übereinander liegenden Erdschich- leichte Wölbung ten. Dadurch kam es zunächst zu einer Vielzahl von Rissen.

• Durch die Wucht der Gletscher kam es dann zur Stau- 1 chung und Verschuppung der Schichten. Bei Sturm nagt die auflaufende See an der Steilküste. • Nach dem Abschmelzen der Gletscher blieben die drei O Erdschichten in einem ungefähren 33°-Winkel aufeinan- 2 der aufgeschoben zurück. • Von West nach Ost betrachtet steht uns heute am Kliff die Schichtfolge Glimmerton, Limonitsandstein, Kaolin- sand in 4 Schollen vor Augen. Gletschereis schmilzt zurück Später abgetragen • Die Ausformung der Steilküste sowie die Anwehung der Kliff heute Dü­nen erfolgte erst in den letzten 10.000 Jahren im Zuge des weltweiten Meeresspiegelanstiegs. Das aktive Kliff ist

Materiallieferant zum Aufbau von Vorland und Watt. 2

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Das Morsum Kliff ist streng geschützt! V

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(www.LVermGeoSH.schleswig-holstein.de) V 102 !

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Das Besteigen des Kliffs, das Sammeln von Fossilien ! V V ! V V V ! ! V !

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V und das Graben im Kliffbereich sind verboten!

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! Natur und Kultur am Morsum Kliff

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! i Æý Das Naturschutzgebiet begeistert nicht nur durch ein- !

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V ! zigartige Einblicke in die Erd-V VundV Vorgeschichte der ! V

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ment der historischen KulturlandschaftV weist sie, wie

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V Fernsehturm

Wikinger- Hiir die vor- und frühgeschichtlichen V V Hügelgräber, auf eine

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V lange Siedlungstradition auf der Insel Sylt hin.

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m V V V V V V HügelgrabV Gewässer/ Strand/ Düne Feuchtheide Salzwiese Siedlung Watt Strandwall Parkplatz (s. hünen.kulTour) VVV FFH-Gebiet

Vegetationslose Gebiet zum Schutz der Watt/ Extensiv- ! Offenes Kliff Fläche (tertiäre Geestheide Aussicht Radweg Natur- grünland ! óÆ Tiere nicht betreten! Salzröhricht Sande) !! schutzgebiet Heide Gebüsch, Brackwasser- “Heide”-Kliff Quellmoor Informations- Æý Wanderweg Offizielle Wege-Nr. Standort röhricht stark vergrast Gehölz tafel 102 Strand-/Küstenübergang stockwerkartig aufgebaute Wurzelhorizonte ► Die Dünen sind von einer der wichtig­sten Pflanzen­arten auf Sylt, dem Strandhafer, besiedelt. Er ist die Dünenpflanze schlechthin. Ein einziges Ex- emplar kann aufgrund des besonderen Wuchsverhaltens pro Jahr bis zu 1 m³ Dünen­sand festlegen. Bei Stürmen aufgewehte Sandschichten zwingen den Strandhafer zur er- neuten Bildung von Wurzelausläufern. So entstehen immer wieder neue Stock- werke von dichtem Wurzelfilz. Mit zunehmender Alterung und Festlegung der Düne breiten sich weitere vor längerer Zeit aufgewehter Pflanzenarten wie das Silbergras aus. Die Weißdüne wird zur Graudüne. Diese Dünensand zeichnet sich durch eine artenreiche Trockenrasen-Vegetation aus. Mit fort- schreitender Bodenbildung (Humusanreicherung, Verlagerung von Bodenbe- standteilen) entwickelt sich dann die Braundüne. Charakteristisch sind hier Zwergsträucher wie Besenheide oder Krähenbeere. 3 Vorland und Watt

Die Kraft des Meeres ist an der Steilküste deutlich spürbar. Früher reichte das Kliff (Steilküste) viel wei- ter ins Wattenmeer. Zwischen den Salzwiesen und Salzröhrichten des Vorlands schimmern noch die ver- schiedenen Farbtöne des Kliffs hervor. Weiter im Watt sind die tertiären Schichten von jungen Meeresablage- rungen überdeckt. 10 11 Der Übergang zwischen Meer und Kliff ist ein beson- Strandhafer Bläuling auf Glockenheide derer Lebensraum. Hier verstecken Sandregenpfei- 8 fer ihre gut getarnten Eier im Spülsaum. Brandgänse Heidelandschaft am Morsum Kliff nutzen Erd­löcher und -röhren als Neststandort. Auch Die Morsumer Heide Uferschwalben brüten in Höhlen, die sie unerreichbar hoch in die Abbruchkanten graben. In den Brackröh- Große Teile des Naturschutzgebietes werden von Heiden richten singen die Rohrsänger. Draußen im Watt su- eingenommen. In den überdünten, d.h. von aufgewehtem chen bei Ebbe Scharen rastender Küstenvögel nach Sand überdeckten Bereichen oberhalb des Kliffs sind diese Nahrung. Über allem trillert die im Gebiet brütende aus natürlichen Prozessen hervorgegangen. Auf der landein- Feldlerche. wärts angrenzenden Geest sind die Heiden dagegen durch 12 13 frühere „Heidewirtschaft“ entstanden. Um sie zu erhalten, ist Besenheide Krähenbeere daher eine dauerhafte Pflege erforderlich. Wegen der Nährstoffarmut und der klimatischen Extreme ist das Naturschutzgebiet Lebensraum vieler spezialisierter Pflanzenarten. Typisch sind Besenheide und Krähenbeere. In feuchten Bereichen tritt die Glockenheide auf. Zu den floristischen Besonderheiten gehören Geflecktes Knabenkraut, Lungen­enzian, Teufelsabbiss und Moorlilie. Auch seltene, wärme- und trockenheitsliebende Insekten 4 5 wie die Bläulinge sind auf offene Sandböden angewiesen. 14 15 Brandgans Sandregenpfeifer Geflecktes Knabenkraut Moorlilie

Feldlerche Uferschwalben Uferschwalbenkolonie am Morsum Kliff Teufelsabbiss Lungenenzian

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