Integriertes Verkehrsentwicklungs- konzept -Wollin 2015

Herausforderungen und Lösungen für den Verkehr auf den Inseln Usedom und Wollin

Prof. BVV Rüger 2 Usedom – Wollin 2015

Förderung des Radverkehrs und des Wandertouris- mus. Verkehrsorganisatorische sowie verkehrstele- Neue Chancen matische Maßnahmen werden für beide Seiten not- wendig. Seit dem 1. Mai 2004 ist die Republik Polen Mitglied der EU und tritt voraussichtlich im Herbst 2007 dem Schengen-Abkommen bei. Dadurch wird sich die Wirtschaftliche Situation an den deutsch-polnischen Grenzen we- sentlich verändern. Mit der Grenzöffnung für den Entwicklung fördern allgemeinen Verkehr auf der Insel Usedom ergeben sich Chancen, eine europäische Modellregion zu Ziel des Forschungsprojektes ist es, zur wirtschaftli- bilden, aber auch Risiken. Sie resultieren aus den chen Entwicklung der Region beizutragen. Dazu ist absehbaren Verkehrsüberlastungen im Straßennetz, der Qualitätstourismus zu sichern, indem die Erreich- die sich nachteilig auf den Tourismus auswirken barkeit der Region verbessert wird, ohne die Erho- können. Daher hat das Bundesministerium für Ver- lungsgebiete mit den negativen Auswirkungen des kehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) auf zunehmendem Verkehrs zu belasten. Entwickelt wird Wunsch des Landes Mecklenburg-Vorpommern im ein Konzept zur optimalen Nutzung der vorhandenen Rahmen des Forschungsprogramms „Stadtverkehr“ und geplanten Verkehrsinfrastruktur. Vorrang vor ein Forschungsvorhaben vergeben: Es soll die zu dem weiteren Ausbau der Infrastruktur haben deswe- erwartenden Probleme im Verkehrsbereich aufzeigen gen intelligente und innovative Lösungen der Informa- und Lösungsansätze bieten. Damit die polnischen tionstechnik, Verkehrsleittechnik, Verkehrstelematik Belange gleichberechtigt mit den deutschen behan- und des Mobilitätsmanagements. delt werden können, wird von Anfang an die polni- sche Seite durch ein kompetentes Planungsbüro in dieses Projekt einbezogen. Auf dem Weg zur europäischen Die Bevölkerung von Swinemünde (Swinoujscie) und Modellregion der Insel Wollin () erhofft sich vom Beitritt Po- lens zur EU einen Weg aus der Isolation, die mit ihrer Usedom und Wollin 2015 bisherigen Randlage einherging. Personen- und Gut erreichbar, verkehrsarm, aber sehr mobil Warenströme sollten nun einfacher die Grenze pas- sieren können. Dass sich diese Hoffnung bislang nur zum Teil erfüllte, liegt an dem bestehenden beidseiti- – unter diesem Motto werden Strategien und Maß- gen Grenzabkommen und der Wiederherstellung der nahmen für die beiden Inseln entwickelt. dafür erforderlichen Verkehrsinfrastruktur. Dabei sollen Usedom und Wollin zu einer europäi- Aus deutscher Sicht liegt der Schwerpunkt des For- schen Modellregion für nachhaltige Mobilität und schungsvorhabens darauf, das Verkehrsaufkommen Tourismus werden, zu einer Region mit Vorbildcha- nach der Grenzöffnung für den allgemeinen Straßen- rakter für andere Tourismusregionen, in der wirt- verkehr zu bewältigen. Gleichzeitig ist dabei der schaftliche Entwicklung, Sicherung von Arbeitsplät- Qualitätstourismus für den deutschen Teil Usedoms zen, Schutz von Natur und Umwelt und der notwen- zu erhalten. Dabei geht es vorrangig nicht darum, die dige Verkehr in Einklang stehen. Das Konzept „Use- Verkehrsinfrastruktur zu erweitern, sondern die Insel dom und Wollin 2015“ soll beiderseits der Grenze bei gut erreichbar, verkehrsarm und mobil für Einwohner Politikern und Entscheidungsträgern, bei Einwohnern und Touristen zu gestalten. Dazu müssen zunächst und Gästen ein Bewusstsein für die komplexen Zu- die planungsrechtlich abgesicherten Baumaßnahmen sammenhänge zwischen Verkehr, Umwelt und Tou- fertiggestellt werden. Verkehrsorganisatorische und rismus schaffen. Das trägt zu einer Veränderung von verkehrstelematische Maßnahmen sollten sie zusätz- Entscheidungen und Verhalten bei. lich flankieren. Mit Hilfe des Konzepts soll die heutige Grenzregion Um den Kurbetrieb in Swinemünde und den Seeheil- zu einem prosperierenden europäischen Verflech- bädern zu erhalten, schlagen die Gutachter vor, tungsraum zusammenwachsen und Barrieren für verkehrsberuhigende und -regulierende Maßnahmen Menschen, Güter und Dienstleistungen überwinden. zwischen den Kommunen zu vereinbaren. Die Exper- Zugleich gilt es, Stärken Usedoms und Wollins zum ten gehen davon aus, dass sich bis 2015 die Ver- Nutzen beider zusammen zu führen, ohne dass dar- kehrsverhältnisse in der Region Usedom-Wollin unter die gemeinsame Lebens- und Wirtschaftsgrund- weitgehend angeglichen haben. Ebenso wird bis lage leidet: die einzigartige Natur und Umwelt der dahin für beide Teile der Insel gleichermaßen das Inseln, die auch in Zukunft Menschen, die Erholung Bewusstsein geschaffen sein für die Bedeutung der suchen, anziehen wird. Verkehrsverlagerung, der Verkehrsminimierung, der Usedom – Wollin 2015 3

