16. Wahlperiode Plenarprotokoll 16/87

HESSISCHER LANDTAG 14. 12. 2005

87. Sitzung

Wiesbaden, den 14. Dezember 2005

Seite Seite Amtliche Mitteilungen ...... 5985 Minister Volker Bouffier ...... 6038 Entgegengenommen ...... 5985 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 6040 Präsident Norbert Kartmann ...... 5985 Einzelplan 05 Heike Hofmann ...... 6040 6. a) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landes- Nicola Beer ...... 6042 regierung für ein Gesetz über die Feststellung Boris Rhein ...... 6043, 6045 des Haushaltsplans des Landes Hessen für das Nancy Faeser ...... 6045 Haushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006) und Dr. Andreas Jürgens ...... 6045 zur Änderung anderer Rechtsvorschriften Minister Jürgen Banzer ...... 6046 – Drucks. 16/4934 zu Drucks. 16/4584 – . . . . . 5985 Präsident Norbert Kartmann ...... 6048 Beratung begonnen ...... 6097 Einzelpläne 06, 14, 17 und 18 b) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landes- 29. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Wieder- regierung für ein Finanzausgleichsänderungsge- einführung der Vermögensteuer in Hessen setz 2006 – Drucks. 16/4867 – ...... 6048 – Drucks. 16/4935 zu Drucks. 16/4585 – . . . . . 5985 Beratung begonnen Beratung begonnen ...... 6097 Norbert Schmitt ...... 6048 Jürgen May ...... 5985 Sigrid Erfurth ...... 6050 Präsident Norbert Kartmann ...... 5986 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 6097 Roland von Hunnius ...... 6052 Gottfried Milde (Griesheim) ...... 6054 Einzelplan 01 Clemens Reif ...... 6056 Präsident Norbert Kartmann ...... 5986 Minister Karlheinz Weimar ...... 6057 Vizepräsidentin Sarah Sorge ...... 6058 Einzelplan 02 Einzelplan 07 57. Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betref- fend Haushaltsgesetz 2006 verfassungsgemäß aus- 28. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Regiona- gestalten lisierungsmittel des Bundes ausschließlich für – Drucks. 16/4951 – ...... 5986 ÖPNV verwenden – Drucks. 16/4866 – ...... 6058 Abgelehnt ...... 6031 Beratung begonnen 58. Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Missachtung der Würde des Hes- 60. Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS sischen Staatsgerichtshofs durch die SPD-Fraktion 90/DIE GRÜNEN betreffend Landesregierung – Drucks. 16/4955 – ...... 5986 muss Finanzierung des ÖPNV langfristig sicher- stellen Angenommen ...... 6031 – Drucks. 16/4967 – ...... 6058 Jürgen Walter ...... 5986 Beratung begonnen Ministerpräsident ...... 5996 Tarek Al-Wazir ...... 6008 Uwe Frankenberger ...... 6059 Jörg-Uwe Hahn ...... 6017 Margaretha Hölldobler-Heumüller ...... 6060 Dr. Christean Wagner (Lahntal) ...... 6026 Michael Boddenberg ...... 6062, 6066 Vizepräsident Frank Lortz ...... 6031 Michael Denzin ...... 6064 Mathias Wagner (Taunus) ...... 6066, 6068 Einzelplan 03 Dr. Walter Lübcke ...... 6068 Günter Rudolph ...... 6031 Dieter Posch ...... 6068 Birgit Zeimetz-Lorz ...... 6034 Minister Dr. Alois Rhiel ...... 6069, 6072 Jürgen Frömmrich ...... 6035 Jürgen Walter ...... 6072 Jörg-Uwe Hahn ...... 6037 Vizepräsidentin Sarah Sorge ...... 6072

Ausgegeben am 13. Januar 2006 Herstellung: Druckerei Chmielorz GmbH, 65205 Wiesbaden · Auslieferung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postf. 3240 · 65022 Wiesbaden II Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Seite Seite Einzelplan 08 59. Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betref- fend Vorlage der Jahresabschlüsse 2003 und 2004 23. Antrag der Fraktion der FDP betreffend Vorsorge- des Landesbetriebes Hessen-Forst maßnahmen und gesundheitspolitische Aktivitäten – Drucks. 16/4956 – ...... 6085 der Landesregierung gegen die drohende Vogel- Beratung begonnen grippe in Hessen Reinhard Kahl ...... 6085 – Drucks. 16/4646 – ...... 6073 Gernot Grumbach ...... 6085 Beratung begonnen Ursula Hammann ...... 6087 Petra Fuhrmann ...... 6073 Heinrich Heidel ...... 6089 Kordula Schulz-Asche ...... 6075 Elisabeth Apel ...... 6091 Florian Rentsch ...... 6078 Martin Häusling ...... 6093 Anne Oppermann ...... 6081 Minister Wilhelm Dietzel ...... 6095 Ministerin Silke Lauterschläger ...... 6082 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 6097 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 6084 Einzelplan 10 Einzelplan 09 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 6097 Einzelplan 11 34. Antrag der Fraktion der FDP betreffend Sicher- stellung der Koordination bei Fleischkontrollen in Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 6097 Hessen – Drucks. 16/4875 – ...... 6084 49. Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zu Petitio- Beratung begonnen nen – Drucks. 16/4708 – ...... 6097 39. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Beschlussempfehlungen angenommen ...... 6097 NEN betreffend Konsequenzen aus dem Fleischs- Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 6097 kandal: umfassende Verbraucherinformation und bessere Kontrollen – Drucks. 16/4882 – ...... 6084 Beratung begonnen

Im Präsidium: Präsident Norbert Kartmann Vizepräsident Frank Lortz Vizepräsident Lothar Quanz Vizepräsidentin Sarah Sorge Vizepräsidentin Ruth Wagner Auf der Regierungsbank: Ministerpräsident Roland Koch Minister und Chef der Staatskanzlei Stefan Grüttner Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bevollmächtigter des Landes Hessen beim Bund Jochen Riebel Minister des Innern und für Sport Volker Bouffier Minister der Finanzen Karlheinz Weimar Minister der Justiz Jürgen Banzer Kultusministerin Karin Wolff Minister für Wissenschaft und Kunst Udo Corts Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Dr. Alois Rhiel Minister für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Wilhelm Dietzel Sozialministerin Silke Lautenschläger Staatssekretär Dirk Metz MinDirig Günter Kunz Staatssekretär Dr. Walter Arnold Staatssekretär Dr. Thomas Schäfer Staatssekretär Karl-Joachim Jacobi Staatssekretär Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard Staatssekretär Bernd Abeln Staatssekretär Gerd Krämer Abwesende Abgeordnete: Gerhard Becker (Nidda) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 5985

(Beginn: 9.04 Uhr) Jürgen May, Berichterstatter: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- Präsident Norbert Kartmann: ren! Ich berichte zunächst zum Haushaltsplanentwurf: Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum, den Ge- Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die setzentwurf in zweiter Lesung anzunehmen. Der Haus- 87. Plenarsitzung des Hessischen Landtags, heiße Sie herz- haltsausschuss empfiehlt dem Plenum des Weiteren, zu lich willkommen und wünsche einen guten Morgen. den Einzelplänen die Beschlüsse zu fassen, die Ihnen auf- (Zurufe: Guten Morgen!) gelistet sind. Am Ende dieser Auflistung finden Sie eine wichtige Feststellung: Wir haben uns einvernehmlich da- – Ich sehe, dass die Tatsache, dass der Bundesminister der rauf verständigt, alle Änderungsanträge erst zur Vorbe- Verteidigung aus Hessen kommt, erste Wirkungen zeigt. reitung der dritten Lesung im Haushaltsausschuss aufzu- (Heiterkeit – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS rufen, zu beraten und zu beschließen. 90/DIE GRÜNEN): Es fehlt aber noch die Übung!) Der Gesetzentwurf war dem Haushaltsausschuss in der – Ja, das müssen wir noch üben. Ich dachte nicht, dass es 82. Plenarsitzung am 3. November 2005 nach der ersten so schnell geht, aber ich bin sehr zufrieden damit. Lesung – – Meine Damen und Herren, zur Tagesordnung. Wir haben (Unruhe) die Punkte 1 bis 5, 7 und 8, 10 und 11, 17 und 20 erledigt.

Wir tagen heute bis zur Erledigung der vereinbarten Ein- Präsident Norbert Kartmann: zelpläne des Haushalts ohne Mittagspause und beginnen mit Tagesordnungspunkt 6 a, der zweiten Lesung des Herr Kollege, einen Augenblick bitte. – Herr Kollege May, Haushaltsgesetzes 2006, Drucks. 16/4934 zu Drucks. ich möchte, dass Ihnen jeder zuhört. Das ist noch nicht ge- 16/4584, sowie Tagesordnungspunkt 6 b, der zweiten Le- währleistet. Bitte beginnen Sie noch einmal von vorn, da- sung des Finanzausgleichsänderungsgesetzes 2006, mit es jeder hört. Drucks. 16/4935 zu Drucks. 16/4585. Bei TOP 6 a werden mit dem Einzelplan 02 die Tagesordnungspunkte 57 und 58, mit dem Einzelplan 06 der Tageordnungspunkt 29, mit Jürgen May, Berichterstatter: dem Einzelplan 07 die Tagesordnungspunkte 28 und 60, mit dem Einzelplan 08 der Tagesordnungspunkt 23 und Der Gesetzentwurf war dem Haushaltsausschuss in der mit dem Einzelplan 09 die Tagesordnungspunkt 34 und 39 82. Plenarsitzung am 3. November 2005 nach der ersten aufgerufen. Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden. Die Änderungsanträge wurden dem Haushalts- Zum Ende der Sitzung rufen wir Tagesordnungspunkt 49, ausschuss am 5. und 6. Dezember 2005 vom Präsidenten Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zu Petitionen, überwiesen. Drucks. 16/4708, auf. Die Berichterstatterinnen und Berichterstatter haben in Herr Dr. Rhiel, Herr Riebel und Herr Grüttner sind auf der Zeit vom 3. bis 18. November 2005 die kursorische Le- verschiedenen Konferenzen ihrer Ressorts in Stuttgart sung der Einzelpläne durchgeführt. (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE Der Haushaltsausschuss hat die Kommunalen Spitzenver- GRÜNEN): Herr Riebel noch nicht!) bände und den Landeswohlfahrtsverband Hessen in sei- – er ist noch da, weil er Sie noch einmal sehen wollte, Herr ner Sitzung am 17. November 2005 angehört. Kaufmann – Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf und die (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE Einzelpläne in seiner Sitzung am 7. Dezember 2005 be- GRÜNEN): Das begrüße ich außerordentlich!) handelt und mit den Stimmen der CDU gegen die Stim- men von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP bzw. zu Bundesratsvorbereitungen in Berlin. die eben wiedergegebene Beschlussempfehlung gefasst. – Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen mitteilen, dass So weit zum Haushaltsplanentwurf. die Ausstellung Atfaluna – Zukunft für hörgeschädigte Kinder in Palästina –, die heute Abend um 18 Uhr im Nun zum Finanzausgleichsänderungsgesetz. Der Haus- Foyer des Rathauses eröffnet werden sollte, erst um 19 haltsausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf Uhr eröffnet wird. unter Berücksichtigung des Änderungsantrages Drucks. 16/4920 in zweiter Lesung anzunehmen. Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf: Der Gesetzentwurf war dem Haushaltsausschuss in der 82. Plenarsitzung am 3. November 2005 nach der ersten a) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregie- Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen rung für ein Gesetz über die Feststellung des Haushalts- worden. Der Änderungsantrag wurde dem Haushaltsaus- plans des Landes Hessen für das Haushaltsjahr 2006 schuss vom Präsidenten am 6. Dezember 2005 überwie- (Haushaltsgesetz 2006) und zur Änderung anderer sen. Rechtsvorschriften – Drucks. 16/4934 zu Drucks. 16/4584 – Der Haushaltsausschuss hat in seiner Sitzung am 17. No- Berichterstatter ist Herr Abg. May. vember 2005 eine Anhörung der Kommunalen Spitzen- b) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregie- verbände und des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen rung für ein Finanzausgleichsänderungsgesetz 2006 – durchgeführt. Drucks. 16/4935 zu Drucks. 16/4585 – Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Auch hier ist Herr Kollege May Berichterstatter, und ich Sitzung am 7. Dezember 2005 beraten und mit den Stim- erteile ihm jetzt das Wort. Bitte schön, Herr May. men der CDU gegen die Stimmen der SPD, des BÜND- 5986 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

NISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP den zuvor Jürgen Walter (SPD): wiedergegebenen Beschluss gefasst. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Zuvor wurde der Änderungsantrag der Fraktion der liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vorzeichen der dies- CDU, Drucks. 16/4920, mit den Stimmen der CDU gegen jährigen Generaldebatte zum Haushalt 2006 unterschei- die Stimmen der SPD und der FPD bei Stimmenthaltung den sich durchaus von den Vorzeichen der vergangenen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN angenommen. Generaldebatten. Ich meine damit nicht nur, dass wir heute in anderen Räumlichkeiten diskutieren als in den (Allgemeiner Beifall) letzten Jahren, sondern zum ersten Mal, jedenfalls seit- dem ich diesem Haus angehöre, werden wir mit dem Jahre 2006 ein Jahr beginnen, ohne dass ein Haushalt verab- Präsident Norbert Kartmann: schiedet worden ist. Zum anderen haben wir seit dem Herr Kollege May, vielen Dank für die Berichterstattung. 22. November dieses Jahres – das ist ebenfalls erstmalig – eine Bundeskanzlerin in Deutschland, die das gleiche Par- (Reinhard Kahl (SPD): Es war schlecht, aber er hat teibuch wie der Hessische Ministerpräsident und die Mit- es gut vorgetragen!) glieder der Landesregierung ihr Eigen nennt. Meine Damen und Herren, ich hatte Ihnen bereits mitge- (Demonstrativer Beifall bei der CDU) teilt, dass wir zu den Einzelplänen einzelne Anträge auf- rufen; das ist auch der Anlage zu Tagesordnungspunkt 6 a – Das freut die Kolleginnen und Kollegen der Union. – Es zu entnehmen. Die Abstimmung – das darf ich Ihnen mit- versteht sich von selbst, dass der zweite Aspekt, was die teilen, weil es wichtig ist – über die Einzelpläne findet Vorzeichen angeht, für die heutige Debatte von nicht un- allerdings vereinbarungsgemäß erst am Ende der Bera- erheblich größerer Bedeutung ist als der erste Aspekt. tung über alle Einzelpläne statt, d. h. am morgigen Don- Trotzdem will ich auch in dieser Debatte noch einmal nerstag. daran erinnern, dass die Hessische Landesregierung die Einbringung des Haushalts aus rein wahltaktischen Grün- Wir haben gestern vereinbart, dass wir den Antrag der den verschleppt hat und dass wir aus diesen Gründen im CDU heute nach der Lesung des Einzelplans 02 zur Ab- nächsten Jahr keinen Haushalt am Anfang des Jahres ha- stimmung bringen. ben werden. Der Anlage zu Tagesordnungspunkt 6 können Sie eben- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE falls entnehmen, dass sich die Fraktionen im Ältestenrat GRÜNEN) auf eine Redezeit von 145 Minuten je Fraktion verstän- digt haben, und zwar ohne Begrenzung der Redezeit des Der hessische Finanzminister, der gute Herr Weimar, hat einzelnen Redners bzw. der einzelnen Rednerin. Dabei in der Öffentlichkeit erklärt, er wolle zunächst den Aus- können maximal 25 Minuten auf den morgigen Donners- gang der Bundestagswahl am 18.09. abwarten, weil dies – tag übertragen werden. Das ist die Regelung. Das haben so der hessische Finanzminister – die Rahmenbedingun- wir voriges Jahr geübt, und das machen wir dieses Jahr gen für den hessischen Haushalt 2006 massiv verändern wieder so. würde. Um uns hier oben im Präsidium das Geschäft zu erleich- (Clemens Reif (CDU): Das war höchst vernünftig!) tern, haben die Fraktionen für die jeweiligen Einzelpläne Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Finanz- eine Redezeit angemeldet. Diese Gesamtredezeitliste minister, diese Aussage war erkennbarer Unsinn. liegt uns hier vor. Wir werden dann im Sinne der Fraktio- nen den jeweiligen Redner darauf hinweisen, falls er Re- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE dezeit des nachfolgenden Kollegen klaut. Das steuern wir GRÜNEN) hier also ein bisschen mit. Denn selbst bei einer CDU-Alleinregierung hätte sich die Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt den Einnahmeseite des Haushaltes 2006 nicht wesentlich ver- ändern können. Nein, meine sehr verehrten Damen und Einzelplan 01 – Hessischer Landtag – Herren, der hessische Finanzminister wusste bereits im auf. Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Damit ist die- Frühjahr dieses Jahres, dass der Haushalt im Jahre 2006 ser Einzelplan gelesen. erneut ein Zeugnis der vollumfänglichen Unfähigkeit die- ser Landesregierung ist, mit den Steuergeldern der Bür- Ich rufe jetzt vereinbarungsgemäß den gerinnen und Bürger umzugehen. Einzelplan 02 – Hessischer Ministerpräsident – (Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- sowie Tagesordnungspunkt 57: NIS 90/DIE GRÜNEN) Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Dies führt uns unmittelbar zum Kern der heutigen De- Haushaltsgesetz 2006 verfassungsgemäß ausgestalten – batte. Ich trage dies nicht vor, weil ich der Auffassung bin, Drucks. 16/4951 – dass das Wiederholen alter Vorwürfe besonders originell wäre. Vielmehr ist es schon eine Hausnummer, wenn die und Tagesordnungspunkt 58: CDU-Landesregierung einen Landeshaushalt deshalb nicht rechtzeitig vorlegt, weil sie befürchtet, dass die Vor- Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der CDU lage des Haushalts das Wahlergebnis der hessischen betreffend Missachtung der Würde des Hessischen Staats- Union bei der Bundestagswahl massiv beeinträchtigen gerichtshofs durch die SPD-Fraktion – Drucks. 16/4955 – würde. auf und erteile dem Fraktionsvorsitzenden der Fraktion (Lachen bei der CDU) der SPD das Wort. Vereinbarungsgemäß spricht erst die SPD, dann die Regierung, dann das BÜNDNIS 90/DIE Ein deutlicherer Beleg, ein deutlicheres Zeichen für die GRÜNEN, die FDP und zum Schluss die CDU. – Herr katastrophale Haushaltssituation in unserem Land ist Kollege Walter, Sie haben das Wort. wohl kaum vorstellbar. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 5987

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE – Jetzt regen Sie sich nicht so auf. Was ist das für ein Zu- GRÜNEN) stand in diesem Haus? Man zitiert , und die Leute werden unruhig. Herr Finanzminister, ich würde mich mit der großen Freude ein bisschen zurückhalten. Selbstverständlich (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem komme ich in den einzelnen Punkten noch auf den Haus- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der halt zurück. CDU) Zunächst möchte ich mich aber mit dem zweiten verän- Herr Wagner, ich kann nicht ändern, was sie gesagt hat. derten Vorzeichen des heutigen Tages befassen: der ver- (Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) änderten Konstellation in Berlin. (CDU)) (Clemens Reif (CDU): Wieso fangen Sie nicht Sie sagt in ihrer Regierungserklärung vor dem Deutschen vorne an?) Bundestag weiter: Wissen Sie, für uns Sozialdemokratinnen und Sozialde- Damit hat er sich um unser Land verdient gemacht. mokraten hat sich, jedenfalls auf den ersten Blick, nicht (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Was soll sie wirklich viel verändert.Wir wurden für die Regierungspo- sonst sagen?) litik in Berlin in Mitverantwortung genommen, und inso- fern bin ich optimistisch: Nicht zuletzt dafür möchte ich ihm im Namen aller Deutschen danken. (Lachen bei der CDU – Zuruf der Abg. Ruth Wag- ner (Darmstadt) (FDP)) (Beifall bei der SPD) Wir werden auch für den Rest der Legislaturperiode für Sie können einmal sehen: Der Ministerpräsident sieht die Regierungspolitik in Berlin in Mitverantwortung ge- nicht wirklich glücklich aus bei diesen Worten seiner Par- nommen. teivorsitzenden. (Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Was in diesem Hause stets die Reformpolitik von Altkanzler – macht er jetzt bei Gasprom? Schröder gibt Gas! – so will er nicht genannt worden, wobei „Kanzler vor An- Allgemeine Heiterkeit und Beifall) gela Merkel“ etwas sperrig klingt – Herr Ministerpräsident, Sie sind auch auf die neue Linie (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Auf- der Union eingeschwenkt. Manche behaupten, dass der sichtsratsvorsitzender! – Heiterkeit) Hessische Ministerpräsident seiner Bundeskanzlerin Gerhard Schröder gegen Angriffe von Schwarz-Gelb ver- mittlerweile so nahe steht, dass er versucht, sich den Titel teidigt. des Kanzlerinnenflüsterers zu erarbeiten. (Heiterkeit des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Er ist entlassen worden!) 90/DIE GRÜNEN)) Herr Kollege Wagner, neu ist allerdings, dass mittlerweile Aber, Herr Ministerpräsident, wie gefallen Ihnen diese auch die Bundesvorsitzende der CDU und deutsche Worte Ihrer Parteivorsitzenden? Denn die Politik, die An- Bundeskanzlerin mehr als lobende Worte für diese Politik gela Merkel so lobt, ist exakt die Politik, die Sie, Herr Mi- findet. In ihrer Regierungserklärung – ich glaube, das war nisterpräsident, über Jahre hinweg im Bundesrat brutalst- vor exakt 14 Tagen – hat sie sogar die Fortsetzung dieser möglich bekämpft haben. Politik angekündigt. (Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- (Demonstrativer Beifall bei der SPD) NIS 90/DIE GRÜNEN) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich Ich sehe, Herr Boddenberg wird unruhig, ist nicht einver- die Beschimpfungen der CDU in den vergangenen Jahren standen mit dem, was ich sage. Ich sage immer: was zu be- vergegenwärtigt, ist es ein geradezu unglaublicher Vor- weisen ist. gang – Franz Josef ist jetzt in Berlin, wir hatten schon dar- (Michael Boddenberg (CDU): Rhetorikseminar!) über gesprochen –, wenn die ehemalige Oppositionsfüh- rerin jetzt die Politik ihres Vorgängers ausdrücklich lobt. Ich zitiere jetzt aus dem Landtagsprotokoll der Sitzung Ich zitiere Angela Merkel wörtlich aus ihrer Regierungs- vom 08.06.2005 aus einer Rede des Hessischen Minister- erklärung: präsidenten, Ich möchte Bundeskanzler Schröder ganz persön- (Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP)) lich dafür danken, dass er mit seiner Agenda 2010 wohlgemerkt, vom 08.06.2005, also quasi vorgestern. Da mutig und entschlossen eine Tür aufgestoßen hat, sagt der gute Herr Ministerpräsident wörtlich – Frau Wag- eine Tür zu Reformen, und dass er die Agenda ge- ner, hören Sie zu, dieser Satz ist spannend –: gen Widerstände durchgesetzt hat. Ich werde immer dagegen kämpfen, dass wir die Ei- (Beifall bei der SPD – Zurufe) genheimzulage abschaffen, weil ich das für gesell- – Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, ich halte es schaftspolitisch falsch hielte. für nicht in Ordnung, wenn ich Ihre Parteivorsitzende zi- Das war der Hessische Ministerpräsident wörtlich. tiere und Sie hineinreden. Hören Sie doch einmal zu. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich es richtig sehe, (Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- wird der Deutsche Bundestag morgen mit den Stimmen tal) (CDU): Das kam doch auch vom linken Flü- der Koalition für die Abschaffung dieser unsinnigen Sub- gel!) vention stimmen. 5988 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Wie war – Vorläufig klein. Frau Wagner, ich habe mir erst überlegt, es bei der Mehrwertsteuer?) „die beiden kleinen Fraktionen“ zu sagen, und wollte diese Formulierung dann etwas abschwächen. Aber auch In sieben Tagen, am 21. Dezember, wird der Ministerprä- dies findet keine große Zustimmung. sident höchstselbst der Abschaffung der Eigenheimzulage im Bundesrat ebenfalls zustimmen. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ihr seid bald bei uns!) (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Dafür nimmt er Sagen wir es also anders: Ich hoffe, dass auch die Kolle- 3 % Mehrwertsteuer!) ginnen und Kollegen von der FDP und den Bündnisgrü- nen – das ist an dieser Stelle ungefährlich – in Zukunft Liebe Kolleginnen und Kollegen, man sieht, auch heute möglichst oft der Versuchung widerstehen werden, die noch ist das gesellschaftliche Sein durchaus dazu geeignet, kochsche Rolle einzunehmen und über Berlin zu räsonie- das gesellschaftliche Bewusstsein radikal zu verändern. ren. Es wird Punkte geben, bei denen es gar nicht anders Kurz gesagt: Bei unserem Hessischen Ministerpräsiden- sein wird. ten bestimmt der Standort den Standpunkt. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP und (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE den Bündnisgrünen, trotz allem, was uns trennt, glaube ich GRÜNEN) angesichts dessen, was ich von den Rednerinnen und Aber das ist ein ernstes Thema. Rot-Grün hat in den letz- Rednern aller Oppositionsfraktionen in der Debatte über ten sieben Jahren sehr viel für unser Land Deutschland den Haushalt mitbekommen habe, dass uns einiges ver- getan. Wir hätten noch viel mehr tun können, bindet, nämlich die Überzeugung, dass diese Landesregie- rung derart schwach ist, dass wir nur über das reden müs- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE sen, was sie nicht kann. GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und des Abg. Michael Denzin wenn dieser Ministerpräsident und die Union es nicht im (FDP)) Bundesrat brutalstmöglich bekämpft hätten. – Einer von der FDP hat schon geklatscht. Ich sehe zu, (Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- dass ich mich weiter nach vorne arbeiten kann. NIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Fünf Millionen Arbeitslose! – (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das war der Michael Den- Michael Boddenberg (CDU): Deswegen geht es zin! Den hat euer Oberbürgermeister als „Chamä- uns ja so gut, Herr Walter!) leon“ bezeichnet!) – Deshalb geht es uns auch so gut, Herr Kollege Bodden- – Das war Michael Denzin, in der Tat. – Aber das, was ich berg, ganz genau. eben gesagt habe, war nicht nur Oppositionsrhetorik. Wenn wir uns nur die mit dem Haushaltsplanentwurf vor- (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das war gelegten Zahlen ansehen, stellen wir fest, dass allein die- ironisch gemeint!) ser Haushaltsplanentwurf gegen die Landesregierung spricht. Ebenso sehr spricht gegen die Landesregierung, Denn wären diese unsinnigen Subventionen bereits im dass unser Land Hessen im Wettbewerb der Bundeslän- Jahr 2003 abgeschafft worden, wären auch die Rahmen- der mittlerweile völlig unbestreitbar schwächer geworden bedingungen des hessischen Haushalts deutlich besser, als ist und leider tendenziell immer schwächer wird. Das soll sie es heute sind, Herr Finanzminister. das Thema meiner heutigen Rede sein. (Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- (Zuruf von der CDU: Oh!) NIS 90/DIE GRÜNEN) In einer Generaldebatte gilt es nämlich, eine Bilanz der Das ist im Übrigen ein hessisches Thema. Jetzt komme ich Arbeit der Landesregierung und der Landesminister zu tatsächlich zu den veränderten Vorzeichen. Die Tatsache, ziehen. Ich will dies tun und beginne mit der Bewertung dass die Hessische Landesregierung und die hessische der Arbeit des Finanzministers. Damit komme ich natür- Union nun nicht mehr von ihren eigenen Fehlern durch lich auch zu einer Bewertung des vorliegenden Haus- Schuldzuweisungen an den Bund ablenken können, eröff- haltsplanentwurfs. net – ich bleibe bei der Diktion von Frau Merkel – neue Möglichkeiten für unsere Landespolitik. (Zurufe von der CDU: Endlich!) (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – Ich bin nicht sicher, ob Ihre Vorfreude gerechtfertigt ist, Das stimmt!) Herr Kollege. Wir haben jetzt die Chance, hessische Themen ins Zen- Die Nettoneuverschuldung im Jahr 2006 beträgt 1.700 trum unserer Debatten zu rücken. Millionen c. Damit wird die Verfassungsgrenze um 90,8 % überschritten. Im ursprünglichen Finanzplan war Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Appell lautet – der von knapp 900 Millionen c die Rede. Herr Finanzminis- Hessische Ministerpräsident kennt ihn; er hat sich nur in ter, das bedeutet, Sie haben Ihre eigene Vorgabe um na- den letzten Jahren nicht daran gehalten –: Lassen Sie uns hezu 100 % verfehlt. vorrangig über die Landespolitik diskutieren, und lassen Sie uns den Blick auf Hessen richten. – Ich werde mich je- (Reinhard Kahl (SPD): Das ist nichts Neues!) denfalls daran halten. Im Jahr 2007 wird sich das gleiche Verhältnis ergeben wie (Beifall bei der CDU) 2006. Ich hoffe nur, dass auch die beiden kleineren Fraktionen (Norbert Schmitt (SPD): Trotz der Verkäufe!) in diesem Hause – – Für 2008 waren 0,7 Milliarden c Nettoneuverschuldung (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP):Vorläufig klein! vorgesehen. Tatsächlich werden es 1,6 Milliarden c.Im – Heiterkeit) Jahr 2009 werden es 1,5 Milliarden c sein. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 5989

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist unglaublich!) Auch wir haben gesagt, es gebe eine Störung des gesamt- wirtschaftlichen Gleichgewichts. Dieser Haushalt ist nicht nur der fünfte verfassungswid- rige Haushalt in Folge, sondern – das halte ich für weitaus (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die habt ihr selbst in Ber- dramatischer – mit dem mittelfristigen Finanzplan des Fi- lin verursacht!) nanzministers hat sich diese Landesregierung auch für die Zukunft von dem Ziel verabschiedet, verfassungsmäßige Viertens. Wir haben behauptet, eine erhöhte Kreditauf- Haushalte vorzulegen. nahme sei nur dann zulässig, wenn sie zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ge- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE eignet sei. Dafür sei eine Begründung erforderlich. GRÜNEN) Die Mehrheit des Verfassungsgerichts hält in dem Urteil Die Landesregierung hat nicht einmal mehr vor, die Ver- ausdrücklich fest: Dieser Begründungspflicht ist die Lan- fassungsgrenze einzuhalten. Herr Finanzminister, es ist desregierung nicht nachgekommen. – Auch die Mehrheit wie im Sport: Man kann Ziele zwar verfehlen, aber man des Verfassungsgerichts gibt der SPD-Landtagsfraktion sollte sich wenigstens Ziele setzen. Ein Ziel wird durch Recht, wenn sie darlegt, dass der Finanzminister dies nicht unsere Verfassung gesetzt. In der Verfassung heißt es: in ausreichender Weise begründet habe und dass deshalb nicht mehr Schulden als Investitionen. – Herr Minister, al- diesem Erfordernis nicht Genüge getan worden sei. lein diese Planung zeigt, wie sehr Sie gescheitert sind. Dann macht die Mehrheit des Verfassungsgerichts aller- (Beifall bei der SPD) dings einen weiteren Schritt. Ich halte es für grundfalsch, zu erklären – das kann man sagen; man kann durchaus Zum Staatsgerichtshof. Ich wollte eigentlich nicht über unterschiedliche juristische Auffassungen haben –: An das Urteil des Staatsgerichtshofs reden. Gestern hat die und für sich müssten wir, wenn wir an dem Punkt sind, den Union jedoch einen kraftvollen Aufschlag gemacht – wo- Haushalt für verfassungswidrig erklären. bei sie allerdings nicht genau wusste, was los ist. Aber dann sucht und findet das Verfassungsgericht einen (Heiterkeit) weiteren Weg. Es gebe nämlich nicht nur die Rechtferti- Wahrscheinlich hat ein Redner gefehlt, niemand hat sich gung durch eine Störung des gesamtwirtschaftlichen vorbereitet, oder Sie haben sich nicht getraut. Ich habe Gleichgewichts, sondern auch noch sonstige Gründe, wa- keine Ahnung. rum man diese Verfassungsgrenze überschreiten könne. Einer dieser Gründe ist die Unvorhersehbarkeit der Situ- (Norbert Schmitt (SPD): Möglicherweise beides!) ation. Ich frage mich, warum man diese unvorhersehbare Jedenfalls ist es schon beachtlich, wenn man sagt: „Komm, Situation nicht anders als durch die Aufnahme erhöhter wir wollen dich rügen“, und dann ist niemand anwesend. Kredite abwenden kann. Zum Staatsgerichtshof. Ich mache alles mit, liebe Kolle- (Beifall bei der SPD) ginnen und Kollegen. Der Staatsgerichtshof hat am Mon- Dies führt letztlich leider dazu, dass die Minderheit im tag dieser verantwortungslosen Schuldenmacherei die ju- Staatsgerichtshof Recht hat. Die Minderheit im Staatsge- ristische Absolution erteilt. In dem Minderheitenvotum richtshof trägt nämlich vor, nun gebe es beim Aufnehmen des Staatsgerichtshofs heißt es völlig zu Recht, dass Art. erhöhter Kredite überhaupt keine Schranken mehr. 141 der Hessischen Verfassung in der Lesart der Mehrheit des Gerichts überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt. (Norbert Schmitt (SPD): So ist es!) Die Mehrheit des Verfassungsgerichts hat sich, im Übri- Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP,wir werden gen entgegen der Rechtsprechung aller übrigen Landes- Ihrem Antrag zustimmen, weil wir der Auffassung sind, verfassungsgerichte, dem Wunsch des Finanzministers ge- dass dieser Haushaltsplanentwurf wiederum verfassungs- beugt und das Schuldenmachen von jeglicher Verfas- widrig ist. Aber ich rate Ihnen davon ab, mit dieser Be- sungsgrenze befreit. gründung zum Staatsgerichtshof zu gehen. Sie würden (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU) wieder auf die Nase fallen, weil die Mehrheit im Staatsge- richtshof Ihnen antworten würde: Sie haben Recht, dies- Ich werde dieses Urteil erklären. Eigentlich ist die Mehr- mal ist es keine unvorhersehbare Situation, aber diesmal heit des Verfassungsgerichts zu 90 % dem Antrag der ist die erhöhte Kreditaufnahme im Begleittext des Haus- SPD gefolgt – sogar was die Begründung angeht. Sie ist haltsplans angemessen begründet. – Ich bin relativ sicher, dann nur zu einem anderen Ergebnis gekommen. dass der Staatsgerichtshof so plädieren würde. (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Warum Im Ergebnis hat der hessische Finanzminister sein Ziel er- diffamieren Sie den Staatsgerichtshof?) reicht. Jegliche verfassungsmäßige Schranke, die der Ver- Die erste Aussage war, dass es eine Verfassungsgrenze schuldung dieses Landes gesetzt ist, wird aufgehoben. Das gibt und dass die Höhe der Nettoneuverschuldung nicht Schlimme ist, dass dies nicht unser Problem ist. Wir müs- die der Investitionen überschreiten darf. Dies bestätigt sen die Schulden sowieso bezahlen. auch die Mehrheit des Landesverfassungsgerichts. (Norbert Schmitt (SPD): Richtig!) Die zweite Aussage lautet, dass eine Überschreitung die- Meine Damen und Herren, die Enkel der Enkel werden ser Verfassungsgrenze gerechtfertigt ist, wenn eine Stö- die Schulden dieser Landesregierung zu begleichen ha- rung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt. ben. Dieses Urteil ist ein Urteil zulasten der künftigen Auch dies haben wir in unserer Antragsschrift so darge- Generationen in unserem Lande. tan. (Beifall bei der SPD) Drittens. Die Landesregierung hat eine Störung des ge- samtwirtschaftlichen Gleichgewichts für das Jahr 2002 an- Zur Vollständigkeit zum Haushalt. Zu den 1,7 Milliar- genommen. Auch dies hat die SPD-Landtagsfraktion der den c an neuen Schulden kommen noch die eingeplanten Landesregierung in ihrer Antragsschrift zugestanden. Veräußerungserlöse in Höhe von 800 Millionen c hinzu. 5990 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Ein jeder weiß, dass man Eigentum nur einmal veräußern (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): kann, Da steht: „Klappen“! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie klappern!) (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist rechtmäßig!) – Habe ich „klappern“ gesagt? Ich glaube, er hat auch sodass – das ist vom Finanzminister im Prinzip zugestan- „klappern“ gesagt. Ich zitiere Sie und nicht Matthäus. den – das strukturelle Defizit in unserem Lande um diese Summe erhöht werden muss. Wir haben im Jahr 2006 ein (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg-Uwe strukturelles Defizit in Höhe von 2,5 Milliarden c zu be- Hahn (FDP): Matthäus-Maier! – Lebhafte Zurufe) klagen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein privates Unternehmen müsste in einer solchen Situation Insolvenz Juristen können vieles fortschreiben. Wir können sogar anmelden. die Bibel fortschreiben. – Wir wollen aber die Bibel nicht falsch zitieren. Herr Ministerpräsident, als Sie dieses bi- (Beifall bei der SPD – Zuruf des Minister Karlheinz blische Bild benutzt haben, haben Sie in der Tat nicht an Weimar) die Berliner gedacht, sondern Sie haben an Ihren hessi- schen Finanzminister und den hessischen Haushalt ge- – Herr Finanzminister Weimar, wenn Sie hereinrufen: „Da dacht, denn dabei können einem wirklich die Tränen in hat er Recht“: Was nützt das denn? Ich will doch von Ih- die Augen schießen. nen nicht Recht bekommen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Ministerpräsident Roland Koch: Er hat hineinge- GRÜNEN) rufen: „Ich glaube nicht“! – Gegenruf des Abg. Nor- bert Schmitt (SPD): Er hat trotzdem Recht!) Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zahlen, die ich eben genannt habe, wird der Finanzminister nicht be- „Er glaubt nicht“, na gut. – Herr Finanzminister, die streiten. Schulden unseres Landes werden in diesem Jahr die Marke von 32 Milliarden c überschreiten. Steigende (Petra Fuhrmann (SPD): Die kann er nicht bestrei- Schulden bedeuten steigende Zinslasten. Schon im Jahr ten! – Gegenruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP): 2007 werden die Zinslasten annähernd den Betrag der Ihr kennt Karlheinz nicht!) eingeplanten Neuverschuldung erreichen. Seine Verteidigung lautet – so lautet sie stets –: Die Zah- (Michael Boddenberg (CDU): Wann kommen Ihre len stimmen, aber Hessen steht vergleichsweise gut da. Sparvorschläge?) (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Richtig! – Auch die Zinsen werden steigen. Die Zentralbank hat Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Das stimmt! – schon die erste Erhöhung beschlossen. Die Ratingagentur Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP)) Standard & Poor’s hat kürzlich wegen der explodierenden Schulden erneut, zum zweiten Mal in dieser Legislaturpe- Das ist immer die Ansage des hessischen Finanzministers. riode, die Kreditwürdigkeit dieses Landes herabgestuft. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies stimmt nicht. Ein schlechteres Rating bedeutet tendenziell höhere Kos- Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Kollege von Hunnius, zitiere ich ten für die Refinanzierung. aus Ihrer Rede zur Einbringung des Haushalts. Ich danke (Petra Fuhrmann (SPD): Da wäre ich in Sack und Ihnen für die Erlaubnis. Der Kollege von Hunnius hat in Asche gegangen! – Zuruf von der CDU: Unfug!) seiner Rede zur Einbringung des Haushalts völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass der einzig ehrliche Ver- – „Unfug“ wird hier hereingerufen. Das finde ich wunder- gleich der Vergleich mit den westdeutschen Flächenlän- bar. Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum dern ist. Er hat festgestellt, dass zwei westdeutsche Flä- wird denn ein Rating gemacht? Rating hat etwas mit der chenländer und sogar ein ostdeutsches Flächenland vor Frage zu tun, zu welchem Zinssatz man sich finanzieren uns sind. Er hat auch gesagt: Das bedeutet Mittelfeld, weil kann. Wir können darüber reden, warum das passiert ist, nur noch vier westdeutsche Flächenländer hinter uns sind. aber wenn die Unionsfraktion nicht einmal anerkennt, dass es ein Problem ist, wenn man heutzutage herunterge- Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch dies ist ratet wird, dann wird es einem angst und bange in diesem nur ein Teil der Wahrheit. Denn den Platz im Mittelfeld, Lande. den wir momentan einnehmen, verdankt diese Landesre- gierung dem Erbe sozialdemokratischer Ministerpräsi- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE denten GRÜNEN) (Volker Hoff (CDU): Oh!) Es kann einem auch angst und bange werden. Ich mache hier nicht nur Rhetorik. Schon ein um durchschnittlich und den über Jahrzehnte regierenden erst rot-gelben und 0,5 % – die Zentralbank hat gerade um 0,25 % erhöht – dann rot-grünen Koalitionen in diesem Land. erhöhter Zinssatz würde das Land Hessen mehr Geld (Beifall bei der SPD und des Abg. Dr.Andreas Jür- kosten, als wir momentan für die freiwillige Leistungen im gens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Sozialbereich insgesamt aufwenden – um einmal die Dra- Abg. Volker Hoff (CDU)) matik der Situation deutlich zu machen. Diese Landesregierung ist dabei, dieses Erbe zu verspie- (Zurufe des Ministers Karlheinz Weimar und des len. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ha- Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben dieses Land, Herr Kollege Hoff, an die Spitze der NEN)) deutschen Bundesländer geführt. „Hessen vorn“ war ein – Ja, natürlich, Herr Finanzminister. – Herr Ministerpräsi- Markenzeichen in ganz Deutschland. dent, als Sie vor den Berliner Kameras das öffentliche (Beifall bei der SPD) Bild des Heulens und Zähneklapperns aus dem Matthäus- evangelium bemühten – – Auch wenn Sie es nicht gerne hören wollen: Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 5991

(Zurufe der Abg. Volker Hoff und Michael Bod- dieser Politik zu zahlen haben. Die Union kann sich nicht denberg (CDU)) über diese Zahlen freuen, denn auch wegen des Finanz- desasters droht ihr im Jahre 2008 die Abwahl. Aber nicht Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, unter Ih- einmal die Opposition aus SPD, GRÜNEN und FDP in rer Regierung verliert Hessen an Stärke. Wir reden über diesem Hause kann sich über diese Zahlen freuen, denn Zahlen. Ich mache keine Oppositionsrhetorik. In der Zeit mit den roten Zahlen der Schwarzen werden wir uns zwischen 2002 und 2004 ist beispielsweise die Pro-Kopf- nachher herumzuschlagen haben. Zinsen kennen leider Verschuldung in Hessen um 674 c gestiegen, in Rhein- c keine Parteibücher. Die Erblast dieser Regierung wird land-Pfalz dagegen nur um 629 , in Bayern sogar nur um diese Politik noch sehr, sehr lange mitnehmen. 283 c. Herr Finanzminister, das heißt, der Abstand zur Spitzengruppe wird größer. Der Abstand zu den Verfol- (Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. Michael gern wird geringer – und nicht umgekehrt, wie Sie dies Boddenberg und Clemens Reif (CDU)) immer im Parlament vortragen. – Ich muss präzise sein. – Es ist gut, dass man darauf hin- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE gewiesen wird. Wenn ich sage, dass sich niemand über GRÜNEN – Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) diese Zahlen freuen kann, dann stimmt das nicht. Auch die anderen Zahlen, alle wichtigen Zukunftsindika- (Michael Boddenberg (CDU): Wann kommen die toren, beispielsweise die Investitionsquote, sprechen ge- Sparvorschläge?) gen Sie. Dass die Investitionsquote von besonderer Be- Denn es gibt einen, der sich über diese Zahlen freut: der deutung ist, müsste in diesem Hause unbestritten sein. hessische Finanzminister. In der öffentlichen Vorstellung Das spricht gegen unser Bundesland. Da sind wir nicht dieses Haushaltes hat er freudestrahlend über eine Trend- einmal mehr im Mittelfeld, sondern wir stehen, was die In- wende in unserem Lande schwadroniert. vestitionsquote angeht, gerade noch auf Platz neun der 13 Flächenländer. (Heiterkeit bei der SPD – Reinhard Kahl (SPD): Lachnummer! – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann Ich komme zu der vom Oppositionspolitiker Roland (SPD)) Koch immer gerne und laut attackierten Personalkosten- quote in diesem Land. Mit der vom Rechnungshof festge- Herr Finanzminister, ich habe mir das noch einmal durch- stellten Personalkostenquote in Höhe von 46,7 % für das gelesen.Angesichts solcher Zahlen von einer Trendwende Jahr 2003 sind wir das mit Abstand schlechteste Land un- zu sprechen: Nicht nur ich bin der festen Überzeugung, ter 16 Bundesländern. dass Sie ganz offensichtlich aber auch jeden Realitätsbe- zug verloren haben. – Herr Finanzminister, ich kann Ih- (Minister Karlheinz Weimar: Das ist ja lächerlich!) nen nur anempfehlen, und zwar im Interesse der Men- – Die Zahlen stammen aus dem Bundesländer-Ranking schen in unserem Lande Hessen: der „Wirtschaftswoche“. Lieber Herr Finanzminister, das (Norbert Schmitt (SPD): Das kann man sagen! – ist sicherlich keine sozialdemokratische Publikation. Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar) (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrem ehemaligen Kabi- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nettskollegen Wagner. Der ist von der Regierungsbank in Jetzt kommt die „Operation sichere Zukunft“. Sie haben die Fraktion gewechselt. Vielleicht sucht Herr Wagner gesagt, dass Sie etwas bei den Personalkosten gemacht ha- noch einen parlamentarischen Geschäftsführer. Herr Fi- ben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist rich- nanzminister, diesem Land kann kurzfristig nichts Besse- tig, dass die Landesregierung zulasten der Beschäftigten res passieren, als dass Sie den Weg von da nach da gehen. regiert. Aber das führt nicht zu einer Entlastung des (Beifall bei der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die Haushalts. arme CDU-Fraktion! – Zuruf des Abg. Gottfried (Beifall bei der SPD) Milde (Griesheim) (CDU)) Ich komme abschließend zu den Finanzen. – Der Herr Kollege Hahn schützt die CDU-Fraktion und sagt: Das kann sie nicht mehr ertragen. – Das geht dann (Zuruf von der CDU) auch nicht mehr. Es ist unbestreitbar, da nützt auch das Hereingerufe Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme von nichts mehr, Herr Kollege: Hessen ist in erkennbar der Finanz- zur Wirtschaftspolitik. Das ist nicht zufällig, schlechter Verfassung und erkennbar auf einem Weg ins sondern es ist zwangsläufig, dass man von der Finanz- zur Abseits. Wirtschaftspolitik kommt. (Volker Hoff (CDU): Das sagt die Opposition! – (Clemens Reif (CDU): Sie sprechen jetzt vom Flug- Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) hafen!) – Nachher könnt ihr sagen, was an diesen Zahlen nicht Denn die strukturellen Probleme unseres Haushaltes sind stimmt. Ich glaube aber, dass die Zahlen nicht zu bestrei- nicht durch Umschichtungen und durch Einsparungen zu ten sind. Dass ihr das anders seht, dass ihr keine Probleme lösen.Was wir neben mutigen Schritten in der Finanzpoli- seht, ist unbestritten. tik brauchen, ist Wachstum in unserem Lande Hessen oder, wie es einmal ein anderer Wahlkämpfer formuliert (Norbert Schmitt (SPD): „Hoff“ ist die erste Silbe hat: Jobs, Jobs, Jobs. Zu diesem Thema hätte ich jetzt sehr von hoffnungslos!) gerne den Wirtschaftsminister angesprochen. Herr Kollege, ich sage nicht, dass wir uns darüber freuen. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Er fliegt gerade!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, über diese Zahlen kann sich niemand freuen. Die Bürgerinnen und Bürger in un- Es ist sicherlich wichtig, dass der hessische Wirtschaftsmi- serem Lande können sich nicht über die Zahlen freuen, nister auf der Wirtschaftsministerkonferenz ist. Es ist aber denn sie und ihre Kinder und Enkel werden die Zeche schade, dass er sich bei dieser sehr zentralen Debatte ver- 5992 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 treten lässt, wobei wir vor kurzem gelesen haben, dass sich (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des der hessische Wirtschaftsminister des Öfteren bei wichti- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) gen Terminen vertreten lässt. Auch darauf komme ich noch zu sprechen. Der Herr Minister Rhiel muss sich nicht wundern – ich glaube, auch wir müssen uns nicht wundern –, (Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) (Clemens Reif (CDU): Über Sie braucht man sich Ich hätte Herrn Wirtschaftsminister Rhiel nicht zu wundern!) (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ist er geflogen oder gefah- dass es auf dem Arbeitsmarkt in Hessen im Vergleich der ren? – Weitere Zurufe) deutschen Bundesländer so katastrophal aussieht. Die sehr gern mit den aktuellen Zahlen aus der Arbeitslosen- wichtigsten Straßenbauprojekte in Nordhessen kommen statistik konfrontiert. Aus dem gleichen Länderranking nicht voran. ergibt sich für die Jahre 2002 bis Ende 2004, dass die Ar- (Lachen bei der CDU) beitslosenquote nur noch im Bundesland Mecklenburg- Vorpommern stärker gestiegen ist als in unserem Bundes- Denken Sie doch einmal an die Aussagen im Wahlkampf. land Hessen. Bagger waren angekündigt.Wo sind denn die Bagger? Sie regieren nunmehr seit fast sieben Jahren in diesem Lande, (Michael Boddenberg (CDU): Das kommt aus der und es passiert nichts. SPD-Parteizentrale!) (Beifall bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): So – Wie können Leute bei der wichtigsten Frage unseres ist es, genau so ist es! – Weitere Zurufe – Unruhe) Landes, der Arbeitspolitik, einen solchen Unsinn reden? Die neue Landebahn war von dieser Landesregierung für (Lebhafter Beifall bei der SPD – Norbert Schmitt 2006/2007 angekündigt. Nun wird die Landebahn frühes- (SPD): Ein solcher Unsinn!) tens im Jahr 2010 ans Netz gehen. Das ist noch dazu der so genannte wirtschaftspolitische Die hessische Exportwirtschaft erfährt durch das Wirt- Sprecher. Da kann man wirklich nur noch sagen: armes schaftsministerium keinerlei Unterstützung. Mangels Be- Bundesland Hessen. Solche Leute reden für die Wirt- schäftigung könnten wir die Abteilung Außenwirtschaft schaftspolitik der Union. im Wirtschaftsministerium gleich auflösen. (Lebhafter Beifall bei der SPD – Norbert Schmitt Ich möchte mich überhaupt nicht mit der Frage beschäfti- (SPD): Arme CDU Hessen, im wahrsten Sinn des gen, was die Motive oder Gründe sind, Wortes: finanziell arm und geistig arm!) Das ist beschämend, Herr Kollege Boddenberg. (Clemens Reif (CDU):Ach ja! Das wäre aber inter- essant!) Ich nenne Ihnen noch eine Statistik, nämlich die der Bundesagentur für Arbeit; Sie werden sagen, sie ist sozial- warum der Herr Wirtschaftsminister Rhiel an wichtigen demokratisch unterwandert. Auslandsreisen nicht beteiligt ist. Aber ich sage Ihnen, es geht nicht, dass Wirtschaftsdelegationen dieses Landes (Lebhafte Zurufe – Unruhe) nach China, nach Moskau oder in den Iran nicht mit dem – Hören Sie doch einmal zu. Dann können Sie etwas ler- Wirtschaftsminister, sondern nur mit einem Staatssekre- nen. – Das ist die aktuelle Arbeitslosenstatistik der tär fahren. Die Wirtschaftsminister Klemm und Posch wa- Bundesagentur für Arbeit vom November dieses Jahres, ren bei solchen Reisen immer dabei, und sie haben natür- also die aktuellste Statistik, die wir haben. Die Richtigkeit lich immer auch ministerielle Gesprächspartner auf der der Statistik der Bundesagentur werden Sie wohl nicht anderen Seite bekommen. bestreiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Minister in den (Zurufe von der SPD: Doch! – Weitere Zurufe) Iran fahren und jetzt, wo eine neue Administration an der Regierung ist, der Staatssekretär fährt, braucht man sich Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Novem- nicht zu wundern, wenn die neue Administration dies als ber-Statistik der Bundesagentur ist die Arbeitslosenquote einen Affront auffasst und man nicht mehr die gleichen in Hessen gegenüber dem Vorjahresmonat um 18 % ge- Gesprächspartner bekommt. Zweitklassige Delegationen stiegen. Dieser hohe Ansatz hat natürlich mit Hartz zu führen zu zweitklassigen Gesprächen. Dies aber schadet tun; das ist klar. Die Quote ist in allen Ländern gestiegen. unmittelbar der Wirtschaft unseres Landes Hessen. Aber im Vergleich November 2005 zum November 2004 haben lediglich die Stadtstaaten Hamburg und Bremen, (Beifall bei der SPD) die natürlich vorher einen größeren Anteil arbeitsfähiger Der Wirtschaftsminister, der heute nicht da ist, nimmt Sozialhilfeempfänger hatten, eine höhere Steigerung der seine Aufgaben nicht wahr. Meine sehr verehrten Damen Arbeitslosigkeit zu beklagen. Liebe Kolleginnen und Kol- und Herren, das ist das Thema, über das wir zu reden ha- legen, kein anderes Bundesland, kein anderes Flächen- ben. land in Deutschland hat eine höhere Steigerung der Ar- beitslosigkeit zu verzeichnen als unser Bundesland Hes- (Lebhafter Beifall bei der SPD – Clemens Reif sen. (CDU): Bei uns gilt ein Staatssekretär auch etwas!) (Norbert Schmitt (SPD): So ist es! Leider ist es so!) – Das müssen Sie denen erzählen. Sie verstehen das nur nicht, sondern sagen: Wir wollen den Minister sehen. Ich habe in diesem Haus schon öfter gesagt: Unter sozial- demokratischen Ministerpräsidenten, verehrter Herr Mi- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich sage, dass der nisterpräsident Koch, war dieses Bundesland bei der Herr Minister Rhiel überhaupt nichts tut, dann stimmt das Schaffung neuer Arbeitsplätze stets an der Spitze. Unter ja nicht. Denn vor kurzem hat er eine wichtige Aussage Ihnen stehen wir nun an der Spitze bei der Schaffung gemacht. Er hat nämlich angekündigt, das Hessische Spar- neuer Arbeitslosigkeit. kassengesetz zu novellieren. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 5993

(Clemens Reif (CDU): Prima!) wurden? Ich kann es Ihnen sagen – alle wissen es –: Ein Teil des Geldes ist bei den Polytechnikern, ein anderer Die Reaktionen auf diese Aussage waren aufseiten der Teil des Geldes ist im Haushalt der Stadt Frankfurt. Wol- Privatbanken hoffnungsvolles Schweigen und aufseiten len wir es in Zukunft weiter so machen, dass die Helaba der Sparkassen und der Kommunalpolitiker einhellige Sparkassen kauft und ihr Geld aus dem System nimmt? Kritik. Wer behauptet, dass ein System mit dem Entziehen von (Zuruf von der CDU: Teilweise nachvollziehbar!) 725 Millionen c aus dem System gestärkt wird, hat ganz offensichtlich überhaupt nicht verstanden, worüber er re- – Warten Sie einmal ab. Mittlerweile sitzt ja einer, der sich det, liebe Kolleginnen und Kollegen. zu diesem Thema geäußert hat, auf der Regierungsbank. Die Position von Herrn Banzer zu diesem Thema ist nicht (Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU) die Position, die eben dazwischengerufen wurde. Jeden- – Ihre Kommunalpolitiker vor Ort, lieber Herr Kollege, falls war sie das in der Vergangenheit. sehen das ziemlich genau so, wie ich es eben vorgetragen Ich zitiere jetzt einmal den Hessischen Städtetag in der habe. Person von Wiesbadens Oberbürgermeister Diehl. (Clemens Reif (CDU):Was ist Ihr Vorschlag für die (Zuruf von der CDU) Fraspa?) – Sie hören sich ja Ihre eigenen Leute nicht an. Ich war gerade bei Herrn Banzer. Herr Banzer hat eine Schonfrist von 100 Tagen.Herr Banzer, es wäre unredlich, (Weitere Zurufe) wenn ich Sie für die Politik Ihres Vorgängers verantwort- Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ja alles lich machen würde. Sie haben mit der Inbetriebnahme der lustig.Aber ich bin nicht sicher, ob es wirklich so lustig ist. JVA in Hünfeld ein schweres Erbe übernommen. Auch Die Sparkassen sind für dieses Land von wirklich existen- das ist wieder so ein Punkt. Alle Beschäftigten im Justiz- zieller Bedeutung. vollzugsdienst tragen vor, dass die Justizvollzugsanstalt ohne die Schaffung von ausreichenden Planstellen im ge- (Beifall bei der SPD) samten Justizvollzug in Betrieb genommen wurde. Es ist unglaublich, wie sich die Damen und Herren hier (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ein mit diesem Thema befassen. Unsinn!) (Zuruf von der CDU: Wem erzählen Sie das? – Insgesamt fehlen über 200 Planstellen im Justizvollzug. Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Ihnen!) Das ist eine riesige Herausforderung, und ich wünsche Ich zitiere Oberbürgermeister Diehl, seines Zeichens Herrn Banzer, dass er diese Herausforderung bewältigt. Christdemokrat und Oberbürgermeister dieser Stadt. (Zuruf von der CDU: Keine Ahnung!) Oberbürgermeister Diehl sagt: Auch in Zukunft muss es Sparkassen in der Fläche geben. Und weiter: Es sei nicht Ich wünsche mir allerdings auch, Herr Kollege Banzer, die Aufgabe dieser Institute, eine Gewinnmaximierung zu dass bei Ihnen der Standortwechsel nicht auch gleich wie- erreichen. – Sehr richtig, meine Damen und Herren. Auf- der zu einem Wechsel in den Standpunkten führt. Sie wa- gabe der Sparkassen ist es nämlich, auch den kleinen Ge- ren d e r Kommunalpolitiker der Union in der Region. werbetreibenden, den Handwerkern und dem Mittelstand Sie und Herr Grandke waren d i e Gesichter der beiden den Zugang zu Krediten offen zu halten, großen Parteien in der Regionalpolitik. Sie haben in der Region Rhein-Main bei den Sparkassen, beim Ballungs- (Unruhe) raumgesetz und beim Kulturzwangsverband stets eine re- weil dieses allseits gelobte Rückgrat unserer Wirtschaft gierungskritische Position vertreten. Herr Banzer, wenn mittlerweile für die Privatbanken uninteressant geworden Sie diese kritische Position beibehalten, wird niemand von ist.Wer aber diesem Rückgrat der Wirtschaft den Zugang Ihnen sagen, dass Sie unser Bundesland Hessen nicht ver- zu den Krediten verschließen will, gefährdet Zigtausende stehen. Ich wünsche Ihnen dabei viel Kraft und Erfolg, Arbeitsplätze in unserem Land. Herr Banzer. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD – Zurufe) Wie ist die aktuelle Stellungnahme von Herrn Rhiel zu – Herr Ministerpräsident, man kann doch Vernunft auch dieser Kritik? Tun Sie doch nicht so, als würde das die einmal loben. SPD sagen. Ihre komplette kommunalpolitische Familie Ich würde kurz etwas über Frau Lautenschläger sagen; ist gegen den Vorschlag. aber aus dem Bereich der Sozialpolitik gibt es ja nicht Herr Rhiel verteidigt sich. Ich zitiere Herrn Rhiel aus der allzu viel zu vermelden. Frau Lautenschläger hat sich nun „FAZ“ vom 9. Dezember: mit den Problemen herumzuschlagen, die Petra Fuhr- mann bereits vor eineinhalb Jahren angekündigt hat, Wenn ertragsstarke Sparkassen oder die Landes- nämlich dass es mit der „Operation düstere Zukunft“ bank viele Initiativen durch Selbstausbeutung schaffen, gerade – so Herr Minister Rhiel – noch ein Jahr weiterzuarbeiten. Mittlerweile sind diese In- itiativen am Ende angelangt. Entweder springen die Kom- Anteile an anderen Sparkassen erwerben könnten, munen ein, oder die Initiativen müssen aufgeben. Was werde die Sparkassenfamilie gestärkt. wegfällt, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind dann die Initiativen; was aber nicht wegfällt, sind die Men- Wenn man es möglich macht, dass andere Sparkassen und schen, die Hilfe brauchen. die Helaba Anteile erwerben können, wird also die Spar- kassenfamilie gestärkt. (Beifall bei der SPD) Ich hätte Herrn Minister Rhiel hier sehr gerne gefragt:Wo Sozialpolitik darf diese Art von Politik nicht genannt wer- sind denn die 725 Millionen c, die für die Fraspa gezahlt den. 5994 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

In diesem Jahr gab es ein weiteres großes politisches Auch Herrn Bouffier wollte ich mit mehr Zeit bedenken. Thema in Ihrem Bereich, Frau Lautenschläger, das wir Herr Bouffier, nur wenige Sätze zu Ihnen. Sie waren im nicht vergessen sollten, nämlich die ganz große Reform vergangenen Jahr öfter in der „Bild“-Zeitung als in der des Landeswohlfahrtsverbandes. Das ist bisher eine wirk- „Hessischen Polizeirundschau“ – und zwar immer mit lich ganz große Geschichte. Meldungen, die höchst peinlich waren. Die Union hat vor ziemlich genau einem Jahr die Koali- (Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS tion mit der SPD aufgekündigt. Schwups war die so ge- 90/DIE GRÜNEN) nannte Jamaika-Koalition im Amt. Ich benutze diesen Ausdruck sehr ungern. Ich habe es schon einmal gesagt: Die Geschichte mit dem Präsidium wird im Untersu- Die Menschen in Jamaika haben uns nichts Böses getan. chungsausschuss geklärt. Es ist ganz großes Kino, wenn Sie haben es nicht verdient, dass man sie für so etwas in man einen Mitarbeiter an verantwortungsvoller Stelle sit- Mitleidenschaft zieht. zen hat, der schon einmal wegen Untreue strafrechtlich belastet worden ist, ihn aber einfach weiter werkeln lässt, (Heiterkeit bei der SPD) damit er richtig große Summen veruntreuen kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die neue Koalition hat Auch die Razzia in diesem Jahr fand ich schön. Sie haben es sehr, sehr schnell geschafft, die beiden Spitzenpositio- sich bezüglich der berühmten Frankfurter Razzia hier mit nen zu besetzen. Bisher haben wir allerdings keinen An- der Aussage verteidigt: Razzien müssen für die Sicherheit satz für irgendeine Art von Reform gesehen. Der gute in diesem Lande gemacht werden. – Herr Kollege Bouf- Herr Kramer, seines Zeichens Fraktionsvorsitzender der fier, ich bestreite das gar nicht. Razzien sind wichtig.Aber CDU in der Verbandsversammlung, hat laut „FAZ“ vom aus meiner Sicht, aus der Sicht des kleinen Landanwalts, 3. Dezember gesagt: „Die neue Kooperation hat sich da- wäre es aber sinnvoller, dass eine Razzia nicht vorher an- durch bewiesen, weil sie ihre Personalvorstellungen gekündigt wird. Wenn die Leute nämlich wissen, dass die durchgesetzt hat.“ Polizei kommt, dann sind sie nicht mehr da. (Heiterkeit bei der SPD) (Heiterkeit und Beifall bei der SPD) – Es kommt noch besser. – Es heißt weiter: „Der Reform- Ich kann wirklich nicht feststellen, dass Ihre Organisation kurs selbst ist jedoch noch nicht bestimmt.“ der Polizei besonders vorteilhaft für die innere Sicherheit ist. (Große Heiterkeit bei der SPD) Jetzt kommen wir zu einem harten Punkt. Wenn ein Wirt- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das die neue Poli- schaftsinstitut die deutlich gestiegene Kriminalität in un- tik für Hessen ist, wenn es nicht mehr um das Bestimmen serem Bundesland Hessen als einen „wirtschaftlichen von Positionen, sondern nur noch um das Besetzen von Standortnachteil“ darstellt, dann ist das nicht mehr zum Positionen geht, dann muss man wirklich sagen: armes Lachen. Ein Minister, der einmal angetreten ist, gegen je- Hessen. den kleinen Gesetzesverstoß mit brutalster Härte vorzu- (Heiterkeit und Beifall bei der SPD) gehen, für den ist dieses Zeugnis eines Wirtschaftsinstituts die allerschlimmste denkbare Kritik. Herr Corts, ich wollte Sie eigentlich ausführlich berück- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des sichtigen, aber die Redezeit geht zu Ende. Ich möchte mit BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von Ihnen nicht über die Unterfinanzierung der Hochschulen der CDU) reden; das tut morgen der Kollege Siebel. Mir fällt aber Folgendes auf: Wir streiten hier sehr intensiv über einen Ich hätte mit Ihnen gern noch über den Ballungsraum dis- Kulturzwangsverband in der Rhein-Main-Region. Von kutiert, Herr Bouffier. Gestern haben Sie noch sehr de- dem zuständigen Minister habe ich aber zu der Frage, wel- fensiv dargestellt, die SPD habe nichts Besseres zu bieten. che Perspektiven die Kultur im Rhein-Main-Raum hat, Das klang für mich so: „Ich sehe mittlerweile selbst, dass noch nicht ein einziges Wort gehört. mein Ballungsraumgesetz Schrott ist, aber die Opposition hat auch nichts Besseres.“ Das war der Kern dessen, was (Norbert Schmitt (SPD): Die Kultur des Schwei- sie gestern gesagt haben. gens!) (Heiterkeit und Beifall bei der SPD) Sie haben morgen Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Ich bin gespannt. Sie unterscheidet von Rest dieser Re- So ist es nicht, lieber Herr Bouffier. Die SPD-Fraktion hat gierung eine gewisse persönliche Noblesse. Diese No- den Vorschlag gemacht,einen Regionalkreis einzurichten. blesse darf aber doch nicht dazu führen, dass Sie bei den Sie sagen immer, die Vorschläge der SPD-Fraktion wür- schwierigen Themen ganz einfach schweigen. den die kommunale Selbstverwaltung weitaus mehr tan- gieren als Ihre Vorschläge. Das stimmt zum Teil sogar:Un- Ich verstehe Ihr Problem, Herr Corts. Als Vorsitzender ser Vorschlag tangiert die kommunale Selbstverwaltung der CDU in Frankfurt müssten Sie eigentlich gegen den mehr, denn wir wollen die Landkreise im Ballungsraum Kulturzwangsverband sein. Als Mitglied des Kabinetts Rhein-Main abschaffen. Ein härterer Eingriff ist für die müssen Sie aufgrund der Kabinettsdisziplin für den Landkreise überhaupt nicht denkbar. Was Sie an der Zwangsverband sein. Als Ressortminister, der doch nicht Stelle aber nicht darstellen:Wir wollen die Landkreise ab- sehenden Auges zulassen kann, dass die kleinteilige Kul- schaffen, um die Kommunen zu stärken. tur in der Region Rhein-Main komplett zerschlagen wird, dass die wichtigsten Einrichtungen auf einen bürokrati- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des schen Verband übertragen werden, müssten Sie ebenfalls BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) gegen den Kulturzwangsverband sein. Herr Corts, ich bin sehr gespannt, wie Sie morgen über dieses Thema premie- Etwas Besseres für die Kommunen zu tun ist überhaupt renhaft in diesem Landtag reden. nicht vorstellbar. Lieber Herr Bouffier, die Schaffung ei- nes Regionalkreises ist ein Teil der Wirtschaftspolitik, (Beifall bei der SPD) denn wenn wir nur noch eine Organisationsebene im Bal- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 5995 lungsraum Rhein-Main haben, die die Aufgaben der eine Stadt, wo der eine oder andere von einer Vermögen- Landkreise mit den Aufgaben des RP zusammenführt, steuer betroffen wäre. brauchen alle potenziellen Investoren nur noch einen An- sprechpartner. Alle Wirtschaftsinitiativen sagen, das ist (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ich nicht! Ich mache hier genau das, was sich die Wirtschaft wünscht. Genau das ma- nur Politik! – Heiterkeit) chen uns andere Regionen vor. Wenn ich in Bad Vilbel sagen würde, wir führen eine Ver- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des mögensteuer ein, damit im Osten Deutschlands eine BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Autobahn gebaut werden kann, dann wäre dies als Wahl- aussage nicht sonderlich attraktiv.Wenn wir aber die Aus- Dass wir das nicht tun, ist ein Grund dafür, dass wir die sage treffen könnten, dass wir, wenn wir eine Vermögen- höchste Steigerung der Arbeitslosigkeit in unserem Land steuer im Bundesland Hessen einführen, die kompletten haben. Einnahmen aus dieser Steuer ausschließlich dafür einset- zen, in Hessen das modernste und am besten ausgestattete Die Schaffung eines Regionalkreises bedeutet aber auch Bildungssystem Deutschlands einzuführen, dann bin ich eine Verwaltungsvereinfachung. Sie hingegen schaffen ein relativ sicher, dass wir an dieser Stelle die Zustimmung Gremium, eine Gesellschaft nach der anderen. Bei diesem der Menschen bekämen. Gestrüpp kennen sich selbst diejenigen, die sich tagtäglich mit den Themen beschäftigen, nicht mehr aus. Unser Vor- (Beifall bei der SPD) schlag ist relativ klar und einfach: Zwischen den Kommu- nen und dem Land gibt es nur noch eine Ebene, nämlich Es werden nicht alle Menschen zustimmen, aber mehr als den Regionalkreis Rhein-Main. 50 % der Bevölkerung, und das reicht. (Beifall bei der SPD) Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Wolff habe ich überhaupt noch nicht angesprochen. Wir Sozialdemokra- Die Schaffung eines Regionalkreises ist natürlich auch ten haben unsere Vorstellungen für eine moderne Bil- kommunalfreundlich. Wir werden nämlich alles, was die dungspolitik in diesem Lande vor einigen Wochen vorge- Kommunen selbst erledigen können, von der RP- und der stellt. Das „Haus der Bildung“ der Sozialdemokraten be- Landkreisebene auf die Kommunen herunterzonen. Da- steht aus fünf Zimmern: wirkliche Autonomie für die mit ist der Regionalkreis, lieber Herr Innenminister, letzt- Schulen, eine praxisnähere Ausbildung der Lehrkräfte, lich auch bürgerfreundlich. Alle Aufgaben, die von einer mehr Ganztagsschulen – nicht Vormittagsschulen mit Kommune selbst erledigt werden können, werden auf die nachmittäglicher Betreuung –, Kommune übertragen. Für die Menschen werden die Wege kürzer, und das Interesse an der Kommunalpolitik (Beifall bei der SPD) wird wieder größer, weil die Kommunalpolitik dann auch und längeres gemeinsames Lernen der Kinder und Ju- über wichtige Dinge zu entscheiden hat. gendlichen. Letzteres beruht nicht auf ideologischen Vor- (Beifall bei der SPD) stellungen, sondern darauf, dass alle Länder, die in den vergleichenden Studien bessere Leistungen erzielen als Abschließend ein paar Sätze zu den Vorstellungen der Deutschland, Systeme haben, in denen die Kinder länger SPD-Fraktion zur Finanzpolitik. gemeinsam unterrichtet werden. (Zurufe von der CDU: Endlich!) (Beifall bei der SPD) Der Herr Ministerpräsident hat einmal gesagt – sehr zu Unser „Haus der Bildung“ basiert fünftens auf der Vor- Recht –, dass eine Opposition nicht wegen ihrer Schönheit stellung frühkindlicher Erziehung für alle. Wir wollen das gewählt, sondern dass eine Landesregierung ob ihrer letzte Kindergartenjahr verpflichtend machen. Ich sage Hässlichkeit abgewählt werde. Ich glaube, zur Hässlich- ganz offen: Das bedeutet eine Änderung des Schulgeset- keit dieser Landesregierung ist mittlerweile sehr viel ge- zes. Das „nullte“ Schuljahr muss also im Kindergarten ab- sagt worden. Ich möchte etwas zur Schönheit der Opposi- solviert werden, damit bereits vor dem eigentlichen Schul- tion sagen. beginn Defizite, insbesondere Sprachdefizite, der Kinder beseitigt werden. (Zurufe von der CDU) Herr Ministerpräsident, Sie lehnen all diese Vorstellungen Wir haben zu diesem Haushaltsplanentwurf einen Antrag der Sozialdemokratie ab. Aber, Herr Ministerpräsident, eingebracht, der Sie bittet, etwas zu unterstützen, was Sie sagen Sie uns: Welches sind heute Ihre – in meinem Ma- selbst schon einmal in den Bundesrat eingebracht haben, nuskript habe ich das fett gedruckt – landespoliti- nämlich die Abschaffung des Vermögensteuergesetzes auf schen Ziele? Wie wollen Sie Hessen wieder auf einen Bundesebene. Dies würde den Ländern die Möglichkeit Wachstumspfad zurückführen? eröffnen, selbst Regelungen über eine Vermögensteuer zu treffen, und zwar in eigener Hoheit der Parlamente. Liebe Herr Ministerpräsident, man hat geradezu den Eindruck, Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass wäre ein Sie hätten sich mit dem Platz im Mittelfeld abgefunden. Thema, über das in diesem Parlament zu streiten sich loh- Man hat den Eindruck, dieser Ministerpräsident verwaltet nen würde. Der Ministerpräsident hat bereits angekün- Hessen nur noch. Ihre 100-Tage-Bilanz und die kürzlich digt, mit ihm werde es keine Vermögensteuer in Hessen veröffentlichte Halbzeitbilanz dieser Regierung haben ei- geben. nes gemeinsam: nichts Neues, nichts Spannendes, nichts Positives. (Zuruf von der CDU: Sehr gut!) (Beifall des Abg. Michael Siebel (SPD) – Zuruf des Ich denke, an dieser Haltung hat sich mittlerweile nichts Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU)) geändert. Wir als Sozialdemokraten würden eine Vermö- gensteuer in Hessen einführen – vorausgesetzt, dass ein Wissen Sie, die Menschen in unserem Lande merken lang- angemessen hoher Ertrag aus dieser Steuer in unserem sam, dass Sie für unser Land Hessen nichts mehr zu bieten Lande verbleibt. Lieber Herr Kollege Hahn, Bad Vilbel ist haben. 5996 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

(Beifall bei der SPD) Roland Koch, Ministerpräsident: Herr Ministerpräsident, in diesem Jahr haben Sie viele Di- Herr Landtagspräsident, meine sehr verehrten Damen rektwahlen verloren, auch in ganz wichtigen Städten. und Herren! Angesichts der im Hessischen Landtag nicht ganz einfachen Situation – bei einer Fraktion, die die Re- (Zurufe der Abg. Gottfried Milde (Griesheim) gierung stellt, und drei Oppositionsfraktionen – habe ich (CDU) und Mark Weinmeister (CDU)) mich gefragt, wann es der richtige Zeitpunkt für den Mi- Am 18. September hat die Union – trotz denkbar schlech- nisterpräsidenten ist, in der Generaldebatte zu antworten. ter Ausgangsbedingungen für die Sozialdemokratie – bei (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Eigentlich jetzt nicht!) der Bundestagswahl ein deutlich schlechteres Ergebnis erzielt als die SPD. Nach der letzten Debatte, als ich nach allen geantwortet (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie waren habe, wurde das vielfach kritisiert. Deshalb antworte ich noch schlechter!) jetzt auf denjenigen, der hier die größte Oppositionsfrak- tion führt. – Herr Kollege Wagner, wir werden stärker, und Sie wer- den schwächer. (Zuruf von der FDP: Noch!) (Lachen des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) Einige in meinen Reihen haben mir gesagt, das geschehe (CDU)) wohl, weil ich Herrn Kollegen Walter einen Gefallen tun wolle. – Herr Kollege, nach Ihrer Rede sage ich: So, wie Ihre Abgeordneten merken das doch. Man hört doch Frau Ypsilanti geschaut hat, ist mir das jedenfalls nicht ge- heute schon an der einen oder anderen Stelle, dass die Ab- lungen – wenn ich Ihre Rede hier sehe. geordneten der Union mittlerweile sehr engagiert darü- ber diskutieren, welchen zukünftigen Listenplatz sie be- (Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Andrea kommen. Ich verstehe das. Meine sehr verehrten Abge- Ypsilanti und Reinhard Kahl (SPD): Erklären Sie ordneten von der Union, schauen Sie einmal nach links das doch einmal! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt und einmal nach rechts – einer von Ihnen dreien wird (SPD)) 2008 nicht mehr dabei sein. Das war auch gar nicht meine Absicht. Aber ich glaube (Beifall bei der SPD – Zurufe von Ministerpräsi- schon, die direkte Auseinandersetzung mit demjenigen, dent Roland Koch und Minister Karlheinz Weimar) der in der Zeitung sagt, er habe Interesse daran, mein Amt zu übernehmen, lohnt sich. Werter Herr Kollege Walter, – Herr Ministerpräsident, es stimmt sogar: Die Unruhe wenn Sie der Meinung sind, Sie müssten Ihre beiden letz- wächst. ten Niederlagen bei den Landtagswahlen 1999 und 2003 (Heiterkeit – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn allein mit dem Verweis auf Berliner Politik rechtfertigen (FDP)) und hätten keinen Anlass, darüber nachzudenken, was Sie in diesem Land möglicherweise viele Jahre lang falsch ge- – Herr Kollege Hahn, das ist doch relativ einfach: Es sind macht haben und warum Sie mehr als 30 % Ihrer Wähler zu viele. 56 werden es nicht mehr, und gerade die Jungen dauerhaft verloren haben, dann ist das Ihre Sache. Ob Sie stehen hinten auf der Liste, für die wird es bedenklich. gut oder schlecht verlieren können und wie Sie sich vor- bereiten, das ist Ihre Angelegenheit. Das ist eine Ent- Herr Ministerpräsident, die Unruhe in Ihren Reihen scheidung der SPD. wächst. Wenn Sie jetzt auch noch die Kommunalwahl am 26. März verlieren, wird das Durcheinander in Ihren Rei- Ich sage aber, was Sie hier mit dem Staatsgerichtshof ge- hen noch viel größer. macht haben, nachdem Sie verloren haben, ist nicht allein Ihre Sache. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Haben Sie eine Ah- nung!) (Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn Sie wissen doch, Ihr eigentliches Problem besteht darin, (FDP)) dass Sie die beiden Wahlsiege, die Sie in Hessen errungen Auch der schlechteste Verlierer muss dort aufhören, wo haben, ganz allein und ausschließlich durch Kampagnen die staatlichen Institutionen anfangen. gegen den Bund gewonnen haben. 90 % Ihrer Wahl- kampfrhetorik war ausschließlich Bundespolitik. (Norbert Schmitt (SPD): Das haben wir beim Wahl- prüfungsausschuss gesehen! – Weitere Zurufe von Herr Ministerpräsident, dies aber wird in den Jahren 2007 der SPD und des Abg. Clemens Reif (CDU)) und 2008 nicht mehr gehen.Was bleibt, ist Ihre Negativbi- lanz. Wenn Sie glauben, Sie könnten hier dem Staatsgerichts- hof – nach dem Motto, das war eine Mehrheit, die Mehr- (Beifall bei der SPD und dem bei BÜNDNIS heit hat Unrecht; die Minderheit hat Recht, und deshalb 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Abwar- ist dies eine illegitime Entscheidung – sagen, das sei Un- ten!) sinn, dann ist das unerhört. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was bleibt, ist: (Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD)) Diese Landesregierung kann Hessen nicht. – Ich danke Ihnen. Das ist einer solchen Diskussion nicht angemessen. (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei dem (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) FDP – Norbert Schmitt (SPD):Was haben wir denn von Ihnen alles zum Wahlprüfungsgericht gehört?) Sie werden das sicher nochmals diskutieren, auch unter Präsident Norbert Kartmann: den Fraktionen. Ich bin sehr wohl der Meinung, an dieser Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Minister- Stelle soll sich eine Oppositionsfraktion überlegen, dass präsident Koch. sie auch einmal wieder Regierung sein könnte. Dann wird Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 5997 es ebenfalls Entscheidungen des Staatsgerichtshofs ge- ich den KFA, die Sachausgaben und die Investitio- ben, und als Regierung werden Sie darauf Wert legen nen mit einrechne, dann komme ich zu einem frei zu müssen, dass, wenn ein Parlament streitet – es ist sein gu- verteilenden Bereich, der bei 1 Milliarde c liegt. tes Recht, zum Verfassungsgericht zu gehen –,irgendwann Wenn ich noch die langfristigen gesetzlichen Bin- in unserer Gesellschaft Schluss sein muss. Es gibt Ge- dungen nehme, die Folgeinvestitionen, die notwen- richtsentscheidungen, die die Frage, ob die Regierung ver- dig sind, ist der Betrag, über den wir im Parlament fassungsgemäß gehandelt hat, ja oder nein, beenden. tatsächlich zu entscheiden haben, einer, der sich Nachdem Sie uns lange vorgeworfen haben, wir hätten wohl unter 1 Milliarde c bewegen dürfte. falsch gehandelt, wir hätten gegen die Verfassung versto- ßen, hat der Staatsgerichtshof gesagt, das war im Rahmen Ja, Herr Kollege Walter, Sie haben so wie Herr Kahl in Ih- der Verfassung. Dann muss Schluss sein, und dann müssen rem Verfolg gestern gesagt: Natürlich wissen wir alle, dass auch Sie einmal sagen: Okay,wir sehen es ein, wir nehmen das Land Hessen – wie alle anderen Bundesländer – ein es an dieser Stelle hin und fangen nicht an, den Staatsge- strukturelles Defizit hat. Das will niemand wegdiskutieren. richtshof infrage zu stellen. (Jürgen Walter und Norbert Schmitt (SPD): Und wie gehts weiter? – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (Beifall bei der CDU) (SPD)) Wenn wir im Übrigen über die Finanzen reden, möchte Dazu sagt Ihr Fraktionsvorsitzender in Niedersachsen, in ich Ihnen als Erstes sagen: Nach den derzeitigen Zahlen, den nächsten Jahren können die Länder das nicht korri- die mir der hessische Finanzminister in den letzten Stun- gieren. – Ja, meine Damen und Herren, wir arbeiten mit den gegeben hat – es ist der Kassenabschluss von gestern einem sehr strukturierten Programm mit Haushaltskür- und noch nicht ganz endgültig –, darf ich Sie davon unter- zungen, richten, dass wir davon ausgehen, dass wir dank der Steu- ereinnahmen der letzten Wochen am Ende im Jahr 2005 (Norbert Schmitt (SPD): Sie haben das Land dort- eine Nettoneuverschuldung in der groben Größenord- hin geführt, das ist der Punkt!) nung von 960 Millionen c haben werden. Das liegt deut- lich unter dem, was Sie mit über 1,1 Milliarden c im Personaleinsparungen, Arbeitszeitverlängerungen und Haushalt beschlossen hatten, und deutlich unter dem, was Sachkürzungen, die Sie in jedem Einzelfall bekämpft ha- – unter Einbeziehung der kommunalen Investitionen – ben, daran, dass wir die strukturelle Ausgabensituation die Verfassungsgrenze des Landes Hessen ist. Das heißt, auch dieses Landes verbessern. am Ende dieses Jahres – ohne das ganze Tremolo von (Norbert Schmitt (SPD): Das ist doch gar nicht Nachtragshaushalt, und was Sie alles im Laufe dieses wahr! Sie haben höhere Ausgabensteigerungen als Sommers in Parlamentssitzungen gesagt haben – legt Ih- das Maastricht-Kriterium!) nen dieser Finanzminister Zahlen vor, nach denen der Haushalt des Jahres 2005 in die Grenzen der Verfassung Diesen Weg werden wir fortsetzen, denn es ist der einzige zurückgeführt wird. Weg, um zu den Zahlen zurückzukommen, die auch Sie wollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist sehr gut, und das müssen die Wählerinnen und Wähler und die (Beifall bei der CDU) Bürgerinnen und Bürger wissen. Gleichzeitig aber räumen wir ein: Ohne eine Veränderung (Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD) bei den Einnahmen wird das nicht möglich sein. Das ist auch kein neuer Streit. Natürlich führen wir diesen Streit Dies entsteht natürlich über die Einnahmeentwicklung, in jedem Landesparlament anders. Aber, Herr Kollege, nicht über die Ausgaben. Wir haben Ihnen im Sommer wenn Sie sagen, was wir alles verhindert haben und woran dieses Jahres gesagt und sagen Ihnen im Rahmen dieser es scheitert, dann will ich Ihnen eine Zahl nennen. Im Jahr Haushaltsdiskussion immer wieder:Wir haben eine struk- 2001 hat die Bund-Länder-Kommission zur Schätzung der turelle Diskussion über die Finanzen dieses Landes, und finanziellen Entwicklung ihre Berechnungen für fünf das sind die Finanzen der Bundesrepublik Deutschland. Jahre im Voraus gemacht, wie jedes Jahr. Das ist keine Frage, die wir alleine lösen können. Sie wissen, dass diese so genannten Steuerschätzer als Ba- Ich finde es unfair – nicht mehr, aber auch nicht weniger, sis für ihre Zahlen richtigerweise jeweils das nehmen müs- verehrter Herr Kollege Walter und meine Damen und sen, was Gesetz ist, also nicht das, was das Land Hessen im Herren der Opposition –, dass Sie, wenn nicht gerade Bundesrat abgelehnt hat, und nicht das, was die SPD sich Haushaltsdebatte ist, das alles einräumen. irgendwo in einem Programm wünscht, sondern Basis ist das, was im Jahr 2001 Gesetz war. Wenn ich diese Schät- Ich nehme einmal den Abg. Walter, den Fraktionsvorsit- zungen nehme und einfach bis heute fortentwickle, was zenden, in einer Debatte am 21. September des Jahres sich daraus ergeben hat, stelle ich fest, dass die Abwei- 2005 – also noch nicht verjährt. Dort sagt er: chung nach unten schon im Mai 2002 18 Milliarden c be- Wir müssten die Schere zwischen Einnahmen und trug. Im Mai 2003 betrug die Abweichung nach unten c Ausgaben so verändern, dass wir die Ausgaben an schon 61 Milliarden – Bund, Länder und Gemeinden die Einnahmesituation anpassen. zusammen, immer grobe Größenordnung: 500 Milliar- den c ; wir haben derzeit 480 Milliarden c Steuereinnah- Da ruft Michael Boddenberg dazwischen: „Dann fangen men –, also die Abweichung der Steuerschätzer ohne Ge- Sie einmal an!“, und dann antwortet der Herr Kollege setzesänderung, im Mai 2004 84 Milliarden c, im No- Walter: vember 2004 85 Milliarden c und im Mai 2005 90 Mil- liarden c. Lieber Herr Kollege, das ist nicht möglich. Da bin ich aufseiten des Finanzministers. Das zeigt ein ein- Das heißt ganz schlicht im Klartext: Wenn wir uns die na- facher Blick in die Struktur des Haushalts vom letz- tionale Politik der vergangenen Jahre in Deutschland an- ten Jahr – Pi mal Daumen 18 Milliarden c an Aus- schauen, ergibt sich, dass ein Steuerausfall gegenüber gaben, davon ungefähr 50 % Personalkosten.Wenn dem, was bei einem mäßigen Wachstum die Bundesregie- 5998 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 rung und die Steuerschätzer damals erwartet haben, also (Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) ohne jeden Bundesratsbeschluss, ohne Eigenheimzulage, ohne irgendeine andere Diskussion, von 90 Milliarden c Zwölf Bundesländer und der Bund haben sich da- strukturell in unsere Haushalte eingegangen ist, weil Sie gegen zu stark verschuldet. die Bundesrepublik Deutschland in ein finanzielles Chaos Meine Damen und Herren, so ist, wenn man von außen gestürzt haben, meine Damen und Herren. Und wir sind auf dieses Land schaut, die Situation und das, was Karl- leider Gottes keine Insel, sondern ein Bestandteil dessen, heinz Weimar und wir in der Finanzpolitik in den letzten was dort abgearbeitet werden muss. Jahren verantwortet haben. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU) Das wird unsere gemeinsame Aufgabe zwischen Bund Vor diesem Hintergrund diskutieren wir auch etwa mit und Ländern in den nächsten Jahren sein.Wir haben übri- dem Staatsgerichtshof in der Frage von Art. 141 der Hes- gens jetzt – darauf komme ich am Schluss – dort Brems- sischen Verfassung. wege, die einem schon Sorge machen müssen, weil wir un- mittelbar vor der Wand stehen und schauen müssen, wie (Norbert Schmitt (SPD): Der entleert wurde!) wir schnell zu Ende kommen. Ich unterstelle nach wie vor, dass Ihnen eine Mehrwertsteuererhöhung nicht leicht ge- Das ist ein Teil der Ausgangsbasis dessen, was wir sehr fallen ist. Gehen Sie davon aus, dass es auch uns nicht klar über die Frage diskutieren: Wo sind die jeweiligen leicht gefallen ist.Wenn man in ein Lehrbuch schaut, stellt Möglichkeiten? Die Möglichkeiten definieren sich mit man fest, dass diese Erhöhung ökonomisch eher falsch als dem, was im Land gestaltet werden kann, aber auch im richtig ist, so wie wir sie machen. Sie ist eine Notmaß- Verhältnis zu dem, was andere unter gleichen Bedingun- nahme, gen leisten oder nicht leisten. (Norbert Schmitt (SPD): Da haben Sie nicht Un- (Reinhard Kahl (SPD): Bei Ihnen wird die Aus- recht!) nahme zur Regel!) weil die Finanzen, die Sie von der Bundesebene aus über Bei dieser Ausgangsposition muss man eben zunächst ein- die Einnahmesituation bestimmen, für Bund und Länder mal sehen, dass wir unsere Hausaufgaben offensichtlich in einer Art und Weise zerrüttet sind, dass Sie anders nicht ordentlich machen. Das steht hier in diesem Papier. Das mehr geradegekommen wären. Das ist seit 2001 Ergebnis ist nicht meine These. Dass Ihnen das nicht gefällt, ist in der Politik, mit der Sie dort angefangen haben. Ordnung, aber dass wir darauf stolz sind, meine sehr ver- ehrten Damen und Herren, das sollte man an dieser Stelle (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): eben auch zur Kenntnis nehmen. Nein!) (Beifall bei der CDU) Da hilft nicht die Ausrede mit dem, was wir im Bundesrat alles abgelehnt hätten. Wir wollen diese Bilanz auch miteinander verteidigen und vertreten.Wir haben nicht nur dem Staatsgerichtshof, son- (Norbert Schmitt (SPD): Doch!) dern auch anderen gesagt: Darauf werden wir auch eine Menge von Entscheidungen aufbauen, was jeweils in der Wäre seitdem kein einziges Steuergesetz beschlossen einzelnen Situation zu tun ist. Herr Kollege Walter hat es worden, müssten wir, wenn Sie damals die richtige Politik schon richtig erkannt: Wir haben im Haushalt ausführlich fortgesetzt hätten, ohne irgendeine Steueränderung heute erklärt, warum wir unter den Bedingungen, wie sie zum in Bund und Ländern gemeinsam Steuermehreinnahmen gegenwärtigen Zeitpunkt gesetzt sind – diese Einschrän- von 90 Milliarden c haben, ohne irgendeine Steuer er- kung mache ich, weil es ja Veränderungen geben kann –, höht zu haben und ohne irgendeine Steuersubvention ge- strichen zu haben. Das wäre einfach in der Fortsetzung (Reinhard Kahl (SPD): Seit fünf Jahren die Aus- der Politik so. Das müssen Sie sich als Dimension, auch als nahme!) Dimension der Erblast derer, die jetzt gemeinsam in Ber- lin Verantwortung tragen, vorhalten lassen. mit diesen Haushaltszahlen für das Jahr 2006 rechnen müssen. Wenn sich die Gesetze ändern, kann es durchaus (Norbert Schmitt (SPD): Bei Weimar haben die sein, dass sich die Zahlen auch verbessern. Außerdem Prognosen immer gestimmt!) werden wir in dem Zusammenhang sicherlich auch vor In diesem System müssen und werden wir uns mit unserer der dritten Lesung die Steuereinnahmen noch einmal an- Politik einordnen. schauen. Das muss man bewerten, wenn es günstiger wird. Unter den obwaltenden Umständen haben wir aber ge- Dann würde ich gern, weil sonst dieser Streit zu lange sagt, was wir zum Sparen getan haben. Und da gilt z. B., geht, noch eines zitieren. Es gibt ein Gutachten des Wis- dass diese Debatten auch nicht frei von Opposition sind. senschaftlichen Beirats bei dem Bundesminister für Wirt- schaft und Arbeit – so hieß er bis vor kurzem, sicher kein Wenn Sie jetzt sagen, 200 Justizbedienstete fehlten, kom- CDU-Papier – vom 8. Juli 2005. Daraus will ich Ihnen nur men Sie an der nächsten Stelle und reden über die Poli- zitieren. Da geht es um die Frage der Finanzpolitik und zisten pro Wahlkreis, und dann kommen Sie an der nächs- darum, wie die einzelnen Länder einzuschätzen sind. Da ten Stelle und reden über die Lehrerinnen und Lehrer. heißt es zum Schluss: Wir sagen Ihnen: Ja, wir haben uns mit dem Personal aus- einander gesetzt.Wir haben auch manchen Ärger in Kauf Allerdings unterscheiden sich die Länder deutlich. genommen. Wir haben aber übrigens jetzt das Vorbild für In der Tabelle sind alle jene Länder fettgedruckt das abgegeben, was zurzeit im Bund gemacht wird. Wir hervorgehoben, die ihren so berechneten zulässi- sind diejenigen, deren „Operation sichere Zukunft“ jetzt gen Anteil an der Mastricht-Quote übertroffen ha- auch auf anderer Ebene von Ihren Kolleginnen und Kol- ben. Einige Bundesländer, so Bayern, Baden-Würt- legen angewandt wird, weil es die richtige Antwort in Be- temberg, Hessen und Sachsen, haben eine nachhal- zug auf die strukturelle Haushaltssanierung ist, meine tige Finanzpolitik betrieben. sehr verehrten Damen und Herren. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 5999

