Repositorium für die Medienwissenschaft

Ulrike Bergermann Entangled Epistemologies. Arbeiten von Rey Chow 2014 https://doi.org/10.25969/mediarep/1163

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Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Bergermann, Ulrike: Entangled Epistemologies. Arbeiten von Rey Chow. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft. Heft 10: Zehn, Jg. 6 (2014), Nr. 1, S. 172–176. DOI: https://doi.org/10.25969/mediarep/1163.

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von Ulrike Bergermann

Paul Bowman (Hg.), The Rey Chow Reader, New York kritischen wie selbstkritischen Analysen Chows zu Fragen (Columbia Univ. Press) 2010. der Minorisierung, Gewalt und Kollaboration kennen, die pitfalls von Multikulturalismus und Toleranz2; wen Ders., Reading Rey Chow: Visuality, Postcoloniality, Ethnicity, die Rezeption insbesondere deutscher und französischer Sexuality, New York u. a. (Peter Lang) 2013. Theoretiker interessiert, findet diese in verschiedenste Rey Chow, The Protestant Ethnic and the Spirit of Beziehungen gesetzt zu Positionen der Postcolonial Stu- ­Capitalism, New York (Columbia Univ. Press) 2002. dies, die wiederum verlässliche Bezugspunkte, aber nie eine unhinterfragte Heimat bieten (Age of the World Target; Dies., The Age of the World Target: Self / Referentiality in Entanglements).3 In den letzten Jahren sind zudem Chows War, Theory and Comparative Work, Durham NC, London Arbeiten im Bereich der Sound Studies und zum Ton im (Duke Univ. Press) 2006. Film4 aufgefallen. Nun hat Paul Bowman eine Einführung Dies., Entanglements, or: Transmedial Thinking about in Chows Werk geschrieben (Reading Rey Chow), eine Text- Capture­ , Durham NC, London (Duke Univ. Press) 2012. auswahl zusammengestellt (The Rey Chow Reader) und zwei Zeitschriftenbände präsentiert5, die sich in ihren konkre- — ten Studien zur Semiotik sowie zur Postkolonialität auf Es gibt keinen richtigen slot für die Rezeption von Rey Schriften Chows beziehen. Ein zentraler, ein radikaler Zug Chow. Gehören ihre Arbeiten zur Filmwissenschaft, zur in Chows Denken bildet sich in dieser beginnenden Kano- Theoriegeschichte und Wissenschaftspolitik, zu Cultural nisierung allerdings noch kaum ab: eine Hinterfragung und Postcolonial Studies? Was in den USA in Humanities von Disziplinarität und der Organisation von Wissen, die und Comparative Literature angesiedelt sein kann, findet auch Medienwissenschaften fundamental betreffen. hier kaum den richtigen Platz im Regal. Für die Medien- wissenschaft sind Chows Schriften vielfach interessant, stellenweise brisant. Wer sich mit Asian Cinema beschäf- 1.1 Theorie Ex- und Import tigt, wird die Bücher der in Hongkong geborenen, dort Paul Bowman, Filmwissenschaftler und Cultural Stu- und in Stanford akademisch sozialisierten Forscherin, dies Researcher an der Cardiff University, beginnt ihre Perspektivierungen von Stereotypisierungen, chine- seine intellectual history von Chows Schriften mit den sischer Moderne und Weiblichkeit kennen1; wer zu race ­institutionellen Wegen, die «Dekonstruktion» zwischen und ethnicity in Kultur und Alltag arbeitet, wird die ebenso nationalen akademischen Diskursen genommen hat, dem