Deutsche und polnische Experten kommt es auf der B111 an Werktagen in der Haupt- saison, besonders freitags, zu Staus und langen Das deutsch-polnische Forschungsteam ist interdis- Wartezeiten. Auf der B110 überwiegt der Urlauber- ziplinär zusammengesetzt. Experten aus Wissen- verkehr. Hier sind Überlastungen zwar in geringerem schaft und Wirtschaft der Bereiche Verkehrsplanung, Umfang, dafür aber vermehrt am Wochenende fest- Raumplanung, Wirtschaftsforschung, Tourismusfor- zustellen. schung und Umweltforschung arbeiten zusammen: Ź PTV Planung Transport Verkehr AG, Berlin (D) Ź Regionalne Biuro Gospodarki Przestrzennej, (PL) Ź Prof. Dr. G. Wolfgang Heinze, Prof. Dr.-Ing. Hein- rich H. Kill, Berlin (D) Ź Prof. Dr. Heiner Monheim, Universität Trier (D) Ź Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h.c. Siegfried Rüger, Dresden (D) Ź Ingenieurbüro Lohmeyer GmbH & Co. KG, Rade- beul (D) Ź Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern, Leezen (D) Abb.2: Stau auf der B111 Aktuell: Engpässe und Überlastungen Topografie erschwert Alternativen Für den motorisierten Verkehr auf Usedom spielt die Die Zufahrten zur Insel Usedom erweisen sich derzeit Topografie eine besondere Rolle. Es gibt nur zwei noch als Engpässe, sowohl im Norden auf der Bun- Straßenzugänge und auch auf Wollin existieren nur desstraße B111 im Bereich als auch im zwei Zugänge. Auf den Inseln selbst ergeben sich Süden auf der Bundesstraße B110 in und am durch die vielen Engstellen und Landzungen beson- künftigen Knotenpunkt „Redoute“. Hier kommt es dere Zwangspunkte. Das begrenzt die Möglichkeit, regelmäßig zu Staus und langen Wartezeiten. Die ein differenziertes, eng verzweigtes Straßennetz mit Grenzen auf Usedom an den Bundesstraßen sind für vielen unterschiedlichen Wegealternativen anzubie- den motorisierten Verkehr noch nicht geöffnet. ten. Entsprechend konzentriert sich der Kraftfahr- zeugverkehr auf schnell überlastete Engpassberei- che. Da diese topographischen Randbedingungen kaum Möglichkeiten für zusätzliche Straßen lassen, müssen die Verkehre im vorhandenen Straßennetz durch eine intelligente Verkehrssystemlenkung bes- ser verteilt werden.

Abb.1: Geschlossene Grenze bei (B 110)

Obwohl es daher keinen echten Durchgangsverkehr auf Usedom gibt, sind die Belastungen in der Hoch- saison insbesondere auf der B111, und hier beson- ders in den Ortsdurchfahrten, bereits heute extrem hoch. In den Spitzenmonaten Juli und August überla- gern sich auf der B111 die Fahrten der Einwohner auf dem Weg von und zur Arbeit mit den Fahrten von Abb.3: Verkehrsbelastungen auf den Straßen heute Einwohnern und Urlaubern in Richtung Grenze. Diese wiederum überschneiden sich mit der An- und Abrei- Außerdem sind die Lärm- und Schadstoffemissionen se der Urlauber und Tagesbesucher und den Fahrten in den Ortsdurchfahrten und weiteren Teilen der der Übernachtungsgäste auf der Insel. Folglich innerörtlichen Straßen bereits eine Belastung für 4 Usedom – Wollin 2015

Mensch und Umwelt. Inzwischen gefährden sie sogar Offene Grenzübergänge den Kurortstatus der Seeheilbäder. Einigkeit besteht heute schon darüber, dass der Grenzübergang bei Garz (B110) nach Fertigstellung Bedarf im Eisenbahn- und Bus- der Baumaßnahmen zunächst für den ÖPNV sowie verkehr für Fahrräder und Fußgänger geöffnet wird. Aber eine schrittweise Öffnung dieses Grenzübergangs auch für Nach langjährigen Verhandlungen einigten sich die andere Fahrzeuge wird nicht lange auf sich warten Usedomer Bäderbahn (UBB) und die DB AG auf der lassen: Zunächst Pkw im kleinen Grenzverkehr, dann deutschen Seite sowie die Stadt Swinemünde und die alle Pkw, später kleine Lieferfahrzeuge und schließ- Wojewodschaft Westpommern auf der polnischen lich Lkw bis 7,5 t. Die Grenzübergänge bei Kamminke Seite auf eine Verlängerung der Eisenbahn von Ahl- und an der Promenade können für Fußgän- beck Grenze ins polnische Swinemünde. Heute endet ger geöffnet werden. der Eisenbahnverkehr am Grenzzaun. Erst 2007 soll Der durchgehende Busverkehr über den Grenzüber- die Verlängerung in Betrieb gehen. gang bei Ahlbeck (B111), etwa mit der Europabuslinie zwischen den Kaiserbädern und Swinemünde, bedarf einer Genehmigung der Wojewodschaft und des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Da das Land Mecklenburg-Vorpommern die Wirtschaftlichkeit für die verlängerte UBB erhalten und Parallelverkehre vermeiden will, wird eine Konzession für den durch- gehenden Busverkehr an den Vertrag der UBB- Verlängerung geknüpft. Schwer vorstellbar ist, dass 2015 noch Beschränkungen für den übrigen Verkehr bestehen. Wahrscheinlich werden auch Pkw und kleine Lkw über diese Grenze rollen. Für den Schwer- lastverkehr jedoch soll die Grenze gesperrt bleiben.