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) ganze Ritual. Das Urteil ist aber drei Wochen später von der nächsten Instanz aufgehoben worden. – Ja, deshalb steht es in der Koalitionsvereinbarung, und deshalb steht jeder einzelne Punkt darin. Lesen Sie es Jetzt will ich nur sagen, damit man es einfach einmal Re- doch durch. Schauen Sie, wie es beim Personal geht. Sie vue passieren lässt: Eine Regierung hat doch keineswegs haben sich entschieden, lieber beim Weihnachtsgeld und das Recht – ich glaube, sie sollte den Wunsch haben, aber bei den Beamten mehr zu kürzen und sie dafür eine nicht den Anspruch –, dass sie immer gewinnt. Auch wir Stunde weniger arbeiten zu lassen. Das haben Sie im können vom Gericht einmal gesagt bekommen, dass wir Bund durchgesetzt. Wir haben gesagt: Wir brauchen die unser Ermessen falsch ausgeübt haben. Das wird auch Gesamtleistung, gehen auf 42 Stunden und kürzen das passieren. Das ist nicht unnormal.Aber deshalb will ich an Weihnachtsgeld nicht so stark. – Das ist legitim. Ich habe der Stelle schon sagen: Was haben Sie denn zum Bal- das mit unterschrieben. So kann man entscheiden. Ich lungsraumgesetz beim Staatsgerichtshof gesagt? Soll ich halte unsere Entscheidung für besser, aber beide Ent- Ihnen vorlesen, dass Sie gesagt haben, wie wir auffliegen scheidungen sind möglich.Aber wir haben die Beteiligten und wie das rechtswidrig sei? Wie haben Sie in der Dis- stark herausgefordert. kussion gesagt, wie bedenklich das ist, dass die Kultusmi- nisterin bei der Frage IRH ihre Position vertreten hat? Wir haben aber auch anspruchsvolle Dinge gemacht. Des- Was hat Herr Kaufmann hier für einen Veitstanz aufge- halb will ich an einem Beispiel schon sagen, worauf im Au- führt und von der offensichtlichen Rechtswidrigkeit des genblick viele in Deutschland schauen. Wenn Sie sehen, Genehmigungsverfahrens der A-380-Halle an dieser was Sie in der Vergangenheit zur Personalvermittlungs- Stelle gesprochen? Wie sind sofort die Bedenkenträger stelle gesagt haben, und wenn ich jetzt das Ergebnis sehe, aus allen Ecken gekommen, als Alois Rhiel entschieden wenn ich lese, was auch Kollege von Hunnius von der FDP hat, für LKW eine Sperrung vorzunehmen? Was war die und insbesondere Sie von der SPD gesagt haben, was mit Diskussion der Sozialdemokratischen Fraktion, als die Mobbing und sonst was passiert, muss ich entgegenhalten: Caritas uns – – Meine Damen und Herren, wir haben von 6.277 Personen, (Reinhard Kahl (SPD): Dazu haben wir mehrfach denen wir sagen mussten, dass wir es uns im Rahmen der aufgefordert!) Einsparung nicht mehr leisten können, dass ihre Aufga- ben dableiben – meistens sind Aufgaben weggefallen –, – Das waren nicht Sie. Es muss ja nicht immer die SPD ge- sodass wir an der Stelle auch die Personalstellen nicht ha- wesen sein. – Immer ist gesagt worden, das schaffen die ben können, mehr als 2.000 heute schon dauerhaft auf an- nicht. Das waren aber jetzt wieder Sie, als die Caritas un- dere Plätze vermittelt. Wir haben rund 500 in neue Aus- ter fuhrmannscher Begleitung bei der Frage der Schuld- bildungen vermitteln können, die ihnen am Ende einen nerberatung die Diskussion des Landkreises Groß-Gerau besseren Arbeitsplatz geben. Wir haben jetzt zum Schluss bei dem Auswahlermessen der Sozialministerin im Be- mit allen Maßnahmen noch 1.500 Mitarbeiterinnen und reich von Hartz IV und der Beteiligten geführt hat. Mitarbeiter, bei denen wir davon ausgehen, dass sie noch vermittelt werden müssen, die meisten innerhalb der Ja, wir haben bei den PVS-Entscheidungen, die gerade Ressorts. Alle anderen sind schon auf einem anderen Ar- hier getroffen worden sind, bis zur Frage der Richterbe- beitsplatz oder wissen, wo sie innerhalb der nächsten soldung usw., wie jede Landesregierung an vielen wichti- zwölf Monate ihren Arbeitsplatz haben werden. gen Stellen unserer Politik auch in den letzten Jahren ge- richtlichen Überprüfungen standgehalten. Aber, meine Kein Personalvermittlungssystem in einem anderen Damen und Herren, wir haben alle wesentlichen Ent- Bundesland oder auf Bundesebene hat besser funktio- scheidungen am Ende als korrekt bestätigt bekommen. niert und so funktioniert, dass die Mitarbeiterinnen und Das ist etwas, was nicht selbstverständlich ist. Deshalb Mitarbeiter nicht hinausgedrängt worden sind, sondern darf man auch an der Stelle sagen, dass wir uns darüber dass die Mehrheit dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbei- freuen, dass es so gekommen ist. ter neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze in erreichbarer (Beifall bei der CDU) Nähe zu vernünftigen finanziellen Bedingungen bekom- men hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Wenn wir heute Haushaltspolitik betreiben, muss sie mit haben wir versprochen und auch eingehalten. einem langen Atem betrieben werden. Keine der Refor- men und Veränderungen wird erreichen, dass innerhalb (Beifall bei der CDU) weniger Tage oder Wochen alle Probleme gelöst sind.Wir können aber nachweisen, dass die strukturellen Entwick- Auch darauf sind wir stolz. Auch das sage ich: An diesem lungen in Hessen die richtigen Weichenstellungen bein- Maßstab werden sich viele andere messen. Es ist oft pro- halten, dass wir, sowohl was die Personalausgaben als biert worden. Bei uns hat es nun funktioniert, und zwar auch die nach wie vor hohen Anteile von Investitionen an- auch deshalb, weil wir auf jede einzelne Mitarbeiterin und geht, auf dem richtigen Weg sind, eine stabile Landespoli- jeden einzelnen Mitarbeiter zugegangen sind und ver- tik zu betreiben. Wir werden aber in Zukunft dabei blei- sucht haben, jeweils einen eigenen Weg zu finden. ben, die Aspekte von Bildung, Sicherheit und wirtschaftli- chem Wachstum als die zentralen Faktoren eines Landes- Lassen Sie mich in dem Zusammenhang eine kleine Ab- haushalts nicht in einer Weise in Übergangsphasen zu be- weichung machen. Ich habe hier in der Diskussion über fördern, dass wir das Land kaputtmachen, bevor es einen die PVS gesehen, wie dann im Landtag diskutiert wird, neuen Anstieg haben kann. was auch legitim ist, wenn eine Regierung irgendwo in der Gefahr steht, durch eine Gerichtsentscheidung zu verlie- Wir haben den Anspruch, nach wie vor einer der Motoren ren. Jetzt reden wir gar nicht vom Staatsgerichtshof. Dann des Wirtschaftswachstums in Deutschland zu sein. Wir ist sofort lauter Jubel angesagt. Herr Walter hat uns im Juli sind im Augenblick in einer Situation, wo wir Branchen gesagt: Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fol- haben – da braucht man nur über Automobile und Ban- gen dieses Urteils sind von so überragender Bedeutung ken zu reden –, die uns in den letzten Jahren viel Geld und für die weitere Personalwirtschaft des Landes, dass wir Arbeitsplätze gebracht haben, die aber im Augenblick eine sofortige Debatte brauchen. – Dann begann das auch in schwierigen Verhältnissen sind. Deshalb sage ich 6000 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Ihnen sehr deutlich: Ich bin froh darüber, dass unser Sta- nungsrecht benutzt, um nicht schnell zum Ergebnis der tistisches Landesamt sagt, wir werden schon nächstes Jahr Straße zu kommen, der hat aber auch jedes Recht verlo- über dem Bundesdurchschnitt wachsen – trotz dieser Kri- ren, sich hier im Hessischen Landtag hinzustellen und sen, weil es uns gelingt, diese Umstrukturierung der Wirt- irgendetwas über den Zeitablauf des Straßenbaus zu sa- schaft in Hessen zu bewältigen, obwohl es hohe Ausfälle gen. bei der verarbeitenden Industrie gibt. Deshalb sage ich Ihnen: Lassen Sie uns im Aufgehen des 2008er-Wahl- (Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD) kampfes ruhig über die Frage diskutieren, wo Hessen Ich füge an – sozusagen unter dem Gesichtspunkt der par- wirtschaftlich steht. Wir sind sicher, dass wir den Bürge- tiellen unvermeidlichen Partnerschaften dieser Tage –: rinnen und Bürgern das Vertrauen geben können, dass auch dann die wirtschaftliche Entwicklung in Hessen so (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ist, dass sie sich in diesem Bundesland Hessen wohl und Aha!) sicher fühlen können. Wir werden jetzt als Hessen den von Dieter Posch und an- (Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD) deren erarbeitenden Gesetzentwurf zur Beschleunigung der Verfahren einbringen. Das ist unterschiedlich, wo wir besonders viel tun können: In der nordhessischen Region sind z. B. in den Fragen von (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Sehr gut!) Entwicklung und Randbedingungen die Einflussmöglich- Wir werden dann gemeinsam auf der Bundesebene darü- keiten des Staates leider Gottes im Augenblick noch not- ber reden, ob es in Zukunft nicht möglich sein könnte, wendig. Wenn letzten Endes mehr als ein Drittel aller innerhalb von sieben Jahren über den Bau einer Bundes- Ausbildungsplätze staatlich subventioniert wird – das ist fernstraße politisch zu entscheiden und sie zu eröffnen. für ein ganzes Land undenkbar, das ist eher schon ein Pro- Ich teile nämlich Ihre Einschätzung, dass das notwendig blem, aber dort ist es eben so, und wir müssen es tun –, ist. Ich bin der Auffassung, dass es keinen Sinn macht, so dann sieht man, dass es eine unmittelbare Einwirkung lange Straßen zu planen. Aber Sie haben zusammen mit gibt. den GRÜNEN dafür gesorgt, dass dieses Planungsrecht Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Region in den letzten Jahren so ist, wie es ist, und dass das Ver- Nordhessen hat heute eine klare ökonomische Ausbil- kehrswegebeschleunigungsgesetz in anderen Teilen nicht dung. Wir wissen, es ist eine Region, die ihre Schwer- geht. punkte der Zukunftsentwicklung in der Logistik, im Tou- (Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS rismus und in der Frage von Wissenschaft und Umgebung 90/DIE GRÜNEN): So ein Quatsch! – Norbert von wissenschaftlichen Hochschulen haben wird. Diese Schmitt (SPD):Alles Quatsch, was für ein Unsinn!) drei Wertefaktoren werden die Entwicklung dieser Re- gion treiben. Auf diese drei Elemente ist die Politik aus- – Herr Al-Wazir, wenn ein GRÜNER „Quatsch“ dazwi- gerichtet, und sie ist im Augenblick konjunkturunabhän- schenruft, dann will ich Ihnen nur sagen: Sie waren es gig. doch, die im Sommer in Berlin verhindert haben, dass auch nur das Verkehrswegebeschleunigungsgesetz-Ost Das Faszinierende ist: Wenn Sie die Arbeitslosenzahlen fortgeschrieben worden ist. Wenn wir das jetzt nicht in sehen, stabilisieren im Augenblick die nordhessischen einem Schnellgang binnen Stunden machen würden, dann Entwicklungen durchaus das ganze Land. Das hat es nicht gäbe es am 31.12. nicht einmal mehr das Gesetz für die immer gegeben. Das ist so, weil alles nördlich von Mar- neuen Bundesländer. burg in Deutschland besser ist.Wenn Sie sich Nordhessen, den Regierungsbezirk Braunschweig, Detmold und an- (Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD)) dere Stellen in der Umgebung anschauen und die Zahlen vergleichen, sehen Sie, dass die Nordhessen in den letzten Sie waren es, die über Jahre verhindert haben, dass es im sechs Jahren die einsamen Spitzenreiter bei der Schaffung Westen angewandt werden kann, damit wir bei der A 49 neuer sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze sind. die gleichen Rechte wie bei der A 44 haben. Das muss jetzt beendet werden. Das hat etwas mit Wirtschaft und (Beifall bei der CDU) wirtschaftlicher Entwicklung in diesem Lande zu tun. Sie sind die einsamen Spitzenreiter in der Stabilität von (Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Tarek Al- Arbeitsplätzen. In einer Zeit, in der in ganz Deutschland Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Arbeitsplätze zurückgehen, gehen sie dort weniger zu- rück. Das ist ein Ergebnis der Tatsache, dass dort die Natürlich wissen wir, dass das die gleiche Entwicklung ist, Schwerpunkte so gesetzt worden sind. Ich erinnere mich, mit der wir es in der Frage von wirtschaftlicher Entwick- als damals Dieter Posch das Güterverkehrszentrum in lung nicht nur in Nordhessen, sondern dann auch in Süd- Nordhessen eingeweiht hat, wie lächelnd die Leute vor hessen zu tun haben müssen. der Wiese mit Gleisanschluss standen. Wenn Sie schauen, (Norbert Schmitt (SPD): Wie immer knapp an der wie viele Tausend Arbeitsplätze inzwischen dort entste- Wahrheit vorbei!) hen, dann sehen Sie daran, wie richtig die Strukturent- wicklung von Logistik war. Deshalb werden wir die auch Wir wissen – Kollege Alois Rhiel und alle anderen wissen zu Ende führen. Dazu gehören übrigens die Autobahn- es sehr genau –, wie wichtig die Verantwortung dafür ist, projekte. Dazu gehört der Flughafen Kassel-Calden. dass das Planungsfeststellungsverfahren für den Flugha- fen kommt. Ich könnte das Gleiche machen und sagen, Sehr verehrter Herr Kollege Walter, wir werden selbstver- hätte man Mitte der Neunzigerjahre mit dem Landesent- ständlich jede Oppositionskritik ertragen.Aber ich werde wicklungsplan angefangen, anstatt im Jahr 1998 noch Ihnen weiter sagen: Wer sich, wie bei der A 44, in den Baugebiete in der Einflugschneise zuzulassen, dann hät- Neunzigerjahren mit den GRÜNEN hingestellt hat und ten wir heute möglicherweise manche Diskussion ein bis- zusammen nach Jahren der Verweigerung der Straßenpla- schen entspannter. Aber vergessen wir es. nung nur bereit war, die Straßenplanung unter der Be- rücksichtigung zu beginnen, dass man das langsamere Pla- (Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6001

Auch dort gilt die Diskussion, die wir jetzt hören: Muss zwei oder drei Optionskreise in einem Bundesland mit 40 man Erörterungstermine dauerhaft in dieser Größe ha- oder 60 Landkreisen habe, dann kann ich darauf keine ben, in denen Anwälte alles noch einmal über Monate Organisation abbilden. Aber wenn sich die Hälfte des vortragen, was sie schon schriftlich formuliert haben? Das Landes in einer Form und die andere Hälfte in der ande- alles kann man diskutieren. ren Form befinden, dann macht es Sinn, das miteinander zu vergleichen. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein!) Aber wir werden unter diesem Verfahren mit der notwen- Wir haben klar gesagt:Wir werden die Bundesagentur für digen Gelassenheit nach den Regeln von Recht und Ge- Arbeit nicht behindern. Wie kämen wir auch dazu? Die setz und mit dem Anspruch, den wir über Projekte stellen, hat mit ihren Arbeitsgemeinschaften und anderem das die ich Ihnen vorhin gezeigt habe, nachgewiesen haben, Notwendige zu tun. Aber wir wollen das zeigen. Wir ma- dass wir in der Lage sind, uns so zu beherrschen, dass wir chen das mit einer großen Breite durch das Land. Es geht das im Rahmen des Rechts so machen, dass es am Ende nur, weil Frau Kollegin Lautenschläger im Bund dafür den auch einer gerichtlichen Prüfung standhält. Das ist zum Korridor erstritten hat. Es geht nur, weil wir bis zum heu- Schluss der Maßstab, an dem sich politisch ein solches tigen Tag etwa bei den Verhandlungen über die Fortfüh- Flughafenverfahren entscheidet. Wir werden dahin kom- rung der Finanzierung im nächsten Jahr unter ihrer Mit- men, dass die Bürgerinnen und Bürger sagen: Das geht in wirkung und Verhandlung für die deutschen Länder dafür die richtige Richtung. gesorgt haben, dass die Rahmenbedingungen weiter gel- ten. Wir sehen darin die größte Entwicklungsperspektive Hes- sens.Wir sehen darin die Chance, wie wir wieder ein Stück Wenn Sie heute irgendjemanden in Deutschland fragen, abheben können. Mit jedem Tag, mit dem wir dieser Ent- welche Referenzländer dafür sind, dass man dezentral mit scheidung näher kommen, steigt auch die Zuversicht Langzeitarbeitslosen versuchen kann, neue Wege zu ge- internationaler Unternehmer, sich in dieser Region anzu- hen, dann werden Sie immer zwei Länder finden, nämlich siedeln, wie wir es brauchen, um das Wirtschaftswachstum das Bundesland Hessen an erster Stelle und mit uns in Südhessen dauerhaft zu stabilisieren. Niedersachsen. Darauf können wir deshalb ganz stolz sein, weil das bedeutet, wir werden mit diesen Erfahrun- Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man das gen auch die Ersten sein, die daraus die Früchte ziehen. erreichen will, wenn man will, dass die Menschen darauf Wir sind mit dem Gesetz keineswegs einverstanden. Wir schauen, was in einem solchen Bundesland getan wird, können uns eine Menge vorstellen, was besser wäre. wie es geschieht und mit welcher Dynamik man versucht, sich um Probleme zu kümmern, dann ist es natürlich not- Wir werden eine Fülle von Diskussionen haben, dass wendig, dass das auch an Beispielen deutlich wird – an wirklich kommunale Verantwortung besteht. Aber wir einzelnen Elementen, die in die Logik eines gesamten stärken die kommunale Seite. Die sozialdemokratischen Projekts eine Regierung hineinpassen. Kollegen sagen uns an jeder Ecke: Es muss eine Bundes- aufgabe sein. – Dann vergießen Sie bitte keine Krokodils- Deshalb will ich in einer solchen Generaldebatte nur ei- tränen über regionale Verantwortung.Wir glauben, das ist nige Stichworte erwähnen, die Kollege Walter teilweise eine zentrale Funktion. Man muss in der Region jeweils angesprochen hat. Ich beginne, wenn wir über Arbeit vor Ort das machen, was dort richtig ist, weil man die sprechen, als Brücke noch einmal damit:Wir haben uns in Leute, die Probleme und die Strukturen kennt. einer schwierigen Diskussion mit der Bundespolitik sehr früh über die Frage unterhalten, was man im Bereich des- (Beifall bei der CDU) sen tun kann, was wir heute Hartz IV nennen, also im Um- gang mit Menschen, die Langzeitarbeitslose sind. Wir ha- Deshalb wollen wir, dass Hessen ein Vorzeigeland wird. ben das aus einer Perspektive getan, dass wir seit 1999 – Wir sind auf dem richtigen Weg und werden da weiterge- das war etwas, was es vorher gab und was ich jetzt gar hen. nicht kritisiere, aber uns hier als Problem vorliegt – signi- fikant mehr Sozialhilfeempfänger pro Hunderttausend Sie haben über Hünfeld gesprochen. Hünfeld ist inzwi- Einwohner als andere Flächenländer in der Bundesrepu- schen nicht nur ein bundesweites Modell. Das Hünfelder blik haben, und zwar egal, ob im Norden oder im Süden. Modell wird nicht nur in die Arbeit der Justiz, sondern in viele andere so genannte PPP-Projekte eingehen.Wir leis- Wir haben dort ein strukturelles Problem. Das sind Lang- ten für die Bürgerinnen und Bürger damit etwas sehr zeitarbeitslose, die uns in der Statistik die Schwierigkeiten Konkretes. Es spart nämlich Geld. Man muss es schon sa- machen.Wir haben davon mehr. Die haben wir übernom- gen dürfen: Im Vergleich von Weiterstadt mit 250.000 c men, ohne dass ich jetzt sage, das liege daran, was eine Re- pro Platz zu jetzt 100.000 c – zehn Jahre später – ist unter gierung drei Jahre lang vorher gemacht hat. Das liegt auch dem Gesichtspunkt, was man für ein modernes Gefängnis in Teilen an Strukturen, die wir zwischen Norden und Sü- ausgeben muss, schon bewiesen, dass man Methoden fin- den hatten. Das liegt auch an der Dienstleistungswirt- den kann, dem Steuerzahler sehr viel an Ausgaben zu er- schaft, die bestimmte Qualifikationen schneller herausge- sparen, wenn man es richtig macht. Das ist durchaus et- nommen und die Menschen nicht mehr mit neuen Be- was, worüber wir auch froh sein können. schäftigungen versehen hat als in anderen Ländern. (Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Also haben wir uns gesagt:Wir müssen uns um dieses Pro- Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) blem kümmern. – Wir haben eine große Zahl von Land- kreisen – die angeblich immer gegen uns sind, wenn ich Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Zu- das hier höre – davon überzeugt, mit uns einen mutigeren sammenhang wird immer wieder die Diskussion darüber Weg als andere zu gehen. Wir sind das Referenzland für geführt werden – auch dazu hat die Hessische Landesre- die Optionskommunen in Deutschland. Wir sind dabei, gierung eine klare Auffassung –, dass wir der festen Über- mit den Kommunen Hand in Hand in großer Gemein- zeugung sind, dass uns private Organisationen und Unter- samkeit und Verantwortung etwas aufzubauen, was es an nehmen in vielen Fragen weiter helfen können, als wir das keiner Stelle Deutschlands so geben kann. Wenn ich nur allein mit unseren staatlichen Organisationen können. 6002 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Das bedeutet aber nicht, dass man alles abgeben kann. Wissenschaftsrats, dazu gesagt hat. Er sagte, damit man im Ein Gefängnis ist dafür geradezu ein prinzipielles Bei- internationalen Vergleich den Sprung in eine andere Liga spiel. Da kann der Staat nicht alle Verantwortung aufge- schaffen könne, müssten in Deutschland an bestimmten ben. Aber in jedem einzelnen Fall kann man fragen: Wer leistungsfähigen Standorten der Universitätsklinika alle kann was besser? – Inzwischen steht fest, dass private Kräfte mobilisiert und Mittel fokussiert werden, in na- Unternehmen besser bauen können und das Baumanage- hezu allen Bundesländern werde deshalb über Privatisie- ment und die Organisation des Bauens besser abwickeln rung diskutiert. Hessen werde diesen Schritt noch in die- können. Das geschieht in Kooperation mit dem Staat, also sem Jahr mit seinem inzwischen fusionierten Universitäts- unter staatlicher Aufsicht. Das Land bleibt ja Bauherr.Al- klinikum in Gießen und Marburg vollziehen. Das sei ein lein schon der Preis, den Private im Wettbewerb dafür ver- Vorgang, der auf die ganze Republik ausstrahlen werde. langen, liegt niedriger als der, der bei einer Planung des Das sagte Herr Einhäupl dazu. Landes herausgekommen wäre. Dann wurden noch ein- mal 7 Millionen c eingespart. Ja, das wollen wir damit erreichen. Da spielt auch das Ar- gument der Arbeitsplätze in der Region Mittelhessen eine Das ist eine Ausgangsposition, zu der wir sagen können: Rolle. Wir werden es dadurch schaffen, dort mehr Ar- Wir wollen in Zukunft auch an anderer Stelle so bauen, beitsplätze zu erhalten, als es der Staat allein je schaffen wie andere das sich jetzt bei uns anschauen können. könnte. Wir werden in den nächsten Tagen im Hessischen Landtag Da geht es aber auch um wissenschaftliche Argumente für und in der Öffentlichkeit eine weitere Diskussion hin- ganz Hessen. Wir werden modernste Medizin an Univer- sichtlich eines weiteren solchen Leuchtturms haben. Wir sitäten und die medizinische Wissenschaft in einer neuen wollen und werden die Ersten sein, die ein Universitäts- Form zusammenführen. Die Ressourcen werden besser klinikum, das neu zusammengefügt wurde, in die Verant- sein. wortung privater Unternehmen übergeben. Das ist ein schwieriges Projekt. Das bestreitet nun wirklich keiner. Zugleich enthält dies aber auch eine gesellschaftspoliti- Deshalb haben wir uns dafür auch ein Jahr Zeit genom- sche Botschaft. Wir wollen dort, wo es verantwortet wer- men. Kein privates Unternehmen würde sich für eine sol- den kann, Private dazu holen und unsere Kräfte damit che Transaktion so viel Zeit nehmen. Das kann nur der stärken. Wir wollen nicht die alten Strukturen erhalten, Staat so machen. Das zeigt, dass der Staat langsam ist. wenn andere schon anfangen, etwas Neues zu machen. Aber es ist mit Anstrengung und unter Aufbietung aller Wenn irgendwo etwas Neues startet, dann muss Hessen Kräfte möglich, so etwas in einem solchen Zeitraum zu dabei sein. Dafür ist das, was wir bei den Universitätskli- machen. nika machen, ein wichtiges Beispiel. Das zu machen ist richtig. Ich bin sehr dankbar, dass viele daran mitgewirkt haben. (Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn Ich bin außerordentlich dankbar, dass es gelungen ist, (FDP)) dazu zu kommen, mit dem Wissenschaftsrat gemeinsam diesen Weg zu gehen. Der Wissenschaftsrat ist eine Insti- Man kann das ergänzen. In diesen Wochen und Monaten tution, die für uns in diesem Zusammenhang wichtig sein hört man so manches auf internationalen Kongressen muss. Das Beschreiten dieses Weges geschah dann auch über das TUD-Gesetz. Dabei geht es um die Frage, inwie- aus Überzeugung. weit es in staatlich organisierten Systemen Autonomie ge- ben kann. Da reicht der Maßstab hinsichtlich der Politik Ich habe mit vielen bei dieser Gelegenheit gesprochen. für die Universitäten weit über das bei uns bisher Übliche Meine Einschätzung war, dass am Anfang durchaus große hinaus. Skepsis herrschte und man sich mit der Frage beschäf- tigte:Wie kann man das verhindern? – Am Ende haben sie Man kann über die Frage reden, inwieweit wir die Kultur- mit uns gemeinsam über die Frage diskutiert, wie man es region Nordhessen entwickelt haben. Dabei geht es in der machen kann, dass das eine Chance hat. Tat nicht darum, ob das dem Herrn Walter gefällt oder nicht. Das ist in der Politik so. Warum soll ihm alles gefal- Daraus wurde also ein Ringen im positiven Sinne. Man len, was die Regierung macht? Denn dann könnte er gar muss dabei nicht mit jeder Formulierung des Gesetzes nicht mehr erklären, warum er in die Regierung will. glücklich sein, die man in diesem Kompromiss gefunden hat. Das wird für die Mitglieder des Wissenschaftsrats gel- Das Ballungsraumgesetz und der entsprechende Ansatz ten, und das gilt für uns, die Mitglieder dieser Landesre- gefallen ihm also nicht. CDU und FDP haben, als wir da- gierung. Man kann sich einiges vorstellen, was stringenter mit begonnen haben, die Auffassung vertreten, dass, wenn hätte formuliert werden können. Das gilt für beide Seiten. man einen Großkreis schaffen würde, anstatt die einzel- Aber es ist in einem Ringen gelungen, das so zu ent- nen Landkreise bestehen zu lassen, das ein Angriff auf die wickeln. Bürgernähe wäre. Man würde bürgernahes Verhalten da- mit nicht unterstützen. Wir werden in Hessen in den nächsten Tagen darüber ent- scheiden. Das war das Motiv für die Diskussion mit dem (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Wissenschaftsrat, die die Kollegen Corts und Leonhard mit diesem geführt haben. Der Wissenschaftsrat hat vom Wenn ein Abgeordneter in einen Kreistag gewählt wird, ersten Tag an die Auffassung vertreten: Worüber wir im der von Grävenwiesbach bis Darmstadt zuständig ist, Augenblick reden, wird zu einer Regelung führen, die spä- dann ist dieser Kreistag fast schon ein halber Landtag. Ich ter in ganz Deutschland angewandt werden wird. – Es meine das jetzt nicht unter dem Gesichtspunkt der Macht, handelt sich also nicht um etwas, was nur für das Klinikum sondern hinsichtlich des Gesichtspunkts, ob das reale Ri- in Gießen gemacht wird. siko besteht, dass jemand, der in diesen Kreistag gewählt wird, noch der Gefahr ausgesetzt ist, einen Bürger zu tref- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Und Marburg!) fen, über den er entschieden hat. Das gilt nicht nur für Gießen und Marburg. – Ich möchte Wir wollen, dass die Landkreise eine überschaubare das wiedergeben, was Herr Einhäupl, der Vorsitzende des Größe haben. Die Entscheidungen sollen auf einer Ebene Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6003 fallen, die überschaubar ist. Die Landkreise sollen nicht so (Beifall bei der CDU) groß werden. Das ist nicht die Absicht dieses Vorhabens. Das ist auch Herr Walter, Sie sollten Ihre Vorstellungen nach einer Be- nicht das Ziel. Das sollten Sie auch allen Abgeordneten ratung mit Ihrem parlamentarischen Geschäftsführer der Ihrer Partei und vielen anderen sagen, wenn es um die SPD-Fraktion einmal in einem Gesetzentwurf festhalten. Personalräte geht. Das hat Ihnen mein Kollege Volker Bouffier vorhin zuge- (Norbert Schmitt (SPD): Herr Koch redet von rufen. Ich bin dafür. Schreiben Sie den Entwurf für ein Lüge! Das sagt der Richtige!) Ballungsraumgesetz, das so ist, wie Sie es haben wollen. Schreiben Sie doch einmal den Entwurf für ein Regional- Das ist der eine Teil. kreisgesetz auf. Dann können wir mit den Stadtverordne- ten von Grävenwiesbach und Königstein bis herunter Der zweite Teil der Diskussion beschäftigt sich mit der nach Dieburg über die Frage reden, wie das dann mit der Frage, was, politisch gesehen, hinsichtlich der Sparkassen Schulentwicklungsplanung wirklich laufen würde. Wie auf Dauer richtig sein wird. Herr Kollege Walter, dazu würde die dann sein? müssen Sie einiges beachten. Vor etwa fünf Monaten ha- ben wir im Rahmen einer Großen Anfrage darüber hier (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Jürgen Wal- debattiert. Damals hatten wir die Situation, dass alle Frak- ter (SPD): Ich glaube, die Stadtverordneten wären tionen – – dafür!) (Norbert Schmitt (SPD): Ausgerechnet der Herr Wir sollten dann auch einmal darüber reden, ob, wenn Koch spricht von Lüge! – Glockenzeichen des Prä- dieser Landkreis betriebswirtschaftlich optimiert hat, es sidenten) nicht so sein wird, dass sich alle Schulen in Frankfurt be- finden und keine mehr im Umkreis sein wird. Die Schüler – Herr Präsident, Herr Abg. Schmitt hat gelegentlich sol- müssten dann mehr fahren als zuvor. che Anfälle. Das kann nur gestoppt werden, indem man gelassen darauf reagiert. Es gibt dafür keine andere Me- Anschließend sollten wir über die Krankenhausplanung dizin. dieses Landkreises reden. Man muss dann auch darüber reden, ob man in einem solch großen Kreis eine polyzen- (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Ich trische Struktur überhaupt erhalten kann. Es wird dann zu habe das immer dann, wenn Sie von Lügen reden!) Auseinandersetzungen zwischen den Regionen kommen. – Sie sehen, es handelt sich jetzt um einen schweren An- Wenn sich Grävenwiesbach und Dieburg einigen müssen, fall. Das macht aber nichts. werden sie eventuell darauf kommen, dass der kleinste ge- meinsame Nenner für einen Standort Frankfurt sein muss. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU) Im Augenblick hingegen gibt es sowohl im Umkreis von Im Rahmen der Behandlung einer Großen Anfrage zu Grävenwiesbach als auch im Umkreis von Dieburg ent- den Sparkassen, vor etwa fünf Monaten haben Herr Kol- sprechende Einrichtungen. lege Frankenberger wie auch Herr Kollege Denzin exakt Das ist der bessere Weg. Es kann sogar sein, dass er ein zu dieser Frage gesprochen. Ich empfehle jedem, der jetzt klein bisschen teurer ist. Ich habe schon immer gesagt: Es so aufgeregt ist, nur, um wieder auf den Status zu gelan- kann sein, dass das ein klein wenig teurer ist, als wenn man gen, der vor etwa fünf Monaten hier herrschte, noch ein- eine betriebswirtschaftliche Einheit schafft. – Herr Wal- mal nachzulesen, was die Beteiligten, also etwa der Herr ter, auf den Streit über die Frage, ob wir einen zentralisti- Abg. Frankenberger, hinsichtlich der Frage des in Zu- schen Regionalkreis mit Frankfurt schaffen oder ob wir kunft bestehenden Bedarfs der horizontalen oder vertika- eine polyzentrische Struktur mit selbstständigen Land- len Konzentration gesagt haben. Ich sage dazu: Wenn wir kreisen beibehalten, freue ich mich. auf dieser Basis reden könnten, dann wäre jede emotio- nale Aufregung weg. (Beifall bei der CDU) Es geht dabei doch um etwas ganz anderes. Ich will nicht, Schreiben Sie das auf. Schreiben Sie das detailliert auf. dass der Sparkassenverband irgendetwas tut oder nicht Wir werden das dann mit außerordentlichem Vergnügen tut. Da wird z. B. gesagt, das Stammkapital müsse aufge- diskutieren. deckt werden. Dazu sage ich: Das Stammkapital muss überhaupt nicht aufgedeckt werden. – Derzeit ist es aber Es gibt noch weitere Punkte, zu denen wir in Hessen etwas verboten, das Stammkapital aufzudecken. Das ist ein machen müssen. Sie sehen, es ist eine ganze Menge los. Unterschied. Wenn es einen Entwurf der Regierung dazu gibt, dann wird der Landtag dazu natürlich auch Stellung nehmen. Wer über die kommunale Selbstverwaltung redet, der Zu diesen Vorhaben gehört auch die Vorlage eines Ent- muss sehr nüchtern die Frage beantworten, ob wir auf wurfs für ein Sparkassengesetz. Dauer das Recht dazu haben. Es gibt überhaupt keinen Grund, dieser Debatte aus dem (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Jürgen Wal- Weg zu gehen. Die Sozialdemokraten greifen im Moment ter (SPD): Was heißt das denn?) wieder auf das zurück, was im Ritualhandbuch unter 2 b steht: Mobilisiere Arbeitnehmer durch Schüren von Sie reden dabei über die Helaba. Nach dem, was ich dazu Angst. – Sie versuchen, die Personalräte scharfzumachen. in der Zeitung gelesen habe, ist das in diesem Zusammen- hang relativ unbedeutend. Um die Helaba ist es mir nicht (Zuruf) bange. Das ist nicht die Frage. – Herr Walter, Sie haben alle Personalräte angeschrieben. Die Frage lautet: Wie werden sich in Zukunft die Spar- – Dazu gibt es zwei vom Inhalt sehr unterschiedliche De- kassen in diesem Land strukturieren? – In diesem Zu- batten. Die eine ist die, die Sie führen. Sie behaupten, dort sammenhang gibt es eine andere ganz wichtige Frage. Da würden Arbeitsplätze entfallen. Darauf kann man eine möchte ich in der Tat Trendsetter sein. Sie lautet: Bestim- klare Antwort geben:Wer behauptet, dadurch würden Ar- men wir das? Machen wir die Regeln, die zu einer Zu- beitsplätze entfallen, lügt. sammenführung der Sparkassen zu größeren Einheiten 6004 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 führen könnten, etwa so kompliziert, dass sich diese nicht sung, dass wir als Land da per Gesetz Korsettstangen ein- zusammenschließen können? Oder regeln wir es nicht, ziehen müssten, weil wir schlauer sind als die anderen, und weil wir sagen: „Ob sie heute oder in fünf oder acht Jah- wir ihnen deswegen das Recht zur Selbstorganisation ren fusionieren wollen, ist deren Problem“? nicht geben sollten. Auf diese Fragen werden Sie in den nächsten Monaten, in denen wir das beraten werden, eine Da gibt es auch eine Debatte nach dem Motto: Irgendje- Antwort geben müssen. mand Böses kauft die Helaba. – Wie soll denn das gesche- hen? Die Helaba gehört zu 85 % den hessischen Sparkas- Ich sage Ihnen: Mehr und mehr werden die anderen Län- sen.Wissen Sie, die ganze Diskussion geht darüber, ob der der auch wieder auf Hessen schauen und sagen: Es ist Gesetzgeber den Schutz dafür bietet, dass bestimmte richtig, diese Verantwortung auf die Personen vor Ort zu Dinge nicht gehen können. Der Staat kann aber auch sa- übertragen. – Man sollte den Kommunen sagen: Ihr seid gen: Wir schützen euch von außen. die Eigentümer der Sparkassen, verlangt von den Direk- toren der Sparkassen eine Antwort auf die Frage, wie das Da gibt es einen Konsens, den wir nicht zerreden sollten. Eigenkapital verwertet werden soll. Schaut, ob sie gute Wir wollen nicht, dass private Investoren die Sparkassen oder schlechte Geschäfte machen. Organisiert das so, wie kaufen können. Das ärgert manche. Aber wir wollen das es richtig ist, aber organisiert das innerhalb der Sparkasse. nicht. Wir wollen auch nicht, dass Investoren außerhalb Verkauft es nicht, privatisiert es nicht, sondern organisiert Hessens Sparkassen kaufen. Auch das wollen wir nicht. es als öffentliche Aufgabe, aber so gut wie möglich. Wir wollen aber, dass sich die Sparkassen innerhalb Hes- sens ohne jegliche gesetzliche Restriktion so organisieren Das ist die Aufgabe des Verbandes, und darüber streiten können, wie es, betriebswirtschaftlich gesehen, auf Dauer wir auch gerne mit Ihnen. Das ist der richtige Weg, von richtig sein wird. dem wir überzeugt sind und den wir in den nächsten Wo- chen diskutieren können. Was das Beste auf Dauer ist, wissen nicht wir. Vielmehr wissen das diejenigen besser, die dort arbeiten. Das müs- (Beifall bei der CDU) sen auch nicht wir verantworten. Vielmehr müssen das Meine Damen und Herren, natürlich betrifft – und so wird auch diese Personen verantworten. Die Verantwortung es auch bleiben – ein Großteil der Diskussionen in der gehört also auf die Stelle übertragen, wo das Wissen vor- Landespolitik die Innovationen und Erneuerungen in der handen ist. Dieses Wissen ist bei den Kommunen und bei Bildungspolitik. Das ist ein Thema, das bei Herrn Kolle- den Sparkassen selbst vorhanden. gen Walter aufgrund der Zeitspanne manuskriptbedingt (Jürgen Walter (SPD): Herr Ministerpräsident, wa- an den Rand geraten ist, weil er sich so lange mit der rum sind die Kommunen dann dagegen? Ich stelle Bundespolitik beschäftigen musste. Dieses Thema ist aus nur die Frage!) unserer Sicht das wichtigste Streitthema in der Zukunft; darin werden wir meiner Meinung nach sogar Konsens In erster Linie sind es nämlich die Kommunen. Das haben. möchte ich auch klar sagen. Herr Kollege Walter, ich unterstelle, dass Sie diese Aussage teilen. Denn diese Aus- Wir haben von Ihnen ein Schulsystem überlassen bekom- sage ist wichtig. Aus meiner Sicht gehören die Sparkassen men den Kommunen, (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Jürgen Walter (SPD): Ja!) GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auch du lernst es nicht!) auch wenn die Direktoren der Sparkassen glauben, die Sparkassen würden sich selbst gehören. Ich empfehle al- – dieser Satz ist ja unbestreitbar, oder? – len auf kommunaler Ebene, dass das entsprechend diesem (Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP) Interesse organisiert werden soll. – auch der Pawlow muss eine Reaktionszeit haben –, (Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Jürgen Walter (SPD): Ich frage dann aber: Warum (Andrea Ypsilanti (SPD): Wir wissen, was kommt!) sind die Kommunen dagegen?) das sich neben vielen anderen Fragen, die wir lange dis- – Herr Kollege Walter, ich – und auch Sie tun es – disku- kutiert haben – Integration, Nichtintegration von ver- tiere gelegentlich mit Personen der kommunalen Ebene. schiedenen Zweigen, Lehrerversorgung; über die Details Die Antwort auf diese Frage interessiert mich nicht in er- will ich nicht sprechen –, durch eine besondere Frage aus- ster Linie. zeichnet. Wir haben einen Mangel vorgefunden, der uns über die Dauer der Zeit betrachtet am meisten Sorgen be- (Jürgen Walter (SPD): Sie können nicht behaupten, reitet und im Augenblick die größten Schwierigkeiten in Sie würden etwas für die Kommunen tun, wenn die der Schule macht. Sie haben im Gegensatz zu anderen sagen: Bitte machen Sie das nicht!) Bundesländern – übrigens auch im Gegensatz zu einigen sozialdemokratisch verantworteten Bundesländern – Mich interessiert, ob Sie der Meinung sind, dass das, was planmäßig über viele Jahre hinweg alles abgebaut, was Herr Kollege Frankenberger hier vor fünf Monaten sagte, eine Vergleichbarkeit von Leistungen zwischen Schulen richtig oder falsch ist. Mich interessiert, ob die Sozialde- ermöglicht hätte. mokraten, die Landespolitiker sind, mit mir einer Mei- nung sind. Landespolitiker haben nicht immer dieselben Sie haben die Kriterien für Vergleiche abgebaut, indem Interessen wie Kommunalpolitiker. So einfach ist die Welt Sie eine immer stärkere Verselbstständigung einführten. nicht. Das wissen Sie sehr wohl, und auch ich. Jeder konnte sich aus Plänen heraussuchen, was er unter- richten wollte. Das war versinnbildlicht in dem Weg von Mich interessiert, ob Sie, die Mitglieder der Sozialdemo- Lehrplänen hin zu Rahmenrichtlinien. kratischen Fraktion, der Meinung sind, dass wir den Spar- kassen die Freiheit geben sollen, sich selbst zu organisie- Allerdings gebe ich zu, dass ich nicht weiß, ob Ihnen klar ren, dass sie dann aber auch die Verantwortung für die war, was Sie in dieser Frage taten.Wir jedenfalls haben da- Form der Organisation tragen. Oder sind Sie der Auffas- mals die Auseinandersetzung über ganz andere Fragen als Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6005 diese eine der Verbindlichkeit eines Ergebnisses geführt. Denn wenn man Schule und Schulleitung dafür haftbar Es war auch damit verbunden, dass Sie alle Instrumente macht, ob eine Klasse gut oder schlecht ist, müssen sie von Schulaufsicht bis hin zum Herunterrechnen auf auch die Möglichkeit der Führung einer Schule unter ge- PISA-Ergebnisse dazu genutzt haben, diese Vergleichs- eigneten Bedingungen haben. möglichkeiten abzubauen. Jede Schule stand auf einmal für sich alleine da. All das geht erst dann, wenn ich einem Schulleiter mit ei- nigermaßen verlässlichen Bedingungen sagen kann, ob er Das ist heute eine Herausforderung, die uns auch an eini- wirklich gut oder schlecht ist. Das heißt, ich muss ihm faire gen Stellen hinsichtlich der Selbstverantwortung von Werkzeuge an die Hand geben, mit denen er das erreicht. Schule zurückwirft. Denn unser Verständnis sieht so aus – Wir sind heute mit diesen Werkzeugen sehr viel weiter, als über diese Frage lohnt es sich auch in Wahlkampfzeiten zu wir es noch vor einigen Jahren waren, und wir haben da- streiten –, dass wir jedem Elternpaar und jedem Kind eine bei nicht unterlassen, darauf zu achten – in einem anderen Garantie dafür geben müssen, dass wir alles in unseren System, als Sie es wollen –, dass diejenigen, die die Schwä- Möglichkeiten Stehende tun, dass dieses Kind über ein cheren in diesem System sind, ein besonderes Maß an bestimmtes Basiswissen verfügt, wenn es die Schule ver- Förderung bekommen. lässt. Dies gilt unabhängig davon, ob es ein Hauptschul- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): abschluss, ein Realschulabschluss oder ein Gymnasialab- Wo denn?) schluss ist. Dies ist besonders wichtig, wenn sich dieses Kind irgendwo bewirbt, sei es an einer Hochschule beim Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Eingangstest – diesen gibt es immer mehr –, oder sei es bei Al-Wazir, was wir 1999 an Hauptschule vorgefunden ha- der Sparkasse als ein Auszubildender oder bei sonst ei- ben, nem Betrieb. Dieser junge Mensch muss sich sicher sein können, dass er unabhängig von der Schulform das glei- (Norbert Schmitt (SPD): Jetzt haben Sie 10 % ohne che Basiswissen mitbringt. Dies beginnt bei banalen Din- Abschluss!) gen wie Rechtschreibung und Mathematik und reicht bis war eine Katastrophe. zu sehr viel komplizierteren Dingen wie den hoch ge- wachsenen Fächern in der Oberstufe oder dem Sozialver- (Beifall bei der CDU) halten. Es muss ein gleicher Standard vorliegen. Es war eine Demotivation, eine öffentliche Erklärung sei- Schulaufsicht und Schule sind erstens verpflichtet, sehr tens der Landespolitik, dass es eigentlich eine Schule sei, präzise vorzugeben, was dieser Standard ist, damit sich bei der man sich wünschen würde, sie gäbe es gar nicht. Es Schüler und Lehrer darauf verlassen können, und zwei- war eine Mitteilung an die Schülerinnen und Schüler, dass tens sind sie verpflichtet, angemessen zu kontrollieren, ob sie in dieser Gesellschaft keine Chance hätten. Nun kämp- sich alle Beteiligten an diese Regeln halten. Dies gilt für fen wir Stück für Stück dafür, dass die Schulabbrecher- alle Schulformen und zu jeder Zeit. quoten, die die höchsten im System waren, zurückgehen. Es geht darum, ob man sozial aufsteigen kann. Das müs- (Norbert Schmitt (SPD): 10 % haben gar keinen sen Sie doch irgendwann einmal in Ihren Kopf kriegen. Abschluss mehr!) Als die PISA-Studie gemessen hat, wo die soziale Durch- stiegsmöglichkeit größer ist, ist Ihr grandioses Schulsys- Das haben wir in Hessen gar nicht mehr vorgefunden. tem, das Sie hier entwickelt haben, als eines der schlech- Deshalb sind wir seit Jahren Schritt für Schritt – über den testen in der Bundesrepublik Deutschland entlarvt wor- Mathematikwettbewerb, über die Arbeiten in der 3. den. Klasse, über die Einführung des zentralen Hauptschulab- schlusses, über die Einführung des zentralen Realschulab- (Beifall bei der CDU) schlusses, jetzt über die Einführung des Landesabiturs, Gerade wenn Sie die Schülergeneration der letzten zehn über die Einführung des Schul-TÜV – dabei, Rahmenbe- bis 15 Jahre unter dem Gesichtspunkt betrachten, wer von dingungen zu schaffen, damit wir in Zukunft über Selbst- den Schwächeren die Chance hat, entwickelt zu werden, verantwortung von Schule reden können. Denn dann ha- dann werden Sie mit einem Blick in die Statistik feststel- ben wir als Staat die Sicherheit, dass wir dafür gegenüber len, dass Sie viele Schicksale auf dem Gewissen haben. Eltern und Kindern haften können. Wir wollen, dass da- durch am Ende einigermaßen gleichwertige Ergebnisse (Beifall bei der CDU – Andrea Ypsilanti (SPD): Sie produziert werden. Das ist eines der zentralen Ziele der werden noch viel mehr haben!) Schulpolitik der Hessischen Landesregierung in diesen Denn das hessische Schulsystem war an dieser Stelle Jahren. schlechter als jedes andere. Die Kultusministerin sagt (Beifall bei der CDU) heute, dass sie es nicht mehr bedauere, dass es eine Haupt- schule gebe. Heute sagt sie vielmehr, dass sie dafür sorge, Ich will den Vergleich nicht machen, aber eigentlich ist es dass es Projektbewertungen und SchuB-Klassen gebe und ähnlich wie beim Straßenbau. Hätten Sie ein paar Jahre dass sie die Schülerinnen und Schüler noch während ihrer früher die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass diese Schulzeit in Betriebe bringe. Heute werden nicht mehr Möglichkeit – wie es auf Neudeutsch heißt – der externen nur das Rechnen und kognitive Fähigkeiten vermittelt. Evaluation bestehen würde, Man macht Projekte, und der Schüler kann auf das Er- gebnis eines Werkstückes stolz sein und selbstbewusst ei- (Norbert Schmitt (SPD): Schule und Straßenbau!) nen ordentlichen Schulabschluss bekommen. könnten wir heute sehr viel besser über Selbstverantwor- (Zuruf von der SPD: Polytechnik abgeschafft!) tung in der Schule reden. Wir kämen sehr viel schneller dort hin. Denn am Ende muss die Schule mehr selbst or- Gleichzeitig sieht der Handwerksmeister, dass eine Drei ganisieren können. Aber diese Selbstorganisation bein- in Deutsch eine Drei ist. Es ist keine sozial gewichtete haltet auch die Frage des Budgets, die Frage, wer Lehrer Note, sondern sie hängt beispielsweise vom Diktat ab. Er einstellt, sowie die Frage, wer Dienstvorgesetzter der Leh- vertraut diesem Schulabschluss wieder, und ein Haupt- rer ist. Insbesondere die letzte Frage muss geklärt sein. schüler hat eine Chance, einen besseren Abschluss zu be- 6006 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 kommen. Der Arbeitgeber traut diesem Zeugnis wieder. bleme nicht mehr so entstehen, wie wenn sie nicht folgen Das ist es, was man braucht, um Hauptschülern in diesem könnten. Denn diese Unterscheidung am Anfang ist eine Land wieder eine Perspektive zu geben. Katastrophe. (Beifall bei der CDU – Andrea Ypsilanti (SPD): Wir sind davon überzeugt – und darin unterscheiden wir Das werden wir sehen!) uns –: Wenn man sich anschaut, wie sich Kinder entwi- ckeln, wenn man sie jeweils nach ihrer Stärke, also nicht Wir sind gerade dabei, mit mehr als 100 Lehrern, die auf im Durchschnitt, sondern möglichst nach ihren speziellen Erziehungshilfe spezialisiert sind, in die Schulen hineinzu- Fähigkeiten, fördert, dann wird das größte Potenzial so- gehen, um zu verhindern, dass wir Verhaltensauffälligkei- wohl der Schwachen als auch der Starken in der Gesell- ten nur außerhalb der bestehenden Schulsysteme auf- schaft herausgeholt. So kann eine leistungsfähige Gesell- lösen können. Wir wollen, dass wir dies an dieser Stelle schaft entstehen, die mit diesem Potenzial arbeitet. und im System machen und leisten können. Das heißt, wir reden sowohl von denjenigen, die zu den Schwächeren (Beifall bei der CDU) gehören, als auch von denjenigen, die besondere Bega- bungen haben. Meine Damen und Herren, wir werden im nächsten Jahr, mit diesem Haushaltsplan 2006 auch finanziell abgesi- Lesen Sie einmal PISA richtig; das wissen Sie doch auch chert, eine weitere große Herausforderung angehen. jenseits der Sprüche. Zu Ihrer Behauptung bezüglich der integrierten Systeme: Schauen Sie sich die Statistik ganz (Norbert Schmitt (SPD): „Finanziell abgesichert“ an. Das Problem ist, dass die Besten in Europa mit in- ist gut!) tegrierten Systemen arbeiten und auch die Schlechtesten Denn die Eltern werden in den nächsten Jahren bemer- mit integrierten Systemen arbeiten. Sie können das an- ken, dass sich die Frage, wie viel Unterricht erteilt wird, hand von Finnland und Italien sehen. Diese Länder haben auch auf die Ergebnisse auswirkt. Bisher war es ziemlich nahezu das gleiche System, befinden sich allerdings am egal. Jede Schule hat schließlich unabhängig vom erteilten unteren und am oberen Ende der Skala.Also spricht doch Unterricht nach ihren Maßstäben die Ergebnisse bewer- der gesunde Menschenverstand dafür, dass es vielleicht an tet. Nun ist es etwas anderes. ein paar anderen Problemen liegt. (Andrea Ypsilanti (SPD): Wo kommen die vielen Vielleicht muss man auch über Folgendes nachdenken – unzufriedenen Eltern her? Reden die mit Ihnen?) das hat auch etwas mit Ihrer Zeit zu tun, die Sie regiert haben –: Die Integrationsaufgaben des finnischen Schul- Wir haben in der ersten Stufe der Unterrichtsgarantie da- systems sind unter dem Gesichtspunkt von sprachlicher für gesorgt, dass heute genug Lehrerinnen und Lehrer in Integration überschaubar. Finnisch ist zwar eine der der Schule sind, um die Stundentafel auszufüllen. Es wird schwierigsten Sprachen der Welt, aber es gibt wenige, die also die von der Kultusministerin vorgegebene Stunden- etwas anderes sprechen. tafel eingehalten, und es werden die Stunden auf dem Stundenplan erteilt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Unterschied. Wir haben dieses Problem nicht gelöst. Ver- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): stehen Sie es? – So, wie Sie es angefangen haben, bekom- Selbst das stimmt nicht!) men Sie es auch zurück. Hätten Sie in den Neunzigerjah- Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist heute ren die Sprachqualifikationsprogramme mit den jungen zwar selbstverständlich – das muss man abhaken, und da- Ausländerkindern gemacht, die wir heute machen, hätten für wird man nicht jeden Tag gelobt –,aber trotzdem muss Sie heute sehr viel bessere PISA-Ergebnisse für dieses man es sagen: Sie haben in der Regel 10 bis 20 % von dem, Land. was eigentlich auf dem Stundenplan stehen müsste, gar (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der nicht mehr draufgeschrieben, und manche Eltern haben FDP) gar nicht mehr gemerkt, was alles ausfällt, weil Sie es ih- nen nie mitgeteilt haben. Das Land Nordrhein-Westfalen hat gerade erst gestern als Gesetzentwurf beschlossen, das hessische System zu (Beifall bei der CDU) übernehmen. Eine ganze Reihe anderer Bundesländer hat es schon vorher von Nord nach Süd getan. Es ist eine Das ist heute vorbei, und dafür haben wir Tausende von logische Folge unserer Integrationspolitik; das sage ich Lehrerinnen und Lehrern eingestellt. Deshalb haben wir nebenbei. Es reicht vom Integrationsbeirat bis zu vielen heute mehr Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen als anderen Maßnahmen. Dies ist ja ein Punkt, bezüglich des- zu jedem anderen Zeitpunkt in unserer Geschichte. sen Sie in den letzten sechs Jahren sehr ruhig geworden Außerdem haben wir mehr Unterrichtsstunden, als wir je- sind. Denn Sie wissen:Wenn in deutschen Bundesländern mals zu einem anderen Zeitpunkt hatten. darüber diskutiert wird, wie man Integrationspolitik Trotzdem sagen wir: Das allein genügt nicht. Vielmehr macht, dann kommen die Menschen in unser Bundesland, müssen wir auch im System Schule, wenn aus welchen besuchen das Ministerium von Frau Lautenschläger und Gründen auch immer Unterricht ausfällt, weil auch Leh- schauen sich an, was der Integrationsbeirat geschaffen rer manchmal krank sind, weil es Dinge in der Schule gibt, hat. die funktionieren müssen und für die Lehrer aus dem re- (Norbert Schmitt (SPD): Tätige Reue für die gulären Unterricht abgezogen werden – ein Schulland- Unterschriftenkampagne!) heimaufenthalt oder eine Skifreizeit ist eine pädagogische Maßnahme und nicht nur Unfug, aber dadurch fällt in ei- Wir haben es aber vernetzt. Wir reden über die Sprach- ner anderen Klasse Unterricht aus –, dafür sorgen, dass qualifikation vom Sportverein über Gesetzgebung und das weniger wird und dass vertreten wird. Das wird nicht Einbürgerung bis zur Schule. Ich bin mir ganz sicher: alleine mit einem zentralen System gehen. Keiner kann in Wenn wir es schaffen, dass in der 1. Klasse alle einigerma- einem System mit 900.000 Schülern, 55.000 Lehrern und ßen Deutsch können, dann werden sie dem Unterricht fol- etwa 2.000 Schulen, wenn man alles zusammenrechnet, gen können. Dann werden viele der Benachteiligungspro- zentral sagen, dass es funktioniert. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6007

Das bedeutet aber: Jetzt geschieht der erste Schritt von sehr genau, dass das eine ohne das andere nicht funktio- Eigenverantwortung an dieser Stelle. Wir sagen aber sehr niert, und zwar in der Sache – siehe Geld – und auch in der klar: Wir erwarten von allen Schulen, dass sie bis zur 10. Politik. Das wird sich nicht ändern. Wenn Sie Schwierig- Klasse dafür sorgen, dass das, was auf dem Stundenplan keiten haben, hinzunehmen, dass Sie meiner Parteivorsit- steht, auch unterrichtet wird. Das ist die zweite Stufe. Zu- zenden zur Kanzlerschaft verhelfen mussten, mögen Sie erst haben wir geguckt, dass das, was nach Auffassung des akzeptieren, dass ich das mit einer gewissen inneren Ge- Kultusministeriums auf dem Stundenplan stehen muss, nugtuung verfolge. auch tatsächlich auf dem Stundenplan steht. Das war nicht einfach, sonst hätten Sie es schon immer gemacht. Der (Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS zweite Punkt ist: Das, was auf dem Stundenplan steht, 90/DIE GRÜNEN): Sie geben es zu!) muss verlässlich sein. Dass wir deshalb, Kollege Walter, beide einen Teil unserer Das hat zwei Dimensionen. Zum einen hat es die Dimen- Reden umschreiben müssen, ist auch die Wahrheit. Dazu sion, dass man weiß, dass der Unterricht vor diesen zen- sollten wir stehen. tralen Prüfungen erteilt wird. Zum Zweiten hat es auch (Norbert Schmitt (SPD): Über Frau Merkel sind das Ziel, dass die Eltern sich darauf verlassen können, Sie glücklich, das wissen wir!) wann Kinder in der Schule sind und wann sie zu Hause sind, und zwar so, wie es im Stundenplan steht, und nicht Ich jedenfalls hätte mir nie gewünscht, mit Ihnen auf der nach täglich neuer aktueller Kalkulation. Beide Dinge ge- Bundesebene koalieren zu müssen, ich glaube, Sie auch hören zur Unterrichtsgarantie plus, gehören zur verläss- nicht umgekehrt. Ich gehöre zu denen, die manchmal zur lichen Schule der Zukunft. Überraschung meiner eigenen Freunde – das hat auch schon zu Landtagsdebatten geführt – das auch offen sa- Das ist die Zielsetzung, mit der die Hessische Landesre- gen. gierung in das kommende Schuljahr geht. Das ist eine der anspruchsvollsten Organisationsmaßnahmen, die wir Ich will etwas anderes hinzufügen: die feste Überzeugung, durchgeführt haben. Das wird ruckeln und zuckeln, bis dass wir, egal, wo wir sind, und auch jenseits aller Leiden- das einigermaßen funktioniert. Aber wir haben den An- schaft und Überzeugungen, die wir haben, und des Spa- spruch: Wir versprechen das nicht für nach irgendeiner ßes, den wir daran haben, Politik zu machen – sonst wür- Wahl, sondern wir werden vor der Landtagswahl sagen: den wir das alles nicht machen; es gibt bequemere Jobs –, Das ist unser Ziel, das ist nachprüfbar. Diese Veränderung am Ende die Verpflichtung haben, Menschen eine Dienst- des schulischen Klimas wollen wir in unserem Bundesland leistung zu erbringen. Dazu sage ich: Die beste Dienstleis- Hessen erreichen. Das gehört zu den Zielen des Jahres tung aus meiner Sicht kann ich mit einer absoluten Mehr- 2006. heit der CDU erbringen. Das werde ich auch weiterhin sagen. Aber dazu habe ich hier drei Parteien, die das an- (Beifall bei der CDU) ders sehen, aus sehr eigennützigen Gründen, auch wenn Wenn wir beim Thema bundesweite Bedeutung sind, sage sie es möglicherweise staatspolitisch begründen. ich nur nachrichtlich: Natürlich sind auch der Erziehungs- plan für Kinder von 0 bis 10 Jahren und die Veränderun- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aus rein an der Sache gen, die wir damit haben, der Anlass, dass wir im Moment orientierten Gründen!) sehr viele Gäste aus anderen Bundesländern bei uns will- – Herr Kollege Hahn, manche sehen das anders. – Aus kommen heißen. Denn sie wollen sehen, wie unsere Ex- sehr eigennützigen Gründen, das habe ich so gemeint. perimente funktionieren. Ich habe Presseerklärungen ge- lesen, in denen manche davor gewarnt haben, bei den (Heiterkeit und Beifall bei der CDU und des Abg. Tandemversuchen mitzumachen, die wir jetzt durchfüh- Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ren. Am Ende haben wir nicht nur genug, sondern mehr NEN)) als genug Einrichtungen gehabt, die bereit waren, daran mitzuwirken. Ich bin sehr sicher, dass auch dieses neue Es ist eine Aufgabe, den Wettbewerb zu haben und dann Projekt der Integration von Bildung und Erziehung in den das Beste aus dem Wählervotum zu machen. Das wird so ersten zehn Lebensjahren zu einem hessischen Modell sein, und das ist auch die Aufgabe auf der nationalen werden wird, dass wir damit einen Weg gefunden haben, Ebene. über den wir am Ende mit der Zustimmung aller Beteilig- Ich hoffe, dass diese große Koalition weit genug kommt, ten Leitlinien bekommen werden, die vorher nicht da wa- was eine Herausforderung ist, weil unsere Meinungen, wie ren. man in dieser Debatte sieht, an vielen Punkten durchaus Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Einhaltung unterschiedlich sind. Ich hoffe, dass wir damit Rahmenbe- der normalen Redezeit gebietet mir, weniger über die dingungen in einem Bundesland bekommen, das außerge- Bundespolitik zu reden als der Herr Oppositionsführer. wöhnlich gute Chancen hat.Aber ich möchte den Bürgern auch weiterhin sagen – das werden Sie auch tun –, es wäre (Zurufe von der SPD) besser, wenn wir die Tatsache, dass wir schrecklich viele Kompromisse machen, nicht unnötig auf andere Ebenen – Bis vor zwei Minuten habt ihr euch darüber beschwert. ausdehnen. Jetzt seid ihr wieder sauer, dass ich über Landespolitik ge- sprochen habe. Deshalb sage ich Ihnen: Was wir im Augenblick tun, was (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ich Ihnen dargelegt habe unter dem Gesichtspunkt, wo Nein! – Jürgen Walter (SPD): Mit dem, was Sie Hessen inzwischen Stück für Stück der Maßstab für an- heute gesagt haben, haben Sie 1995 die Landtags- dere geworden ist, wie bestimmte politische Entwicklun- wahl verloren, Herr Ministerpräsident!) gen von Schulen über Organisation, innere Sicherheit, Po- lizei bis zu Hochschulen genommen werden, ist eine Sie sollten sehen, dass die Aufgabe, Bundes- und Landes- Chance, das in der augenblicklichen Verantwortung so zu politik zu vernetzen, sicherlich zu den spannendsten Din- gestalten, wie eine politische Kraft sich das erdacht hat, gen gehört, die auch in meinem Job vorkommen. Ich weiß ohne einen Kompromiss machen zu müssen. 6008 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Aus meiner Sicht ist es eine Chance für das Land, und nanziellen Verhältnissen, die uns unter dem Bundesrecht diese Chance nutzen wir. Sie haben gesagt: „Hessen zugemutet worden sind, die extrem kompliziert für unser vorn“. – Ja, verehrter Kollege Walter, aber das war der Land sind, unter größter Anstrengung von Sparmaßnah- Wahlslogan zu Zeiten von Georg August Zinn, und ich men haben wir einen Weg gefunden, bei den Dingen, die habe keine Probleme damit, das einzuräumen. Hätten Sie man in diesen Jahren machen kann, Maßstäbe zu setzen. ernsthaft in Ihrem Präsidium – Sie waren damals Landes- Diese Maßstäbe sind gut für die Bürgerinnen und Bürger geschäftsführer – auch nur eine Sekunde darüber nachge- dieses Landes. Diese Maßstäbe können die Bürgerinnen dacht, das in die letzte Bilanz von Hans Eichel in Hessen und Bürger dieses Landes und jedenfalls eine Mehrheit hineinzuschreiben? des Parlaments durchaus stolz machen auf das, was in die- sem Land geleistet worden ist. (Heiterkeit bei der CDU) Es ist eine Politik in diesem Land, mit der wir mit Vergnü- Dann haben wir angefangen. Nennen Sie mir einmal die gen in jeden Wahlkampf ziehen, ob er in drei Monaten Projekte der Hessischen Landesregierung der Jahre 1995 oder in zwei Jahren stattfindet.Wir sind davon überzeugt, bis 1999, in denen Sie Maßstab für das waren, was in an- dass wir niemand anders als uns selbst, als unsere Ideen deren deutschen Bundesländern passiert ist, außer der und unsere Tatkraft und etwas Glück, das wir bisher ge- Frage, wie viel Durcheinander man bei Haushaltsberatun- habt haben und das uns hoffentlich nicht verlässt, brau- gen erreichen kann und wie viele Ministerinnen in einer chen, um die Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeu- Nacht tränenüberströmt das Haus verlassen. gen, dass dieses Land in guten Händen ist. Dafür werden (Jürgen Walter (SPD): Wenn ich eine Stunde Zeit wir auch in Zukunft werben, streiten und arbeiten. – Vie- hätte, könnte ich Ihnen eine Menge erzählen!) len herzlichen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da waren Sie (Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU) Benchmark. Aber sonst hatten Sie nur wenig zu bieten. (Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn Vizepräsident Lothar Quanz: (FDP) – Zuruf des Abg. Marco Pighetti (SPD)) Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Als nächster Red- Wir haben eines geändert: Diese Bundesrepublik ner hat der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE Deutschland, die Bundesländer im Wettbewerb des Föde- GRÜNEN, Herr Al-Wazir, das Wort. ralismus schauen wieder auf das, was wir hier machen. (Norbert Schmitt (SPD): Jetzt gehen die Claqueure (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): hinaus!) Du ahnst es nicht!)