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ZfM10_innen_FINAL_140327.indd 172 27.03.14 13:52 ­algerisch-jüdischen­­ Franzosen Derrida, der in den USA James Steintrager nennt es «twin positions», Chows ­bekannt wurde, und Roland Barthes’ Rolle für die briti- Arbeit­ in US-Eliteunis und ihren Herkunftsort, die ­britische schen . Statt einer Werkanalyse unter­ Kronkolonie HongKong, die Ost und West von einander nimmt er ein «Reading Rey Chow» als reading der umge- her sichtbar machen; komparatives Denken wird nicht benden, speisenden, produzierten Diskurse. Im großen durch ein Vergleichsraster auf einer einheitlichen und Maßstab: Wenn das 19. Jahrhundert das Jahrhundert des darin vereinheitlichenden Grundlage praktiziert, son- Mediums der Literatur und des Britischen Empire war, dern inmitten von Inkommensurablem – wozu auch das und das 20. Jahrhundert das des Films und der USA, dann Miteinander von Realpolitik und Sprache / Theorie zählt, müsse man sich das 21. Jahrhundert vorstellen als das des dem es nicht darum geht, Positionen von Zentrum und Internets – und Chinas. Peripherie zu vertauschen, die Hierarchien von Oben und Diese Zukunft hat ihre Geschichte. Derridas gramma­ Unten, Eigenem­ und Anderem zu verändern, sondern, so tologische Kritik am westlichen Phonozentrismus geht John Frow, «to generalize the conditions of otherness».10 nur insofern auf, so Chow, als Das provinzialisieren, ließe sich er am Anfang die chinesische auch formulieren, das ist eine Schrift als ideographisch be- Aufgabe zuerst vielleicht für zeichnet – was sie nicht ist –, die historischen Zentren des um sie mit der aussortierten ­Wissens und der Subjektivitä- Bilderfrage nicht weiter zu be- ten, aber sofort auch für alle handeln («a certain practice of Orte und Subjekte, die alternati- orientalism»6). Wie Mimesis und ven Identitäten und Zentrierun- Visualität in dekonstruktiver gen zuneigen. Theorie als ‹östlich› bezeichnet Bowmans Sonderband der und abgewertet werden, be- Zeitschrift Social ver- schäftigt Chow ebenso wie die sammelte 2010 zehn Beiträge, folgenden Konzeptionen von die «Chow» bereits gewisser- Simulation, Übersetzung, Anru- maßen musealisieren, ihre fung oder appropriation.7 Im Ge- ­Texte zu einem Werk, wie zu genzug befragt sie postkoloniale Theorie auf deren Kon- einer Position machen, mit der man weiterarbeitet, von zeptualisierungen von Imitation, Bildlichkeit und agency. der aus Analysen durchgeführt werden, während «Chow» Ihre Begriffsprägung coercive mimeticism, mit «Zwang zur noch in Weiterentwicklung begriffen ist; jetzt schon sind Angleichung» nur ungefähr übersetzt, bezeichnet die ‹Anwendungen› z. B. einer protestant ethnicity, ethnischer Erwartungen an ethnisch Markierte, sich entsprechend Originalität, Schleier und nichtwestlicher Sichtbarkeit ­ihrer Ethnizität zu verhalten, womit eine Weise der immer ebenso produktiv wie Chaudharys Kommentierung von ­herausfordernden Verschränkungen von Universalität Chows «brillanter Materialisierung von Heideggers Tech- und Partikularität ebenso klar wie komplex dargelegt ist.8 nikbegriff und einer Ontologisierung von Benjamins ­Zudem: Wenn wir Foucault lesen, dann in der Regel ohne ‹mechanischer­ Reproduktion›».11 Dass Chow in dieser einen Gedanken daran, dass seine Rekonstruktion der ‹Er- Ausgabe, nach den Texten über ihre Arbeit, selbst eine Art findung des Menschen› oder der Human­wissenschaften von Response schreibt, dass sie die Rezeption ihrer Arbeit, auf Schauplätzen von Disziplinarmächten in Gefängnis, die sich immer gegen Kanonisierungen etc. gerichtet hat, Kranken- oder Irrenhaus,­ Beichtstuhl, Bett und Staat und nochmals be-schreibt, wäre ohne den wissenskritischen in den internalisierten Instanzen der europäischen Kolo- Zug ihres Schreibens nur ein auktorialer Schnörkel; so nialmächte spielt. Das historische Aufkommen des Men- schreibt Chow in der dritten Person Singular angesichts schen in der Ordnung der Dinge teilte Menschen in genannte der vorigen­ Texte über ihre Fähigkeit oder Unfähigkeit, und ungenannte, Subjekte und Objekte von Geschichte; ein einheitliches Werk zu verfassen, und über die Frage, gerade die Frage der ‹Sexualität und Wahrheit›, nach der wie sich dekonstruktives Schreiben zu seinen ‹Objekten› Biomacht ist ­direkt mit der Frage nach Rasse verbunden, verhalte. Lösen sich Objekte wie Filme, Texte, Musik, Ar- was laut Stolers Colonial Order of Things ungesagt bleibt.9 chive nicht auf in immer weitere Fluchtlinien? Wo die