Abb.4: Ende der Schienenstrecke in Ahlbeck Grenze Einfacher zu erreichen Im Busverkehr wurde die sehr erfolgreiche Kaiserbä- Bereits im Bau bzw. in der Planung ist der Ausbau derlinie in „Europalinie“ umbenannt und verbindet seit der derzeitigen Engpässe in den Inselzufahrten auf Mai 2004 die Kaiserbäder mit Swinemünde. Diese dem deutschen Festland: die Ortsumgehung Wolgast Ortsbuslinie wird auch in den lokalen Verkehrsbezie- mit einer 40 Meter langen Brücke, die Ortsumgehung hungen von , , Ahlbeck und Swi- Anklam und der Ausbau des Knotenpunktes „Redou- nemünde genutzt. Im Vergleich zu früheren Fahr- te“. Alle drei Maßnahmen sind bis 2015 abgeschlos- gastzahlen der regionalen Buslinien konnte sie auf- sen und werden die Erreichbarkeit der Region vom grund der attraktiven Fahrzeuge, des verbesserten deutschen Festland aus deutlich verbessern. Fahrplans und des verdichteten Haltestellennetzes ihre Fahrgastzahlen vervielfachen. Allerdings besteht noch kein grenzüberschreitender Busverkehr. Auf- Besser angebunden grund genehmigungsrechtlicher Fragen müssen die Fahrgäste an der Grenze aussteigen, zu Fuß die Die Schienensüdanbindung von Ducherow über die Grenzkontrollen passieren und an der anderen Seite Karniner Brücke nach Swinemünde und weiter in die in einen anderen Bus der Europalinie einsteigen. Kaiserbäder würde die Fahrtzeit auf der Schiene von Durchgehende Fahrkarten werden aber schon für Berlin nach Ahlbeck von 4 auf 2,5 Stunden verkürzen. diesen grenzüberschreitenden Service angeboten. Die Strecke wurde in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen, allerdings als „weiterer Bedarf“. Diese Maßnahme wurde unter „Internationale Projekte“ Künftig: Gute eingetragen. Verbindungen

Spätestens mit dem Beitritt Polens zum Schengen- Abkommen können die Grenzen zwischen Deutsch- land und Polen auch auf Usedom nicht mehr für den Verkehr geschlossen bleiben. Usedom – Wollin 2015 5

Einwohnern und Besuchern auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagert wird. Dazu ist das ÖPNV-System insgesamt zu optimieren, so dass es für Pkw-Fahrer zu einer echten Alternative wird und für die komplette Wegekette genutzt werden kann. Die Verbesserungen sind u.a. kurze Beförde- rungs- und Reisezeiten, attraktive Bedienungszeiten und eine räumlich und zeitlich flächendeckende Er- schließung vor allem durch Bus und Bahn.

Abb.5: Im Projekt berücksichtigte Infrastrukturprojekte

Die feste Swinequerung zwischen Usedom und Wol- lin wird im Projekt als Option berücksichtigt. Offen ist allerdings, ob diese Querung eine Oderquerung nördlich von Stettin bei Pölitz Vorrang haben wird. Berücksichtigt wird der auf polnischer Seite geplante Ausbau der Schienenstrecke von Stettin nach Swi- nemünde auf 160 km/h. Abb.6: Zug der UBB auf Usedom

Unsicher bleibt die Entwicklung des Hafen Swine- Parallel dazu soll die Qualität der Informationen über münde. Der Containerumschlag in Swinemünde soll den öffentlichen Verkehr und das spezifische Marke- vorerst nicht ausgebaut werden. Die Westseite der ting durch gemeinsame Anstrengungen der Gastge- Swine bleibt dem maritimen Tourismus vorbehalten. ber, der Orte und der touristischen Inselwerbung Der Hafenumschlag auf der Ostseite ist für das Pla- erheblich verbessert werden. Gästetickets, integrale nungsgebiet Usedom-Wollin Durchgangsverkehr, der Tageskarten sowie Kombitickets, die die touristischen über die N3 und A6 oder über die Bahnstrecke abge- Angebote und den Fahrradverleih mit einbeziehen, wickelt wird. Als singulärer Verkehrserzeuger mit sollen die Tarifangebote weiter aufwerten. Für die geringer Bedeutung für Usedom könnte sich der Finanzierung des ÖPNV wird die Verwendung von Ostsee-Fährverkehr von der Ostseite der Swine Kurbeiträgen und die verstärkte Nutzung von Private entwickeln, insbesondere wenn die feste Swineque- Public Partnership geprüft. rung bei Karsibor realisiert würde. In diesem Fall bietet die B110 den Zugang zum deutschen Straßen- netz. Intelligente Verkehrsleitung

Um die Belastung aus dem An- und Abreiseverkehr Strategien für die Mobilität zu minimieren, sollen Urlauber und Tagesbesucher, die mit dem Pkw anreisen, intelligent geleitet werden. Die bereits hohen Belastungen der Usedomer Bun- Tagesgäste, die nur für wenige Stunden auf die In- desstraßen in der Hauptsaison, der zu erwartende seln kommen und in der Regel mit dem Pkw anrei- Mehrverkehr durch die Grenzöffnung sowie die Be- sen, sollen weniger belastete Bereiche anfahren, in seitigung der Engpässe in der Inselzufahrt erfordern denen noch Reserven bestehen, oder für die An- ein durchdachtes Konzept. Nur dann lässt sich die oder Weiterfahrt Bahn und Bus nutzen. Vision „Gut erreichbar, verkehrsarm aber sehr mobil“ realisieren. Das Forschungsteam entwickelt daher Besonders zu schützen vor negativen Verkehrsaus- Strategien für eine allseits verträgliche Verkehrsab- wirkungen sind die sensiblen Gebiete. Dazu zählen wicklung auf Usedom und Wollin. insbesondere die Ortsdurchfahrten der B 111 und B 110 sowie die Ortskerne und Kurviertel der Seebäder auf deutscher Seite sowie in Polen die Stadt Swine- Freie Fahrt für ÖPNV münde und die Orte entlang der Nationalstraße N 3 und der Straße 102 auf Wollin. Zunächst müssen der Pkw- und des Lkw-Verkehr auf den Inseln reduziert werden, ohne die Mobilität von Einwohnern und Gästen zu beeinträchtigen. Das lässt sich erreichen, indem die Verkehrsnachfrage von 6 Usedom – Wollin 2015

über die Verkehrslage, alternative Ziele, Verkehrsmit- tel, Fahrtrouten und Abfahrtszeiten informiert.