Sie finden es spannend. Nicht nur, dass sie schauen und es Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): spannend finden, sondern sie beschließen es nach unseren Vorstellungen in vielen Landtagen quer durch die Repu- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! blik. Beginnen wir bei dem Thema Integrationsrat, gegen Wenn man so lange klatschen kann, kann man auch ein das Sie wahrlich nicht sein können. Inzwischen hat, nach- paar Minuten einem Redner der Opposition zuhören. Je- dem ihn 1999 alle bekämpft haben, die Mehrheit der deut- der macht, was er will. Jeder hat seine eigenen Wahrneh- schen Länder ihn in ihr Recht übernommen. mungen, was Regierung und Opposition angeht, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der CDU. (Beifall bei der CDU) (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Die SPD Gehen wir zur Sprachförderung. Die Frage, ob das die ist auf eurer Seite!) Mehrheit ist oder nicht, wird sich in den nächsten zwei oder drei Wochen entscheiden. Aber wir haben damit an- Sie haben etwas hinbekommen, was ich noch nicht gefangen und sind am Anfang wegen der Ausgrenzung, kannte. Ich nenne das „Selbsthypnose“. die damit verbunden sei, beschimpft worden. (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der GRÜNEN) FDP) Deswegen fange ich mit einem der Punkte an, in denen Schauen Sie sich an, was bei der Justizvollzugsanstalt der Herr Ministerpräsident uneingeschränkt Recht hatte. Hünfeld als Modell geschieht. Reden Sie über das, was in Ich glaube, dass er Recht hatte, als er gesagt hat, es sei der anderen Landesverbänden diskutiert wird. Schauen Sie Sozialdemokratie schwer gefallen, die Vorsitzende seiner sich an, was Herr Einhäupl darüber gesagt hat, wie die Partei zur Bundeskanzlerin zu machen. Wenn er ehrlich Neuorganisation von Universitäten in Bezug auf das Kli- gewesen wäre, hätte er aber auch sagen müssen, dass es nikum aussieht. Das habe ich Ihnen zitiert. Gehen Sie auf ihm selbst schwer gefallen ist, seine Parteivorsitzende zur die Kongresse, und schauen Sie sich an, was bei der Tech- Bundeskanzlerin zu machen. nischen Universität Darmstadt als Maßstab für andere (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bundesländer gilt. Reden Sie über das, worüber die Bay- und bei Abgeordneten der SPD) ern im Augenblick diskutieren, und schauen Sie, wo es seine geistigen Anlagen hat. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Herr Minister- präsident hat seine Rede mit etwas begonnen, was ihn (Beifall bei der CDU) auszeichnet, also mit etwas, was haarscharf an der Wahr- Vergleichen Sie das. Deshalb habe ich gegen den Satz heit vorbeigeht. „Hessen vorn“ gar nichts. Man erarbeitet sich ihn auch (Norbert Schmitt (SPD): So ist es!) nicht allein in ein paar Jahren. Deshalb bin ich gar nicht in der Situation, hier zu sagen, alles sei in Ordnung. Nein, Er hat nämlich gesagt, der Finanzminister habe ihm er- aber unter dem Maßstab, den Sie genannt haben, sage ich klärt, mit Datum vom gestrigen Tage sei klar, dass der Ihnen: Unter extrem schwierigen Bedingungen, unter fi- Nachtragshaushalt „nur noch“ eine Nettokreditaufnahme Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6009 von 960 Millionen c ausweise. Dann hat er gesagt, das sei Die Regierung Koch setzt sich, seit sie sich auf die verfassungsgemäß. Wer sich mit dem hessischen Haus- absolute Mehrheit der CDU verlassen kann, oft haltsrecht nicht so genau auskennt, hat das so verstanden, selbstherrlich immer wieder über Bedenken hin- als ob der Haushaltsplan 2005 mit dem Nachtrag verfas- weg, die von der Opposition oder in der Öffentlich- sungsgemäß werden würde. Bei Roland Koch ist immer keit geäußert werden. Art. 141 der Hessischen Ver- das Kleingedruckte wichtig. Er hat nämlich zur Voraus- fassung, in dem es um den Rahmen der Kreditauf- setzung gemacht, dass man die kommunalen Investitionen nahme geht, ist interpretierbar, das hat der Staats- mitrechnet. Das haben wir aber noch nie gemacht, Herr gerichtshof deutlich gemacht. Doch es gibt Grenzen Ministerpräsident. für Landesregierung und Landtagsmehrheit. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN So ist es, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir und bei Abgeordneten der SPD) debattieren hier über den Landeshaushaltsentwurf 2006, in dem genau diese Grenze missachtet wird. Herr Minis- Deswegen sage ich: Wenn die Zahl von 960 Millionen c, terpräsident, dazu haben Sie leider überhaupt nichts ge- die Sie hier genannt haben, stimmt – Herr Koch, an Ihrer sagt. Stelle würde ich Zahlen, die Herr Weimar nennt, nicht glauben; aber das ist Ihr Problem –, stelle ich fest, dass die (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Investitionen im Haushaltsplan, Stand Nachtragshaus- Zu den Rahmendaten. Wir werden im Jahre 2006 4,57 halt, mit 831 Millionen c veranschlagt sind und dass wir Milliarden c neue Schulden machen. Wir werden Schul- weiterhin über der Verfassungsgrenze liegen. den in der Höhe von 2,9 Milliarden c tilgen. Unter dem (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Strich wird das, was man so schön „Nettoneuverschul- und bei Abgeordneten der SPD – Lachen des Mi- dung“ nennt, bei 1,675 Milliarden c liegen. Herr Minis- nisters Karlheinz Weimar) terpräsident, unter Ihrer Regierungsverantwortung wer- den wir nach dem bisherigen Plan Ende 2006 insgesamt – Herr Weimar, Sie brauchen gar nicht so zu lachen. – Des- 33,3 Milliarden c Schulden haben. Zum Vergleich: Die halb war das ein weiterer Beweis dafür, dass es Roland Steuereinnahmen im Jahr 2006 liegen bei 13,4 Milliarden Koch – seit seiner Wahl zum Ministerpräsidenten ist das c. Nach dem Länderfinanzausgleich sind es 11,6 Milliar- zu besichtigen – mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. den c. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das heißt, je nach Rechnung haben wir schon jetzt eine und bei Abgeordneten der SPD – Minister Karl- Schuld, die um 150 oder 200 % über den Einnahmen eines heinz Weimar: Ich lache ganz laut!) Jahres liegt. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was das für einen Privathaushalt bedeuten würde. Angesichts der Herr Ministerpräsident, reden wir über den Landeshaus- langen Wartezeiten bei den Schuldnerberatungsstellen ist halt. Sie haben das Urteil des Staatsgerichtshofs ange- das nach Ihrer „Operation düstere Zukunft“ nicht einfa- sprochen. Ich finde, Sie sollten, was das Urteil angeht, cher geworden. Aber dorthin müsste er eigentlich gehen. nicht so triumphieren. Man kann jedoch nicht sagen: „ Wir sind super, wir sind (Minister Karlheinz Weimar: Mmh!) toll“, und anschließend die CDU-Fraktion in Selbsthyp- – Der Herr Finanzminister macht: „Mmh!“. Na ja. Herr nose klatschen lassen. Das kann nicht Ihr Ernst sein, Herr Finanzminister, ich werde hier daraus zitieren. Die Auf- Ministerpräsident. fassung kann man teilen oder auch nicht. Man kann sie be- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN grüßen oder auch nicht begrüßen. Der Staatsgerichtshof und bei Abgeordneten der SPD) hat also Folgendes festgestellt – ich zitiere aus der „FAZ“ –: Herr Finanzminister, Ihre Notoperationen sind darin noch gar nicht eingerechnet. Gebäudeverkäufe bei gleich- Die Finanzpolitiker hätten beim Entwurf des Haus- zeitiger Zurückmietung schönen das Bild. 2,5 Milliarden halts eine „vertretbare prognostische Entschei- c mehr Ausgaben als Einnahmen – das ist das dauerhafte dung“ getroffen. Und deshalb sei es „ausnahms- strukturelle Defizit im Landeshaushalt, Herr Ministerprä- weise“ erlaubt gewesen, dass die Nettoneuverschul- sident. dung [2002] mit fast 1,99 Milliarden c die Investi- tionen von rund 778 Millionen c weit überschritten (Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar – Gegenruf hätte. des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Bestreiten Sie das?) Der Kommentator fährt fort: Deswegen halte ich es für ein dreistes Stück – Herr Wei- „Ausnahmsweise.“ Dieses Wort sollte sich Finanz- mar, das ist das einzige Mal, dass ich Sie anspreche –, wenn minister Karlheinz Weimar auf einen DIN-A3-Bo- man hier einen Haushaltsentwurf vorlegt, der mit folgen- gen schreiben und an seine Bürowand pinnen. der Überschrift versehen ist: „Weimar optimistisch: Ha- ben Trendwende geschafft“. Herr Finanzminister, das ist (Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar) der Gipfel des Wahnsinns. – Herr Finanzminister, hören Sie zu. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Weimars Kurs spricht nicht dafür, dass er den und bei Abgeordneten der SPD) Unterschied zwischen Ausnahme und Regel kennt. Man könnte es so ausdrücken: Ich habe mich ein wenig an Helfen könnte ihm ein Blick ins Urteil. den „Neusprech“ von George Orwell erinnert gefühlt. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wenn der Finanzminister sagt: „Wir haben die Trend- und bei Abgeordneten der SPD) wende geschafft“, ist die Lage wirklich katastrophal. Herr Finanzminister, entweder setzt man sich nur noch mit ei- Im „Wiesbadener Kurier“ steht: ner Narrenkappe auf dem Kopf in den Plenarsaal, oder 6010 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 man tritt lieber heute als morgen zurück. Das ist das, was Herr Ministerpräsident, insofern haben wir nicht nur ein Sie eigentlich machen müssten. Einnahmeproblem, sondern auch ein Ausgabeproblem. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Ministerpräsident, auf der einen Seite legen Sie eine Im Grunde hat sich an Ihrem Gießkannenprinzip bis solche Bilanz vor, und auf der anderen Seite steht ein Mi- heute nichts geändert. Braucht jemand dort, wohin nie- nister, der sagt:Trendwende geschafft.– Ich habe ein schö- mand fliegen will, einen Flughafen? Bitte sehr, er kostet nes Buch gefunden, dass das Institut für Organisations- 150 Millionen c. Ist der Erbgraf Eberhard pleite? Bitte kommunikation (IFOK) kürzlich anlässlich seines zehn- sehr, dann kaufen wir ein Schloss im Odenwald. Brauchen jährigen Bestehens verschickt hat. Bei dem Redner, der wir einen Parkplatz in Berlin? Bitte sehr, Herr Riebel den Festvortrag hält, handelt es sich um einen gewissen kauft ihn. Roland Koch. Unter der Überschrift „Vertrauen in und durch die Politik“ sagt er dort Folgendes: Es ist ein Problem, wenn man immer nur über die Ein- nahmen redet, dabei aber vergisst, wofür man sein Geld Ich glaube, dass die Frage Vertrauen und Politik gar ausgibt. Nicht alles ist sinnlos, aber an bestimmten Punk- nicht so weit von unserem normalen Leben entfernt ten ziemlich viel. Im Laufe der bis morgen Mittag dauern- ist. Wenn uns permanent Dinge erzählt werden, die den Haushaltsberatungen werden wir Ihnen das an ein- am nächsten Tag nicht eintreten, dann schwindet zelnen Punkten immer wieder deutlich machen. Vertrauen. Was die Ausgaben angeht, haben Sie im Herbst 2003 Ihre So ist es, Herr Ministerpräsident. „Operation düstere Zukunft“ gemacht. Ich sage Ihnen (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich: Auch daran war nicht alles falsch. – Die und der SPD – Minister Karlheinz Weimar:Was war Fraktion der GRÜNEN hat sogar einen Änderungsantrag daran falsch?) dazu vorgelegt – Stichwort:Wie holt man aus dem Weihn- achtsgeld der Beamtinnen und Beamten unter dem Strich Im Jahre 2006 feiern wir das 60-jährige Bestehen des Lan- die gleiche Summe heraus? Auch wir sind nämlich der des Hessen. Im September, wenn wir dieses Jubiläum Meinung, dass man die Personalkosten senken muss. feiern, wird Hessen von diesen 60 Jahren siebeneinhalb Jahre lang von dem Herrn Ministerpräsidenten Roland Wir hätten es aber sozial gerechter gemacht. Wir haben Koch regiert worden sein. Wir befinden uns in der Situa- Ihnen als GRÜNEN-Fraktion im Herbst 2003 145 Ände- tion, dass in diesen siebeneinhalb Jahren fast 40 % der rungsanträge auf den Tisch gelegt, die gezeigt haben, wo Schulden, die das Land Hessen seit 1946 gemacht hat, zu- man an bestimmten Stellen anders einsparen könnte und sammengekommen sein werden. Wie man sich hier für unter dem Strich dieselbe Sparsumme erreichen könnte. eine solche Bilanz feiern lassen kann, ist uns schleierhaft, Meine sehr verehrten Damen und Herren, das hat Sie meine sehr verehrten Damen und Herren. aber nicht interessiert, weil Sie ihr Weltbild mit dem Rot- stift durchsetzen wollten, wie man an den Einsparungen (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sehen konnte. Nun könnte man sagen, dies sei ein Beweis dafür, dass das Gerücht, Schwarze könnten mit Geld umgehen, einfach (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nicht der Wahrheit entspreche. Man könnte auch sagen, Herr Ministerpräsident, deswegen komme ich jetzt noch das liege einfach an der Situation.Was die Einnahmen an- einmal zu den Einnahmen. Auch hierzu haben wir nicht geht, hatten Sie Recht. Die letzten Jahre waren schwierig, nur bundespolitische Diskussionen geführt. Sie haben was die Einnahmen des Staates auf allen Ebenen betrifft. mutwillig die Grundwasserabgabe abgeschafft und sich Das ist völlig richtig. Auch Jürgen Walter, den Sie zitiert dafür auch noch feiern lassen. Nachher haben Sie festge- haben, hatte völlig Recht. Aber Sie haben nur die Hälfte stellt, dass Ihnen jedes Jahr 100 Millionen c im Haushalt seines Zitats gebracht. fehlen. Herr Ministerpräsident, die Frage lautet doch: Wie sind (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Peter Lennert wir eigentlich in eine solche Situation geraten? Da stellt (CDU)) sich die Frage nach Ihrer Verantwortung. Es gibt zwei Re- aktionen. Es gibt die alte Leier, Rot-Grün sei schuld. Rot- – Da klatscht Herr Lennert heute noch. Herr Lennert, Grün ist immer an allem schuld. heute wären Sie froh, wenn Sie das Geld hätten. (Minister Karlheinz Weimar: Wenn es denn so ist!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Seitdem ich mich mit den Reden hessischer CDU-Abge- und der SPD) ordneter beschäftige, höre ich jedenfalls immer nur, dass Man kann nicht immer nur darüber räsonieren, dass die Rot-Grün an allem schuld ist. Ich mache mir nichts vor: Einnahmen so zurückgegangen sind, wenn man in eigener Sie werden auch 2008 und 2009 immer noch sagen, Rot- Verantwortung dafür sorgt, dass sie weniger werden. Grün sei an allem schuld. Herr Ministerpräsident, dann kommen wir zu Ihrer größ- Nur, wenn ich mir anschaue, was wirklich passiert – Stich- ten Missetat. Ich nenne sie „Missetat“, weil die tätige wort:Ausgabenseite –, stelle ich fest, dass wir von 1996 bis Reue bisher nicht gefolgt ist, sie jedenfalls als solche nicht 1998 die Realausgaben reduziert haben. dargestellt worden ist. Sie haben auf Bundesebene alles, (Norbert Schmitt (SPD): So ist es!) aber auch wirklich alles blockiert, was zu Mehreinnahmen hätte führen können. 0,5 % waren es im Jahre 1996, 0,6 % im Jahre 1997 und 0,7 % 1998. Dann kamen Sie an die Regierung, und das (Minister Karlheinz Weimar: So ein dummes Zeug! brutalstmögliche Geldausgeben begann. Wer hat denn die Mindestbesteuerung eingeführt?) (Norbert Schmitt (SPD): Dann ist der Deckel hoch- Da sagt der Herr Finanzminister: „Dummes Zeug“, ich geflogen!) sage nur: Trendwende. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6011

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ Aufgaben zu erfüllen. – Vor der Wahl haben Sie gesagt: DIE GRÜNEN – Minister Karlheinz Weimar: Wer „Wir wollen die Steuern senken, damit die Leute mehr in keine Ahnung hat, sollte so etwas nicht sagen! Das der Tasche haben.“ Das haben wir schon damals für un- ist geradezu dümmlich!) durchführbar gehalten – Stichwort: fünf verfassungswid- rige Haushalte in Folge. Herr Ministerpräsident, ich zitiere Ihnen nun etwas, was ich vor kurzem auf Ihrer Homepage gefunden habe. Ich Ich sage ausdrücklich: Es ist richtig, dass die Union er- weiß nicht, ob es noch drauf ist. Vielleicht sollten Sie die kannt hat, dass, wenn die Menschen etwas vom Staat ver- Homepage einmal überarbeiten. langen, der Staat auch Geld braucht, um dieses Verlangen zu erfüllen. Die Einzigen, die es noch nicht begriffen ha- (Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) ben, sind die Marktradikalen von der FDP. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Da sagt der Ministerpräsident am 22.11.2004 – das ist jetzt ein Jahr her –: Sie denken immer noch, dass das Senken von Steuern mehr Geld in den Haushalt bringt. Der Hessische Ministerpräsident Roland Koch lehnt die von der rot-grünen Bundesregierung ge- Herr Ministerpräsident, ich sage es noch einmal: Sie ma- forderte Streichung der Eigenheimzulage weiter chen jetzt genau das – Stichwort: Eigenheimzulage, Stich- strikt ab. Hessen wird ganz klar dagegenhalten, wort: Pendlerpauschale –, was Sie vorher jahrelang blo- wenn die Bundesregierung abermals versucht, ckiert haben. durch die Streichung der Eigenheimzulage selbst verursachte Haushaltslöcher zu stopfen. Ich komme auf den Vortrag von Roland Koch „Vertrauen in und durch die Politik“ zurück: „Wenn uns permanent (Ministerpräsident Roland Koch: Warum soll ich Dinge erzählt werden, die am nächsten Tag nicht eintre- das zurücknehmen? Ich halte es immer noch für ten, dann schwindet Vertrauen.“ – Herr Ministerpräsi- Blödsinn! Darüber brauchen wir nicht zu streiten! dent, Recht haben Sie. Ich trage den Kompromiss!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Ministerpräsident, schon damals haben Sie nicht ge- und des Abg. Marco Pighetti (SPD)) sagt, dass es nicht nur um den Bundeshaushalt geht, son- dern dass die Hälfte dieses Geldes dem Landeshaushalt Wir könnten jetzt sagen: besser späte Einsicht als keine. – zugute kommt. Herr Ministerpräsident, räsonieren Sie Aber die späte Einsicht hat Folgen gehabt. Sie hat Folgen nicht darüber, dass Sie keine Einnahmen haben, wenn Sie für das Land Hessen gehabt. Sie hat Folgen für den Lan- alles dafür tun, dass Sie keine bekommen. deshaushalt gehabt. Sie hat Folgen, die noch unsere Kin- der und Kindeskinder abzahlen werden. Denn Sie, Herr (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ministerpräsident, haben durch Ihre Blockadepolitik da- und der SPD – Zuruf des Ministerpräsidenten Ro- für gesorgt, dass irreparable Schäden entstanden sind. Der land Koch) irreparable Schaden ist z. B. dadurch entstanden, dass Sie Der Landes-Koch erklärt: Es geht nicht. – Aber jetzt gibt das, was Sie ab 01.01.2006 machen, schon ab 01.01.2003 es eine neue Figur in der politischen Debatte, den Bundes- hätten machen können. Das hat dafür gesorgt, dass nur für Koch. Der Bundes-Koch entdeckt auf einmal ganz neue das Land Hessen 1,5 Milliarden c unwiederbringlich weg Sachen. Der Bundes-Koch sagt: „Dass der Neuanfang ei- sind. Deswegen will ich nie wieder jemanden von der hes- ner großen Koalition Ordnung in zerrüttete Finanzen sischen CDU etwas über Einnahmeprobleme sagen hö- bringen muss, konnte jeder wissen. Die Dramatik der ren, denn Sie haben die Probleme selbst verursacht. Zahlen hat selbst mich überrascht.“ Der Landes-Koch hat (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuvor fünf verfassungswidrige Haushalte in Folge vorge- und der SPD – Zuruf des Ministers Karlheinz Wei- legt. Der Bundes-Koch sagt: „Die Dramatik der Finanzen mar) überrascht mich.“ Meine sehr verehrten Damen und Her- ren, das nenne ich eine Persönlichkeitsspaltung. Wir hatten erstmals unter Rot-Grün, unter Finanzminis- ter Karl Starzacher dafür gesorgt, dass sich das Bundes- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN land Hessen einer Ratingagentur unterzogen hat, und wir und der SPD – Zuruf des Ministerpräsidenten Ro- haben unter Rot-Grün das AAA, die beste Bewertung, land Koch) die es gibt, erreicht. Herr Ministerpräsident, Sie sind in Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus dem Bank- der Zeit, in der Sie regieren, zweimal abgewertet worden, rotteur wird über Nacht ein Sanierer. Das ist eine der (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wundersamsten Wandlungen in der Geschichte der deut- und der SPD) schen Politik. erst auf AA+, dann auf AA. In derselben Zeit ist der (Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) Bund, der angeblich so schlecht regiert worden ist, immer Er entdeckt das Heulen und Zähneklappern und sagt auf mit AAA bewertet worden, und Bayern und Baden- einmal sehr kluge Sachen. Er sagt: „Die Steuerquote in Württemberg haben ihre Bewertung auch behalten, Herr Deutschland ist zu niedrig. Der Staat braucht Einnahmen, Ministerpräsident. um seine Aufgaben zu erfüllen.“ Als wir das zwei Monate (Minister Karlheinz Weimar: Das ist doch gar nicht vorher gesagt haben, war das aus Sicht von Roland Koch wahr! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): der Anfang des Kommunismus. Was Sie sagen, ist falsch!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Marco Pighetti (SPD)) Diese Länder liegen doch auch in der Bundesrepublik und wurden auf der Bundesebene von Rot-Grün regiert. Der Bundes-Koch sagt: Die Steuerquote ist in Deutsch- Herr Ministerpräsident, es muss wohl doch mit Ihrer eige- land zu niedrig. Der Staat braucht Einnahmen, um seine nen Politik zu tun haben. 6012 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und der SPD) Sie haben doch mit dem Nachtragshaushalt, mit Ihren Än- Das Finanzdesaster des Landes Hessen ist nicht vom derungsanträgen zum Haushalt 2006 schon wieder an Ver- Himmel gefallen, sondern es wurde gemacht. Es wurde tretungsmitteln nachgelegt, weil sie die Unterrichtsgaran- mutwillig von denen gemacht, die die Mehrheit im tie auch sechseinhalb Jahre nach Ihrem Regierungsantritt Bundesrat hatten, und zwar unter maßgeblicher Beteili- nicht erfüllt haben. Ich sage nicht, dass das geht. Wir ha- gung und Führung dieses Ministerpräsidenten. Herr Mi- ben von Anfang an gesagt: Wenn der Lehrer morgen nisterpräsident, Ihnen war der parteipolitische Vorteil Schnupfen hat, werden Sie das nicht staatlich steuern kön- wichtiger als das Land. Streng genommen ist das ein Ver- nen. – Aber wenn Sie schon sagen, es gehe um das, was im stoß gegen Ihren Amtseid gewesen. Stundenplan steht, dann stellen wir fest: Die Unterrichts- garantie ist bis heute nicht erfüllt. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Andrea Ypsilanti (SPD): Ja!) Ich glaube, es ist ganz gut – Sie haben viel darüber gere- det; ich begrüße das ausdrücklich –, dass Sie jetzt wieder Das liegt auch in Ihrer eigenen Verantwortung, Herr Mi- anfangen, über Landespolitik zu reden. Ich werde gerne nisterpräsident, weil Sie im Jahre 2003 1.040 Lehrerstel- mit Ihnen über Landespolitik reden. len gestrichen haben. Ich habe mir in Vorbereitung dieser Debatte – wir sind (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jetzt ungefähr in der Halbzeit der Legislaturperiode – die und bei Abgeordneten der SPD) Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom 23. April 2003 durchgelesen. Ich kann allen nur empfehlen, Diese Streichung von 1.040 Lehrerstellen war auch ein vor allem den Selbsthypnotikern von der CDU, sich diese eklatanter Widerspruch zu dem, was Sie am 23.April 2003 Regierungserklärung noch einmal durchzulesen und sie gesagt haben. Da sagten Sie nämlich: mit der heutigen Wirklichkeit zu vergleichen. Ich fange Wir werden dazu noch einmal mehr Lehrer zur Ver- an: fügung haben, als es bisher der Fall ist. Denn nur bei Für ihre konkret zu benennenden Leistungen wer- der Bildung gibt es im Rahmen dieser Regierungs- den die hessischen Hochschulen auch weiterhin erklärung und dieses Regierungsprogramms eine verlässlich Zuwendungen erhalten. ... Der durch Zusage für weiteres Personal, für zusätzliche 500 Frau Kollegin Wagner für die vorherige Hessische Lehrerstellen. Landesregierung beschlossene Hochschulpakt wird (Ministerpräsident Roland Koch: Alles richtig!) nicht angetastet, ... Herr Koch, damit würden Sie bei der Abschlussprüfung in Das ist offensichtlich und objektiv aus heutiger Sicht der Hauptschule durchfallen, die Sie gerade so gelobt ha- falsch gewesen. ben. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Stimmt!) (Ministerpräsident Roland Koch: Quatsch!) Am 23. April 2003 spricht Roland Koch: Wenn Sie 1.040 Stellen streichen, dann können Sie doch nicht davon reden, dass es 500 zusätzliche Stellen gibt. Ich will verhindern, dass junge Menschen, die unse- ren Appellen zur Absolvierung einer guten Ausbil- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dung häufig gefolgt sind, Ende dieses Jahres ohne und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Minis- Perspektive auf der Straße stehen. ... Perspektivlo- terpräsidenten Roland Koch) sigkeit für junge Menschen muss ein Tabu sein, an- Machen wir weiter. Dann kommen die großen Visionen dere Tabus darf es in diesen Gesprächen nicht ge- des Roland Koch. ben.Wir müssen zeigen, dass wir dieses Problem lö- sen können. Hessen [ist] auf dem Weg zum Bildungsland Num- mer eins mit den Bildungsergebnissen der Schüle- Herr Ministerpräsident, Sie haben das Problem nicht ge- rinnen und Schüler ... löst. (Norbert Schmitt (SPD): Ach du lieber Gott!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) Man kann lange darüber streiten, ob vorher alles richtig war, ob Sie alles richtig gemacht haben, ob wir alles rich- Sie sagen am 23. April 2003 in Ihrem Ausblick auf die Le- tig gemacht haben. Ich glaube, es gibt keinen Menschen, gislaturperiode: der immer alles richtig macht. Es gibt auch kaum einen Die Unterrichtsgarantie ist übrigens inzwischen zu Menschen außer Herrn Irmer, der immer alles falsch einem hessischen Markenzeichen geworden. macht. (Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Heiterkeit) – Zuruf der Ministerin Karin Wolff) Ich sage Ihnen eines ernsthaft.Wir haben PISA 2003, und – Da sagt Frau Wolf: Das stimmt. Sie reden immer noch vom Bildungsland Nummer eins. (Ministerin Karin Wolff: Was Sie immer hören!) (Petra Fuhrmann (SPD): Etikettenschwindel!) Das ist auch eine Form von Selbsthypnose. Ich sehe Hart- In der Propagandamaschine von Herrn Metz bleibt Hes- mut Holzapfel dort sitzen; ich kann mich an schwere De- sen weiterhin das Bildungsland Nummer eins. Aber batten, an Koalitionsrunden über die Frage erinnern, ob irgendwann muss man doch einmal – Stichwort: verste- 85 % gleich 100 sind. Frau Kultusministerin, bei Ihnen hendes Lesen – die Ergebnisse der zweiten PISA-Studie sind 93 % gleich 100. Bei mir gilt immer noch: 100 ist 100. zur Kenntnis nehmen. Da war Hessen nicht Bildungsland Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6013

Nummer eins. Bei Mathematik war Hessen in der Bundes- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN republik Bildungsland Nummer sieben. und bei Abgeordneten der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Unglaublich!) (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auch eine schöne Zahl!) Ich möchte meinem Sohn nicht seinen Lebensentwurf vorschreiben; aber es könnte durchaus sein, dass ich dann Beim Lesen war Hessen Bildungsland Nummer sieben schon Opa bin. und bei den Naturwissenschaften Bildungsland Nummer zwölf, und das innerhalb der Bundesrepublik, die ja welt- (Norbert Schmitt (SPD): Dann hast du einen En- weit noch lange nicht Bildungsland Nummer eins ist, vor- kel, dann bist du Opa!) sichtig ausgedrückt. Hören Sie deswegen auf, Frau Wolff, mit dem „Bildungsland Nummer eins“, kümmern Sie sich Das ist entschieden zu lange, Frau Sozialministerin. einmal um die Realitäten und nicht um Ihre Propaganda. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde und der SPD) (Griesheim) (CDU) – Norbert Schmitt (SPD): Dann bist du vielleicht vielfacher Opa!) Wir sprechen über Landespolitik, Herr Ministerpräsident, nur über Landespolitik. Roland Koch am 23.April 2003 in Herr Ministerpräsident, wir reden nur über Landespoli- der Regierungserklärung: tik. Sie haben am 23. April 2003 gesagt: Zugleich muss das Betreuungsangebot für Kleinst- Die Landesregierung wird ihre internationalen kinder sowie Kindergartenkinder verbessert wer- Wirtschaftskontakte und die Standortwerbung dar- den. ... Wir sind auf dem Weg zum Land der Tages- auf ausrichten, die strategisch günstige Position mütter, Hessens in der europäischen Geographie mit den unbestreitbaren Vorzügen der hessischen Wissen- (Petra Fuhrmann (SPD): Ha, ha, ha!) schaftslandschaft zu verbinden. Schritt für Schritt, aber in die richtige Richtung. Er hat weise vorausgesehen, dass meistens Herr Corts fahren muss, weil Herr Rhiel nicht fährt. Ich stelle fest: Die Zahl der unter Dreijährigen in Hessen ist seit Ihrem Regierungsantritt im Jahr 1999 – dafür sind Wer aus Amerika, Asien oder wo auch sonst her- Sie nicht verantwortlich – von 186.000 auf 164.000 gesun- kommt und die beste strategische Position im künf- ken. Damit ist die prozentuale Betreuungsquote natürlich tigen Europa sucht, muss in Hessen investieren. gestiegen. Herr Ministerpräsident, bei Ihnen ist alles immer Num- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sie arbeiten ja dagegen!) mer eins – die Nummer zwei gibt es nicht –, auch in der – Ich habe etwas dagegen getan; das ist durchaus richtig. Wirtschaft. Dann schauen wir es uns einmal an.Wir hatten Aber das war nur einer. im August 2005 eine der katastrophalsten Meldungen, seitdem es Arbeitslosenstatistiken gibt. Wir waren näm- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Glückwunsch! – Norbert lich erstmals in der Geschichte des Landes Hessen Schmitt (SPD): Das ist immer noch unterdurch- schlechter als der Schnitt der westdeutschen Bundeslän- schnittlich!) der. Die Arbeitslosenquote im Schnitt der westdeutschen Bundesländer betrug 9,5 %, und wir hatten in Hessen eine – 22.000 können Sie von mir nicht verlangen. Arbeitslosenquote von 9,6 %. (Anhaltende allgemeine Heiterkeit – Zuruf von der Nun kann man sagen: In Ordnung; weil es den Osten gibt, CDU: Warum so bescheiden? – Unruhe) sind wir immer noch nicht auf dem letzten Platz. – Aber Prozentual steigt damit natürlich die Betreuungsquote. das kann doch nicht unser Maßstab sein. Hessen war im- Denn wenn Sie 1.000 Plätze haben und die Zahl der Kin- mer deutlich besser als die westdeutschen Länder. Wir der sinkt, können Sie unter dem Strich sagen, die Betreu- sind im August 2005 erstmals schlechter als der Schnitt der ungsquote steigt. Ob damit das Problem gelöst ist, ist eine westdeutschen Länder, und Roland Koch stellt sich hin andere Frage. und sagt:Wir sind Nummer eins. – Und die CDU-Fraktion klatscht dazu. Das kann nicht Ihr Ernst sein, meine Da- (Petra Fuhrmann (SPD): Das nennt man auch Eti- men und Herren. kettenschwindel!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gehen wir zurück zu dem Satz: Hessen wird zum Land der und bei Abgeordneten der SPD) Tagesmütter. Bei den arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren gab es (Andrea Ypsilanti (SPD): Na ja!) von Dezember 2002 bis September 2005 einen Anstieg um Sie haben es immerhin geschafft, zu den 9.800 Plätzen für 63,2 % in Hessen. Der Bundesdurchschnitt lag bei 27 %. die unter Dreijährigen im Jahr 2004 zusätzliche 600 Plätze Da stimmt es nun, dass Hessen Spitze ist, allerdings leider zu schaffen. auf der falschen Seite der Tabelle. Herr Ministerpräsident, da kann man nicht einfach sagen, wir hätten kein Pro- (Andrea Ypsilanti (SPD): Mein lieber Mann!) blem. Wir haben das einmal ausgerechnet. Damit für nur 20 % Die üblichen Antworten der Hessischen Landesregie- der unter Dreijährigen ein Betreuungsangebot vorhan- rung, des Wirtschaftsministers und des Ministerpräsiden- den ist, fehlen – ich rechne das kurz nach – 22.000 bis ten sind immer Beton und Flugzeuge. Straßen und Flug- 23.000 Plätze.Wenn Sie dabei bleiben, 600 Plätze pro Jahr häfen sind also die Lösung für alles. Nun kann ich Ihnen zu schaffen, Frau Lautenschläger, dauert es 34 Jahre, bis sagen, wir als GRÜNE – jetzt nicht in meiner Person, son- Hessen nur für 20 % der unter Dreijährigen einen Be- dern meine Vorgänger im Amt – haben schon Anfang der treuungsplatz hat. Achtzigerjahre bezweifelt, dass es richtig ist, wenn man 6014 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 auf die Probleme des Jahres 2006 immer die Antworten Herr Ministerpräsident, wir reden über Landespolitik. Sie der Siebzigerjahre gibt. haben am 23. April 2003 gesagt: Ich möchte Ihnen einmal ein konkretes Beispiel nennen. Das Ziel für die Aufklärungsquote bei den Strafta- Sie haben viel zum Planungsrecht und zur A 49 gespro- ten Ende der Legislaturperiode lautet 50 % plus x. chen. Ich verstehe nicht, wie ein Ministerpräsident, der Die Kriminalitätsbelastung muss sinken. doch viel erfährt, nicht wahrnimmt, was passiert ist. Das Sie fügten noch hinzu: Planungsrecht war mehrfach hier im Landtag Gegenstand der Diskussion. Sie haben gesagt, der Abg. Kaufmann Nicht zufällig gehen wir das Risiko ein, unser Ziel in habe Veitstänze aufgeführt. Ich kann Ihnen sagen: Das Zahlen auszudrücken. kann er aufgrund seiner körperlichen Konstitution gar nicht. Wir stellen heute fest: Es war ein Risiko, Herr Minister- präsident, weil seit der Regierungserklärung die Krimina- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Über Behinderungen re- litätsbelastung nicht gesunken ist, sondern weil es einen det man nicht so! – Jürgen Walter (SPD): Ältesten- Anstieg um 13 % gab. Ich stelle mir manchmal vor, was ei- rat!) gentlich passiert wäre, wenn so etwas einem Innenminis- ter Gerhard Bökel passiert wäre und Volker Bouffier in Ich kann mich an eines gut erinnern. der Opposition gewesen wäre. (Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD), zu Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE Dann würde das mit den Veitstänzen vielleicht besser GRÜNEN) gewandt: Deine eigene Truppe macht stimmen, Herr Ministerpräsident. sich lustig über dich!) (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) Ich kann mich gut an die Debatten über die A 49 erinnern. Wir reden nur über Landespolitik. Sie haben am 23.April Sie haben so getan, als sei die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE 2003 weiterhin gesagt: GRÜNEN quasi die parlamentarische Vertretung eines Geheimbundes der Kammmolche, wenn es darum geht, Bezüglich der Diskussion um die Gliederung der eine wirtschaftliche Entwicklung zu verhindern. Rhein-Main-Region bleibt klar: Das Ballungsraum- gesetz ist beschlossen. Es ist der Maßstab unseres (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Mopsfledermäuse!) Handelns, und wir beabsichtigen, es umzusetzen. Inzwischen ist etwas passiert, meine sehr verehrten Da- Sie haben das heute sogar wiederholt. men und Herren. Die Kammmolche – diese bösen Kamm- molche, Herr Ministerpräsident – haben dazu geführt, Ich finde, als verantwortlicher Ministerpräsident müsste dass Herr Rhiel umgeplant hat, nachdem er vorher falsch man die Debatte um den Kulturzwangsverband inzwi- geplant hatte. schen doch so weit verstanden haben, dass das etwas ist, was noch nicht einmal derjenige will, der davon profitie- (Zuruf des Ministerpräsidenten Roland Koch) ren soll, nämlich die Stadt Frankfurt, sondern dass das et- Das Ergebnis wird Sie staunen lassen, Herr Ministerpräsi- was ist, was nicht die Zusammenarbeit, sondern die Zer- dent. Das Ergebnis ist nämlich: Der Lebensraum des splitterung in der Region fördert und was nicht dazu Kammmolches bleibt unangetastet, führt, dass wir die polyzentrische Struktur in Kooperation erhalten, sondern was zum größtmöglichen Chaos in die- (Zuruf des Ministerpräsidenten Roland Koch) ser Frage geführt hat. Deswegen wäre es angebracht, Herr die Autobahn wird anders geplant, und das ist am Ende Ministerpräsident, wenn Sie auch diesen Fehler schnellst- sogar 50 Millionen c billiger. möglich beseitigen würden. (Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN GRÜNEN – Zuruf des Ministerpräsidenten Ro- und bei Abgeordneten der SPD) land Koch) Sie haben am 23. April 2003 weiterhin gesagt: Sie haben gesagt, Herr Ministerpräsident: 5.000 Kamm- Meine Damen und Herren, wir wollen, dass alle molche können nicht so wichtig sein. – Ich sage Ihnen: Je- Menschen in Hessen am Erfolg unseres Landes teil- der einzelne dieser Kammmolche hat dem hessischen haben. Deshalb lassen wir uns von dem Gedanken Steuerzahler 10.000 c gespart; Sie brauchen die 50 Milli- leiten, dass Hessen ein Land des Miteinanders und onen c nur einmal umzurechnen. des sozialen Ausgleichs ist. Unsere Politik muss so- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – wohl auf die Eigenverantwortung der Menschen Zuruf des Ministerpräsidenten Roland Koch) setzen als auch auf die Solidarität mit den Schwa- chen, Behinderten, aber auch auf die gemeinsame Herr Ministerpräsident, wir glauben nicht, dass man auf Arbeit mit Jungen und Älteren. die Probleme des Jahres 2006 mit den Antworten von Ge- org Leber kommen kann, auch wenn er in Ihnen einen (Petra Fuhrmann (SPD): Sprechblasen, anders würdigen Nachfolger gefunden hat. kann man das nicht nennen angesichts der Politik, die hier betrieben wird!) (Norbert Schmitt (SPD): Na, na, jetzt tust du der Regierung Unrecht!) Wenn das so wäre, Herr Ministerpräsident, hätten Sie die „Operation düstere Zukunft“ niemals in dieser Art und – Ich finde es gut, dass die SPD-Fraktion noch weiß, wer Weise durchziehen dürfen. Auch an diesem Punkt haben Georg Leber war. Sie schlicht und einfach Unsinn erzählt, und zwar mutwil- lig. (Heiterkeit – Jürgen Walter (SPD): Das ist etwas für den Ältestenrat! – Norbert Schmitt (SPD): Jetzt (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist wirklich der Ältestenrat fällig!) und bei Abgeordneten der SPD) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6015

Sie, Herr Ministerpräsident, haben am 23. April 2003 zum (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thema E-Government gesagt: und bei Abgeordneten der SPD) Wir gehen hier moderne Wege. Wir haben uns ent- Herr Ministerpräsident, ich würde mir wünschen, dass schlossen, einen Staatssekretär für E-Government auch die CDU-Fraktion nicht in Selbsthypnose verfällt, und Informationstechnologie zu berufen. Wir ha- sondern sich sehr genau Gedanken darüber macht, wa- ben den Anspruch, in direktem elektronischem rum B. Braun jetzt in das Bieterverfahren eingestiegen ist. Kontakt mit dem Bürger schnell Maßstäbe für an- Was da passiert, meine Damen und Herren, ist keine ide- dere zu setzen. Dann hat es der Bürger nämlich ein- ologische Auseinandersetzung über die Frage betriebsbe- facher. Wenn wir es gut machen, werden wir es am dingter Kündigungen, sondern es geht um die Frage, wo- Ende schaffen, es auch günstiger in unserer Verwal- für dieser Staat in der Daseinsvorsorge da ist und ob es tung zu organisieren. irgendwo Grenzen gibt, jenseits derer wirtschaftliche In- teressen nicht mehr gelten dürfen. Herr Ministerpräsident, das ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht ganz eingetreten. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD) (Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD) Ich will ein letztes Zitat vom 23. April 2003 bringen: Meine Damen und Herren, wir kennen auch die Wir haben vielmehr ein Millionengrab bei der neuen Ver- Grundprinzipien der Telematik, die ein staufreies waltungssteuerung, und wir haben mit DOMEA das Hessen im Jahre 2015 möglich machen. nächste Millionengrab vor Augen. Das ist von Ihrem fa- mosen Staatssekretär an maßgeblicher Stelle mit fabri- Ich habe nichts gegen Telematik, aber wenn man wirklich ziert worden. glaubt, Herr Ministerpräsident – Stichwort: Georg Leber und Antworten der Siebzigerjahre –, dass man nur mit (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN neuen Autobahnen Hessen staufrei machen kann, dann und der SPD) hat man nicht verstanden, welche Antworten im Dezem- Noch ein Punkt zu den „modernen Wegen“. Die Unikli- ber 2005 gegeben werden müssen. nika-Debatte, Herr Koch, wird uns noch beschäftigen, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – weil Sie, unabhängig davon, dass wir immer dabei sind, Zurufe von der CDU) moderne Wege zu gehen,den schönen Satz geprägt haben: „Wenn etwas Neues losgeht, dann muss Hessen dabei Es wäre an der Zeit, Herr Boddenberg, dass Sie sich als sein.“ Ich würde, wenn irgendwo etwas Neues losgeht, CDU-Fraktion, die Sie Verantwortung für das Land Hes- vorher die Frage stellen: Ist es denn sinnvoll, dass ich da- sen tragen, und die Landesregierung, die die Verantwor- bei bin, oder nicht? Diese Frage muss doch erlaubt sein. tung für das Land Hessen trägt, daranmachen, zu erken- Ich weiß ja, dass Sie in Ihrer politischen Biografie immer nen, dass die vorgesehene Kürzung der Regionalisie- der Erste sein wollten. Das hat bei der Jungen Union rungsmittel dazu führt, dass, grob gesprochen, jeder 20. Eschborn angefangen und soll aus Ihrer Sicht jetzt nicht Zug in Hessen gestrichen wird und die Fahrpreise um aufhören. Andere sehen das anders. Aber lassen wir das. 10 % steigen. Das ist das Gegenteil von „staufreiem Hes- sen“. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das unterscheidet Sie beide! Sie sind immer der Älteste!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deswegen haben wir uns als Fraktion der GRÜNEN Ge- Herr Ministerpräsident, ich sage ausdrücklich, wir sehen danken darüber gemacht, wie mehr Geld in die Kassen mit großer Sorge, dass inzwischen ein zweiter Medizin- kommt. Ich sage ausdrücklich: Wir waren der Auffassung, konzern zu den Bietern gehört. Es ist nicht mehr nur Fre- die Abschaffung der Gewässerschutzabgabe war ein Feh- senius – über Helios –, sondern es ist jetzt auch B. Braun ler. Wir wollen diese Abgabe wieder einführen. Wir sind über Asklepios. Ich sage Ihnen ausdrücklich: Ich habe der Auffassung, dass man auch über Privatisierungen nichts gegen eine moderne Verwaltung. Ich habe prinzi- nachdenken kann, dass man aber nichts verkaufen sollte, piell auch nichts gegen Privatisierung, wenn sie gut ge- was man danach für 30 Jahre zurückmieten muss.Wir den- macht ist. Beim Punkt Uniklinika hatten wir aber von An- ken aber, dass man 2 % der Fraport-Aktien durchaus ver- fang an etwas dagegen, weil wir das schlicht für falsch hal- kaufen kann, ohne die Mehrheit der öffentlichen Hand zu ten. Aber wenn es so kommt, dass sich die Medizinkon- gefährden. Das würde unter dem Strich Mehreinnahmen zerne ihre Kliniken kaufen, dann bekommen wir in die- in Höhe von 88 Millionen c bringen. sem Staat ein Problem. (Zuruf des Ministerpräsidenten Roland Koch) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) – Nein, der Konsortialvertrag ist es nicht. Wir sind – sogar inklusive der neu ausgegebenen Mitarbeiteraktien – deut- Ich habe nämlich keine Lust, Herr Ministerpräsident, zu lich über 50 % geblieben. So kennen Sie Ihre GRÜNEN, erleben, dass die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler Herr Ministerpräsident. Deswegen tut es Ihnen manch- irgendwann erhöhte Preise bezahlen müssen, weil in einer mal weh, wenn wir Ihnen das hier vorrechnen. Klinik nicht das preiswerteste Medikament genommen wird, sondern das, was aus dem eigenen Konzern kommt. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ich habe noch viel weniger Lust, Herr Ministerpräsident, Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar) zu erleben, dass Patientinnen und Patienten nicht mehr – Herr Weimar, ich sage nur: Trendwende. Mehr sage ich das beste Medikament bekommen, weil es vom Konkur- zu Ihnen nicht. renzkonzern hergestellt wird, sondern nur noch das, was der Konzern anbietet, dem das Krankenhaus gehört. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Diese Debatte werden wir bis zum Januar sehr ausführlich und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Minis- führen, Herr Ministerpräsident. ters Karlheinz Weimar) 6016 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Wir haben uns Gedanken über die Frage gemacht, wie Aufstieg an der Schule nicht sichergestellt habe. Ich habe man die neue Verwaltungssteuerung umsetzen kann,ohne schon einmal gesagt: Es gibt niemanden, der immer alles so viel Geld auszugeben. Wir haben im Landeshaushalt richtig macht. Es gibt auch niemanden, der immer alles Möglichkeiten gefunden, wie man 291 Millionen c mehr falsch macht – mit einigen Ausnahmen. Ich sage Ihnen in der Kasse haben könnte. Wir haben uns auch mit der aber auch: Ich verstehe nicht, warum Sie sich, wenn Sie Bundespolitik beschäftigt. Herr Ministerpräsident, mit Ih- das Problem des sozialen Aufstiegs in Deutschland er- rem neuen Freund Peer Steinbrück könnten Sie ein paar kannt haben, in der Schulpolitik ausgerechnet an dem Sachen machen, die Sie bisher blockiert haben, oder Sa- Bundesland orientiert, wo die sozialen Aufstiegsmöglich- chen machen, die Sie erst für das Jahr 2007 vorhaben. Ich keiten am schlechtesten sind, nämlich am Bundesland nenne als Beispiel das Stichwort Entfernungspauschale. Bayern. Das verstehe ich nicht. Wir finden es ausdrücklich richtig, dass man hier streicht. Wir finden, das könnte man schon 2006 machen. Herr Fi- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nanzminister, auch am Punkt Umsatzsteuerbetrug könn- und bei Abgeordneten der SPD) ten Sie etwas machen, sodass weiteres Geld in die Kasse käme – jenseits der Frage von Steuererhöhungen. Ich verweise nur auf die Ergebnisse von PISA-E aus dem Jahre 2003: Die Chancen eines Arbeiterkindes in Bayern, Wir glauben, dass man, wenn man es klug anstellt, in die- Abitur zu machen, sind 7,4-mal schlechter als die eines sem Haushalt insgesamt 300 Millionen c mit landespoli- Akademikerkindes. Wenn das Ihre Vorstellung von sozia- tischen Maßnahmen und noch einmal knapp 300 Millio- lem Aufstieg ist, dann verstehe ich nicht mehr, worüber nen c mit bundespolitischen Maßnahmen einsparen wir beim Thema sozialer Aufstieg eigentlich reden. könnte. Deswegen sage ich Ihnen: Wir haben uns auch Gedanken gemacht, wo die Landesregierung die Antwor- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ten nicht gibt, die aus unserer Sicht im Jahre 2006 not- und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Minis- wendig sind. Wir glauben, dass man in der Umweltpolitik terin Karin Wolff) nicht alles weiterhin Herrn Dietzel und der Propaganda- Wir glauben, dass wir wieder ein Sozialbudget brauchen, maschinerie der Staatskanzlei überlassen sollte, sondern weil wir das ernst nehmen, Herr Ministerpräsident, was dass es dort zu eklatanten und relevanten Verbesserungen Sie gesagt haben, dass es nämlich Aufgabe des Staates ist, kommen muss. Wir glauben, Herr Ministerpräsident, dass für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. Dann darf man das Sie langsam etwas tun müssten, wenn Sie das in der Re- aber nicht nur sagen, sondern man muss das auch tun. gierungserklärung formulierte Ziel, bis 2015 einen Anteil von 15 % an erneuerbaren Energien zu erreichen, ver- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wirklichen wollen. und bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Ministerpräsident, bei Ihrem Festvortrag aus Anlass Unsere Anträge schichten in diesem Bereich insgesamt 76 des zehnjährigen Bestehens des IFOK haben Sie gesagt: Millionen c um und würden unter dem Strich nicht nur „Wenn uns permanent Dinge erzählt werden, die am dazu führen, dass wir zukunftssicherer wären, dass wir kli- nächsten Tag nicht eintreten, dann schwindet Vertrauen.“ mafreundlicher und insgesamt umweltfreundlicher han- So ist es, Herr Ministerpräsident. Deswegen sage ich Ih- deln würden, sondern das würde zusätzlich dazu führen, nen: Es gibt in diese Landesregierung kein Vertrauen dass wir 2.500 Arbeitsplätze in diesem Bereich neu schaf- mehr. Wenn Sie sich die letzten hessischen Bundestags- fen würden. Sie haben es in der Hand, meine sehr verehr- wahlergebnisse angeschaut haben, dann konnten Sie se- ten Damen und Herren, und zwar in der nächsten Sitzung hen, dass Sie das schlechteste Bundestagswahlergebnis des Haushaltsausschusses. der Hessen-CDU eingefahren haben. Wir haben weiterhin gesagt: Wenn wir pro Jahr nur 600 (Florian Rentsch (FDP): Gibt es noch Vertrauen in Plätze bei den unter Dreijährigen schaffen würden, die hessischen GRÜNEN?) bräuchten wir einen Zeitraum von 34 Jahren. Wir haben gesagt, dass wir in diesem Bereich Ernst machen wollen. – Lieber Kollege Rentsch, wir haben bei der Bundestags- Wenn Sie bis 2010 eine Steigerung auf 20 % erreichen wahl 10,1 % der Stimmen bekommen. Das waren alles- wollen, dann brauchen wir pro Jahr ungefähr 4.000 neue amt Leute, die gesagt haben, sie finden die GRÜNEN gut. Plätze. Wir haben entsprechende Anträge gestellt. Sie ha- Das ist bei uns nicht so wie bei der FDP. 60 % der FDP- ben es in der Hand. Wähler sagen nämlich, ihre Lieblingspartei sei die CDU. Insofern müssten Sie da sehr genau aufpassen. Wir haben uns in der Bildungspolitik auch die Frage ge- stellt, wie man reale Antworten auf die bestehenden Pro- (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE bleme geben kann. Wir sind der Meinung, wir brauchen GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf individuelle Förderung, und zu dieser individuellen För- des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) derung gehört auch mehr Zeit zum Lernen, Frau Kultus- ministerin. Dafür braucht man nicht nur eine pädagogi- Herr Landesvorsitzender der Christlich Demokratischen sche Mittagsbetreuung, sondern echte Ganztagsschulen. Union, Sie haben in Hessen das schlechteste Wahlergeb- Deshalb wollen wir mit entsprechenden Haushaltsanträ- nis seit 1953 eingefahren. gen dafür sorgen – wenn Sie es denn wollen –, dass zu- mindest die 200 Schulen, die eine pädagogische Mittags- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die GRÜNEN sind um betreuung beantragt haben, diese im nächsten Schuljahr einen Prozentpunkt gefallen!) umsetzen können, und außerdem noch 80 echte Ganz- Sie haben – grob geschätzt – 15 Prozentpunkte im Ver- tagsschulen dazukommen. gleich zu 2003 verloren. Deswegen begrüße ich es außer- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ordentlich, das ist das einzig Gute an der Albanien-Koali- tion, also rot und schwarz, die jetzt in Berlin regiert – – Herr Ministerpräsident, ich habe sehr genau zugehört, als Sie darüber geredet haben, dass Rot-Grün den sozialen (Zurufe) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6017

– Schaut euch einmal die Landesflaggen an. Alle reden Aber diese Regierung macht auch nicht alles richtig, wie von Jamaika. Dabei regiert Albanien, wenn man es von es der Ministerpräsident erklärt hat und wie es – ich unter- den Farben her betrachtet. stelle das einmal – der noch junge Kollege Fraktionsvor- sitzende Dr. Christean Wagner auch noch einmal sagen (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE wird. Es läuft in dieser Regierung nicht rund, sondern der GRÜNEN – Zurufe von der SPD und der FDP) Motor stottert manchmal. Irgendjemand hat immer wie- Das ist das einzig Gute daran: Wir werden im Jahre 2008 der einmal Zähneklappern. einen Ministerpräsidenten erleben, der in die Wahlausein- Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regie- andersetzung geht und nicht mehr sagen kann: Berlin ist rungszeit von 1999 bis 2003 hat gezeigt, dass man kreativ, schuld. – Darauf freue ich mich. mit vielen Ideen sehr mutig Politik machen kann und da- (Reinhard Kahl (SPD): Das ist wieder richtig!) für vom Wähler auch belohnt wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, darauf freue (Beifall bei der FDP) ich mich. Denn dann werden wir die Bilanz dieser Regie- Offensichtlich möchte die CDU ihr hervorragendes Er- rung bewerten. Dann werden die Bürgerinnen und Bür- gebnis vom Februar/März des Jahres 2003 nicht mehr ger die Landespolitik bewerten – Ihre Bilanz, Herr Minis- wiederholen. Deshalb macht sie etwas weniger mutig Po- terpräsident. Ich sage Ihnen, ich kann mir vorstellen, dass litik. Es holpert in der Abstimmung.Teilweise gibt es Vor- viele Bürgerinnen und Bürger – wenn sie das, was ihnen lagen, die nachgebessert werden müssen. Meine sehr ver- im April 2003 gesagt wurde, mit dem vergleichen, was ehrten Damen und Herren, das Regierungshandwerk aus dann in Hessen Realität ist – dann sagen: Roland, es der Staatskanzlei heraus klappt nicht immer.Als Liberale reicht! – Oder, um mit einem bekannten Fußballtrainer zu sehen wir das zum einen natürlich mit einem weinenden sprechen, der auch schon einmal bessere Zeiten erlebt Auge, denn es geht um unser Hessenland. Zum anderen hat: Herr Ministerpräsident, Sie haben fertig. – Vielen sehen wir das mit einem lachenden Auge, denn wir wer- Dank für die Aufmerksamkeit. den gerne ab dem März des Jahres 2008 (Lang anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/ (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): DIE GRÜNEN – Beifall bei der SPD) Wieder alles mitmachen!) wieder in der Regierung mitarbeiten und zeigen, dass man Vizepräsident Lothar Quanz: auch 100 % erfolgreich regieren kann, wie das schon ein- mal geschehen ist. Vielen Dank, Herr Al-Wazir. – Als Nächster hat der Frak- tionsvorsitzende der FDP,Herr Hahn, das Wort. (Beifall bei der FDP) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Jürgen Walter Recht hat, dann hat er Recht. Und Jürgen Walter hat Jörg-Uwe Hahn (FDP): Recht. Es gibt tatsächlich eine neue Bundesregierung. Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Das konnten wir bei den Beratungen zum Haushalt noch Kollegen! Es ist Aufgabe des jeweiligen Fraktionsspre- nicht erwarten. chers, des Fraktionsvorsitzenden, zu Beginn der General- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ansonsten aber debatte kurz und bündig das Fazit seiner Rede zu präsen- hat sich nichts geändert. Wir haben weiterhin eine sozial- tieren. Ich möchte das für die FDP-Fraktion mit folgen- demokratisch geführte Bundesregierung. Wir haben in den vier Formulierungen tun: Die Landesregierung der der Regierung in Berlin weiterhin Männer und Frauen, absoluten Mehrheit von CDU ist halbherzig im täglichen die zunächst danach trachten, über den Staat zu regieren, Geschäft. die keinen Mut haben, den Menschen mehr Freiheit zu ge- (Dr. Walter Lübcke (CDU): Na, na, na!) ben.Wir haben in Berlin weiterhin Politikerinnen und Po- litiker am Kabinettstisch, die keine Visionen für unser Va- Sie ist erfolgreich bei der Umsetzung gemeinsamer terland, für Deutschland haben. Als Erschwernis haben CDU/FDP-Ideen aus der letzten Legislaturperiode. Sie ist wir zusätzlich noch dazu Männer und Frauen auf der Re- mutlos bei neuen Ideen. Aber sie ist konsequent beim gierungsbank in Berlin sitzen, die eine vollkommen un- neuen Schuldenmachen. verständliche Koalitionsarbeit gemacht haben. (Beifall bei der FDP) Es steht im Lehrbuch und ist auch klug so: Normalerweise versuchen die Koalitionspartner, sich bei den Inhalten zu Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegin- einigen. Herr Al-Wazir hat es bei der Debatte vor vier Wo- nen und Kollegen, diese Zusammenfassung ist jedenfalls chen schon einmal sehr deutlich und vollkommen zu aus Sicht von uns Liberalen eine objektive Beschreibung Recht gesagt: Zunächst setzt man sich zusammen und der Situation des Jahresendes 2005, nachdem wir nun seit überlegt, ob man aus den Ideen, die jeder Einzelne hat, knapp drei Jahren eine absolute CDU-Regierung in die- eine gemeinsame Idee erhält, um dieses Land zu regieren, sem Lande haben. wie das in Inhalte umgesetzt werden kann – und ganz zum Diese Regierung macht nicht alles falsch – wie es Jürgen Schluss ist dann die Frage auf der Tagesordnung:Wer wird Walter und Tarek Al-Wazir für die Roten und die GRÜ- was? NEN hier gesagt haben. Das nennt man „Opposition mit (Widerspruch des Abg. Reinhard Kahl (SPD)) Schaum vor dem Mund“. – Herr Kollege Kahl, sicherlich ist es immer so, dass die (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS Spitzenpositionen wie z. B. Bundeskanzler oder Außenmi- 90/DIE GRÜNEN – Frank-Peter Kaufmann nister – das war 1998 so – vorher feststehen. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt kommt die Opposition mit dem Brett vor dem Kopf!) (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) 6018 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Es war aber erstmals in der Geschichte dieser Republik, wenn es dann manchmal scheinbar ein bisschen Durch- dass schon die Besetzung jedes einzelnen Ministerpostens einander gibt. feststand, noch ehe man sich über Inhalte unterhalten hatte. (Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Petra Fuhr- mann (SPD)) (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE Kollege Al-Wazir hat sich eben etwas mutig über Wahler- GRÜNEN – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD)) gebnisse und andere Dinge in diesem Zusammenhang – Herr Kahl, da brauchen Sie auch gar nicht dazwischen- ausgelassen. zurufen. Sie bestätigen das ja nur. (Florian Rentsch (FDP): Das war erstaunlich mu- (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) tig!) Dass dann zwischendurch noch der eine oder andere Mi- Ich sage schon sehr selbstbewusst, der Einwurf des Kolle- nister abgängig war, hat mit dem System nichts zu tun, das gen Florian Rentsch ist für uns hessische Liberale sehr Sie vorher aufgestellt haben. Wenn der Stoiber gerne in wichtig. Bei der letzten Bundestagswahl haben wir bewie- München bleibt, dann kommt halt der Glos dran. Es war sen, dass wir die GRÜNEN sehr weit hinter uns gelassen aber schon vorher klar, dass z. B. der besondere Freund haben. des Mittelstandes, Herr Seehofer, Minister wird. (Beifall bei der FDP) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage das Das gilt auch für Hessen, gerade für Hessen. sehr bewusst: Damit hat dieses Berliner Kabinett – wie auch das frühere – neun sozialdemokratische Ministerin- Ich bin kein Umfragefetischist. Das weiß jeder hier im nen und Minister in der Regierung. Ein Wandel, eine Hause, der mich kennt.Aber Tendenzen sind in Umfragen Trendwende in Deutschland ist da nicht zu erwarten. ablesbar. Wir haben heute Morgen die neue „Stern“-Um- frage bekommen. Lieber Kollege Al-Wazir, wir Liberale (Beifall bei der FDP und des Abg. Jürgen Walter haben da wieder einen Punkt zugelegt und liegen jetzt bei (SPD)) 12 %; die GRÜNEN haben wieder einen Punkt verloren und liegen bei 8 %. Dann eine solche Lippe zu riskieren, Wir wundern uns auch überhaupt nicht darüber – wie das wie Sie das eben getan haben, das ist mindestens mutig. die Bundeskanzlerin tut –, dass Sozial- und Christdemo- kraten viele Gemeinsamkeiten haben. Wir Liberale wuss- (Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS ten das vorher schon. Beide – die Sozialdemokraten wie 90/DIE GRÜNEN): Was Umfrageergebnisse wert auch die Christdemokraten – wollen doch den Staat dazu sind, haben wir bei der letzten Bundestagswahl ge- nutzen, um ihre Ideen umzusetzen, nicht indem sie den sehen!) Menschen die Möglichkeit geben, dass sie selbst ihre Ideen umsetzen, sondern indem sie ihnen vorschreiben, Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist für un- was zu tun ist. Sie ziehen die Leitplanken – ein Bild des sere hessische Politik zwar wichtig, was in Berlin passiert; Ministerpräsidenten aus einer früheren Debatte – so eng, aber ich glaube, wir sollten uns wenig vormachen, wir dass die Bürgerinnen und Bürger gar nicht frei entschei- könnten in den nächsten Jahren bessere Rahmenbedin- den können, was sie denn wollen. gungen aus der Berliner Politik für die hessische Landes- politik bekommen. Es wird weiterhin schwierig sein. Die (Beifall bei der FDP) Wirtschaft wird weiterhin nicht anspringen. Man muss schon heftig naiv sein, wenn man meint, die Wirtschaft Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist schon springt an, wenn man im Jahr 2007 die Mehrwertsteuer eine dreiste Floskel, wenn unsere Bundeskanzlerin die um 3 % erhöht. Regierungserklärung mit „Mehr Freiheit wagen“ über- schreibt. (Beifall bei der FDP) (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Da sind Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin zwar wir uns doch einig!) nur Jurist und nicht, wie Kollege Walter immer kokettiert, Landanwalt. Ich habe meine Zulassung in Frankfurt am Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Über- Main. schrift haben wir Liberale gern gehört. Wir haben aber nicht geglaubt, dass in der Regierungserklärung etwas (Jürgen Walter (SPD): Du bleibst aber ein Ange- dazu drinsteht.Wir haben es nachgelesen – da steht nichts ber!) für mehr Freiheit drin, gar nichts. Ich bin halt nur Jurist.Aber, lieber Jürgen Walter, Kollege (Beifall bei der FDP) Jurist, das können sogar wir verstehen: Wenn man mit ei- ner Mehrwertsteuererhöhung von 3 % droht, wird die Da steht weiterhin drin, dass der Staat das machen soll, Freudigkeit der Menschen sehr überschaubar sein, sich was die Christdemokraten und die Sozialdemokraten z. B. ein neues Auto zu kaufen. Denn sie wissen dann, dass meinen, was für die Menschen richtig sei. sie ab 2007 überall durch höhere Zahlungen belastet wer- den, wenn sie zum Aldi, zum Lidl oder zum Plöger gehen. Wer Freiheit will, ist stark. Wer Freiheit will, der vertraut Dort tätigt man keine größeren Ausgaben. darauf, dass die Menschen selbst entscheiden. Wer Frei- heit will, der weiß, dass es schwieriger ist, zu organisieren. Ich halte das für vollkommen daneben, volkswirtschaft- Denn wenn ich alles vorgeschrieben bekomme, brauche lich, betriebswirtschaftlich und auch für eine Reihe von ich keine Angst mehr zu haben, dass irgendjemand etwas Unternehmen daneben, eine Mehrwertsteuererhöhung anders macht. – Meine sehr verehrten Damen und Her- zu machen. ren, das aber unterscheidet eben die Etatisten bei den So- (Beifall bei der FDP) zialdemokraten wie bei den Christdemokraten von den Liberalen. Wir sind mutig, wir sind selbstbewusst. Wir Nur eines, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Sozi- möchten, dass die Menschen selbst entscheiden, auch aldemokraten: Das macht euch so unglaubwürdig bei der Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6019

Frage „vor der Wahl, nach der Wahl“. Wenn Sie hier im- tet, wenn sie gefällt sind. Das muss auch für die Hessische mer wieder sagen – Herr Al-Wazir hat es eben auch wie- Landesregierung gelten. der für die GRÜNEN getan –: „Der Koch hat vor der Wahl das gesagt, und jetzt macht er das“, will ich Ihnen sa- (Beifall bei der FDP) gen: Lieber Kollege Walter, ich habe bundesweit Plakate Deshalb müssen Sie den Haushaltsplanentwurf 2006 zu- gesehen – ich war vor dem 18. September bundesweit im rückziehen. Er ist nicht verfassungsgemäß. Er erfüllt nicht Einsatz gewesen –: „Nein zur Merkel-Steuer – wir, die So- die Kriterien, die der Staatsgerichtshof am vergangenen zialdemokraten“. Jetzt müssten Sie eigentlich Plakate Montag, also vor ungefähr 48 Stunden, hier ganz in der schreiben: „Ja zur Merkel-Steuer, aber nur plus Müntefe- Nähe verkündet hat. Ich bin sehr stolz darauf, wir Liberale ring-Steuer“. Das ist dann die Politik, die die Sozialdemo- sind sehr stolz darauf, dass der Staatsgerichtshof die Ent- kraten zum Thema Glaubwürdigkeit hier abliefern. scheidung so getroffen hat, wie er sie getroffen hat, weil er (Beifall bei der FDP) nämlich in der Begründung die Argumentation für den Nachtragshaushalt 2002 übernommen hat, die von diesem Ich empfehle allen Beteiligten, etwas entspannter damit Pult aus – ich sage das bildhaft – die damalige stellvertre- umzugehen. Es trifft ja jeden irgendwann einmal, dass er tende Ministerpräsidentin, Ruth Wagner, der damalige vor der Wahl etwas anderes sagt, als er nachher in der Ko- Fraktionsvorsitzende, Jörg-Uwe Hahn, und der haushalts- alitionsvereinbarung stehen hat. Wenn Tarek Al-Wazir politische Sprecher der Fraktion, Roland von Hunnius, den Ministerpräsidenten und CDU-Landesvorsitzenden – vorgetragen haben. bei der Eigenheimzulage war es, glaube ich – nach dem Motto anmacht: „Andere Worte vor der Wahl als nach der (Beifall bei der FDP) Wahl“, will ich dem entgegenhalten, dass es bei Koali- Wir standen im Jahr 2002 vor einer ganz besonderen Situ- tionsverhandlungen den GRÜNEN in Berlin – ich glaube ation, übrigens wir alle zusammen. Es gab andere Planun- es sogar ganz sicher zu wissen, in welchen Bereichen – gen bei den Steuereinnahmen. Es gab im September 2002 häufig so gegangen ist. „Bei der inneren Sicherheit“, rufe eine Bundestagswahl, bei der zunächst alle davon ausge- ich immer so dazwischen, damit wir einigermaßen wissen, gangen sind, dass sie andere Mehrheiten bringt. Das ist so worum es geht. Da haben Sie die Meinung vollkommen mit den Umfragen. abgeben müssen, und der andere Koalitionspartner hat sich durchgesetzt. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das geht aber nicht immer so!) Und mit wem verhandelt Roland Koch? Mit sich – Da war das Standing meiner Truppe suboptimal, würde selbst?) mein Freund Hans-Jürgen Hielscher sagen. Aber der Wir sollten doch bitte den Menschen hier im Hessenland Stoiber, der Kanzlerkandidat, war vielleicht auch nicht ge- nicht vormachen, dass die reine Lehre immer auch um- rade optimal. setzbar sei. Daran verzweifeln ja die Menschen, dass wir (Jürgen Walter (SPD): Stoiber war gut!) vor der Wahl immer so tun, als ob die reine Lehre umsetz- bar sei; und nach der Wahl beweisen wir den Menschen, Aber das ist alles egal. Wir hatten jedenfalls eine Ände- dass es nicht geht. Sagen wir doch gleich, dass es so nicht rung bei der Körperschaftsteuer und hatten dann erhebli- geht. che Probleme, die wir irgendwie lösen mussten. Man kann sie halt am 12., 13. oder 14. Dezember eines Jahres nicht Hessenhaushalt: Lieber Herr Finanzminister, machen Sie mehr mit Umsteuern lösen, sondern nur dadurch, dass sich nicht vor, dass durch die Mehrwertsteuererhöhung, man höhere Schulden aufnimmt. von der ich eben gesprochen habe, die Haushaltsaufstel- lung für 2007 für Sie einfacher wird. Es wird nicht viel (Reinhard Kahl (SPD): Wenn man zu spät einen mehr Einnahmen aus diesem Topf geben. Deshalb war es Nachtragshaushalt vorlegt!) umso falscher, dass die Union in diesem Punkt von Anbe- ginn an auf die Mehrwertsteuererhöhung gedrängt hat. – Herr Kollege Kahl, das haben wir, die FDP-Fraktion in Sie nannten es Ehrlichkeit.Wir nannten es falsch. Jetzt ha- diesem Hause, getan. Schon damals haben Sie dazwi- ben wir 3 % statt 2 %. Das Ergebnis wird sein, dass die schengekläfft und gesagt, das wäre verfassungswidrig. Haushaltsaufstellung für 2007 genauso schwer sein wird Nehmen Sie zur Kenntnis, dass das höchste hessische Ge- wie für 2006. richt Ihnen am Montag ins Stammbuch geschrieben hat, dass Ihre Klage abgewiesen werden musste, weil sie nicht (Beifall bei der FDP) begründet ist. Mit unserem Dringlichen Antrag wollten wir Sie gestern (Beifall bei der FDP) davon überzeugen, dass Sie selbstständig die Schlussfol- gerung aus der Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom Es ist absurd, wenn sich hier Sozialdemokraten auf einmal Montagvormittag ziehen, die einzig möglich ist, nämlich mit der Behauptung aufbauen, sie wären der Sieger des den Haushaltsplanentwurf 2006 zurückzunehmen. Montags gewesen. Ich bin nun lange genug bei Gerichten unterwegs. Ich war übrigens auch einer der ersten Abge- (Beifall bei der FDP) ordneten, der zusammen mit gegen eine Herr Finanzminister und Herr Ministerpräsident, das ge- Regierung ein Verfahren vor dem Staatsgerichtshof in der samte Kabinett ist gefordert, sich rechtsstaatlich zu ver- Frage gewonnen hat, dass Sie die Minderheitenrechte im halten. Rechtsstaatliches Verhalten heißt, Entscheidun- Untersuchungsausschuss mit Füßen treten wollten. Ich gen der Gerichte ernst zu nehmen.Wir fordern von jedem weiß also, wie man sich sowohl bei Gerichten wie auch unserer Bürger, dass er von den Kleinigkeiten der Ver- beim Staatsgerichtshof benimmt. kehrsordnungswidrigkeiten bis hin zu den großen Dingen (Beifall bei der FDP) des Strafrechts, aber auch des BGB und des gewerblichen Rechtsschutzes, was auch immer, die Gesetze einhält, dass Eines weiß ich auf alle Fälle: Wenn ein Gericht fest- er sich an die Rechtsprechung hält, dass er Urteile beach- schreibt, dass die Klage abgewiesen ist, hat derjenige, der 6020 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 die Klage eingereicht hat, logischerweise verloren. Das ist nius hat das bereits in der Debatte von hier aus gesagt –, Ihnen am Montag so passiert. dass wir, weil die Schuldenlast jetzt schon sehr hoch ist, weil wir schon viele kumulierte Schulden haben – wir sind (Beifall bei der FDP – Jürgen Walter (SPD): Das bei 31 Milliarden c oder 31,5 Milliarden c, das ist wohl stimmt, aber das Land hat verloren!) richtig, es ist also viel zu viel –, nicht auf einen Schlag wie- – Das Land hat nicht dadurch verloren oder gewonnen, der vollkommen davon wegkommen können.Wir können dass Sie die Klage verloren haben, sondern das Land aber nicht von unserem Ziel, das wir einmal gemeinsam in würde jetzt verlieren, wenn die Landesregierung unter der Koalition verabredet haben, nämlich im Jahr 2007 Roland Koch und mit Finanzminister Karlheinz Weimar keine Nettoneuverschuldung mehr zu haben, abgehen. Da weiterhin starrsinnig an diesem verfassungswidrigen gibt es Beschlüsse des Kabinetts und der Koalition. Dazu Haushaltsentwurf für 2006 festhielte. Das ist das Thema haben wir Pressekonferenzen gemacht und erklärt, wie der Diskussion. gut wir sind. Das haben Sie alles vergessen. Aber dass Sie das jetzt noch einmal toppen wollen, geht so nicht. Meine (Beifall bei der FDP und des Abg. Tarek Al-Wazir sehr verehrten Damen und Herren von der Union, wir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) können mit einer kurzfristigen Verschlankung, bildhaft Das ist die Lösung, die wir aus diesem Urteil entnehmen auch beginnend beim Kabinett, und einem Abbau von müssen. Eindeutiger geht es für einen Verfassungsge- Stellen, auch bildhaft beginnend in der Staatskanzlei, bis richtshof nicht. Man hat festgeschrieben, dass es nicht vor- hin zum Verkauf von Anteilen den Haushaltsplan verfas- hersehbar sein darf, dass es durch die Änderungen zu Dif- sungsgemäß machen. ferenzen zwischen Einnahmen und Ausgaben kommt. (Beifall bei der FDP) Das kann denklogisch für einen Haushaltsplan, der ein ganzes Jahr vor sich hat, nicht sein. Das ist dann ein Pla- Fraport-Anteile kann man leider jetzt nicht verkaufen. nungsfehler. Den müssen Sie korrigieren. Sie können sich Lieber Kollege Al-Wazir, da müssen Sie sich noch besser nicht damit herausreden, es sei jetzt ein Durcheinander in informieren. Da gibt es nämlich im Konsortialvertrag eine irgendwelchen wirtschaftlichen Gleichgewichten usw. ganz spezielle Regelung, dass das Land jetzt überhaupt vorhanden. keine Anteile verkaufen kann. Das hat nichts mit 50 % zu tun. Das geht einfach nicht. Das geht erst ab dem Jahr (Jürgen Walter (SPD): Doch, weil es das Gericht 2011. auch festgestellt hat!) Hören Sie doch damit auf, sich immer wieder das Bild Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie müssen ei- nach dem Motto zu machen: Wenn ihr Liberalen noch in nen Haushalt aufstellen, der die Kriterien der Verfassung der Regierung wärt, dann hätten wir auch eine so katas- berücksichtigt. Das heißt, es dürfen nicht mehr Schulden trophale Haushaltslage. – Nein, ich lege Wert darauf, fest- gemacht werden, als Investitionen veranschlagt sind. zustellen, dass es in der gemeinsamen Regierungszeit nur Tun Sie mir einen Gefallen, liebe Kolleginnen und Kolle- einen einzigen Haushalt gab, und zwar inklusive Nach- gen von der Union. Weinen Sie bitte nicht die Platte, dass tragshaushalten, der letztlich zwar – Gott sei Dank, sage wir in Hessen leider, leider ein schärferes Recht haben als ich – nicht verfassungswidrig, aber doch scharf an der Ver- andere Länder, Ausgaben nicht mit Schulden finanzieren fassungsgrenze war. Das war der Nachtragshaushaltsplan zu dürfen. Ich finde es Klasse, dass wir in Hessen dieses 2002. Recht haben, und der Staatsgerichtshof hat es auch noch (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Natürlich einmal festgeschrieben. bei einer völlig anderen Einnahmesituation!) (Beifall bei der FDP) – Herr Kollege Wagner, die Einnahmen sind die eine Herr Boddenberg, ich kann mich an Diskussionen erin- Seite. Wenn die Einnahmen nicht da sind, müssen Sie an nern, in denen gesagt wurde, und zwar von Parteifreunden die Ausgabeseite gehen. Das unterscheidet Liberale von von Ihnen, Herr Generalsekretär, es sei doch wirklich Christdemokraten. schade; hätte man die Kriterien von Rheinland-Pfalz oder (Beifall bei der FDP) von Niedersachsen, oder was weiß ich was, dann dürfte man per se mehr Schulden machen. – Nein, wir müssen Ich weiß ja, dass das der Kollege Dr. Christean Wagner endlich einmal entspannt zur Kenntnis nehmen, dass wir privat auch so macht. Er gibt auch nur so viel aus, wie er nicht nur den einen Teil falsch machen – ich habe das beim einnimmt. letzten Mal sehr persönlich auch zu Roland Koch gesagt –, (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) dass wir schon auf Kosten von seinem Sohn Dirk und mei- und Florian Rentsch (FDP): Hoffen wir es!) nem Sohn Kai-Uwe leben – das ist der eine Fehler –, son- dern auch noch den anderen Fehler, dass wir darüber hin- – Nein, da bin ich mir relativ sicher. Der rennt auch nicht, aus auch noch Recht und Gesetz ignorieren bzw. dass je- wenn er sich ein neues Auto kaufen will, zur Sparkasse denfalls die Mehrheit in diesem Hause auch noch Recht nach Marburg und sagt: Ich will ein Darlehen haben. – und Gesetz ignorieren will. Das kann nicht richtig sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, genauso, wie wir es hoffentlich privat alle machen, muss es auch der (Beifall bei der FDP) Staat machen. Ansonsten macht der Staat etwas falsch. Das ist falsch. Aus diesem Grund bleibt bei uns die Auf- (Beifall bei der FDP) fassung, dass das Haushaltsgesetz mit allem, was dazuge- hört, für das kommende Haushaltsjahr – ich rede bewusst Es erregt einen Liberalen schon, wenn man hier vom Kol- nicht vom Nachtragshaushalt – von Ihnen zurückgenom- legen Walter, aber auch vom Kollegen Al-Wazir hört: Stei- men werden muss. Sie müssen einen verfassungsgemäßen gern Sie doch endlich die Einnahmen. – Der Kollege Wal- Haushalt aufstellen.Wir haben Ihnen eine Reihe von Vor- ter hat ja die genialste aller Ideen. Die kommt immer wie- schlägen unterbreitet, wie es möglich ist, kurzfristig – ich der. Das ist wie bei dem Ungeheuer von Loch Ness. Die- sage bewusst „kurzfristig“ – einen verfassungsgemäßen ses Ungeheuer gibt es komischerweise seit Jahren nicht Haushalt vorzulegen.Wir wissen auch – Roland von Hun- mehr. Jedenfalls habe ich nichts mehr davon gehört.Aber Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6021 bei euch Sozialdemokraten kommt dann immer irgend- Es ist richtig, dass wir eine Umstellung vornehmen müs- wann einmal die Vermögensteuer. sen. Es ist richtig, dass wir deshalb nicht mehr mit den Spiegelstrichen und der Haushaltsstelle X,Y,Z, 1, 2, 3 han- Die kommt komischerweise immer kurz vor Weihnach- deln können, sondern dass wir miteinander Vereinbarun- ten. Das letzte Mal war es Weihnachten 2002. Da hatte der gen treffen können. Ich will Ihnen nicht alle Änderungs- damalige Ministerpräsident Gabriel schon entsprechende vorschläge vortragen, die wir in den nächsten Tagen noch Plakate drucken lassen. Die wollte er im Januar 2003 in in die Diskussion einbringen werden. Aber wenn Sie im Niedersachsen aufstellen. Er wurde vom damaligen Einzelplan 06 z. B. folgendes Fachziel 1 lesen: „Eine solide Bundeskanzler daran gehindert, weil der in diesem Punkt Finanzpolitik in der Verantwortung gegenüber den heuti- vernünftig war und gesagt hat: Lass das! – Die Vermögen- gen und kommenden Generationen gestalten“, steuer löst in keiner Weise das Einnahmeproblem, wenn es überhaupt eines gibt. (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Sehr richtig!) (Beifall bei der FDP) so klingt das erst einmal schön, Frau Kollegin Wagner. Es ist aber nur die halbe Wahrheit. Die Vermögensteuerdiskussion schadet dem Standort Deutschland, weil wir wissen, dass nichts schneller als Ver- (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Eben!) mögen flüchtig sein kann.Wir sind in einer globalen Welt. Deshalb schlägt die FDP vor, dass wir das Fachziel neu Wir haben ein globales Finanzsystem. Diejenigen, die nennen: Vermögensteuer zahlen müssten, werden ohnehin schon progressiv besteuert. Es ist nicht so, dass die so wenig Eine solide Finanzpolitik in der Verantwortung Steuern wie ihre Fahrer zahlen, um bei dem Beispiel zu gegenüber den heutigen und kommenden Genera- bleiben, das immer in den Diskussionen gewählt wird. tionen unter Beachtung der von der Hessischen Wenn die Sozialdemokraten auf die Idee kommen – das Verfassung vorgegebenen Verschuldungsgrenze ge- kommen sie immer –, wenn sie irgendeinen Dummen fin- stalten. den, der mit ihnen zusammen die Vermögensteuer einfüh- ren würde, hätte das Standortnachteile par excellence, (Beifall bei der FDP) weil eine Reihe von Mittelständlern aus diesem Lande Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, man schlicht hinausgehen würde. fragt sich, warum die Landesregierung nicht selbst darauf gekommen ist. (Beifall bei der FDP – Jürgen Walter (SPD): Völlig falsch!) (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Jetzt wird es immer besser!) Das wollen wir Liberale nicht. Das halten wir für voll- kommen falsch. Die anderen Ideen, die Kollege Al-Wazir Es ist eine Selbstverständlichkeit, das als Fachziel hinein- hat, wieder die Grundwasserabgabe oder was auch immer zuschreiben. Nur, weil man jetzt viermal dagegen versto- einzuführen – warum denken leider alle anderen Parteien ßen hat, kann das wahrlich nicht richtig für unser Land außer den Liberalen zunächst immer daran: Wie komme sein. Deshalb gibt es eine Reihe von Änderungen in den ich an das Portemonnaie der Menschen? Fachzielen, die wir in den nächsten Tagen und zu Beginn des nächsten Jahres in den Fachausschüssen in diesem (Michael Boddenberg (CDU): Na, na, na!) Hause hoffen unterbringen zu können, wenn die Union Wie komme ich an das Sparbuch der Oma Lena? Warum bereit ist, flexibel zu sein. denkt ihr eigentlich immer zuerst daran: Wie kann ich Vierte Bemerkung. In den einzelnen Ressorts ist es ein Geld beim Bürger abzocken? Plus und ein Minus. Es ist Licht und Schatten. Es ist nir- (Beifall bei der FDP) gendwo alles schlecht. Es ist leider auch nirgendwo alles gut. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, diese Logik ist uns Liberalen fremd. Zum Justizministerium. Der bisher dafür Verantwortliche sitzt hier. Der Nachfolger ist nicht da. (Jürgen Walter (FDP): Logik ist Euch vollkommen fremd! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU), lachend: GRÜNEN): Das stimmt! – Gegenruf der Abg. Ruth Ich vertrete ihn!) Wagner (Darmstadt) (FDP)) Ich gehe fest davon aus, dass der Ministerpräsident voll- kommen Recht hat, wenn er von einer Erfolgsstory Jus- Wir werden sie nicht akzeptieren. Deshalb sind wir strikt tizvollzugsanstalt Hünfeld spricht. Das sehen wir Liberale dagegen, dass entsprechende Steuern wie die Vermögen- ganz genauso.Wir waren es gemeinsam gewesen, die diese steuer neu erfunden oder wieder eingeführt werden, wie Idee entwickelt haben. es z. B. bei der Grundwasserabgabe ist. Nur Sparen hilft. Das ist kein Wort nur von Liberalen. Ich weiß gar nicht, ob (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Richtig!) Rainer Dinges ein Liberaler ist. Im Herzen muss er je- denfalls einer sein. Das ist die Überschrift, die Rainer Wir waren zusammen in England. Wir waren zusammen Dinges am 13.12. im „Darmstädter Echo“ gewählt hat, um in Frankreich.Wir haben uns das erst einmal woanders an- über die Haushaltssituation im Land Hessen zu sprechen. geschaut. Kollege Al-Wazir polemisierte eben, man wolle überall der Erste sein, man müsse nur fragen, ob es gut ist. Lassen Sie mich als dritten Punkt – ich bemühe mich, die Wir in Hessen waren die Ersten, und es ist gut. Jetzt kom- Redezeit wahrlich nicht auszuschöpfen – darauf hinwei- men viele hierher und wollen es. Ich weiß sogar von libe- sen, dass wir noch nicht ganz nachvollziehen können, wa- ralen Justizministern, die aus anderen Bundesländern rum diese Landesregierung auf der einen Seite Zieldis- hierher kommen und schauen, wie wir das in Hessen ma- kussionen führt und dies auf der anderen Seite so halb- chen. herzig tut. (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist (Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP)) auch vernünftig!) 6022 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Das ist ein typisches Beispiel dafür, dass die Landesregie- der. Ich erwarte, dass in einer Generaldebatte jedes Haus rung die gemeinsamen Vorhaben aus der Regierungszeit entweder durch den Minister oder den Staatssekretär ver- von Roland Koch und Ruth Wagner weiterhin konse- treten ist. quent umsetzt. Dazu kann ich sagen: Vielen herzlichen Dank, à la bonne heure – das ist euer Job als Regierung. (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der FDP) Ich weiß, dass der Ministerpräsident entschuldigt ist, weil Jedenfalls wird das gut gemacht. Da gibt es die eine oder er ein wichtiges Gespräch zu führen hat. Er hat mir das andere Hakelei. Wir haben im Fachausschuss diskutiert, auch gesagt. Aber es geht nicht an, dass die Landesregie- ob die Stadt Hünfeld bzw. deren Bürgermeister zu sehr rung meint, dass es unwichtig ist, wenn der zweite oder belohnt wird. Das gehört aber nicht in eine Generalde- dritte Oppositionsredner redet. batte. Grundsätzlich ist das gut, was Geld spart und deut- lich macht, dass man für viel weniger Geld ein genauso gu- (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist tes Angebot leisten kann wie beispielsweise die JVA doch etwas anderes!) Weiterstadt. Zu dem Argument „Wir mussten das zwei- Ich gehe davon aus, dass Christean Wagner dafür sorgt, mal aufbauen“: Es war der letzte Bau und auf der anderen dass alle wieder da sind. Das macht man einfach nicht. Seite die Justizvollzugsanstalt in Hünfeld. (Ministerin Karin Wolff: Es sind fast alle da!) Ja, die technische Ausstattung bei den Gerichten ist jetzt gut. Ich selbst habe in letzter Zeit wieder einige Besuche – Danke. Es sind nicht alle da. Es ist mir vollkommen egal, vorgenommen. Kollegin Beer berichtet das immer wieder ob fast alle da sind. von ihren regelmäßigen Besuchen. Es gibt in Hessen ei- (Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Wal- gentlich kein Gericht mehr, das sich über die technische ter (SPD)) Ausstattung negativ äußert. Er hatte sich bemüht. Es reicht halt im Leben nicht aus. – (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das war eine Siehste, es geht ja auch. Es ist schon gemeldet. Herr Schande!) Staatssekretär, herzlichen Glückwunsch – auch für die Ar- Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das ist ein beit des Justizministeriums. Programm, das im Jahr 2002 – wenn ich richtig informiert Ich komme zum Wirtschaftsministerium. Ich sage das bin – begonnen wurde. ohne jeglichen zynischen Unterton:Viele Reden, die Herr (Heike Hofmann (SPD): Stimmt gar nicht!) Rhiel hielt, könnten, müssten, würden von liberalen Wirt- schaftspolitikern genauso gehalten werden.Alois Rhiel ist Es ist also ein Produkt der gemeinsamen mutigen Regie- offensichtlich von seiner tiefsten Überzeugung her ein rungszeit von Roland Koch und Ruth Wagner. Mensch, der ordnungspolitisch ein reinrassiger Liberaler (Beifall bei der FDP) ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich mir aber den (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Den ha- Start des neuen Justizministers anschaue, so kann man ben wir in unseren Reihen!) viel über Anfangspech philosophieren. Manche haben am Das Problem ist nur, er setzt es nicht um. Schauen Sie sich ersten Tag Glück, und andere haben am ersten Tag Pech. einmal die Hessen Agentur an. Schauen Sie beim Thema Herr Banzer hatte Pech, als er sich hier an das Mikrophon Hessen Agentur zum einen an, was dort mit neuen Chefs, stellte und davon sprach, dass er jetzt der Chef der dritten mit neuen Dienstwagen, mit neuen Organisationsstruktu- Gewalt ist. Aber nach der Reaktion der Landesregierung ren, mit mehr Staat passiert. von Montag und Dienstag bin ich mir gar nicht mehr so si- cher, ob das wirklich nur ein Fauxpas gewesen ist, den der (Beifall bei der FDP) Justizminister hier abgelassen hat. Das ist genau diametral entgegengesetzt zu dem, was (Beifall bei der FDP) Alois Rhiel sagt, dass gerade in diesem Bereich weniger Staat sein sollte. Ich bin mir gar nicht mehr so sicher, weil diese Selbstge- fälligkeit, mit der die Landesregierung mit dem Urteil des (Beifall bei der FDP) Staatsgerichtshofes umgeht, auch ein bisschen vermuten lässt, als meint sie, Chef des Staatsgerichtshofes zu sein. Schauen Sie sich das Thema „Bürgschaft ohne Bank“ an. Das ist sie nicht. Das wissen wir. Ich muss darauf schauen, denn ich sage es immer falsch, weil es so etwas von unlogisch ist. Das ist ein klassisches (Beifall bei der FDP – Widerspruch des Abg. Dr. Beispiel für etwas, was überhaupt nichts mit liberaler Ord- Christean Wagner (Lahntal) (CDU)) nungspolitik zu tun hat. Eine liberale Ordnungspolitik heißt, dass jemand zunächst zu seiner Bank oder zu seiner Thema Gesellschaftslehre oder Gemeinschaftskunde, Sparkasse geht, dort den Finanzierungsplan diskutiert dritte Schulklasse. und dann erst zum Staat geht, wenn er eine Bürgschaft ha- (Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS ben will. Nur so wird ein Schuh daraus. Dass aber jetzt auf 90/DIE GRÜNEN)) einmal der Staat durch die Hessen Agentur oder die Unterfirmen und Firmierungen zum Gewährer des Darle- – Danke, ich habe das Wort gesucht. Mein Sohn schreibt hens wird, indem er zunächst die Bürgschaft teilt, indem heute darüber eine Arbeit. Ich habe darüber heute Mor- er auswählt, wer denn kreditwürdig ist und wer nicht – das gen noch diskutiert. Ich kam eben nicht mehr darauf. hat nichts mit einem liberalen Staatsverständnis zu tun. PoWi heißt es. – Es weiß jeder: erste Gewalt, zweite Ge- Das ist schlicht und ergreifend Staatswirtschaft, und zwar walt, dritte Gewalt. Jedenfalls war das ein Anfängerpech. im klassischen aller Sinne. Ansonsten wünschen wir dem Justizminister und seinem neuen Staatssekretär – – Die sind jetzt beide nicht da. Ich (Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU: Das ist finde es nicht besonders gut. Ich sage das auch immer wie- es eben nicht!) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6023