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­Hinwendung zu lokalem Wissen, immer kleinteiligeren Weitere Themencluster drehen sich um mögliche Einzelanalysen, immer ausdifferenzierteren Identitä- Updates von Übersetzungstheorien für neue mediale, ten vorhersehbar wird, ist es da möglich, die Ebene der transnationale, diasporische Formen; um die Forderung, Fragestellung­ zu ändern, «other than along the by now genau diese Anrufung der coercive mimeticism zu verler- ­well-trodden trajectory from the universal to the parti- nen (to unlearn, eine Formulierung, die an spätere wie cular: might there be other ways for the object to flee?»12 undoing gender erinnert); die Frage, ob und wie man z. B. «Flüchtige / fliehende Objekte» erinnern an die Objekt- über die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki und Diskussion auch der Medienwissenschaft oder die «un- ­Heidegger und Virilio sprechen kann, ohne die Besonder- scharfen Objekte» der Science Studies (oder Rheinbergers­ heit der einen Rede für die jeweils andere einzustampfen, «epistemisches Ding», das so lange funktioniert, wie noch oder um historische Theorieanalysen von Ethnizität und etwas an ihm im Unklaren ist); dass aber eine Autorin eben Sexualität (bekommt Ethnizität nun die Bedeutung, die die Objekte entlässt, denen sie ihre Autorschaft verdankt, Foucault für die Sexualität seit dem 17. Jahrhundert re- ist außergewöhnlich, und es wirft die weiterführende konstruiert hatte?). Frage nach den Objekten einer Disziplin auf.

2.1 Klassenfragen 1.2 Ethnizität und Medien Chow schreibt radikal, egal ob sie die Ivy-League-Universi- Bowmans Reading Rey Chow (2013) bietet eine Einführung, täten für deren Fachpolitik kritisiert (das Fach ­Comparative die nicht chronologisch oder nach ‹Themen› vorgeht, Literature zum Elitefach zu erheben, von dem sie selbst sondern in fünf Kapiteln zentrale Fragestellungen Chows lebt) oder darauf hinweist, dass die Studierenden (von aufgreift. Anders als etwa gängig in den deutschen Junius-­ ­denen sie ebenfalls lebt) in der Regel aus solchen Familien Einführungen setzt diese keinen eigenen auktorialen der reichen Oberschicht kommen, so dass sich ihre Mobi- Schwerpunkt in der Wiedergabe dessen, worin eingeführt lität als Life Style in merkwürdiger Weise mit dem Studium­ werden soll, aber gibt dem Überblick über Chows Werke der Minoritäten weltweit mischen kann. Hier kommen zwei, drei kleine «case studies» bei, Interpretationen von auch Fragen nach der Bedeutung von class für die Wissens­ transnationaler Popkultur oder von Filmfiguren, deren produktion in den Blick13, mit der die deutsche Akademie, Lesart von Chow inspiriert ist. Besonders erhellend sind die Medienwissenschaft ebenfalls zu tun hat. Es geht da- Passagen, in denen Bowman klei- rin nicht in erster Linie um die ne Exkurse zur Theoriegeschichte Herkunft der WissenschaftlerIn- des Poststrukturalismus skizziert nen, sondern um Konjunkturen oder die (Probleme der) Instituti- und Ausschlussmechanismen von onalisierung der Cultural Studies, symbolischem Kapital (was dann Berührungen und Differenzen von oft genug korrespondieren mag). Dekonstruktion und Postcolonial Chow unternimmt an dieser Stelle Studies oder, für die deutschspra- eine Analyse der Labels «theory» chige Diskussion weitgehend