Gut informiert bei An- und Abreise

Das beginnt bereits bei der Anreise auf die Inseln. Sowohl Urlauber und Tagesbesucher als auch Ein- wohner werden frühzeitig über die verschiedenen Anreisemöglichkeiten informiert. Urlauber und Ta- gesgäste werden bereits vor Reiseantritt über Alter- nativen zur Pkw-Anreise informiert, insbesondere über die Anreise mit Bus und Bahn, sowohl über die Hotelwerbung und Buchungsinformationen, als auch über allgemeine Inselinformationen und das Internet. Abb.7: Beispiel Verträglichkeitsbewertung Dazu werden die Inseln in Zonen eingeteilt. Diese Die Seeheilbäder werden bei der Verkehrsleitung Zonen werden in verschiedenen Medien bekannt bevorzugt berücksichtigt, da Verkehrsbelastungen die gegeben und in der örtlichen und regionalen Weg- Erholungswirkung von Urlaubern und Kurgästen stark weisung berücksichtigt. Touristen erhalten schon bei beeinträchtigen. Schließlich ist die Entwicklung des der Buchungsinformation alle Hinweise auf die für sie Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die relevanten Zonen und Routen. Die für die jeweilige Region insgesamt. In den sensiblen Gebieten wird Zone relevanten Bahnhöfe, Liniennetze und Fahr- der motorisierte Verkehr dynamisch begrenzt und planinformationen sowie Radverkehrsinformationen gelenkt. Das heißt: erst bei Staus und unverträglichen werden nach Zonen zusammengestellt. Belastungen regulieren entsprechende Maßnahmen die Zufahrt zu den sensiblen Gebieten. Der motorisierte Verkehr wird stärker als heute um die sensiblen Gebiete herum gelenkt. Voraussetzung dafür ist, dass ausgebaute Umfahrungsstrecken und Auffangparkplätze vorhanden und entsprechend durch Wegweiser ausgeschildert sind. Zum Schutz von Natur und Umwelt werden für die verschiedenen Bereiche entsprechende ökologisch begründete Grenzwerte definiert, deren Überschreitung Maß- nahmen zur Folge haben. Transit-Schwerlastverkehr über die Inseln ist grund- sätzlich zu vermeiden. Für die Ver- und Entsorgung der Inseln und den Binnenverkehr eignen sich auch künftig angepasste Fahrzeuge. Der Güterverkehr von Abb.8: Einteilung in Zonen für die Wegweisung und zum Hafen Swinemünde soll auf die polnische Schienenverbindung sowie auf die gut ausgebaute Bei der Anfahrt auf die Inseln mit dem Pkw erfahren Straßenanbindung über die N 3 nach Stettin orientiert die Reisenden durch Wegweiser bereits ab der Bun- werden. desautobahn A20 in Deutschland und der N3 in Po- len, welche Zufahrten sie zu den jeweiligen Gebieten nutzen können: B111 über Wolgast zum Inselnorden, Lösungsansätze B110 über Zecheriner Brücke sowie N3 über Wollin zum Inselsüden und Straße 102 über Heidebrink Das Forscherteam hat eine Reihe von Maßnahmen (Miedzywodzie) zum Inselnorden. Zusätzlich zeigen entwickelt, um die Strategien umzusetzen. Die Infor- dynamische Wechselwegweiser abhängig von der mation hat dabei Vorrang vor ordnungspolitischen, aktuellen Verkehrssituation, die günstigste Zufahrt an. planerischen und baulichen Maßnahmen. Informati- So können z.B. bei Stau auf der B111 im nördlichen onskanäle sind Insel- und Hotelinformationen, das Bereich zwischen Wolgast und Bannemin zusätzlich Internet, die Wegweisung, ein dynamisches Informa- zu den Zonen C und D auch die Zonen B3 (Kölpin- tionssystem, das Radio, mobile Endgeräte wie Mobil- see-Ückeritz), B2 (-) und sogar B1 telefone, PDA und Navigationssysteme. Damit wird () über die Zufahrt Zecheriner Brücke aus- der Verkehrsteilnehmer vor und während der Fahrt geschildert werden. Usedom – Wollin 2015 7

Für die Abreise werden entsprechende statische und dynamische Informationen über Internet, Rundfunk, Info-Terminals verbreitet.