– Nein, das ist Staatswirtschaft. Staatsförderung ist das an- Das Eigentumsrecht an den Sparkassen muss doch han- dere. Ich erkläre es Ihnen gerne nachher, wenn wir das bei delbar sein.Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter, als Wasser, Wein oder Bier machen. es, so glaube ich, die Mehrheit in diesem Raume tut. Wir fragen: Warum begrenzen wir das mittel- und langfristig (Beifall bei der FDP) auf diese eine Säule? Warum soll es nicht möglich sein,das Dritter Punkt. Diese innerstädtische Verpflichtung der Ei- auch über diese Säule hinaus zu machen? gentümer – INGE, oder wie die hübsche Dame heißt – hat (Beifall bei der FDP) überhaupt nichts mit einer freien Entfaltung von Eigentü- mern zu tun. Das ist Staatswirtschaft. Herr Kollege Posch hat das während seiner Zeit als Wirt- schaftsminister, aber auch in der Zeit danach, immer wie- (Beifall bei der FDP) der deutlich gemacht. Man sollte einmal einen Blick über Ich kann Herrn Boddenberg verstehen, dass er dieses die Landesgrenzen wagen. Ich meine damit nicht die Thema so hochzieht, weil das damit zu tun hat, dass man Grenze unseres schönen Bundeslandes, sondern die sich selbst politisch positioniert, sich persönlich bekannt Grenze der Bundesrepublik Deutschland. Man kann sich macht. Das auf Kosten der Freiheit von Eigentum zu ma- z. B. anschauen, wie das in Österreich oder in Italien ist. chen, halte ich ordnungspolitisch für falsch. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall bei der FDP) Da gibt es keine Liberalen!) Das gehört in die Abteilung, wo Sie merken, dass wir er- Ein Blick nach Italien verdeutlicht, dass man das Sparkas- hebliche Bedenken haben, dass diese Wirtschaftspolitik sensystem auch so reformieren kann, dass es nicht nur gut ist, dass sie liberal ist. Auf der anderen Seite sage ich überlebensfähig ist, vielmehr die Sparkassen auf dem glo- hier ausdrücklich balen Markt dann sogar noch angreifen. (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) ruft zu Abge- (Beifall bei der FDP) ordneten der CDU.) Was läuft denn gerade auf dem Sparkassenmarkt ab? – Frau Kollegin Wagner bitte –, Eine italienische Sparkasse hat jetzt eine große Bank in München gekauft. Es ist eine italienische Sparkasse, die, (Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS wenn ich richtig informiert bin, allein in Frankfurt und im 90/DIE GRÜNEN) Rhein-Main-Gebiet über zehn Filialen eröffnen will. Wir müssen doch unseren Sparkassen die Möglichkeit eröff- die Entwicklung im Zusammenhang mit den Sparkassen nen, sich auf diesem globalen Markt zu wehren. Deshalb befürworten wir Liberale. Das, was der Ministerpräsident muss Stammkapital gebildet werden. vorhin vorgetragen hat, unterstützen wir sogar zu 100 %. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP) Deshalb brauchen wir auch die Möglichkeit, dass sich Ge- Lieber Kollege Walter, liebe Sozialdemokraten, die jetzt sellschafter zusammensetzen und verbünden können. Da- landesweit eine Kampagne machen und alle Kreistage da- bei muss es sich nicht immer um eine Übernahme im klas- mit beschäftigen, mit Verlaub, das Wissen über die Zu- sischen Sinne handeln. sammenhänge des Sparkassenwesens überfordert in aller Regel die Gewohnheiten jedenfalls eines gemeinen Kreis- Ich kann die Aufregung nicht verstehen. Ich weiß nicht, tagsabgeordneten. woran es liegt. Handelt es sich dabei um fehlenden Sach- verstand? Oder ist es einfach nur eine platte populistische Es kann doch nicht wahr sein, dass die Sozialdemokraten, Nummer? Das wird jedenfalls in kurzer Zeit entlarvt sein. wissend, um was es geht, die Sparkassen unseres Landes Die Sparkassen müssen handlungsfähig werden. Deshalb an die Wand fahren lassen wollen. Merkt die Sozialdemo- muss das Sparkassengesetz geändert werden. kratie in Hessen denn überhaupt nicht, was in Brüssel pas- siert? (Beifall bei der FDP – Jürgen Walter (SPD): Herr Kollege, im Hessischen Städtetag und im Hessi- (Beifall bei der FDP) schen Landkreistag sitzen auch Schwarze mit drin- Ist den Sozialdemokraten vollkommen unbekannt, was nen!) die Kommission der Europäischen Union für diese Legis- Ich komme zur nächsten Bemerkung. Das betrifft den laturperiode zu tun beschlossen hat? Immerhin ist ein Weiterbau der A 49. Hierzu hatte Herr Kollege Al-Wazir führender Sozialdemokrat, Günter Verheugen, stellver- eben einen großen Auftritt. Ich will denjenigen, die nicht tretender Kommissionspräsident. Richten Sie ihm bitte im Raum waren, das mit einem Bild verdeutlichen. Er hat schöne Grüße aus. Er war früher einmal ein führender Li- sich bei jedem Kammmolch bedankt und ihm gesagt, er beraler. Wissen Sie denn nicht, dass auf alle Fälle umge- habe dem Land Hessen 10.000 c erspart. setzt werden muss, dass die Eigentumsanteile an den Sparkassen gehandelt werden können? Das ist scheinbar richtig. Herr Kollege Al-Wazir hat dabei aber vergessen, zu sagen, dass das zulasten einer Vielzahl (Beifall bei der FDP) der Bürger aus Stadtallendorf geht. Mit Verlaub, diese Diskussion ist gaga. Irgendjemand (Beifall bei der FDP) meint, man brauche keine Diskussion darüber zu führen, ob die Sparkassen Stammkapital benötigen. Wir müssen Ich wiederhole es: Das geht zulasten einer Vielzahl der einführen, dass die Sparkassen Stammkapital haben. Die Bürger von Stadtallendorf. Denn da soll jetzt nicht mehr, Europäische Union zwingt uns dazu, wie es ursprünglich geplant war, durch diesen Wald ge- baut werden. Ich glaube, es handelt sich dabei um eine (Beifall bei der FDP) Autobahn, nämlich die A – – und zwar unabhängig davon, ob wir das für richtig oder (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE falsch halten.Wir Liberale halten es für richtig, das zu tun. GRÜNEN): Die A 49!) 6024 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

– Es ist die A 49, Entschuldigung. Ich hatte Stadtallendorf Ich freue mich ja, dass der Ausbau des Rhein-Main-Flug- genannt. Deshalb wusste jeder, worum es geht. Ich bin Ju- hafens eine Art soziales Hilfswerk für das Wohlergehen rist. Mit den Zahlen habe ich es nicht so, gell, Jürgen. der Anwaltsbüros ist. (Lachen des Abg. Jürgen Walter (SPD)) (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege, das schafft Arbeits- Ich rede von der A 49 und von Stadtallendorf. Die Tras- plätze!) senführung wurde nun verlegt, weil sich in dem ursprüng- lich vorgesehenen Gebiet Kammmolche befinden, oder Fraport hat, ich glaube, schon jetzt 30 Millionen c nur für eben auch nicht. Das ist mir relativ egal. diese Sachen ausgegeben. Sie haben die richtige Zahl ge- hört. Das zeigt, dass unser Planungsrecht auch arg teuer Ja, der Bau wird dadurch billiger. Aber eines müssen Sie ist. schon dazu sagen: Genauso wahr ist auch, dass die Trasse jetzt 300 m von einer Ortsrandlage von Stadtallendorf (Beifall bei Abgeordneten der FDP) entfernt gebaut wird. Es handelt sich dabei um ein Wohn- Letztlich zahlen das die Kunden, und nicht derjenige, der gebiet.Wir Liberale hätten es lieber gesehen, dass dort 50 ausbaut. Millionen c mehr ausgegeben worden wären. Denn dann hätte man etwas für die Menschen in diesem Landkreis Ich komme zu Wissenschaft und Kunst. Sie merken, ich getan. habe mir bewusst zwei Ministerien ausgesucht, von denen wir Liberale besonders viel Ahnung haben. Beim Ministe- (Beifall bei der FDP) rium für Wissenschaft und Kunst ist in den letzten Jahren Jetzt wird etwas für die Tiere getan. Diese Form der Ab- nicht alles so gut gelaufen. Aber es ist auch nicht alles wägung ist uns fremd. schlecht gelaufen. Über den Ankauf des Schlosses in Er- bach haben wir lange diskutiert. Darüber haben wir ge- Gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung zum stritten. Es gab keine ruhigere Minute in diesem Haus als Thema Wirtschaft. Das betrifft den Ausbau des Flugha- die, als sich Roland Koch und Jörg-Uwe Hahn strittig über fens. Ich will das hier sehr offen und ehrlich sagen. Ich be- dieses Thema hier unterhalten haben. ziehe mich jetzt auf alle Beteiligten, die den Flughafen- ausbau wollen. Die Mitglieder der GRÜNEN wollen ihn (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE nicht. Alle Beteiligten müssen sich anstrengen, damit das GRÜNEN): Jetzt überschätzen Sie sich aber!) klappt. Es war jedenfalls nicht sinnvoll, 12 oder 13 Millionen c (Jürgen Walter (SPD): Ja! – Frank-Peter Kaufmann für Hirschgeweihe und andere Kunstgegenstände auszu- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege, wir geben. strengen uns auch an!) (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Alle Beteiligten haben da noch riesengroße Aufgaben vor Das eine oder andere hätten auch wir ankaufen wollen. sich. Ich sage das überhaupt nicht zynisch. Ich meine das Ruth Wagner hat auch Vorstellungen unterbreitet, wie relativ ernst. Ich will mich nicht darüber aufregen. Denn man das hätte finanzieren können. Aber an Hirschgewei- für dieses Verfahren hat die Frage, ob das Planungsrecht hen muss man halt einfach Spaß haben. Man muss dann geändert werden muss, nur noch akademischen Charak- aber auch das Geld dafür haben, diesen „Spaß“ zu finan- ter. Ja, das Planungsrecht muss geändert werden.Aber das zieren. Ich jedenfalls habe beides nicht. Manche aus mei- betrifft dann nicht mehr dieses Verfahren. ner Fraktion haben zwar Spaß an Geweihen, aber auch (Beifall bei Abgeordneten der FDP) die haben das Geld nicht. Deshalb ist das nicht gut gewe- sen. Die Arbeit, die Herr Kollege Posch im Auftrag von Ro- land Koch und anderen leistet, ist wichtig und gut für un- Die Privatisierung der mittelhessischen Klinika wird hof- ser Land. fentlich für das Land Hessen eine Erfolgsgeschichte wer- den. Das wird es werden, wenn es denn weiter so läuft. (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE Lieber Herr Corts, GRÜNEN): Sie meinen die Kotau-Kommission!) (Nicola Beer (FDP): Er ist nicht da!) Leider wird das aber nicht mehr für dieses Verfahren gel- ten. lieber Herr Staatssekretär Leonhard – – Die Anhörung hat einige Probleme aufgezeigt. Dort (Nicola Beer (FDP): Er ist auch nicht da!) wurde das vorgetragen. Das muss abgearbeitet werden. – Ich bitte, nach außen zu grüßen. Da besteht einiger Nachholbedarf, sowohl bei dem Unter- nehmen als auch bei den Behörden, die die Anhörung (Gerhard Bökel (SPD): Die hören das auch drau- durchgeführt haben und die das dann genehmigen wer- ßen!) den. Jeder füllt seine Rolle so aus, wie er es will. Ich habe ge- Aber auch da gilt das, was der Herr Ministerpräsident ge- sagt, dass es gut ist, dass der Herr Ministerpräsident gesagt sagt hat: Bisher wurde eine einzige Entscheidung bei über hat, dass er einmal herausgehen müsse. Aber ich glaube 150 Verfahren verloren. – Ich habe mir das einmal auflis- schon, dass eine führende Persönlichkeit jedes Hauses ten lassen. Das Problem, das sich durch das verlorene Ver- hier sein sollte. fahren ergab, konnte innerhalb von 24 Stunden gelöst werden, weil man schon wusste, dass dies geschehen wird. Wenn es wirklich so ist, wie wir gehört haben – in den letz- Ansonsten hat bisher jeder, der sich mit relativ dicken ten Tagen wurde das noch einmal abgeglichen –, dann ha- Backen hingestellt und behauptet hat, man werde das und ben Sie, Gott sei Dank, das aufgenommen, was wir an Be- das stoppen, immer den Kürzeren gezogen. Ich meine da- denken ab Sommer dieses Jahres geäußert haben.Wir ha- mit insbesondere meine Anwaltskollegen. ben das mithilfe von Anträgen und durch Wortbeiträge und in Gesprächen mit Ihnen immer wieder problemati- (Beifall bei der FDP) siert. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6025

Wir haben uns in unserer Fraktion schon fast witzig ge- Ich glaube, wir Liberale sind da selbstkritisch genug. Ge- fragt, warum sich Nicola Beer eigentlich so sehr um dieses rade wir hessischen Liberalen sind sehr selbstkritisch.Wir Thema kümmert. Ich habe nicht nur einmal gefragt: Re- sind aber auch sehr selbstbewusst. Ich denke, dass wir das gieren wir eigentlich mit? – Sie hatte die Hoffnung, dass durchgesetzt hätten. wir durch unsere guten Ideen und mithilfe ihres Engage- ments aus einer zunächst nicht gut angelegten Sache eine Ich möchte auf den letzten Punkt in diesem Bereich zu gute machen könnten. Nach dem, was ich so höre, und sprechen kommen. Er betrifft das Museumskonzept für nach dem, was ich gestern aus dem Wissenschaftsrat ge- Kassel. Ich war begeistert. Ich war gerade an diesem Mor- hört habe, wird die Sache auch gut. Meine sehr geehrten gen in einem Hotel in Kassel. Ich habe die „Hessische Damen und Herren, man merkt aber, dass Sie zur Bewäl- Niedersächsische Allgemeine“ aufgeschlagen und las tigung dieses Themas die Mitarbeit der FDP benötigen. über das Modell, das Herr Corts vorgeschlagen hat. Das war in dem Sommer vor eineinhalb Jahren. Dort konnte (Beifall bei der FDP) man lesen, wie er die Museumslandschaft in Kassel neu gliedern will. Denn ohne die Mithilfe der FDP hätte das wahrlich nicht erfolgreich abgeschlossen werden können. Ich fand das Konzept auf den ersten Blick überzeugend. Ich fand das spannend. Ich habe mich nur damals gefragt: Dass der Ministerpräsident vorhin so stolz auf das TUD- Wie will er das mit 200 Millionen c erreichen? – Das habe Gesetz verwiesen hat, freut nicht nur mich, sondern alle in ich mich gefragt. Das haben wir uns dann auch gemeinsam diesem Haus. Denn, wenn ich mich recht erinnere, wurde mit Mitstreitern gefragt, die dort vor Ort sind. der Gesetzentwurf einstimmig angenommen. Jetzt konnten wir lesen, dass das teurer werden wird. Herr (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Corts, wir sind gespannt. Ich will nicht sagen, wir gehen Ja!) vorurteilfrei heran, weil das schon viel zu defensiv wäre. Wir wünschen uns, dass es eine Neustrukturierung in Kas- Auch da galt dasselbe, was beim Gesetz zum Studenten- sel gibt.Wir sind dabei.Aber wir möchten gern wissen, wie werk galt. Die FDP-Fraktion hat dazu eine Reihe Ände- es funktioniert, und insbesondere, wie es finanziert wird. rungsanträge gestellt. Wir haben Nicola Beer deswegen immer gefragt: Lebst du noch oder schon wieder in einer (Beifall bei der FDP) Regierungszeit? – Denn wir haben uns mit den einzelnen Spiegelstrichen auseinander gesetzt. Das ist der Opposi- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich könnte tionsarbeit eigentlich fremd. Aber wir zeigen damit auch, jetzt zu jedem anderen Punkt genauso ausführlich Stel- dass das geht. Nicola Beer zeigt das damit auch als Person. lung nehmen. Ich will das aber nicht tun, da das meine Man kann aus einem guten Gesetzentwurf einen noch Kollegen in den Einzelplanberatungen noch tun werden, besseren machen. Das erfolgte beim TUD-Gesetz. Man auch der Kollege Hahn nachher als innenpolitischer Spre- kann aus der Privatisierung des Klinikums, die schlecht cher. Ich will deshalb für meine Fraktion abschließend angelegt ist, noch eine Erfolgsstory machen, und zwar da- Folgendes hinzufügen: durch, dass man als Opposition mitarbeitet. Das machen Die Nervosität bei einigen politischen Mitbewerbern in wir. diesem Land ist offensichtlich größer geworden. Die Sozi- (Beifall bei Abgeordneten der FDP) aldemokraten haben jetzt das Problem, dass sie mit den Christdemokraten in Berlin regieren. Das ist das überge- Für das Studentenwerksgesetz gilt das Gleiche. ordnete Problem, damit kann man bisher nicht umgehen. Das wird man lernen oder auch nicht. Beim Hochschulpakt sind wir gescheitert. Auch beim Hochschulpakt haben wir das versucht.Wir haben das mit (Jürgen Walter (SPD): Wenn wir erfolgreich sind, einem Mittel versucht, das man sicherlich nur ein einziges habt ihr ein Problem!) Mal anwenden kann. Ich will da Nicola Beer schützen und sagen, dass das nicht ihre Idee war. Vielmehr war das die Dann haben sie ein hessisches Problem, weil keiner so Idee des Fraktionsvorsitzenden. Es war die Idee, die Prä- richtig weiß, wer der Spitzenkandidat oder die Spitzen- sidenten der Universitäten und Fachhochschulen aufzu- kandidatin sein wird, also ein personelles Problem. fordern, zu protestieren.Wir haben sie aufgefordert, einen (Andrea Ypsilanti (SPD): Das ist aber nicht Ihr richtigen staatsbürgerlichen Protest zu erheben. Problem!) Das hat geklappt. Es hat letztlich insofern geklappt, als Ich will das überhaupt nicht karikieren. Ich stelle es fest, der Fehler beseitigt wurde, der damals auf der Tagesord- weil auch Sie beide es feststellen. Ich habe gelesen, dass nung stand. Aber, meine sehr verehrten Damen und Her- Jürgen Walter sagt, er könne sich vorstellen, wenn man ren, das, was Sie jetzt vereinbart haben, entspricht nicht Fraktionsvorsitzender im Landtag ist, dass man auch Mi- dem Hochschulpakt, wie wir ihn im Jahre 2002 gemeinsam nisterpräsidentenkandidat ist – übrigens eine logische angelegt haben. Schlussfolgerung, das sehe ich genauso. Das ist vielleicht beim Kollegen Al-Wazir und bei mir ein bisschen schwer, (Beifall bei der FDP) weil wir meistens – noch jedenfalls – die kleineren Partner Jetzt bin ich bereit, das Thema zu diskutieren: Wenn ihr werden würden. mit dabei gewesen wärt, wäre es bedeutend anders ausge- (Jürgen Walter (SPD): Aber Frau Wagner war vor- gangen, ja oder nein? – Diese Frage will ich sehr präzise hin schon ziemlich ambitioniert!) diskutieren. Denn bei diesem Thema kann man das disku- tieren. Dazu sage ich: Wir hätten auf alle Fälle auf etwas – Das könnte ich mir vorstellen. Ruth Wagner hat es fast bestanden, nämlich darauf, dass die Zahl der Studieren- gepackt. Vielen Dank für diesen Zwischenruf, Herr Wal- den in die Finanzplanung mit aufgenommen wird. Das ter. hätten wir auf alle Fälle durchgesetzt. Ich kann mir genauso vorstellen, dass die Landesvorsit- (Beifall bei Abgeordneten der FDP) zende sagt: Aber hallo, ich bin die Parteichefin, und mir 6026 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 steht das zu. – Sie haben das Problem jedenfalls nicht ge- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE löst, und das behindert Sie jetzt bei der politischen Arbeit. GRÜNEN): Bei der Bewerbungsrede werden Sie nicht mitregieren!) (Gerhard Bökel (SPD): Nein, das gestaltet, so viele Persönlichkeiten!) dass wir bei der Landtagswahl die Episode absolute CDU-Landesregierung beenden. Wir bereiten uns inten- Die GRÜNEN in Hessen haben auch verloren, zwar we- siv darauf vor, dass Hessen dann wieder mutig, kreativ niger als der Bundestrend, aber auch verloren. Die Ga- und sparsam, und zwar mit der FDP,regiert wird. – Vielen lionsfigur aus Hessen ist weg. herzlichen Dank. (Gerhard Bökel (SPD): Wer ist das, Tarek?) (Lebhafter Beifall bei der FDP – Gerhard Bökel – Das war einer mit dem Turnschuh, der aber auch schon (SPD): Aber mit wem?) einmal Steine in der Hand hatte, als er noch Turnschuhe anhatte, aber der sich dann gebessert hat. Resozialisie- rung im Auswärtigen Amt hat auch bis auf einen Fall ganz Vizepräsident Frank Lortz: gut geholfen. Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Das Wort hat der Vor- (Gernot Grumbach (SPD): Nicht jeder braucht da- sitzende der CDU-Fraktion, Kollege Dr. Christean Wag- für einen Versicherungskonzern!) ner. Die Christdemokraten sind sich relativ sicher, dass sie die absolute Mehrheit, die sie im Jahr 2003 erzielt haben, Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): nicht mehr erzielen werden. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- (Michael Boddenberg (CDU): Wie bitte?) ren! Der Haushalt 2006 ist ein Haushalt der Verantwor- tung und Kontinuität, – Ansonsten kann man nicht erklären, wie man sich so verhält. Ich bin dankbar für den Zwischenruf. Aber ich (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Frank-Peter sage es hier genau: Herr Bodenberg und ich haben den Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 1,6 Zwischenruf nicht abgesprochen. Milliarden c neue Schulden! – Norbert Schmitt (SPD): Kontinuierliches Versagen, das stimmt!) (Minister Karlheinz Weimar: Wir wissen nur nicht, ob wir noch weiter wachsen!) weil die Regierung Roland Koch Hessen in den vergange- nen sechseinhalb Jahren weit nach vorn geführt hat. Im „Focus“ lese ich ein Zitat des Kollegen Rhein. Er ist immerhin ein sehr wichtiger Abgeordneter, ich glaube, er (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE ist Ausschussvorsitzender GRÜNEN): 10,5 Milliarden c Schulden!) (Nicola Beer (FDP): Gewesen!) In den Politikfeldern Bildung, Familie, innere Sicherheit, Infrastruktur und der Stärkung des ländlichen Raums ist gewesen und jetzt Fachsprecher. Ich weiß das schon, ich Außergewöhnliches geleistet worden. wollte das nur entwickeln. Man ist erst Ausschussvorsit- zender, dann Fachsprecher. Normalerweise ist es anders- (Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann herum, aber das ist auch egal. Jedenfalls der Kollege (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schulden, Schul- Rhein, der auch Dezernent in Frankfurt werden will, wird den, Schulden! – Gerhard Bökel (SPD): Justiz ha- im „Focus“ der letzten Woche wie folgt zitiert: „Die ge- ben Sie vergessen!) bärden sich sehr eigenartig.“ Zukunftsweisende Projekte wurden auf den Weg ge- (Michael Boddenberg (CDU): Wen meint er?) bracht und werden jetzt stetig weiterentwickelt. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Boddenberg, das (Norbert Schmitt (SPD): Ihnen hören mehr Sozial- war wieder nicht abgesprochen. Sie haben jetzt zwei gut demokraten zu als aus der eigenen Truppe!) bei mir. – Damit meint er die hessische FDP. Meine Damen und Herren, ein Haushalt der Verantwor- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE tung heißt, die Interessen der künftigen Generationen im GRÜNEN): Ausnahmsweise hat er Recht!) Auge zu behalten, Politik so zu gestalten, dass unsere Kin- der auf den Fundamenten, die wir bauen, leben können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann Sie beruhigen: Wir gebärden uns nicht eigenartig. Ich glaube, (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE ich habe es eben nachgewiesen, und wir werden es auch GRÜNEN): Mit 1,6 Milliarden c neuen Schulden!) heute weiter nachweisen. Wir gebärden uns so, wie sich ein verantwortlicher Politiker in einem Bundesland zu ge- – Ich finde es immer bemerkenswert, wenn bei solchen bärden hat, nämlich konstruktiv in der Mitarbeit, Passagen insbesondere Rot-Grün von Schulden spricht. (Beifall bei der FDP) (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die machen Sie!) kritisch gegenüber allem anderen, was kommt, aber nicht abwehrend. Meine Damen und Herren, nach ihrer siebenjährigen Re- gierungszeit in Berlin haben Sie es verwirkt, sich heute (Norbert Schmitt (SPD): Herr Dr. Lennert stimmt überhaupt über Schulden zu unterhalten, weil Sie gren- ausdrücklich zu!) zenlos Schulden gemacht haben, deren Auswirkungen wir heute auf Landesebene zu spüren haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Union, ich glaube, es ist ein Wechselspiel der Röhren, ob man (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): kann oder nicht kann. Ich darf Ihnen jedenfalls versi- Falsch, den Schuldenrekord hält immer noch Wai- chern, wir bereiten uns jetzt intensiv darauf vor, gel!) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6027

Verantwortung war und ist der Leitgedanke für die „Ope- Sie stehen für Ihren eigenen Stil, und Sie müssen mit Ih- ration sichere Zukunft“. In ihrer Kontinuität steht auch rem eigenen Stil auch leben. Ich halte es aber für uner- der vorliegende Haushaltsentwurf. Die Opposition hat träglich, Herr Fraktionsvorsitzender Walter, dass Sie den die „Operation sichere Zukunft“ gern und oft als „blind- Eindruck erwecken, der Staatsgerichtshof habe in seiner wütiges Sparen“ diffamiert. Mehrheit nach politischen Präferenzen gehandelt. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE (Zuruf von der CDU: Unerhört!) GRÜNEN): Müssen Sie das ablesen?) Die Mitglieder des Staatsgerichtshofs haben einen Eid auf Angesichts der katastrophalen Entwicklung unserer Steu- die Unabhängigkeit ihrer richterlichen Tätigkeit geleistet. ereinnahmen müssen Sie sich aber die Frage stellen las- Der SPD-Fraktionsvorsitzende unterstellt Mitgliedern sen: Wo wären wir heute ohne das mutige Vorgehen von des Staatsgerichtshofs parteiisches Handeln. Ich sage, er Ministerpräsident Roland Koch und Finanzminister Karl- erschüttert das Ansehen des höchsten hessischen Gerichts heinz Weimar? (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Sie und beschädigt damit das Vertrauen der Öffentlichkeit müssen den Justizminister noch loben!) und der Bürger in unseren Rechtsstaat. Ein angesehener Hessen hat unter allen Bundesländern die viertniedrigste Kommentator einer großen hessischen Tageszeitung Pro-Kopf-Verschuldung. Ohne die „Operation sichere schreibt gestern, dass der Oppositionsführer sich für die- Zukunft“ müssten wir Jahr für Jahr 600 Millionen c mehr sen Vorwurf noch wird entschuldigen müssen. Kredite aufnehmen und hätten heute eine um 2,2 Milliar- (Beifall bei Abgeordneten der CDU) den c höhere Gesamtverschuldung. Meine Damen und Herren von der Opposition, es passt nicht zusammen, auf Meine Damen und Herren, das ist der Grund, warum wir der einen Seite Einsparungen zu beklagen und auf der an- mit unserem Entschließungsantrag feststellen lassen wol- deren Seite die hohe Staatsverschuldung zu kritisieren, len, dass die Richterinnen und Richter des höchsten hes- sischen Gerichts ihre verfassungsrechtliche Pflicht, unab- (Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann hängig und nur dem Gesetz unterworfen zu sein, in ver- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Natürlich, Sie antwortungsvoller Art und Weise erfüllen. Diese Erklä- setzten die falschen Prioritäten!) rung erwarte ich auch von Ihnen, Herr Walter, damit end- wie es die SPD und die GRÜNEN immer wieder vorfüh- lich diese Diffamierung des höchsten hessischen Gerichts ren. Auch das ist nach meinem Empfinden eine Frage der durch Sie aus der Welt geschafft wird. Glaubwürdigkeit von Politik. (Beifall bei der CDU – Jürgen Walter (SPD): Ich (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE habe doch deutlich gemacht, was ich damit meinte!) GRÜNEN): Da sind Sie ganz stark!) Meine Damen und Herren, mit der Haushaltspolitik der In diesem Zusammenhang ist es schon der Erwähnung vergangenen Jahre haben wir entschieden umgesteuert. wert, dass die SPD vorgestern beim Staatsgerichtshof mit (Norbert Schmitt (SPD): Das kann man wohl sa- ihrem Antrag gescheitert ist – es ist bereits angesprochen gen!) worden –, den Nachtrag 2002 für verfassungswidrig erklä- ren zu lassen. Ich will hinzufügen: Es war im Übrigen tö- So unangenehm dies auch sein mag: Viele staatliche Auf- richt, zum Staatsgerichtshof zu laufen, nachdem Ihre rot- gaben mussten und müssen immer wieder auf den Prüf- grüne Bundesregierung durch eine katastrophale Finanz- stand. Das ist eine dauerhafte Aufgabe des Parlaments und Haushaltspolitik die Ursachen für das Wegbrechen und der Regierung. Wir müssen uns immer wieder der der Einnahmen der Länder selbst gesetzt hat. Aufgabenkritik stellen – eine Aufgabe, die allen vier Frak- tionen im Landtag gestellt ist. Der Staat muss nicht alles (Beifall bei der CDU) selbst machen; das ist unsere feste Überzeugung. Er muss Mindestens ebenso bemerkenswert ist allerdings, wie die auch nicht das alles selbst machen, was er in den letzten SPD-Landtagsfraktion mit dem Urteil des Staatsgerichts- Jahrzehnten getan hat. Auch hier ist immer wieder eine hofs umgeht. Ich zitiere aus der Presseerklärung der SPD- kritische Überprüfung notwendig. Fraktion von vorgestern. Sie sagt wörtlich: Ich nenne nur als aktuelles Beispiel die heute Vormittag Die Mehrheit des Staatsgerichtshofs ermöglicht bereits mehrfach angesprochene teilprivatisierte Justiz- Hand in Hand mit der CDU-Landesregierung eine vollzugsanstalt Hünfeld. Da werden wir Jahr für Jahr uferlose Neuverschuldung zulasten künftiger Ge- 15 % der Kosten einsparen; das sind rund 660.000 c.Der nerationen in Hessen. Hessische Ministerpräsident hat bereits darauf hingewie- sen, dass auch bei der Errichtung der Haftanstalt mindes- (Zurufe von der CDU: Unglaublich! – Norbert tens 7 Millionen c eingespart worden sind. Ich finde das Schmitt (SPD): Was haben Sie zum Wahlprüfungs- ein mustergültiges Ergebnis von kritischem Arbeiten der gericht alles gesagt?) Landesregierung im Hinblick auf das, was privatisiert In der Presseerklärung heißt es weiter: werden kann und was beim Staat bleiben muss. Angesichts der Zusammensetzung des Staatsge- (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Für richtshofs bezeichnete der SPD-Fraktionsvorsit- das Geld haben Sie dann einen Parkplatz gekauft!) zende Jürgen Walter das Urteil zur Prüfung der Meine Damen und Herren, wir haben nicht nur an diesem Verfassungswidrigkeit des Nachtragshaushalts 2002 Beispiel gezeigt, was politische Kreativität bedeuten kann als nicht überraschend. und welche Potenziale freigesetzt werden, wenn man den Meine Damen und Herren, ich kommentiere nicht diese Mut hat, ausgetretene Pfade zu verlassen. Dieser Haus- polemische Richterschelte. halt ist mit seinen Investitionen in Bildung, Familie und innere Sicherheit, mit seinem weiteren Ausbau im Hin- (Zuruf von der CDU: Unappetitlich!) blick auf die Infrastruktur unseres Landes und der Förde- 6028 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 rung des ländlichen Raums erneut ein Haushalt der ge- (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Was haltenen Versprechen. Auch das steht in der Kontinuität heißt das denn für die 10 % Schulabgänger ohne der Regierung Koch. Die Hessische Landesregierung hat Abschluss?) seit 1999 durch das Setzen realistischer Ziele wieder ein Gefühl dafür erzeugt, was Politik leisten kann. Meine Damen und Herren, das ist inzwischen Allgemein- gut geworden – nach den heftigen Bildungskämpfen der Meine Damen und Herren, Vertrauen ist der Kern demo- Siebzigerjahre, insbesondere auch in Hessen. kratischer Legitimität.Wir riskieren den dauerhaften Ver- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Herr Schmitt ist Ge- lust von Legitimität politischer Entscheidungsprozesse, samtschulkind! – Gegenruf des Abg. Norbert wenn es uns nicht gelingt, erschüttertes Vertrauen durch Schmitt (SPD): Nicht einmal das stimmt!) verlässliche und ehrliche Politik wieder zu erlangen. Nun lese ich in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Dass sich dies auszahlt, ist in Hessen zu besichtigen. Im am 8. Dezember Folgendes: vergangenen Landtagswahlkampf 2003 haben wir den Wählern die Bilanz der Regierung Koch nach vier Jahren Nachdem führende Sozialdemokraten das Wort Amtszeit präsentiert. Gemeinsam mit den Kollegen der „Gesamtschule“ nach leidvollen Erfahrungen in FDP hatten wir 1999 ein mutiges Regierungsprogramm verlorenen Wahlkämpfen lange Zeit aus ihrem vorgelegt, Sprachschatz verbannt hatten, entdeckt die Land- tags-SPD ihre Liebe zur „Einheitsschule“ ... plötz- (Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) lich wieder. ... Auf lange Sicht das in vier Jahren nachweislich Punkt für Punkt nahezu – so die SPD – vollständig abgearbeitet werden konnte. Das geschaffene strebe ihre Partei das Ende des dreigliedrigen Vertrauen hat beiden damaligen Regierungsparteien ein Schulsystems an, ... glänzendes Wahlergebnis eingebracht. Dann heißt es: Meine Damen und Herren, seit zweieinhalb Jahren ist die Union als alleinige Regierungspartei in der Verantwor- Schluss also mit irreführenden Wortschöpfungen, tung. Wir arbeiten weiter daran, durch realistische Ziele zumal sich mit der Forderung nach der flächende- das Vertrauen in die politische Gestaltung dieses Landes ckenden Gesamtschule, so glaubt Habermann, in zu stärken. Der Haushalt für das Jahr 2006 belegt dies wie- Hessen wieder Wahlkämpfe gewinnen lassen. der eindrucksvoll. Lassen Sie mich dies an wenigen Bei- Diese gesamte Pressemeldung wird durch den Redakteur spielen illustrieren. mit dem Hauptsatz eingeleitet: „Vorwärts in die Siebzi- gerjahre“. Beispiel Schulpolitik: Ich habe von der Verantwortung für die künftigen Generationen gesprochen. Dabei ist es mir (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE besonders wichtig, zu betonen, dass unser Hauptaugen- GRÜNEN): Da treffen wir Sie dann! – Norbert merk der Förderung von Kindern und Familien gilt. Hes- Schmitt (SPD): Das sagt der Richtige!) sen ist in den vergangenen Jahren gut vorangekommen auf dem Weg, Bildungsland und Familienland zu werden. Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Haben Sie denn Unter der Verantwortung von Karin Wolff erhalten un- nichts gelernt aus der Bildungsdebatte der letzten Jahr- sere Kinder wieder die Ausbildung, die sie auf die Her- zehnte? ausforderungen der Zukunft in einer globalisierten Welt (Beifall bei der CDU) vorbereitet. Haben Sie nicht gelernt, dass wir schwächere Schüler in (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Wir einem gegliederten Schulsystem genauso fördern und for- hatten doch einmal einen Kultusminister Wagner!) dern müssen, wie ich vorhin sagte, wie besonders begabte Schüler? Das will ich besonders unterstreichen: Die Bildungsfrage ist in hohen Maße eine soziale Frage. Hier geht es um in- (Norbert Schmitt (SPD): Wo ist das bei Ihren 10 % dividuelle Zukunftschancen. Die Bildungsexperimente Schulabgängern ohne Abschluss?) rot-grüner Regierungen in Hessen und anderenorts wa- „Zurück in die Siebzigerjahre“, das ist offenbar das Motto ren, wie wir heute alle wissen, mit Wettbewerbsnachteilen der Schulpolitik dieser SPD in Hessen. für die Kinder verbunden. Insbesondere die Diffamierung des Leistungsprinzips in Schule und Universität und die (Beifall bei der CDU – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Verketzerung der so genannten Sekundärtugenden haben So ist es, nichts gelernt!) das Bildungsniveau substanziell geschwächt. Ich sage das, was ich an früherer Stelle häufig gesagt habe: (Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann Eine Zwangseinheitsschule für alle widerspricht der Ver- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Welche Sekun- schiedenheit der Begabungen und Neigungen der Schüler därtugenden haben Sie denn? Benehmen gehört und ist sozial ungerecht, weil sie gerade lernschwächere nicht dazu!) Schüler, aber auch besonders begabte Schüler nicht aus- reichend fördern kann. Unser Ziel ist es, jedes Kind, jeden Schüler entsprechend (Andrea Ypsilanti (SPD): So ein Unfug, was Sie da seinen Fähigkeiten optimal zu fördern und zu fordern. erzählen! Sie haben überhaupt keine Ahnung, Kein Kind darf zurückgelassen werden. Optimal fördern PISA nicht gelesen, keine Schlussfolgerungen gezo- und fordern heißt, die weitere Verbesserung der Unter- gen!) richtsqualität steht im Zentrum unserer Politik. Eine gute Unterrichtsqualität ist am besten mit einem System der Im Übrigen ist die Verbesserung des Bildungsniveaus Schulvielfalt bei einer Vielzahl von Schulformen zu errei- kein Selbstzweck.Auf einem immer enger werdenden Ar- chen. beitsmarkt konkurrieren hessische Schüler mit ihren Al- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6029 tergenossen etwa aus Bayern, Baden-Württemberg oder unterricht werden sich dann im Vergleich zu Rot-Grün Sachsen. Die hessische Schulbildung muss daher immer mehr als versechsfacht haben. mindestens so gut sein wie in den besten anderen Bundes- ländern – wenn es geht, noch ein bisschen besser. (Axel Wintermeyer (CDU): Hört, hört!) (Norbert Schmitt (SPD): Platz 7, Platz 13!) Bildungsqualität in Hessen: Zu rot-grünen Zeiten bundesweit verlacht; ich habe das im Landtag selbst mit- Meine Damen und Herren, ich will Ihnen einige unserer erlebt. Heute sind wir auf dem Weg an die Spitze. In Hes- Erfolge der letzten sechseinhalb Jahre vortragen. Gute sen gehen begabungs- und leistungsorientiertes Fördern Lehrerbildung: Wir haben die Lehrerbildung reformiert; und Fordern sowie soziale Bildungsgerechtigkeit zusam- denn frühzeitige Unterrichtspraxis ist entscheidend für men. den Erfolg von Lehren und Lernen. Fortbildungen für Lehrer sind verpflichtend. Damit dafür kein Unterricht (Andrea Ypsilanti (SPD): Ihr Weg an die Spitze ausfallen muss, sollen Fortbildungsveranstaltungen im wird für die meisten in die Sackgasse führen!) Regelfall nur außerhalb der Unterrichtszeiten stattfinden. Wir geben der Bildungspolitik weiterhin erste Priorität in Gute Deutschkenntnisse: Das Verstehen der Unterrichts- unserem landespolitischen Handeln. Sehr verehrte Frau sprache ist das A und O für den schulischen Erfolg. Die Kultusministerin Karin Wolff, ich möchte mich ausdrück- hessische Sprachförderung, insbesondere die Deutsch- lich bei Ihnen bedanken Vorlaufkurse, ist bundesweit vorbildhaft. (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei Abgeordneten der CDU) GRÜNEN): Weihrauch!) für das, was Sie in diesen sechseinhalb Jahren geleistet ha- Unterrichtsgarantie: Für jede Unterrichtsstunde nach der ben. Es ist eine stille Revolution zum Besseren in unseren Stundentafel stellt das Land ausreichend Lehrerstellen Schulen und zum Besten für unsere Kinder im Land Hes- zur Verfügung, und das bei einer gleichzeitigen Erhöhung sen. der Pflichtstundenzahl. Wir haben 100.000 Stunden Unterrichtausfall zu rot-grüner Zeit beseitigt. Wir haben (Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS die Mittel für den Vertretungsunterricht im Vergleich zu 90/DIE GRÜNEN): Dann kommt bald der Ver- rot-grünen Zeiten mehr als vervierfacht. Wir haben über dienstorden!) 3.500 neue Lehrerstellen und über 1.600 neue Referen- darstellen geschaffen. Auch die Kinderbetreuung will ich hervorheben. Die För- derung der Familien ist dieser Landesregierung ein ganz (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): wichtiges Anliegen. Das zeigt sich wiederum deutlich am Gleich 1.000 wieder gestrichen!) Haushaltsplan 2006. Meine Damen und Herren, das muss und wird sich auf die (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Quantität und die Qualität von Unterricht an hessischen Die Tankstelle breitet sich aus!) Schulen auswirken. Mit einer breit angelegten familienpolitischen Offensive (Beifall bei der CDU) beschleunigt die Landesregierung die Weiterentwicklung Hessens zu einem familien- und kinderfreundlichen Ganztagsangebote: Noch nie gab es so viele Schulen mit Land. Im Vordergrund steht dabei das Ziel, Eltern mehr Ganztagsangeboten in verschiedenen Formen wie heute. Möglichkeiten zur Vereinbarung von Familie und Beruf Der Bildungsetat liegt heute insgesamt auf einem Re- zu eröffnen, insbesondere durch den Ausbau von Kinder- kordniveau. 1998 hatten wir einen Bildungsetat von etwa c betreuung und eine familienfreundliche Gestaltung der 2,3 Milliarden . Heute haben wir einen Bildungsetat von Arbeitswelt. 2,8 Milliarden c, 500 Millionen c mehr, in D-Mark aus- gerechnet eine ganze Milliarde mehr, innerhalb von (Norbert Schmitt (SPD): Da sind Sie Experte!) sechseinhalb Jahren für die Ausbildung und die Zukunft unserer Kinder in Hessen. Hessen ist beim Ausbau des Kinderbetreuungsangebots zügig vorangekommen. Hier sprechen schon die nackten (Beifall bei der CDU) Zahlen eine deutliche Sprache. Mit über 244.000 Plätzen in Kindertageseinrichtungen steht heute ein differenzier- Meine Damen und Herren, mit diesen und anderen Maß- tes Angebot für alle Altersgruppen zur Verfügung. nahmen haben wir in der IGLU-Grundschulvergleichs- studie an die Spitzenreiter Bayern und Baden-Württem- (Andrea Ypsilanti (SPD): Mein Gott, 1 %!) berg aufgeschlossen. Wir haben uns bei PISA in allen Be- reichen verbessert. Insbesondere herrscht heute in Hes- Meine Damen und Herren, im Kindergartenbereich ist sen weitaus mehr soziale Bildungsgerechtigkeit als zu rot- eine Vollversorgung erreicht. Mehr als die Hälfte der Ein- grünen Zeiten, da der Zusammenhang zwischen sozialer richtungen ist mittlerweile länger als acht Stunden geöff- Herkunft und Schulerfolg weitaus geringer geworden ist. net. Die Zahl der Plätze in Tageseinrichtungen mit Mit- Wir konnten die Zahl der Hauptschulabgänger ohne Ab- tagsversorgung ist in Hessen auch im vergangenen Jahr schluss spürbar verringern – auch hier also mehr soziale wiederum deutlich gestiegen. Gerechtigkeit. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Damen und Herren, diese großen Erfolge werden Um 600! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS wir im nächsten Jahr sichern und konsequent fortsetzen. 90/DIE GRÜNEN): Noch 34 Jahre!) Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Mit der Unter- Bei der Integration behinderter Kinder liegt Hessen deut- richtsgarantie plus werden wir ab dem nächsten Jahr auch lich an der Spitze sämtlicher Bundesländer. kurzfristigen Lehrerausfall, etwa durch kurzfristige Krankheit, auffangen und die Selbstständigkeit der Schu- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): len weiter stärken. Die Mittel des Landes für Vertretungs- Selbsthypnose!) 6030 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Es ist uns gelungen, ein flächendeckendes Angebot be- Wirtschaftsstandort Deutschland nicht ernsthaft gefähr- reitzustellen, das wohnortnahe Betreuung in einem Re- den. Herr Al-Wazir, das macht uns gelassen, auch im Hin- gelkindergarten auch für behinderte Kinder gewährleis- blick auf Ihre Kritik, die nicht zieht, die nicht zukunfts- tet. orientiert ist und die an den Menschen und den Arbeits- plätzen unseres Landes völlig vorbeigeht. (Beifall bei der CDU) (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE Die CDU-Landtagsfraktion hat auf ihrer Klausurtagung GRÜNEN): Schauen wir mal, Herr Kollege!) eine Erhöhung der Mittel für die familienpolitische Of- fensive beschlossen. Im Vergleich zu 2005 werden im Die Landesregierung hat auch hier gezeigt, dass sie mit nächsten Jahr statt 14 Millionen c 23,2 Millionen c, also Augenmaß vorgeht. Die Interessen der Anwohner finden 9,2 Millionen c mehr, zur Verfügung stehen. ebenso ihre Berücksichtigung wie die Zukunftsfähigkeit der Rhein-Main-Region. Beides zu verbinden ist Aus- (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): druck verantwortlichen Handels. Nachdem Sie den Kommunen 55 Millionen c ge- nommen haben! Das ist nicht zu glauben! – Andrea Meine Damen und Herren, soweit von den GRÜNEN Ypsilanti (SPD): Das ist wohl ein Witz, erst geraubt und der SPD Vorschläge zum Haushalt bekannt gewor- und dann zurückgegeben!) den sind, offenbart sich darin nur eines: der Mangel eines geschlossenen Konzepts und große Hilflosigkeit. Diese Mittel sollen vor allem für die Betreuung von Kin- dern unter drei Jahren eingesetzt werden. Mit den Inves- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig! – Frank- titionen in diesem Schwerpunktbereich unserer Politik Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gehen wir unseren eingeschlagenen Weg kontinuierlich Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?) weiter. Ich möchte nur ein Beispiel herausgreifen. Die SPD plä- (Norbert Schmitt (SPD): Sie klauen den Kommu- diert für Vermögensteuer. nen 55 Millionen c, geben jetzt nicht einmal die Hälfte zurück und wollen sich feiern lassen! Das ist (Norbert Schmitt (SPD): Na klar!) unglaublich!) Sie haben es heute nochmals vorgetragen, Herr Walter. Meine Damen und Herren, auch im kommenden Jahr Ich habe gar nicht geglaubt, dass Sie noch immer an die- werden wir in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in- ser Klamotte festhalten. vestieren. Das Landestraßenbauprogramm wird um 10 (Jürgen Walter (SPD): Sie müssen richtig zuhören: c c Millionen auf nunmehr 75 Millionen aufgestockt. regionale Vermögensteuer!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al- Die SPD hat damit einen der ältesten ihrer Ladenhüter Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben wieder hervorgeholt. Der Griff in die verteilungspoliti- es ja!) sche Mottenkiste vermag die Probleme in unserem Land Selbst dann, wenn die Landesfinanzen günstiger sind, als nun wirklich nicht zu lösen. sie sich heute darstellen, glaube ich nicht, dass sich jemals (Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn eine grüne Hand dafür heben wird, dass endlich im Sinne (FDP) – Norbert Schmitt (SPD): Das war Ihr An- von Mobilität und damit von Lebensqualität von Men- trag! – Andrea Ypsilanti (SPD): Ein Witz!) schen zusätzliche Straßen gebaut werden. Herr Al-Wazir, Sie werden noch mit 70 gegen Straßenbau kämpfen. In Stattdessen gilt es, die eigenverantwortliche Vermögens- dieser Beziehung werden Sie weiterhin zu den Ewigges- bildung der Menschen zu unterstützen. Aus guten Grün- trigen gehören. den wird die Vermögensteuer in Deutschland seit 1997 nicht mehr erhoben, da sie durch eine Entscheidung des (Beifall bei der CDU – Lachen des Abg. Tarek Al- Bundesverfassungsgerichts mit dem Gleichheitsgrundsatz Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Frank-Pe- für unvereinbar erklärt worden ist. Die Gründe, die zu ter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So dieser Entscheidung führten, haben immer noch Gültig- ein Unfug!) keit. – Ich freue mich über Ihren heiteren Beifall. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Damen und Herren, die herausragenden Projekte Nicht Gleichheitsgrundsatz, Halbteilungsgrund- sind nach wie vor der Flughafenausbau in Frankfurt – satz! – Norbert Schmitt (SPD): Das war auch so auch ein besonderes Lieblingskind der GRÜNEN – und eine Erfindung von einem Professor aus Heidel- Kassel-Calden. berg!) (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE Diese Steuer ist eine reine Substanzsteuer, die eine Redu- GRÜNEN): Wir werden uns noch durchsetzen!) zierung des Vermögens herbeiführt und damit unmittel- bar das private Eigentum gefährdet. Darüber hinaus – das Der Flughafen Kassel-Calden ist und bleibt ein Leucht- wird häufig in der gesamten Diskussion vergessen – läuft turmprojekt für Nordhessen und ein bedeutender Wirt- die Vermögensteuer der Förderung der privaten Alters- schaftsfaktor für die gesamte Region. vorsorge grundlegend zuwider. (Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS (Norbert Schmitt (SPD): Was für ein Quatsch!) 90/DIE GRÜNEN): Ihr müsst Leuchttürme hin- stellen, weil keine Flugzeuge kommen werden!) Da gibt es weitere Vorschläge. Ich habe wirklich gedacht, ich befinde mich in einer Diskussionslandschaft der hessi- Die Bedeutung des Flughafenausbaus in Frankfurt wird, schen Landespolitik der Neunzigerjahre. Die Grundwas- wie ich bereits sagte, inzwischen nur noch von den GRÜ- serabgabe wird wieder gefordert. NEN infrage gestellt. Aber auch die grüne Taktik der Na- delstiche und der Verunsicherung der Bevölkerung kann (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): dieses Vorhaben mit seiner ernormen Bedeutung für den Ja!) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6031

Aber ich muss immerhin dem Sprecher der SPD einräu- und damit ein ganzes Stück Freiheit. Ich will nur gern ein- men – das war in diesem Fall Herr Schmitt –, dass er je- räumen, dass in einer Koalitionsvereinbarung mit der denfalls bei diesem völlig absurden Vorschlag versucht FDP noch mehr an Freiheitsvorstellungen der CDU hat, sich ein bisschen der Wahrheit zu nähern, indem er durchsetzbar gewesen wäre. Folgendes gesagt hat: Für die Grundwasserabgabe kalku- liert die SPD 50 Millionen c ein, die vollständig in Wald- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aber hallo!) sanierung, Wasser- und Bodenschutz fließen sollen. In Hessen kann bereits besichtigt werden, dass sich dieses Schmitt räumte ein, dass der Betrag voraussichtlich auf Wagnis der Freiheit lohnt. die Wasserrechnungen aufgeschlagen werden müsste. – Vielen Dank für die Ehrlichkeit. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Um Gottes willen!) (Norbert Schmitt (SPD): Na klar! Ehrlichkeit unterscheidet uns von dieser Landesregierung!) So werden wir auch im kommenden Jahr unbeirrt und mit Augenmaß den Weg der Freiheit und der Verantwortung Ich sage, es ist nicht nur ein Aufschlagen auf die Wasser- beschreiten, auch als Vorbild und Ansporn für andere. rechnung, es ist auch eine Verminderung der Wettbe- werbsmöglichkeit Hessens im Vergleich zu anderen (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU – Nor- Bundesländern. Deshalb ist die Grundwasserabgabe ein bert Schmitt (SPD): Er wirbt schon für eine große weiterer Beitrag zu weiterer Arbeitslosigkeit. Auch das Koalition in Hessen! Das wird aber nichts, mit sol- vergessen Sie in Ihrer Ideologie. chen Freunden!) (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das Gegenteil ist der Fall, weil sie Investitionen auslöst! Vizepräsident Frank Lortz: – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 6.000 Arbeitsplätze hat sie geschaffen!) Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Wagner. – Meine Damen und Herren, zum Einzelplan 02 gibt es keine Wortmel- Meine Damen und Herren, dann kommt der Höhepunkt. dungen mehr. Die SPD-Fraktion sieht weitere Einsparmöglichkeiten. Weitere 42,6 Millionen c könne man bei der Ausstattung Wir hatten vereinbart, dass wir jetzt über die beiden vor- der Verwaltung mit Computerprogrammen kürzen. liegenden Anträge, Drucks. 16/4951 und 16/4955, abstim- men. (Norbert Schmitt (SPD): Sehr gut!) Ich rufe zuerst den Dringlichen Antrag der Fraktion der Herr Schmitt, die SPD Hessen marschiert zurück in die FDP betreffend Haushaltsgesetz 2006 verfassungsgemäß Steinzeit. Wo leben Sie denn? ausgestalten, Drucks. 16/4951, auf. Wer diesem Antrag (Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Norbert seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzei- Schmitt (SPD): 800.000 c haben Sie allein für die chen. – Das sind SPD, GRÜNE und FDP.Dagegen? – Die CeBIT ausgegeben, so ein Stuss!) CDU. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt. Wir können unsere öffentliche Verwaltung und unsere Dann rufe ich Punkt 58 der Tagesordnung auf:Dringlicher Dienstleistungen für den Bürger überhaupt nur erbrin- Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend gen, wenn wir mit moderner Bürokommunikation ausge- Missachtung der Würde des Hessischen Staatsgerichts- stattet vorgehen. Die SPD Hessen will dagegen zurück in hofs durch die SPD-Fraktion, Drucks. 16/4955. Wer die- die Steinzeit. sem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU und FDP. Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Neidde- batten nach alter Genossenmanier führen nicht zu mehr (Jürgen Walter (SPD): Mit der Meinungsfreiheit ist Gerechtigkeit, sondern heizen Verteilungskämpfe an und es bei der FDP auch nicht mehr weit her!) stiften gesellschaftlichen Unfrieden. Dagegen? – SPD und GRÜNE. Damit ist dieser Antrag (Beifall bei Abgeordneten der CDU) mit Mehrheit beschlossen. Wir brauchen keine Neiddebatten. Wir dürfen auch Sozi- Meine Damen und Herren, wir kommen zum alpolitik nicht länger allein als staatliche Umverteilung Einzelplan 03 – Hessisches Ministerium des Innern und definieren.Wir müssen unsere Bürger wieder in ihrer Ver- für Sport – antwortung für sich und die Mitmenschen ernst nehmen und sie in dieser Selbstverantwortung stärken. In einer Die erste Wortmeldung ist von unserem Kollegen Ru- Bürgergesellschaft können Private oft vieles besser und dolph, SPD-Fraktion. Bitte sehr, Sie haben das Wort. effektiver als der Staat. (Unruhe) (Beifall bei der CDU – Jürgen Walter (SPD): Als – Meine Damen und Herren, darf ich Sie bitten, Platz zu diese Landesregierung jedenfalls! – Norbert nehmen, und diejenigen, die nicht Platz nehmen, bitten, Schmitt (SPD): Am besten, wir privatisieren die nach draußen zu gehen? Ich bitte Sie jetzt um Aufmerk- Landesregierung!) samkeit für unseren Kollegen Rudolph. Mit der Justizvollzugsanstalt Hünfeld und dem Universi- tätsklinikum Marburg-Gießen hat die Hessische Landes- regierung Modellprojekte geschaffen, die dieser Einsicht Günter Rudolph (SPD): folgen. Der Haushaltspan 2006 zeigt, Hessen wird auf die- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- sem Weg in die Zukunft entschlossen weiter vorangehen. ren! Es war ein schlechtes Jahr für Hessens Bürgerinnen Die Bundeskanzlerin hat uns in ihrer Regierungserklä- und Bürger. rung zugerufen: „Mehr Freiheit wagen“. Lieber Jörg-Uwe Hahn, wenn man die Koalitionsvereinbarung der großen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Koalition sieht, findet man darin ein ganzes Stück CDU GRÜNEN) 6032 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Denn durch die falschen Weichenstellungen der CDU-Po- Es gibt schon heute eine riesige Arbeitsverdichtung durch litik gefährden Sie insbesondere auch die innere Sicher- die Personalkürzungen bei der Polizei. Zukünftig können heit in Hessen. Es war aber auch ein schlechtes Jahr für die Aufgaben nur noch sehr eingeschränkt wahrgenom- Sie, Herr Innenminister Bouffier. Sie haben eine Vielzahl men werden. von Affären und Pannen bei der Polizei zu verantworten. Die Vorfälle haben sich in einer derartigen Weise gehäuft, Auch Ihre Alternativen – Einführung von Wachpolizei dass viele gesagt haben, eine derartige Serie von Skanda- und freiwilliger Polizeidienst – werden nicht besser, je län- len habe es in den letzten Jahren noch nie gegeben, und ger Sie sie machen. Dies gilt auch für Ihren freundlichen Recht haben die, die das behauptet haben. Hinweis auf sozialdemokratisch geführte Kommunen. Ich habe einmal ein paar SPD-Bürgermeister gefragt, warum (Beifall bei der SPD) sie es eigentlich machen. Sie sagen, sie täten es, weil das Land mit der Anzahl der Polizeistellen nicht hinterher- Ihre falschen Weichenstellungen aus der „Aktion düstere komme. Sie tun es also aus der puren Not heraus und Zukunft“, nämlich bis 2008 360 Stellen bei der Vollzugs- nicht, weil sie es besonders toll finden, Herr Innenminis- polizei und 608 Stellen im Tarifbereich zu streichen, wer- ter. Das ist die Wahrheit in Hessen. den leider auch im Haushalt 2006 nicht korrigiert. Durch die teilweise Schließung bzw. Reduzierung von Dienst- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE stellen auch im ländlichen Raum wird die Polizeipräsenz GRÜNEN) nicht zunehmen. Sie wird vielmehr deutlich einge- Das sind die falschen Antworten, die Sie auf die existie- schränkt. Auch dies ist ein völlig falsches Signal. renden Fragen bei der Bedrohung der inneren Sicherheit (Norbert Schmitt (SPD): Leider ist es so!) geben. Wir brauchen eben nicht nur Amateure zur Ge- währleistung und Aufrechterhaltung der inneren Sicher- Herr Bouffier, es ist auch deswegen der falsche Ansatz, heit.Wir brauchen mehr gut ausgebildete Polizeibeamtin- weil die Kriminalität in den letzten drei Jahren über- nen und -beamte. durchschnittlich – nämlich um fast 13 % – gestiegen ist. Hessen liegt beispielsweise bei der Aufklärung bundes- (Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Das haben Sie weit nur auf Platz 11; das ist nicht besonders gut.Auch das zehnmal gesagt, es stimmt beim elften Mal noch im- ist ein Ergebnis Ihrer falschen Politik. mer nicht!) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE – Ja, Herr Klein, denn Sie haben es immer noch nicht ver- GRÜNEN – Minister Volker Bouffier: Das sind standen. Das ist ganz einfach: Wo Polizei drinsteckt, muss Zahlen!) auch Polizei draufstehen und umgekehrt. Das ist ganz ein- fach. Wir wollen keine Amateure, sondern Profis. – Ja, das hat Ihnen Herr Walter heute Morgen auch schon gesagt: Das sind objektive Zahlen. Das hat nicht die böse (Beifall bei der SPD) Opposition erfunden, sondern das sind nachprüfbare Wir brauchen aber auch eine Stärkung der Präventions- Zahlen. Sie mögen Ihnen zwar nicht passen, aber sie sind mittel. Sie ist mit eines der wirkungsvollsten Elemente der leider traurige Realität und Beleg für die völlig falsche Po- Kriminalitätsbekämpfung. Prävention dient aber auch der litik im Bereich der inneren Sicherheit, Herr Innenminis- Erhaltung des sozialen Friedens. Herr Innenminister, was ter. Sie so gerne als moderne Sicherheitsarchitektur bezeich- (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU) nen, entpuppt sich leider immer mehr als eine Bauruine. – Das können wir für Ihren „Wetzlar-Kurier“ leider nicht Wir haben deshalb in den Haushaltsplanberatungen ein- sagen; dafür ist die Angelegenheit viel zu traurig und viel gebracht, die 360 PVS-Vermerke aus den Stellenplänen zu schlimm, was dort an polemischer Politik weiterhin be- für die Vollzugspolizei zu streichen; das ist ein richtiger trieben wird. Herr Irmer, Sie haben es gerade nötig, hier Ansatz. Wir schlagen vor, 250 BAT-VIb-Stellen zu schaf- so aufzutreten. fen. Denn auf diesen Stellen werden Vollzugsbeamte ge- führt. Das ist der falsche Ansatz. Insbesondere die Zahl der Körperverletzungen ist stark angestiegen. Dabei ist eine zunehmende Neigung festzu- Wir brauchen wieder mehr gut ausgebildete Polizeibe- stellen, Konflikte mit körperlicher Gewalt auszutragen. amte, weil in den nächsten Jahren deutlich mehr Beamte Dies gilt leider insbesondere unter jungen Menschen. aus Altersgründen ausscheiden. Sie ersetzen diese Anzahl nicht vollständig. Sie haben für 2005/2006 250 Stellen vor- Wir haben ebenso einen starken Anstieg von Wohnungs- gesehen, aber wir haben einen höheren Bedarf an ausge- einbrüchen zu verzeichnen. Wie lautet die Antwort des bildeten Polizeibeamten in den nächsten Jahren. Des- Innenministers? – Es gibt zunächst einmal weniger Perso- wegen sind unsere Ansätze gut und richtig. nal bei der Polizei. Damit ist klar: Es ist eine völlig falsche Weichenstellung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es gibt weniger Polizeibeamte vor Ort. Es gibt weniger Streifen und weniger effektive Kriminalitätsbekämpfung. Herr Innenminister, Sie haben jetzt eine eigene Sport- Das ist der falsche Weg. gruppe eingerichtet. 15 Stellen sind es jetzt, und 15 sollen es auch im nächsten Jahr sein. Ihr niedersächsischer Kol- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE lege macht das auch.Wahrscheinlich ist es ein Wettbewerb GRÜNEN) unter den Innenministern. Die Bundeswehr hält sich in Warendorf eine Sportgruppe. Herr Innenminister, Sie neigen ohnehin zu Schönfärberei. Die „Polizeirundschau“ hat viele Bilder, und die „Bild“- Damit es einmal deutlich gesagt wird: Das kann man alles Zeitung haben Sie dieses Jahr sogar noch getoppt. Da machen, aber was Sie machen, geht zulasten der normalen schreiben Sie immer, was Sie Tolles leisten. Dabei fragen Polizeivollzugsbeamten. Dann müssen Sie zusätzliche wir uns doch, ob Sie die Realität vor Ort zur Kenntnis Mittel bereitstellen. Es darf aber nicht zulasten des jetzi- nehmen. gen Systems gehen, weil schon jetzt Stellen fehlen. Nur zur Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6033

Profilierung darf dies nicht geschehen, Herr Innenminis- munale Familie, und daran ist insbesondere auch die fal- ter. sche Finanzpolitik dieser Landesregierung schuld. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD) Aber es ist klar: Sie wollen sich mit etwas Schönem son- Von 21 Landkreisen können 20 ihre Haushalte nicht mehr nen, weil einiges in der Polizei in Hessen nicht stimmt. ausgleichen. Sie fordern dann auch noch über die RPs eine Erhöhung der Kreisumlagen. Sie und diese Regie- Ihr Landespolizeipräsident Nedela versucht mit einem rung legen zum fünften Mal einen verfassungswidrigen sehr zentralistischen System, alle Leute auf seine Linie zu Haushalt vor und knebeln die Kommunen. Das ist Heu- bringen. Unterhalten Sie sich einmal mit vielen Leuten chelei pur, und die haben Sie als Innenminister zu verant- bei der Polizei – ob das Personalvertreter oder Gewerk- worten, Herr Bouffier. schaftsvertreter sind.Wie Sie das tun, kann man auch Per- sonalpolitik betreiben: alles zentral ausgerichtet auf (Beifall bei der SPD) Herrn Nedela. Sie sind dann in dem Erlass so großzügig und sagen, die So ist auch Ihre Personalpolitik angelegt, nämlich immer kommunale Ebene könne gänzlich auf die Erhebung von nach dem Motto: Was nützt mir das als Innenminister? – Kindergartengebühren verzichten – diese Geste ist ja sehr Das führt zu einer großen Verunsicherung, aber auch zu nobel –, aber sie muss gleichzeitig sagen, wie sie diese Be- großen Verärgerungen in vielen Teilen der Polizei. träge einsparen will. Das ist eine Chuzpe hoch drei: Ein- erseits wird den Kommunen aus der rechten Tasche das Meine Damen und Herren, deshalb versuchen Sie, mit Geld entzogen, andererseits werden sie aufgefordert, aus vielen schönen Worten Ihre schlechte Politik im Bereich der linken Tasche die Gelder zu kompensieren. der inneren Sicherheit zu übertünchen. Das will ich am Schluss sehr deutlich sagen: Die hessischen Polizeibeam- Die Haushaltslage der 426 Kommunen ist dramatisch. tinnen und -beamten leisten trotz dieses Innenministers Das hat vielerlei Ursachen, aber eine liegt auch an der eine großartige Arbeit, und deswegen gebührt ihnen von mangelnden Finanzausstattung durch diese Landesregie- unserer Seite ein herzliches Dankeschön dafür. rung. Sie versuchen, das mit solch unsinnigen Erlassen, wie Sie sie in die Welt gebracht haben,zu lösen. Nein, Herr (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Innenminister, dieser Erlass ist nicht von dieser Welt. GRÜNEN) Wissen Sie, das kennen wir ja aus den Beratungen zur Po- Sie sind als Innenminister aber auch für die Tarifverhand- lizei. Es sind sehr konkrete Vorschläge, und da können wir lungen im öffentlichen Dienst zuständig, und da stellen einmal sehen, ob Sie diesen zustimmen. Sie sagen immer Sie zum zweiten Male hintereinander einige 100.000 c für nur: Macht Vorschläge. – Dann machen wir Vorschläge, Rechtsgutachten und Rechtsanwaltskosten im Haushalts- und diese werden mit Ihrer Mehrheit abgebürstet. Sie plan bereit. müssen sich schon entscheiden, was Sie wollen. Es gibt Meine Damen und Herren, Hessen ist nach Berlin das sinnvolle Vorschläge von SPD und GRÜNEN und auch einzige Bundesland, das die Tarifgemeinschaft der Länder der FDP in diesen Bereichen. Sie müssen sie einfach an- verlassen hat. Bis zum heutigen Zeitpunkt sind Sie nicht nehmen, Herr Innenminister. bereit, konstruktive Gespräche mit den Gewerkschaften zu führen. Wir brauchen in schwierigen Haushaltslagen Vizepräsident Frank Lortz: eine vernünftige Gesprächsbasis mit Tarifpartnern im öf- fentlichen Dienst. Herr Kollege Rudolph, Sie hatten uns darum gebeten, dass wir Ihnen nach neun Minuten mitteilen, dass Ihre Es darf nicht Ihre Methode gelten, dass die Gewerkschaf- Redezeit abläuft. Das war der Hinweis. ten das zu tun haben, was Sie wollen. Vielmehr ist ein ge- meinsames Miteinander der richtige Weg. Dann brauchen Sie nicht Hunderttausende von Euro für Rechtsgutachten Günter Rudolph (SPD): herauszuwerfen. Reden Sie vernünftig mit den Tarifpart- nern. Dann gibt es unserer Auffassung nach vernünftige Ich habe auch das im Griff. Vielen Dank, Herr Präsident. Lösungen auch und gerade im Tarifbereich des öffent- (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem lichen Dienstes, dem Sie sich verweigern. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD) Sie haben als Innenminister zu verantworten – bei der Vizepräsident Frank Lortz: Einzelplanaussprache geht es um die politischen Schwer- punkte und nicht um einzelne Haushaltsstellen –, wie Sie Glauben Sie ja nicht, dass Sie noch einmal einen Hinweis mit den Kommunen umgehen. Da haben Sie im Sommer bekommen. diesen tollen Erlass zur Konsolidierung der kommunalen Haushalte herausgeben. Da gab es wochenlang Empö- rung bis tief in Ihre eigenen Reihen. Einige sagen, der Günter Rudolph (SPD): Innenminister sei weit zurückgerudert. Ich habe es Ihnen Deswegen bleibt zum Schluss bei den Beratungen zum schon einmal gesagt: Ich teile nicht diese Auffassung, da Einzelplan festzustellen: Die falsche Weichenstellung ins- ich Sie kenne. Sie sind selten bereit, zurückzurudern, besondere im Bereich der inneren Sicherheit durch Sie, selbst wenn Sie Fehler machen. Herr Innenminister, geht konsequent weiter. Da belegen (Zuruf des Ministers Volker Bouffier) Sie konsequent die Spur. Auch wenn Sie in die falsche Richtung fahren, bleiben Sie unbeirrt. – Ja, ich kenne Sie mittlerweile. Insofern sagen wir: Ihre Politik ist der falsche Ansatz. Er Sie haben eine kleine Modifikation vorgenommen. Im schadet den hessischen Bürgerinnen und Bürgern, und Kern heißt es allerdings, Sie gängeln weiterhin die kom- von daher ist es nur richtig und konsequent, dass wir diese 6034 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Politik als falsch bezeichnen. Wir haben Ihnen unsere Al- tik und dafür weniger Fälle von Mord. Ich hätte gerne bes- ternativen aufgezeigt. Es liegt an Ihnen. Nehmen Sie ver- seren Schutz für die Opfer von Stalkern. nünftige Vorschläge an. Es tut allen in Hessen gut. – Vie- len Dank. (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Andreas Jürgens (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) GRÜNEN) Straftaten, die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Sicher- heitsgefühl besonders berühren, konnten deutlich zurück- Vizepräsident Frank Lortz: gedrängt werden. Um weitere personelle Spielräume für eine Steigerung der Polizeipräsenz zu schaffen, werden Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph, dass Sie einsichtig die Dienststellen neu organisiert, werden die „Schutzleute geworden sind. vor Ort“ eingesetzt. (Gerhard Bökel (SPD): Wie war denn das zu ver- Herr Rudolph, selbstverständlich wird die Schutzpolizei stehen?) durch den Einsatz von Wachpolizistinnen und Wachpoli- zisten entlastet und nicht ersetzt, wie Sie immer wieder – Immer nur gut von mir. – Ich rufe jetzt Frau Kollegin wahrheitswidrig behaupten. Die Wachpolizei übernimmt Zeimetz-Lorz für die CDU-Fraktion auf. unter anderem Aufgaben in den Bereichen Objektschutz, Verkehrsüberwachung, Gefangenentransport, Ab- schiebungen oder ID-Behandlungen. Hinzu kommen Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): noch die vielen freiwilligen Polizeihelfer in mittlerweile Die Einsichtsfähigkeit kann sich allerdings nur auf die ca. 80 Kommunen landesweit.Wie ich gehört habe, gibt es Redezeit bezogen haben. 25 weitere Kommunen, die beabsichtigen, den freiwilligen Polizeidienst einzuführen. Meine Damen und Herren von (Beifall bei der CDU) SPD und GRÜNEN, auch wenn es Ihnen nicht passt, ist das ein hessisches Erfolgsmodell. Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die innere Sicherheit war, ist und bleibt zentrales Anlie- (Beifall bei der CDU) gen der hessischen Christdemokraten und befindet sich, ganz im Gegensatz zu Ihren Äußerungen, Herr Kollege Seit etwa einem Jahr haben wir in Hessen das modernste Rudolph, in bester Verfassung. Polizeigesetz Deutschlands. Unsere technische Ausstat- tung für die Polizei ist bundesweit führend, und das soll (Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- auch in Zukunft so bleiben. Die Landesregierung und NIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Blick in die Statistik auch die Mehrheitsfraktion haben bei allen Einsparungs- sei empfohlen!) maßnahmen stets darauf geachtet, dass sie nicht zulasten der inneren Sicherheit gehen. Dies spiegelt sich nach un- Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und GRÜ- serer Überzeugung auch im vorliegenden Haushaltsent- NEN, die hessische Polizei war, ist und bleibt die am be- wurf wider. sten ausgebildete, die am besten bezahlte und die am be- sten ausgestattete Polizei bundesweit. Seit 2002 verfügt die hessische Polizei über 11.000 mo- derne, vernetzte Computer. Ab 2007 werden etwa 10.000 (Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- der vorhanden POLAS/COMVOR-Arbeitsplätze ausge- NIS 90/DIE GRÜNEN): Nur bundesweit?) tauscht. Hessen hat rund 7 Millionen c in den ersten Darauf sind wir alle stolz und danken unserer Polizei.Wir nachtflugtauglichen Hubschrauber investiert. Damit ha- haben die höchste Aufklärungsquote, die es jemals in Hes- ben sich die einsatztaktischen Möglichkeiten insbeson- sen gegeben hat. dere bei Fahndungen nach Schwerkriminellen und bei Vermisstenfällen deutlich erhöht. (Beifall bei der CDU) Zu Wasser kann die Polizei seit einigen Monaten mit der Im vergangenen Jahr hat die hessische Polizei mehr als die neuen „Hessen 4“ für mehr Sicherheit sorgen. Die CDU- Hälfte aller bekannt gewordenen Straftaten aufgeklärt. Fraktion ist stolz darauf, dass die größte Fahrzeugmoder- Herr Rudolph, Sie haben die Steigerung der Kriminalität nisierung in der Geschichte der hessischen Polizei auch in angesprochen. Sie wissen es ganz genau und wir sowieso: den nächsten Jahren fortgeführt werden wird. Intensivierte Polizeiarbeit, verstärkte Kontrollen und Fahndungen, gezieltes Vorgehen gegen bestimmte Krimi- (Beifall bei der CDU) nalitätsformen, das wir alle wollen – beispielsweise bei In diesem Jahr wurden rund 100 neue Streifenwagen und häuslicher Gewalt oder Internetstraftaten – haben zu ei- 20 neue Motorräder angeschafft. Für die in den Jahren ner höheren Anzahl aufgedeckter Fälle geführt. 2006 bis 2008 anstehenden Ersatzbeschaffungen ist mit ei- (Michael Denzin (FDP): Wir sind die Nummer eins ner entsprechenden Verpflichtungsermächtigung in Höhe in Afrika!) von 18,7 Millionen c im Haushaltsplan 2006 Vorsorge ge- troffen worden. Damit ist auch das Versprechen gehalten, Ich möchte ein weiteres Beispiel anfügen, für das es hof- dass die Wagen nach etwa fünf Jahren ersetzt werden sol- fentlich in Kürze eine vernünftige bundesrechtliche Re- len. gelung geben wird: das Thema Stalking. Das ärgert mich schon; denn ich bin mir sicher:Wenn wir es ordentlich un- Meine Damen und Herren, lange schien es so, als würde ter Strafe stellen, werden wir mehr erfasste Straftaten in der Mord an einem 13-jährigen Jungen aus Darmstadt diesem Lande haben. Ich muss ganz offen sagen, ich hoffe niemals aufgeklärt werden. sehr darauf. Ich habe gelesen, dass am 6. Dezember ein (Axel Wintermeyer (CDU): Richtig!) Stalker seine Exfrau erstochen hat. Ich möchte solche Fälle in diesem Land in Zukunft nicht mehr erleben. Ich Doch endlich, nach sechs Jahren, identifizierte ein Zah- hätte lieber mehr Fälle von Stalking in der Kriminalstatis- lencode den Täter. Ein in einem Berliner Gefängnis ein- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6035 sitzender Einbrecher hatte freiwillig eine Speichelprobe Wegen der Fußballweltmeisterschaft wurde ein mit 3,3 abgegeben. Damit konnte der Mord an dem 13-jährigen Millionen c dotierter Verstärkungstitel eingerichtet, um Jungen aufgeklärt werden. die Mehrausgaben bei der Sportförderung, dem Katastro- phenschutz und der Polizei zu decken. Im Einzelnen wer- Die DNA-Analyse hat sich inzwischen zu einem unver- den von dem Titel unter anderem Veranstaltungen im zichtbaren und überaus effektiven Instrument zur Aufklä- Sportbereich, Mehrbedarf bei der Polizei für die Unter- rung von Straftaten erwiesen. Durch den Abgleich von bringung der Einsatzkräfte, Einsatzverpflegung und Auf- DNA-Spuren der hessischen Polizei mit der beim BKA wandsentschädigung für Ehrenamtliche bei den Hilfsor- geführten DNA-Analysedatei konnten zwischen Januar ganisationen abgerechnet. Damit ist Hessen auch in fi- 2001 und September 2005 insgesamt 4.026 Treffer erzielt nanzieller Hinsicht gut für das Großereignis Weltmeister- werden. Damit war der Polizei die Zuordnung zu Spuren schaft gerüstet. anderer Tatorte oder die Ermittlung der Täter bei 3.510 Diebstahlsdelikten, in 303 Fällen von Raub und Erpres- (Beifall bei Abgeordneten der CDU) sung, bei 46 Tötungsdelikten – wie etwa an dem 13-jähri- gen Jungen aus Darmstadt –, bei 61 Fällen von Taten ge- gen die sexuelle Selbstbestimmung und 20 Fällen von Vizepräsident Frank Lortz: Körperverletzung möglich. Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, achten Sie auf die Redezeit? Wegen der steigenden Bedeutung der DNA-Analyse sol- len im Haushalt 2006 zusätzlich etwa 300.000 c bereitge- Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): stellt werden. Darüber hinaus – das ist uns sehr wichtig – wird der Personalbestand beim LKA für die DNA-Ana- Ich bin gleich fertig, Herr Präsident. Vielen Dank für den lytik von jetzt 20 auf insgesamt 40 Mitarbeiter verdoppelt Hinweis. – Auch sonst wird die Sportförderung auf hohem werden. Niveau fortgesetzt. (Beifall bei der CDU) Herr Rudolph, Ihre Äußerungen haben mich sehr über- rascht. Da die Oppositionsfraktionen insgesamt nur drei Damit das Landeskriminalamt auch weiterhin professio- Änderungsanträge zum Einzelplan 03 gestellt hatten, war nell und mit den modernsten kriminaltechnischen Metho- ich zu der Auffassung gekommen, dass sie mit dem Ein- den arbeiten kann, ist im Wirtschaftsplan des Hessischen zelplan 03 zufrieden sein müssten. Deswegen hat es mich Immobilienmanagements im Jahr 2006 der Ausbau des erstaunt, dass sie doch nicht zufrieden sind. Sie sind nicht kriminalwissenschaftlichen und technischen Instituts vor- zufrieden zu stellen, jedenfalls kann ich nicht hoffen, dass gesehen. sie dem Einzelplan 03 gerne zustimmen werden. Die CDU-Fraktion wird dies jedenfalls mit großer Freude tun. Neben der Ersatzbeschaffung von Streifenfahrzeugen – Herzlichen Dank. werden zur Fußballweltmeisterschaft rund 400 hochmo- derne Multifunktionsstreifenfahrzeuge für die Sicherheit (Beifall bei der CDU) im Einsatz sein.

Die vor einigen Jahren begonnene Ausbildungsoffensive Vizepräsident Frank Lortz: trägt nun Früchte. Im kommenden Jahr werden rund 500 Polizisten mehr ihre Ausbildung beendet haben, als al- Vielen Dank, Frau Kollegin Zeimetz-Lorz. – Das Wort hat tersbedingt Beamte ausscheiden werden. Meine Damen Herr Abg. Frömmrich, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE und Herren, lieber Herr Rudolph, das hat zur Folge, dass GRÜNEN. im Jahr 2006 erstmals in unserer Geschichte alle unbe- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Jetzt kommt Freude setzten Planstellen des Polizeivollzugsdienstes besetzt auf! – Weitere Zurufe von der CDU) sein werden.