neu, und «culture» in ihrem Fach (eine die Frage nach der Rolle von «Chi- Wissenschaftsgeschichte von eu- na»: nicht einfach als einer auf- ropäischer Philosophie / Dekon- steigenden geopolitischen Groß- struktion und Cultural Studies, macht, sondern in seiner Rolle als die auch die Medienwissenschaft das Andere des Westens auch an beerbt) und attestiert eine grund- unerwarteten Orten, etwa als das legende Paradoxie in einem Elite- Andere der Dekonstruktion und Studiengang, der sich mit globa- der Cultural Studies – was Chow len Minoritäten beschäftigt und dazu bewegt, «China» sogar als otherness zum Programm erhebt.14 ungeschriebene foundation beider Die Bezüge zwischen den subversi- zu bezeichnen. ven Anteilen einer Theoriebildung

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und den globalpolitischen Zügen ­entlang arbeiten, «along lines of einer akademischen Praxis sind so aesthetic media, sign ­systems, nicht typisch für Fächer an deut- and discourse networks», so schen Universitäten und die Medi- Rey Chow, und das nennt sie enwissenschaft; ein paar Ähnlich- «comparative­ media».16 Hierzu­ keiten fallen dennoch ins Auge. zitiert Chow Friedrich ­Kittler. Die In Deutschland wäre «Kultur­ Materialität der Sprache sei zu wissenschaft» ein distinguieren­ des­ erweitern auf die der Medien, Merkmal, verstanden als europäi- und das hieße: auf die Mittel des sche Kulturgeschichte (auch über Speicherns, Übertragens und Be- die Arbeitsteilung mit der Kom- reitstellens (retrieval­ ).17 The Age munikationswissenschaft wäre of the World Target versucht so hier zu sprechen); analog zu Chow ein «Comparing disciplines». Es formuliert, gäbe es hier mehrere unternimmt eine kritische und Klassen: Philosophie und euro- selbstkritische Befragung der päische Kulturgeschichte­ wäre streckenweise geläufig gewor- eine, dekonstruktive Alltagsme- denen Art des selbstreflexiven dienforschung eine andere, und Schreibens. Fragen nach der Re- dann noch drittens diejenige, die ferentialität und Vorgängigkeit mit sozialwissenschaftlichen Methoden und in der Presse- von Repräsentation, der Problematik des Anfangens, dem analyse arbeitet (Medienwissenschaft und Kommunikati- Unsichtbaren der Differenz, nach blinden Flecken usw. onswissenschaft praktizieren ja wiederum eine spezifische verweisen ebenso auf die Materialität der textbasierten Arbeitsteilung). Nun können solche Schematisierungen Wissenschaft, wie sie auch Grenzen errichten, die in Zei- meist nur zum Zweck der Vereinfachung und Klärung von ten interkultureller Arbeit zu überprüfen seien. größeren Argumentationslinien erfolgen. In der ­Praxis Selbstreferentialität beschreibt Chow mit Foucaults ­einer Wissenschaft, vor allem einer eher ‹jungen›, im Aus- Die Ordnung der Dinge als eine bestimmte historische probieren von Kanonisierungen und Modulbeschreibun- ­Situation des Verhältnisses von Worten und Dingen, wozu gen, Prüfungsordnungen und Einführungsbänden, vor al- sie zählt: die ökonomische Zweiteilung der Welt, die Area lem in der Lehre werden die herausgestellten Gegensätze­ Studies als Arm der US-Außenpolitik und die Verwand- mindestens implizit oft unterlaufen; einzelne Bereiche lung von ­Heideggers «Welt-Bild» durch neue technolo- beziehen sich mit großer Selbstverständlichkeit auf beide, gische Bildverfahren – insbesondere solche, die die Welt etwa die . Eine ‹Netzwerktheorie› könnte zum Bild einer Zielscheibe machen wie in den Fliegern ein weiterer Bereich werden, der ver­schiedene Arbeitsmo- der Atombombe: «the world is the target».18 Die Pilz- di zusammenbringt. Nicht nur in Bezug auf die globalen­ wolke, die über der abgeworfenen Atombombe entsteht, Anderen, sondern auch in den ‹eigenen› Alteritäten.