Weniger Verkehr in sensiblen Ge- bieten

Um die Verkehrsmengen in den Ortsdurchfahrten unterhalb der Schwellenwerte der Unverträglichkeit zu halten, schlagen die Experten eine Reihe von Maßnahmen vor. Hierzu gehören ordnungspolitische und bauliche Maßnahmen, um die Verkehrsmengen und Geschwindigkeiten zu reduzieren: Ź Geschwindigkeitsbeschränkungen in Ortsdurch- fahrten Abb.9: Beispiel Zuflussdosierung in den Kaiserbädern Ź Kreisverkehre in den Ortseinfahrten Ź Querungshilfen für Fußgänger und Radfahrer Ź Reduzierung der Fahrbahnbreite und Bau von Radwegen Busse, Taxis Weitere gestalterische Maßnahmen Ź Anlieger Zone C1, C2 Andere Ź Durchfahrtsbeschränkungen für bestimmte Fahr- mit Berechtigung zeugtypen (Tonnagebeschränkung für Lkw). Damit diese Gestaltungsmaßnahmen und Verkehrs- beeinflussungsanlagen problemlos installiert werden können, empfiehlt es sich z.B., die B111 ab Knoten Schmollensee in Richtung Grenze zur Landes- oder Gemeindestraße umzuwidmen. Des weiteren werden Maßnahmen der dynamischen Zuflussdosierung vorgeschlagen. In den Zufahrten zu den sensiblen Gebieten sollen vorhandene Lichtsig- nalanlagen (Ampeln) dafür sorgen, dass nur so viele Abb.10: Sortierung vor der Pförtneranlage Fahrzeuge einfahren, wie innerhalb des Gebiets bewältigt werden können. Diese so genannten Pfört- Einer der vorhandenen Fahrstreifen (im Beispiel der neranlagen sind in vielen städtischen Bereichen im linke) wird der Nutzung durch bevorrechtigte Fahr- In- und Ausland im Einsatz und verhindern, dass sich zeuge vorbehalten, der andere Fahrstreifen steht Stausituationen dort bilden, wo sie am unverträglichs- allen anderen Fahrzeugen zur Verfügung. Bevorrech- ten sind – in den Ortslagen. Stattdessen bildet sich tigt würden z.B. Busse und Taxis, Anlieger der Zonen der Rückstau vor den Ortseinfahrten. und eventuell zu bestimmten Tageszeiten auch der Lieferverkehr. Der reine Durchgangsverkehr, also Notwendig sind dafür entsprechende Pufferräume für z.B. die Pkw, die bei einer eventuellen Öffnung der den Rückstau vor der Pförtneranlage. Sinnvoll und Grenze bei Ahlbeck zur Fahrt nach Swinemünde möglich erscheinen diese dynamischen Zuflussbe- durch die Kaiserbäder nur durchfahren, müssen dann schränkungen am Ortseingang der Kaiserbäderge- den rechten Fahrstreifen benutzen. meinde vor Bansin, am Grenzübergang Ahlbeck und auf der L266, in Swinemünde am Grenzübergang Die Pförtnerampel gewährt den bevorrechtigten Fahr- Ahlbeck und auf der Grunwaldzka, vor Zinnowitz in zeugen eine längere Grünzeit. So kann der ÖPNV Richtung Kaiserbäder und vor Ückeritz in Richtung den Stau umfahren und dadurch pünktlich verkehren. Wolgast ggf. auch zwischen den Ortsteilen Bansin Die Anlieger, z.B. auch Hotelgäste, erreichen ohne und Heringsdorf-Ahlbeck. Behinderungen ihr Zielgebiet. Dagegen werden dem Durchgangsverkehr – abhängig von der aktuellen Neben diesen klassischen und bewährten Pförtneran- Verkehrslage – längere Wartezeiten an den Zufahrten lagen empfehlen die Forscher, dort wo das baulich zugemutet. Gekoppelt mit einer entsprechenden möglich ist, zusätzlich eine Sortierung des zufließen- Information führt das dazu, dass sich der Durch- den Verkehrs auf verschiedene Fahrstreifen vorzuse- gangsverkehr in der Hauptsaison auf Alternativrouten hen. verlagert. Im Winter, wenn die Verkehrsbelastung niedrig ist, kann auch der Durchgangsverkehr die kürzere Route durch die sensiblen Gebiete wählen. 8 Usedom – Wollin 2015

Dynamische Verkehrslenkung

Auf den Inseln wird der motorisierte Verkehr so ge- lenkt, dass die Belastungen für Mensch und Umwelt minimiert und Staus sowie Überlastungen möglichst vermieden werden. Dazu gehören feste Wegweiser (statisch), die optimale Routen anzeigen, die mög- lichst um die sensiblen Bereiche herumführen. Etwa von Norden auf der B111 kommend in Richtung Swinoujscie wird die Route über L265 bis Mellenthin und weiter über B110 bis Grenzübergang Garz aus- geschildert. Hinzu kommen Wechselwegweiser (dynamisch), die die günstigsten Routen abhängig von der aktuellen Verkehrslage anzeigen. So wird z.B. am Knotenpunkt Abb.12: Standorte der Wechselwegweiser auf Use- Schmollensee B111/ L265 für den Fall der Überlas- dom und Wollin tung der B111 in den Kaiserbädern (etwa in Gestalt eines Staus in Bansin) der Verkehr in Richtung Ahl- beck ebenfalls über L265, B110 und L266 umgeleitet. Ausbau der Umleitungsstrecken In der folgenden Abbildung ist dieses Beispiel darge- stellt. Der obere Wegweiser zeigt die statische Anzei- Die intelligente Lenkung und Leitung soll die Mobilität ge bei geringem Verkehrsaufkommen, der untere auf den Inseln erhalten. Verkehr wird nicht behindert, Wegweiser die Richtungsempfehlung bei Stau. sondern möglichst verträglich abgewickelt. Das be- Bansin, Heringsdorf Swinemünde deutet aber auch, dass es an einigen Punkten (be- sonders an den Knotenpunkten) im Netz zu Mehrver- Ahlbeck kehr kommen wird, der durch den heutigen Ausbau nicht mehr zu bewältigen ist. Am Knoten B110/ L266 Nächster in Zirchow wird die Verkehrsbelastung nach der Zug Richtung Öffnung der Grenze bei Garz und der Verlagerung Ahlbeck in von Verkehren auf die B110 am stärksten zunehmen. Hier ist ein verträglicher Knotenausbau in Form einer Minuten Ortsumfahrung notwendig, der den Ort Zirchow vom Durchgangsverkehr entlastet. Entsprechende Pla- nungen sind bereits in Vorbereitung. An den anderen Bansin, Heringsdorf Swinemünde Knotenpunkten, etwa B111/L265, B110/L265 und vor Bansin Ahlbeck via 110 B111/L266, sind noch Leistungsreserven vorhanden, so dass aufgrund der prognostizierten Verkehrsbelas- Min. Nächster tungen noch kein Ausbau nötig ist. Wartezeit Zug Richtung Ahlbeck in Verkehr dynamisch managen