(Beifall bei der CDU) Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Damit ist die hessische Polizei auch personell super aus- Ja, Herr Kollege Irmer, wenn ich Sie anschaue, muss ich la- gestattet. Auch im kommenden Jahr werden wieder 250 chen. Das ist in der Tat so. Anwärter eingestellt werden – im Gegensatz zu anderen Bundesländern, die überhaupt nicht mehr ausbilden oder (Beifall des Abg. Mathias Wagner (Taunus) ihre ausgebildeten Anwärter nicht übernehmen. Da är- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) gert es mich schon, wenn Herr Rudolph hier behauptet, es Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- würde abgebaut. ren! Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, Sie haben wie jedes Jahr (Axel Wintermeyer (CDU): Sehr richtig!) nett vorgetragen zur Situation der Polizei in Hessen. Sie haben wieder die Lobeshymne auf diese Landesregierung Ich will doch ein Stück weit in die Geschichte zurückge- gebracht. hen und Ihnen ins Stammbuch schreiben, dass es SPD und (Axel Wintermeyer (CDU): Das muss man auch!) GRÜNE waren, die allein zwischen 1995 und 1999 bei der Vollzugspolizei 400 Planstellen abgebaut und die Anwär- Aber, Frau Kollegin, mit der Realität hat das leider nichts terzahlen dramatisch heruntergefahren haben. zu tun, was Sie uns hier erzählen wollen. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Hört, hört! – Axel (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES Wintermeyer (CDU): Das ist die Wahrheit!) 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU)) Wer so etwas „geleistet“ hat, sollte an dieser Stelle besser schweigen. Sie gehen immer wieder darauf ein, wie es in der Vergan- genheit war, wie die Lage seinerzeit bei Rot-Grün gewe- (Beifall bei der CDU) sen ist. 6036 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

(Peter Beuth (CDU): Das war ja auch katastro- Sicherheit in Hessen aus. Das, was Sie uns hier vormachen phal!) wollen, ist nicht die Realität. Sie verschweigen dabei aber, dass Rot-Grün seinerzeit (Zuruf der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU)) eine Riesenkraftanstrengung unternommen hat. Was die Polizei in Hessen betrifft, so entspricht die Rea- (Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): Wobei denn?) lität nicht dem, was in der „Polizeirundschau“ steht. Viel- mehr deckt sich die Realität mit dem, worüber wir im Das gibt selbst der Minister manchmal zu. Rot-Grün hat Hessischen Landtag diskutiert haben und worüber andere eine Riesenkraftanstrengung nicht nur gemacht, sondern berichten. Der Herr Minister veranstaltet mittlerweile ei- auch durchfinanziert. Das ist die Einführung der zweige- nen Wettlauf mit dem ehemaligen Justizminister ange- teilten Laufbahn. Man muss der Ehrlichkeit halber sagen, sichts der Frage:Wer kommt am schnellsten in die „Bild“- Frau Kollegin Zeimetz-Lorz: Zeitung? Das ist die Realität in Hessen. (Zuruf der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU)) Die Großrazzia in Frankfurt war ein riesengroßer Skan- Als wir die zweigeteilte Laufbahn eingeführt haben, war dal. Der Knöllchenbetrug hat 600.000 c Schaden verur- Ihr ehemaliger Vorsitzender Manfred Kanther auf einem sacht. Das sind die Realitäten in unserem Land, und dar- ganz anderen Weg. Er war seinerzeit noch dagegen. Das über können Sie nicht einfach hinweggehen. haben wir gegen den erbitterten Widerstand von Herrn Das trifft auch auf den Umgang mit dem Personal zu. Man Kanther eingeführt. So sehen die Realitäten in Hessen muss fast dankbar sein – Herr Kollege Rudolph hat es ge- aus. sagt –, dass die Polizistinnen und Polizisten trotz – nicht (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wegen – Ihrer Politik noch so motiviert sind. So sieht die und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Realität in diesem Land aus. Armin Klein (Wiesbaden) (CDU)) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sie müssen sich an dem messen lassen, was Sie in Regie- Günter Rudolph (SPD): Der Minister telefoniert rungsprogramme geschrieben haben. Im Regierungspro- gerade!) gramm steht – der Kollege Al-Wazir hat es vorhin schon Sie haben die Polizisten zur Mehrarbeit verpflichtet. Sie gesagt – zum Bereich innere Sicherheit, dass die Krimina- haben das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld gestri- litätsbelastung gesenkt werden soll. – Das ist die Vorgabe, chen. So sieht die Realität in diesem Land aus. Man muss die Sie ins Regierungsprogramm geschrieben haben. wirklich sagen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Fortgesetzte Zurufe der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz trotz Ihrer Politik in diesem Land so gut arbeiten. (CDU)) (Günter Rudolph (SPD): Der Minister telefoniert Die Realitäten im Lande sehen leider anders aus, Frau da vorne! Das ist unglaublich!) Kollegin Zeimetz-Lorz.Wir haben in den letzten drei Jah- ren eine Zunahme von 13 % bei der Kriminalität gehabt. – Da der Minister sowieso nicht zuhört, kann ich es mir Wir sind auf Platz 11 abgerutscht. Das ist die Realität im schenken, auf einen Punkt einzugehen, zu dem ich eigent- Lande Hessen. lich etwas Versöhnliches sagen wollte. Es geht um die Innenministerkonferenz und den Vorschlag, den Sie dort (Axel Wintermeyer (CDU): Nicht bei der Aufklä- zum Bleiberecht für ausländische Flüchtlinge gemacht ha- rungsquote! – Erneuter Zuruf der Abg. Birgit Zei- ben. metz-Lorz (CDU)) Herr Innenminister, es hat mich sehr gewundert, dass aus- Mit Verlaub, Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, Sie müssen sich gerechnet jemand, der jahrelang durchs Land gezogen ist an den Realitäten in Hessen messen lassen. Wir messen und jede Verbesserung bei der Aufenthaltsgewährung für diesen Innenminister natürlich auch daran, wie er mit der Ausländerinnen und Ausländer bekämpft hat, in der Polizei umgeht, was er bei der Polizei macht. Innenministerkonferenz einen solchen Vorschlag unter- breitet. Wir haben Ihren Vorschlag sehr begrüßt, weil wir (Günter Rudolph (SPD): So ist es!) glauben, dass wir alle dafür Sorge tragen müssen, dass wir Im letzten Jahr kann man das unter die Überschrift „Plei- an diesem wichtigen Punkt zu einem Ergebnis kommen. ten, Pannen und Skandale“ stellen. Das ist die Realität. Es geht nicht nur um den Aufenthalt von Erwachsenen, sondern wir müssen hier das Problem des Aufenthalts von (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kindern lösen. und bei Abgeordneten der SPD) Nur, Herr Minister, auch dabei messen wir Sie an dem, Es gibt die Vorkommnisse beim Präsidium für Technik, was Sie tun, nicht aber an dem, was Sie ankündigen. Logistik und Verwaltung. Dazu läuft ein Untersuchungs- ausschuss. Seit sechs Monaten warten wir auf die Akten, damit der Untersuchungsausschuss mit seiner Arbeit Vizepräsidentin Ruth Wagner: überhaupt anfangen kann. Das ist die Realität in Hessen. Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen. (Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): Die Akten sind längst da!) Der Herr Minister hat die untergeordneten Behörden Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nicht im Griff. Er kennt sich mit der Aktenführung nicht Frau Präsidentin, ich komme sofort zum Schluss. – Wenn aus. Die Sachbearbeiter wissen nicht, wer zeichnen darf. Sie in der Innenministerkonferenz damit nicht durchkom- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) men, erwarten wir von Ihnen, dass Sie im Hessischen Landtag einen eigenen Vorschlag einbringen. Das wäre Außerdem geht es um die Dokumentation von Vergabe- ein zukunftsweisender Weg, der zeigen würde, wie es für verfahren. Frau Zeimetz-Lorz, so sieht es bei der inneren die Betroffenen weitergehen könnte. Herr Minister, Sie Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6037 sollen nicht nur Ankündigungen machen, sondern wir mussten, warum sie dorthin gegangen sind. Meine sehr werden Sie daran messen, wie Sie im Hessischen Landtag verehrten Damen und Herren, das geht so nicht. springen. (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 90/DIE GRÜNEN) Wir alle wissen – alle, die dort gesprochen haben, haben Vizepräsidentin Ruth Wagner: darauf hingewiesen –, dass die IRH vom Verfassungs- schutz nicht nur beobachtet wird, sondern dort auch no- Der nächste Redner ist Jörg-Uwe Hahn für die FDP- tiert ist. Wenn die IRH meint, das geschehe zu Unrecht, Fraktion. möge sie zum Verwaltungsgericht oder zum Verwaltungs- gerichtshof gehen, die letztlich darüber entscheiden. Des- halb sind wir stolz darauf, dass Deutschland ein Rechts- Jörg-Uwe Hahn (FDP): staat ist. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Aber dass die Menschen, die dort hingehen und dafür Fraktionsvorsitzende der FDP hat in der Generaldebatte werben, dass die Grundwerte unserer Verfassung umge- gesagt, dass es bei den einzelnen Häusern immer Licht- setzt werden, stigmatisiert werden – seien es Kollegen aus und Schattenseiten gibt. Der innenpolitische Sprecher der dem Landtag oder Präsidenten der Polizeibehörden –, FDP-Fraktion kann das für das Innenministerium bestäti- konterkariert die positiven Anmerkungen, die ich im Zu- gen. sammenhang mit dem Vorschlag zum Bleiberecht ge- Ich will mit den guten und lobenswerten Seiten beginnen. macht habe. Wie mein Vorredner Herr Frömmrich weise ich mit (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS Freude darauf hin, dass der Innenminister – ob abgespro- 90/DIE GRÜNEN) chen oder nicht – gemeinsam mit dem liberalen Innenmi- nister von Nordrhein-Westfalen in der Innenministerkon- Wir haben eine sehr gut ausgebildete und ausgestattete ferenz eine Initiative zu dem Thema Bleiberecht ergriffen Polizei. Ich bin ein bisschen stolz darauf, nicht ganz unbe- hat. Ich bin sehr dankbar dafür. Dadurch wird nämlich teiligt daran zu sein, dass dies in den Jahren von 1999 bis deutlich, dass dies nicht nur für die SPD, die FDP usw. ein 2003 gemeinsam mit Volker Bouffier – teilweise gegen Thema ist, sondern dass sich auch die CDU-Innenminister den Widerstand der Finanzpolitiker, heißen sie nun Karl- damit beschäftigen. heinz Weimar oder Roland von Hunnius – durchgesetzt wurde. Wir müssen uns wieder einmal darüber unterhalten – das ist alle fünf bis sechs Jahre auf der Tagesordnung –, aber Aber wir haben nun einmal festgestellt, dass im Sommer auch Entscheidungen dazu treffen, wie wir mit den so ge- dieses Jahres einige Punkte auf die Tagesordnung kamen, nannten Altfällen unter den Zuwanderern umgehen. Es die in dieser Häufigkeit eigentlich nicht auf die Tagesord- ist wieder an der Zeit. nung kommen dürften. Darüber haben wir hier schon dis- Herr Bouffier, es ist schade, dass die Innenministerkonfe- kutiert. Das eine Thema ist in einem Untersuchungsaus- renz zu dem Vorschlag, den Sie und der Innenminister von schuss gut aufgehoben.Wie uns der Herr Innenminister in Nordrhein-Westfalen, Herr Dr. Ingo Wolf, gemacht ha- der Ausschusssitzung vorgetragen hat, werden auch die ben, keine Entscheidung getroffen, sondern ihn erst ein- anderen Probleme in absehbarer Zeit gelöst sein. Ich mal an die Ausschüsse überwiesen hat. Der entspre- meine z. B. das Thema: Wie begleitet man medial eine chende Druck ist weiterhin vorhanden. Durchsuchungsaktion Auf der anderen Seite – das passt zu dem Thema Integra- (Günter Rudolph (SPD): Eine Razzia!) tion – finde ich das Verhalten der gesamten Landesregie- – eine Razzia –, wie sie z. B. im Frankfurter Bahnhofsvier- rung, aber auch das der CDU-Landtagsfraktion bei dem tel durchgeführt worden ist? Herr Kollege Rudolph, so- Thema „Wie geht man mit islamischen Organisationen lange ich keinen Vorschuss zahlen muss, nehme ich alle um?“ falsch. Sie wissen, dass die IRH Ende Oktober/An- Ihre Wortmeldungen auf. fang November zum Fastenbrechen eingeladen hat. Alle Fraktionsvorsitzenden wurden dazu eingeladen. Das ist Über das Thema Ballungsraum haben wir schon gestern eine Kontinuität. Auch der Landtagspräsident hat vor ei- diskutiert. Nach unserer liberalen Auffassung ist die nigen Jahren einmal dort gesprochen. Ich rede von der Union dabei nicht weit genug gesprungen. Sie hat Angst IRH, nicht von irgendeinem anderen Verband der Mus- vor der eigenen Courage und vor einigen Fürsten, die das lime in Deutschland. auf der kommunalen Ebene im Rhein-Main-Gebiet of- fensichtlich anders sehen. Aber da jetzt der Oberfürst in Nun hat aber die Union beschlossen, dass das nicht gut der Regierung sitzt, könnte man eigentlich ein bisschen sei, und zwei Sachen gemacht, die sich nicht gehören. Zum intensiver durchgreifen. einen ist es dem Kollegen Gotthardt zu verdanken, dass Tarek Al-Wazir, Jürgen Walter und ich in der „Bild“-Zei- (Beifall bei der FDP) tung nach dem Motto „Wanted! Das sind die Verräter, die Das Problem Landtagswahlkreise haben wir gemeinsam zur IRH gehen“ erwähnt wurden. Ich finde das unkolle- gelöst. Das war eine Beschäftigung, die sozusagen als Sah- gial und sage das hier sehr bewusst noch einmal. nehäubchen dazukam und im letzten Jahr einige innenpo- (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS litische Sprecher und andere zeitlich belastet hat. Ich 90/DIE GRÜNEN) werde nie verstehen, warum ich dafür so viel Zeit auf- wenden musste.Aber es ist gut über die Rampe gegangen. Zum anderen waren dort einige Präsidenten anwesend. Zum Beispiel haben auch Polizeipräsidenten an dieser Veranstaltung teilgenommen. Man hört aus gut unterrich- Vizepräsidentin Ruth Wagner: teten Kreisen, z. B. aus der Friseurinnung, dass die Präsi- denten sich anschließend dafür rechtfertigen und erklären Herr Kollege, Ihre Redezeit ist fast abgelaufen. 6038 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Jörg-Uwe Hahn (FDP): regiert und ein solches Ergebnis nie auch nur ansatzweise erzielt hat, hierhin stellt und uns kritisiert. Frau Präsidentin, das ist die Redezeit der FDP-Fraktion. Ich hoffe, dass es nicht auf Kosten derjenigen geht, die sich (Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Ein mit Wissenschaft und Kunst beschäftigen. – Das war ein bisschen bescheidener!) Scherz. Ich kann nur sagen, das ist das beste Ergebnis, das wir je Meine letzte Bemerkung bezieht sich noch einmal auf die hatten.Als Sie die Verantwortung getragen hatten, hatten Polizei. Herr Kollege Frömmrich, ich kann es nicht mehr wir auch nicht ansatzweise die Chance, über 50 % zu hören, wenn Sie sich hierhin stellen und, obwohl Sie von kommen. nichts eine Ahnung haben, die zweigeteilte Laufbahn lo- (Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Ein ben. In diesem Raum sitzen Menschen, die dabei waren. bisschen mehr Demut!) Sie können Ihnen sagen, wie das gelaufen ist. Die haben das schon mindestens zehnmal ins Protokoll diktiert. Die Zahl der Vollzugsbeamten ist entgegen allen Ihren Auch Sozialdemokraten, z. B. Gerhard Bökel, haben das Behauptungen nicht gesunken, sondern sogar gestiegen. zu Protokoll gegeben. Sie ist in den Jahren 2004 und 2005 gestiegen, und sie wird auch im Jahre 2006 steigen.Wir werden alle Polizeistellen Die ersten Papiere dazu wurden auf den Tisch gelegt, als besetzen. der Innenminister Milde hieß. Man hat begonnen, es um- zusetzen, als der Innenminister Dr. Günther hieß. Es (Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD)) wurde weiter umgesetzt, als der Innenminister Bökel Das hat es in meiner Erinnerung – ich kenne das Haus seit hieß. 1982 – noch nie gegeben.Auf diese Erfolge können wir ge- (Norbert Schmitt (SPD): Kanther hat es gestoppt!) meinsam stolz sein. Unter Innenminister Gerhard Bökel wurde es aber nicht Das sind die Voraussetzungen, die notwendig sind. Die abgeschlossen. Dafür musste dann der Innenminister Herausforderungen – darüber hat keiner der Kollegen ge- Bouffier sorgen. Hören wir doch auf, uns gegenseitig et- sprochen, aber ich denke, das muss ich tun – an die Ge- was auf die Backe zu schmieren. Das haben wir wirklich währleistung der inneren Sicherheit nehmen nicht ab. gemeinsam gemacht. – Vielen herzlichen Dank. (Günter Rudolph (SPD): Das habe ich schon ge- (Beifall bei der FDP) sagt!) Wir sollten uns von den eingefahrenen Gleisen, wer was wann wo erzählt hat, verabschieden. Bei der allgemeinen Vizepräsidentin Ruth Wagner: Kriminalität gibt es von uns politisch zusätzlich gewollte Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Bouffier Herausforderungen. Die Bekämpfung von Stalking ist ein das Wort. Beispiel, die Bekämpfung der häuslichen Gewalt und die Bekämpfung von Graffiti sind weitere Beispiele. Das sind drei Bereiche, die vor wenigen Jahren nirgends verfolgt Volker Bouffier, Minister des Innern und für Sport: wurden, jedenfalls nicht in Hessen. Deshalb ist es töricht, nur mit dieser Statistik zu arbeiten. Denn das Ergebnis Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es zeigt dieser statistischen Betrachtungen ist: Je weniger die Poli- sich, dass das Innenressort ein weites Feld ist. Die Kolle- zei machte, desto weniger wurde statistisch erfasst. ginnen und Kollegen haben zum Teil ganz unterschiedli- che Themen angerissen. Da aber auch die Mitglieder der (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Landesregierung gebeten worden sind, die Redezeit ein- NEN): Das war auch 1997 schon so!) zuhalten, bitte ich um Verständnis dafür, dass ich nicht auf Dann könnten wir Jubelstürme auslösen. – Herr Frömm- jeden Sachverhalt, der von vier Kollegen angerissen rich, ich werbe dafür, dass Sie ein bisschen aus den ausge- wurde, so eingehen kann, wie ich es möchte. Wir werden latschten Gleisen dieser alten, völlig törichten Diskussion an anderer Stelle noch genügend Gelegenheit haben, uns herauskommen. auszutauschen. (Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Reinhard Kahl (SPD): Es gibt weitere Debatten!) NEN): Klar, wenn es Ihnen passt!) Das Thema Polizei und innere Sicherheit steht besonders Wir sollten vergleichen, wie wir im Bundesdurchschnitt im Mittelpunkt. Deshalb möchte ich dazu einige wenige dastehen. Das halte ich schon für notwendig.Alle 110 Kol- Bemerkungen machen. Die hessische Polizei ist hervorra- legen sollten ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern sa- gend aufgestellt. Sie leistet hervorragende Arbeit. Das gilt gen: Hessen ist bei der Kriminalitätsbelastung deutlich für die rund 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unter dem Bundesdurchschnitt, obwohl wir einer der zen- hessischen Polizei, in besonderer Weise aber auch für das tralen Punkte sind, wohin viele Menschen kommen und Landespolizeipräsidium und für den Landespolizeipräsi- gehen. denten. Das will ich sehr deutlich sagen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Wir haben jetzt in Hessen die beste Aufklärungsquote seit Das Rhein-Main-Gebiet ist der zentralste Platz in Bestehen dieses Landes zu verzeichnen. Frau Kollegin Deutschland mit einer Fülle von Kriminalität, die kommt Zeimetz-Lorz hat darauf hingewiesen. Auf Kollege Ru- und geht. dolphs Hinweise hin, das sei nicht so berauschend, habe ich oft genug erklärt, dass wir dort weiter arbeiten wollen. (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nach allem, was ich sehe, werden wir dort auch weiter ar- NEN): Das war 1997 auch schon so!) beiten. Trotzdem sind wir deutlich unter dem Bundesdurch- Herr Kollege Rudolph, ich finde es grandios, dass sich ein schnitt. Das kann niemand bezweifeln. Deshalb darf man Repräsentant der Partei, die hier insgesamt fast 50 Jahre es auch einmal sagen. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6039

(Axel Wintermeyer (CDU): Das muss man lobend benstellung, die uns täglich fordern wird. Sie wird uns in erwähnen! – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich besonderer Weise auch im nächsten Jahr fordern. Wir ge- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) hen im nächsten Jahr auf die Fußballweltmeisterschaft zu. Das ist ein Ereignis, auf das wir uns alle sehr, sehr freuen, Nächstes Beispiel. Die hessische Sicherheitsarchitektur, aber auch ein Ereignis, das für die nächsten 30 bis 40 Jahre auf die wir gemeinsam stolz sind, ist heute ein Vorbild für das größte sein wird, das es in Deutschland jemals gab.Wir viele andere Länder und nebenbei auch für den Bund. Ich werden die Freude haben, die meisten Gäste in unserem erwähne nur zwei Beispiele. Ich bin froh, weil es heute Bundesland zu empfangen. niemand kritisch angemerkt hat. Deswegen unterstelle ich, hoffentlich nicht zu Unrecht, dass wir darüber nicht Wir werden die Aufgabe haben, dieses Ereignis „Zu Gast mehr diskutieren müssen. Heute ist die Einführung der bei Freunden“ so zu gestalten, dass der sich als besonders Videoüberwachung in Deutschland Standard. willkommener Gast fühlen darf, der sich auch sicher füh- len darf. Es stellt sich eine Fülle von Fragen. Ich denke, wir (Axel Wintermeyer (CDU): Richtig!) sind gut vorbereitet. Wir arbeiten täglich daran. Aber es Als wir das vor sechs Jahren eingeführt haben, war dieser gibt keinen Anlass, sich entspannt zurückzulehnen. Ich Teil des Hauses der Auffassung, das könne überhaupt sage heute: Es möge uns auch der gütige Gott begleiten, nicht in Betracht kommen. dass nicht das passiert, wofür wir jeden Tag üben,und dass nachher nicht das Geschwätz kommt, nach dem Motto, (Horst Klee (CDU): Untergang des Abendlandes! was wir vorher alles hätten bedenken sollen. Niemand – Zuruf des Abg. Armin Klein (Wiesbaden) kann mit Sinn und Verstand eine hundertprozentige Ga- (CDU)) rantie für die Sicherheit abgeben. Aber ich möchte aus- Heute ist in der Bundesrepublik Deutschland eine Viel- drücklich denen Danke sagen – das gilt für die Polizei; das zahl dessen Standard, was als Erstes in diesem Bundes- gilt aber auch für die Feuerwehr; das gilt für die Hilfsver- land gesetzlich geregelt und in die Praxis umgesetzt bände und für viele andere –, die bei diesen und anderen wurde, großen Ereignissen Hervorragendes leisten. (Günter Rudolph (SPD): Reden wir über die Er- Meine Damen und Herren, ich hoffe, es wird auch noch folge der Videoüberwachung! – Jürgen Frömmrich offiziell bestätigt. Ich weiß nicht, wer es mitbekommen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie viele Erfolge hat: Es ist zumindest verkündet, dass die brasilianische haben Sie nachzuweisen? Nur ein Video laufen zu Nationalmannschaft ihr Quartier in Hessen nimmt. lassen, reicht nicht aus! – Günter Rudolph (SPD): (Beifall) Sie brauchen Personal!) Meine Damen und Herren, ich finde, das ist eine sehr ob Sie das Kennzeichenlesegerät nehmen, ob Sie die schöne Nachricht. Das sagt nichts darüber aus, wie das IMSI-Catcher oder viele andere Dinge nehmen. – Herr Turnier ausgehen wird. Aber es sagt etwas darüber aus, Kollege Rudolph, der schönste Beleg dafür, dass Sie of- dass wir offenkundig so attraktiv sind, dass die weltattrak- fenkundig weitestgehend zustimmen, ist, dass bei Ihren tivste Mannschaft zu uns kommt. Das ist ein Anlass zur Anträge praktisch kein einziger Antrag zu diesem Thema Freude. dabei ist. (Günter Rudolph (SPD): Nein!) (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aber nicht in Lich!) Also könnte man davon ausgehen, dass Sie im Großen – Nein, Herr Kollege, wenn, dann Grünberg. In Grünberg und Ganzen damit einverstanden sind. So billig mache ich ist die Landessportschule. es mir nicht. Lassen Sie mich zwei abschließende Bemerkungen ma- (Günter Rudolph (SPD): Eieiei!) chen, weil ich mich grob an die Zeitvorgabe halten will. Frau Kollegin Zeimetz-Lorz hat als Einzige – ich will das Meine Damen und Herren, die hessische Sicherheitsar- hier auch tun – das Thema Sport angesprochen. Das Land chitektur ist Vorbild, und wir arbeiten ständig an ihrer Hessen ist unbestritten das Land, das sowohl bei Investi- Verbesserung. Wenn das nun auch Ihre Zustimmung fin- tionen als auch bei der Förderung in Deutschland Bei- det, bedanke ich mich ausdrücklich dafür. Wenn Sie noch spiele setzt.Wir sind das einzige Land in Deutschland, das nicht in allen Punkten zustimmen, so bin ich zuversicht- seine Anstrengungen für den Sport Jahr für Jahr erhöht. lich, dass wir Sie auf Dauer davon überzeugen können. Ich halte das ausdrücklich für richtig. Da die Opposition dies mit vornehmem Schweigen übergeht, will wenigstens Lassen Sie mich eine zweite Bemerkung machen. Ich ich es einmal sagen. kann sie sehr kurz halten, weil Frau Kollegin Zeimetz- Lorz das bereits angesprochen hat. Ich sage es im Stak- (Günter Rudolph (SPD):Was? Wir haben gar nicht kato. Die Ausbildungsoffensive geht weiter. Es werden zu- so viel Zeit, alle negativen Dinge aufzuführen! – sätzlich 250 Anwärter eingestellt. Noch nie ist so viel ge- Axel Wintermeyer (CDU): Verbesserungsvor- baut worden. Das Bauinvestitionsvolumen bei der Polizei schläge?) ist herausragend. Das wird niemand ernsthaft bestreiten. Die technische Ausstattung wird mit zig Millionen Euro – Herr Rudolph, Sie sind für jedes Stichwort dankbar. – kontinuierlich ersetzt. Der Fahrzeugpark wird kontinuier- Die Sportförderung in Hessen ist kein Negativpunkt, son- lich erneuert, und – auch das ist wichtig – wir sind bei den dern sie ist ein Glanzpunkt unseres Landes. Meine Damen modernsten Entwicklungen in Deutschland mit vorne da- und Herren, ich halte das für richtig. bei. Was unser Landeskriminalamt bei der DNA-Analyse (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der leistet, ist großartig. Dass wir dort das Personal verdop- FDP) peln, ist nicht selbstverständlich. Deshalb denke ich, dass man darauf hinweisen darf. Ich möchte – ich denke, da sind uns wieder alle einig – Unter dem Strich: Die innere Sicherheit in Hessen ist in (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einer sehr guten Verfassung. Sie ist trotzdem eine Aufga- NEN): Lenken Sie nicht ab!) 6040 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 meinen Dank ausdrücklich dem Landessportbund und Vizepräsidentin Ruth Wagner: den 8.500 Sportvereinen sagen, die wir in Hessen haben. Das, was sie tagtäglich für diese Gesellschaft leisten, ist Meine Damen und Herren, damit liegen in zweiter Le- hervorragend. sung zum Einzelplan 03 keine weiteren Wortmeldungen vor. (Günter Rudolph (SPD): Das ist gut so!) Ich rufe nun den Deshalb sind unsere Förderung und unser Einsatz für den Einzelplan 05 – Hessisches Ministerium der Justiz – Sport auch richtig. Herzlichen Dank dafür. auf. Ich gebe Frau Hofmann von der SPD-Fraktion als (Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel Erster das Wort. Sie haben zehn Minuten Redezeit ange- (FDP) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nie mehr zweite meldet. Liga!)

Letzte Bemerkung. In der Debatte ist ein großer und Heike Hofmann (SPD): wichtiger Bereich sowohl der Gefahrenabwehr als auch Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Einzel- des gesellschaftlichen Zusammenlebens unseres Landes plan 05 wird der Bedeutung der Justiz, der dritten Gewalt nicht angesprochen worden, nämlich der Brandschutz, der und ihrem verfassungsgemäßen Auftrag nicht gerecht. Katastrophenschutz und die Rettungsdienste. Über 80.000 Menschen leisten allein in Hessen ehrenamtlich ih- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) ren Dienst im Brandschutz. Ich denke, auch darüber müsste Einigkeit bestehen. Ihnen ebenso wie den Ange- Wir alle wissen, dass mit dem Haushalt 2006 der eingelei- hörigen der Hilfsverbände, also der Rettungsdienste und tete Stellenabbau in der Justiz – bis 2007/2008 sollen über des Katastrophenschutzes, ausdrücklich Dank zu sagen 800 Stellen in der Justiz abgebaut werden – weiter vollzo- und Anerkennung auszusprechen ist mir Verpflichtung. gen wird. Bereits in der Vergangenheit wurden 212,5 Stel- Meine Damen und Herren, das ist notwendig. len, wie es so schön heißt, in Abgang gebracht, davon al- lein 40 Stellen von Richtern und Staatsanwälten. (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der Hinzu kommen im zukünftigen Haushaltsvollzug 265,5 FDP) PVS-Vermerke und 82,5 Planstellen, die zum Wegfall vor- Ich hätte es vor drei Wochen nicht für möglich gehalten, gesehen sind und die wiederum mit Staatsanwälten und dass es in der Bundesrepublik nicht zu schaffen ist, in vier Richtern besetzt sind. Tagen ganze Gebiete an den Strom anzuschließen. Offen- Hinzu kommen fehlende Landesmittel für Vertretungs- kundig müssen wir da umdenken. Aber ich bin sehr stolz, und Aushilfskräfte bzw. entsprechende Beschäftigungs- dass in der Nacht zum Samstag von Hessen über 700 Feu- entgelte, die gerade in den Serviceeinheiten nicht mehr erwehrleute mit über 300 Aggregaten nach Nordrhein- zur Verfügung stehen. Westfalen gefahren sind und dort wichtigen und unver- zichtbaren Dienst geleistet haben. Das ist ein Beispiel he- Dabei ist doch unbestritten, dass die hessische Justiz für rausragender praktischer Hilfe ohne Hauptamtliche. Das eine effektive Aufgabenerfüllung auch die erforderliche haben sie ehrenamtlich gemacht. Meine Damen und Her- Personal- und Sachausstattung benötigt. Aber nicht nur ren, dafür bedanke ich mich. das: Mit dem drastischen Personalabbau korrespondiert ein immenser Anstieg der Verfahren in den verschiedenen (Beifall) Bereichen, was sich den aktuellen Geschäftszahlen und der Erhöhung der Verfahrensausgaben im Haushalt um Kurzum: Bei der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz 21,75 Millionen c gegenüber dem Vorjahr entnehmen haben wir eine hervorragende Zusammenarbeit. Dort ist lässt. nicht ein Cent gekürzt worden. Es ist eine Förderung auf höchstem Niveau. Sie ist richtig. Ich glaube, wir alle sind Ich greife exemplarisch die Staatsanwaltschaft Frankfurt zu Dank verpflichtet. am Main heraus. Hier sind die Eingangszahlen von 147.404 im Jahr 2002 auf 164.810 im Jahr 2004 gestiegen. Machen wir einen Strich darunter. Ich denke, zu dem Noch eine andere Zahl aus dem Bereich der Amtsgerichte Thema Ballungsraum und vielem anderen wird es Gele- in Zivilprozesssachen: Im Jahr 2002 gab es da 108.948 Ein- genheit geben, sich an anderer Stelle zu äußern. Ich je- gänge. Diese Zahl ist auf 116.946 im Jahr 2004 gestiegen. denfalls will mich herzlich bei all denen bedanken, die die Das sind immense Zahlen. wichtige Aufgabe der inneren Sicherheit unterstützen. (Norbert Schmitt (SPD): Sie ertrinken in Arbeit!) Der Kollege Hahn hat vorhin gesagt: Licht und Schatten. Der drastische Personalabbau und der Anstieg der Ein- – Kein Minister freut sich über alle Artikel.Aber nicht al- gangszahl in den unterschiedlichen Bereichen der Justiz les, was in der Zeitung steht, ist auch zutreffend. müssen dazu führen – das müsste auch Ihnen, Herr Ban- zer, bekannt sein –, dass die Prozesslaufzeiten zulasten der (Günter Rudolph (SPD): Das gab es früher auch Bürgerinnen und Bürger länger werden. schon! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Und die Friseuse!) (Norbert Schmitt (SPD): So ist es!) Wenn wir heute, nachdem sich der Rauch ein wenig ver- zogen hat, einmal gucken, was von diesem Getöse geblie- Das wollen und können wir von der SPD im Sinne der Jus- ben ist, dann erfreut es mich immer noch nicht, aber dann tiz eines effektiven Rechtsstaates nicht hinnehmen. bleiben die Gewichte richtig: Die innere Sicherheit ist in (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Hessen in hervorragenden Händen. – Vielen Dank. Mit alldem wird das Oberziel des Einzelplans 05 – ich darf (Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Jürgen zitieren: „eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Erle- Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) digung gerichtlicher und staatsanwaltschaftlicher Aufga- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6041 ben“ – nicht nur massiv gefährdet, sondern geradezu kon- Im Bereich der Betreuung haben wir durch die Reform terkariert. des Betreuungsrechts zumindest erreicht, insbesondere was die Vergütung der Berufsbetreuer anbelangt, dass wir (Boris Rhein (CDU): Erzählen Sie doch keine Ge- einen Trend, nämlich den stetigen Anstieg der Betreu- schichten, Frau Hofmann! Das stimmt doch nicht!) ungskosten, gestoppt haben. Gegenüber dem Ansatz von c Ich möchte noch zwei Aspekte im Personalbereich be- 39 Millionen im Jahr 2005 ist für 2006 ein leichter Rück- nennen. Im Fall des Mutterschutzes – hier schreibt § 12 gang zu sehen. Abs. 3 des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes vor, Der zweite Punkt sind Insolvenzsachen. Da steigen die dass da personeller Ersatz zu schaffen ist – stellt das Jus- Zahlen im Haushalt immens an; sie liegen jetzt bei tizministerium keinen Ersatz zur Verfügung, sondern 1.800.000 c. Das korrespondiert natürlich mit dem An- weist nur lapidar auf den so genannten Produktivitäts- stieg an Verbraucherinsolvenzverfahren. Deshalb fordern bzw. Rationalisierungsgewinn hin, der durch die Arbeits- wir – das ist ja auf der Bundesebene schon eingeleitet wor- zeitverlängerung und die Binnenmodernisierung der Jus- den – eine dringende Reform der Insolvenzordnung, etwa tiz entstanden sei. Die Vertretungsaufgaben müssen in im Bereich der Verfahrenserleichterung oder der Umge- solchen Fällen von dem ohnehin schon stark belasteten staltung des Einigungsversuchs. Das ist dringend von- Personal mit übernommen werden. Zum Teil müssen nöten. ganze Dezernate zeitweilig von anderen Personen mit übernommen werden. Das ist natürlich familien- und Der dritte Punkt ist die große Justizreform, der wir im frauenfeindlich. Deswegen fordern wir in solchen Fällen Prinzip auch in wesentlichen Punkten zustimmen, etwa im vom Justizministerium zumindest eine sachbezogene Ein- Bereich der funktionalen Zweizügigkeit oder auch im Be- zelfallprüfung. reich der Vereinheitlichung und Vereinfachung des Ge- richtsverfassungs- und -verfahrensrechts. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einen vierten Punkt haben wir auch bereits mehrfach stark kritisiert. In der hessischen Justiz hat es infolge Ihrer Ich möchte einen zweiten Aspekt benennen. Wir wissen, Politik, Herr Banzer, bzw. durch die Politik Ihres Amts- die Ausbildungskapazitäten sind in den letzten Jahren zu- vorgängers einen starken Rückschritt im Bereich der rückgefahren worden. Die Justiz entlässt, wenn sie noch außergerichtlichen Streitschlichtung gegeben. ausbildet, ihr teuer und mit vielen Steuergeldern ausge- bildetes Personal auf die Straße und hat dieses Fachper- (Boris Rhein (CDU): Ach, du liebe Güte!) sonal nicht mehr, natürlich auch nicht für die Zukunft. So wird die gerichtsnahe Mediation in Hessen nur sehr zö- Ich möchte das exemplarisch am Fall des Amtsgerichts gerlich umgesetzt. Die außergerichtliche Streitschlichtung Darmstadt darstellen. Dort hat überhaupt nur ein Drittel wird durch Ihre Politik geschliffen. Erst in der letzten Ple- des letzten Ausbildungsjahrgangs für Justizfachange- narsitzung hat die CDU mit ihrer Mehrheit beschlossen, stellte einen adäquaten Arbeitsplatz in der freien Wirt- dass die vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis 750 c schaft gefunden. Deswegen fordern wir als SPD Sie auf, nicht mehr der obligatorischen Streitschlichtung unterlie- dass Justizfachangestellte, wenn sie nicht übernommen gen. werden, zumindest einen befristeten Vertrag bekommen, damit sie wenigstens etwas Berufserfahrung in der Justiz (Boris Rhein (CDU): Nicht nur die CDU, sondern sammeln können, die für den Arbeitsmarkt sehr wichtig die überwiegenden Teile der Anzuhörenden!) ist. Sie beschreiten damit in Hessen einen Sonderweg, der (Beifall bei Abgeordneten der SPD) vom Bund auf der Bundesebene nicht mitgetragen wird – im Übrigen auch von keinem anderen Bundesland. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, angesichts der desaströsen Haushaltslage des Landes Hessen, die die Ich nenne ein weiteres Beispiel. Das Dritte Verwaltungs- CDU gerade durch ihre Ausgabenpolitik verursacht hat strukturreformgesetz hat dazu geführt, dass in weiteren und die wir heute Vormittag bereits ausführlich diskutiert Bereichen die Widerspruchsverfahren abgeschafft wor- haben, haben wir keine Wunschliste vorgelegt – das wer- den sind, etwa im Baurecht oder im Immissionsschutz- den Sie unseren Änderungsanträgen entnehmen –, son- recht. Daher verzeichnen die Verwaltungsgerichte in Zu- dern uns auf wenige Schwerpunkte konzentriert. kunft einen Anstieg an Verfahren. Ich möchte einen wichtigen Schwerpunkt benennen. Wir All diese Punkte tragen nicht zu einer Entlastung der Jus- fordern mit unserem Änderungsantrag, dass der Perso- tiz, zur Herstellung von Rechtsfrieden und natürlich auch nalstand bei den Staatsanwaltschaften und bei den Amts- nicht zur Förderung einer neuen Streitkultur in unserem anwaltschaften zumindest auf den Iststand von 2003 zu- Lande bei. rückzuführen ist, weil wir eine effektive Strafverfolgung in Hessen sicherstellen wollen. Sie ist aus unserer Sicht Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte nicht mehr gegeben. Schauen Sie sich allein die Krimina- zum Abschluss noch auf die JVA Hünfeld eingehen, die litätsentwicklung an. Schauen Sie sich z. B. auch die ent- vorige Woche offiziell eingeweiht worden ist. sprechenden Verfahrensabläufe bei der Staatsanwalt- (Boris Rhein (CDU): Jetzt kommt einmal etwas Po- schaft in Darmstadt an. Was sich dort im Moment ab- sitives, Frau Hofmann, nicht?) zeichnet, ist wirklich desaströs. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands Angesichts der Herausforderungen, vor denen die Justiz hat in seiner Pressemitteilung zu der Einweihung ge- infolge der Sparzwänge der öffentlichen Haushalte steht, schrieben, die JVA Hünfeld sei zum Erfolg verdammt. In der zunehmenden Komplexität des materiellen Rechts, der Tat ist diese Einrichtung zum Erfolg verdammt. Ich aber auch der Zunahme europarechtlicher Regelungen frage mich nur: zu welchem Preis? bedarf es auch struktureller Veränderungen innerhalb der Justiz. Ich möchte dafür vier Beispiele nennen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) 6042 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Die Landesregierung musste sich den Standort erst ein- Abrechnung der Baukosten sehe, mit den Privaten um mal teuer erkaufen. Die Stadt Hünfeld hat für ihre Stand- 5 Millionen c billiger gebaut haben, als das in staatlicher ortzusage 5 Millionen c und weitere Vergünstigungen be- Obhut der Fall gewesen wäre. Ein Erfolg ist es aber auch, kommen. wenn jährlich 660.000 c Betriebskosten eingespart wer- den. Das ist für uns ein Erfolg. Das sind Einsparungen für (Norbert Schmitt (SPD): Das ist in keiner Berech- die hessischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. nung enthalten!) Es muss aber auch die Personalentwicklung im Auge be- Da fragt man sich, ob sich die Landesregierung problema- halten werden. Ich habe das beim Bund der Strafvollzugs- tische Infrastruktureinrichtungen wie Haftanstalten, psy- bediensteten schon angekündigt. Hier werden wir keine chiatrische Kliniken etc. und auch ihre Durchsetzung er- Taschenspielertricks zulassen, Herr Minister. Hierauf kaufen will. Man fragt sich in der Tat:Ist das die Politik der wird das Augenmerk der FDP auch in Zukunft liegen. Landesregierung? Schließlich sind diese beiden Projekte, die Modernisie- rung der Justiz und die JVA Hünfeld, bereits in der Re- gierungszeit von FDP und CDU auf den Weg gebracht Vizepräsidentin Ruth Wagner: worden und werden von der CDU lediglich weiterver- Frau Hofmann, die von Ihnen gewünschte Zeit ist abge- folgt. laufen. (Beifall bei der FDP) Liebe Kolleginnen und Kollegen, größer ist der Bereich, Heike Hofmann (SPD): der Schatten wirft. Die Kürzungen bei den Richterinnen Noch kurz zwei Aspekte. Hünfeld ist gegenüber anderen und Richtern sowie beim nicht richterlichen Personal ist Anstalten privilegiert, was sich an der Belegung zeigt. Zu schon angesprochen worden. Auch wir halten dies für 50 % wird die Anstalt nur mit arbeitswilligen und arbeits- dumm gespart statt intelligent gekürzt, denn bei steigen- fähigen Erstverbüßern belegt; Mörder, Totschläger und den Eingangszahlen und bei den großflächigen Streichun- Sexualstraftäter werden dort nicht einsitzen. Das verän- gen der Widerspruchsverfahren bzw. der Abschaffung des dert natürlich die Belegungsstruktur in den anderen Haft- Devolutiveffekts im Widerspruchsverfahren werden auf anstalten negativ. Damit hat der Erfolg Hünfelds aus un- die Verwaltungsgerichte zusätzliche Verfahren zukom- serer Sicht einen weiteren hohen Preis. men. Hierfür ist in Ihrem Haushalt keinerlei Vorsorge ge- troffen worden, Herr Minister. Im Gegenteil, der Effekt Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich komme wird sein, dass dies der Bürger mit längeren Verfahren be- zum Schluss. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Ein- zahlen muss. Das heißt, er kommt später zu seinem Recht, zelplan der Justiz für das Haushaltsjahr 2006 einer mo- will heißen, er kommt später zu seinem Geld. dernen Justiz für Rechtsstaatlichkeit und Bürgernähe nicht gerecht wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Leider werden keinerlei zukunftsweisende Strukturen ge- GRÜNEN) schaffen, obwohl wir als FDP-Fraktion schon mehrfach sofort umsetzbare Vorschläge hierzu gemacht haben. Der erste Punkt betrifft die Einführung eines zentralen Vizepräsidentin Ruth Wagner: elektronischen Schuldnerverzeichnisses. Ich frage Sie al- len Ernstes, Herr Kollege Rhein:Wer kann etwas dagegen Nächste Rednerin ist Frau Beer für die FDP-Fraktion. Sie haben, endlich ein zentrales elektronisches Schuldnerver- hat fünf Minuten Redezeit angemeldet. zeichnis in Hessen einzurichten, statt 46 Karteikästen an (Boris Rhein (CDU): Jetzt sag einmal etwas Nettes, 46 Amtsgerichtsstandorten zu führen? Nicola!) (Beifall bei der FDP) Wir haben die Einrichtung eines solchen Verzeichnisses Nicola Beer (FDP): im Hessischen Landtag bereits im Jahr 2003 beschlossen, und zwar mit den Stimmen aller Fraktionen. Nun ist sogar Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber die Justizministerkonferenz – siehe deren Beschluss vom Herr Kollege Boris Rhein, man kann einige nette Kleinig- November – so weit, unsere Position zu unterstützen. keiten über den Einzelplan 05 sagen – die Kollegin Hof- Trotzdem wird im Einzelplanentwurf keinerlei Vorsorge mann hat das eben anders eingeschätzt –; aber, Herr Jus- getroffen, dies in Hessen endlich umzusetzen.Wir werden tizminister, auch dieser Einzelplan hat Licht und Schat- Ihnen mit einem Änderungsantrag helfen. Ich hoffe sehr, ten. Er ist, wenn ich einen Strich darunter ziehe, konzep- dass die CDU-Fraktion die Größe hat, ihrem Justizminis- tionslos, weil er zum Teil dumm kürzt, statt intelligent zu ter hier unter die Arme zu greifen. sparen, und weil er leider keine zukunftsweisenden Struk- turveränderungen in Angriff nimmt. (Beifall bei der FDP) Zunächst der freundliche Punkt, der vom Kollegen Rhein Zweitens. Wir setzen uns nach wie vor für eine zügigere gewünscht war, das Licht. Das ist heute Vormittag auch Vollstreckung rechtskräftiger Urteile ein, die mit einer schon kurz angesprochen worden. Zum einen schreitet Entlastung des Landeshaushalts in einer Größenordnung die Modernisierung der Justiz weiter voran. Die 35 Milli- von ca. 20 Millionen c pro Jahr einhergehen kann. Ich onen c, die wir hier investieren, sind gut angelegtes Geld nenne das Stichwort Privatisierung des Gerichtsvollzie- für eine moderne und effektiv arbeitende Justiz, die auch herwesens. Herr Minister, wir möchten, dass Sie diese Pri- ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlastet. vatisierung im kommenden Jahr engagiert angehen und damit die Position, die mittlerweile von der Justizminis- Zum anderen ist in unseren Augen, Frau Kollegin Hof- terkonferenz unterstützt wird, entsprechend umsetzen. mann, die teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt Hünfeld ein Erfolg. Sie ist schon ein Erfolg, weil wir, wie ich bei der (Beifall bei der FDP) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6043

Wir werden einen Änderungsantrag einbringen, der die- gierungszeit hat die Justiz wirklich ein Schattendasein ge- sen wichtigen Punkt auch in den Fachzielen verankert – fristet. Unter Ihrer Landesregierung war die Justiz be- quasi als Auftrag an Ihre Verwaltung, damit im Jahre 2006 stenfalls ein Stiefkind. die Umsetzung endlich erfolgt. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der FDP) Frau Kollegin Hofmann, bei aller persönlichen Sympa- Der dritte Punkt betrifft die Einrichtung einer Schwer- thie, die ich für Sie habe punktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen. Ich (Zurufe: Oh!) kann absolut nicht nachvollziehen, Herr Kollege Rhein, warum sich die CDU in diesem Land dem derart vehe- – das gilt im Übrigen auch für die vollzugspolitische Spre- ment widersetzt. Es geht darum, mit spezialisierten Staats- cherin Ihrer Fraktion, Frau Faeser; ich habe große Sympa- anwältinnen und Staatsanwälten zu zusätzlichen Vermö- thien für Sie beide –, gensabschöpfungen, zu zusätzlichen Geldbußen zu kom- men. Wir haben Ihnen in einem sehr, sehr detaillierten (Zurufe: Oh!) Konzept vorgerechnet, dass es hier zu einer Nettomehr- bin ich schon ein bisschen erstaunt über die große Geste, einnahme von 11 Millionen c im Jahr kommen könnte. mit der Sie Ihre Rede gehalten haben; denn die Anträge, Das können Sie mit Ihrer Eingreifreserve nicht leisten. die Sie vorgelegt haben, und das, was Sie zum Haushalt Die ist nicht so spezialisiert, die wird in allen möglichen gesagt haben, waren substanzlos. Es tut mir schrecklich Bereichen eingesetzt, wo Not am Mann oder an der Frau Leid: Das waren Luftnummern, das waren Luftbuchun- ist. Von daher sagen wir nach wie vor: Es ist wichtig, auch gen. die Weiße-Kragen-Kriminalität in Hessen effektiv zu ver- folgen. Das ist wichtig für den Finanzstandort Hessen. (Zurufe von der SPD) (Beifall bei der FDP) Die CDU-Landtagsfraktion und der CDU-Justizminister sind in Fragen des Justizvollzugs führend. Wir nehmen eine Vorreiterrolle bei der Modernisierung der Justiz ein. Vizepräsidentin Ruth Wagner: Wir sind Schrittmacher bei etlichen wegweisenden justiz- politischen Projekten, für die der Haushalt 2006 das Fun- Frau Beer, Sie müssten zum Ende kommen, Ihre Redezeit dament gießt. ist abgelaufen. Wir haben mit einem finanziellen Kraftakt – Frau Kolle- gin Beer hat darauf hingewiesen – ein Projekt von Nicola Beer (FDP): Schwarz-Gelb fortgeführt. Die schwarz-gelbe Koalition war eine tolle Koalition. Wir haben im Rahmen eines In- Ich ziehe ein Fazit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es vestitionsprogramms im Umfang von über 88 Millionen c gibt viele Ansätze, den Einzelplan 05 strukturell besser in den vergangenen Jahren eine umfassende Modernisie- aufzustellen. Sie werden aufgrund der Änderungsanträge rung der Justiz durchgeführt – für mehr Bürgernähe, für der FDP-Fraktion Gelegenheit haben, das zu tun. Ergrei- schnellere Arbeitsabläufe, für bessere Arbeitsbedingun- fen Sie diese Chance – vor allem, um den Haushalt ver- gen.Wir werden diese Offensive mit dem neuen Haushalt fassungskonform zu machen. bis Ende 2006 zum planmäßigen und erfolgreichen Ab- (Beifall bei der FDP) schluss führen. Ich will nur einige Punkte aufzählen: einheitliches Doku- mentenmanagement, elektronisches Grundbuch, elektro- Vizepräsidentin Ruth Wagner: nisches Handelsregister, Vereinsregister im Internet, Ein- Nächster Redner ist Herr Rhein für die Fraktion der satz modernster Videotechnik und die Ausstattung von Union. Sie haben zehn Minuten Redezeit. bislang 8.000 Arbeitsplätzen bei Gerichten, Staatsanwalt- schaften und Justizvollzugsanstalten mit modernster EDV.Es handelt sich um eine Investitionssumme von bis- c Boris Rhein (CDU): lang 50 Millionen . Im Haushaltsplan für 2006 stehen für die weitere Modernisierung insgesamt über 8,7 Millio- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Her- nen c zur Verfügung. ren! Mit dem Justizhaushalt für das Jahr 2006 treten wir c den Beweis an, dass die Justiz bei dieser Landesregierung Für die EDV-Ausstattung stehen 26 Millionen zur Ver- und bei dieser CDU-Landtagsfraktion oberste Priorität fügung. Wir treiben die Verbesserung der EDV-Ausstat- c genießt. tung mit einem Mittelvolumen von über 35 Millionen auch im Jahre 2006 konsequent voran. Wir sind stolz da- Frau Kollegin Hofmann, es wäre schon gut, wenn Sie die rauf, dass wir das so gemacht haben und dass wir dieses Grandezza besäßen, zumindest anzuerkennen, was wir für Projekt gemeinsam mit der FDP begonnen haben. Wir die Justiz leisten. Frau Beer hat wenigstens differenziert sind darauf nicht nur stolz, sondern all denen in der Justiz und gesagt, es gebe Licht und Schatten. Aber es gibt in dankbar, die das durch ihren wirklich tollen Einsatz erst diesem Entwurf natürlich mehr Licht. Das ist überhaupt möglich gemacht haben. Für diesen Einsatz sagt die keine Frage. CDU-Landtagsfraktion ein ganz herzliches Dankeschön. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP) Wir schaffen die zahlenmäßige Grundlage für eine Justiz- politik im Jahr 2006, die sich seit 1999 nachhaltig und Wir werden es im Vollzug des Haushalts 2006 schaffen, grundlegend positiv entwickelt hat. Sie wurde von Minis- alle 120 hessischen Gerichte, Staatsanwaltschaften und ter Christean Wagner entwickelt und wird von Minister Vollzugsanstalten mit vernetzter EDV sowie mit Fach- Jürgen Banzer positiv weitergeführt. Wir sollten die Kir- und Kommunikationssoftware auszustatten. Es handelt che im Dorf lassen, liebe Kollegin Hofmann. In Ihrer Re- sich dabei um 12.000 Arbeitsplätze. Das muss man sich 6044 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 einmal vorstellen. Das ist eine Herkulesaufgabe. Ich bin ist. Das ist so, weil wir ein besonderes Augenmerk auf den mir sicher, Frau Kollegin Hofmann, jetzt haben Sie die Justizvollzug legen. Grandezza, zu sagen: Dieses Erfolgsprojekt ist mit einem Namen verbunden, nämlich mit dem Namen des früheren Wir haben den Justizvollzug in allen Belangen neu ausge- Justizministers Dr. Christean Wagner. – Ich glaube, dass richtet, modern gemacht, sicher aufgestellt, indem wir ein Sie das so sehen werden. einheitliches Vollzugskonzept erarbeitet haben, uns dem Jugendvollzug in besonderer Weise widmen und mehr (Beifall bei der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Ausbildungs- und Qualifizierungslehrgänge anbieten. Ich Weihrauch!) habe es eben gesagt: Zu keiner Zeit stand in den Anstal- ten so viel Personal zur Verfügung.Weil das Geld für eng- Der Haushalt 2006 legt die Grundlage dafür, dass der hes- maschige Untersuchungen und Kontrollen zur Verfügung sische Justizvollzug auch weiterhin Maßstäbe setzt. Wir steht, haben mit der Inbetriebnahme der JVA Hünfeld bundes- weit Maßstäbe gesetzt. Das kann niemand ernsthaft be- (Heike Hofmann (SPD): Das stimmt doch über- streiten. haupt nicht!) Wenn ich schon dabei bin – leider ist Jürgen Walter jetzt gibt es so wenige Entweichungen, nicht da –:Wir müssen mit den Falschmeldungen, die er in seiner Rede eben abgelassen hat, aufräumen. Es ist doch (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr Unsinn, was Jürgen Walter zum Thema Personal erzählt gut!) hat. Fakt ist doch, dass zu keiner Zeit in Hessen so viel so wenig Lockerungsmissbrauch, so wenige Verdachts- Personal im Justizvollzug vorhanden war. Fakt ist, dass fälle von Straftaten außerhalb der Anstalten und so viel 2.057 Stellen zur Verfügung stehen. Fakt ist, dass im letz- Sicherheit im hessischen Justizvollzug wie nie zuvor. ten Haushalt, den Rot-Grün zu verantworten hatte, 1.970 Stellen ausgewiesen waren. (Beifall bei der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Glauben Sie alles, was Sie da sagen?) (Zurufe von der SPD) An dieser Stelle ist es mir schon sehr wichtig, meinem Kol- Fakt ist, Frau Kollegin Faeser – Sie haben die Falschmel- legen Gerling, Frankfurt-Zeilsheim, ein ganz freund- dung mit produziert –, dass teilweise nur 1.750 Stellen be- schaftliches und freundliches Dankeschön – Herr Kollege setzt waren. Ist das die Wahrheit, oder ist das nicht die Gerling, hören Sie mich? – zuzurufen. Wahrheit, Frau Kollegin Faeser? – Es ist die Wahrheit. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU) (Zurufe von der SPD) Denn es ist natürlich auch die Arbeit unseres justizvoll- Das war der Fall – bei 1.000 Gefangenen mehr und 600 zugspolitischen Sprechers Alfons Gerling, die es erst mög- Haftplätzen weniger. Das ist die Wahrheit, Frau Kollegin lich gemacht hat, dass der Justizvollzug so dasteht. Faeser. Ich bitte Sie – ich weiß, dass Sie dazu bereit sind –, zur Wahrheit zurückzukehren. Sie wissen, wie die Wirk- (Beifall bei der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Jetzt lichkeit aussieht. müssten Sie sich aber noch selbst loben!) Fakt ist darüber hinaus, dass Hessen beim Verhältnis der Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihre Haushalts- Zahl der Gefangenen zur Zahl der Vollzugsbediensteten politik besteht aus Taschenspielertricks. Unsere Maximen im Jahr 2000 noch auf Platz neun im Bundesvergleich war sind Seriosität und Machbarkeit. Wir versprechen nichts, und dass Hessen inzwischen auf Platz sieben ist. Daran was wir nicht halten können. können Sie ersehen, dass im Justizvollzug in diesem Lande viel passiert. Hören Sie also auf, den Leuten falsche (Lachen des Abg. Reinhard Kahl (SPD)) Dinge zu erzählen, Falschmeldungen in die Gegend zu – Herr Kahl, das unterscheidet uns im Übrigen eklatant stellen. Es ist im Grunde genommen für Sie selbst demas- von Ihnen. Ich weiß, das macht Ihnen Freude, aber das kierend, was Sie tun. Deshalb bringt es auch nichts. unterscheidet uns eklatant. Jetzt will ich etwas zur Personalsituation in Hünfeld sa- (Reinhard Kahl (SPD): Nein, da müssen Sie selbst gen. Für den Personalbedarf stehen 116 Planstellen mit ei- lachen!) nem Volumen von 3,6 Millionen c zur Verfügung. Zuge- gebenermaßen waren 2,2 Millionen c im Haushalt 2005 Aber wir sorgen dort, wo es notwendig ist, für Verbesse- ausgewiesen, 1,4 Millionen c stehen in diesem Haushalts- rungen. Dazu möchte ich Ihnen drei Punkte nennen, auch planentwurf. Wir haben auch eine bedarfsgerechte Erhö- wenn die Anträge, die wir eingebracht haben, erst in der hung der Mittel für die Betreibergesellschaft in diesem dritten Lesung beraten werden. Haushalt vorgenommen. Damit steht dem hessischen Jus- Das betrifft erstens die Hebung von neun Geschäftsleiter- tizvollzug eine der modernsten und sichersten Justizvoll- stellen bei den Staatsanwaltschaften von A 12 auf A 13 – zugsanstalten zur Verfügung, die in Fragen der Wirtschaft- weil sich ihr Verantwortungs- und Aufgabenbereich er- lichkeit deutschlandweit ihresgleichen sucht. heblich verändert hat und weil ohne sie und ihre Arbeit Mit Hünfeld haben wir ein zentrales Anliegen unserer die Modernisierung des Justizvollzugs nicht möglich ist. Vollzugspolitik erfüllt. Mit Hünfeld ist endgültig Schluss Zweitens wissen Sie, dass wir bei den Sozialgerichten mas- mit den inakzeptablen Überbelegungszahlen, die Sie in sive Eingangssteigerungen haben. Das Stichwort dazu ist Ihrer Regierungszeit verursacht haben. Das ist gut für die natürlich „Hartz IV“. Hier werden wir dafür sorgen, dass Sicherheit der Bevölkerung, der Bediensteten und auch zusätzlich vier R-1-Stellen nebst Servicepersonal in den der Insassen. Haushaltsplan aufgenommen werden. Nur an wenigen Stellen wird es derart plastisch, dass die Schließlich brauchen die Arbeitsgerichte – sie leisten eine Bürgerinnen und Bürger für ihr gutes Geld gute Politik exzellente Arbeit – – bekommen. Denn der hessische Justizvollzug ist heute so sicher, wie er es nie zuvor in seiner Geschichte gewesen (Wortmeldung der Abg. Nancy Faeser (SPD)) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6045

– Wenn Sie eine Kurzintervention machen wollen, Frau Boris Rhein (CDU): Kollegin Faeser, dann sollten Sie mir wenigstens jetzt noch zum Abschluss zuhören. Das bietet sich vielleicht an. Frau Kollegin Faeser, Ich war bei den Arbeitsgerichten stehen geblieben. – Ach (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Keine so, Sie wollen keine Kurzintervention machen? Schade, Liebeserklärung!) darüber hätte ich mich gefreut. auch diese Kurzintervention wird mein Verhältnis zu Ih- Die Arbeitsgerichte haben eine exzellente Erledigungs- nen nicht trüben. zahl, aber sie haben exorbitante Altbestände. Deswegen (Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der CDU und sagen wir, wir brauchen zusätzlich drei R-1-Stellen, auch der FDP) hier nebst Servicepersonal. Getrübt aber ist jedenfalls Ihr Verhältnis zu Zahlen, und Ich glaube, diese Anträge sind berechtigt. – Wunderbar, deswegen will ich es nochmals vortragen. Das muss ein- Frau Kollegin Faeser, ich freue mich schon auf diese – je- fach ins Protokoll. denfalls verbale – Auseinandersetzung mit Ihnen. Ich sage nochmals: Fakt ist,wir hatten noch nie so viel Per- (Allgemeine Heiterkeit und Zurufe) sonal in den Justizvollzugsanstalten wie heute. Im Haus- Ich hoffe, Sie springen jetzt über Ihren Schatten, korrigie- halt 2005 waren es 2.057 Stellen – hören Sie zu –, tatsäch- ren den Wortbeitrag der Kollegin Hofmann und teilen lich besetzt 1.922. mit, dass Sie wenigstens dem Einzelplan 05 zustimmen Im Haushalt 1998/99 waren es 1.970 Stellen, tatsächlich werden. – Ich danke Ihnen. besetzt 1.750. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU) Natürlich ist eines richtig: Zu keiner Zeit sind sämtliche im Haushalt ausgebrachten Stellen besetzt. Vizepräsidentin Ruth Wagner: (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das geht ja gar nicht!) Meine Damen und Herren, einen Augenblick. Da die Ge- schäftsführer nichts anderes vereinbart haben, lasse ich Das geht ja gar nicht, das müssen Sie als Juristin doch wis- diese Kurzintervention zu. sen. Denn aus rechtlichen Gründen – etwa wegen Erzie- hungsurlaub, Wehrdienst, Ausbildungszeiten oder Beset- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE zungsverfahren – müssen Stellen freigehalten werden. GRÜNEN): Sehr gut!) Aber lassen Sie sich das nochmals auf der Zunge zerge- Frau Faeser, bitte sehr, Sie haben das Wort. hen: Haushalt 2005, unser Haushalt: 2.057 Stellen, tatsäch- lich besetzt 1.922 Stellen; Haushalt 1998/99 – nur, damit es nochmals festgestellt wird –: 1.970 Stellen, davon tatsäch- Nancy Faeser (SPD): lich besetzt 1.750 Stellen. Frau Präsidentin, herzlichen Dank. – Lieber Herr Kollege Ich sage auch das nochmals: das zu einem Zeitpunkt, als Rhein, die Sympathie 1.000 Menschen mehr in den Gefängnissen waren und 600 Haftplätze weniger existierten. Das ist doch die Realität. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU) Bitte schön, ich glaube, das sollten Sie zur Kenntnis neh- – das sage ich ganz offen – teile ich ja. Doch gibt es ein gro- men. ßes Aber. Lieber Herr Kollege Rhein, Darüber hinaus glaube ich, jetzt sind wir wieder freund- (Reinhard Kahl (SPD): Noch mal?) lich miteinander. – Ich bedanke mich ganz herzlich. Ihre Zahlen werden nicht dadurch besser, dass Sie sie (Beifall bei der CDU) ständig falsch wiederholen. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Ruth Wagner: Ich nenne Ihnen die Zahlen. Sie reden immer von offi- Wir freuen uns ja alle über diese Dauernebenkoalition, ziellen 2.057 Stellen, die es im Justizvollzug angeblich gibt. das ist ja wunderbar, Herr Rhein. Meine Damen und Herren, ausweislich der Zahlen aus Ih- rem Hause Meine Damen und Herren, als Nächster hat für BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Herr Dr. Jürgens fünf Minuten (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Lächeln!) Redezeit angemeldet. gibt es 1.822 Stellen. Das wissen die Bediensteten drau- ßen, und das wird nicht besser, wenn Sie hier ständig das Falsche behaupten. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Be- Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): diensteten, die im Moment mit der Unterbesetzung in den Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Haus- Justizvollzugsanstalten zu kämpfen haben. halt des Justizministers ist noch nicht vollständig als Pro- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des dukthaushalt ausgewiesen. Aber Sie haben erstmals ein BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean politisches Oberziel formuliert, und daran musste ich den- Wagner (Lahntal) (CDU): Lächeln!) ken, als Herr Rhein gesagt hat, Sie wollten nichts verspre- chen, was Sie nicht halten können. Dort findet sich der be- merkenswerte Satz, den ich einmal zitieren möchte: „Die Vizepräsidentin Ruth Wagner: Voraussetzungen für eine zeitnahe und qualitativ hoch- wertige Erledigung gerichtlicher und staatsanwaltschaft- Herr Rhein, Sie haben das Wort zur Erwiderung. licher Aufgaben werden nachhaltig gesichert.“ 6046 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Herr Rhein, das ist in der Tat ein Versprechen, das jedoch Das heißt, wir haben doch vor allem Probleme, in diesem auf den nachfolgenden 250 Seiten des Haushalts nachhal- Bereich zu erforschen, wie Menschen eigentlich zu Stal- tig gebrochen wird. kern werden. Was geht in diesen Personen vor? Dann könnten wir gezielter darauf einwirken. Das ist das (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Hauptproblem. Und vor allem: Wie können wir die Fort- Wenn die Justizbediensteten dies lesen, muss es ihnen wie bildung steigern, usw.? Hohn in den Ohren klingen, da auf der einen Seite Perso- Hier in Hessen gibt es in einem psychologischen Institut nalabbau betrieben wird, auf der anderen Seite die Auf- eine international anerkannte Arbeitsgruppe mit Prof. gaben immer weiter steigen. Das ist eine nachhaltige Ge- Voß, die sich mit genau diesem Thema beschäftigt. Wir fährdung der Funktionsfähigkeit der Justiz, nichts ande- wollen, dass auch das Land Hessen endlich seiner Verant- res. wortung gerecht wird und dieses Institut entsprechend (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fördert. und der Abg. Nancy Faeser (SPD)) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das haben Sie als CDU-Fraktion zumindest in einem klei- Ich möchte noch einen zweiten Punkt ansprechen. Für uns nen Teilbereich auch selbst mitbekommen und versuchen, endet Resozialisierung nicht an der Pforte des Gefängnis- jetzt die Notbremse zu ziehen. Denn Sie korrigieren bei ses, die sich hinter dem entlassenen Gefangenen schließt. der Sozial- und bei der Arbeitsgerichtsbarkeit den Stel- Deswegen sind wir dafür, dass in Hessen eine Haftentlas- lenplan selbst. Sie haben also gesehen, das läuft in die fal- senenhilfe tatsächlich wieder Chancen hat, zu wirken. In sche Richtung. Sie sollten hier nicht in Trippelschritten, Hessen gibt es insgesamt 20 Einrichtungen, die sich darum sondern mutig vorangehen, damit die Funktionsfähigkeit kümmern und die bisher ohne jeglichen Landeszuschuss der Justiz tatsächlich nachhaltig gesichert wird. auskommen müssen, seit er ihnen in der „Operation düs- Es gibt verschiedene andere Dinge, die im Zusammen- tere Zukunft“ gestrichen wurde. hang mit dem Produkthaushalt für die Gerichtsbarkeiten Wir meinen, Haftentlassenenhilfe dient der Vermeidung zumindest offen sind. Es sollen Kennzahlen zu quantitati- von Rückfällen und damit der Sicherheit. In Hessen wer- ven und qualitativen Leistungsmerkmalen ausgewiesen den immer mehr Gefangene ohne ausreichende Vorberei- werden. Da stellt sich natürlich die Frage:Was soll das für tung entlassen. Wir wollen, dass wenigstens die nachsor- die Justiz eigentlich sein? gende Hilfe sie dann unterstützen kann, sich straffrei zu Ist ein kurzer Prozess immer ein guter Prozess? – Ich führen. Damit wird der Sicherheit der Bevölkerung ge- glaube, nicht. dient. Was ist z. B. mit der Kundenzufriedenheit, die ausgewie- Das sind unsere Anträge, und wir bitten um Zustimmung. sen werden soll? Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die Kundenzufriedenheit an der Zufriedenheit des verur- teilten Täters messen können – eher schon an der Genug- tuung des Opfers; aber auch das ist immer nur die halbe Vizepräsidentin Ruth Wagner: Wahrheit. Wenn beispielsweise ein Gläubiger und ein Schuldner vor Gericht streiten, dann wird der eine mit Vielen Dank, Herr Dr. Jürgens. – Nun hat Herr Staatsmi- dem Ergebnis zufrieden sein, der andere unzufrieden. Bei nister Banzer das Wort. wem messen Sie dann die Kundenzufriedenheit? Ich erwähne das deswegen, weil ich damit deutlich ma- Jürgen Banzer, Minister der Justiz: chen will, dass hier offenbar ein System übergestülpt wird, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Her- das für die Justiz wahrscheinlich nicht so gut geeignet ist. ren! Ich glaube, ich bin gut beraten, in den ersten Tagen – In unseren Änderungsanträgen zum Einzelplan 05 haben Herr Walter, Sie sprachen von 100 Tagen – – wir Ihnen einige Vorschläge unterbreitet, von denen wir (Jürgen Walter (SPD): Hier sind es meistens weni- hoffen, dass sie auch Ihre Zustimmung finden. Nach der ger, Herr Banzer!) Rede von Frau Zeimetz-Lorz vorhin müsste ich eigentlich bei mindestens einem sicher sein können, dass Sie dem zu- – Ich merke, das geht hier schneller. Hier wird sogar daran stimmen können – es geht nämlich um das Thema Stal- gekürzt. king. (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE In Sonntagsreden hat der bisherige Justizminister immer GRÜNEN): Wir müssen sparen! – Heiterkeit) gesagt, es gehe um eine Verbesserung der Situation der Jetzt verstehe ich, was Sie unter „Aktion düstere Zu- Opfer von Stalking.Allerdings hat er in der Praxis in Hes- kunft“ verstehen. sen nichts dafür getan, damit sich dort tatsächlich etwas ändert. Das wollen wir jetzt vom Kopf auf die Füße stellen (Norbert Schmitt (SPD): Die Landesregierung hat und dafür sorgen, dass tatsächlich in Hessen etwas ge- in der Tat eine düstere Zukunft! – Gegenruf des schieht. Abg. Boris Rhein (CDU): Eine hellere als Sie!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Da passt der Begriff wahrscheinlich. Ich dachte eher, Sie hätten an meine gedacht, aber da bin ich ganz optimis- Frau Zeimetz-Lorz hat den jüngsten Fall in Kempten an- tisch. gesprochen; dort wurde der Stalker verurteilt. Es war also nicht das Problem, dass das Strafrecht mangelhaft war. Ich denke, ich bin gut beraten, heute keine abschließende Das Strafrecht hat ausgereicht, ihn zu einer Freiheitsstrafe Würdigung oder eine Konzeption für das Justizministe- von 14 Monaten zu verurteilen. Allerdings hat ihn das rium abzugeben.Aber was ich schon nach drei Wochen sa- nicht davon abgehalten – es war eine Bewährungsstrafe –, gen kann, ist, dass ich auf sechs Jahre ideenreiche, verläss- seine Frau hinterher umzubringen. liche und innovative Justizpolitik in Hessen aufbauen Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6047 kann. Deswegen gibt es für mich allen Grund, mich bei falsch ist.Aber es kommt darauf an, in Zeiten schwieriger meinem Vorgänger, Herrn Dr. Wagner, sehr herzlich zu Umstände so zu sparen, dass das Funktionieren des Sys- bedanken. tems nicht gefährdet ist und für alle Beteiligten eine Per- spektive besteht.Auch dies konnte ich in den Gesprächen (Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann mit der Justiz feststellen: dass dort diese berechenbare Di- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weihrauch!) mension der Personalbewirtschaftung sehr hoch ange- Die Menschen in unserem Land werden die Justizpolitik rechnet und akzeptiert wird und dass man sich darauf ein- der Hessischen Landesregierung auch in Zukunft an drei stellen kann. Grundlinien erkennen, zum Ersten an der kraftvollen Ich bin der CDU-Fraktion sehr dankbar, dass sie an Stel- Unterstützung einer selbstbewussten und unabhängigen len, in denen es besonders schwierig ist – Arbeitsgerichts- Justiz, zum Zweiten an einem konsequenten, sicheren und barkeit, Bereiche der Sozialgerichtsbarkeit –, durch ihre gleichzeitig innovativen Justizvollzug und zum Dritten an Anträge hilft. Die Arbeitsrichter haben in ihren Erledi- einer sensiblen Rechtspolitik, die weiß, dass Rechtspolitik gungszahlen, bei denen sie in Deutschland mit an der Gesellschaftspolitik ist. Spitze liegen, nachgewiesen, dass sie leistungsbereit und Eine unabhängige kompetente und effektive dritte Ge- leistungsfähig sind. Aber der Abbau der Vorbelastungen walt ist eines der wichtigsten Rechtsgüter der staatlichen verlangt einfach, dass wir mehr Personalkapazitäten zur Gemeinschaft. Schutz und Förderung von Unabhängig- Verfügung stellen. keit und Effektivität sind für die Hessische Landesregie- rung kein Lippenbekenntnis. Ich bin deswegen sehr froh, Zur Sozialgerichtsbarkeit muss man nicht viel sagen. Je- dass man hier von Anfang an darauf gesetzt hat, dass die der weiß, was in den letzten Jahren hier geschehen ist. Justiz darauf angewiesen ist, einen Modernitätsprozess er- Dass sich das natürlich auch in entsprechenden Eingangs- leben zu können und auch – das kann man inzwischen sa- zahlen niederschlagen muss, ist selbstverständlich. Ich war gen – in die Zielgerade dieses Modernisierungskonzepts sehr beeindruckt – das darf ich an dieser Stelle auch sa- einzutreten. Die 35 Millionen c, die jetzt für das Jahr 2006 gen –, mit welch hoher Innovationsbereitschaft gerade die vorgesehen sind, werden den letzten Schub für diese Mo- Sozialgerichte mit dem schweren Arbeitsanfall umgehen, dernisierung ermöglichen. Was mich besonders gefreut wie sie auch ihre Erledigungszahlen gesteigert haben und hat, als ich die Zahlen zum ersten Mal anschaute, war wie aufgeschlossen sie sind, trotz dieser hohen Belastung auch, dass deutlich wird, dass dies keine einmalige Aktion innovative neue Konzepte zu verwirklichen. Ich glaube, ist, sondern ein nachhaltiges Modernisierungskonzept. dass gerade deswegen in diesem Bereich das Signal, neue Richterstellen zur Verfügung zu stellen,wenn der Landtag Ich glaube, dass es auch für das Selbstbewusstsein und dies beschließt, als eine besondere Motivation verstanden Selbstverständnis der Justiz wichtig ist, dass sie auf wird und dass diese Stellen sehr vernünftig eingesetzt gleicher Augenhöhe mit den freien Berufen und der Wirt- würden. schaft agieren kann. Das war nicht immer so. Früher war es doch die typische Erwartungshaltung, die man als An- Natürlich wäre es schön, zusätzliche Staatsanwaltschafts- walt hatte, wenn man ins Gericht ging, dort noch die Tech- stellen zu bekommen. Auch da würde kein Staatsanwalt nik anzutreffen, die man zehn Jahre vorher in der eigenen widersprechen. Wir sind aber eben eingebunden in eine Kanzlei hatte. Jetzt sind die Richter mit entsprechenden Gesamtkonzeption. Deswegen glaube ich, dass es wichti- Möglichkeiten ausgestattet. Das ist auch nicht selbstver- ger ist, auch angemessen im Gesamtzusammenhang des ständlich, aber bemerkenswert und zeigt, welcher Geist in Haushalts etwas im Bereich der Staatsanwälte zu tun.Wir der hessischen Justiz herrscht. Es wird auch von diesen In- sollten wieder beginnen, die Institution des Ersten Staats- strumenten und Möglichkeiten wie selbstverständlich Ge- anwalts einzurichten. Es ist auch ein wichtiges Zeichen, brauch gemacht. Die Zufriedenheit und auch schon ein dass im Bereich der Geschäftsstellen der Staatsanwalt- bisschen Stolz über die Möglichkeiten, die dort bestehen, schaften etwas passiert. Gerade dort wird ein wesentlicher waren spürbar. Ich konnte ja die ersten Besuche bei den Teil des Geschäfts mitgetragen. Wenn dort die Abläufe Gerichten machen und habe an dieser Stelle insbesondere optimiert werden können, hilft es allen, die in diesem Be- viel Genugtuung und viel Selbstbewusstsein erlebt und reich tätig sind. habe auch die Versicherung bekommen, dass diese Instru- Besonders dankbar bin ich natürlich auch als neuer Jus- mente wirkungsvoll eingesetzt werden. Ich glaube, dass tizminister, dass mit der Einweihung der Justizvollzugsan- das auch für den Landtag ein wichtiger Befund ist, dass stalt Hünfeld insbesondere – das muss man an erster das Geld, das von Ihnen bereitgestellt wurde, ganz offen- Stelle sagen – 502 neue Haftplätze geschaffen wurden. sichtlich vernünftig und sinnvoll eingesetzt wurde. Das ist ja das Entscheidende. (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der (Beifall bei der CDU und der Abg. Ruth Wagner FDP) (Darmstadt) (FDP)) Auch wenn die Justiz eine besondere Rolle für das Funk- tionieren unserer Gesellschaft hat und es gerade in Zei- In Zeiten erheblicher finanzieller Schwierigkeiten ist ten, in denen so viel Bewegung ist, besonders darauf an- diese Investition, die in der Dimension erheblich war, kommt, dass die dritte Gewalt eine verlässliche Instanz auch wenn sie günstiger wurde, als vorher kalkuliert für die Menschen ist, kann sie sich nicht von den Gesam- wurde, die wichtigste Voraussetzung dafür, dass es in den tumständen unserer Gesellschaft frei machen. Es kann Justizvollzugsanstalten so zugeht, wie wir das alle wollen. nicht einen Bereich geben, in dem keine finanziellen Pro- 502 Plätze führen dazu, dass 502 Überbelegungen abge- bleme herrschen. Es ist auch klar, dass Justiz wie alle an- baut werden konnten. Wir nähern uns inzwischen dem, deren kein Wunschkonzert ist. was Konzept der Hessischen Landesregierung war, näm- lich zu einer hundertprozentigen – da muss man wissen, Natürlich würde ich, wenn ich jeden Richter fragte, ob er dass 100 % schwierig zu erreichen sind, weil es auch je- noch Stellen haben wolle und ob es nicht noch Aufgaben weils passen muss –, also zu einer entsprechenden Kapa- gäbe, in denen etwas sinnvoll wäre, eine bejahende Ant- zität in diesem Bereich zu kommen. Wenn dies so ge- wort bekommen, die selbstverständlich und nicht einmal schieht, dass es unter allen wirtschaftlichen Kriterien als 6048 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 besonders sparsam und als besonders erfolgreich angese- Norbert Schmitt (SPD): hen werden kann, wenn uns andere Bundesländer darum beneiden, zu uns kommen und sich das anschauen, sogar Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen Delegationen aus dem Ausland, können wir doch stolz und Kollegen, wenn ich Sie so bezeichnen darf! Norma- darauf sein und müssen nicht wieder einmal in typisch lerweise befassen wir uns in der zweiten Lesung mit den deutscher Manier überlegen, was denn daran falsch sein Änderungsanträgen, die von den Fraktionen eingereicht könnte. wurden. Aber in diesem Jahr ist alles anders. Wir haben gemeinsam entschieden, dass wir uns die Behandlung der (Beifall bei der CDU und der Abg. Ruth Wagner Änderungsanträge für die dritte Lesung vornehmen. Der (Darmstadt) (FDP)) Haushalt wurde wegen der Bundestagswahl verschoben, aber verändert hat sich nichts. Das ist der deutliche Beleg Die Besorgnisse, die vielleicht der eine oder andere hatte, dafür, dass die Strategie dahinter stand, die sehr schlech- dass bei den Funktionen des Staates dort, wo er gegen- ten, man muss fast sagen, miesen Zahlen nicht vor der über dem Gefangenen hoheitlich auftritt, irgendwelche Bundestagswahl veröffentlichen zu müssen. Geändert hat Grenzen verwischt worden wären, kann man, wenn man sich – wie gesagt – nichts.Vor allem hat sich an einer Stelle sich mit der Sache genau beschäftigt, nicht aufrechterhal- nichts geändert. Es bleibt bei der ungeheuer hohen Net- ten. toneuverschuldung hier in Hessen. (Nancy Faeser (SPD): Das werden wir sehen!) (Beifall bei der SPD) Ich glaube, das ist ein wichtiges Prinzip. Das wollen wir auch einhalten. Darauf werde ich auch achten. Das ist we- Diese hohe Nettoneuverschuldung ist eine ungeheure Be- sentlich, weil natürlich der finanzielle Effekt nur einer der lastung für künftige Generationen. Sollte in den Jahren Effekte ist, um die es geht. 2006 bis 2009, wie es Ihr Finanzplan vorsieht, Herr Minis- ter, jeweils die Verfassungsgrenze mit rund 700 Millio- Jeder, der es sich anschauen konnte, musste ja dort nicht nen c überschritten werden – ich rede nur von der Über- unbedingt übernachten. Mein Ergebnis zu dem Punkt war schreitung der Verfassungsgrenze –, werden wir ab 2010 auch: Einmal und nie wieder; das reicht für alle Zeiten. eine jährliche zusätzliche Zinsbelastung von etwa 120 Millionen c haben.Allein die Überschreitung der Verfas- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE sungsgrenze in diesen vier Haushaltsjahren führt dazu, GRÜNEN): Das kann ja auch unfreiwillig passie- dass wir eine Zinsbelastung von 120 Millionen c ab 2010 ren! – Heiterkeit) haben. Das kann man auch in Stellen übersetzen. Das wä- – Ja. Sie sollten sich da nicht irgendwie positiv gestimmt ren z. B. 1.000 Lehrerstellen und 1.000 Polizeistellen. Das dazu äußern. – Das ist alles nicht so unproblematisch. macht deutlich, dass es nicht nur eine Frage der Verfas- Auch da muss ich sagen: Das ist nicht komfortabel, aber sungswidrigkeit ist, was hier angestrebt wird, sondern dass auch nicht inhuman, sondern das ist dieser Aufgabe ange- das künftige Haushalte ungeheuer einschränken wird. messen. Das wollten wir mit diesem Besuch auch deutlich machen. Das sollte kein Klamauk und keine Aktion sein, (Beifall bei der SPD) die falsch verstanden werden kann, sondern es ist – das Deswegen sage ich als finanzpolitischer Sprecher meinen haben auch die Journalisten, die dabei waren, bestätigt – Arbeitskreissprechern in der Fraktion: Seid sehr vorsich- eine dieser Aufgabe angemessene Konzeption.Auch inso- tig mit Versprechungen für die nächste Legislaturperiode; weit bedanke ich mich für diese gute Idee, verehrter Herr wir werden mindestens den ersten Teil der Legislaturpe- Vorgänger, verehrter Herr Fraktionsvorsitzender. riode hart dafür kämpfen müssen, dass wir überhaupt die Ich habe den Eindruck, dass das Justizministerium die Verfassung einhalten können, weil es eine solche unge- Aufgaben in der Vergangenheit sehr umsichtig gelöst hat. heure verfassungswidrige Vorbelastung durch die Vorgän- Die Dinge, die jetzt neu auf uns zukommen werden, wer- gerregierung geben wird. den wir neu zu konzipieren haben. Ich freue mich auf (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried diese Arbeit. – Herzlichen Dank. Milde (Griesheim) (CDU)) (Beifall bei der CDU) – Kollege Milde, es ist noch schlimmer. Wenn Sie nur zu- sammenrechnen, welche Schulden Sie angehäuft haben, seit Sie regieren: Sie haben 10,6 Milliarden c Schulden in Präsident Norbert Kartmann: Ihrer Regierungszeit zugelegt. Rechnen Sie das einmal in Vielen Dank, Herr Staatsminister Banzer. – Meine Da- Zinsen um. Das sind 400 Millionen c Zinsen jährlich, die men und Herren, es liegen zum Einzelplan 05 keine wei- Sie in Ihrer Regierungszeit aufgenommen haben. Das teren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist dieser Einzel- macht die Belastung deutlich. Das macht auch die Gene- plan verhandelt worden. rationenbelastung deutlich. Ich rufe (Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU)) Einzelplan 06 – Hessisches Ministerium der Finanzen – Meine Damen und Herren, ich sage auch einen Satz zum in Verbindung mit Urteil des Staatsgerichtshofs. Wir haben die große Be- fürchtung, dass die Regierung das Urteil der Mehrheit des Einzelplan 17 – Allgemeine Finanzverwaltung – und Staatsgerichtshofs zu Art. 141 als eine Aufforderung ver- stehen wird, noch einen draufzulegen und die Verschul- Einzelplan 18 – Staatliche Hochbaumaßnahmen – dung in Hessen weiter zu steigern. auf. Hierzu rufe ich noch Tagesordnungspunkt 29 auf: (Beifall bei der SPD) Antrag der Fraktion der SDP betreffend Wiedereinfüh- rung der Vermögensteuer in Hessen – Drucks. 16/4867 – Ein Journalist, der sich gestern verabschiedet hat – hoch- interessant war übrigens, dass bis auf den Innenminister, Das Wort hat Herr Kollege Schmitt für die SPD-Fraktion. der nur kurz da war, Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6049