­ sei das Bild eines semiotischen Transfers, das Ergebnis einer Grenzverwischung­ zwischen Krieg und Frieden, Zei- chen eines ­neuen Zeitalters der Relativität und Virtualität 15 2.2 Comparative Media Studies mit tödlichem Ende.19 Das klingt wie eine eigene Logik in Kann Alterität, wenn sie etwas Unverfügbares bewahren Unlogik, wo Referentialität und soziale Unterdrückung soll, akademisch handhabbar werden? Kann das Über- zwei verschiedenen Diskursen angehören, die man nicht schreiten von Disziplingrenzen mehr sein als ein neues so einfach vermischt. Hier aber wird insistiert und ver- Zuhause mit neuen alten Grenzen? Sollte es eine Institu- mischt, ohne sich lange bei den Übersetzungen aufzu- tionalisierung dieses Paradoxons geben? Die Frage nach halten. Als ob die Wörter und die Dinge durch politischen der Souveränität bezieht sich jetzt nicht mehr auf andere Druck wieder­ aneinanderzurücken wären. Länder, Menschen, Sprachen, sondern auf eine universale­ Diese Übersetzung von Wort und Ding geht nicht auf. Methodik. In einer Bewegung weg von dem Denken in Aber sie postuliert: Es reicht nicht mehr, die Figur des ­Nationen könnte eine Disziplin an anderen Grenzen Dritten in der (performativ mitsprechenden und / oder

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entzogenen) Skripturalität, Medialität, Materialität, Meta­ 9 Vgl. Chow, The Protestant 16 Chow, In the Name of phorizität zu situieren. Eine radikalisierte Frage nach Ethnic, 2 – 10, mit Bezug auf Ann ­Comparative Literature, in: Laura Stoler, Race and the Education Charles Bernheimer (Hg.), Referentialität ebenso wie nach dem Holocaust oder of Desire: Foucault’s ‹History of Comparative Literature in the Age ­Hiroshima hat Platz auch in Comparative Media Studies Sexuality› and the Colonial Order of of Multiculturalism, Baltimore, resp. Medienwissenschaft. Einer entangled epistemology. Things, Durham NC, London London (Johns Hopkins University (Duke UP) 1995. Press) 1995, 107 – 116, hier 114. 10 John Frow, Hybrid discipli- 17 Chow, In the Name of Com- — narity: Rey Chow and comparative parative Literature, 115, mit Bezug studies, in: Postcolonial Studies, auf Friedrich Kittler, There is no 1 Sentimental Fabulations, Con- Rancière and Film, London 2013, Bd. 13, Nr. 3, 265 – 274, hier 273. Software, in: Stanford Literature temporary Chinese Films: Attachment über Sound im dokumentarischen 11 Zahid R. Chaudhary, Review 9, Nr. 1, 1992, 81 – 90. Die in the Age of Global Visibility, New Film im Anschluss an Rancière die The ­Labor of Mimesis, in: Variation der Trias storage-proces- York (Columbia University Press) «Verflechtungen der Aufteilungen Social Semiotics­ , Bd. 20, Nr. 4, sing–transmitting wird nicht weiter 2007; Il sogno di Butterfly: costella- des Akustischen» – wie dokumen- 357 – 365, hier 363. Lesenswert begründet. zioni postcoloniali, Rom (Meltemi tarisch kann eine akustische Spur auch ­Bowmans einleitende 18 Chow, The Age of the World Editore) 2004; Primitive Passions: sein, die anders als die filmische Frage, warum­ er als weißer Mann Target, 27, 29. Vgl.: In der letzten Visuality, Sexuality, Ethnography, Sichtbarkeit dem Wahrgenomme- sich mit Ethnizität befassen Ausgabe der ZfM war in einem and Contemporary Chinese Cinema, nen anhaftet? Als wie realindexika- solle, ­sowie das abschließende Auszug des zuletzt erschienen New York (Columbia University lisch kann man etwas Flüchtiges Interview, in dem Chow die Buchs zu lesen, wie Chiffren wie Press) 1995; Xie zai jia guo yi wai, verstehen? Der «unechte Doku- theoretischen Positionen der «Guantanamo» oder «Abu Ghraib» HongKong (Oxford