Minuten Grundlage für das dynamische Verkehrsmanage- Abb.11: Beispiel für Wechselwegweiser am Knoten mentsystem ist die Erfassung der aktuellen Verkehrs- Schmollensee situation mit Detektoren, wie Induktionsschleifen, Infrarot-Detektoren oder Video-Kameras. Bereits heute sind auf Usedom einige der Knotenpunkte mit Die Wechselwegweiser werden zudem genutzt, um Schleifendetektoren ausgerüstet. Außerdem existie- Informationen über zu erwartende Reisezeiten anzu- ren zwei Dauermessstellen auf der B110 und der zeigen und über Alternativen zu informieren, insbe- B111. An wenigen strategischen Punkten müssten sondere die Benutzung des ÖPNV. Die möglichen weitere Messgeräte ergänzt werden. Standorte der dynamischen Wegweiser (Wechsel- wegweiser und P+R-Anzeiger) sind in der folgenden Aus den aktuellen Verkehrsmessungen wird mittels Abbildung dargestellt. Datenvervollständigung die Verkehrslage im gesam- ten Straßennetz der Inseln Usedom und Wollin er- rechnet. Dazu wird ein Modell der grundsätzlichen Verkehrsnachfrage und Verkehrströme eingesetzt und dynamisch an die aktuellen Messwerte ange- Usedom – Wollin 2015 9 passt. Die aktuelle Verkehrslage kann dann z.B. in halten beeinflussen. Zu der dynamischen Information Form von Verkehrsqualitätsklassen dargestellt wer- gehört auch eine nutzergerechte Anzeige der Wech- den, sog. Levels of Service (LOS): selmöglichkeiten auf den ÖPNV, also auf die Züge Ź freier Verkehrsfluss (grün) der UBB sowie auf die lokalen und regionalen Busse. Ź teilgebundener, zähfließender Verkehr (gelb) An den potenziellen Umsteigepunkten werden zudem Ź gebundener Verkehr, Stau (rot) die freien Parkkapazitäten mitgeteilt. Damit sich der Nutzer für eine bestimmte Route, für ein Verkehrsmittel oder für eine Abfahrtszeit ent- Informiert über Grenzen hinweg scheiden kann, benötigt er nicht nur Informationen zur aktuellen Verkehrslage, sondern auch über die Das Informationssystem besteht aus statischen und Entwicklung in der nächsten halben Stunde oder dynamischen Informationen. Die statischen Informati- Stunde. Eine Kurzfristprognose, die auf gemessenen onen sind z.B. Fahrpläne von Bussen, Bahnen, Fäh- Entwicklungen der Verkehrsbelastung in der Vergan- ren, Fahrradausleihmöglichkeiten, Fahrrad- und genheit und auf der aktuellen Verkehrslage aufbaut, Fußwegenetze, Straßennetze, optimale Routen oder ermittelt ausgehend von der Ist-Situation die Ver- Parkmöglichkeiten. Dynamische Informationen bilden kehrsbelastungen in 30 und 60 Minuten. Diese Ver- beispielsweise die aktuelle und die prognostizierte kehrsbelastungen werden wiederum in Form der LOS Verkehrslage, die aktuelle Parkplatzverfügbarkeit, in einer Karte dargestellt. Abfahrtszeiten, Verspätungen, erwartete Reisezeiten Die ermittelte Verkehrslage ist der Ausgangspunkt für im ÖPNV oder Anschlussmöglichkeiten ab. das dynamische Verkehrsmanagement. Es besteht Diese Informationen werden den Nutzern vor und einerseits aus dynamischem Lenken, Steuern und während der Fahrt zugänglich gemacht. Kanäle sind Regeln des Verkehrs aufgrund der aktuellen Lage: etwa das Internet für die Information vor der Reise, durch Signalsteuerungen, Wechselwegweisung, Infoterminals an wichtigen Punkten auf den Inseln (in Pförtneranlagen mit Selektion, Sperrung überlasteter Hotels, Touristeninformationen, Fußgängerzonen, Bereiche etc. Strandpromenaden, Haltestellen und Bahnhöfen oder Informationspunkten entlang der Bundesstraßen), Rundfunk und Fernsehen sowie mobile Endgeräte, wie (UMTS)-Handys, PDAs oder Navigationssyste- me. Bis 2015 wird ein Großteil der Bevölkerung mit mobilen Endgeräten ausgerüstet sein, über die sie die Informationen über optimale Abfahrtszeiten, Ver- kehrsmittel, Ziele und Routen erhalten können. Die Information wird dabei grafisch aufbereitet und dargestellt. Verkehrsinformationen werden kombiniert mit touristischen Informationen (interessanten Zielen), Parkplatzauslastungen, Störungen im Netz etc.

Abb.13: Verkehrslage und Kurzfristprognose im Abb.14: Dynamisches Informationssystem für den Bereich Kaiserbäder – Swinoujscie Bereich Kaiserbäder – Swinoujscie

Andererseits lassen sich hieraus Informationen ge- winnen, die über verschiedene Kanäle an die Nutzer weitergegeben werden und damit das Mobilitätsver- 10 Usedom – Wollin 2015