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) den LFA, KFA, Zinsausgaben, Investitionen usw. einspa- (CDU)) ren. Das wären etwa 270 Millionen c gewesen. An dieser Ecke sind wir bescheidener. Wir sagen: Wir sparen in den kein anderer Minister durchgehalten hat, bis die Reden Sachausgaben etwa 226 Millionen c ein. Das ist erreich- begonnen haben –, hat in der „FAZ“ vom 3. November bar. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Das wird an der 2001 geschrieben, sprunghaft, windig, wirr, unüberlegt und Frage der SAP-Mittel deutlich – weil Ihr heutiger Frak- nicht ganz seriös sei die Finanzpolitik des Haushaltsmi- tionsvorsitzender gesagt hat, wir wollten zurück in die nisters. Schauen wir uns das einmal genauer an. Windig – Steinzeit. sicherlich. Wirr – sicherlich auch. Und nicht seriös – das stimmt alles. Aber sprunghaft? Ich weiß es nicht. (Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Ja!) Ich glaube, hier tut Herr Kühn dem Finanzminister Un- Keiner will zurück in die Steinzeit. Es gibt Ewiggestrige, recht. Seit fünf Jahren hat sich nämlich nichts geändert. aber es scheint auch ewig Moderne zu geben.An dem Bei- Die Nettoneuverschuldung lag immer über der Verfas- spiel SAP wird das deutlich. Wir wollen eine moderne sungsgrenze. Das soll bis 2009 weitergehen. So sieht das Verwaltung. Wir wollen Verwaltungsvereinfachung. Wir zumindest der Finanzplan vor. Deswegen sage ich Ihnen: wollen auch eine moderne Technik.Aber die Technik darf Trotz Mehrwertsteuererhöhung, trotz Reduzierung und nicht am Ende dazu führen, dass die Verwaltung mehr als Veränderung von Steuersparmodellen sieht der Finanz- davor zu leisten hat und dass die Bürgerfreundlichkeit plan vor, dass wir jährlich etwa 1,5 Milliarden c Netto- und Bürgernähe total verschlechtert werden. neuverschuldung haben werden und damit immer über der Verfassungsgrenze liegen werden. Bis Ende des Jahr- (Beifall bei der SPD) zehnts liegen wir über der Verfassungsgrenze. Was war denn bei der Polizei? Sie haben es zurückgeführt. (Zurufe von der SPD und des Abg. Gottfried Milde Es war eine Belastung für die Polizei und keine Vereinfa- (Griesheim) (CDU)) chung. Wenn dies das Ziel von Technikeinführung sein soll, dann haben Sie sich wirklich ganz schön vertan und Jeder Haushalt soll über der Verfassungsgrenze liegen. verschnitten. Wer 800.000 c für die sieben Tage CeBIT Das ist wirklich nicht sprunghaft. Darauf kann man sich ausgibt, der zeigt doch, dass wir genau in diesen Ansätzen regelmäßig verlassen. Ein solch regelmäßiges Versagen ist Luft haben. Das ist völlig klar. auch eine besondere Form von Verlässlichkeit. (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried (Beifall bei der SPD) Milde (Griesheim) (CDU)) Ich will mich kurz mit den Vorschlägen der anderen Frak- Wir brauchen kein Schloss Hansenberg, wie wir auch tionen auseinander setzen. Die CDU hat sich einmal mehr nicht die Folgekosten vom Schloss Erbach brauchen. Wir als Reparaturbetrieb der Landesregierung verstanden. – brauchen auch keinen teuren Rasen in der Berliner Lan- Herr Klein, Sie kommen gerade. – Ich finde, bei den desvertretung. Wir brauchen keinen teuren Keller am Staatsanwaltschaften und Gerichten ist das okay, aber das Steinberg. Wir brauchen auch keine aufgeblähte Staats- hätte die Regierung machen müssen. Das hat Kollegin kanzlei. Deswegen sage ich Ihnen: Sie beklagen immer die Hofmann eben sehr gut ausgeführt. Da liegt vieles im Ar- Frage der zu geringen Einnahmen. Da ist auch etwas dran. gen. Es ist auch von der FDP und von anderen Kollegen Aber Sie haben es in der Hand. Darauf zielt unser Antrag. angesprochen worden, die Regierung müsste mehr im Be- Stimmen Sie unserem Antrag, der übrigens einmal vor reich der Steuerfahndung, in Fragen der Wirtschaftskrimi- drei Jahren Ihrer war, zur Frage der Vermögensteuer zu. nalität und Korruptionsbekämpfung tun. Hier liegt vieles Dann können Sie entscheiden, ob die Länder eine Ver- in Hessen im Argen. Das Land Hessen würde auch mehr mögensteuer einführen können oder nicht. Sie sagen, Sie Geld bekommen, würden endlich die Straftäter verfolgt machten es nicht. Wir sagen Ihnen, wenn wir regieren, werden, die den höchsten Schaden anrichten. werden wir es machen. Das ist übrigens auch ein Gebot der Steuergerechtigkeit. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg Ich will auf die Vorschläge der FDP eingehen. Die gipfeln (CDU): Ach ja!) eigentlich nur darin, mehr verkaufen zu wollen. Alles das, was wir noch an Vermögen haben, soll verkauft werden. Dazu nur eine Zahl. 1 % der Bevölkerung besitzt 25 %, Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, aber es ist also ein Viertel allen Geldvermögens. Dann sagen wir den doch klar, Einmalerlöse taugen nichts für eine dauerhafte Menschen ganz bescheiden, es muss doch möglich sein, Haushaltssanierung. Das sieht man doch an der Politik dass sie ihren Beitrag zur Finanzierung dieses Staates und des Finanzministers. Er verkauft faktisch alles. Das löst gerade für Zukunftsinvestitionen leisten können. doch nicht die Probleme. Man muss ironisch sagen: Die CDU macht in Hessen nachhaltige Haushaltspolitik. Das (Beifall bei der SPD) zeigt sich an den Immobilienverkäufen. Die Gebäude sind Wir wollen Immobilien und Geldvermögen mit 1 % be- nachhaltig weg, und die Zinsen sind nachhaltig da. Das ist lasten, wenn sie über 500.000 c – das ist die Freigrenze – anscheinend eine neue Definition von Nachhaltigkeit. liegen. Es gibt Berechnungen, dass damit über 1 Milli- c (Beifall bei der SPD) arde für das Land Hessen erzielbar sind, Geld, was wir notwendig brauchen, um das zu tun, was wir übrigens alle Herr Boddenberg fordert unsere Vorschläge. gemeinsam wollen, nämlich mehr für Bildung und Be- treuung tun und damit auch unsere Zukunft sichern. (Zurufe der Abg. Michael Boddenberg und Gott- fried Milde (Griesheim) (CDU)) (Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU)) Herr Boddenberg, ich komme gern zu unseren Vorschlä- Ich glaube, deswegen ist das der richtige Ansatz. Schauen gen, z. B. zu den Einsparungen von Sachkosten. Der Fi- Sie sich einmal den Haushalt an. Allein im Jahr 1996 – nanzminister wollte – das sah der Haushaltserlass vor – 1997 wurde die Vermögensteuer abgeschafft – haben wir 2,5 % der bereinigten Gesamtausgaben nach Kürzung um in Hessen 500 Millionen c an Vermögensteuer erzielt. 6050 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Daran ist niemand zugrunde gegangen, aber wir haben Aber sie sorgen dafür, dass das Geld eingenommen wird, notwendiges und wichtiges Geld in unserer Kasse gehabt. das wir hier alle miteinander ausgeben wollen. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen ihre Ar- Präsident Norbert Kartmann: beit, obwohl sie unter der „Operation düstere Zukunft“ sehr zu leiden hatten und obwohl die Landesregierung Herr Kollege Schmitt, gestatten Sie Zwischenfragen? auch ihnen ihr Scherflein abgefordert hat. Wider besseres Wissen hat die Landesregierung auch da den Motiva- tionskiller eingesetzt. Norbert Schmitt (SPD): Der Herr Ministerpräsident hat vorhin in der Generalde- Herr Boddenberg, es ist wirklich schwierig. Ich will unsere batte ausgeführt, dass die Steuereinnahmen auf Bundes- Vorschläge einmal darstellen. ebene seit dem Jahr 2002 um 90 Milliarden c eingebro- Wir wollen mit den Mitteln – wir haben dazu Vorschläge chen bzw. zurückgegangen sind, und zwar ohne weiteres gemacht – ein gebührenfreies drittes Kindergartenjahr er- Zutun. Da frage ich mich: Warum wurde da eigentlich reichen.Wir wollen zusätzliche Betreuungsplätze für Kin- nichts getan? Warum haben der Ministerpräsident oder der unter drei Jahren. diese Landesregierung nicht dafür gesorgt, dass der Ein- bruch bei den Steuereinnahmen abgemildert wurde? Wa- (Zuruf von der CDU) rum hat man untätig dagesessen und die Vorschläge, die auf dem Tisch lagen und die dazu geführt hätten, dass die – Zur Finanzierung habe ich eben doch auch etwas gesagt. Steuereinnahmen erhöht worden wären, nicht aufgegrif- – Wir wollen den Ausbau von echten Ganztagsschulen fen? Man hätte dadurch dafür sorgen können, dass Scha- und nicht Halbtagsschulen mit Süppchen hintendran. Wir den vom Land Hessen abgewendet worden wäre. wollen ein Ausbildungsprogramm für benachteiligte Ju- gendliche. Wir wollen auch ein Sozialbudget. Einen ganz (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wichtigen Punkt haben wir trotz Kürzungen im Haushalt, als Rot-Grün regiert hat, dargestellt und finanziell abgesi- Ich will die Vorschläge noch einmal kurz erwähnen. Es chert. Wir wollen Planungssicherheit für Caritas, Diako- ging dabei z. B. um die Eigenheimzulage. Das ist der nie, Arbeiterwohlfahrt und viele Initiativen in diesem größte Subventionstatbestand, den der Bundeshaushalt Lande. Das scheint mir ein ganz wichtiger Bereich zu sein. hat. Die Eigenheimzulage ist ökologisch und ökonomisch unsinnig. Aber Sie haben sich in der CDU – – (Beifall bei der SPD) (Michael Boddenberg (CDU): Das entscheiden Sie?) Präsident Norbert Kartmann: – Genau, das entscheiden wir. Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen. (Michael Boddenberg (CDU): Okay, ich wollte das nur wissen!) Norbert Schmitt (SPD): Sicherlich gibt es andere Meinungen dazu. Herr Bodden- Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Diese Landesre- berg, Sie sollten sich aber einmal im Lande umschauen. gierung belastet mit ihrer Politik die zukünftigen Genera- Hinsichtlich der Wohnungen gibt es kein Problem. Es gibt tionen. Das ist sehr schlimm. Mit jedem Tag, den diese eher das Problem, dass Wohnungen leer stehen. Des- Landesregierung weiterhin regiert, wird es für künftige wegen ist es in der Tat unsinnig, dafür zu sorgen, dass wei- Landesregierungen und künftige Generationen immer terer Leerstand geschaffen wird. Das Ganze soll dann schwieriger werden. Deswegen sagen wir: Diese Landes- auch noch aus Steuermitteln finanziert werden. Ich denke, regierung muss möglichst schnell weg. wir waren auf dem richtigen Weg, als wir gesagt haben: Die Eigenheimzulage muss abgeschafft werden. – Aber (Beifall bei der SPD und der Abg. Frank-Peter Sie, meine Damen und Herren der CDU, haben das ver- Kaufmann und Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE hindert. Sie haben damit dafür gesorgt, dass es nicht zu GRÜNEN)) den Steuereinnahmen gekommen ist, die uns auch in Hes- sen gut getan hätten. Präsident Norbert Kartmann: Jetzt haben Sie sich wieder auf den Pfad der Tugend be- Das Wort hat Frau Kollegin Erfurth für die Fraktion geben. Sie haben dafür gesorgt, dass wir jetzt endlich auf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. den richtigen Weg kommen. Herr Boddenberg, wir hätten aber schon weiter sein kön- nen. Wenn schon vor drei Jahren entsprechend diesem Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Modell umgesteuert worden wäre, könnten wir jetzt von Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! einem sukzessiven Ansteigen der Einnahmen profitieren. Ich möchte die Debatte über den Haushalt des Finanzmi- Wir könnten da also längst ein Stück weiter sein. nisters dafür nutzen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbei- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN tern Dank zu sagen, die in der für die Einnahmen zustän- und der Abg. Jürgen Walter und Norbert Schmitt digen Verwaltung tätig sind. (SPD)) (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der FDP) Wir könnten auch auf anderen Feldern schon weiter sein. Die Entfernungspauschale ist, ökologisch gesehen, unsin- Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Finanz- nig hoch. Ihre Verringerung hätte schon im Jahr 2006 ämtern haben allgemein eigentlich keinen sehr guten Ruf. wirksam werden können. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6051

Auf die anderen Vorschläge, die Ihnen mein Fraktions- geplant und nicht das Vergangene abgebildet werden. So- vorsitzender heute Morgen vorgestellt hat, will ich jetzt bald wir die Doppik aus dem kaufmännischen Rech- nicht weiter eingehen. nungswesen und unsere Instrumente zur Haushaltspla- nung zusammenfügen wollen, merken wir sehr schnell, Wie sieht denn die Einnahmebeschaffung bei der CDU dass das nicht so richtig zusammenpasst. Man braucht da aus? Das Modell von Herrn Koch und Herrn Weimar soll andere Prozesse, die sicherstellen, dass der politische fortgeführt werden. „Leo“ soll weitere Ableger bekom- Wille des Parlaments nachher auch im Haushaltsplan men. Der Verkauf der Landesimmobilien wird fortgesetzt deutlich sichtbar wird. werden. Ich finde, da haben wir noch ein Stück Arbeit zu leisten. Meine Damen und Herren der CDU, Sie sollten dabei Wir haben ein Stück des Wegs bereits zurückgelegt. Mit aber etwas bedenken: „Leo“ lässt sich nicht beliebig oft der Vorlage des Haushaltsplans haben wir auch einige klonen. Vorschläge des Finanzministeriums dazu bekommen. Das (Beifall der Abg. Norbert Schmitt und Petra Fuhr- reicht aber längst noch nicht aus. mann (SPD)) Ich möchte ein paar Schlaglichter dazu aufzeigen. Anfan- Die Möglichkeiten, so etwas wie „Leo“ zu machen, sind gen möchte ich mit den Oberzielen und den Fachzielen. begrenzt. Auch das Landesvermögen ist begrenzt. Wenn Sie sind im Haushaltsplan – so möchte ich es sagen – Sie das letzte Ministerium verkauft haben, dann wird uns schulbuchmäßig festgehalten. Wenn man sich die aber nach dem Regierungswechsel im Jahre 2008 möglicher- einmal ansieht, so kann man erkennen, dass für die Ober- weise nicht einmal mehr der berühmte Koffer bleiben, und Fachziele der Grundsatz Pate gestanden hat: allen sondern nur noch diese Wiese in Berlin. Wohl und keinem Weh. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Norbert Schmitt und bei Abgeordneten der SPD und der FDP) (SPD): Wir können dann den Landtag beleihen!) Ich möchte nur ein Fachziel herausgreifen. Als Beispiel Ohne die für das Jahr 2006 vorgesehenen Verkäufe würde möchte ich das Fachziel 1 nennen. Dabei geht es um den die nach der Verfassung zulässige Neuverschuldung um Landeshaushalt und die Finanzpolitik. Dazu heißt es: weitere 770 Millionen c überschritten werden. Ich finde Eine solide Finanzpolitik in der Verantwortung das eine beeindruckende Zahl, die viel darüber aussagt, in gegenüber den heutigen und kommenden Genera- welchem Umfang diese Landesregierung Schulden auf- tionen gestalten häuft. (Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das steht in Für das Projekt „Neue Verwaltungssteuerung“ sind im unserem Regierungsprogramm!) Haushaltsentwurf 2006 insgesamt 56,7 Millionen c veran- schlagt. Bisher sind für dieses Projekt insgesamt Kosten in Daran ist nichts falsch. Das ist ein Satz, den jede und jeder einer Höhe von rund 340 Millionen c aufgelaufen. Aus unterschreiben kann. Jede und jeder kann sich dann aber Sicht der GRÜNEN könnten wir mit weniger finanziel- entsprechend seiner politischen Ausrichtung das heraus- lem Aufwand, aber mit mehr Augenmaß und einem effi- greifen, was er oder sie als richtig erachtet. Das ist Rosi- zienteren Einsatz der Mittel die Ziele erreichen, die wir nenpickerei. Das ist nicht besonders hilfreich. Das hat für alle mit diesen neuen Steuerungsmitteln erreichen wollen. mich mit dem Begriff „Ziel“ nicht sehr viel zu tun. Wenn Wir sollten da aber mit etwas weniger Aufwand herange- ich ein Ziel erreichen will, brauche ich etwas, was mir vor- hen. Entsprechende Änderungsanträge zum Haushaltsge- gibt, worauf ich mich ausrichten soll. Ich brauche also ge- setzentwurf haben wir gestellt. naue Vorgaben und kein Delta, auf das ich mich zube- wegen kann. In dem Entwurf des Haushaltsplans befinden sich infolge der neuen Verwaltungssteuerung etliche Produkthaus- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) halte. Ich denke, das ist ein guter Zeitpunkt, eine kleine Die Kollegen der FDP haben mit ihren Änderungsanträ- Zwischenbilanz vorzunehmen. Die meisten von uns wis- gen ein wenig versucht, an diesem Problem zu arbeiten. sen, dass die doppelte Buchführung, die kurz auch Doppik genannt wird und die aus dem kaufmännischen Rech- (Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Sie versu- nungswesen für Unternehmen stammt, nicht so ohne wei- chen es noch!) teres auf die öffentliche Verwaltung, die öffentlichen – Herr Milde, genau, sie versuchen das noch. – Ich meine, Haushalte und das übertragen werden kann, was damit zu die Diskussion über die genaue Formulierung der Fach- besorgen ist. Das ergibt sich allein schon aus dem unter- und Oberziele dürfen wir nicht so einfach nebenbei wäh- schiedlichen Zweck, der mit den beiden Verfahren ver- rend der Haushaltsberatungen führen. Das ist eine Auf- folgt werden soll, die wir mit der uns eigenen deutschen gabe der Fachausschüsse. In den Fachausschüssen muss Gründlichkeit entwickelt haben. man sich mit der Frage auseinander setzen, was die Ziele Das kaufmännische Rechnungswesen dient vor allem sind. Das muss man dann auch politisch bewerten. Das ist dazu, die im Unternehmen stattgefundenen Geschäfts- bisher nicht passiert. vorfälle im Nachhinein lückenlos zu dokumentieren. Es (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hilft auch, diese Geschäftsvorfälle abzuwickeln. Der durch die doppelte Buchführung errechnete Gewinn ist Diese Definitionen wurden bisher in den Ausschüssen ein Parameter für das Unternehmen und für die Besteue- nicht besprochen. rung des Unternehmens. Wer sich Bücher zum Steuer- und Handelsrecht angeguckt hat, weiß, dass es rund um Genauso verhält es sich hinsichtlich der Kennzahlen. Herr diese Ermittlungen viele rechtliche Vorschriften gibt. Kollege Milde, Sie sollten sich einmal die Kennzahlen an- schauen, mit denen das festgehalten werden soll. Eine Der Haushaltsplan ist ein Planungsinstrument. Das besagt Kennzahl ist z. B. die Anzahl der Zugriffe auf die Home- schon allein das Wort „Plan“. Damit soll in die Zukunft page. Damit soll die Kundenzufriedenheit gemessen wer- 6052 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 den. Es handelt sich dabei um das Produkt Nr. 1 in Kapi- Präsident Norbert Kartmann: tel 06 01. Das Wort hat der Abg. von Hunnius für die Fraktion der Ich frage Sie:Was sollen wir mit einem solchen Parameter FDP. anfangen? Wie sollen die Mitglieder des Parlaments da- mit arbeiten? Wir müssen also noch taugliche Parameter entwickeln, damit sich die Produkthaushalte zu einem Roland von Hunnius (FDP): tauglichen Instrument zur Gestaltung der Politik entwi- ckeln. Ich glaube, da besteht noch ein großer Bedarf, Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- daran weiterzuarbeiten. ren! Opas Haushaltsberatung ist tot, auch wenn das man- cher noch nicht gemerkt haben wird. Denn mit der neuen Ich möchte noch auf zwei andere Aspekte eingehen. Herr Verwaltungssteuerung haben wir die Gelegenheit, nicht Weimar, bisher sind die Haushalte nur deswegen nicht aus nur die Verwaltung zu steuern,sondern auch die Politik zu dem Ruder gelaufen, weil das Zinsniveau so niedrig ist. Im steuern und zu gestalten. Deshalb haben wir einen kom- Haushaltsplan haben Sie einen leichten Anstieg für Zins- pletten Umbruch in der – – zahlungen eingeplant. Ich frage Sie: Wird das ausreichen? (Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das ist ein – Es gibt ernst zu nehmende Tendenzen, denen zufolge persönlicher Angriff, Opas Haushaltsberatung!) sich das Zinsniveau auf dem Markt nach oben entwickeln wird. Wenn das so eintreten würde – ich gehe im Moment – Das ist kein Fauxpas.Wir wollen die Politik gestalten. Es davon aus, dass es so kommt –, dann wäre Ihre Glücks- tut mit Leid, Herr Kollege, wenn ich mit Opa auch den strähne vorbei. Die Zinsen werden dann steigen. Das ist Kollegen Finanzsprecher der CDU-Fraktion gemeint ha- dann ein neuer Keim für das weitere Anwachsen der Ver- ben könnte.Aber auch Ihre Diskussion ist sicherlich über- schuldung. Ich denke, damit wird die Dramatik dieses holt, Herr Kollege. Insofern hat die Ausführung hohen Haushalts noch einmal doppelt klar. Symbolgehalt. Ich möchte noch auf das Finanzausgleichsgesetz zu spre- (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist chen kommen. ein neuer Opa!) Wir können Politik gestalten. Denn wir haben über Jahr- Präsident Norbert Kartmann: zehnte hinweg immer nur Ausgaben und Einnahmen ge- plant, uns über Veränderungen unterhalten und mit der Il- Die Redezeit für Ihre Fraktion ist abgelaufen. lusion gelebt, dass mehr Ausgabe mehr Wirkung heißt und dass weniger Ausgabe weniger Wirkung heißt. Mehr Ein- nahme ist erfreulich, weniger Einnahme ist unerfreulich. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war die simple Philosophie, die wir bisher hatten. Um die Funktion, was wirklich mit einer Ausgabe erzielt wird, Ich komme gleich zum Schluss meiner Rede. – Mit dem haben wir uns – wenn wir ehrlich sind – nicht recht ge- Finanzausgleichsänderungsgesetz wollen Sie den Versuch kümmert. unternehmen, die kommunale Familie nicht allzu sehr zu verschrecken. Hinsichtlich der Analyse sind wir uns noch Jetzt geht es um einen ganz anderen Ansatz. Es geht da- einig.Wenn es aber um die Details geht, dann entsteht bei rum, gemeinsam über Ziele und Produkte zu sprechen. uns der Eindruck, dass sich da keiner so richtig bewegen Ich muss sagen: In dieser Zieldiskussion ist die Frage, die will. Denn da möchte keiner etwas falsch machen. Das ist aus den Reihen der zweiten Gewalt gestellt wird – jetzt ein Ansatz, der auf halber Strecke stecken geblieben ist. fangen wir schon an, die Gewalten zu nummerieren –, was Das werden wir so nicht mittragen. gespart werden solle, nicht mehr zeitgemäß. Denn wir dis- kutieren Ziele, und diese Ziele sind von der Administra- Den Kolleginnen und Kollegen der SPD möchte ich noch tion auszuführen. Wie sie das macht, ist dann weitgehend etwas hinsichtlich der Frage sagen, ob die Vermögen- ihr Problem. steuer wieder eingeführt werden soll. Wir hegen große Es gilt deshalb, von den Symptomen der Politik in der Sympathie für Dinge, die die Gerechtigkeit betreffen.Wir Haushaltsberatung zu den Inhalten der Politik vorzusto- denken, die Vermögensteuer hat da einen sehr hohen ßen. Das ist im Kern unsere Aufgabe bei der neuen Haus- symbolischen Wert. haltsgestaltung. Aber man muss der Ehrlichkeit halber hinzufügen, Herr (Beifall der Abg. Nicola Beer und Heinrich Heidel Schmitt: Die Vermögensteuer war in alter Prägung nicht (FDP)) sonderlich ergiebig. Also sprechen wir über Ziele. Ich sage es noch einmal: Die (Norbert Schmitt (SPD): 500 Millionen c für Hes- Politik setzt die Ziele, die Verwaltung setzt sie um. Das ist sen!) die Arbeitsteilung im NVS-Zeitalter. Man muss der Ehrlichkeit halber auch sagen: Der Verwal- Wir kommen zu den Fachzielen; diese sind von Frau Kol- tungsaufwand für die Erhebung ist nicht unbeachtlich, legin Erfurth freundlicherweise bereits skizziert worden. und da müssen wir – so habe ich Sie heute Morgen auch Das Fachziel 1 ist vergleichsweise bescheiden und sagt verstanden, Herr Walter – genau schauen, dass da die nichts über die Einhaltung der Verfassungsgrenze aus; das Hitze nicht mit dem Rauch aufgeht und dass wir ein ver- hat schon der Kollege Hahn ausführlich kommentiert. nünftiges und ergiebiges Instrument für Hessen gestalten. Das kann so nicht sein. Unser Vorschlag ist natürlich, die Dann haben Sie uns auf Ihrer Seite. – Danke. Verfassungsgrenze hier einzubeziehen. Etwas anderes kann gar keinen Sinn machen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Walter (SPD): Nur wenn wir selbst bestim- (Beifall der Abg. Nicola Beer und Heinrich Heidel men, können wir es garantieren!) (FDP)) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6053

Aber dass die Verfassungsgrenze nicht drinsteht, ist schon KFA vereinfacht und transparent wird. Leistungsanreize bezeichnend. Es ist bezeichnend, dass man sie nicht er- müssen verstärkt enthalten sein, und wir wollen vor allen wähnt. Dingen von den besonderen zu den allgemeinen Finanz- zuweisungen übergehen, also die Anzahl der Töpfe ver- (Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das steht ringern oder – anders gesagt – den goldenen Zügel, mit schon in der Verfassung!) dem die Landesregierung die Kommunen im Augenblick – Na gut, die Verfassung gilt für alles. Aber wie man sie führt und steuert, lockerer lassen. einhalten will, ist eine ganz andere Frage, Herr Kollege Das wäre unser Ansatz für die Fachziele im Bereich des Milde. Wir haben vielmehr das Gefühl, dass hier Placebo- Einzelplans 06. Dabei muss die nächste Stufe natürlich ziele hineingeschrieben worden sind, um sozusagen als darin bestehen, diese Fachziele nicht nur verbal zu defi- Platzhalter zu dienen, weil da etwas stehen musste. Aber nieren, sondern sie auch zu quantifizieren. Erst wenn ich es ist unserer Meinung nach gar nicht ernsthaft diskutiert quantitative Ziele für ein Haushaltsjahr habe, bin ich in worden. der Lage, die Zielerreichung zu überprüfen. Das ist not- (Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP)) wendig damit verbunden. Bei dem Fachziel 2, Steuergesetzgebung, reicht es uns (Beifall bei der FDP) nicht aus, einfach zu sagen, dass wir eine Steuergesetzge- bung haben wollen. Wir möchten vielmehr ein paar wei- Wie es im Augenblick formuliert ist, ist es für die Landes- tere Nebenbedingungen fixiert wissen, nämlich die Ver- regierung eigentlich fast unmöglich, das Ziel zu verfehlen. einfachung des Steuersystems und die Wettbewerbsfähig- Es ist so allgemein formuliert worden, dass man sagen keit mit internationalen Steuersystemen. Das sind ganz könnte: Ich bin dafür, dass am nächsten Tag die Sonne entscheidende Nebenbedingungen dafür. scheint. – Hier aber etwas zu unterschreiben und die Ver- antwortung dafür festzustellen ist vergleichsweise schwie- (Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP)) rig. Beim Fachziel 3, Personalvermittlungsstelle, meinen wir, Lassen Sie mich noch hinzufügen, dass eine Haushaltsbe- die Pflicht einbauen zu sollen, dass wir eine bürgernahe ratung, die an die neue Verwaltungssteuerung anknüpft, Verwaltung schaffen wollen. Wofür ist denn die PVS da? natürlich anders ablaufen muss. Denn es kann nicht sein, – Sie soll doch dazu dienen, die Verwaltung effizienter zu dass wir in einem einzigen Paket zum gleichen Zeitpunkt gestalten. Ziele, Produkte und alle Mengen und Werte gereicht be- kommen. Sinnvollerweise muss es doch vielmehr so sein, Es geht weiter mit dem Fachziel 4. Hier heißt es in dem dass wir einen Beratungsvorlauf haben, in dem es um die Originaltext: Ziele geht. Da werden die Ziele verabschiedet, und dann Mit einer auf Doppik beruhenden ergebnisorien- wird nach diesen Zielen der Haushalt gestaltet. tierten Haushaltssteuerung eine für den Bürger transparente Haushaltspolitik umsetzen und das (Beifall bei der FDP) Personalmanagement modernisieren Alles andere macht keinen Sinn. Denn sonst kommen wir Das ist richtig, aber es reicht nicht aus. Wir wollen die in eine ganz gefährliche Zwickmühle, meine Damen und Doppik und die Kosten-/Leistungsrechnung, die damit zu- Herren. Wir kommen in die große Schwierigkeit hinein, sammenhängt, dazu nutzen, Effizienzreserven aufzuspü- dass wir mit der neuen Verwaltungssteuerung in erhebli- ren und Effektivität zum Kriterium von Entscheidungen chem Umfang Kompetenzen, Zahlen und Einzelverant- zu machen. Es darf nicht mehr die simple Regel gelten: wortung der Verwaltung überreichen. Im Gegenzug er- mehr Geld, mehr Wirkung. halten wir aber nicht die Entscheidung über diese Ziele, sondern diese werden uns ebenfalls vorgegeben. Das Wir wollen eine Personalstrategie hiermit mittelfristig heißt, dann ist das Parlament nicht mehr in der Lage, einbezogen haben. Haushaltsentscheidungen zu treffen, aber gerade das ist unsere ureigenste Aufgabe und unsere wichtigste Kompe- (Beifall der Abg. Nicola Beer und Heinrich Heidel tenz. (FDP)) Das Fachziel 5 beinhaltet, das Landesvermögen zukunfts- (Beifall bei der FDP) orientiert zu nutzen und Bauinvestitionen zu optimieren. Optimieren heißt, bestmöglich zu gestalten, und das ist für jede Art von Interpretation völlig offen. Ist es schon opti- Präsident Norbert Kartmann: mal? Wird es noch optimal? Wird es in zwei Jahren opti- Herr Kollege, die Fraktionszeit ist abgelaufen. mal? – Jeder will alles in seinem Leben optimieren. Das ist uns hier wirklich etwas zu einfach. Hier verlangen wir ein Beteiligungskonzept der Landesregierung, aus dem her- Roland von Hunnius (FDP): vorgeht, welche Beteiligungen nötig bzw. nicht nötig sind und was wir mit den nicht benötigten Beteiligungen ma- Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe mit einigen Kolle- chen. In welcher Frist machen wir etwas mit den nicht be- gen gesprochen. Sie wollen freundlicherweise noch etwas nötigten Beteiligungen? Und wie gestalten wir die Renta- über die Vermögensteuer hören. Auch dazu möchte ich bilität unserer Beteiligungen? – Das gehört entscheidend gern noch Stellung nehmen. mit hinein. (Michael Denzin (FDP): Das tun wir sehr gerne!) Das Fachziel 6 beinhaltet den Kommunalen Finanzaus- – Das freut mich, Herr Kollege Denzin. gleich. Hier wird nur gesagt, den KFA für die Gemeinden und Gemeindeverbände solide zu gestalten. Solide ist Wir haben einen schönen Antrag von der SPD-Fraktion wichtig und gut. Solide ist immer wichtig. Weil wir wissen, vorliegen. Statt den schwierigen Weg zu gehen und sich zu dass im kommenden Jahr der KFA von der Landesregie- überlegen, wie wir strukturell die Aufgaben reduzieren rung neu überdacht wird, möchten wir erreichen, dass der können – da gebe ich Ihnen Recht, Herr Kollege Schmitt, 6054 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 der Verkauf von Landesvermögen ist nur eine kurzfristige diese Punkte, die ich besprochen habe, nur der saubere Lösung, und wir müssen die Ausgaben strukturell sen- und konsequente Weg übrig: klare Ziele definieren, Auf- ken –, gehen Sie den einfachen Weg und fordern, die Ein- gaben kritisieren, runter mit den Staatsausgaben, und das nahmen zu erhöhen. Und da fällt der SPD-Fraktion die muss nachhaltig gelten. Dieser Weg ist schwer, aber er ist gute alte Vermögensteuer ein. der einzig Erfolg versprechende, meine Damen und Her- ren. (Zuruf von der CDU: Ja!) (Beifall bei der FDP) Das kann man rechtlich sehen. Sie haben das entspre- chende BVG-Urteil in Ihrem Antrag nur zur Hälfte zi- tiert. Denn in dem Urteil steht auch etwas zum Übermaß- Präsident Norbert Kartmann: verbot; das haben Sie erst gar nicht erwähnt. Man kann es aber auch ökonomisch sehen. Ich möchte es ökonomisch Das Wort hat der Abg. Milde für die Fraktion der CDU. sehen, und da komme ich auf den früheren Bundeskanz- ler zu sprechen. Der frühere Bundeskanzler Schröder – viele von Ihnen werden sich seiner noch erinnern – hat Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): schon im Jahr 2002 gesagt: Die Debatte um die Vermö- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! gensteuer ist beendet. Den Ausführungen des Kollegen von Hunnius zur Ver- (Heinrich Heidel (FDP): Ach!) mögensteuer möchte ich mich ausdrücklich auch im Na- men des Kollegen Clemens Reif und des Kollegen Mi- Schröder hat sich damals an seine eigenen Genossen ge- chael Boddenberg anschließen. wandt und ausgeführt, die Ministerpräsidenten hätten al- len Anlass, sich seinem Weg anzuschließen. Und er hat im (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das Jahr 2002 in einer Fernsehdebatte deutlich gemacht, die war doch euer eigener Antrag!) Vermögensteuer sei aus guten Gründen abgeschafft wor- den, weil sie eine Substanzsteuer und sehr aufwendig zu Ich komme noch einmal zu diesem Thema zurück. erheben sei. Dabei müsse es aus seiner Sicht bleiben. (Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU)) (Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP)) Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist zum Ritual Meine Damen und Herren, in diesem Punkt hat Gerhard geworden – – Wir reden nachher noch über das Thema. Schröder voll und ganz Recht gehabt. Ich glaube, der Kollege kann sich darauf verlassen. (Norbert Schmitt (SPD): Sie werden noch zum (Norbert Schmitt (SPD): Herr Kollege Reif hat mit Schröder-Fan!) seinem Zwischenruf gefragt, wie lange er sich dar- auf verlassen kann! Nur, damit das im Protokoll – Nur in diesem Punkt, Herr Kollege. Damals hat er einen steht!) lichten Augenblick gehabt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Jahr Die Vermögensteuer darf nicht wiederkommen – weder wurde eine merkwürdige Diskussion geführt über die bundeseinheitlich noch in einzelnen Ländern und schon Frage: Hätten wir den Haushalt vor der Bundestagswahl gar nicht in Hessen. einbringen müssen, oder haben wir das nicht gemacht, (Beifall bei der FDP – Jürgen Walter (SPD): Schrö- weil wir Angst hatten, dadurch vielleicht die Bundestags- der hatte nämlich nichts von der Vermögensteuer! wahl zu verlieren? – Als ob das davon abhinge, ob wir in Er ist ein schlauer Mann!) Hessen mehr oder weniger Schulden machen, wie unser Haushalt rauf- und runtergerechnet aussieht. Denn die Vermögensteuer ist mittelstandsfeindlich. Sie ist wettbewerbswidrig. Sie ist leistungsfeindlich. Sie ist eine Der Ansatz des Finanzministers – das war mit der CDU- Substanzbesteuerung. Wenn jemand besteuertes Vermö- Fraktion besprochen –, vor der Bundestagswahl keinen gen anhäuft, dann wird er zum Schluss noch einmal durch Haushalt vorzulegen, war absolut richtig. eine weitere Entnahme durch den Staat dafür bestraft, (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Nein!) dass er es gemacht hat. Sie ist in der Erhebung aufwendig, und sie ist vom Ertrag her relativ gering. Wenn man sich die Entwicklung der Zahlen anschaut, wenn man sich insbesondere den Nachtragshaushalt an- (Norbert Schmitt (SPD): Jede Zinssteuer ist sozu- schaut, stellt man fest, es war absolut richtig, dass man zu- sagen eine Substanzsteuer!) nächst abwartet, welche politischen Weichenstellungen in Es ist weniger als 1 % des gesamten Steueraufkommens Berlin passieren, durch die Vermögensteuer erzielt worden.Also lassen wir (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das konnte dieses Experiment weg. Kapital ist wie ein flüchtiges Tier. doch gar nicht bis Oktober passieren!) (Jürgen Walter (SPD): Reh!) um dann zu sehen, welche Steuerentwicklungen sich dar- Sie wissen es: Der Effekt, dass Vermögen ins Ausland aus ergeben. Deswegen war es richtig, dass wir den Haus- geht, ist wesentlich höher einzuschätzen und für uns we- halt nach der Bundestagswahl eingebracht haben. Wir sentlich gravierender und schädigender als eine vermeint- können jetzt in aller Ruhe über ihn diskutieren. Die Welt liche Gerechtigkeit, an der man weiß Gott stark zweifeln geht nicht dadurch unter, dass wir am Jahresende den kann. Nein, aus Überzeugung und mit Entschlossenheit neuen Haushalt noch nicht beschlossen haben. sagen wir: Diesem Antrag der SPD-Fraktion können wir (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Dann hätten nicht zustimmen. wir ihn auch im Juni haben können!) (Beifall bei der FDP) Der alte Haushalt gilt weiter. Er ist genauso gut wie der Ich werde vielleicht noch vor der dritten Lesung Gele- neue. Deshalb verschlechtert sich im Lande nichts. Ich genheit haben, etwas zum KFA zu sagen. Es bleibt für glaube, wir können darüber ganz zufrieden sein. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6055

Was war gewesen? Noch im Mai gab es eine Steuerschät- Kommen wir zu dem Thema Sonderstatusstädte, das die zung, die uns gesagt hat, im Jahr 2006 fallen weitere 720 gesamte Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände Millionen c Steuereinnahmen weg. Also war von diesem durch den Haushaltsausschuss dominiert hat. Die Lösung, Moment an klar, dass ohne Weichenstellungen, die in Ber- die wir jetzt mit den Landkreisen und dem Städtetag ge- lin passieren, ein Haushalt in Bezug auf die Verschuldung funden haben, besteht darin, dass wir für 2006 einen Än- nicht mehr korrigierbar ist, zumindest dass bei den Ein- derungsantrag zum Finanzausgleichsänderungsgesetz ein- nahmen nichts zu machen war. Daran hat sich bis zum gebracht haben. Dabei geht es um eine Nettolösung. Das September, als die Bundestagswahl war, leider nicht geän- heißt, die Sonderstatusstädte zahlen nur so viel an ihre dert. Doch nach der Bundestagswahl hatten wir ein Er- Landkreise, wie nach dem Kommunalen Finanzausgleich, gebnis, das so schnell nicht einkalkulierbar war. Wir sind der kompliziert genug ist, dort verbleibt. gemeinschaftlich zu der Erkenntnis gekommen, in gewis- ser Weise auch als Druckmittel für die politischen Ent- Damit sind eigentlich alle zufrieden. Der Städtetag sagt, scheidungen, die in Berlin noch kommen, dass vom er hätte diese Lösung gerne für das Jahr 2007 festge- schlechtest anzunehmenden Fall ausgegangen wird. Ent- schrieben. Der Landkreistag hätte das Geld am liebsten sprechend wurden die höchsten anzunehmenden Ver- sofort gehabt.Also ist dieser Kompromiss in der Mitte re- schuldungszahlen in den Haushalt eingestellt, übrigens lativ gut. Hinter vorgehaltener Hand sind auch alle damit auch in die mittelfristige Finanzplanung. zufrieden. Wir haben auch gesagt, wir werden uns die Entwicklung Es ist bedauerlich – da teile ich die Auffassung einiger im Jahr 2006 anschauen – ob uns der Landesrechnungshof Kollegen –, dass man eine solche mittelfristige Finanzpla- oder wer auch immer Zahlen dazu liefert – und überlegen, nung im Laufe der Haushaltsberatungen nicht anpassen wie 2007 die Verteilung der Finanzen zwischen Sondersta- kann. Denn die Entwicklung, die gerade in Berlin stattfin- tusstädten und Landkreisen sein wird. det und dort insbesondere auch durch die Hessische Lan- desregierung angestoßen wurde, wird selbstverständlich (Beifall der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP)) dazu führen, dass sich die mittelfristige Finanzplanung für das Land Hessen deutlich verbessern wird. Insofern ha- Das Thema lassen wir bewusst offen. Dazu stehen wir als ben wir, wenn im Haushalt eine Neuverschuldung von CDU-Fraktion. 1,675 Milliarden c steht, durchaus erheblich Luft, das Meine Damen und Herren, was Einsparvorschläge und nach unten zu drücken. Verbesserungsvorschläge für den Haushalt angeht, waren (Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) sich zumindest alle drei Oppositionsfraktionen in einem einig. Denn echte Einsparvorschläge – der Kollege Bod- Das ist natürlich das Ziel. Aber das ist nur zu schaffen – denberg hat es mehrmals zwischengerufen – in einer Grö- das will ich deutlich machen – über eine Verbesserung der ßenordnung des vom Kollegen Walter heute Morgen dar- Einnahmesituation, über eine Verbesserung der Steuer- gestellten Defizits von 2,5 Milliarden c kann ich bei kei- einnahmen, über Verschärfungen bei Abschreibungen. nem der Vorschläge der Oppositionsfraktionen erkennen. (Norbert Schmitt (SPD): Meinen Vorschlag lehnen (Zuruf des Abg. Jürgen Walter (SPD)) Sie ab! – Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Über eine Reduktion der Ausgaben!) Da maßt es sich schon friedlich an, wenn der Kollege Schmitt als sachlichen Einsparvorschlag die 800.000 c Meine Damen und Herren, genau das geschieht im Mo- nennt, die das Land Hessen bei der Präsentation auf der ment. Genau das – wir werden einmal sehen, wie weit die CeBIT benötigt hat. Genau dort macht das Land Wer- Entscheidungen sind, wie weit die Steuerschätzungen sind bung, um später Geld einzunehmen, – wird bis zur dritten Lesung passieren. Was ich sehr be- achtlich finde: Wir müssen gerade für das nächste Haus- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE haltsjahr ein bisschen dafür büßen, dass wir uns in diesem GRÜNEN): Das kann man auch anders machen!) Jahr verbessern. Alle Einnahmen, die wir jetzt, im letzten mit genau den Softwareprogrammen, die wir in den letz- Quartal, zusätzlich haben, führen zu einer Verschlechte- ten Jahren mit den Kenntnissen des Landes entwickelt rung der Situation beim Länderfinanzausgleich. Wir zah- und in den Markt gebracht haben und die wir später ver- len als Land Hessen unsere Steuern im nächsten Jahr kaufen können. quasi für das letzte Quartal mit. (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Deshalb müs- GRÜNEN): Hör auf! – Zuruf der Abg. Ruth Wag- sen Sie die Ausgaben reduzieren!) ner (Darmstadt) (FDP)) Deswegen, Frau Kollegin Wagner, müssen wir natürlich Das ist also eine Investition in die Zukunft. – Dann mit diesen höheren Zahlungen in den Länderfinanzaus- kommt das Thema Vermögensteuer. Ich habe dem Kolle- gleich eine gewisse Einnahmereduzierung einkalkulieren. gen Reif versprochen, dass ich zwischen der Eingangsbe- Allerdings sind auf jeden Fall die Kommunen Gewinner merkung und dem Aufruf des Themas die Meinung nicht des Haushalts 2006. Die Kommunen haben eine Erhö- ändere. hung ihrer Einnahmen um 79,3 Millionen c. Das ist (Heiterkeit der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) immerhin 3,2 % mehr Geld für die Kommunen. (FDP)) (Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP)) Das kann ich dem Kollegen Reif auch definitiv zusagen. Dazu kommen weitere 28,2 Millionen c aus den für das Wir haben als CDU-Fraktion immer gesagt, dass die Ver- Jahr 2004 zu hoch ausgefallenen Beiträgen zu den Folge- mögensteuer eine völlig unsinnige Steuer ist. Selbst wenn kosten der deutschen Einheit, sodass die Kommunen über man von dem Gerechtigkeitsprinzip und davon ausgeht, 100 Millionen c mehr zur Verfügung haben. Die Kommu- dass es Personen gibt, die mehr bezahlen könnten, wird es nen sind die Gewinner des Haushalts 2006. in der Praxis nicht dazu führen. Finanzminister Eichel hat es einmal ausrechnen lassen. Bei einer Freibetragsgrenze (Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP)) von 250.000 c, die noch viel niedriger ist als die in Ihrem 6056 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Vorschlag, bei der also mehr Geld hereinkommen müsste, Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): würden bundesweit brutto 7 Milliarden c hereinkom- men. Darauf gab es einen Aufschrei aller Parteien, die ge- Das ist als innerparteilicher Demokratieprozess etwas sagt haben: Nie im Leben kommt das zusammen. – Eichel überraschend für die Opposition. hat daraufhin nachgerechnet, und dann waren es nur noch (Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 3,5 Milliarden c, die da bundesweit zusammenkommen 90/DIE GRÜNEN) sollten. Da sehen Sie einmal, wie bei uns innerparteilich diskutiert (Michael Denzin (FDP): Bei einem hohen Erhe- wird. Ich finde, diese Frage hat durchaus eine Berechti- bungsaufwand!) gung. Selbst wenn es zuträfe, dass wir nur 200 c Gewinn Außerdem ist nachgewiesen, dass ein Erhebungsaufwand daran haben würden, wäre es richtig. Die Erbschaftsteuer in etwa der gleichen Höhe besteht. Dabei ist noch nicht und die Vermögensteuer kann man nicht miteinander ver- eingerechnet, dass diejenigen, die Vermögen in Deutsch- gleichen. land haben und das Vermögen einsetzen, um Arbeits- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE plätze zu schaffen, dann möglicherweise ihr Geld nehmen GRÜNEN): Das stimmt jetzt nicht!) und ins Ausland gehen. Damit würde unterm Strich ein volkswirtschaftlicher Schaden entstehen. Dann ist es auch so, dass gerade mithilfe des Finanzminis- ters Maßnahmen getroffen wurden, die die Erhebung der (Beifall bei der CDU und der FDP) Erbschaftsteuer erheblich vereinfacht haben, sodass der Deswegen werden Sie mit uns niemals eine Vermögen- Verwaltungsaufwand im Verhältnis zur Erhebung der steuer durchbringen. Erbschaftsteuer immer niedriger wird. Mit der Vermö- gensteuer hat es eine ganz andere Bewandtnis, da sämtli- (Clemens Reif (CDU): Dann müsste man die Erb- che Vermögen hinzugezogen werden müssen und nicht schaftsteuer natürlich auch abschaffen!) nur Immobilien. – Erbschaftsteuer und Vermögensteuer miteinander zu vergleichen ist an dieser Stelle absolut Dazu gab es auch niemals einen Vorschlag von uns. Ähn- falsch. lich werden wir auch keine Veränderung hinsichtlich einer Erhöhung der Erbschaftsteuer mitmachen. (Zurufe der Abg. Jürgen Walter (SPD) und Frank- Lassen Sie sich noch einmal deutlich sagen: Die Substanz- Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – besteuerung bei der Vermögensteuer führt dazu, dass ein Norbert Schmitt (SPD): Ich bedanke mich bei Unternehmen, in dem Vermögen steckt, möglicherweise Herrn Reif!) veräußert werden muss, sodass im Prinzip Arbeitsplätze Meine Damen und Herren, ich möchte auf jeden Fall noch abgebaut werden müssen, damit man in der Lage ist, die das Thema SAP ansprechen, weil es zu einem Ihrer Lieb- Vermögensteuer zu bezahlen. Insofern muss Vermögen lingsthemen geworden ist. verkauft werden, um es als Vermögensteuer wieder einzu- bezahlen. (Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) Es ist nicht ganz so, wie der Fraktionsvorsitzende Wagner heute Morgen gesagt hat, dass die SPD alle EDV abschaf- Präsident Norbert Kartmann: fen wolle. Aber ein bisschen in diese Richtung zielt ihr Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Ansinnen durchaus, die SAP-Kosten zu senken. Erstens Reif? müssen wir festhalten, es war der parlamentarische Wille aller Fraktionen, SAP einzuführen. Die frühere rot-grüne Landesregierung hatte das schon beschlossen. Dann gab Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): es eine Debatte darüber, ob es in jedem Einzelressort ein- geführt werden muss. Dazu muss ich sagen: Natürlich Eine kleine Sekunde. – Diese Vermögensteuer ist fiskal- muss es in jedem einzelnen Ressort angewendet werden, politischer Unsinn, ist volkswirtschaftlicher Blödsinn und weil sonst ein Haushalt in der Form, wie wir ihn heute mit eine reine Neidsteuer. der Doppik vorbildlich vorlegen, gar nicht möglich wäre, (Beifall bei der CDU und der FDP – Frank-Peter wenn es unterschiedliche Bezugsquellen gäbe. Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Völlig Außerdem möchte ich Ihnen sagen, dass mit Einführung unlogisch argumentiert, Herr Kollege!) von SAP die Verwaltung für die Abgeordneten, für die Po- litik, aber auch untereinander so transparent wird, dass es endlich möglich ist, nicht nur strukturelle, sondern auch Präsident Norbert Kartmann: punktuelle Einsparungen vorzunehmen. Herr Reif, bitte. Das heißt, SAP ist die Grundlage dafür, dass wir dauer- haft Einsparungen vornehmen können. Es ist das mo- Clemens Reif (CDU): dernste Instrument, das einer Landesverwaltung in Deutschland zur Verfügung steht. In allen anderen Ausgehend von Ihrer Theorie, dass die Vermögensteuer Bundesländern schaut man darauf, was wir damit machen. nicht erhoben werden muss, weil der Aufwand ähnlich Die Verwendung von SAP von heute auf morgen einzu- hoch ist wie der Ertrag: Gehen Sie mit mir einig, dass man stellen würde z. B. bedeuten, dass keine Löhne und Ge- dann auch die Erbschaftsteuer abschaffen müsste? Denn hälter mehr ausgezahlt werden könnten. der Aufwand zur Erhebung der Erbschaftsteuer liegt bei etwa 2,8 Milliarden c, und das Aufkommen aus der Erb- Diese Einsparvorschläge sind einfach nicht von dieser schaftsteuer liegt bei etwa 3 Milliarden c. Welt. Sie sind völlig unrealistisch. Im Übrigen bewegen sie sich auch nicht annähernd in einer Größenordnung, wie es (Norbert Schmitt (SPD): Und das aus den eigenen nötig wäre, um uns davon zu befreien, neue Schulden zu Reihen! – Heiterkeit) machen. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6057

Deswegen können Sie unter dem Strich froh sein, dass dass wir die Grenze sogar deutlich unterschreiten. Das ist nicht Sie regieren, sondern dass wir an der Regierung sind ein Stück der Arbeit, die wir an dieser Stelle geleistet ha- und die Probleme dieses Landes lösen.Wir lösen sie dank ben. dieser Landesregierung und dank der starken CDU-Frak- tion. Wir werden Ihnen eine mittelfristige Finanzplanung Lassen Sie mich deswegen kurz den Nachtragshaushalt vorlegen, die weit über das Jahr 2008 hinausgeht. – Herz- 2005 gegenüber 2004 erläutern. Es wird nämlich immer lichen Dank. gesagt, hier werde viel Geld ausgegeben. Die Gesamtaus- gaben, bereinigt – ohne Länderfinanzausgleich, der ver- (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Wir zerrt immer –, werden von 2004 auf 2005 um etwa 150 sind froh und dankbar!) Millionen c steigen. Wenn am Jahresende Kassenschluss gemacht wird, werden wir wahrscheinlich feststellen, dass es weniger ist. Präsident Norbert Kartmann: (Norbert Schmitt (SPD): Das sind fast 100 %!) Das Wort hat der Herr Minister der Finanzen. – Langsam, ich bin noch nicht fertig. – Am Jahresende, wenn Kassenschluss gemacht wird, wissen wir, dass es im- Karlheinz Weimar, Minister der Finanzen: mer noch ein ganzes Stück heruntergeht. Bleiben wir bei den 150 Millionen c. Sehen wir uns an, woraus die Stei- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gerung resultiert. Die Investitionsausgaben sind um 110 jetzt wirklich einige Bemerkungen zum Haushaltsplan- Millionen c gestiegen. In den KFA sind 53 Millionen c entwurf machen; mehr geflossen. Ansonsten haben wir nichts anderes ge- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE macht, als die Investitionen zu erhöhen – was in dieser GRÜNEN): Herr Kollege Milde hat das nicht ge- Zeit richtig ist – und den Kommunen das Geld, das ihnen tan!) zusteht, zu geben. Darüber hinaus sind in unserem Haus- halt keine Steigerungen zu verzeichnen, und das bei allge- denn hier ist viel von der Vermögensteuer und von ande- mein steigenden Kosten und bei den gesetzlichen Leis- rem gesprochen worden.Vergessen Sie all das.Wir wissen, tungen, die wir zu erbringen haben. Faktisch haben wir dass allein die Grundstücksbewertung zehn Jahre in An- das Niveau des Landeshaushalts erneut abgesenkt. spruch nehmen würde. Zehn Jahre würde es dauern, bis wir alle Grundstücke bewertet hätten und eine Vermö- Ich bitte Sie, das einmal zur Kenntnis zu nehmen und hier gensteuer erheben könnten. nicht immer den Unsinn zu erzählen, wir würden die Aus- gaben erhöhen. Wir gehen bei den Ausgaben nicht nach (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): oben – von einem Punkt abgesehen, und dazu stehe ich. Wenn Sie das mit SAP machen, sicherlich!) Wir haben im Rahmen der „Operation sichere Zukunft“ gesagt, dass wir die Investitionen in diesem Land kontinu- Gerade die Idee, dass wir wieder in die Grundstücksbe- ierlich erhöhen wollen. Das werden wir auch tun. Im Mo- wertung einsteigen müssten, ist wahnsinnig. Schon die ment sind wir dabei. Im nächsten Jahr, 2006, werden die Kosten im ersten Jahr würden alles auffressen, was in den Investitionen noch einmal steigen. nächsten Jahren an bescheidenen Eingängen zu verzeich- nen wäre. Aber das Thema eignet sich gut für einen sol- Damit das klar ist: Diese Landesregierung gibt im Ver- chen Vorschlag. gleich zu früheren Landesregierung das Geld, das sie An- fang des Jahres für Investitionen eingestellt hat, weitge- Ich möchte einige wenige Bemerkungen machen. Die hend aus. Früher dagegen blieben riesengroße Haushalts- Auffassung, dass sich durch eine Verschiebung des Haus- reste übrig. Was hat es uns denn unter Rot-Grün genutzt, haltsplans nichts geändert habe, ist falsch. Es hat sich viel dass Sie bei den Investitionen riesengroße Haushaltsan- verändert. Der Herr Ministerpräsident hat meine Zahlen sätze hatten, aber dann große Reste übrig geblieben sind, heute Morgen weitergegeben. Ich will sie hier noch ein- weil das Geld nicht ausgegeben worden ist? Wir steigern mal bestätigen. die Investitionen und geben das Geld aus. Darauf lege ich Gegenüber dem, was wir im Haushaltsplan 2005 ange- Wert; denn dies bringt das Land in struktureller Hinsicht nommen haben, werden wir im Jahre 2005 eine deutliche weiter nach vorne. Reduzierung der Verschuldung haben. Wohl bemerkt: (Beifall bei der CDU) gegenüber dem, was wir zu Jahresbeginn veranschlagt hatten. Zum ersten Mal seit vielen Jahren wird der Haus- Ich möchte einen weiteren Punkt erwähnen, über den gar haltsansatz deutlich unterschritten. Wir gehen derzeit da- nicht gesprochen wird. Wir wollen bei der Finanzverwal- von aus, dass wir statt 1.130.000.000 c Schulden nur noch tung nächstes Jahr wieder etwa 200 junge Mitarbeiter ein- 960 Millionen c Schulden haben werden. stellen. Das ist eine Größenordnung, die früher absolut Ich sage Ihnen heute schon voraus, dass dies nicht das nicht üblich war. Wie schon in den letzten Jahren küm- Ende sein wird.Aber wir sind im Moment noch etwas vor- mern wir uns intensiv um diesen Bereich und ernten jetzt sichtig. Mein interner Optimismus – „Licht am Ende des die Früchte unserer Arbeit: Wir haben seit 2002 über 200 Tunnels“ habe ich gesagt – lässt mich annehmen, dass es junge Anwärter eingestellt, die jetzt, nach drei Jahren, in nach menschlichem Ermessen noch ein Stück besser wird. der Finanzverwaltung beschäftigt werden. Das heißt, wir lösen auf diese Weise das Problem, dass in der Finanzver- (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Norbert waltung aufgrund der neuen Gesetze und des Arbeitsauf- Schmitt (SPD): Weniger schlecht!) wands zusätzliches Personal benötigt wird. Ich bitte Sie, zu beachten, dass das Personal in der Finanzverwaltung trotz Bei allem Streit in diesem Land ist es doch eine schöne der „Operation sichere Zukunft“ aufgestockt wird. Botschaft, wenn man sagen kann, dass das, was wir uns zu Jahresbeginn vorgenommen haben – was schon ehrgeizig In den nächsten Jahren werden wir die Zahl der Prüfer um genug war; zwischenzeitlich hatten wir Sorgen, ob wir das 170 erhöhen. Somit wird auch das, was wir angestrebt ha- Ziel erreichen würden –, nicht nur erreicht wird, sondern ben, nämlich eine Intensität der Prüfung und mehr Steu- 6058 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 ergerechtigkeit, erfüllt. Im nächsten Jahr werden wir an al- schung erleben. Das wäre natürlich insgesamt erfreulich, len Finanzämtern in Hessen – vielleicht kann es an ein wäre vielleicht aber auch ein Hinweis darauf, dass sich die oder zwei Stellen ein kleines bauliches Problem geben – Tonlage hier ein bisschen ändern sollte. Finanzinformationsstellen haben. Das wird die Annahme- stelle in dem jeweiligen Finanzamt sein. Für die Bürger Ganz besonders erfreulich ist, dass wir im nächsten Jahr und für die Arbeit in der Finanzverwaltung wird das ein auch in die Universitäten in erheblichem Umfang inves- großer Qualitätssprung sein. tieren werden. In Frankfurt werden wir am Campus West- end und am Niederurseler Hang investieren. Wir werden Nachdem Herr Starzacher in Darmstadt eine Dienststelle in Gießen und Marburg weiter investieren. Sie kennen modellhaft eingerichtet hat, habe ich es geschafft, dass bis das. Wir haben bei den Fachhochschulen verschiedene Ende 2006 sämtliche hessischen Finanzämter mit Finanz- Maßnahmen in Angriff genommen, die weiter umgesetzt servicestellen ausgestattet sein werden. Finanziell war das werden. Insbesondere die Hochschullandschaft profitiert eine große Leistung. Diese große Leistung kommt auch von unseren enormen Anstrengungen bei den Investitio- der Finanzverwaltung zugute, da es dann dort wesentlich nen. Ich lege Wert darauf, festzustellen, dass es für eine bessere Arbeitsbedingungen geben wird. Den Bürgern künftige gute Ausbildung an den Universitäten wichtig ist, werden dort sehr gute Dienstleistungen angeboten. Das ein Ambiente zu schaffen, in dem sich die jungen Leute wissen wir aus Umfragen, bei denen Zufriedenheitsgrade wohl fühlen. von weit über 90 % erreicht wurden. Ich bin stolz darauf, dass wir all das gemacht haben, um diese Finanzdienst- Frau Wagner, wir haben lange Zeit darüber diskutiert, leistungen voranzubringen. dass man Hochschullehrer zur Verfügung stellen und ih- nen Geld geben muss, damit sie ihre Forschungen betrei- (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das ben können. Wenn sie ihren Unterricht aber in alten Bu- stimmt! Aber das ist keine Erfindung von Ihnen!) den abhalten müssen, kommt nicht so viel dabei heraus. Mehr kommt dabei heraus, wenn wir das Investitionspro- gramm, mit dem wir 1999/2000 begonnen haben, weiter- Vizepräsidentin Sarah Sorge: hin kraftvoll durchsetzen. Ich sage Ihnen an der Stelle, Herr Minister, ein kurzer Hinweis: Die vereinbarte Rede- dass Sie einen Finanzminister haben, der persönlich daran zeit ist bereits abgelaufen. interessiert ist, dass dieser Punkt besonders in den Vordergrund gestellt wird. (Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Ruth Wag- Karlheinz Weimar, Minister der Finanzen: ner (Darmstadt) (FDP)) Ich werde meine Ausführungen sofort beenden. – Ich Wir tun etwas für die Konjunktur. Das, was wir angepackt werde noch einen Punkt ansprechen. Außerdem will ich haben, macht sich auf der Ausgabenseite langsam bezahlt. noch sagen, dass die Kommunen im nächsten Jahr 107 Diese Maßnahmen waren nicht von heute auf morgen c Millionen mehr bekommen werden. Natürlich werden wirksam. So, wie es im Moment aussieht, kann man viel- wir uns ansehen – Gott sei Dank haben wir noch eine leicht sagen: dritte Lesung des Haushaltsentwurfs mit den entsprechen- den Anträgen –, wie die Steuererwartungen im nächsten (Norbert Schmitt (SPD): Es kann nur noch besser Jahr tatsächlich ausfallen. Wir werden sie unter dem Ge- werden!) sichtspunkt einschätzen, was wir in diesem Jahr sehen. Es könnte ein bisschen besser werden, als wir gedacht ha- Seien Sie ein bisschen zurückhaltend. Auch die mittelfris- ben. Das ist ein schöner Tag für einen Finanzminister. Ich tige Finanzplanung basiert auf einer Momentaufnahme fühle mich im Moment ausgesprochen gut. Wenn es so aus dem September letzten Jahres. Natürlich hat sich die weitergeht, haben wir bald wieder Boden unter den Fü- mittelfristige Finanzplanung aufgrund der Entwicklung in ßen. – Vielen Dank. den letzten Monaten verändert. Das ist zahlenmäßig aber noch nicht umgesetzt worden. (Beifall bei der CDU) (Norbert Schmitt (SPD): Machen Sie das einmal!) Vizepräsidentin Sarah Sorge: Tun Sie mir deshalb den Gefallen, nicht die alten Zahlen zu nehmen. Es ist nämlich üblich, einmal eine Moment- Vielen Dank, Herr Minister. – Zum Einzelplan 06 – Hes- aufnahme zu machen und die ihr zugrunde liegenden sisches Ministerium der Finanzen –, in Verbindung mit Zahlen im laufenden Verfahren nicht zu ändern.Wenn es den Einzelplänen 17 und 18, liegen keine weiteren Wort- an der Zeit ist – im Frühjahr –, werde ich Ihnen sicherlich meldungen vor. die eine oder andere zusätzliche Information zukommen lassen. Aber die Entwicklung nach der Bundestagswahl – Wir kommen zur Beratung über das sage ich auch in Richtung SPD –, die darin besteht, Einzelplan 07 – Hessisches Ministerium für Wirtschaft, dass es klare Beschlüsse gibt und die Leute zwar mit den Verkehr und Landesentwicklung – Beschlüssen insgesamt sicherlich nicht zufrieden sind, aber wissen, wohin es geht, führt nach meiner festen In Verbindung damit rufe ich Tagesordnungspunkt 28 auf: Überzeugung dazu, dass sich im Moment alles deutlich Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Re- stabilisiert.Wir werden das gemeinsam zu beobachten ha- gionalisierungsmittel des Bundes ausschließlich für ben.Aber es ist meine feste Überzeugung, dass sich das fi- ÖPNV verwenden – Drucks. 16/4866 – nanziell niederschlagen wird. sowie Tagesordnungspunkt 60: Deswegen bitte ich Sie, in den nächsten Tagen nicht so laut zu rufen. Wir werden uns Tag für Tag mit den Zahlen Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE für 2005 beschäftigen. Anfang nächsten Jahres sehen wir GRÜNEN betreffend Landesregierung muss Finanzie- uns die Zahlen für 2006 und die folgenden Jahre an. Ich rung des ÖPNV langfristig sicherstellen – Drucks. glaube, wir werden die eine oder andere positive Überra- 16/4967 – Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6059

Als erster Redner hat Herr Kollege Frankenberger für die (Beifall bei der SPD) SPD-Fraktion das Wort. Das wird aber auch für diejenigen teuer, die in Hessen in- vestieren wollen. Meine Damen und Herren, Investitio- Uwe Frankenberger (SPD): nen werden in Hessen zukünftig teurer, weil diese Lan- desregierung ihre Aufgaben schlecht erledigt.Wenn das so Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die weitergeht, werden eines Tages unsere Geldgeber über Vorlage des Einzelplans 07 des hessischen Wirtschaftsmi- die Politik in Hessen bestimmen und nicht die gewählten nisters ist Beleg dafür, wie wenig engagiert Herr Dr. Rhiel Abgeordneten des Hessischen Landtags. sein Ressort vertritt. In jeder Rede und in jeder Pressemitteilung betont die (Beifall bei der SPD – Gottfried Milde (Griesheim) Landesregierung die besondere Bedeutung des Mittel- (CDU): Was?) standes für den Standort Hessen, und wie sehr ihr das al- les am Herzen liegt. Schauen wir einmal genau hin, ob sich Bei diesem Entwurf handelt es sich lediglich um eine mittelstandspolitische Schwerpunkte im Kernthema einer ideenlose Fortschreibung der Zahlen des Jahres 2005. Landespolitik, in der Wirtschaftspolitik, im Haushalt Dem hessischen Wirtschaftsminister gelingt es wieder ein- niederschlagen. Auch hier: Fehlanzeige. Im Gegensatz zu mal nicht, seine wirtschaftspolitischen Schwerpunkte vielen anderen Bundesländern, die Gesetze zur Förde- deutlich zu machen. Wahrscheinlich hat er gar keine. rung des Mittelstandes beschlossen und weiterentwickelt Meine Damen und Herren, der Einzelplan 07 ist völlig haben, weil sie wissen, wie wichtig die kleinen und mittle- ambitionslos. Das ist Pech für Hessen, denn bei den Wirt- ren Unternehmen für die Wirtschaft und für die Schaffung schaftsdaten befindet sich Hessen auf dem Abstieg. von Arbeitsplätzen in einem Bundesland sind, arbeitet (Beifall bei Abgeordneten der SPD) der hessische Wirtschaftsminister an der Abschaffung des bestehenden Mittelstandsgesetzes. Meine Damen und Hessen hat unter dieser Landesregierung seinen Spitzen- Herren, das zeugt von einer unglaublichen Ignoranz platz verloren. Hessen ist nicht mehr vorn. Hessen ist gegenüber den tatsächlichen Bedürfnissen der kleinen längst Mittelmaß. Hessen droht unter dieser Landesregie- und mittleren Unternehmen in Hessen. rung mit diesem Wirtschaftsminister weiter abzurutschen. (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Rüdiger Her- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) manns (CDU)) Diese Unternehmen haben bei dieser Landesregierung Mit einem Wachstum von 0,7 % im Jahr 2005 liegt Hessen eben keine Lobby.Die SPD hat deshalb im Mai einen An- unter dem Bundesdurchschnitt. Der Rückstand ist durch trag vorgelegt, mit dem wir vehement die Modernisierung die massive Schwäche des produzierenden Gewerbes ver- des Hessischen Mittelstandsförderungsgesetzes verlangt ursacht, und anders als in früheren Jahren konnte die in haben.Wir wollten damals für Hessen das, was in anderen Hessen sonst so dynamische Dienstleistungsbranche dies Bundesländern bereits besteht und auf Drängen der SPD nicht ausreichend kompensieren. Die Landesregierung jetzt auch in der großen Koalition im Bund angegangen hat in der Vergangenheit einseitig auf den Dienstleis- wird: die Mittelstandsförderung aus einer Hand. – Meine tungssektor gesetzt und das verarbeitende Gewerbe ver- Damen und Herren, hier in Hessen: weiterhin Fehlan- nachlässigt. Das rächt sich nun. Der Wirtschaftsminister zeige. hat darauf keine Antworten. (Beifall bei der SPD) Beim Ranking und Rating gab es eine Abwertung nach der anderen. Im Dynamik-Ranking der „Wirtschaftswo- Hessen ist mit der Gründung der Hessen Agentur und der che“ vom Oktober 2005 ist Hessen von Platz 9 auf Platz 12 Trennung in monetäre und nicht monetäre Förderung ei- abgefallen, während sich unser Nachbar Rheinland-Pfalz nen Weg gegangen, der für die Betroffenen, für die Exis- in den letzten Jahren konsequent nach vorne gearbeitet tenzgründer, ein großes Ärgernis ist. Eines kann man für hat. Rheinland-Pfalz steht jetzt auf Platz 2, zehn Plätze die Hessen Agentur jedenfalls schon feststellen: Diese besser als Hessen. Beim Arbeitsmarkt sind die Zahlen Hessen Agentur wird, wenn es um Auslandsdelegationen noch schlechter. Hessen ist von Platz 7 auf Platz 12 abge- geht, von dem hessischen Wirtschaftsminister ignoriert, rutscht. Auch hier ist unser Nachbar wieder deutlich bes- denn er weigert sich konsequent, die Bedeutung der ser. Rheinland-Pfalz kann mit Platz 3 neun Plätze besser Außenwirtschaft für die Arbeitsplätze in Hessen anzuer- als Hessen punkten. kennen. Besonders Besorgnis erregend ist weiterhin, dass die Zahl (Beifall bei der SPD – Zuruf des Ministers Dr.Alois der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in Hes- Rhiel) sen kontinuierlich sinkt.Vergleicht man die Arbeitslosen- zahlen mit denen des Vorjahresmonats, ist immer noch ein Meine Damen und Herren, es ist für das Ansehen der hes- Anstieg um 18 % zu verzeichnen. sischen Wirtschaft beschämend und schädlich, dass sich der hessische Wirtschaftsminister konsequent weigert, das (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Land Hessen im Ausland zu vertreten, und die Hessen Agentur für Imagekampagnen für die weiteren politi- Insbesondere bei den Jugendlichen ist fast ein Viertel schen Ziele des Ministerpräsidenten missbrauchen lässt. mehr ohne Beschäftigung als im November 2004. Wir ha- Die Landesregierung wird diese Fehlentscheidung bezüg- ben das gestern schon ausgiebig thematisiert.Auf dem Ar- lich der Mittelstandsförderung längerfristig nicht durch- beitsmarkt in Hessen ist nach Expertenmeinung keine halten können. Wir fordern Sie hiermit erneut auf, so Trendwende erkennbar. Die jüngste Abwertung Hessens schnell wie möglich Einsicht zu zeigen und Beratung und erfolgte durch die Agentur Standard & Poor’s von AA+ finanzielle Förderung wieder in eine Hand zu legen, und auf AA. Meine Damen und Herren, damit hat sich Hes- zwar in die Hände derjenigen, die dafür die Kompetenz sens Stellung auf dem Kreditmarkt verschlechtert. Das haben. wird teuer für uns alle, denn wir bezahlen die höheren Zinsen mit. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) 6060 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Ein weiterer Schlag in das Gesicht der kleinen und mittle- Land Hessen vom Bund für den ÖPNV bekommen hat. ren hessischen Unternehmen ist der ungezügelte Aktio- Meine Damen und Herren, diese Praxis muss aufhören, nismus des hessischen Wirtschaftsministers zur Aufwei- denn der ÖPNV muss erhalten, was ihm vom Bund zu- chung des Dreisäulensystems im Bankensektor. steht. (Beifall der Abg. Hildegard Pfaff (SPD)) (Beifall bei der SPD) Die neuen Pläne zur Zukunft der hessischen Sparkassen Meine Damen und Herren von der CDU, seit Sie den werden langfristig den Konzentrationsprozess in diesem SPD-Antrag abgelehnt haben, der ausdrücklich die Ziele Bereich beschleunigen und den Rückzug der Sparkassen des Berliner Koalitionsvertrags zum Inhalt hatte, wissen aus der Fläche zur Folge haben. Mit der eingeleiteten Ent- wir im Hause ganz genau, welchen Stellenwert der ÖPNV wicklung gefährden Sie massiv die Versorgung der Privat- bei der CDU in Hessen hat, nämlich gar keinen.Während kunden und der kleinen und mittleren Unternehmen auf sich der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt dem Lande. Beck, auch gegenüber dem Bund energisch für einen leis- (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Michael Bod- tungsstarken ÖPNV einsetzt, bleibt der Hessische Minis- denberg (CDU)) terpräsident stumm. Mit der Frage, woher ein Handwerksmeister, der Mittel (Beifall bei Abgeordneten der SPD) für eine Investition braucht, sein Geld bekommt, hat sich der Wirtschaftsminister bisher noch nicht auseinander ge- setzt. Die Filialleiter der Sparkassen kennen ihre Klientel Vizepräsidentin Sarah Sorge: vor Ort. Die Bankangestellten in einer Zentrale in Frank- Herr Kollege, die vereinbarte Redezeit ist auch bei Ihnen furt kennen sie nicht. Es ist schierer Hohn, wenn die Lan- abgelaufen. desregierung in einer Pressemitteilung schreibt: (Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU)) Uwe Frankenberger (SPD): Die Landesregierung will kundennahe, leistungsfä- hige und regional verankerte Sparkassen überall in Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Wir wissen, Hessen erhalten. wie sich Roland Koch in Zukunft Mobilität vorstellt. Wir wissen dies spätestens, seitdem er für das Jahr 2015 in sei- Meine Damen und Herren, daraufhin titelte die „Frank- nem Buch Vorfahrt für zahlungskräftige Autobahnnutzer furter Allgemeine Zeitung“, die der SPD nicht unbedingt favorisiert hat. Freie Fahrt für zahlungskräftige Autofah- nahe steht, am 09.12.05: rer, das ist nicht unser Mobilitätskonzept für die Zukunft. (Michael Boddenberg (CDU): Wer hat es geschrie- Da passt es ins Bild, dass der Wirtschaftsminister dafür ben?) Verantwortung trägt, dass die Mitglieder der Landesre- gierung auf Hessens Straßen ungestraft rasen und unge- „Die Zahl der Gegner Rhiels wächst“. Zu diesen Gegnern stört falsch parken können. zählt auch der Hessische Städtetag, weil die Kommunen wissen, wie wichtig eine handlungsfähige, leistungsfähige (Volker Hoff (CDU): Bei euch ist Stillstand!) Sparkasse vor Ort für die Zukunft einer Region ist. Dadurch, dass Herr Dr. Rhiel ungestraft mit Tempo 200 (Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Walter über die Autobahn rasen darf, bekommt man die Mobili- Lübcke (CDU)) tätsprobleme in Hessen nicht in den Griff. Zerstören Sie nicht das langfristig aufgebaute Vertrauen (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Rüdiger Her- zwischen den Kunden und der Hausbank, der Sparkasse. manns (CDU)) 80 % aller Mittelständler sind Kunde bei einer Sparkasse, Genossenschaftsbank oder Landesbank. Hören Sie auf Dieser Entwurf, für den der Wirtschaftsminister Verant- die Experten. Mit der Politik, die Sie betreiben, schaden wortung trägt, zeigt keine Perspektiven auf. Der Entwurf Sie dem Mittelstand in diesem Lande massiv. ist wie die Wirtschaftspolitik im Lande Hessen: einfallslos und ideenlos. Noch nie hat das Land Hessen einen solchen (Beifall bei der SPD – Rüdiger Hermanns (CDU): Wirtschaftsminister gehabt, der sein Ressort so verwaltet Na, na, na!) hat wie der jetzige: emotionslos und ziellos. – Meine Da- Meine Damen und Herren, die Zukunft unseres Landes men und Herren, ich danke Ihnen. hängt auch sehr davon ab, wie wir die Mobilitätsprobleme, (Beifall bei der SPD) die in den nächsten Jahren zweifellos noch anwachsen werden, lösen werden. Es wird nicht reichen, sich einseitig auf die Straße zu konzentrieren. Vizepräsidentin Sarah Sorge: (Zuruf des Abg. Dr. Walter Lübcke (CDU)) Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Frau Hölldob- Auch der ÖPNV wird mit diesem Haushalt nicht ange- ler-Heumüller für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das messen bedient. Im Gegenteil, wie durch ein Wunder ver- Wort. schwinden im Haushalt des Herrn Rhiel die vom Bund für (Rüdiger Hermanns (CDU): Es kann nur noch bes- den ÖPNV zur Verfügung gestellten Regionalisierungs- ser werden!) mittel. (Beifall der Abg. Hildegard Pfaff (SPD) – Petra Fuhrmann (SPD): Das ist unglaublich!) Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie werden vom Land nicht dem Zwecke entsprechend weitergegeben. Das sind 30 bis 40 Millionen c. Es ist nicht Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersichtlich, wo die Bundesmittel hingeflossen sind, die das habe mich schon gestern in der Lehrstellendebatte ener- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6061 gisch gewundert, dass die CDU anscheinend denkt, dass Ein weiteres Thema ist der drohende Fachkräftemangel, sie das getan hat, was die Wirtschaft getan hat. die Frage von gut Ausgebildeten, die die Wirtschaft stär- ken können. Da aber erweist sich das Familienbild der (Michael Boddenberg (CDU): Wie geht das: ener- Hessischen Landesregierung als schlichte Katastrophe. gisch wundern?) Wir haben davon heute Vormittag in der Haushaltsrede – Das haben Sie, Herr Boddenberg, bei meiner Antwort des Kollegen Al-Wazir gehört. Wir haben aber die Hoff- auf Ihre Kurzintervention gestern erlebt. nung, dass zumindest seine Enkelin einmal eine Kinder- betreuung vorfindet, die auf dem Stand ist, der jetzt für er- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderlich gehalten wird. Herzlichen Glückwunsch. Aber und der SPD) als Standortfaktor ist das eine Katastrophe.