University mentarfilm» Hiroshima mon amour letzten Jahrzehnte abschreitet und mit Foucault oder Deleuze zu Press) 1995, u. a.; übersetzt z. B. (Regie: Resnais / Duras, F 1959), Miniaturisierung­ / capture an den ­lesen wären; postkoloniale in: Rey Chow, ‹Menschlich› im der anstelle des Auftrags, einen Schluss ihrer Überlegungen setzt. ­Kämpfe haben wiederum ihre Zeitalter der Wegwerfmenschen. kurzen Dokumentarfilm über die 12 Rey Chow, Response: Fleeing medialen Rahmungen mitzube- Der ambivalente Import von Folgen des Atombombenabwurfs objects, in: Postcolonial Studies, arbeiten, um diese Komplexe in Verwandtschaft und Erziehung in zu produzieren, als eine tragische Bd. 13, Nr. 3, 303 f., hier 304. Bewegung zu versetzen – inklusive Li Yangs ‹Blind Shaft›, in: Gabriele Liebegeschichte entstand, die ge- 13 Chow, Ethics after Idealism, xv. ihrer Umschreibungen durch Dietze, Claudia Brunner, Edith sprochene und gefilmte Zeugen­ Diese Aufteilung folgt in den USA Smartphones, GPS, vernetzte Wenzel (Hg.), Kritik des Okzidenta- schaft gegeneinandersetzt, wird nicht nur den lines of class, sondern Bilderproduktionen etc. im Modus lismus, Bielefeld (transcript) 2009, von Chow entfaltet in seinem auch den lines of color. der capture. Rey Chow, Postkoloni- 295 – 306. Ineinander von Beweishaftig­ 14 Chow, Ethics after Idealism, ale Sichtbarkeiten. Durch ­Deleuze’ 2 Writing Diaspora: Tactics keiten, dem Verankerten und dem xvii. Methode inspirierte Fragen, in: of intervention in contemporary Akusmatischen (nach Chion), wie 15 Vgl. ausführlicher Ulrike ZfM 9, 2 / 2013, 132 – 145, aus: cultural studies, Bloomington es sich an Figurationen von japa- Bergermann, Programmatische Dies., Entanglements, 151 – 168, hier (Indiana University Press) 1995; nisch / westlich, männlich / weiblich Un-Orte: Comparative Media 132, 134. Ethics after Idealism, Bloomington koppelt, in «Fremdkörpern» und Studies, in: Joachim Paech, 19 Chow, The Age of the World (Indiana University Press) 1998; «akusmatischen Assemblagen». Dieter Mersch (Hg.), Programm(e) Target, 27 – 37, 42. Das erlaubt The Protestant Ethnic and the Spirit Wie kosmopolitisch, wie realis- der Medien. Erstes medienwissen- Anschlüsse an postkoloniale of Capitalism. tisch kann Stimme sein? schaftliches DFG-Symposium 2009, Geschichtswissenschaften, die 3 Heidegger, Virilio, Kittler 5 Paul Bowman (Hg.), Social voraussichtlich Berlin (Akademie) den Begriff der entangled history u. a. sind einige der Bezugs­ Semiotics, Nr. 4, 2010 (Bd. 20, Rey 2014, 345 – 372 (i. Dr.). geprägt haben. größen, bereits 1993 für Fragen Chow and Postcolonials Social zur technischen Miniaturisierung Semiotics); Paul Bowman (Hg.), in Writing Diaspora. Postcolonial Studies, Nr. 3, 2010 4 differences, Nr. 22, Dez. 2011 (Bd. 13, Rey Chow, Postcoloniality (Bd. 2 – 3, The Sense of Sound), and Interdisciplinarity). hg. zus. mit James Steintrager 6 Chow, The Protestant Ethnic, (vgl. daraus die «Poetik der 61; vgl. dies., Ideo-Grafien. Signalverarbeitung» von Tara Ethnische Stereotype und stereo- Rodgers und Jonathan Sterne in typer Logozentrismus, in: Ulrike ZfM 5, 2 / 2011); Rey Chow, Die Bergermann, Nanna Heidenreich erkaltete Spur aufnehmen: Anti- (Hg.), total. Universalismus und dokumentarische Bestrebungen, ­Partikularismus in post_kolonialer akusmatische Komplikationen, Medientheorie, Bielefeld (tran­ in: Volko Kamensky, Julian script) 2014, (i. Dr.) Rohrhuber­ (Hg.), Ton. Texte zur 7 Chow, The Protestant Ethnic, Akustik im Dokumentarfilm, Berlin 102. (Vorwerk 8) 2013, zuerst erschie- 8 Chow, The Protestant Ethnic, nen in: Paul Bowman (Hg.), 104 – 106.

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