ÖPNV – integriert und tät, die Fahrplanintegration, die Information, die tarifli- flächendeckend che Integration und das Marketing der bestehenden Angebote durch die kleinen privaten Bus- und Taxiun- Der ÖPNV auf Usedom und Wollin wird so gestaltet, ternehmen anbelangt. Zum Anderen sind die Linien dass er insbesondere in den Erholungsorten als stärker auf die Zugangsstellen der Eisenbahnstrecke echte Alternative zum Auto angenommen wird. Wolin – Swinoujscie Port zu orientieren. Rückgrat des ÖPNV auf der Insel Usedom bildet der Ergänzt wird der landseitige ÖPNV durch Angebote Schienenverkehr der UBB. Eine wichtige Maßnahme im Fährverkehr. Ganzjährig, bedarfsorientiert und an zur Verbesserung ist die Verlängerung der UBB über den Fahrplan der Eisenbahn angepasst wird die die Grenze bis Swinoujscie Centrum. Auf Wollin dient Verbindung des Inselnordens mit dem Festland zwi- die Eisenbahnstrecke Wolin – Miedzyzdroje – Swi- schen Freest – Kröslin und Peenemünde im Stunden- noujscie Port der Anbindung und Bedienung. Sie soll takt betrieben. Andere Fährverbindungen über länge- modernisiert werden, um die Reisezeiten senken zu re Wasserstrecken und im werden können, und nach Taktfahrplan verkehren, um die vorwiegend für das Sommerhalbjahr vorgesehen. Reisemöglichkeiten zu verbessern. Ergänzt wird der Damit die unterschiedlichen Verkehrsmittel optimal regionale ÖPNV durch die Buslinie Anklam – Usedom zusammenwirken, wird das System der Urlauber- und – Ahlbeck – Heringsdorf. Tageskarten weiter ausgedehnt. Dazu ist zu prüfen, Der Busverkehr Swinemündes wird neu geordnet und ob an der Finanzierung im Zuge eines modernen bezieht die angrenzenden Orte Ahlbeck (ggf. He- Public Private Partnership Hotellerie und Gastrono- ringsdorf) und Kamminke ein. Mit der Europabuslinie mie beteiligt werden können und ob eine Mitnutzung wird ein grenzüberschreitender Busverkehr eingerich- von Kurabgaben möglich ist. tet. In Swinemünde wird ein Rendezvous-Betrieb mit festen und leicht merkbaren Taktzeiten eingerichtet. Der Endbahnhof der UBB in Swinemünde wird zum Mehr Komfort und Sicherheit für zentralen Rendezvous-Punkt, an dem zu den fest Rad- und Fußwege vorgegebenen Taktzeiten Anschlüsse zwischen der UBB, den Stadt- und Regionalbuslinien hergestellt Usedom besitzt ein Radverkehrsnetz von etwa 150 werden. Kilometern und ist auf dem besten Weg, eine erfolg- reiche Fahrradinsel zu werden. Es gibt zahlreiche Um auf Usedom die Fläche außerhalb der Seebäder Strecken, die meist an der Küste und an den Prome- zu erschließen, werden vor allem im Achterland die naden längs der Ostsee verlaufen. Im Inselinneren bestehenden größeren zeitlichen Bedienungslücken gibt es viele ruhige Wald-, Feld- und Deichwege. Das durch einen Taktfahrplan geschlossen. Er ist auf die Streckennetz weist aber noch einige Schwachstellen Eisenbahn abgestimmt und gewährleistet die An- auf, wie fehlende Wegweisung und Sicherheitsmän- schlussmöglichkeiten. Als Innovation werden dabei gel an den Bundesstraßen. außerhalb des Schulverkehrs die meisten Fahrten trotz der Fahrplanbindung bedarfsorientiert durchge- Folgende Maßnahmen sind vorgesehen, um den führt. Radfahreranteil für die Mobilität auf der Insel, aber auch für die Anreise zu erhöhen: Zwei Varianten der Flächenerschließung werden Ź Informationen in der Inselwerbung zu Kombinati- analysiert: Die Erste lehnt sich an die derzeitige onsmöglichkeiten mit der Bahn und zur Rundrei- Lösung der Bedienung aus dem Regionalverkehr an. semöglichkeit Usedom-Wollin per Fahrrad als be- Die Zweite sieht zusätzlich die Einrichtung von Nach- sondere Attraktion; Usedom soll als Fahrradpara- barortsverkehre in den kleineren Orten vor (beson- dies für alle Gruppen von Usedom-Touristen be- ders in Zinnowitz). Die neuen Linien werden mit den worben werden. Bahnhöfen der UBB verknüpft. Außerdem sind in Ź Die Fahrradfreundlichkeit wird weiter verbessert: Variante 2 dichtere Taktfolgen bei der bedarfsgesteu- Das Wegenetz wird ausgebaut. Bordsteinradwege erten Bedienung des Achterlandes vorgesehen. Bei werden auf ihre Tauglichkeit überprüft und wenn dieser Variante werden z.T. bauliche Veränderungen möglich durch fahrbahnseitige Lösungen ersetzt. notwendig, da teilweise Straßen genutzt werden, die Vor allem im Achterland und an den klassifizierten bisher nicht von Bussen befahren wurden. Straßen werden mit einfachen Mitteln markierte Um die Fläche, die nicht von der Eisenbahn bedient Radverkehrsanlagen geschaffen. wird, zu erschließen, werden auf der Insel Wollin wie Ź Ein durchgängiges Wegweisungssystem wird bereits heute Kleinomnibusse und Sammeltaxen installiert. eingesetzt, die die Linien des Stadtverkehrs von Ź Der Abstellkomfort wird durch viele sichere de- Swinemünde ergänzen. Dabei ist zum Einen eine zentrale Abstellanlagen verbessert. Verbesserung anzustreben, was die logistische Quali- Usedom – Wollin 2015 11

Ź Der dezentrale Fahrradverleih wird durch Koope- Fahrradfreundliches Usedom rationen, bessere Information und Marketing ver- bessert. Route 4 Ź Querungsstellen werden an klassifizierten Stra- ßen besser gesichert: durch deutliche Geschwin- digkeitsbegrenzungen sowie Mittelinseln, Zebra- streifen und in Ausnahmefällen auch Lichtsignal- anlagen. Ç

Ç Koserow 17 Seebrücke Bansin 1,2

Å Usedom 21 Bhf Bansin UBB 2,5

Abb.17: Beispiele für eine einheitliche Beschilderung

Tourismus gezielt fördern

Auf Usedom bildet der Tourismus die wichtigste Wirtschaftsgrundlage, auf Wollin wird er von der Hafenwirtschaft ergänzt. Die Zielprognose für Use- dom erwartet bis 2010 eine Zuwachsrate der Über- nachtungen von jährlich 2,3% und bis 2015 von jähr- lich 1%. Insgesamt bedeutet das einen Zuwachs der Aufenthaltstage von Gästen von rund 22% in 12 Jahren (2003 bis 2015). Für Wollin wird aufgrund der niedrigen Ausgangsbasis vorhandener Kapazitäten, der niedrigeren Preise und der leichteren Erreichbar- keit ein noch stärkerer Zuwachs angenommen. Um den weiteren Zustrom von Touristen zu ermögli- chen, aber die Belastungen durch die An- und Abrei- se und die Mobilität auf den Inseln zu begrenzen, Abb.15: Markierung von Fahrradfahrstreifen werden Maßnahmen entwickelt, mit denen sich die Touristenströme besser räumlich und zeitlich vertei- len lassen: Ź Ausdehnung der Saison über die klassische Hauptsaison hinaus: Angebote für Senioren und Familien ohne schulpflichtige Kinder in der Vor- und Nachsaison. Ź Lenkung der Tagesgäste in weniger belastete Bereiche, in denen noch Kapazitätsreserven be- stehen, wie z.B. in den Norden von Usedom.