Auf Sie wollte ich noch kommen. Nach zehn Minuten (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Rede von mir mussten Sie gestehen, dass das Problem an einem intelligenten Menschen wie Ihnen leider vorbeige- Wenn man über das Ressort von Wirtschaftsminister Dr. gangen war. Das finde ich äußerst bedauerlich. Ich habe Rhiel spricht, muss man natürlich auch über die Umstruk- mir darüber Gedanken gemacht und habe mir gedacht: turierung der Wirtschaftsförderung sprechen. Gegen die Die Mitglieder der CDU in diesem Hause scheinen zu Hessen Agentur, die Idee, dass dort alles aus einer Hand denken, die Mitgliedschaft in der CDU bedeute automa- kommt, wehren wir uns nicht. Ob der Tourismus dort an- tisch Wirtschaftskompetenz. Ich kann Ihnen glaubhaft gesiedelt sein muss, stellen wir noch infrage. Aber wir fra- versichern: An dieser Stelle irren Sie, und die fatale und gen uns, Herr Minister:Warum erzählen Sie im Ausschuss bedauerliche Folge ist, dass Sie dadurch an Wahrneh- nicht, wie der ganze Prozess weiterläuft? Sie haben mungsschwierigkeiten und Beratungsresistenz leiden. irgendwann einmal die grobe Linie vorgestellt, und es gab (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anträge der Fraktionen zu dem Thema. Von Ihrer Seite Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) aber gab es wenig. Die Frage ist also: Wie läuft das, wie geht es weiter, welches sind die Perspektiven? Als Einzi- Die Steigerung des Ganzen hatten wir heute in der Gene- ges wissen wir: Da musste Geld – 2 Millionen c – nachge- raldebatte, als der Kollege Walter davon sprach, wie pro- schossen werden. Also scheint die Umstrukturierung im- blematisch es für den Standort Hessen ist, dass das Pro- mer noch irgendwie im Gange zu sein. blem der Haushaltskonsolidierung nicht ernsthaft ange- gangen wird. Ich war auch entsetzt, muss ich ernsthaft sa- Ich komme zu dem Thema Sparkassengesetz. 2003 kam gen, dass, angefangen beim Ministerpräsidenten über den ein Gesetzentwurf der FDP-Fraktion. Seitdem wurde im- Finanzminister bis in die Fraktion, alle herzhaft am La- mer wieder gesagt: Es kommt etwas, es kommt etwas. – chen waren. Das kann doch nicht wahr sein. Die vorletzte Ankündigung sagte, im Januar; die letzte Ankündigung sagte, im Frühjahr. Man hat das Gefühl, der (Volker Hoff (CDU): Wissen Sie, wie viele Auszu- Minister ist samt dem Gesetz auf Tauchstation gegangen. bildende ich beschäftige und wie viele ich in den Von da schickt er immer wieder einmal Blasen hoch, ein- letzten zehn Jahren ausgebildet habe? Ich lasse mir mal größere, einmal kleinere. Die letzte war größer und von Ihnen nichts sagen!) hat für erhebliche Aufregung im Land gesorgt. Denn Sie können bei allen Instituten nachlesen, und zwar Mir geht es so: Ich hätte den Gesetzentwurf allmählich bei Instituten, die den GRÜNEN durchaus nicht nahe ste- gern schwarz auf weiß; denn wir wissen, die Landesregie- hen, wie der Bertelsmann Stiftung – es steht auch in den rung ist immer in der Lage, alle möglichen Haken zu Papieren der VhU –, dass es ein Problem für den Standort schlagen und Kehrtwendungen zu vollziehen. Hessen ist, dass Hessen seine Haushaltslage nicht in den Griff bekommt. Das können Sie nachlesen; denn hören Wir wollen, dass für den Mittelstand die Hausbanken er- tun Sie ja nicht so gerne. halten bleiben, und wir wollen, dass nicht die kleinen In- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) stitute im Land die Zeche für große Zusammenschlüsse im Ballungsraum zahlen. Hessen verspielt seinen Handlungsspielraum, und das können wir uns nicht leisten. Zum Nord-Süd-Gefälle in Hessen. Man könnte denken, ein Minister, der ein klein wenig im ländlichen Raum Ein weiterer Standortfaktor, der zu Ihren Lieblingsthe- unterwegs gewesen ist, kennt sich dort aus. Aber Sie beu- men gehört und der in den Studien ebenfalls zur Abwer- gen sich brav dem Dogma nach dem Motto: Ein Leucht- tung führte, ist das Thema der inneren Sicherheit. Sie hef- turm verkauft sich am allerbesten, und deswegen bleiben ten sich immer großartig auf die Brust und erzählen wir dabei. Wir kippen für zwei Projekte Beton in die reflexartig, wie großartig Sie da sind. Ich kann Ihnen nur Landschaft. Das ist eine marketingtechnisch geschickte sagen: Lesen Sie das in der Bertelsmann-Studie nach. Das Strategie. Das müssen wir Ihnen neidvoll zugestehen, weil ist ein Faktor, der im Erfolgsindex zu einer Abwertung wir vonseiten der GRÜNEN immer das Problem haben, führte. Dort steht: Schwachpunkt ist die innere Sicherheit. dass wir andere Vorstellungen haben, wie die Wirtschaft Hessen liegt dort allenfalls im Mittelfeld, die Tendenz ist aussieht, nämlich kleinteilig und nachhaltig. Dazu aber sinkend. braucht es wesentlich mehr Erklärungen. Das ist aber Bei den Standortfaktoren des Instituts der deutschen auch der einzige Punkt, bei dem wir Sie beneiden, weil wir Wirtschaft – auch das ist nicht gerade eine den GRÜNEN glauben, wir haben da die besseren Ideen. nahe Stiftung – liegt Hessen unter allen Bundesländern auf Platz 14. Selbst wenn die Rankings manchmal mit Vor- Die Wirtschaft sollte auf viele Standbeine und Schultern sicht zu genießen sind, kann ich nur sagen: Einen kleinen verteilt werden, gerade im ländlichen Raum. Wir werden Denkprozess könnte das auch in den Reihen der CDU nicht müde zu erklären, dass auch die Ökologie eine wich- und beim Wirtschaftsminister in Gang setzen. tige Rolle spielt und dass der Wechselrichter für Solaran- lagen in Nordhessen nach wie vor viermal so viele Ar- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) beitsplätze geschaffen hat wie der Transrapid. 6062 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ entwickelt werden. Wir haben aber auch die Vorausset- DIE GRÜNEN) zungen dafür zu schaffen, dass sich Investitionen in neue Technologien entwickeln können. Wir haben diese teil- Sie haben noch über das EEG geschimpft, als die Installa- weise auch mit anzuschieben, aber nicht auf Dauer zu fi- teure und die Klempner das zum Glück längst als Chance nanzieren. erkannt und sich danach gerichtet haben. Wir können eine gute Wirtschaftspolitik auch außerhalb (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ von Haushaltsfragen an vielen anderen Stellen machen, DIE GRÜNEN) indem wir beispielsweise Regulierungen oder Bürokratie Es bleibt festzuhalten: Das Wirtschaftsministerium ist die insgesamt abbauen und indem wir dafür sorgen, dass fleißigste Hochglanzbroschüren-Druckabteilung der Hes- Märkte funktionieren, dass am Ende der Kapitalmarkt sischen Landesregierung. Es geht davon aus, die Wirt- genauso funktioniert wie beispielsweise der Wettbewerb schaft wird es schon irgendwie richten. Dabei vernachläs- in allen anderen Bereichen. sigt es die Aufgabe der Politik, dafür den Rahmen zu Ich will vorweg sagen: Was dieser Wirtschaftsminister im schaffen. Das Tempo ist zu langsam. Es erinnert an einen Bereich des Wettbewerbs und der Forcierung von Wett- schwerfälligen Tanker. Ich möchte ja nicht schwarz malen, bewerb zum Nutzen der Unternehmer in diesem Land, aber ich möchte mahnen: Bis Tanker ihre Richtung än- aber auch zum Nutzen der Verbraucher in diesem Land dern, dauert es eine Weile. geleistet hat, ist beispiellos. Momentan geht die Tendenz abwärts. Das Bruttoinlands- (Beifall bei Abgeordneten der CDU) produkt in Hessen ist nur noch um 0,3 % gestiegen; der Bundesschnitt liegt bei 0,8 %. Die Arbeitslosenzahlen lie- Insofern kann ich das aufgreifen, was Sie angesprochen gen gerade noch im bundesdeutschen Schnitt. Das lässt haben. Denn ein gutes Beispiel ist der öffentliche Perso- sich nicht mehr als eine günstige wirtschaftliche Entwick- nennahverkehr. Meine Damen und Herren, wir haben die lung für Hessen darstellen. Dabei hat Hessen – das liegt Rituale im letzten Plenum wieder erlebt. Nachdem heute weder an Ihnen noch an uns – insgesamt günstigste äußere sehr viel über das Sparen gesprochen worden ist, vonsei- Voraussetzungen durch seine zentrale Lage, und weil es ten der Opposition, zumindest von Rot-Grün, aber mei- als rohstoffarmes Land schon immer dienstleistungs- ner Wahrnehmung nach nicht ein einziger ernsthafter orientiert war. 75 % des Bruttoinlandsprodukts werden Einsparvorschlag gekommen ist, im Dienstleistungsbereich erwirtschaftet. Verspielen Sie diese Chancen nicht, indem Sie sich weigern, die Realitä- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE ten wahrzunehmen. – Vielen Dank. GRÜNEN): Ihre Wahrnehmung ist gestört, Herr Kollege!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) stelle ich fest, dass sich das beim Thema ÖPNV unmittel- bar fortsetzt. Vizepräsidentin Sarah Sorge: (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE Vielen Dank, Frau Hölldobler-Heumüller. – Als nächster GRÜNEN): Auch da ist die Wahrnehmung ge- Redner hat Herr Boddenberg für die CDU-Fraktion das stört!) Wort. Nachdem die neue Bundesregierung vor wenigen Wochen einige Schwerpunkte der Haushaltskonsolidierung be- sprochen hat und sich daraus weitere Konkretisierungen – Michael Boddenberg (CDU): auch im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs – Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Her- ergeben haben, hat es keine zwei Minuten gedauert, bis ren! Von Herrn Frankenberger und Frau Hölldobler-Heu- alle Oppositionsfraktionen im Hessischen Landtag nichts müller wurde vorgeschlagen, wir sollten irgendwann ein- Besseres zu tun hatten, als Anträge zu formulieren und zu mal überlegen, wie wir es mit den Statistiken halten. Ich stellen, das doch bitte nicht zu tun. schlage vor:Wenn wir Statistiken erwähnen,erwähnen wir Das heißt, immer dann, wenn es konkret wird, lässt sich sie alle. Aber ich will dem Spielchen jetzt ein Ende ma- das mit der Opposition relativ einfach an.Aber wir sind in chen und nur sagen: Ich könnte Ihnen zu jeder einzelnen der Regierungsverantwortung und gehen insofern auch Statistik, die Sie hier vorgetragen haben, die weiteren mit möglichen Änderungen im Bereich des öffentlichen Teile dieser Statistiken nennen. Personennahverkehrs seriös und so um, dass wir das Ich könnte Ihnen sagen, dass Hessen bei der Bewertung gegenüber denen vertreten, die zumindest in der mittel- der Infrastruktur durch Ernst & Young auf Platz eins und langfristigen Perspektive konsolidierte Haushalte steht, dass Hessen bei der Bewertung der Wirtschaftsför- einfordern, aber auch gegenüber denen, die am Ende da- derung durch die auch von Ihnen zitierte Bertelsmann von betroffen sind, nämlich den Bürgerinnen und Bür- Stiftung auf Platz eins steht, dass Hessen bei den Gewer- gern. beanmeldungen auf Platz eins steht und dass Hessen bei Wenn wir schon beim Thema Wettbewerb sind, meine Da- der Schaffung von Selbstständigen ganz vorne steht. Ich men und Herren, sage ich Ihnen: Dieser Minister hat im könnte all das tun, glaube aber, dass das keinen Sinn Bereich der Energiekosten Gewaltiges geleistet und war macht, weil wir in einigen Problembeschreibungen und sich auch nicht zu schade, sich mit kommunalen Unter- Analysen gar nicht so weit voneinander entfernt sind. nehmen und den politischen Vertretern auf dieser Ebene Die Wirtschaftspolitik hat die Aufgabe, zunächst einmal auseinander zu setzen. für einige Voraussetzungen zu sorgen, die Wirtschaften (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE und Prosperierendes in der Wirtschaft möglich machen. GRÜNEN): Was heißt denn das?) Das heißt, wir haben die Voraussetzungen der Landespo- litik dafür zu schaffen, dass eine verkehrliche Infrastruk- Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die zwölf Kar- tur und eine Bildungsinfrastruktur entwickelt und weiter- tellverfahren im Bereich der Gasversorgung genauso wie Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6063 daran, dass beispielsweise eine ganze Reihe beantragter Frankenberger, wenn jemand die hessischen Sparkassen Strompreiserhöhungen vom Wirtschaftsminister mit stärken will und dieses Ziel durch eine Änderung des Ge- Blick auf Verbraucherinteressen, aber auch im Blick auf setzes zu erreichen versucht, dann ist das die hessische Interessen des Wirtschaftsstandortes und der Unterneh- CDU, dann ist das diese Landesregierung. Herr Franken- men in diesem Lande abgelehnt worden sind. berger, Sie wissen offensichtlich noch nicht, dass es neben einer ganzen Reihe von sehr gut funktionierenden Unter- Meine Damen und Herren, es ist nicht nur der Wettbe- nehmen im Sparkassenwesen eine ganze Reihe von werb, der durch diesen Minister, die Landesregierung und Unternehmen gibt, die zukünftig oder schon jetzt in gro- die CDU-Fraktion als wesentliches Element der Wirt- ßen Schwierigkeiten sind. Denen wollen wir die Chance schaftspolitik weiterhin gefördert wird, sondern es gibt eröffnen, sich durch eine Stärkung im Verbund, im Spar- noch viele andere konkrete Projekte. Die haben wiede- kassensystem, für die Zukunft so zu rüsten, dass sie das rum mit Geld zu tun. Ich erinnere an den Landesstraßen- bleiben, was sie nach unserem Wunsch bleiben sollen, bau, wo wir die Mittel in den letzten Jahren verdreifacht nämlich Teile der dezentrale Struktur der Sparkassen als haben. Ich erinnere daran, Herr Kaufmann, dass wir eben Angebot für die Mittelständler vor Ort. nicht nur Beton gießen, wenn wir über das Projekt „Stau- freies Hessen“ reden, sondern dass wir intelligente Lö- (Beifall bei der CDU) sungen schaffen müssen, damit die Ressourcen, die wir im Bereich des Verkehrs haben, produktiv genutzt werden Da Sie das im Zusammenhang mit dem Finanzplatz können.Wer daran etwas Negatives findet, der hat entwe- Frankfurt erwähnt haben, will ich Ihnen sagen: Dieser Fi- der grundsätzlich etwas gegen Mobilität und gegen Indi- nanzplatz ist uns sehr viel wert, und er ist sehr wichtig. vidualität durch Mobilität, oder er sagt bewusst die Un- Herr Frankenberger, Sie haben auch erlebt, dass wir in wahrheit, wenn es darum geht, wie wir das Ziel, Hessen den letzten Jahren immer wieder neue, auch auf nationa- staufrei zu machen, erreichen wollen. ler Ebene wichtige Projekte in der Gesetzgebung umge- setzt haben. Wenn Sie die Koalitionsvereinbarung lesen, Herr Kaufmann, ich könnte damit fortführen, dass wir die Ihre und meine Partei unterschrieben haben, dann fin- durch relative einfache Regelungen die Autobahnen bes- den Sie eine Menge hessischer Vorschläge, unter anderem ser und den Verkehr auf den Autobahnen schneller ge- im Bereich der Immobilienfinanzierung und der Handel- macht haben. Wir haben nämlich an verschiedenen Stel- barkeit von Immobilien. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. len, wo es Engpässe gab, dem Verkehr die Randstreifen zu Ein Blick in die Tageszeitung mahnt uns, durchaus zu Verfügung gestellt.All das sind Maßnahmen, die dazu ge- Recht, dass wir an der Stelle besser werden müssen, dass führt haben, dass das Kernland der Mobilität in Deutsch- wir im Handel mit Immobilienwerten in dieser Gesell- land, Hessen, mobil bleibt und in dieser Hinsicht noch schaft wesentlich besser und flexibler werden müssen. besser wird – auch und gerade im Hinblick auf die gerin- geren Mittel, die wir zur Verfügung haben. Meine Damen und Herren, Roland Koch hat heute Mor- (Beifall bei der CDU) gen gesagt: Überall dort, wo wir unmittelbar, sehr schnell und flexibel mittels unserer Politik wirken können, gelingt Meine Damen und Herren, zur Mobilität gehört das Luft- das auf hervorragende Weise. – Ich will die Dinge, die drehkreuz Frankfurt am Main. Ich freue mich sehr darü- heute Morgen von Roland Koch angesprochen worden ber, dass Fraport vermelden kann, dass in diesem Jahr die sind, mit Zahlen belegen. Passagierzahl auf wahrscheinlich 52 Millionen ansteigen wird. Damit ist all das widerlegt, was die GRÜNEN wider Schauen Sie sich die Entwicklung in Nordhessen an. In besseres Wissen behauptet haben, nämlich dass die pro- keiner Region hat es so viele unmittelbar wirkende politi- gnostizierte Entwicklung am Frankfurter Flughafen nicht sche Entscheidungen und Umsetzungen gegeben wie eintreten würde. dort. Wir hatten dort in den letzten 15 Jahren eine Ent- wicklung des Arbeitsmarktes, der die Statistik für Hessen (Beifall bei der CDU) deutlich positiv beeinflusst. Wir hatten in Nordhessen ei- Das ist für uns ein gutes Zeichen für die Wirtschaftspoli- nen Rückgang der Arbeitslosigkeit innerhalb weniger tik. Für Sie ist es möglicherweise nach wie vor eine Ange- Jahren um 8 %. Das ist zwar nicht zufrieden stellend, aber legenheit, bei der Sie am Ende verantworten müssen, dass es ist ein deutlicher Rückgang, Herr Frankenberger.Wenn Sie die Schaffung von zigtausend neuen Arbeitsplätzen Sie sehen, dass die Nachbarregionen – ob das die Region mit Ihrer politischen Haltung verhindern wollten. Detmold, die Region Arnsberg oder die Region Braun- schweig ist – eine Zunahme der Zahl der Arbeitslosen um Meine Damen und Herren, es geht aber nicht nur um den bis zu 20 oder 30 % zu verzeichnen haben, dann ist die Verkehr, sondern auch um die Zukunftstechnologien.Wir Entwicklung in Nordhessen ein Zeichen dafür, dass wir sind in Hessen in vielen Bereichen mittlerweile führend. hier sehr gut aufgestellt sind. Ich will Herrn Posch hier Ich freue mich darüber, dass es Wirtschaftsminister Rhiel ausdrücklich einbeziehen, denn vieles von dem, was wir bei den neue Technologien, z. B. Biotechnologie und Na- heute dort machen, ist in der letzten Legislaturperiode auf notechnologie, ohne ständige Erfüllung der Finanzie- den Weg gebracht worden. rungswünsche der Wirtschaft durch klar gesetzte Ziele und durch partnerschaftliches Handeln mit den Unter- (Beifall bei der CDU und der FDP) nehmen schafft, dass wir uns in diesen Fragen enorm eta- blieren konnten. In diesem Zusammenhang möchte ich Deshalb können die GRÜNEN ruhig bei ihrer Floskel den Herrn Wissenschaftsminister ansprechen, weil die bleiben, dass wir nur Beton gießen und meinen, das sei Kooperation zwischen der Wirtschaft, der Wissenschaft Wirtschaftspolitik. und den Hochschulen in diesem Bereich hervorragend Ich komme zum Flughafen Kassel-Calden. Für uns ist der funktioniert. Flughafen Kassel-Calden ein wesentlicher Bestandteil (Beifall bei der CDU) der Strukturpolitik, der eine wichtige psychologische Wir- kung auf den gesamten nordhessischen Raum hat. Gerade eben ist der Finanzplatz Frankfurt so skizziert worden, als gebe es dort nur den Banken-Moloch. Herr (Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 6064 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

– Herr Wagner, das würden auch Sie merken, wenn Sie Nicht in allem. – Dann habe ich mich korrigiert und ge- dort einmal hingehen sagt: In vielem nicht. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE (Zurufe von der CDU) GRÜNEN): Ich war schon da!) Meine Damen und Herren, der Befund bezüglich der hes- und zuhören würden. Dann wüssten Sie, dass die Zahlen, sischen Wirtschaftspolitik ist der gleiche wie der bezüglich die ich eben genannt habe, ein Beleg dafür sind, dass das der Wirtschaft im Land insgesamt: Es fehlt beiden an Dy- genau die richtige Politik ist. – Das gilt ebenso für die namik. Das ist das Ergebnis Ihrer Arbeit, Herr Minister Bundesfernstraßen, für die Landesstraßen und für die Rhiel. Die Vorredner haben das bereits zutreffend ange- Landesmittel, die ich schon angesprochen habe und die in sprochen. Sie fahren das fort, was angelegt war, Sie sind Nordhessen an vielen Stellen wirken. aber nicht in der Lage, den sich wandelnden Anforderun- gen gerecht zu werden, sei es bei Förderprogrammen oder Ich möchte mich abschließend kurz zwei Themen zuwen- in der Ausgestaltung dessen, was man als Wirtschaftsmi- den, die von Herrn Kollegen Walter heute Morgen ange- nister politisch bewegen kann. Da ist nichts zu erkennen. sprochen worden sind. Wenn wir uns den Haushalt des Wirtschaftsministers ein- mal genau ansehen, dann sehen wir meine Aussage darin Vizepräsidentin Sarah Sorge: belegt. Es handelt sich durchweg um Programme, die auf Lothar Klemm oder Dieter Posch zurückgehen oder die Herr Kollege, die vereinbarte Redezeit ist abgelaufen. von der EU oder vom Bund gesteuert werden. Jetzt müssen wir uns eine generelle Frage stellen. Hierzu Michael Boddenberg (CDU): gibt es ganz interessante Ausführungen von Herrn Hir- schel in der „FAZ“ – das ist schon eine gewisse Zeit her. Ich bin gleich fertig. Ich nehme nur noch einen wesent- Er schreibt unter anderem: lichen Punkt auf, nämlich das Thema Arbeitsmarkt. – Ich will ausdrücklich sagen, dass niemand mit der gegenwärti- Nach Gründung der Europäischen Währungsunion gen Entwicklung auch nur halbwegs zufrieden sein kann. haben deutsche Regierungen nur noch ein einziges Ich will ausdrücklich sagen, dass wir sehr wohl wissen, konjunkturpolitisches Instrument: die Finanzpoli- dass Hessen aufgrund seiner wirtschaftlichen Struktur an tik. Ihre strategische Ausrichtung besteht wesent- der Stelle besondere Probleme, aber auch Aufgabenstel- lich über die wirtschaftliche Zukunft dieses Landes. lungen hat. Es ist nun einmal so, dass wir viele Unterneh- Damit hat er zweifellos Recht. Das heißt, wenn schon die men haben, die im internationalen, aber auch arbeitsin- Wirtschaftpolitik des Bundes nur so wenige Gestaltungs- tensiven Wettbewerb stehen. möglichkeiten hat, dann kann die Wirtschaftspolitik eines Ich will aber eines feststellen – das muss man als Landes natürlich nicht sehr viel bewegen. mit ein bisschen Stolz tun, wozu ich auch die Oppositions- (Beifall bei der FDP) fraktionen auffordere –: Wenn Sie sich anschauen, wie viele, die in Hessen arbeiten, in Nachbarbundesländern Trotzdem gibt es die schon angesprochenen Unter- wohnen, dann kommen Sie auf einen für Hessen positiven schiede. Herr Boddenberg, es ist nicht so, wie Sie sagen. Es Saldo von 90.000 Beschäftigten. Das Bundesland Hessen ist zwar schön, wenn Mainzer und Rheinland-Pfälzer nach beschäftigt also 90.000 Menschen, die aus anderen Hessen kommen und unsere Wirtschaft insoweit stärken, Bundesländern kommen. Sie können sich die Zahlen im dass sie ihre Arbeitskraft in Hessen anbieten. Darüber Einzelnen anschauen. Sie werden feststellen, dass, alleine können wir uns eigentlich nur freuen. Ich würde mich bezogen auf Rheinland-Pfalz – die Zahl will ich Ihnen aber noch mehr freuen, wenn wir im unteren Rheingau noch nennen –, der positive Saldo bei 50.000 Beschäftig- eine zusätzliche Brücke hätten, auf der die Menschen vom ten liegt. Das sind 50.000 Menschen, die die Statistik von einem in das andere Bundesland kommen könnten und Herrn Beck entlasten und die hessische Statistik, wenn Sie Handel und Wandel besser funktionieren würden, als es in so wollen, rechnerisch belasten. diesem Randgebiet der Fall ist. Das zum Thema Arbeitsmarktstatistik. Die hat sich für (Beifall bei der FDP) das Bundesland Hessen positiv entwickelt – zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch wenn sie Herr Wirtschaftsminister, wenn wir über Strukturpro- aus anderen Bundesländern kommen. Das ist ein deutli- bleme reden, reden wir meist über Nordhessen. Der länd- ches Zeichen dafür, dass wir auf einem hervorragenden liche Raum ist bei Ihnen aber nicht erkennbar im Fokus – Weg sind. weder von den Programmansätzen her noch in irgendei- ner anderen Form. Die Zuständigkeit für den ländlichen (Beifall bei der CDU) Raum ist ja auch fälschlicherweise auf den Landwirt- schaftsminister übertragen worden. Ich habe schon da- mals zu dieser Ressortabgrenzung gesagt: Wir können, Vizepräsidentin Sarah Sorge: wenn wir wirtschaftliche Maßnahmen und Entwicklungen im Auge haben, diese nicht nach den Ministern einteilen, Vielen Dank, Herr Boddenberg. – Als nächster Redner sondern wir müssen das ganze Land sehen. Wir tragen hat Herr Denzin für die FDP-Fraktion das Wort. Verantwortung für das ganze Land.Dazu gehört der länd- liche Raum genauso wie der Finanzplatz Frankfurt. Michael Denzin (FDP): (Beifall bei der FDP) Meine Damen und Herren! Denen, die es nicht hören Mein lieber Kollege Boddenberg, damit kommen wir zum konnten, will ich sagen: Der Herr Regierungssprecher hat Finanzplatz Frankfurt. Ich hatte schon bei der kursori- eben gemeint, ich könne mich dem anschließen, was Herr schen Lesung – Herr Frankenberger wird sich daran erin- Boddenberg gesagt hat. Darauf habe ich geantwortet: nern – das Vergnügen,dazu eine Nachfrage zu stellen:Was Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6065 geschieht denn bei dieser Landesregierung konkret mit Herr Minister, im Grunde genommen können wir quer dem Finanzplatz Frankfurt? – Und siehe da, es gibt im durch alle Aufgabenbereiche Ihres Hauses gehen: Was Haushalt einen Ansatz dafür. Ich habe ihn gerade aufge- sich bewährt hat, was funktioniert, stammt aus der Ver- schlagen. Da steht im Haushaltsentwurf Einzelplan 07 auf gangenheit oder kommt von Europa. Einige Programme Seite 67: kommen vom Bund.Aber es fehlen mir wirklich die Initi- ativen, die erkennbar eine Handschrift des Wirtschaftsmi- Erläuterungen zu Förderprodukt Nummer 11: nisters Rhiel oder der absoluten Mehrheit der CDU zei- Finanzplatz Frankfurt/Main ... Gesamtkosten: gen. 34.000 c. (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) (Michael Boddenberg (CDU): Wissen Sie, was das ist?) In diesem ganzen Bereich ist nichts erkennbar.Wenn aber etwas angekündigt ist, dann stehen hier die Ziele aus dem – Ja. – Da heißt es weiter: Regierungsprogramm: „Bündelung der Wirtschaftsförde- Bezug zu politischen Zielen rungsaktivitäten des Landes“, „Übertragung von operati- ven Förderaktivitäten auf die IBH“ usw. Wohlgemerkt, Attraktivität Hessens für Unternehmer und Ver- das ist nicht mehr das Regierungsprogramm von 1999, mit braucher durch eine moderne und dienstleistungs- dem wir alles eingeleitet haben, sondern das stammt aus orientierte Verwaltung auf der Basis einer effizien- dem Regierungsprogramm 2003. ten Wirtschaftsordnung und den Abbau von Büro- kratie stärken. Herr Minister, jedes Jahr fragen wir zu den Haushaltsbe- ratungen nach dem Stand der Arbeitsfähigkeit und der Das ist das Oberziel, das sich immer wiederholt. Leistung der Hessen Agentur. Bis heute haben wir darauf Mein lieber Kollege Boddenberg, dann kommen wir zu noch keine definitive Auskunft von Ihnen erhalten. diesem speziellen Punkt: (Florian Rentsch (FDP): Welche Auskunft soll er Kennzahlen zur Leistungswirkung (Effektivität der auch geben?) Leistung) Wir wollen wissen, wie die Programme in der operativen Vorgabe: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Umsetzung gefahren werden, wie Programme laufen, wo Finanzplatzes Frankfurt – Anzahl der Projekte (2) man vielleicht Änderungen vornehmen muss. Zum Bei- spiel wollen wir wissen: Wie geht es denn mit der Tren- 34.000 c – das ist natürlich eine gewaltige Anstrengung, nung der monetären und nicht monetären Wirtschaftsför- die das Land hier, in Geld ausgedrückt, erkennen lässt. derung? Wie gestaltet sich die Abgrenzung z. B. der dem- (Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU)) nächst umzuwandelnden Landestreuhandstelle bei der Helaba und der Aufgabenbereiche der IBH? Wie sieht 34.000 c, zwei Projekte – ein einziger Ansatz in diesem das alles im Einzelnen aus? Wo ist denn Ihr Konzept, das gesamten Plan, an dem etwas zum Finanzplatz Frankfurt dahinter steht? drinsteht. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) (Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Das ist die neue FDP-Wirtschaftspolitik Oder sind das Eigenentwicklungen aus den jeweiligen In- von Michael Denzin!) stituten heraus, die Sie schlicht und einfach entgegenneh- men? – Mein lieber Kollege Boddenberg, Sie haben das doch hier angesprochen. Herr Minister, noch ein weiterer Punkt. Wie steht es um die Diskrepanz zwischen Ihren öffentlichen Bekundun- (Michael Boddenberg (CDU): Ich habe von etwas gen in Sachen Wirtschaftspolitik und Ihrem Handeln? anderem gesprochen!) Wenn man Sie hört – Herr Hahn hat das heute Morgen Dann legen Sie doch einmal Finanzmarktgesetze vor. Es schon angesprochen –, dann sind Sie ein ziemlich liberaler kommt doch nichts. Wirtschaftspolitiker. (Beifall bei der FDP und der Abg. Lothar Klemm (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE und Hildegard Pfaff (SPD)) GRÜNEN): Was soll das denn heißen?) Frau Hölldobler-Heumüller hat doch zu Recht schon bei Wenn man jetzt aber von Entstaatlichung spricht – Sie der Diskussion zum Sparkassengesetz darauf hingewie- sprechen von Entstaatlichung –, wenn man z. B. schaut, sen: Unseren Entwurf haben Sie vor zwei Jahren abge- was Sie in diesem Bereich tun – Herr Boddenberg sagte lehnt, und dann haben Sie zwei Jahre gebraucht, um einen eben, Sie seien der Minister, der den Wettbewerb überall kleinen Aufguss davon wieder neu vorzulegen. und allenthalben fördere –, dann finden wir den Bereich Kataster. Hier beißen sich zwei Interessenlagen: die öf- (Beifall bei der FDP) fentliche Verwaltung und das, was die öffentlich bestellten privaten Ingenieure leisten können. In Übereinstimmung Den Entwurf für die anderen Finanzmarktregelungen, die mit der Union haben wir in der Zusammenarbeit bei Die- ausstehen, und von denen Sie allgemein gesprochen ha- ter Posch einen Umstrukturierungsprozess eingeleitet, ben, haben Sie hier nicht konkret angekündigt. Wann ge- der schon relativ weit gediehen war. Sie können das an der hen wir denn REITs an? Schaffen Sie doch die Vorausset- Anzahl der abgebauten Stellen in diesem Verwaltungsbe- zungen dafür in der großen Koalition in Berlin, damit wir reich nachvollziehen. Jetzt aber dreht dieser liberale Wirt- hier endlich weiterkommen. schaftsminister das Ding wieder um. Die Schlussvermes- (Beifall bei der FDP) sungen im Straßenbau waren voll an die Privaten gegan- gen – das dreht er jetzt gerade wieder um, das hat er jetzt Hier sind wir doch wesentlich abhängiger als alle anderen gerade wieder korrigiert. Bundesländer, und als es die Bundesregierung – die ist ja auch noch sehr neu – bisher sehen kann. (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) 6066 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Dafür gibt es im Haushalt einen sehr schönen Beleg. Im steht, wird von den Bankern in Frankfurt ausdrücklich Haushaltsentwurf sind die Einnahmen für diesen Bereich und ausnahmslos begrüßt. um 1 Million c erhöht worden – mit der Maßgabe, der Fi- nanzminister habe gesagt: Hier müsst ihr mehr Geld rein- Die hessische CDU unterhält seit zweieinhalb Jahren ei- holen. nen Zukunftsfonds Finanzplatz Frankfurt mit allen we- sentlichen Beteiligten aus dem Sparkassenwesen, dem Das hat zwei Folgen. Zum einen werden hier wieder Auf- Genossenschaftswesen und dem privaten Sektor. Dort ar- träge öffentlich wahrgenommen, die vorher schon zu ei- beiten wir zusammen an deren zukünftiger Unterneh- nem Teil an Private ausgelagert waren. Das ist die eine menspolitik und Ausrichtung und erwarten dafür ein bis- Seite. Die andere Seite ist:Wir müssen uns einmal die Ge- schen mehr Rückendeckung, auch von Liberalen – ohne bühren betrachten, die Gebührenentwicklung. Herr Mi- dass ich jetzt hören muss, dass das mit Haushaltsmitteln nister, vielleicht können Sie gleich noch darauf eingehen des Landes Hessen bewegt werden soll. und meine Frage beantworten, auf welcher Rechtsgrund- lage Sie derzeit diese Gebühren dort in Rechnung stellen. Ich kann weitere Beispiele nennen: House of Finance in Soweit ich informiert bin, gibt es im Moment überhaupt Frankfurt – eine tolle Entwicklung –, Anerkennung der keine Rechtsgrundlage dafür. Hochschule für Bankwirtschaft als Universität. Mittler- weile gibt es dort eine ganze Reihe von Promotionen, die (Beifall bei der FDP) es dort vor zwei Jahren noch nicht gegeben hat. Ich meine mich daran zu erinnern, dass Frau Kollegin Wagner mit Meine Damen und Herren, wir können das abkürzen. dieser Entscheidung des hessischen Wissenschaftsminis- Herr Minister Rhiel, ich würde mich freuen, wenn ich hier ters nicht so ganz einverstanden war. einmal eine ganz andere Haushaltsrede halten könnte. (Michael Boddenberg (CDU): Machs doch ein- Meine Damen und Herren, ich will damit nur sagen: Es mal!) geht hier nicht nur ums Geld. Es geht hier darum, Dinge auf den Weg zu bringen. Im Koalitionsvertrag steht eine Aber Sie geben dazu keinen Anlass. Ich kann nur sagen – ganze Reihe von Punkten – bis hin dazu, dass wir gesagt und wiederhole damit einen meiner Vorredner –: Es ist ei- haben, wir brauchen neue Finanzierungsmodelle, insbe- gentlich viel zu schade für dieses Land, mit dieser Kraft, sondere für den Mittelstand, Stichwort: stille Einlagen diesen Möglichkeiten und in dieser Lage, in der wir uns über Private-Equity-Systeme. befinden – auch dank des Frankfurter Flughafens, ihr lie- ben GRÜNEN –, welche Dynamik da ausgeblieben ist, gerade in der wirtschaftlichen Entwicklung oder in der Vizepräsidentin Sarah Sorge: begleitenden Politik. Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen. Genauso, wie die Union mit ihrer absoluten Mehrheit ins- gesamt am Einschlafen ist, spiegelt sich das im Einzelplan 07 wider. Michael Boddenberg (CDU): (Beifall bei der FDP und der SPD) Dazu werden wir in Berlin ein Gesetz verabschieden. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir müssen uns hier wirklich nicht etwas von einem Abgeordneten vor- Vizepräsidentin Sarah Sorge: machen lassen, der die Verhältnisse offensichtlich ein biss- Vielen Dank, Herr Kollege Denzin. – Zu einer Kurzinter- chen umgedreht hat oder umdrehen wollte, vention hat sich Herr Kollege Boddenberg zu Wort ge- (Widerspruch bei der FDP) meldet. indem er hier über einen Haushaltsansatz von 34.000 c geredet hat, der sich ausschließlich mit einer Person be- Michael Boddenberg (CDU): schäftigt, die die Dinge in Frankfurt für den hessischen Finanzminister und den hessischen Wirtschaftsminister Herr Kollege Denzin, ich bin schon ein bisschen ent- koordiniert. – Vielen Dank. täuscht und – ich habe auch dazwischengerufen – fast ent- setzt über das, was Sie unter Wirtschaftspolitik verstehen: (Beifall bei der CDU) dass wir die von Ihnen genannten Mittel für den Finanz- platz Frankfurt in die Hand nähmen. Vizepräsidentin Sarah Sorge: Damit die Verhältnisse hier klar werden: Wir reden beim Finanzplatz Frankfurt wahrscheinlich über eine Bilanz- Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Wagner für summe von kumuliert 2.000 oder 2.500 Milliarden c. Mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. 30.000 c an finanziellen Zuwendungen können Sie da bei diesem Thema genauso wenig anrichten wie mit 5 Millio- nen c. – Ich möchte nur die Verhältnisse gerade rücken. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich bin ein bisschen sauer, denn Kollege Denzin hat mich bewusst falsch verstehen wollen: Ich habe davon gespro- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will chen, dass sich diese Landesregierung dem Thema Fi- noch ein paar Ausführungen zum verkehrspolitischen Teil nanzplatz Frankfurt zugewandt und dort agiert hat wie machen, den Herr Minister Rhiel zu verantworten hat. Ich keine andere Landesregierung zuvor und wie auch keine will einmal ungewöhnlich, mit dem Positiven anfangen, andere Landesregierung in der Bundesrepublik Deutsch- und zwar möchte ich mich zuerst bei den Mitarbeiterin- land. Sie haben das Thema REITs angesprochen. Das ist nen und Mitarbeitern Ihres Hauses, Herr Minister Rhiel, von uns im Koalitionsvertrag verhandelt worden, genauso für die Unterstützung bei der kursorischen Lesung be- wie viele andere Themen, beispielsweise wie wir zukünftig danken. Das war in diesem Jahr wirklich sehr angenehm mit der BaFin umgehen. Alles, was im Koalitionsvertrag und positiv. Das soll auch einmal gesagt werden. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6067

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Da gibt es eine ganz klare Alternative. Sie sagen in diesem CDU und der FDP) Haushalt, Sie wollten ein Sonderprogramm Straßenbau. Wir sagen, wir wollen ein Sonderprogramm für Busse und Positiv ist auch, dass in diesem Landeshaushalt 2006 das Bahnen in diesem Land. Das ist eine ganz klare Alterna- geht, was im Landeshaushalt 2005 noch nicht ging, wo uns tive. Das, was Sie an Geld für das Sonderprogramm Stra- die CDU gesagt hat, dass das, was wir GRÜNEN schon ßenbau ausgeben, würden wir gern den hessischen Ver- für den Haushalt 2005 und den Haushalt 2004 beantragt c kehrsverbünden zur Verfügung stellen, damit diese inno- hatten, nämlich für den Bereich der Radwege 1 Million vative Programme auf den Weg bringen können, damit sie mehr an Landesmitteln auszugeben, jetzt im Haushalt ihr Programm ausweiten können und damit wir es endlich 2006 gehe. Ich sehe, der Einfluss der Opposition ist vor- schaffen, ein Projekt wie das Schülerticket in unserem handen. Es dauert bei Ihnen nur etwas länger, bis Sie er- Land zu verwirklichen, mit dem alle Schülerinnen und kennen, was man eigentlich machen sollte. Schüler an 365 Tagen im Jahr zu einem günstigen Preis mit (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) öffentlichen Verkehrsmitteln mobil sein können. Aber es soll anerkannt werden, dass das jetzt geschehen Das sind unterschiedliche Prioritäten, die gesetzt werden. ist. Aus unserer Sicht setzen Sie die falschen, nämlich einsei- tig auf das Auto, aber wir bräuchten eine Förderung des Ich möchte auch anerkennen, dass dieser Haushaltsplan öffentlichen Personennahverkehrs. im Vergleich zum letzten Jahr handwerklich durchaus we- sentlich besser gemacht ist. Ich finde es sehr bemerkens- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wert, dass ausgerechnet das Wirtschaftsministerium bei der Umstellung auf die kaufmännische Buchführung so Wir bräuchten vor allem eine Landesregierung, die, wenn große Probleme hat.Aber es ist dieses Jahr schon wesent- sie schon nicht bereit ist, originäre Landesmittel für Busse lich besser geworden als letztes Jahr. Da war ja gerade im und Bahnen zu investieren, wenigstens um die Mittel Bereich der Straßen- und Verkehrsverwaltung im Haus- kämpft, die vom Bund dem Land Hessen zur Verfügung halt 2005 ein heilloses Chaos vom Handwerklichen her. gestellt werden, nämlich die Regionalisierungsmittel. Wir Wir sehen das auch daran, dass Sie im Haushalt 2006 jetzt bräuchten eine Regierung, die, wie die in Bayern oder in gerade mal wieder 14 der Produkte abgeschafft haben, die Rheinland-Pfalz für ihre Interessen, für hessische Interes- Sie im Haushalt 2005 eingeführt hatten. Ich finde es schon sen kämpft, die für die Beibehaltung der Regionalisie- sehr bemerkenswert für ein Wirtschaftsministerium, dass rungsmittel kämpft.Auch hier ist völlige Fehlanzeige.We- man sich mit der kaufmännischen Buchführung so schwer der Herr Koch noch Herr Rhiel setzten sich dafür ein, dass tut. Aber auch das wird besser. Das soll auch anerkannt die Regionalisierungsmittel für Hessen nicht gekürzt wer- sein. den. Hier vernachlässigen Sie die Interessen des Landes und gefallen sich als Merkels und Münteferings Muster- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schüler, Herr Minister Rhiel. Ich möchte auch begrüßen, dass Sie ein Förderprodukt (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ÖPNV eingerichtet haben, in dem alle Leistungen, die die hessischen Verkehrsverbünde im Rahmen des ÖPNV be- Da sehen Sie, wie weit es mit Ihnen gekommen ist, Herr kommen, gebündelt sind. Ich möchte Ihnen deshalb dafür Minister Rhiel, und was Sie da abdecken. danken, weil damit endlich klar ist, wie die Prioritäten die- Problematisch ist das auch, wenn man Sie an Ihren eige- ser Landesregierung sind und was die Landesregierung im nen Maßstäben misst. Sie haben ja das Ziel „Staufreies ÖPNV in Hessen macht. Sie macht nämlich exakt das, was Hessen“ ausgegeben, groß angekündigt, Leuchtturm. sie machen muss, und kein Jota mehr. Es gibt keine eigene landespolitische Anstrengung in diesem Bereich.Was ma- (Michael Boddenberg (CDU): Haben Sie einmal chen Sie für Busse und Bahnen in Hessen? Sie geben die auf das Datum geschaut? Jetzt oder morgen, oder Regionalisierungsmittel teilweise an die hessischen Ver- übermorgen?) kehrsverbünde weiter.Ansonsten steuern Sie das bei, was Sie gesetzlich müssen, nämlich die Mittel nach § 45a für Wir reden gerade über den Einzelplan 07 und über das die Schülerbeförderung. Aber ansonsten wird kein einzi- staufreie Hessen. Darüber reden wir. Wie wichtig Ihnen ger Cent aus dem Landeshaushalt für Busse und Bahnen dieses Projekt ist, zeigt sich schon daran, dass Ihr Staats- in Hessen ausgegeben. Das ist eine falsche Prioritätenset- sekretär in der kursorischen Lesung überhaupt nicht in zung in der Verkehrspolitik, meine Damen und Herren. der Lage war, den Umfang dieses Programms zu benen- nen. Das zeigt schon, wie wichtig Ihnen dieses Thema ist. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine Damen und Herren, viel wichtiger als die Unzu- Da sagt Herr Kollege Boddenberg bei den Regionalisie- länglichkeit des Staatssekretärs ist, dass Sie dieses Ziel ei- rungsmitteln, die für Sie die wesentliche Stütze sind, weil nes staufreien Hessens überhaupt nicht erreichen kön- Sie nicht bereit sind, originäre Landesmittel für Busse und nen, wenn das, was Sie in Berlin mit der Kürzung der Re- Bahnen in Hessen aufzuwenden, ja, die Regionalisie- gionalisierungsmittel vorhaben, tatsächlich Realität wird. rungsmittel könne man schon kürzen, und es müssten alle Wenn Ihnen weite Teile des ÖPNV in Hessen wegbre- ihren Sparbeitrag bringen. Herr Kollege Boddenberg, ko- chen, weil wir die Mittel vom Bund dafür nicht mehr be- misch ist, dass das für die Straßeninvestitionen nicht gilt. kommen, können Sie Ihr Projekt „Staufreies Hessen“ ge- Bei den Straßeninvestitionen sind sowohl im Bundes- rade so, wie es ist, in die Tonne klopfen, Herr Minister haushalt wie im Landeshaushalt massive Zuwächse zu Rhiel. Das ist der grundsätzlich falsche Ansatz Ihrer Ver- verzeichnen. Das zeigt, dass es Ihnen in der Verkehrspoli- kehrspolitik. tik nicht um Haushaltskonsolidierung und nicht um Effi- zienz geht, sondern um eine Verschiebung der Prioritäten (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) weg von Bussen und Bahnen, hin zur Straße. Diese Ver- schiebung finden wir falsch. Der Herr Kollege Boddenberg hat Kassel-Calden ange- sprochen. Da wird die Argumentation immer interessan- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ter. Die ursprüngliche Argumentation zu Kassel-Calden 6068 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 war: Wir gießen da Beton in die Wüste, geben 150 Millio- Danke für Ihre Aufmerksamkeit. nen c aus, (Beifall bei der CDU) (Unruhe und Zurufe) dann gibt es da blühende Landschaften, und dann werden Vizepräsidentin Sarah Sorge: da zahlreiche Arbeitsplätze entstehen. Dann kam der zweite Schritt der Argumentation. Der Geschäftsführer Vielen Dank Herr Kollege Dr. Lübcke. – Zur Antwort hat des Flughafens sagt, es ginge ja beim Flughafen gar nicht Herr Wagner die Gelegenheit. so sehr um das Fliegen, sondern um das, was man rund um den Flughafen ansiedle. Das war also der erste Rückzug. Jetzt kommt Kollege Boddenberg und erklärt dem stau- Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nenden Auditorium hier, es gehe nur noch um ein psycho- NEN): logisches Signal. Herr Kollege Boddenberg, ich finde 150 Millionen c für Ihre Therapeutencouch, ehrlich gesagt, Herr Kollege Lübcke, mit der Bezeichnung „Wüste“ war viel zu teuer. natürlich nicht die nordhessische Region gemeint. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Zurufe von der CDU: Oh!) – Nein, das war nicht gemeint. Nehmen Sie es zur Kennt- nis. – Ich habe über den Flughafen Kassel-Calden geredet Vizepräsidentin Sarah Sorge: und gesagt, dass das, was im Moment an diesem Flughafen Herr Kollege Wagner, die vereinbarte Redezeit ist abge- Kassel-Calden vorhanden ist, keine blühende Landschaft laufen. ist. Das werden selbst Sie nicht bestreiten. Ich habe über diesen kleinen Teil des wunderschönen Nordhessen ge- sprochen und nicht über die gesamte Region. Wir GRÜ- Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN wollen, dass Nordhessen, dass diese Region ihre NEN): Chance nutzen kann. Deshalb hilft es eben nicht, Leucht- türme und Beton in die Landschaft zu setzen, sondern es Frau Präsidentin, herzlichen Dank für den Hinweis. würde helfen, Herr Kollege Boddenberg, wenn man die Es gäbe noch vieles zu sagen. Ich habe an einigen Bei- Stärken der Region nutzte. Es würde helfen, wenn Nord- spielen aufgezeigt, wo wir GRÜNEN in diesem Haus- hessen im Bereich der erneuerbaren Energien endlich haltsplan andere Akzente setzen würden. Wir laden ins- seine Chancen voll entfalten könnte. Das verhindern Sie besondere unsere Freunde von den Sozialdemokraten bislang, Herr Kollege Boddenberg, dass da die Potenziale ein, auch bei der Förderung von Bussen und Bahnen wie- wirklich genutzt werden, um nur ein Beispiel zu nennen. der auf den einstmals gemeinsam als richtig erkannten Also, ich habe gesagt, worum es mir mit der Bezeichnung Weg der Tugend zurückzukehren. Dann können wir ab „Wüste“ ging, nämlich ausdrücklich nur um den Ver- 2008 in Hessen in der Verkehrspolitik wieder etwas vor- kehrslandeplatz in Calden, nicht um die nordhessische anbringen. – Herzlichen Dank. Region. Wir wollen Nordhessen voranbringen, aber das (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) geht eben nicht mit Großprojekten, sondern da muss man sich schon ein paar Gedanken mehr machen, Herr Kol- lege Boddenberg. Vizepräsidentin Sarah Sorge: (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vielen Dank Herr Wagner. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Dr. Lübcke zu Wort gemeldet. Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Dr. Walter Lübcke (CDU): Vielen Dank, Herr Wagner. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Posch für die FDP-Fraktion zu Wort gemel- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte det. auf das Schärfste die Äußerungen des Kollegen Wagner zurückweisen, wenn er von dieser aufstrebenden Region in Nordhessen, wo wir einen besonderen Schwerpunkt ge- Dieter Posch (FDP): setzt haben, von „Wüste“ redet. Herr Wagner, es kann nicht sein, dass Sie mit geschlossenen Augen durch die Herr Kollege Wagner, es hilft Ihnen alles nichts, auch Landschaft gehen. wenn Sie den Begriff „Wüste“ jetzt regional lokalisieren und damit etwas verkleinert haben, indem Sie das nur auf (Beifall bei der CDU – Dieter Posch (FDP): Wenn den Raum Calden beziehen. Das ändert nichts an der Tat- er weiß, dass die Wüste lebt!) sache, dass auch da keine Wüste vorhanden ist. Nehmen Ich finde das eine Frechheit, gerade auch den Menschen Sie das bitte zur Kenntnis. in dieser Region gegenüber, die seit sechs Jahren merken, (Beifall bei der FDP und der CDU) dass hier eine aufstrebende Region wächst, in der Chan- cen bestehen, gerade im Logistikbereich. Mir ist allerdings Weil ich gerade bei Ihnen bin, verehrter Herr Wagner, vollkommen klar, dass Sie mit der Logistik Probleme ha- sage ich: Ich werfe der Landesregierung vor, dass sie in ben. Aber hier besteht eine Chance für diese Region, und vielen Bereichen der Wirtschafts- und Verkehrspolitik die wenn Sie in diesem Zusammenhang von Wüste reden, Backen zu sehr aufbläst und etwas propagiert und positiv finde ich das eine Beleidigung einer ganzen Region und darstellt, was der Realität nicht ganz entspricht. Sehen Sie, von Menschen. Sie sollten aufpassen, wenn Sie dorthin wir haben einen Sanierungsbedarf allein im Landesstra- kommen und den Menschen begegnen und dieses äußern. ßenbau von über 350 Millionen c (Heiterkeit) (Zuruf von der CDU: 450 Millionen c!) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6069 und haben tatsächlich nur 65 Millionen c. Dann will ich Dieter Posch (FDP): an Ihre Adresse sagen: Auch Busse brauchen Landesstra- ßen. Ein letzter Satz. Damit komme ich zu dem, was ich ein- gangs gesagt habe. Zur Verkehrspolitik hatten wir in der (Beifall bei der FDP) letzten Plenarsitzung eine ausgiebige Diskussion im Rah- men der Regierungserklärung. Das, was hier gemacht Also tun Sie nicht so, als würden Sie gerechtfertigterweise wird, wird von uns anerkannt. Es ist aber maximal Pflicht das eine gegen das andere ausspielen können. Das ist und nicht Kür. – Herzlichen Dank. nicht der Fall. (Beifall bei der FDP) Sie versuchen, einen Gegensatz herzustellen, wo er realis- tischerweise nicht herstellbar ist. Deswegen bin ich gleich- wohl beim Thema ÖPNV. Herr Kollege Boddenberg, ich Vizepräsidentin Sarah Sorge: finde es nicht ganz in Ordnung, was Sie gemacht haben. Sie haben gesagt, die drei Oppositionsfraktionen hätten Vielen Dank Herr Kollege Posch. – Für die Landesregie- mit dem üblichen Ritual begonnen. Das haben Sie gesagt. rung hat nun Herr Wirtschaftsminister Rhiel das Wort. Das hat aber mit einem üblichen Ritual nichts zu tun. Wenn auf einmal Regionalisierungsmittel um 3,1 Milliar- c Dr.Alois Rhiel, Minister für Wirtschaft, Verkehr und Lan- den von Schwarz und Rot in Berlin reduziert werden, desentwicklung: dann ist das nicht kompensationsfähig durch Wettbewerb. Das ist das Problem. Wir können darüber diskutieren, ob Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- wir an diesem Punkt Regionalisierungsmittel zur Verfü- ren! Ich will versuchen, in der mir zur Verfügung stehen- gung stellen können oder ob wir überhaupt reduzieren den Zeit auf all die vielen Punkte, die hier angesprochen können. Aber 3,1 Milliarden c auf Bundesebene bedeu- worden sind, zu antworten. Zunächst möchte ich feststel- ten, dass wir möglicherweise eine 10-prozentige Erhö- len, dass sich das Land Hessen, gemessen an allen anderen hung der Fahrpreise oder Streckenstilllegungen haben. Bundesländern, in einer hervorragenden ökonomischen Das kann es nicht sein. Wir müssen mit einem realisti- Position befindet. schen Maß diskutieren. Das hat nichts mit einem Ritual zu tun, Herr Boddenberg. (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP) (Michael Boddenberg (CDU): Sie reden doch dau- ernd von Subventionsabbau! – Demonstrativer Dies lässt sich an vielen Eckpunkten festmachen. Wer et- Beifall bei der CDU) was von Ökonomie und Wirtschaften versteht, weiß, dass in der Wirtschaft zunächst einmal konzipiert und inves- – Verehrter Herr Boddenberg, nehmen Sie bitte zur tiert werden muss, dass sich dann die Erfolge einstellen Kenntnis, was Sie in der Koalition als Erstes vereinbart und dass am Ende gerade auf dem Arbeitsmarkt positive haben. Beim ÖPNV handelt es sich nicht um Subventio- Wirkungen zu erkennen sind. Wenn wir heute in Hessen nen. Der Auffassung bin ich auch. Es geht um Maßnah- im Vergleich der Arbeitsmarktdaten „nur“ auf Platz 4 ste- men der Daseinsvorsorge, die sicherzustellen sind. Sie hen, dann ist dies der Landesregierung nicht genug. Aber können nicht in dem Umfang kürzen, wie Sie es gemacht durch diese Wirkungskette, die ich eben angesprochen haben. Das ist das Thema. habe, zahlen wir heute die Zeche für die Versäumnisse, die in Jahren und Jahrzehnten zuvor begangen worden sind. (Beifall bei der FDP – Norbert Schmitt (SPD):Was geht denn hier ab? Was ist denn hier los?) (Beifall bei der CDU – Jürgen Walter (SPD): Das Gegenteil ist der Fall! Sie zehren von unserer Ar- Herr Boddenberg, noch ein Wort zum Finanzplatz Frank- beit!) furt – weil Kollege Denzin zu Recht darauf verzichtet hat, zu antworten. Diese Haushaltsstelle, die Kollege Denzin Deswegen kommt es darauf an – das ist an allen Stellen genannt hat, steht doch symbolisch für die Frage, was man sichtbar –, dass wir jetzt den Boden bereiten, damit das für den Finanzplatz macht. Darum geht es. Ich will Ihnen wachsen, blühen und gedeihen kann, was wir uns in unse- Folgendes sagen. Es geht um zwei Punkte. Was ist mit der rer Zielvorstellung vorgenommen haben. Wir haben be- Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen? Eine Initi- reits genügend Anlass, dankbar und zufrieden zu sein, ative, die wir versucht haben, in der letzten Legislaturpe- aber uns nicht auszuruhen, sondern mit dem erzielten Er- riode zu realisieren. Nichts tun Sie. folg angespornt zu neuen Ufern zu gelangen. (Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU)) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenige Zah- Sie haben die Chance, in Berlin etwas zu vereinbaren. len, denn Sie sind im Gegensatz zu dem, was hier manch- Dazu ist nichts geschehen. Nehmen Sie das Stichwort mal sehr emotional auch zwischen den Zeilen gesagt wor- „Börsenaufsicht“. Wir brauchen eine Stärkung der Bör- den ist, objektiv und nachprüfbar. Dass Land Hessen hat senaufsicht. Wir hatten seinerzeit überlegt, so etwas in in den Jahren von 2000 bis 2003 eine Wachstumsquote, die Frankfurt anzubieten. es mit Bayern und Baden-Württemberg weit über dem Durchschnitt liegen lässt. (Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU)) Ich will eine zweite Zahl nennen. Ich nenne den Produk- Darum geht es, wenn es sich darum dreht, den Finanzplatz tivitätsindikator, ein wichtiger Gradmesser für die wirt- Frankfurt zu stärken. schaftliche Leistungskraft. Hier liegt das Land Hessen bei dem Verhältnis Bruttoinlandsprodukt zu Beschäftigten mit 61.000 c pro Jahr und Erwerbstätigen 17 % über den Vizepräsidentin Sarah Sorge: Bundesdurchschnitt und damit weit an erster Stelle aller Flächenländer in der Bundesrepublik Deutschland. Herr Posch, ein ganz kurzer Hinweis: Die vereinbarte Re- dezeit ist abgelaufen. (Beifall bei der CDU) 6070 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Das kommt den Menschen insgesamt zugute. Das schlägt chen, und dafür steht diese Regierung.Wir haben die Wei- sich beim so genannten Wohlstandsindikator nieder. chen gestellt. Wenn man das Bruttoinlandsprodukt in Hessen ins Ver- hältnis zu allen Einwohnern setzt, dann ist das Bundes- (Beifall bei der CDU) land Hessen mit 23 % über dem Bundesdurchschnitt seit Zur Umwelttechnologie. Auch hier 70.000 Beschäftigte, dem Jahre 2000 an erster Stelle aller Flächenländer in rund 12,4 Milliarden c Umsatz, und das in 2.400 mittel- Deutschland. Das kommt nicht von ungefähr. ständischen Betrieben. (Beifall bei der CDU) (Norbert Schmitt (SPD): Das Erneuerbare-Ener- Das liegt insbesondere daran, dass es uns gelungen ist, in gien-Gesetz haben Sie immer bekämpft!) den Bereichen der Wirtschaft, die wir heute als Zukunfts- Ich will auf diese Phantomdiskussion Auslandsreisen oder als Schlüsseltechnologien bezeichnen, weit nach nicht im Einzelnen eingehen. Sehr geehrter Herr Walter, vorne zu rücken. Lassen Sie mich dazu wenige Belege sehr verehrter Herr Frankenberger, fragen Sie Ihre Frau bringen. Erster Beleg ist eine Studie, die übrigens der Lan- Kollegin Pfaff. Sie war auf Delegationsreisen – Herr Posch desrechnungshof und das Statische Landesamt Baden- war dabei, andere waren dabei, Frau Schulz-Asche war Württemberg, wo gerade die Wirtschaftsministerkonfe- dabei – und dort vor allen Dingen in Mittel-Osteuropa. renz stattgefunden hat, erstellt haben. – In einer Analyse von 73 Innovations- und Technologieregionen in Europa (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Hingeflo- landet Hessen ganz weit vorn, nämlich von diesen 73 auf gen!) einem hervorragenden Platz 7. – Nicht hingelaufen, sonder hingeflogen, Herr Kollege (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Wagner. – Dort haben wir speziell mit mittelständischen Unternehmen aus dem Bereich der Umwelttechnologie Das kommt nicht von ungefähr, denn Sie kennen die Ziele Aufträge generieren können. Wir tun das, was notwendig des Lissabon-Prozesses und der Strategie der Europäi- ist.Aber im Export sind wir eh sehr stark. Schauen Sie sich schen Union. Hier kommt es insbesondere darauf an, die den Konjunkturindikator der IHK Frankfurt an. Dort se- Forschungs- und Entwicklungsausgaben sowohl von hen Sie, dass wir gerade in der exportorientierten Wirt- staatlicher Seite als auch vor allem seitens der Unterneh- schaft Wachstumserwartungen für das nächste Jahr von men zu forcieren und mindestens die Zielmarke von 3 % sage und schreibe 24 % haben. So wichtig der Export ist – zu erreichen. Die Hessen haben, gemessen an allen ande- wir fördern ihn –, aber die wesentlicheren und wichtigeren ren Regionen in Deutschland, die höchste personelle Aufgaben sind hier zu Hause zu lösen. Das eine tun, und Dichte im Bezug auf Forschung und Entwicklung das andere nicht lassen – das ist meine Devise. (Lothar Klemm (SPD): Seit wann, Herr Minister?) (Beifall bei der CDU) mit 4,7 % der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe. – Diese Statistik reicht in das Jahr 2000 zurück, Herr Deswegen müssen wir uns gerade in Hessen um die Klemm. mittelständischen Unternehmen kümmern. (Lothar Klemm (SPD): Seit wann, Herr Minister? Nun will ich Ihnen, weil Sie gefragt haben, wo die Strate- Wie lange vor 2000 war das schon?) gie und wo der neue Ansatz sind, genau auf diesen Punkt eine Antwort geben. Herr Frankenberger, der wirtschafts- 4,7 % der Beschäftigten in Hessen sind in Forschung und politische Ansatz dieser Landesregierung und mein per- Entwicklung beschäftigt, und damit steht Hessen an der sönlicher konkreter Ansatz stehen in einem positiven Spitze in Deutschland. Gegensatz zu dem, was wir aus Ihrer Regierungszeit erle- ben mussten. (Beifall des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU)) Meine Damen und Herren, Sie haben es in zwei wesent- Das lässt sich an ganz konkreten Branchen ableiten und lichen Bereichen versäumt, etwas zu unternehmen. Sie ha- dort verifizieren – Stichwort: Nano- und Materialtechno- ben in zwei wesentlichen Bereichen das unterlassen, was logie, ein Markt, der unglaublich wachsen wird. Neueste die Wirtschaft, insbesondere die mittelständische Wirt- Studien gehen davon aus, dass die Nachfrage im Jahr 2015 schaft, braucht. weltweit 1 Milliarde Dollar betragen wird. Schauen wir uns an, wo die Nanotechnologieunternehmen in Deutsch- Punkt eins. Die Wirtschaft braucht Innovationen. Denn land und Europa zu Hause sind: 1.000 Nanotechnologie- nur Innovationen schaffen Wachstum. Nur Wachstum unternehmen in Europa, die Hälfte davon in der Bundes- schafft Arbeitsplätze. Das ist die entsprechende Deduk- republik Deutschland und davon sage und schreibe 20 % tion. Was haben Sie damals ideologieverbrämt gemacht? allein in Hessen – damit sind wir in diesem Bereich füh- rend. Dies wird sich in der konkreten Beschäftigung aus- (Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Jawohl!) zahlen. Während Ihrer Regierungszeit durfte kein Professor ei- (Beifall bei der CDU) ner Fachhochschule oder einer Universität mit Unterneh- men konkret zusammenarbeiten. Das war verpönt. Sie ha- Deswegen dürfen wir, bezogen auf den Arbeitsmarkt, sehr ben für den Elfenbeinturm arbeiten lassen und nicht für zuversichtlich nach vorne schauen. Biotechnologie, die die Wirtschaft. von Rot-Grün jahrzehntelang bekämpft wurde, ist in Hes- sen ein blühender Standort mit 62.500 Beschäftigten im (Beifall bei der CDU) Bio- und Chemiesektor, Das hat sich geändert, seitdem diese Landesregierung am- (Norbert Schmitt (SPD): Blühender Unsinn!) tiert. Das spüren Sie doch am Klima. Das spüren Sie an den Hochschulen. konkret 17.000 Beschäftige allein in der Biotechnologie in 250 Unternehmen, die 2,8 Milliarden c Umsatz Jahr für (Norbert Schmitt (SPD): Wir spüren vor allem an Jahr generieren. Hessen vorne in den wichtigen Berei- der Arbeitslosenquote, was Sie treiben!) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6071

Das spüren Sie an der Zusammenarbeit zwischen Hoch- (Beifall bei der CDU) schulen und Betrieben. Nächste Woche werde ich den zweiten Planfeststellungs- Wir haben etwas geändert. Herr Kollege Corts treibt die beschluss für den Weiterbau der A 44 unterschreiben.Wir Entwicklung an den Hochschulen mustergültig voran. An haben eine Lösung für die Trasse durch den Herrenwald den Hochschulen kommt es im klassischen Sinne zu Er- gefunden.Wir haben für das nächste Jahr ein Straßenbau- findungen. Schumpeter sprach dabei von Inventionen. investitionsprogramm in Rekordhöhe vorgesehen. Es Wir tragen durch den Technologietransfer und durch die wird ein Volumen haben, das man im Land Hessen noch Zusammenarbeit dazu bei, dass gerade auch die mittel- nie erlebt hat. Es ist mit weit über 550 Millionen c ausge- ständischen Unternehmen und die kleinen Familienunter- stattet. nehmen Zugang zu diesen Ressourcen haben, damit sie diese Inventionen in Wachstum umsetzen können. Das (Beifall bei der CDU) können Sie draußen im Lande mit Händen greifen. Die- Damit schaffen wir die Voraussetzungen, die die Wirt- sen Weg werden wir auch innovativ weiterhin beschreiten. schaft braucht. (Beifall bei der CDU) Jetzt wird sich natürlich Herr Wagner wieder sofort zu Wort melden und sagen: Ihr seid auf einem Auge blind, ihr setzt auf die Straße und nicht auf die Schiene. Vizepräsidentin Sarah Sorge: (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Herr Minister, ich darf Ihnen einen freundlichen Hinweis GRÜNEN): Wenn Sie das schon sagen, muss ich es geben: Die vereinbarte Redezeit ist abgelaufen. nicht mehr tun!) Ich habe gerade eben gesagt, dass wir für Bau und Unter- Dr.Alois Rhiel, Minister für Wirtschaft, Verkehr und Lan- haltung von Straßen die Rekordsumme von 550 Millionen desentwicklung: c vorsehen. Ich bin Herrn Wagner jetzt aber auch schul- dig, den Betrag zu nennen, den wir für den ÖPNV ausge- Ich danke für den freundlichen Hinweis. Ich muss aber ben bzw. an ihn weitergeben. Dem Entwurf des Haus- noch weiterfahren. haltsplans für das Jahr 2006 kann man entnehmen, dass (Norbert Schmitt (SPD): Solange er nicht fliegt!) das Land für den ÖPNV in Hessen Mittel in Höhe von 668.351.200 c weitergibt. Ich komme zu Punkt zwei. Was braucht die Wirtschaft? Die Wirtschaft braucht eine gute Infrastruktur und hier (Beifall bei Abgeordneten der CDU) vor allem eine gute Verkehrsinfrastruktur. Wenn man das mit der Summe für das Jahr 2005 ver- (Norbert Schmitt (SPD): Dann geben Sie doch die gleicht, kann man feststellen, dass rund 100 Millionen c Regionalisierungsmittel weiter!) mehr für die Schiene zur Verfügung gestellt werden. Wir halten das für richtig. Wir haben damit auch Erfolg. Denn Herr Posch ist jetzt aus dem Saal gegangen. – Aber es ist die Investitionen tragen Früchte. Die Zahl der Fahrgäste doch kein Zufall, dass er gesagt hat, der Zustand der Lan- im Rhein-Main-Verkehrsverbund wurde um 10 % gestei- desstraßen sei desolat. Während Ihrer Regierungsverant- gert. Auf diese Bilanz kann man stolz sein. Diesen Weg wortung haben Sie die Gelder für die Renovierung dieser werden wir weiterhin beschreiten. Straßen auf 27 Millionen c heruntergefahren. Gerade einmal 27 Millionen c standen dafür pro Jahr zur Verfü- Ich möchte jetzt auf den Antrag zu sprechen kommen, der gung. sich mit den Regionalisierungsmitteln beschäftigt. Ich möchte mich dabei insbesondere an die Kollegen der SPD (Beifall bei der CDU) wenden, mit denen wir in Berlin eine Koalition haben. Ei- Wir haben eine Trendwende eingeleitet. gentlich ist das eine Selbstverständlichkeit. Wir sollten nüchtern und deutlich die Interessen des Landes, aber Ich möchte Herrn Posch noch etwas sagen. Denn er hat auch die verkehrspolitischen Interessen vertreten. Aller- gerade eben etwas kritisch gesagt, wir würden mit vollen dings halte ich überhaupt nichts davon, Panik zu erzeu- Backen das vortragen, was wir hinsichtlich der Verkehrs- gen. Es ist unverantwortlich, den Menschen draußen im infrastruktur leisteten. – Lieber Herr Kollege Posch, lei- Lande zu sagen, heute oder morgen werde diese oder jene der war es während Ihrer Amtszeit doch so – ich werfe Ih- Zugverbindung eingestellt. Das ist unverantwortlich, und nen das nicht persönlich vor –, dass Sie sich hingestellt ha- zwar aus folgendem Grund: Momentan muss überhaupt ben und gesagt haben: Heute unterschreibe ich den Plan- keine Verbindung eingestellt werden. – Ich denke, auch in feststellungsbeschluss, und morgen rücken die Bagger an. Zukunft wird das nicht erfolgen müssen. (Günter Rudolph (SPD): Jawohl, das haben sie ge- Man muss da auch ehrlich sein. Ich wollte das eigentlich macht!) Herrn Posch sagen. Herr Posch hat davon gesprochen, es c Das war das, was die Menschen erwarteten. Inzwischen gehe dabei um 3,x Milliarden . Das ist nicht ehrlich. Er wissen wir, dass nach dem neuen Planungsrecht dazwi- muss wenigstens dazu sagen, auf welchen Zeitraum er sich schen noch die Umweltverträglichkeitsstudie erfolgen dabei bezieht. muss. Herr Posch arbeitet jetzt intensiv mit daran, dass Das Gespräch mit der Bundesregierung, das aktuell im sich dies ändert. Deswegen wurden diese Maßnahmen Rahmen der Wirtschaftsministerkonferenz geführt durch Klage gestoppt. wurde, hat Folgendes ergeben. Es wurde ein Sparpoten- Was tun wir? zial festgelegt. In der Spitze soll es das Jahr 2009 betreffen. Dieses Einsparpotenzial soll bei 1,4 Milliarden c liegen. (Norbert Schmitt (SPD): Das fragen wir uns auch!) Da schon Zahlen genannt wurden, die sich mit der Ein- Wir haben die Bremsen gelöst. Der erste Bauabschnitt ist sparung pro Jahr beschäftigen, wollte ich den höchsten fertig. Wert nennen, der dafür ins Auge gefasst wird. Aber darü- 6072 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 ber ist noch nichts beschlossen worden. Warum ist das Damit geht er fast weiter als wir. Dazu kann man nur sa- noch nicht geschehen? Denn dieses Einsparpotenzial be- gen: Hört, hört. zieht sich allein auf drei Bereiche. In meinem Ressort be- zieht sich das auf die Regionalisierungsmittel. Außerdem Heute stellt er sich hin und äußert sich zu alldem kritisch. bezieht es sich auf die Mittel, die für die Gemeinschafts- Er urteilt, die Bildung von Stammkapital sei der Tod der aufgabe zur Verfügung stehen. Außerdem bezieht es sich Sparkassen. Damals hat er gesagt, dass sogar in vertikaler auf das Ressort, dem Herr Kollege Wilhelm Dietzel vor- Richtung Zusammenschlüsse möglich sein sollten. So weit steht, also auf die Landwirtschaft. Ob sich das in dieser wollen wir nicht gehen. Höhe niederschlagen wird, wenn es tatsächlich realisiert Lassen Sie uns in Ruhe darüber sprechen. Dabei sollten wird, werden wir sehen. wir die Polemik außen vor lassen. Wir haben hinsichtlich des ÖPNV auch insofern gute Kar- Abschließend möchte ich noch etwas sagen. Diese Lan- ten, als diese Gelder auf der Basis des Regionalisierungs- desregierung sorgt mit den von ihr eingeleiteten Maßnah- gesetzes gezahlt werden, bei dessen Veränderung wir als men und einer abgestimmten, in sich schlüssigen Landes- Land im Bundesrat mitwirken würden. Ich sage Ihnen: politik dafür, dass der Wirtschaftsstandort Hessen weiter Wir werden im Bundesrat die Interessen des Landes Hes- vorankommt. – Meine Damen und Herren, ich freue mich sen massiv vertreten. darauf, mit Ihnen gemeinsam diesen Weg zu gehen. (Norbert Schmitt (SPD): Dann geben Sie die Mittel (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU) weiter!)

Das wollen wir gerade auch im Sinne des ÖPNV machen. Vizepräsidentin Sarah Sorge: Meine Damen und Herren, ich komme nun endlich zum Herr Minister Rhiel, vielen Dank. – Zu einer Kurzinter- Schluss meiner Rede. vention hat sich Herr Kollege Walter zu Wort gemeldet. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPD) Jürgen Walter (SPD): – Ja, meine Rede können Sie nicht gut ertragen. – Da Sie mich jetzt schon provoziert haben, will ich zu Herrn Fran- Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr kenberger noch etwas sagen. Das betrifft seine Kritik an Wirtschaftsminister, zunächst einmal möchte ich Folgen- dem Sparkassengesetz, dessen Entwurf noch nicht vorge- des sagen: Lautstarkes Vortragen ersetzt nicht das eigene legt wurde. Es sind schon erste Entwürfe da, es gibt aber Gestalten der Wirtschaftspolitik. noch keine echte Vorlage. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von Uns geht es darum, die Sparkassen zu stärken. Uns geht es der CDU: Oh!) darum, bei der bundesweit aktuell geführten Diskussion hinsichtlich des Drei-Säulen-Modells deutlich etwas zu Ich habe nur zwei Minuten Redezeit. Auch wenn Sie sich sagen. Wir wollen in dem Gesetzesvorhaben noch einmal selbst Mut zuklatschen wollen, wird das nicht helfen. festschreiben, dass wir an dem Drei-Säulen-Prinzip fest- halten wollen. Wir werden dafür kämpfen, dass die Spar- Ich möchte Ihnen zwei Zahlen nennen. Denn ich glaube, kassen ihren öffentlich-rechtlichen Charakter behalten. das gehört zur Ehrenrettung der Sozialdemokraten und zur Achtung des guten Wirtschaftsministers, den die Sozi- (Beifall bei der CDU) aldemokraten gestellt haben, hinzu. Das ist die positive Aussage, die wir treffen können. Aber Sie reden von einer positiv gestalteten Wirtschaftspolitik. die Sparkassen werden nicht umhinkommen, zu erken- Sie schwadronieren über Innovationen und tolle Ergeb- nen, dass der Wettbewerb schärfer werden wird. Es gibt nisse. Direktbanken. Es gibt die Unicredit. Das ist die auf dem deutschen Markt neue Bank, die aus Italien kommt. Es Ich stelle dazu Folgendes fest: Erstens. Während des Zei- gibt die DG HYP. All das erleben wir zurzeit. Wenn wir traums von 2002 bis 2004 ist in keinem anderen Bundes- uns das anschauen, können wir sehen, dass die Sparkassen land mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns die Ar- wissen müssen, dass sie sich für die Zukunft rüsten müs- beitslosigkeit stärker als in Hessen gestiegen. sen. Dafür wollen wir ihnen eine weitere Möglichkeit er- (Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!) öffnen, von der die Sparkassen Gebrauch machen kön- nen. Wir wollen nicht mehr, aber auch nicht weniger ma- Zweitens. Wenn man die Zahlen des Novembers dieses chen. Jahres mit den Zahlen des Novembers des letzten Jahres vergleicht, stellt man fest, dass es in keinem anderen Flä- Ich befinde mich dabei in voller Übereinstimmung mit chenland eine höhere Steigerung der Arbeitslosigkeit ge- Herrn Kollegen Frankenberger. Ich beziehe mich dabei geben hat. nicht auf die Worte, die er heute gesagt hat. Vielmehr be- ziehe ich mich auf seine Worte, die er in einer der vorheri- (Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!) gen Sitzungen des Landtags sprach, als wir über die Spar- Sie regieren seit sieben Jahren dieses Land. Seit sieben kassen debattierten. Ich möchte das zitieren. Herr Fran- Jahren führt die CDU diese Landesregierung an.Herr Mi- kenberger sagte in dieser Debatte: nister Rhiel, finden Sie es nicht ein wenig peinlich, dass Wir Sie sich immer noch hierhin stellen und sagen, die Pro- bleme, die es heute gebe, habe Lothar Klemm verursacht? – er meinte damit die Sozialdemokraten – (Beifall bei der SPD und der Abg. Frank-Peter haben bereits darauf hingewiesen, dass vertikale Kaufmann und Margaretha Hölldobler-Heumüller Zusammenschlüsse für uns kein Tabuthema sind. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6073

Wir und die Menschen erkennen keine Wirtschaftspolitik Antrag der Fraktion der FDP betreffend Vorsorgemaß- von Ihnen, die in diesem Lande wirkt. nahmen und gesundheitspolitische Aktivitäten der Lan- desregierung gegen die drohende Vogelgrippe in Hessen – (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Drucks. 16/4646 – GRÜNEN) Als erste Rednerin hat sich Frau Kollegin Fuhrmann für Wegen der Kürze der Zeit widme ich mich dem zweiten die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.– Ich darf vorsorglich Punkt; diesbezüglich wurde ich zitiert. Es geht um die um ein bisschen mehr Ruhe bitten. Außenwirtschaft. Sie müssten hier einmal offen reden. Ihr Problem mit der Hessen Agentur besteht doch darin, dass Sie eigentlich überhaupt keinen Kontakt mit der Hessen Petra Fuhrmann (SPD): Agentur haben. Die Hessen Agentur ist vom Wirtschafts- ministerium organisatorisch völlig getrennt. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Viele Men- schen, viele soziale Gruppen, die Kirchen, die Gewerk- (Norbert Schmitt (SPD): So ist es!) schaften, die Sozialverbände und andere Organisationen Kein Mensch in Ihrem Ministerium weiß, was da passiert, in Hessen haben sich nach dem brutalen Kahlschlag und obwohl die Hessen Agentur eigentlich Dienstleisterin für den Streichungen durch die „Operation düstere Zukunft“ Sie sein sollte. Tatsächlich vollbringt sie Dienstleistungen gefragt, wie um Himmels willen diese CDU-Landesregie- für die Staatskanzlei. rung dem Verfassungsauftrag eines sozialen Hessens ge- recht werden wolle. Sie haben sich gefragt, wie Sie eine Herr Minister, weil es in der Zeitung stand, nenne ich Ih- gute Zukunft für alle Menschen in Hessen gewährleisten nen zwei Beispiele. wollen. Wir fragen uns das auch seit Jahren, aber auch in diesem Jahr gibt der Haushalt darauf überhaupt keine Antwort. Vizepräsidentin Sarah Sorge: (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Herr Kollege Walter, bevor Sie mit den zwei Beispielen anfangen, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Re- Das soziale Netz hat große Löcher bekommen. Diese wer- dezeit gleich abgelaufen ist. den wieder nicht gestopft. Nicht Sie, Frau Lautenschläger, sondern Ministerpräsident Koch oder Herr Weimar be- stimmen, was Sozialpolitik in Hessen überhaupt noch leis- Jürgen Walter (SPD): ten darf. In China war der Wirtschaftsminister nicht dabei; das ist (Beifall bei Abgeordneten der SPD) ein Problem. Vor kurzem hat er den Staatssekretär in den Iran geschickt. Das bedeutet, dass Sie auch dort nur den Ihre Politik ist völlig verantwortungslos. Präventive Sozi- Staatssekretär als Gesprächspartner bekommen. Dies be- alpolitik garantiert nicht nur den sozialen Frieden – das deutet, Herr Minister, dass Sie Ihre Aufgabe nicht wahr- sollte man nicht belächeln; das ist ein hohes Gut in unse- nehmen, und dies geht zum Nachteil unseres Landes. rem Land –, sondern verhindert auch enorme Belastun- gen für die kommenden Generationen. (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU) Es ist schlimm, dass immer mehr Geld für Zinsen ausge- Dies ist der eigentliche Grund für die hohe Arbeitslosig- geben werden muss, aber im Landeshaushalt nicht ein ein- keit in unserem Lande. ziger Cent mehr in Programme und Projekte gesteckt (Beifall bei der SPD) wird, die soziale Folgekosten zu vermeiden helfen. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Sarah Sorge: Frau Sozialministerin, Ihr Verfassungsauftrag lautet nicht, Erfüllungsgehilfin des Finanzministers zu sein, sondern Der Minister hat Gelegenheit zur Antwort. möglichst gleiche Lebensbedingungen für alle soziale Gruppen in Hessen zu schaffen, und da versagen Sie völ- lig. Dr.Alois Rhiel, Minister für Wirtschaft, Verkehr und Lan- desentwicklung: (Beifall bei der SPD) Ich möchte mich auf diese – ich sage es ruhig – Albern- Kinder, Jugendliche, Alleinerziehende, Pflegebedürftige, heiten nicht einlassen, wer wann wo war, meine Damen Behinderte, Arme, Obdachlose – all diese Menschen und Herren. Nur: Als der Staatssekretär mit der Delega- bräuchten Sie dringend als Anwältin ihrer Interessen in tion im Iran war, musste ich an dem Abend in Brüssel an- Hessen und nicht als Vollstreckerin gegen sie oder als treten, um für Galileo zu kämpfen. Dabei haben wir einen gleichgültige Verwalterin. großen Erfolg für Darmstadt erzielt, und ich denke, es hat Wann zieht die CDU-Fraktion endlich die Notbremse? – sich gelohnt. Ihre beiden Haushaltsanträge zur Ausbildung von Alten- (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU) pflegekräften bzw. zur Schwangerschaftskonfliktberatung sind dringend erforderlich, weil Urteile drohen bzw. an- sonsten überplanmäßige Ausgaben getätigt werden müs- Vizepräsidentin Sarah Sorge: sten. Das sind aber nicht etwa Maßnahmen, um diese gleichgültige Hinnahme der zerstörten sozialen Infra- Mir liegen nun keine Wortmeldungen mehr zum Einzel- struktur zu korrigieren. plan 07 vor. – Ich rufe daher den Einzelplan 08 – Hessisches Sozialministerium – Sie entledigen sich der Sozialpolitik in Hessen. Sie neh- men nur gesetzliche Aufgaben wahr, oder dort, wo Bun- auf. In Verbindung damit rufe ich Tagesordnungspunkt 23 des- oder EU-Mittel in den Haushalt fließen, tun Sie et- auf: was. Die Privatisierungen der Uniklinika oder der Haft- 6074 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 anstalten sind erkennbar die Fortsetzung der „Operation Nehmen wir den Bereich der Kinderbetreuung hinzu, düstere Zukunft“ mit anderen Mitteln. dann kann vom Familienland erst recht nicht die Rede sein. (Beifall bei der SPD – Florian Rentsch (FDP): Das ist Unsinn, Frau Kollegin! Das glauben Sie doch In den Kindertagesstätten Hessens fehlen massiv Plätze selbst nicht!) für Kinder unter drei Jahren. Bei Krippenplätzen beträgt der Gesamtversorgungsgrad 3,9 %. Ihre Aufstockungen Der Kindergartenerlass des Innenministers hat deutlich bei den Mitteln der Offensive für Kinderbetreuung sind gezeigt, dass Sie die Politik im Prinzip auf allen Ebenen ein Placebo angesichts der Größe der Aufgaben. nach Kassenlage durchsetzen wollen. Und da sage ich Ih- nen: Das geht so nicht. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Dass Durch die jahrelange Vernachlässigung der Kinderbe- die Sozialministerin das toleriert, ist das treuung, durch die Streichung von 50 Millionen c Jahr für Schlimme!) Jahr seit Ihrem Regierungsantritt sind bei den Kommu- c Aufgaben der Daseinsvorsorge, die staatlichen Schutz- nen mittlerweile 300 Millionen weniger gelandet, die sie funktionen für Schwache, Kranke, Pflegebedürftige und dringend für den Ausbau und den Unterhalt von Kinder- Behinderte dürfen nicht so vernachlässigt werden, wie Sie tagesplätzen brauchen. Ganztagsplätze sind in Hessen das tun. Damit versagen Sie vor Ihrer ureigensten Auf- Mangelware und werden es auch bleiben, wenn Sie weiter gabe als Hessische Sozialministerin. regieren, wenn dazu weiterhin der politische Wille fehlt und wenn die Mittel zum Ausbau der Kinderbetreuung (Günter Rudolph (SPD): So ist das! – Unruhe) nicht zur Verfügung gestellt werden. Ich muss ganz ehrlich sagen: Nach diesem überlangen Re- debeitrag des Herrn Rhiel fände ich es ganz schön, wenn Vizepräsidentin Sarah Sorge: Sie wenigstens versuchen würden, auch bei den Reden der Oppositionsfraktionen ein bisschen zuzuhören. Frau Kollegin Fuhrmann, eine ganz kurze Unterbrechung. – Es ist sehr laut und sehr unruhig hier im Saal. Ich möchte Meine Damen und Herren, wir gehen den Haushalt im Sie bitten, entweder Ihre Gespräche einzustellen oder Detail an. Wie verhält es sich denn mit den sieben im diese außerhalb dieses Raumes fortzusetzen. Vielen Haushalt aufgelisteten Fachzielen? Dank. Fachziel 1 lautet Chancengleichheit. Im Haushaltsentwurf finden sich für die Umsetzung dieses so wichtigen Ziels genau 148.000 c. Meine Damen und Herren, mit dieser Petra Fuhrmann (SPD): „riesigen“ Summe versuchen Sie zu kompensieren, was Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wir haben in Hessen ei- Sie mit Ihrem Kahlschlag angerichtet haben: Streichung nen Versorgungsgrad mit Ganztagsplätzen von 2,1 % im der Mittel für Orientierungskurse für Frauen in Höhe von Krippenbereich, von 18 % im Kindergartenbereich und 1,4 Millionen c, Streichung der Mittel für Frauenbil- von 4,1 % bei den Kinderhorten. dungsprojekte in Höhe von 370.000 c. Dafür gibt es auch in diesem Haushalt erneut keine Kompensation. (Norbert Schmitt (SPD): Das ist sensationell!) Die Verschlechterung des Hessischen Gleichberechti- Ich kann Ihnen sagen: Das ist unterster Level, Frau Mi- gungsgesetzes, die Verlängerung der Arbeitszeit, die PVS- nisterin. Sie haben das Fachziel Familienland also nicht er- Meldung von Frauen sind weitere Steine, die Sie den reicht. Frauen Hessens in den Weg rollen, Frau Ministerin. Da sage ich nur: Sie haben Fachziel 1 nicht erreicht. (Beifall bei der SPD) (Beifall des Abg. Jürgen Walter (SPD)) Zum Fachziel 3: aktive Bürgergesellschaft. Die Ausgaben für bürgerschaftliches Engagement sind nach der „Opera- Zum Fachziel 2: Familienland Hessen. Da sage ich nur: tion düstere Zukunft“ inzwischen fast wieder auf dem al- Auflösung des Landesjugendamtes und der Jugendbil- ten Niveau gelandet. Das finde ich eine absolut tolle Leis- dungsstätten. Familien mit Problemen werden im Stich tung. gelassen. Kinder sind nach wie vor und gerade in Hessen ein Armutsrisiko. Mit der Streichung der Zuschüsse für Fachziel 4: Arbeits- und Gesundheitsschutz. Wer hätte Schuldnerberatung sowie Kürzungen bei Eltern- und Fa- schon gedacht, dass wir in Hessen so gut sind, dass wir ei- milienberatung haben Sie wertvolle Strukturen Hessens nen so hohen Standard erreicht haben, dass wir überhaupt zerstört, keine Förderung mehr brauchen? Aufwendungen für den betrieblichen Arbeitsschutz und soziale Arbeitsbeziehun- (Norbert Schmitt (SPD): So ist es!) gen? – Meine Damen und Herren, das Land leistet es statt das Netzwerk zu erhalten und den Familien Zu- nicht mehr. Plankosten: null. Das entlarvt im Übrigen kunftschancen und Perspektiven zu geben. auch sehr deutlich die Lächerlichkeit Ihrer Planziele. Hessen solle Familienland werden, sagen Sie. Die Wahr- (Norbert Schmitt (SPD): Ja!) heit sieht so aus: Streichung des Titels „Kinderfreundlich- keit der Kommunen“ – das sind 51.000 c –, Streichung des Fachziel 5: Arbeit und Ausbildung. Das ist ein ganz we- Programms „Soziale Stadt“; das waren 500.000 c im Jahr sentliches Ziel. Obwohl „Arbeit statt Sozialhilfe“ inzwi- 2004. schen HARA und jetzt PiA heißt, lässt der Erfolg der hes- sischen Arbeits- und Ausbildungsprogramme doch stark (Ministerin Silke Lautenschläger: Das ist vorbei!) zu wünschen übrig. – Ja, das ist vorbei, Frau Ministerin. Aber Sie kompensie- (Ministerin Silke Lautenschläger: PiA ist kein Aus- ren es erneut nicht. bildungsprogramm!) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6075