Wirtschaftsverkehr dosieren

Die Belastungen durch den Wirtschaftsverkehr sind noch sehr gering. Sie entstehen im deutschen Teil Abb.16: Fahrradabstellanlagen an wichtigen Zielen hauptsächlich durch die Belieferung von Handel, Gastronomie und Hotellerie, durch Handwerksbetrie- be und regionale Dienstleister mit Pkw und Klein-Lkw unter 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht sowie durch Bautätigkeit und Landwirtschaft. Auf Wollin kommen 12 Usedom – Wollin 2015

Lkw-Verkehre von und zum Hafen Swinemünde tenvergleiche, Darstellung von Minderungspotenzia- hinzu. len etc.). Durch eine Öffnung der Grenze bei Garz ergeben Als wesentliche Kriterien der Umweltanalyse werden sich grundsätzliche Veränderungen. Dadurch kann die Lärm- und Luftschadstoffbetroffenheiten betrach- einerseits der Ver- und Entsorgungsverkehr der tet (menschliche Gesundheit). Die Beurteilungswerte 40.000 Einwohner Swinemündes auch von Deutsch- sind so gewählt, dass sie vor allem die vielfach be- land aus erfolgen. Andererseits sind Verkehre von sondere Schutzwürdigkeit der Nutzungen (Erholungs- und zum Hafen Swinemünde auch über Usedom und Kurbereiche) sowie Vorgaben der EU (z.B. Be- denkbar. Große Transportströme aus dem Ostsee- trachtung von Feinstaub) beachten. Die Szenarien raum über Swinemünde nach Deutschland sind nicht und Varianten werden vergleichend bewertet. Hierbei zu erwarten, denn die straßenverkehrserzeugenden liegt ein besonderes Augenmerk auf naturräumlichen Anlagen des Hafens liegen auf der Wolliner Seite. Da Besonderheiten, Kriterien zur Verkehrssicherheit auch noch keine feste Swinequerung vorhanden ist, (Trennwirkungen, Verkehrsberuhigung), Mobilität wird in absehbarer Zeit der Lkw-Verkehr über Use- (ÖPNV-Angebot) und Flächennutzung im Straßen- dom zum Hafen kaum zunehmen. raum (Fußgänger- und Radverkehrsflächen). Als Handlungsfelder verbleiben daher vor allem die Ziel ist eine Variantenreihung unter Umweltgesichts- Begrenzung der Belastungen in den touristischen punkten sowie die Darstellung (lokaler) Möglichkei- Zentren durch Lieferverkehr, Handwerker und regio- ten, um die verbliebenen Betroffenheiten zu mindern. nale Dienstleister sowie die Mehrbelastung des Insel- südens durch den Versorgungsverkehr. Als Maß- nahmen sind vorgesehen: Risiken und Chancen Ź Verkehrslenkung in den touristischen Zentren: Das Konzept mit seinen Strategien und Maßnahmen feste Zeitfenster für die Belieferung, Lieferkorrido- bietet der Region die besondere Chance, sich zu re, Zuflussdosierung. einer europäischen Modellregion für Tourismus und Ź Tonnagebeschränkung auf der B110 zwischen nachhaltige Mobilität zu entwickeln. Doch damit die Garz und Mellenthin. heute noch weitgehend voneinander getrennten Teile Ź Längerfristig: Bau der Eisenbahnsüdanbindung zu einem prosperierenden Wirtschaftsraum zusam- und Verlagerung von Güterverkehr auf die Schie- menwachsen können, bedarf es noch einer weiteren ne. Voraussetzung: Eine stärkere Kommunikation zwi- schen politischen Mandatsträgern vor Ort und der Bewertung des Konzepts Landes- und Bundesregierung auf deutscher Seite sowie Woiwodschaft und Zentralregierung auf polni- Durch das integrierte Verkehrskonzept wird die wirt- scher Seite. Hierzu kann das multidisziplinäre For- schaftliche und besonders die touristische Entwick- schungsteam beitragen. lung der Inseln gefördert. Damit nimmt die Verkehrs- Große Risiken bestehen allerdings bei einer ungezü- nachfrage zu. Doch die genannten Strategien und gelten Entwicklung und starken Zunahme des motori- Maßnahmen sollen die negativen Auswirkungen auf sierten Personen- und Güterverkehrs. Die negativen Mensch, Natur und Landschaft und damit auf den Auswirkungen, z.B. von Lärm und Luftschadstoffen, Erholungswert der Region minimieren. Schließlich würden die Prosperität wieder begrenzen, die sie verschiebt allein die Verkehrsintegration von Swine- ausgelöst haben. Insofern ist wichtig, dass polnische münde mit seinen 40.000 Einwohnern die wirtschaftli- und deutsche Akteure und Entscheidungsträger an chen Gewichte für Usedom mit seinen 30.000 Ein- der Planung des Konzepts beteiligt sind und gemein- wohnern. sam die Umsetzung der erarbeiteten Strategien und Wichtige Bestandteile des Projektes sind daher Maßnahmen zum Wohle der Gesamtregion angehen. Zielprognosen künftiger Verkehrsbelastungen, die Nur dann wird die Region Usedom und Wollin Vor- erwartete Akzeptanz der Maßnahmen durch die bildcharakter für andere touristische und grenzüber- Verkehrsnachfrage, die Bewertung der Verkehrsver- schreitende Regionen erhalten. änderungen und der Wirkungen auf die relevanten Umweltfaktoren, die Szenarien erwarteter Touris- musentwicklung sowie Aussagen zur Regionalent- Impressum: wicklung und zum Zusammenwachsen der Region. PTV Planung Transport Verkehr AG Berlin Hieraus wird abgeleitet, welche Strategien und Maß- Hohenzollerndamm 150, 14199 Berlin nahmen besonders geeignet sind, um die zu erwar- Tel. 030-8971870 tenden Verkehrszunahmen umweltschonend und Email [email protected] entwicklungsgerecht bewältigen zu können (Varian- Internet www.ptv.de