Wir haben die schlechteste Bilanz aller westdeutschen Vizepräsidentin Sarah Sorge: Flächenländer in der Ausbildungsstatistik und verzeich- nen den höchsten Anstieg der Arbeitslosigkeit; unser Vielen Dank, Frau Kollegin Fuhrmann. – Als nächste Fraktionsvorsitzender hat es heute Morgen schon gesagt. Rednerin hat Frau Kollegin Schulz-Asche für BÜNDNIS Mit einer Arbeitslosenquote von 9,4 % lagen wir im No- 90/DIE GRÜNEN das Wort. vember deutlich über dem Trend des Vorjahres mit 7,9 %. Eine generelle Trendwende auf dem Arbeitsmarkt ist ab- solut nicht in Sicht. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Ausbildungssituation gibt weiter Anlass zu größter Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bitte stellen Sorge. In Hessen kamen im September noch fünf Bewer- Sie sich einen Schweizer Käse vor, dessen Löcher immer berinnen und Bewerber auf einen offenen Ausbildungs- weiter wachsen. Irgendwann gibt es dann nur noch Lö- platz. Damit standen wir am Ende aller westdeutschen cher. „Loch an Loch und hält doch“ gilt vielleicht für ei- Flächenländer und sogar noch hinter Thüringen und nen kleinen familiären Haushalt und bestimmte Waren, Mecklenburg-Vorpommern. Ich sage Ihnen: Das ist ein aber nicht für einen Sozialhaushalt – und das zeigt das Skandal für ein solches Land wie Hessen. hessische Beispiel deutlich. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Mit den Vorlagen zum Einzelplan 08 zeigt diese Landes- Fast alle so genannten Landesprogramme in diesem Be- regierung schon seit Jahren, dass sie über kein sozialpoli- reich sind eigentlich vom Land nur ein bisschen mitfinan- tisches Konzept verfügt oder verfügen will. Nach jahre- ziert. Sie sind teilweise mitfinanziert oder sogar komplett langen Kürzungen wurde mit der Streichung von 35 % finanziert aus EU-Mitteln. PiA erhält beispielsweise der freiwilligen Leistungen im Haushalt von 2004 in der so 5 Millionen c ESF-Mittel von insgesamt 10 Millionen c, genannten „Operation düstere Zukunft“ die Zerschla- und für das Ausbildungsprogramm für Benachteiligte gung der sozialen Landschaft in Hessen beschleunigt, und werden 5,8 von 12 Millionen c zur Verfügung gestellt. der Entwurf für 2006 zeigt keinerlei Versuch auf, diesem Also auch hier wird das Fachziel nicht erreicht. Verfall entgegenzuwirken. Beim Fachziel Integration gibt es Sprachfördermaßnah- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) men, ansonsten keine Impulse. Meine Damen und Herren, dieser Entwurf gibt keinerlei Beim Fachziel 7, Gesundheit, sind Ihre Verfügungsmittel Antworten auf die wesentlichen Herausforderungen, die verstärkt worden, aber die Drogenhilfe ist von 6 Millio- wir in unserer Gesellschaft haben: des demographischen c c nen auf 1,2 Millionen zusammengekürzt worden. – Wandels, der sich verändernden gesellschaftlichen Struk- Meine Damen und Herren, Prävention kann mit solchen turen und deren sozialpolitischer Auswirkungen. Sozial- Minimalstmitteln nicht mehr geleistet werden. politik muss heute definieren, welche Leistungen direkt vor Ort erbracht werden können, aber auch welche Unterstützung bei Qualitätssicherung und Qualitätsstan- Vizepräsidentin Sarah Sorge: dards dieser Angebote – darunter die Aus- und Weiterbil- dung sowie die Vernetzung – seitens des Landes geleistet Frau Kollegin, die vereinbarte Redezeit ist gleich abge- werden muss. Diese Unterstützungen bleibt der Entwurf laufen. des Einzelplans wiederum schuldig. Deshalb fordern wir nicht nur, wie es die SPD gemacht hat, ein wie auch immer geartetes Sozialbudget in Höhe von 30 Millionen c, son- Petra Fuhrmann (SPD): dern wir bieten der sozialen Landschaft in Hessen und Ih- Kurzum, Ihre Fachziele sind hehre Ziele. Mit der Wirk- nen hier im Hause ein ausgearbeitetes grünes Sozialbud- lichkeit Ihrer realen Politik haben sie nichts, aber auch ab- get an, das alle diese Antworten enthält – vielleicht nicht solut nichts zu tun. vollständig, aber es versucht zumindest,Antworten zu ge- ben. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir setzen dem ein beitragsfreies letztes Kindergarten- In der Tradition des rot-grünen Sozialbudgets geben wir jahr entgegen. Wir setzen dem ein Sozialbudget in Höhe c einen konzeptionellen finanziellen Rahmen mit dem Ziel von 30 Millionen entgegen. Wir setzen dem ein Be- vor, dass die Verantwortung des Landes übernommen nachteiligtenprogramm für Jugendliche ohne Haupt- wird und dass die Träger und die Menschen im Land Hes- schulabschluss entgegen. sen Vertrauen,Rechtssicherheit und Innovation in der So- Meine Damen und Herren, wenn Sie sich einen CeBIT- zialpolitik wieder finden. Die von der Landesregierung Werbestand für 800.000 c leisten, wenn Sie sich im Minis- formulierten Ziele, von den Haushältern als das neue terium 12.000 c für Veranstaltungen und Empfänge leis- Nonplusultra tituliert, sind nichts als Plattitüden. Deshalb ten, beginnt unser grünes Sozialbudget mit dem Änderungs- antrag Drucks. 16/4813, der bereits das Oberziel der Lan- (Norbert Schmitt (SPD): So ist es!) desregierung verbessert. dann kann man dazu nur zusammenfassend sagen: Im So- Unser Ziel einer modernen Sozialpolitik ist eine gerechte zialhaushalt 2006 ist kein Gestaltungswille erkennbar. Es Gesellschaft, an der sich die hessischen Bürgerinnen und gibt keine Schwerpunktsetzung, keine sozialpolitische Bürger aktiv beteiligen können. Die geförderten Maß- Power, und wir haben in Hessen die schlechteste Sozial- nahmen sollen dazu dienen, die Selbstverantwortung zu ministerin seit 60 Jahren. stärken. Aber jeder Mensch soll auch darauf vertrauen können, dass er unabhängig von Alter, von Herkunft, von (Beifall bei der SPD) Geschlecht oder Behinderung solidarische Hilfe erhält 6076 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 und seine Teilhabe am öffentlichen Leben gewährleistet vaten Kassen an der Finanzierung solcher Leistungen be- ist. teiligen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Außerdem brauchen die Eltern aufgrund der Komplexität Unruhe) der Anforderungen, die sich in diesem Bereich ergeben, zusätzliche Unterstützung. Wir haben erst vor kurzem bei der Beantwortung der Großen Anfrage gesehen, wie sich Vizepräsidentin Sarah Sorge: das Krankheitsspektrum bei Kindern verändert hat und Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, darf ich noch ein- wie wenig das Gesundheitssystem heute in der Lage ist, mal um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für die Red- darauf zu reagieren. Auch hierzu haben wir entspre- nerin bitten? Das betrifft diesmal insbesondere die Re- chende Vorschläge gemacht. gierungsbank. Ich bitte um etwas mehr Ruhe oder darum, Eine gestaltende Sozialpolitik befasst sich auch damit, die die Gespräche draußen fortzuführen. – Ich danke Ihnen. Qualität von Arbeit und von Arbeitsbedingungen ständig zu verbessern. Wesentlich ist dabei auch die Integration von bestimmten Bevölkerungsgruppen in den Arbeits- Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): markt.Wir haben in den letzten Wochen vermehrt auf un- Nicht nur für die Regierungsbank, sere Initiative hin über die Notwendigkeit geredet, mehr in das Fördern von arbeitslosen Menschen zu investieren, (Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP)) als ständig über das Fordern zu reden. Ich denke, hier ist sondern auch für die moderne Sozialpolitik gilt: Nachhal- deutlich geworden, dass in den Optionskommunen, aber tigkeit, Teilhabegerechtigkeit, Generationen- und Ge- natürlich auch in den Arbeitsgemeinschaftskommunen ei- schlechtergerechtigkeit sind die Fragen, die hier auf der niger Bedarf besteht. Tagesordnung stehen. Im Mittelpunkt einer solchen Poli- tik steht eine kinderfreundliche Gestaltung der Gesell- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schaft, und es ist kaum noch bestritten, dass ein früher und Wenn wir über Integration in den Arbeitsmarkt reden, gerechter Zugang zu altersgerechten Bildungsangeboten dann seien hier beispielhaft die wesentlichsten Bevölke- dabei wesentlich ist. rungsgruppen erwähnt. Wir brauchen dringend eine Er- Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und zwar höhung der Frauenerwerbsquote. Ich glaube, das ist gar für Väter und für Mütter, wird nur Realität mit dem Aus- nicht umstritten. Es ist nur umstritten, auf welchem Wege bau von Betreuungsangeboten von hoher Qualität. Den dies zu geschehen hat. Die Qualifizierung von Jugend- ständig steigenden Anforderungen, denen sich Eltern und lichen und älteren Arbeitnehmern ist notwendig. Gerade Familien ausgesetzt sehen, kann nur durch ein leicht zu- gestern oder heute Morgen haben wir noch darüber dis- gängliches Netz von Hilfsangeboten begegnet werden. kutiert. Die Beschäftigung von Behinderten ist ebenfalls wichtig. Ich denke, das sind die wesentlichsten Gruppen, Meine Damen und Herren, auch die zunehmende Zahl äl- die bei der Integration in den Arbeitsmarkt genannt wer- terer Mitbürger erfordert neue Konzepte, die die Teilhabe den müssen. am gesellschaftlichen Leben ermöglichen und die unseren älteren Mitbürgern die Solidarität der jüngeren Genera- Meine Damen und Herren, der Haushaltsentwurf der tionen tatsächlich versichern. Landesregierung vernachlässigt in einem zunehmend er- schreckenden Ausmaß Aktivitäten zur Integration von Die Mittelerhöhung bei der Altenpflege ist bereits er- Bürgerinnen und Bürgern aus anderen Ländern und Kul- wähnt worden. Ich möchte aber noch auf einen anderen turen. Integration besteht nicht nur aus Sprachförderung, Bereich eingehen, gerade weil Sie in der „Operation düs- sondern sie besteht aus einem ganzen Strauß von Maß- tere Zukunft“ die Mittel für die psychosozialen Bera- nahmen, oder sie müsste aus einem ganzen Strauß von tungsstellen gestrichen haben.Wir fordern in unserem So- Maßnahmen bestehen: vom Zugang zu früher Bildung bis zialbudget z. B. für die psychosoziale Betreuung von alten hin zur dauerhaften Integration in den Arbeitsmarkt, wie Menschen in Altersheimen neue Mittel, weil wir das für bereits gesagt. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist eine ganz wesentliche Herausforderung einer gerechten aber auch – das sollten wir aufgrund der Äußerungen Gesellschaft halten. Ich bitte Sie, sich gerade diesen Punkt heute Morgen besonders betrachten – die Akzeptanz von genauer zu betrachten. Sie können natürlich auch unser kultureller Vielfalt, wie das Leben in allen Bereichen und gesamtes Sozialbudget bei uns erhalten, wenn Sie es an- das Leben in den Kommunen organisiert werden kann. fordern. Eine gerechte Gesellschaft stärkt die Selbstverantwor- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) tung, schafft auch die Rahmenbedingungen für ein gesun- Mit unserem Sozialbudget als Entwurf für eine besonders des Leben und ein langes Leben. Dazu wird der Ausbau moderne und umfassende Sozialpolitik mussten wir den von Prävention und Gesundheitsförderung sehr viel not- gesamten Bereich der sozialen Dienstleistungen völlig wendiger, als wir es heute sehen, gerade auch was die Ge- neu formulieren, der sich mit sozialen Dienstleistungen sunderhaltung von älteren Menschen angeht. im Rahmen der Armutsbekämpfungen, insbesondere im (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Rahmen der Bekämpfung von Kinderarmut, befasst. In der „Operation düstere Zukunft“ ist im Prinzip der ge- Meine Damen und Herren, wenn wir ernsthaft über Prä- samte Förderanteil des Landes auf null gestrichen wor- vention und Gesundheitsförderung reden – das habe ich den. an dieser Stelle schon gesagt –, dann kann es nicht allein die Aufgabe von gesetzlichen Kassen sein, die Finanzie- Das können Sie bei unserem Sozialbudget sehr gut sehen, rung dieser Leistungen zu übernehmen. Auch das ist eine da wir immer die Gegenüberstellung machen zwischen gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist die Pflicht des dem, was die Landesregierung ursprünglich einmal ausge- Landes, nicht nur Geld hineinzugeben, sondern auch vor geben oder geplant hatte und dann gestrichen hat, und der Ort Moderationsprozesse einzuleiten, damit sich die pri- sozialpolitischen Leere, die heute bei Ihnen herrscht. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6077

Meine Damen und Herren, die Bekämpfung von Armut bei der Beratung über unseren Gesetzentwurf zur Be- und Kinderarmut kommt bei Ihnen im Haushalt über- treuung für unter Dreijährige darauf hingewiesen, dass haupt nicht vor. die Offensive für Kinderbetreuung nach wie vor ein Schulkinderprogramm ist; denn 80 % der geförderten (Clemens Reif (CDU): Das ist gar nicht wahr!) Plätze stehen für ältere Kinder zu Verfügung. Hier hat sich die Landesregierung völlig aus ihrer Verant- wortung verabschiedet. (Unruhe) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Herr Metz, ich weiß nicht, auf welcher Grundlage Sie und bei Abgeordneten der SPD) immer Ihre Presseerklärungen schreiben. Vielleicht nutzt es Ihnen etwas, wenn Sie einmal den Rednern der Oppo- Zu den konkreten Maßnahmen gehört natürlich der Ver- sition zuhören. such, die soziale Brennpunktarbeit viel stärker als bisher zu vernetzen und dafür zu sorgen, dass die vielen Modelle (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Aktivitäten, die trotz der „Operation düstere Zu- kunft“ vor Ort laufen, konzentriert und in Netzwerken zu- Ich unterhalte mich gerne mit Ihnen, aber am besten nach sammengefasst werden. meiner Rede.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Geben Sie (Zuruf) zu, dass die Projekte immer noch laufen?) – Ich gebe zu, dass es einige Projekte gibt, die noch laufen. – Dafür brauche ich keinen Ältestenrat. Das löse ich di- Ich weiß aber auch, dass sie jetzt zum Teil endgültig vor rekt. dem Aus stehen.Wenn die Kommunen nicht einschreiten, (Staatssekretär Dirk Metz: Ui!) werden ganz viele Maßnahmen, die über die letzten Jahre gerettet werden konnten, endgültig gestorben sein. Herr – Ja, Herr Metz, passen Sie auf. Walter hat heute Morgen richtigerweise gesagt, die Initia- tiven sind am Sterben, aber die Menschen, die von ihnen (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE unterstützt werden, sind alle noch da. GRÜNEN und der SPD)

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) Die Offensive für Kinderbetreuung ist nach wie vor ein Sie haben wirklich einen Einschnitt in die soziale Land- Schulkinderprogramm. Deswegen sehen wir es als sehr schaft gemacht. Der Begriff „Wüste“ ist hier angebracht. problematisch an, dass Herr Metz in seinen Presseerklä- In den sozialen Brennpunkten gibt es praktisch überhaupt rungen den Eindruck zu erwecken versucht, mit der Of- keine Dienstleistungen mehr, an deren Finanzierung das fensive für Kinderbetreuung würden Sie ein Kleinkinder- Land mit einem nennenswerten Betrag beteiligt ist. programm fahren. Deswegen haben wir uns ein Oberziel gesetzt, in dem der Da Sie das nicht machen, haben wir Ihnen einen Stufen- Anspruch, dass sich die Sozialpolitik für die Menschen, plan zur Verwirklichung einer Betreuungsgarantie vorge- die auf Unterstützung und Hilfe angewiesen sind, wirklich legt, mit dem bis zum Ende der Legislaturperiode pro Jahr verantwortlich fühlt, verlässlich formuliert wird. Ausge- 4.000 neue Plätze geschaffen werden. Damit erreichen Sie hend von diesem Oberziel haben wir zehn Fachziele, ein- auch das Ziel, dass 20 % der unter Dreijährigen betreut schließlich der Fachzieldefinitionen, entwickelt, die In- werden. halte verdeutlichen, statt, wie bei Ihnen, Leerformeln zu enthalten, die die Messung von Erfolgen und Misserfol- Wenn Sie dem Antrag zustimmten, würden Sie dem zu- gen erlauben – auch das ist ein Kernziel einer modernen stimmen, was in Ihrem eigenen Parteiprogramm steht. Sozialpolitik – und es vor allem ermöglichen, dass aus der Aber wenn Sie weiterhin nur 500 bis 700 neue Plätze pro Analyse der Maßnahmen im Hinblick auf ihre Wirksam- Jahr schaffen, wie es in der Vergangenheit der Fall war, keit tatsächlich Lehren gezogen werden und dann ent- brauchen Sie 34 Jahre, um die 20-%-Quote zu erfüllen. sprechend eine Umstrukturierung des Sozialbudgets er- folgen kann. Deswegen muss sich die Landespolitik heute entscheiden, welche Prioritäten eigentlich gesetzt werden sollen. Wir (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) machen Ihnen einen guten Vorschlag, dem Sie ohne Be- denken zustimmen können. Der Landtag wird sich auch Da wir all das durchgerechnet haben und auch gegenfi- weiterhin mit der Qualität der Betreuung von Kleinkin- nanzieren wollen, kommen wir nicht auf eine beliebige dern befassen. Unser Vorschlag bedeutet, dass im ersten Zahl, sondern haben festgestellt, dass wir genau 17 Milli- Haushaltsjahr eine anteilige Finanzierung des Landes in onen c mehr als die Landesregierung benötigen, um die- Höhe von einem Drittel des notwendigen Finanzvolu- ser modernen Sozialpolitik gerecht werden zu können. mens bei ungefähr 19,5 Millionen c liegen würde. Das Wir machen damit nicht nur völlig kontraproduktive dient der Entlastung der Kommunen und der Eltern in Streichungen rückgängig, sondern versuchen auch, durch Hessen. präventive Hilfe und den Aufbau von Netzwerken für die Menschen in Hessen das Eintreten von Krisen zu verhin- Dies wäre ein weiser politischer Beschluss, denn wir sind dern bzw. den Menschen, so sie denn in eine Krise geraten uns alle einig, dass nicht nur die Zahl der Angebote, son- sind, wieder herauszuhelfen. Das ist eine auch in fiskali- dern auch ihre Qualität ausschlaggebend dafür ist, allen scher Hinsicht nachhaltige Sozialpolitik. hessischen Kindern, egal aus welcher Schicht oder Kultur (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sie kommen, einen frühen und gerechten Zugang zur Bil- dung zu ermöglichen. Deshalb bitte ich Sie um Zustim- Im grünen Sozialbudget befindet sich auch die von der mung zu unseren Änderungsanträgen zum Einzelplan 08. Landesregierung viel beschworene Offensive für Kinder- – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. betreuung. Die Mittel dafür wurden um 4,2 Millionen c erhöht.Wir begrüßen das durchaus.Vor kurzem haben wir (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 6078 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Vizepräsidentin Ruth Wagner: (Heiterkeit und Beifall – Zurufe) Für die Fraktion der FDP hat Herr Kollege Rentsch das – Es ist jetzt schwierig, wieder auf das Thema zu sprechen Wort. 15 Minuten Redezeit sind angemeldet. zu kommen. Ich habe gerade von der parlamentarischen Geschäftsführerin meiner Fraktion gehört, dass mir eine Minute mehr Redezeit zur Verfügung steht.Die wollte ich Florian Rentsch (FDP): eigentlich nicht damit verbringen, dass ich dem Kollegen Damit ich sehen kann, ob ich ordentlich behandelt werde, Denzin gut zurede. Mittels Selbstsuggestion macht er das werde ich die Stoppuhr zur Sicherheit auf null stellen. normalerweise alleine. (Gerhard Bökel (SPD): Wenn das die Frau Präsi- (Heiterkeit) dentin gehört hätte! – Zurufe: Oh!) Der Haushaltsansatz der Landesregierung ist von 565 Millionen c auf 579 Millionen c erhöht worden. Das sagt eigentlich relativ wenig darüber aus, was in Hessen in der Vizepräsidentin Ruth Wagner: Sozialpolitik gemacht wird. Frau Kollegin Schulz-Asche, Ich habe das nicht gehört. Frau Kollegin Fuhrmann, wir wollen und sollen uns zu- nächst einmal darüber klar werden, wie wir die Sozialpo- litik eigentlich anlegen und wo wir einen Steuerungsbe- Florian Rentsch (FDP): darf haben. Für mich ist das jedenfalls die Grundsatzfrage. Das ist auch gut so. Ich freue mich, dass um diese Uhrzeit (Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- noch so viel Leben in diesem Parlament ist. Das ist ein gu- NEN): Schauen Sie sich doch die Sozialpolitik an!) tes Zeichen und dem Thema auch angemessen. – Das ist gar nicht konträr zu Ihrer Auffassung. – Es geht Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Fuhr- nicht darum, dass wir begrüßen oder nicht begrüßen, dass mann – Frau Kollegin Schulz-Asche, für Sie gilt das etwas an einer Stelle mehr Geld oder weniger Geld ausgegeben weniger –, ich muss sagen, die Aufgabe der Opposition ist wird. Es kann nicht der Sinn dieser Debatte sein, etwas zu es natürlich, auf Fehler hinzuweisen. Das ist völlig richtig. begrüßen oder zu sagen: Es ist schlecht, dass an dieser Wir müssen auf das hinweisen, was eine Landesregierung Stelle gespart wird. – Fakt ist, dass das Land in jeder Hin- – eine Regierung überhaupt – falsch macht. sicht über seine Verhältnisse lebt. Das kommt in allen Haushaltsplänen zum Ausdruck. Das müssen wir konsta- Aber ein solch explizites Schwarzweißmalen nach dem tieren. Wir müssen uns überlegen, wo wir das Geld des Motto „Alles ist schlecht“ kann ich nicht mitmachen. Landes sinnvoll ausgeben und wo wir gefragt sind. Draußen glaubt uns das kein Mensch. Deswegen sollten wir uns auf die Themen konzentrieren, bei denen wirklich Ich glaube, dass die Sozialpolitik den Menschen die etwas schief läuft. Ich glaube, da gibt es durchaus einige Chance geben muss, ein selbstbestimmtes Leben zu füh- Punkte. Aber es gibt auch Bereiche, in denen die Landes- ren, und dass sie in Notsituationen Hilfe leisten muss. Sie regierung gut arbeitet. Das muss ich an dieser Stelle aner- muss diese Chancen herstellen. Mehr kann Sozialpolitik kennen. Es ist die Aufgabe einer konstruktiven Opposi- meines Erachtens nicht tun. tion, auch so etwas anzuerkennen. (Beifall des Abg. Michael Denzin (FDP)) Frau Kollegin Schulz-Asche hat gesagt, wir müssten heute Dem, was Frau Fuhrmann gesagt hat, stimme ich zum Teil handeln und über eine neue Sozialpolitik sprechen. In zu. Ich glaube nämlich, dass das, was in diesem Haushalts- dem Punkt bin ich relativ nah bei ihr. Ich glaube nämlich, entwurf als Fachziel formuliert wird, relativ auslegungsfä- dass dieser Haushaltsansatz eine gute Möglichkeit bietet, hig ist. Es ist nicht sehr konkret, und es gibt viele Inter- um die Sozialpolitik neu auszurichten und einen neuen pretationsmöglichkeiten. Weg zu gehen. Die Definition von Zielen – die neue Ver- waltungssteuerung – ist meines Erachtens wirklich ein (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) Einstieg in eine neue Gesellschafts- und Sozialpolitik. Es Frau Ministerin, ich glaube, wir sollten eine Debatte über geht darum, zu definieren: Wozu ist Sozialpolitik über- das führen, was wir in den einzelnen Bereichen wollen. haupt da? Was wollen wir mit Sozialpolitik erreichen? Nur in den Haushaltsentwurf zu schreiben: „Wir machen Ich bin der festen Überzeugung, dass das, was wir als Lan- etwas und geben Geld dafür aus“, kann nicht der Ansatz- despolitiker zu tun haben, ein ganz wichtiger Beitrag in punkt für eine moderne Sozialpolitik sein. dem Dreiklang von Land, Bund und kommunaler Sozial- (Beifall bei der FDP) politik ist. Das Land hat eine ganz wichtige Funktion. Diese Funktion müssen wir auch erfüllen. Als Beispiel Bei der Frage, wie wir Sozialpolitik und Gesellschaftspoli- werde ich Ihnen gleich einige Bereiche nennen, in denen tik in Hessen neu strukturieren, ist das Stichwort Kom- wir, wie ich es formulieren will, Ausbaubedarf haben. munalisierung sehr wichtig, weil wir gerade mithilfe des Kommunalisierungsprozesses versuchen, Sozialpolitik Aber ich will auch eines sagen: Es ist gut und richtig, dass und Gesellschaftspolitik gemeinsam mit den Kommunen wir im Rahmen dieser Haushaltsberatungen Ziele defi- zu gestalten und ihnen die Möglichkeit zu geben, langfris- nieren und zum ersten Mal im politischen Diskurs festle- tige Planungen vorzunehmen. Mit der Planungssicherheit gen, was Sozialpolitik eigentlich bewirken soll. geben wir den Kommunen die Möglichkeit, direkt auf die (Michael Denzin (FDP): Zum ersten Mal weiß Bedürfnisse einzugehen und dort etwas zu machen, wo die man, was man will!) Menschen ihrer Meinung nach eine Antwort von der Po- litik brauchen. – Herr Kollege Denzin sagte gerade, zum ersten Mal weiß man, was man will. Ich wusste schon, was ich wollte, Herr Von der SPD wird das immer „kalte Kommunalisierung“ Kollege Denzin. Ich freue mich aber darüber, dass der genannt. Frau Ministerin, Fakt ist, dass einige Bereiche Kollege Denzin so aufmerksam zuhört, was für ihn um weggefallen sind, die wir eigentlich gemeinsam geplant diese Uhrzeit nicht ganz selbstverständlich ist. haben. Sie waren anders geplant. Man muss schon sagen, Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6079 dass die Kommunen jetzt einerseits vom Land ein Budget ben so lässt, wie sie sind, und die Einnahmen durch Schul- für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben bekommen – den anpasst. Wir wollen dort neue Wege gehen. Wir glau- das halten wir für richtig –, andererseits bestimmte Aufga- ben, dass man über Themen diskutieren muss, die so mög- ben übernommen haben und selbstständig behandeln, licherweise bis jetzt nicht auf der Tagesordnung gestanden weil sie diesen Bereich nicht wegfallen lassen wollen. haben. Frau Fuhrmann hat die Frauenhäuser angesprochen. Wir Frau Ministerin, im Haushaltsplan sieht man z. B., dass die haben jetzt in Hessen keine schlechtere Versorgung als Ausgaben für den Maßregelvollzug regelmäßig steigen, früher. Aber das liegt nicht daran, dass das Land die Ver- sowohl die Investitionskosten als auch die Verwaltungs- antwortung intelligent gesteuert hat, sondern daran, dass kostenpauschale. Daher werden wir auch an dieser Stelle die Kommunen die Verantwortung übernommen haben. nicht darum herumkommen, darüber nachzudenken, ob Die Vertreter der Kommunen haben gesagt: Dieses eine Privatisierung des Maßregelvollzuges eine Möglich- Thema ist uns wichtig. keit ist. Diese Diskussion werden wir auf jeden Fall mit Ih- nen führen. In Sachsen-Anhalt ist das gemacht worden. (Beifall bei der FDP) (Ministerin Silke Lautenschläger: In Schleswig- Frau Ministerin – ich glaube, das kann man an dieser Holstein hat es die FDP abgelehnt!) Stelle sagen –, Sie haben ein Stück weit darauf spekuliert, dass die Kommunen dieses Thema nicht brachliegen las- – Frau Ministerin, ich kann nicht für Schleswig-Holstein sen, sondern in diesem Bereich aktiv werden. sprechen. Ich sitze immer noch in Hessen.Wir sind hier in Wiesbaden, im sehr schönen Rathaus. Schleswig-Holstein (Petra Fuhrmann (SPD): Natürlich!) hat auch seine Reize, aber, wie gesagt, wir müssen hier Das haben die Kommunen in Hessen verantwortungsvoll über das reden, was wir vor Ort vorfinden. getan. Meine Damen und Herren, irgendwann sind die Kommunen aber bei dem, was sie noch an Aufgaben über- (Beifall bei der FDP und des Abg. Gottfried Milde nehmen können, an ihrer Grenze angelangt. (Griesheim) (CDU)) (Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann und Heike Hof- Meines Erachtens kommt auch beim LWV viel Konstruk- mann (SPD)) tives. Das wird von der SPD nicht immer nur positiv auf- genommen. Darum müssen wir uns nicht unbedingt küm- Deshalb wird der Kommunalisierungsprozess von uns mern. Es geht darum, dass es beim LWV nach vorne geht, unterstützt. Sie wissen, dass die FDP immer für die Kom- munalisierung sozialer Hilfen war. Aber es ist ein ganz (Michael Siebel (SPD): Wenn es doch so wäre!) wichtiger Punkt, wie wir als Land die Steuerungsfunktion dass die Angebote, die der LWV macht,bei den Menschen wahrnehmen können und wie wir dafür sorgen können, richtig ankommen. Dann werden wir auch die Frage nach (Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD)) der Zukunft des Maßregelvollzugs stellen. Denn ich glaube, dass das Problem in anderen Ländern gelöst wor- dass der Bedarf und die Situation vor Ort evaluiert wer- den ist. Nehmen Sie das Beispiel Sachsen-Anhalt. Dort den und dass wirkungsorientiert gesteuert werden kann. gibt es einen FDP-Sozialminister, mit dem die Bevölke- Ich weiß, dass hier die Steuerungsgruppe Kommunalisie- rung sehr zufrieden ist. rung gute Arbeit macht.Aber, Frau Ministerin, wichtig ist, dass wir auf diesem Gebiet das Land langfristig nicht aus (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) der Verantwortung nehmen. Das Land muss hier seine Meine Damen und Herren, das sollte man an der Stelle Aufgabe wahrnehmen, weil das Land sonst bald überflüs- auch erwähnen: Dort hat der Asklepios-Verbund die sig ist. Dann brauchen wir das Land an dieser Stelle nicht Steuerung des Maßregelvollzuges übernommen. Ich mehr. glaube, dass es in Hessen auch hier noch Bereiche gibt, wo (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) wir weiter nach vorne kommen können. Hünfeld war ein Anfang, aber es gibt noch weitere Stellen, wo wir nachle- Dann müssen wir uns ganz ehrlich fragen: Brauchen wir gen können. Darüber werden wir mit Ihnen in die Dis- überhaupt noch eine Landespolitik, wenn wir alles auf die kussion einsteigen. Kommunen übertragen? Wir sind der Auffassung, dass das Land eine wichtige Steuerungsfunktion hat. Es hat da- (Beifall bei der FDP) für zu sorgen, dort, wo es Bedarf gibt, nachzusteuern und Ich habe mir eine Notiz gemacht. Ich habe gesehen, dass möglicherweise mehr Geld zur Verfügung zu stellen und schon zehn Minuten um sind. dort, wo es andere Entwicklungen gibt, auch etwas weg- zunehmen. Deshalb sind wir sehr gespannt auf diesen Pro- Frau Ministerin, beim Arbeitsmarkt haben Sie unsere zess der Steuerung und darauf, wie diese Steuerung ange- Unterstützung. Ich glaube, dass das, was Sie dort machen, legt werden wird. Ich glaube, dass das eine riesige Chance sehr vernünftig und sehr gut ist. Dass Sie jetzt beim Thema für das Land Hessen ist, die wir konstruktiv begleiten wer- Option ein bisschen hinter Ihre eigene Position zurückge- den; das ist keine Frage. Aber da müssen Sie meines Er- hen – das hatten wir im letzten Plenum schon diskutiert –, achtens noch einiges vorlegen. ist nachvollziehbar, weil die SPD als starke Regierungs- fraktion in Berlin Druck ausübt. Dafür haben wir Ver- (Beifall bei der FDP) ständnis. Schade ist es trotzdem. – Frau Fuhrmann, Sie Meine Damen und Herren, ich habe es eingangs gesagt: stellen auch einen Minister, habe ich gehört. Wenn wir den Haushalt des Landes Hessen in den Griff (Petra Fuhrmann (SPD): Wir stellen den Arbeits- bekommen wollen, müssen wir uns im gesamten Haushalt minister, so viel Zeit muss sein! – Jörg-Uwe Hahn Gedanken machen, wie wir die Ausgaben den Einnahmen (FDP): Arbeitsverwaltungsminister!) anpassen. Mein Fraktionsvorsitzender hat es heute Mor- gen zu Recht ausgeführt: Es geht darum, die schwierige Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu einem ganz Einnahmesituation mit der Ausgabesituation in Einklang zentralen Punkt kommen, an dem, wie ich glaube, dieser zu bringen. Das geht nicht dadurch, dass man die Ausga- Haushalt ein Defizit hat: zum Thema Gesundheit. – Frau 6080 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Ministerin, ich will einige Punkte aufzählen, wo ich der dererseits – Frau Kollegin Schulz-Asche, ich bin dankbar, Auffassung bin, dass die jetzige Situation besser ist als die, dass Sie mir so aufmerksam zuhören – ist es auch kein die wir vorgefunden haben. Thema, das man in den Hintergrund drängen kann. Wir wissen, dass Deutschland eine Pandemie bekommen wird. Fangen wir mit dem Thema Krebsregister an. Ich finde, Das sagen die Experten. Dr. Kaplan von der Bayerischen dass es ein unverantwortlicher Zustand ist, wie das Krebs- Landesärztekammer hat es letzte Woche noch einmal in register in Hessen organisiert ist. Frau Oppermann hört einem großen Interview gesagt: Es ist nicht die Frage, ob aufmerksam zu. die Pandemie, es ist die Frage, wann die Pandemie kommt. (Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP) und Ursula – Meine Damen und Herren, ich würde mir wünschen, Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) dass das Land – deshalb haben wir diesen Antrag auch ge- stellt – mehr macht, als Pressemitteilungen herauszuge- Wir haben damals gemeinsam als CDU und FDP ein Ge- ben, nach dem Motto: In Hessen ist alles in Ordnung. setz zum Krebsregister gemacht. Darin haben wir gesagt, dass wir das für einen Teil Hessens, für Südhessen, mo- Meine Damen und Herren, wenn wir die Details ansehen, dellhaft probieren und schauen wollen, wie sich die Da- stellen wir fest, dass in Hessen nicht alles in Ordnung ist. tenlage entwickelt. Frau Ministerin, die Datenlage entwi- Es gibt einerseits ein Problem der Zuständigkeit, weil es ckelt sich ganz wunderbar. Ich habe mich auch in Dillen- in Deutschland einen Zuständigkeitsdschungel zwischen burg angekündigt, ich werde mir das selbst angucken. Bund und Ländern bei dieser Versorgung gibt,der Unsinn Nachdem ich dort komischerweise dreimal keinen Termin ist. Das müssen wir auflösen. Auch wenn Sie kritisch gu- bekommen habe, versuche ich es noch einmal.Wir wollen cken, glaube ich, dass es sinnvoll ist, dies aufzulösen. sehen, wie sich Landesinstitutionen bewähren. Zweitens haben wir ein Problem bei der Versorgung mit Frau Oppermann, wenn man es mit dem Krebsregister dem Impfstoff. Klar ist: Erst dann, wenn die Pandemie da ernst meint, kann man es nicht auf Südhessen konzentrie- ist, können wir einen Impfstoff entwickeln. Experten ge- ren. Wenn es effektiv sein soll und wenn es repräsentativ hen davon aus, dass es drei bis fünf Monate dauern wird, für das ganze Land sein soll, dann müssen Sie es für das bis der Impfstoff vorliegt. ganze Land machen, wie es alle anderen Bundesländer (Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Zwei Mo- machen. nate!) (Petra Fuhrmann (SPD): Das sagen wir seit Jah- ren!) – Herr Kollege Milde, weil Sie der Experte bei Impfstof- fen sind, kann ich Ihnen gerne diese Unterlagen zur Ver- Das machen Sie nicht. Das ist nicht in Ordnung. Wir ha- fügung stellen. Wir können uns gerne dazu austauschen. ben dazu auch einen Antrag vorgelegt, weil wir der Auf- fassung sind, dass man mit einer solchen Krankheit, die ei- (Ministerin Silke Lautenschläger: Ich bin auf den nen solch großen Teil der Bevölkerung betrifft, nicht so Vorschlag gespannt!) umgehen kann, wie Sie das tun. Wir glauben und wir hof- – Frau Ministerin, das werde ich Ihnen gleich sagen. An fen, dass Sie an dieser Stelle nachbessern. der Dauer bis zur Herstellung des Impfstoffes können wir Ein weiterer Punkt ist das Thema Notfallversorgung. Wir, nichts ändern. Das ist völlig richtig. Da haben Sie Recht. CDU und FDP,haben in der Regierungszeit von 1999 bis Aber es geht auch darum, Produktionskapazitäten bei 2003 gemeinsam ein Hessisches Krankenhausgesetz auf den großen Firmen sicherzustellen, die diese Impfstoffe den Weg gebracht. Wir wollten versuchen, den Betten- herstellen werden. überhang, der, wie ich glaube, parteiübergreifend aner- (Ministerin Silke Lautenschläger: Das ist alles län- kannt ist, abzubauen. Das ist diesem Hessischen Kran- derübergreifend geklärt, Herr Rentsch!) kenhausgesetz auch gelungen. Der Abbau findet statt. Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht über das Ziel Andere europäische Länder haben schon längst Produk- hinausschießen. tionskapazitäten reserviert. Deutschland hinkt deutlich hinterher.Auch Hessen hinkt deutlich hinterher. Ich weiß, Wer die Verhandlungen zum Thema Baserate/Fallpau- dass es überregional organisiert wird. schale sieht, weiß, dass die Krankenhäuser aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Struktur zurzeit erhebliche (Ministerin Silke Lautenschläger: Das ist falsch!) Probleme haben. Frau Ministerin, wir müssen aufpassen, Nichtsdestotrotz macht es die Situation nicht besser. dass aufgrund des Gesetzes und der Entwicklung im wirt- schaftlichen Bereich nicht mehr Krankenhäuser schlie- ßen, als wir das wollen. Ich glaube, dass es an der Stelle Vizepräsidentin Ruth Wagner: gilt, den Notfallversorgungsauftrag sicherzustellen, den das Land Hessen hat. Dieser Auftrag ist auch gesetzlich Herr Kollege Rentsch, unsere Uhr sagt: Die 15 Minuten festgeschrieben. Ich muss sagen, dass mir die Entwick- sind um. lung, die wir zurzeit in Hessen haben, nicht gefällt. Wir müssen dringend aufpassen, dass wir in den Krankenhäu- sern weiterhin eine ordentliche Versorgung für das Land Florian Rentsch (FDP): sicherstellen können. Gerade in der Fläche werden wir Probleme bekommen, wenn sich der Trend weiter fortset- Da ich gehört habe, dass ich eine weitere Minute von mei- zen wird. ner Geschäftsführerin bekommen habe Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt ist das (Zuruf von der FDP: Nein!) Thema Vogelgrippe. Wir haben den Antrag hierzu heute – doch –, werde ich diese Minute noch abarbeiten. mit der Lesung des Einzelplans aufgerufen, weil wir der Meinung sind, dass das Thema so wichtig ist, dass wir die (Heiterkeit bei der FDP – Beifall bei Abgeordneten hessische Bevölkerung darüber informieren müssen. Es der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- ist kein Thema, das sich eignet, um Panik zu machen. An- NEN) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6081

Das ist mir gesagt worden. Ich beeile mich, bevor der Äl- Alle Bundesländer haben diese 8 %. testenrat einberufen wird. Zu Beginn möchte ich auf das eingehen, was Frau Fuhr- Frau Ministerin, wir können das hier austragen. Ich bin mann gesagt hat. Frau Fuhrmann, Sie haben gesagt, für die auf Ihre Ausführungen sehr gespannt. In den ersten Mo- Sozialpolitik sei kein einziger Cent mehr ausgegeben wor- naten einer Pandemie können die Menschen nur mit anti- den. viralen Medikamenten behandelt werden. Der Pandemie- plan der WHO sieht eindeutig vor, dass wir einen Versor- (Petra Fuhrmann (SPD): Kleine Detailkorrektu- gungsgrad von 20 % der Bevölkerung haben sollen. ren!) Wenn ich mich recht an die Pressemitteilung des Ministe- Ich werde Ihnen das gleich im Detail aufzeigen. Es sind riums erinnere, hat Hessen eine Größenordnung von 8 bis nicht kleine Korrekturen. Ich habe die herzliche Bitte: 10 %. Ist das richtig? – Ich sehe kein Nicken, also akzep- Hören Sie einfach zu, und seien Sie bereit, auch einmal tiere ich es. Fakten zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall des Abg. Michael Denzin (FDP)) (Petra Fuhrmann (SPD): Ich kenne die Stellen!) Wenn Hessen in diesem Bereich so wenig vorbereitet ist, Sie haben zum Schluss gesagt, Sie setzen 30 Millionen c kommt auf uns ein Problem zu. Ich glaube schon, dass es dagegen. Das ist richtig. Sie setzen 30 Millionen c dage- bei einem solch ernsthaften Problem wie einer Vogel- gen, haben Sie gesagt. Was machen Sie? Sie wollen die grippe, einer wirklich gefährlichen Situation für dieses Vermögensteuer wieder einführen, von der wir alle wis- Land, wichtig wäre, erstens das Parlament und damit die sen, dass sie gerichtlich gestoppt worden ist. Sie wollen die Bevölkerung in Hessen zu informieren und zweitens in Grundwasserabgabe wieder einführen, was unter ande- diesem Bereich auch mehr zu machen. – Vielen Dank. rem dazu führen würde, dass sozial Schwache und Klein- verdiener höhere Wasserrechnungen hätten. (Beifall bei der FDP) (Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was für ein Schwachsinn!) Vizepräsidentin Ruth Wagner: Wo das sozial sein soll, erschließt sich mir leider nicht. Meine Damen und Herren, mit Toleranz meines Schrift- führers Wagner: sechzehneinhalb Minuten und vielleicht (Beifall bei der CDU – Michael Boddenberg ein bisschen, auf jeden Fall war es in Ordnung. (CDU): Wer zahlt denn die Wasserrechnung?) Jetzt hat Frau Oppermann für die Union das Wort. Frau Meine Damen und Herren, die Sozialpolitik ist auch im Oppermann, als Redezeit sind zehn Minuten angemeldet. Jahr 2006 weiterhin ein Schwerpunkt der Landesregie- rung. Trotz angespannter Haushaltssituation werden für die Kinderbetreuung 9,2 Millionen c mehr ausgegeben. Anne Oppermann (CDU): Die Familienpolitik ist und bleibt unser Schwerpunkt. Da können Sie so oft das Gegenteil behaupten, wie Sie wol- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss gu- len; die Menschen draußen im Land wissen es besser. cken, wo ich anfange, was meine Vorrednerinnen und Vor- redner gesagt haben. Herr Rentsch, ich fange mit Ihnen (Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- an. Erstens. Die Krankenhausversorgung ist auch in der NEN): Woher?) Fläche weiterhin gesichert. Meine Damen und Herren, die Offensive für Kinderbe- Jetzt komme ich zum Thema Vogelgrippe. treuung wird von 14 Millionen c im Jahr 2005 auf 18,2 Millionen c und dann nochmals auf 23,2 Millionen c er- (Demonstrativer Beifall der Abg. Kordula Schulz- höht. Das sind 9,2 Millionen c mehr. Das ist kein Pap- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) penstiel, und, Frau Kollegin Fuhrmann, das ist auch kein Sie haben wahrscheinlich in der Übersicht des Finanzmi- Placebo. nisteriums, die in den vergangenen Tagen in den Fächern (Petra Fuhrmann (SPD): 30 Millionen c gekürzt! lag, gelesen, dass eine außerplanmäßige Verpflichtungser- Dann sind das Placebos!) mächtigung in Höhe von 4,985 Millionen c zur Vorrats- beschaffung antiviraler Medikamente nach dem vom Das ist eine enorme Kraftanstrengung, zeigt aber auch, Bund und den Ländern verabschiedeten Influenza-Pan- dass wir Wort halten. demieplan in den Haushalt eingestellt ist. Meine Damen und Herren, das Kinderbetreuungsange- (Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP)) bot hat sich unter dieser Landesregierung enorm verbes- sert und wird sich weiter verbessern.Wir haben unser Ziel Herr Kollege Rentsch, weiterhin werden Sie im Haushalt „Hessen wird Familienland“ fest im Auge. Schauen Sie 2006 wahrscheinlich auch gelesen haben, dass dort 6 Milli- sich die vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gege- onen c stehen, unter anderem für das BSL-4-Labor in bene Studie der Prognos AG an, die Hessen bundesweit Marburg, das modernste Hochsicherheitslabor, das in eine Spitzenposition bei der Familienfreundlichkeit be- Deutschland gebaut wird. scheinigt. Die Daten zeigen auch eine eindeutig positive (Beifall bei der CDU) Bilanz. Herr Kollege Rentsch, die 8 %, von denen Sie eben ge- Im Jahr 2004 standen 243.336 Plätze in insgesamt 3.732 sprochen haben, sind die 8 %, auf die sich der Bund und Kindertageseinrichtungen zur Verfügung. Seit 2001 haben die Länder verständigt haben. Diese 8 % haben alle wir eine Steigerung der Zahl der Plätze in Kindergärten, Bundesländer. Horten, Kinderkrippen und altersstufenübergreifenden Einrichtungen von 11.600 Plätzen. (Florian Rentsch (FDP): Das macht es nicht besser, Frau Kollegin Oppermann!) (Dr. Judith Pauly-Bender (SPD): Das ist wenig!) 6082 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

– Warten Sie einmal. Betrachtet man nur die Zahl der So haben wir jetzt den Antrag eingebracht, die Landes- Krippenplätze und die Zahl der altersübergreifenden mittel um 1,1 auf 8,5 Millionen c zu erhöhen.Wir verstär- Gruppen, liegt die Zahl derzeit bei 9.795. Wenn wir die ken somit in erheblichem Umfang die Landesmittel zur Betreuung durch Tagesmütter mit dazunehmen, haben Beibehaltung des Ausbildungsangebotes in der Erstaus- wir in Hessen 13.795 Betreuungsplätze für unter Dreijäh- bildung aufgrund der Einstellung der Förderung durch rige. die Bundesagentur für Arbeit, weil ein Abbau von Ausbil- dungsplätzen in der Altenpflege das absolut falsche Signal (Petra Fuhrmann (SPD): Das ist extrem wenig, ist. Frau Kollegin!) (Petra Fuhrmann (SPD): Stimmt!) Frau Kollegin Fuhrmann, das ist ein Versorgungsgrad von 8,4 %. Damit liegen wir in Hessen an der Spitze. Ich komme zu dem weiteren Antrag betreffend Leistun- gen an Flüchtlinge. Hier erweitern wir die Produktbe- (Petra Fuhrmann (SPD): Ich lache mich tot! – Zu- schreibung. Das Land trägt die Kosten für Opfer von ruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS Menschenhändlern. Die Kommunen bekommen ihre Auf- 90/DIE GRÜNEN)) wendungen erstattet, und die Unterbringungskosten für Mit der Steigerung von 14 auf 18,2 Millionen c werden Frauen, die in einem Strafverfahren wegen Menschen- 3.832 neue Krippenplätze geschaffen, und bei einer weite- handels zur Aussage bereit sind, werden übernommen. c ren Erhöhung um 5 Millionen erfolgt eine Steigerung Bei dem Thema Schwangerschaftskonfliktberatung sieht auf 8.157. Frau Schulz-Asche, das sind nicht nur ein paar unser Antrag eine Erhöhung um 2 Millionen c vor. Die Hundert Plätze, die dort geschaffen werden; das ist ein Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr enormes Mehr. Das entspricht einem Versorgungsgrad 2004 hatte eine Umstellung der Förderung zur Folge, die von 11 %.Wenn wir die Tagesmütter einbeziehen,sind wir allerdings bei den Trägern zu wenig Akzeptanz gefunden bei 13,5 %. Meine Damen und Herren, auf diese Zahlen hat. Ich bin zuversichtlich, dass es im kommenden Jahr zu sind wir stolz. Das Kinderbetreuungsangebot wird stetig einer einvernehmlichen Neuregelung der Förderung ausgebaut. kommen wird. (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Meine Damen und Herren, ich habe jetzt noch nichts zu Ich darf Sie daran erinnern: Als CDU und FDP im Jahr dem großen Teil „Integration in Arbeit und Ausbildung“ 1999 die Regierung von Rot-Grün übernahmen, waren in und zur Teilhabe der Menschen mit Behinderung gesagt. Hessen ganze 2.619 Krippenplätze vorhanden. Das war Ob es der Bereich der Ausbildung für Benachteiligte, die unterster Level, Frau Kollegin Fuhrmann. Ausbildungsvorbereitung für Benachteiligte oder die be- rufliche Qualifizierung für behinderte junge Menschen (Petra Fuhrmann (SPD): 6.000 Plätze für 26.000 ist, überall in diesen Bereichen sind im Haushalt 2006 die Kinder !) Mittel erhöht worden. Ich komme zum Thema Altenpflege. (Beifall bei Abgeordneten der CDU) (Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Vizepräsidentin Ruth Wagner: – Frau Kollegin Schulz-Asche, ich bin jetzt beim Thema Frau Oppermann, Ihre Redezeit ist zu Ende. Altenpflege. Unter Ihrer Regierungsverantwortung hat die Altenpfle- geausbildung ein Schattendasein gefristet. Diese Landes- Anne Oppermann (CDU): regierung hat die Ausbildung wieder in Ordnung gebracht Ich komme zum Schluss. – Bei der Sprachförderung im und etabliert. Die Pflegekampagne, die durchgeführt Kindergartenalter und bei der Förderung von Integra- wurde, war ein Erfolg und war ein Erfolgsschlager. Das tionsmaßnahmen sind die Mittel auf hohem Niveau ge- war auch im Haushalt 2005 ablesbar. Dort wurden 1,9 halten worden. Von Rot-Grün hätte ich mir gewünscht, c Millionen mehr eingestellt. dass auch unter ihrer Regierungsverantwortung etwas zur (Petra Fuhrmann (SPD): Wir sind uns einig, dass Sprachförderung getan worden wäre. das richtig ist!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Ich weiß, dass Sie von der Opposition ungern Zahlen und Meine Damen und Herren, trotz angespannter Haushalts- Fakten hören. Ich weiß auch, dass Sachwissen oftmals eine lage ist die Sozialpolitik weiterhin ein Schwerpunkt. Ich gescheite Entscheidung verhindert. Aber wenige Zahlen sage Ihnen eines: So schmerzhaft die „Operation sichere will ich doch nennen. Zukunft“ war, heute zeigt sich im Haushalt 2006, dass das 2002 gab es 1.400 Plätze. In diesem Jahr liegt die Zahl der der richtige Weg war, um Hessen in eine moderne und si- Landesplätze bei 2.300. Das Land hat die Mittel ausge- chere Zukunft zu führen. – Ich danke Ihnen. baut, und parallel hat der Bund unter Rot-Grün die Maß- (Beifall bei der CDU) nahmen für Umschüler gestrichen. Das ist doch der ei- gentliche Skandal, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Vizepräsidentin Ruth Wagner: Frau Staatsministerin Lautenschläger hat das Wort. Die 38 Bildungsgutscheine, die von der BA ausgestellt wurden, sind so gut wie nichts. Unterhalten Sie sich doch einmal mit Altenpflegeschulen und Pflegeheimen vor Ort Silke Lautenschläger, Sozialministerin: darüber, was es bedeutet, wenn Umschüler ausfallen, was es bedeutet, wenn nicht mehr mitfinanziert wird, und was Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Her- es bedeutet, diese Ausbildung nicht mehr zu ermöglichen. ren! Der Haushalt im Bereich Soziales macht die Schwer- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6083 punkte „Kinder und Familie“, „Integration“ und „Ar- achten, gute Bildungsmöglichkeiten für die Kinder ge- beitsmarkt“ auch für das Jahr 2006 deutlich. nauso im Auge zu behalten wie die Vereinbarkeit von Fa- milie und Beruf. Wenn wir uns bei „Kinder und Familie“ die großen Linien betrachten, stehen auf der einen Seite die Vereinbarkeit (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) von Familie und Beruf und die Erhöhung der Anzahl von Betreuungsplätzen und auf der anderen Seite die Umset- Diesen Weg werden wir auch im Jahr 2006 fortsetzen. zung des Bildungs- und Erziehungsplanes, seine Erpro- (Beifall bei der CDU – Petra Fuhrmann (SPD): Das bung unter dem Gesichtspunkt „Bildung von Anfang an“ sind alles nur Behauptungen!) sowie die Verzahnung zwischen Krippe, Kindergarten und Grundschule im Vordergrund. Das zweite ganz wichtige Thema ist die Integrationspoli- tik. Ich wundere mich, dass es gerade von der Opposition Diese zwei Punkte sind im Bereich von Kindern und Fa- fast überhaupt nicht angesprochen wurde. milie allein deswegen von außerordentlicher Bedeutung, weil wir nicht nur die Betreuung betrachten, sondern in (Petra Fuhrmann (SPD): Das stimmt nicht! Sie ha- Hessen genauso den Weg mit der Erprobung in den Kin- ben nicht zugehört!) dertageseinrichtungen in Verbindung mit Familientages- – Deshalb habe ich sehr bewusst „fast überhaupt nicht“ stätten, Grundschulen, Tagesmüttern und Ausbildungs- gesagt. stätten für Erzieherinnen gehen, um tatsächlich bei einer frühen Bildung anzusetzen, um Kinder früh zu fördern. Das Thema Integration spielt eine der entscheidenden Denn ein Großteil – weit über 90 % – besucht schon den Rollen, wenn Sie Bildungschancen für Kinder schon vor Kindergarten. der Schule eröffnen wollen. Deshalb bleibt es bei dem gel- tenden Schlüssel. Das ist völlig unstrittig. Es scheint nach Ein weiterer wichtiger Punkt ist wie in den vergangenen wie vor nur in der SPD-Fraktion strittig zu sein. Schwer- Jahren selbstverständlich der Ausbau der Betreuung der punkt der Integrationsbemühungen bleibt die Förderung unter Dreijährigen. Meine sehr geehrten Damen und der Beherrschung der deutschen Sprache. Herren, ich will schon noch einmal deutlich machen, dass wir gerade beim Ausbau der Plätze für unter Dreijährige (Beifall bei der CDU – Petra Fuhrmann (SPD): Sie in der Vergangenheit deutlich weitergekommen sind und haben nicht zugehört!) das Ziel, bis 2010 ein bedarfsgerechtes Angebot von rund Das ist die entscheidende Frage, für die wir auch in Zu- 20 % – ich glaube, davon war heute Vormittag schon ein- kunft die Mittel in diesem Bereich einsetzen werden. Zum mal die Rede –, also ca. 30.000 Plätzen, die dort benötigt Thema Integration gehört natürlich viel mehr. Das ist die werden, aus unserer Sicht gut erreichen können. große Linie, die wir seit 1999 aufgebaut haben – mit dem Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben im Integrationsbeirat, mit der Verzahnung vieler Projekte Rahmen der Offensive, die wir bereits im letzten Haushalt vor Ort, die darauf ausgerichtet sind, Sprachförderung bei um 4,2 Millionen c aufgestockt haben, Mittel für rund den Kindern zu betreiben, mit zusätzlichen Sprachförder- 7.000 zusätzliche Plätze in den Kinderkrippen zur Verfü- angeboten – über die vom Bund im Zuge der Gesetzesän- gung, wenn der Änderungsantrag, den die CDU-Fraktion derung gemachten Angebote hinaus – für diejenigen, die angekündigt hat, angenommen wird. schon länger in Deutschland leben. Wir wissen nämlich genau, dass es nach wie vor hohe Sprachbarrieren und In- Hinzu kommen – das ist schon in der Vergangenheit einer tegrationsprobleme gibt. der ganz wichtigen Bereiche gewesen – die altersüber- greifenden Gruppen, die noch überhaupt nicht eingerech- Wir müssen insbesondere Sprachkurse für ausländische net sind. Sie haben in der Vergangenheit zu einem deut- Mütter anbieten. Diese niedrigschwelligen Angebote set- lichen Ausbau der Zahl der Plätze für Kinder unter drei zen wir auch in den nächsten Jahren um, weil über Sprach- Jahren beigetragen. Gerade im ländlichen Raum führt das angebote und über Information über die Bildungssysteme dazu – man mag den Rückgang der Kinderzahlen bekla- in unserem Land ein Zugang für ausländische Mütter zu gen –, dass in altersübergreifenden Gruppen Plätze für unserer Gesellschaft an vielen Stellen erst eröffnet wird. Krippenkinder, also für unter Dreijährige, geschaffen Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es geht um Teilhabe.Wir werden.Auch das ist ein ganz wichtiger Punkt, weil wir da- müssen Bedingungen schaffen, dass Sprachbarrieren durch die Möglichkeit haben, schneller zu einem bedarfs- nicht dazu führen, dass in Deutschland lebende Menschen deckenden Angebot zu kommen. Hinzu kommt der Ein- nicht an unserer Gesellschaft teilhaben können. Erst dann satz von Tagesmüttern. haben sie überhaupt Chancen – für ihre Kinder und für ihre eigene Teilnahme am Arbeitsmarkt. Liebe Kolleginnen von der SPD-Fraktion, diese Ziele sind bis zum Jahr 2010 mit den vorgeschlagenen Mittelerhö- (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der hungen zu erreichen. Das bleibt das Ziel der Landesregie- FDP) rung. Nicht ohne Grund wurde der Versorgungsgrad von Mich verwundert es schon ein bisschen, wenn Sie beim knapp über 3 % schon in diesem Jahr auf über 8 % ge- Thema Sozialpolitik nach wie vor nur darüber reden, ob steigert. Mit der Aufstockung der Mittel wird es möglich die Mittel für diesen Bereich aufgestockt worden sind. werden, schon vor dem Jahr 2010 eine Bedarfsdeckung in diesem Bereich von durchschnittlich 20 % zu erreichen. (Petra Fuhrmann (SPD): Nein, Sie haben die Gel- Sie wissen so gut wie ich, dass wir im Rhein-Main-Gebiet der gestrichen!) zwar schon heute eine wesentlich größere Nachfrage als in vielen ländlichen Bereichen haben, die Mittel aber da- Für das Thema Integration ist Geld vorhanden. Noch viel für zur Verfügung stehen, dass möglichst schnell ein be- wichtiger ist aber, sehr konsequent zu werben – mit dem darfsgerechtes flächendeckendes Angebot vorhanden ist. Integrationsbeirat, mit vielen anderen Gruppen, mit der Vergabe von Preisen für Projekte, die funktionieren, mit Das ist ein ganz wichtiger Schritt unter dem Gesichts- dem Projekt „Kommune und Land“, mit dem Integra- punkt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir wer- tionskompass und vielen weiteren Projekten –, Aufmerk- den genau diese Linie weiterverfolgen.Wir werden darauf samkeit zu schaffen, an manchen Stellen wachzurütteln, 6084 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 denn wir wollen die Entwicklung von Parallelgesellschaf- Vizepräsidentin Ruth Wagner: ten verhindern und Integration betreiben.Wir wollen mit- einander reden, miteinander leben und auch Frauen mit Frau Ministerin, die Redezeit der Fraktionen ist abgelau- Migrationshintergrund eine gleichberechtigte Teilhabe fen. verschaffen. Das wird eines der ganz wichtigen Themen der nächsten Jahre sein. Silke Lautenschläger, Sozialministerin: (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) Ich werde mich bemühen, das noch ganz kurz darzustel- len, denn das Thema Integration von Arbeitslosengeld-II- Das sind die Punkte, die in der Vergangenheit unter Rot- Empfängern in den Arbeitsmarkt fängt beim Thema Kin- Grün vernachlässigt worden sind. Frau Kollegin Fuhr- derbetreuung an und führt über die Schuldnerberatung zu mann, Sie vertreten nach wie vor die alte Vorstellung: Sie ganz verschiedenen Programmen, für die wir in den letz- schaffen eine Ausländersozialberatung, und damit sind ten Jahren die Mittel weiter aufgestockt haben, z. B. die ausländische Frauen und Männer in Deutschland inte- Mittel für die Integration behinderter Menschen in den griert. – Das ist Quatsch, Frau Kollegin Fuhrmann. Arbeitsmarkt.

(Beifall bei der CDU – Petra Fuhrmann (SPD): Das eigentliche Problem, das wir in den nächsten Jahren Nein, Sie machen nichts!) bewältigen müssen, ist, dass die Mittel für diese Pro- gramme tatsächlich abgerufen werden. Es ist nicht so, dass Wir müssen weiter dafür streiten, dass Frauen mit Migra- wir zu wenig Mittel zur Verfügung stellen. Entscheidend tionshintergrund eine Chance auf Integration haben – ist nun, dass sowohl unsere Mittel als auch die Bundes- über die deutsche Sprache, über die Teilhabe am Berufs- mittel tatsächlich abgerufen und für die Integration dieser leben und über Ausbildung. Junge Mädchen, die hier auf- Menschen in den Arbeitsmarkt eingesetzt werden. gewachsen sind, sollen die Chance haben, tatsächlich ak- Meine sehr geehrten Damen und Herren, das macht ins- zeptiert zu werden und nicht anderen Einflüssen ausge- gesamt sehr deutlich, dass es eine ganz klare Linie in der setzt zu sein. Deswegen gehen wir mit dem Integrations- Sozialpolitik gibt: Auf der einen Seite die Familienpolitik, beirat zu den Religionsgemeinschaften, führen intensive auf der anderen Seite die Unterstützung von Menschen, Gespräche und wollen die Betroffenen für die Themen wo dies im Bereich des Arbeitsmarktes notwendig ist.Wir sensibilisieren.Wir gehen in die Vereine und werden diese geben den Kommunen im nächsten Jahr über die Kom- Arbeit fortsetzen, denn dort gibt es beim Thema Integra- munalisierung erstmals die Freiheit und in Form von Bud- tion nach wie vor Probleme. Wir werden es nur über den gets die Mittel für in eigener Verantwortung durchzufüh- Schlüssel der Sprache und des Miteinander-Lebens schaf- rende Sozialprogramme. Wir werden eine Sozialbericht- fen, zu verhindern, dass sich in Deutschland Verhältnisse erstattung zwischen den Kommunen, der Liga und dem wie in anderen Ländern entwickeln. Land aufbauen, um damit deutlich zu machen, dass wir in Hessen neue Wege der Steuerung gehen. Die Kommunen, (Beifall bei der CDU) das Land und die Liga gehen gemeinsam den Weg der So- zialberichterstattung. Auch dafür stellen wir mehr Mittel Der letzte ganz wichtige Punkt, den ich noch ansprechen zur Verfügung, als im vergangenen Jahr vertraglich zuge- will, betrifft den Arbeitsmarkt, Hartz IV und die Frage, sichert wurde. wie wir es schaffen, Menschen besser in den ersten Ar- beitsmarkt zu vermitteln. Wir müssen in Hessen darauf Ich kann nur sagen: Dieser Weg wird von der Landesre- schauen, wie die Optionskommunen und die Arbeitsge- gierung konsequent weiterhin beschritten werden. Wir meinschaften in den nächsten Jahren im Wettbewerb mit- werden mit unseren Partnern die Sozialpolitik gemeinsam einander arbeiten. Wir sind das Referenzland. Das ist umsetzen, Kindern und Familien die Priorität geben, aber spannend, weil bei uns die Arbeitsgemeinschaften be- genauso die Unterstützung der Kommunen und die Inte- sonders gut aufgestellt und genauso angespornt sind wie gration der Hilfeempfänger in den Arbeitsmarkt forcie- die Optionskommunen, gute Ergebnisse zu liefern. ren.

Ich bedauere es sehr, dass wir nicht mehr Optionen be- (Beifall bei der CDU) kommen haben, weil wir nach wie vor dieses Modell ver- treten. Die Arbeitsgemeinschaften brauchen aber ge- nauso eine Chance. Wir haben sie ihnen von Anfang an Vizepräsidentin Ruth Wagner: geboten, obwohl wir das andere Modell für das richtige Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wort- halten. Das Spannende ist, dass gerade in Hessen, wo wir meldungen vor. Der Einzelplan 08 und der Antrag viele optierende Kommunen haben, alle darauf setzen, Drucks. 16/4646 sind damit behandelt. dass auch die Arbeitsgemeinschaften möglichst kommu- nal geführt werden. Es ist inzwischen völlig unstreitig und Ich rufe nun auf: wird von der Regionaldirektion auch so vertreten: Wenn Einzelplan 09 – Hessisches Ministerium für Umwelt, länd- die Arbeitsgemeinschaften unter kommunale Führung lichen Raum und Verbraucherschutz – kommen, dann werden sie eine einfachere Führungs- struktur haben und schneller und besser entscheiden kön- in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 34: nen. Antrag der Fraktion der FDP betreffend Sicherstellung Wir haben aber auch die Mittel für die Integration von der Koordination bei Fleischkontrollen in Hessen – Arbeitslosengeld-II-Empfängern in den Arbeitsmarkt Drucks. 16/4875 – weiter aufgestockt. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich und Tagesordnungspunkt 39: bitte die Kollegen, auch Herrn Rentsch, noch einmal zu prüfen, was man mit den Mitteln für die Integration in den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be- Arbeitsmarkt tatsächlich tun kann. treffend Konsequenzen aus dem Fleischskandal: umfas- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6085 sende Verbraucherinformation und bessere Kontrollen – – Lieber Herr Hahn, wir reden noch einmal darüber, wie Drucks. 16/4882 – die FDP-Geschichte war. (Reinhard Kahl (SPD): Und Tagesordnungspunkt Wir finden also die alten Geschichten. Die kann man auch 59!) in jeder Plenardebatte wiederholen. Da gibt es diese be- rühmte Internationale Süddeutsche Reaktorkommission. Meine Damen und Herren, angemeldet wurden folgende Ich bin sehr für Beschäftigungsprogramme. Aber, ehrlich Redezeiten: für die CDU zehn Minuten, für die SPD zehn gesagt, finde ich es immer noch hinausgeschmissenes Minuten, für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zweimal zehn Geld, wenn Gutachten, die fünf- oder zehnmal in der Welt Minuten, für die FDP-Fraktion 15 Minuten. Nach unserer existieren, von einer Kommission ein dreizehntes oder Rechnung bedeutet das eine gute Stunde. vierzehntes oder fünfzehntes Mal gemacht werden. Be- Als ersten Redner rufe in nun Herrn Grumbach für die schäftigungsprogramme für Wissenschaftler kann man Fraktion der SPD auf. billiger finanzieren als durch diese Kommission. Insofern könnte man die wirklich streichen. (Reinhard Kahl (SPD): Tagesordnungspunkt 59!) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Für Sie sind zehn Minuten Redezeit angemeldet. – Herr GRÜNEN) Kahl? Das Hauptproblem aber ist: Dieser Haushalt ist Verwal- tung, nicht Gestaltung.Am besten sehen Sie das, wenn Sie Reinhard Kahl (SPD): einmal die Vorteile der neuen Haushaltssystematik nut- zen. Machen Sie sich doch einmal das Vergnügen, nehmen Tagesordnungspunkt 59. Sie den Einzelplan 09, und lesen Sie einmal, was dabei herauskommt, wenn eine Verwaltung einen Haushalt plant. Vizepräsidentin Ruth Wagner: Schauen Sie sich einmal die Kennzahl an, die da lautet: Herr Kahl, was ist das? „Kennzahl zur Leistungswirkung (Effektivität)“. Die größte Kennzahl in diesem Bereich ist die Anzahl der Be- willigungen, die nächstgroße ist die Anzahl der Broschü- Reinhard Kahl (SPD): ren; dann kommen die Anzahl der geförderten Vorhaben, die Anzahl der Verfahren. Das ist der Dringliche Antrag der Fraktion der SPD be- treffend Vorlage der Jahresabschlüsse 2003 und 2004 des Ich sage das einmal sehr deutlich: Daran merkt man, wenn Landesbetriebes Hessen-Forst, Drucks. 16/4956. Bürokratie von Wirkung redet, meint sie die Art und Weise, wie sie beschäftigt wird. – Wenn wir Sozialdemo- kraten von Wirkung reden, dann meinen wir, wie es den Vizepräsidentin Ruth Wagner: Menschen im Land besser geht. Das wären Kennzahlen, die in diesen Haushalt gehören, und da muss noch viel ge- Das müssen wir jetzt mit aufrufen. Dann ist dieser Tages- tan werden. ordnungspunkt 59 mit aufgerufen: (Beifall bei der SPD) Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Vor- lage der Jahresabschlüsse 2003 und 2004 des Landesbe- So viel Langeweile im Umweltressort muss natürlich triebes Hessen-Forst – Drucks. 16/4956 – kompensiert werden. Spannend wird es dann im Zweijah- resvergleich. Da gibt es nämlich die berühmten Mittel für Vielen Dank. – Herr Grumbach, Sie haben das Wort. Veröffentlichungen. Deren Höhe betrug vor zwei Jahren 131.000 c. Jetzt sind es 301.000 c. Gernot Grumbach (SPD): (Petra Fuhrmann (SPD): Oh, das ist eine span- nende Zahl!) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Manchmal hat man es als Oppositionsabgeordneter wirklich nicht Das heißt, wer keine Politik macht, muss mehr reden, da- leicht. mit er überhaupt in die Lage versetzt wird, irgendetwas nach außen darzustellen. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das stimmt!) (Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU)) Denn ich hätte so gerne mit dem Minister darüber gere- det, welche großen Projekte er in Angriff nimmt, ihm er- Ich glaube, an dieser Stelle müssen wir diesen Landtag ein klärt, dass sie vielleicht auf den richtigen Weg gebracht bisschen antreiben, damit Politik gemacht wird. werden müssen – und vielleicht mit ihm darüber geredet, Ich will eine Ausnahme nennen. Herr Minister, ich habe wie man es besser machen kann. Das Problem ist aber: mir natürlich Mühe gegeben, eine zu finden. Die wird sich Die Projekte finden nicht statt. in diesem Haushalt allerdings nicht so richtig niederschla- (Beifall bei der FDP und der Abg. Ursula Ham- gen, denn es ist Ihr neues Abwasserprogramm. Dort er- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Jörg-Uwe leichtern Sie den Kommunen sozusagen den letzten Hahn (FDP): Aber der Minister ist da!) Schritt. Ich habe diese Ausnahme gefunden und will sie gerne auch extra hervorheben. Dieser Haushalt ist das Langweiligste, was ich je an Haus- halten gefunden habe – das tut mir wirklich Leid. – Ja, der Aber gehen wir einmal zu Ihren Fachzielen. Sie haben das Minister ist da, Personalfrage geklärt.Aber bei Inhaltsfra- Fachziel „Naturschutzland Hessen stärken“. Ich muss gen muss man noch ein bisschen arbeiten. schon sagen, dort haben Sie eine Form der kreativen Fi- nanzierung gefunden. Aber die Konsequenzen dieser Fi- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir haben es wenigstens nanzierung – Sie haben das schon einmal gehört – müssen versucht!) Sie sich einmal überlegen. Denn Sie haben sich mit Ihrer 6086 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 neuen Kompensationsverordnung eine Geldquelle er- aber diejenigen, die Beratung brauchen – der mündige schlossen, mit der Sie Dinge, die früher das Land finan- Verbraucher, der mündige Bürger –, diese Beratung auch zieren musste – wie Fischtreppen, Renaturierung usw. –, erhalten müssen, das ist kein Bestandteil Ihres Konzeptes. sozusagen aus dem Ausgleich für Eingriffe finanzieren. Ihre Finanzpolitik seit der „Aktion düstere Zukunft“ treibt die Verbraucherzentralen in den Ruin. Das ist nicht Aber welche Konsequenzen hat das? akzeptabel. Denn mit dieser Finanzierung stärken Sie (Petra Fuhrmann (SPD): Hört, hört!) nicht die Hilfen für die Verbraucherinnen und Verbrau- cher, sondern Sie schwächen sie. Dazu haben wir einen Früher war das so: Der Ausgleich für Eingriffe hat den Antrag gestellt, denn wir glauben, es geht nicht darum, Status quo erhalten und das wieder hergestellt, was ver- mehr Bürokraten zu schaffen, die irgendwelche Kontrol- ändert worden ist – und die Landesregierung hat Geld da- len machen, sondern darum – da müssen eigentlich alle für eingesetzt, dass bessere Dinge gemacht worden sind, Liberalen mitstimmen –, den Menschen, die die Kraft ha- über den Ausgleich des Status quo hinaus. ben, ihre Verbraucherentscheidung bewusst zu treffen,die Jetzt wird der Ausgleich für den Status quo benutzt, um gegen Betrug und Täuschung Hilfe suchen, einen Rat zu das zu erledigen, was die Landesregierung früher gemacht geben. Dazu braucht es mehr Mittel für die Verbraucher- hat. Das heißt, im besten Fall wird erreicht, dass alles so zentralen. Ich denke, das kann man so machen. bleibt, wie es war, im schlechteren Fall geht es abwärts. (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Das ist eine Form der Entlastung des Landes, die ist zwar BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) trickreich, aber sie ist keine Stärkung des Naturschutzes in Hessen, sondern dessen Schwächung. Wie sieht die Zukunft aus? Ich will das jetzt nicht weiter ausführen, das wäre noch eine Extradebatte. Aber ich (Beifall bei der SPD und des Abg. Martin Häusling finde es ganz spannend, dass die Frage, wie es mit HE- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) KUL weitergeht, völlig ungeklärt ist. Dort werden keine Geradewegs zum Ausgleich dazu – und das passt zusam- Anträge mehr entgegengenommen. Vielleicht müssen Sie men – haben Sie mit Ihren Kollegen den nächsten Schritt einmal ein bisschen darüber reden, in welche Richtung Sie getan: nämlich die Beteiligungsrechte wieder beschnitten. mit der Landwirtschaft wollen, ob Sie die Ökologisierung Der erste Schritt erfolgte vor ein paar Jahren, jetzt der noch wollen oder nicht. nächste Schritt: die Beteiligungsrechte für ehrenamtliche Ich komme noch zu einem Punkt, bei dem es um Vermö- Naturschützer. gen geht, nämlich zu dem Thema Wald. Sie haben die Ich finde das schon ein Grundbeispiel dafür, wie diese Forstverwaltung nun umstrukturiert. Sie sollte effektiver Landesregierung mit dem Ehrenamt umgeht. Die dürfen werden. Wir haben nicht ohne Grund den Antrag vorge- die Arbeit machen, sie werden in Reden gelobt – aber mit- legt, der schon in der Fragestunde eine Rolle gespielt hat: reden dürfen sie nicht. Wenn sie denn effektiver werden soll, muss sie bitte schön auch berichten können, was sie tut. Wenn sie das nicht (Reinhard Kahl (SPD):Außer im Bauernverband!) kann, ist das das Gegenteil von Effektivierung. Hier müs- Wer ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in sen Sie noch nacharbeiten. Ich glaube, an dieser Stelle vielen Bereichen nur zu stummen Arbeitsmenschen müssen wir als Landtag darauf bestehen, dass das Min- macht, der soll sich die Sonntagsreden über Ehrenamtli- destmaß dessen, was wir in der Haushaltsrechnung haben, che sparen. Das haben die nicht verdient, die sollen mitre- auch bei der neuen Organisationsform durch Abschluss- den dürfen. berichte möglich ist, und zwar zeitnah. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN) Spannend wird es, wenn Sie mit jemandem reden. Ich fand Aber es geht noch weiter.Während die Forstbeamten und Ihre Antworten zu unserem Berichtsantrag, wie es mit die Waldarbeiter im wesentlichen Holz hacken, verliert dem Bodenschutz in Hessen eigentlich weitergeht, sehr das Land Jahr für Jahr Vermögen. Ich glaube, an dieser erhellend. Da haben Sie ausgeführt, dass es diesen Altlas- Stelle muss man auch einmal darüber reden, wie das mit tenfonds, den Sie einmal mit der Industrie angestrebt ha- der Verantwortung für dieses Vermögen ist.Wer – wie wir ben, deswegen nicht gibt, weil sich die Industrie daran – in den vergangenen Jahren durch die Wälder in Südhes- nicht beteiligt. Wer nun ein gutes Gedächtnis und die De- sen gefahren ist, hat festgestellt, wie diese Wälder – der batte, die damals gelaufen ist, noch in Erinnerung hat, der Staatswald, der Kommunalwald und auch der Privatwald weiß, dass die Industrie gesagt hat: Liebe Landesregie- – Schritt für Schritt zusammenbrechen, wie sie von En- rung, befreie uns einmal von dieser Grundwasserabgabe, gerlingen und anderem geplagt sind.Wer da nichts tut, der dann machen wir auch mit beim Altlastenfonds. – Sie ha- wird hinterher bei null anfangen müssen. ben darauf gehört und die Grundwasserabgabe abge- Deswegen haben wir gesagt, wir brauchen ein Waldsanie- schafft. Die Industrie hat nicht geliefert, und Sie machen rungsprogramm, das dafür sorgt, dass wir nicht in ganz darauf – gar nichts. Südhessen anfangen müssen, Wälder von null an aufzu- Das ist nicht Kooperation. Ich bin für Kooperation. Das ist bauen, wie das unsere Vorfahren getan haben, sondern Politikverzicht. Dafür aber ist eine Landesregierung nicht dass wir das, was wir im Bestand haben, so stabilisieren, da. dass es bestehen bleiben kann und die Menschen, die nach uns kommen, auch noch Landesvermögen dieser Art wie- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE der finden. Ich denke, da haben Sie etwas zu tun, da haben GRÜNEN) Sie versagt. Nächstes Beispiel – auch das wiederholt sich von Plenum (Beifall bei der SPD) zu Plenum, von Haushalt zu Haushalt – ist das Thema Ver- braucherschutz.Wenn Sie über den Verbraucherschutz re- Weil es heute nicht so lange dauern soll, komme ich zu den, reden Sie im Wesentlichen über die Verwaltung. Dass meinem letzten Beispiel, dem Klimaschutz. Das ist schon Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6087 ganz spannend. In allen Zeitungen wird dieses Thema auf nicht feststellen, und das ist unsere Kritik, die wir an die- Seite 1 abgehandelt und gilt als das wichtigste Thema der sem Haushalt ganz massiv üben. Umweltpolitik. In den Zielbestimmungen des Landes- haushaltes aber ist es ein kleines Unterziel des Zieles Um- (Beifall der Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- weltschutz. NIS 90/DIE GRÜNEN) und Reinhard Kahl (SPD)) Die SPD hat es im Moment leicht – mit einem gewissen barocken Anklang ist uns jetzt der Erzengel Gabriel zur Meine Damen und Herren, wir brauchen eine engagierte Seite gegeben, um ordentlich Klimaschutz zu betreiben. Umwelt- und Naturschutzpolitik, um die Lebensbedin- gungen für die Menschen zu erhalten.Wir brauchen keine (Reinhard Kahl (SPD): Sehr gut!) Propagandapolitik, das sage ich ganz deutlich. Denn wir wissen auch, wohin die Mittel fließen. Sie fließen eben in Aber das wird in Hessen nicht helfen. Nehmen wir einmal Veröffentlichungen und Broschüren. Aber wenn man die nachwachsenden Rohstoffe. Ich habe ein sehr ent- schaut, was an tatsächlichen Leistungen der Landesregie- spanntes Verhältnis zum Bauernverband – im Gegensatz rung wieder zu finden ist, dann findet man so gut wie zu manchen Debatten früherer Jahre. Aber ich hätte es nichts, und das ist nicht in Ordnung. mir nicht träumen lassen, dass ich im Hessischen Landtag den Hessischen Bauernverband einmal dafür loben muss, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – dass er die Landesregierung anschiebt. Immer dann, wenn Elisabeth Apel (CDU): Sie können nicht lesen!) der Bauernverband entdeckt hat, dass es nachwachsende Rohstoffe gibt, die ihm eine Verdienstmöglichkeit eröff- Meine Damen und Herren, für uns sind drei Themen von nen, setzt er die Landesregierung in Bewegung und macht besonderer Wichtigkeit; ich habe es vorhin schon ange- etwas. sprochen. Der eine Themenbereich ist Klimaschutz und Energiepolitik. Wir wissen, dass seit 1999 gerade dieser Das finde ich ja gut. Aber dazu brauchen wir eigentlich Bereich ein Stiefkind dieser Hessischen Landesregierung den Bauernverband nicht – das müsste die Landesregie- ist. Wir müssen feststellen: kaum Mittel, wenig Engage- rung von alleine tun. Da hat sie versagt. Ich glaube, da ha- ment, ein paar Pilotprojekte.Wenn es wirklich einmal eine ben wir noch etwas nachzuholen. Veranstaltung gibt, die wichtig ist, z. B. das 9. Klima- (Beifall bei der SPD) schutzforum, dann muss man feststellen, dass dieses Fo- rum missbraucht wird. Ich sage das so deutlich, weil man Die Landwirte haben besser begriffen, wo ihre und unsere dort versuchte, über falsche Annahmen die Atomkraft Zukunft liegt. Wenn Sie einmal anschauen, was die Lan- hoffähig zu machen. Das ist der falsche Weg. Statt sich Ge- desregierung macht: Sie hat mit diesem alten Hessenten- danken zu machen, wie wir in Hessen eine zukunftsfähige der eine Spielwiese geschaffen, immer wieder nette Kon- Energiepolitik unterstützen können, wie wir die CO2- gresse veranstaltet – der eine oder andere von uns war Emissionen verringern können, wird auf Placebo gesetzt, dort. Sie hat dort ein paar kleine Projekte gemacht – bei- und man missbraucht eine wirklich gute Veranstaltung, spielsweise das HeRo. Wir haben die Kolleginnen und die dazu hätte dienen können, wegweisende Möglichkei- Kollegen vom HeRo gestern erlebt. Im Prinzip ist dieses ten aufzuzeigen, wie man CO2-Minderungsmaßnahmen in kleine Beutelchen Hessen umsetzen kann. (Der Redner hält einen Beutel Holzpellets hoch.) Für uns ist es wichtig, dass in diesem Bereich mehr Mittel ein gutes Symbol für das, was die Landesregierung macht: und mehr Engagement zur Verfügung gestellt werden. Der Inhalt dieses Beutelchens reicht für eine große Por- Uns reichen die Mittel, die Sie eingestellt haben, eben nicht aus. Auch hier muss ein deutliches Zeichen gesetzt tion heiße Luft. Für einen ordentlichen Fortschritt reicht c das nicht – das gilt für den ganzen Haushalt. werden. Wir wollen über 20 Millionen mehr für diesen Bereich ausgeben. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir wollen, dass die Hessen-Energie zurückgekauft wird; Vizepräsidentin Ruth Wagner: denn wir brauchen diese Plattform für die Förderpro- Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau gramme, für eine Vernetzung der Akteure. Wir brauchen Hammann das Wort. diese Institution, um Energiepolitik in Hessen wieder vor- wärts zu bringen. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das macht doch jetzt die Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): OVAG!) Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Her- Dazu brauchen wir aber auch ein Anreizprogramm. Auch ren! „The same procedure as last year – the same proce- da sieht es bei dieser Landesregierung absolut mau aus. dure as every year“, über diesen Dialog, der Ihnen sicher- Wir wissen doch alle, dass wir den Strom- und Energie- lich bekannt ist, kann ich jedes Jahr aufs Neue lachen. verbrauch, den Wärmeverbrauch weiter senken müssen. Aber für das, was wir mit dem Haushalt 2006 vorgelegt be- Das heißt, wir müssen gegenüber den Bürgern, der Wirt- kommen, habe ich leider nur ein Kopfschütteln übrig. schaft und der öffentlichen Hand Hilfestellung geben, und (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) das wollen wir mit unserem Anreizprogramm forcieren. Es ist eine große Ignoranz gegenüber den wirklich wichti- Weiterhin brauchen wir Mittel, um die Ausbildung und gen Themen unserer Zeit feststellbar: Klimaschutz und die Weiterbildung gerade der Architekten, Ingenieure Energiepolitik. Dazu zählt auch, wie man unsere nachfol- und Handwerker zu fördern. Es kann doch nicht sein, genden Generationen mit sauberem, klarem Wasser ver- wenn man heute einen Malermeister bestellt, dass er sich sorgen kann. Dazu zählt eine nachhaltige Umweltpolitik, nur die Außenfassade anschaut und nicht darüber nach- die auch den Naturschutz einschließt. Das kann ich in dem denkt, wie man das mit einer wärmetechnischen Sanie- Haushalt, den die Landesregierung vorgelegt hat, eben rung verbinden kann. Das heißt, es muss ein vernetzteres 6088 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Denken stattfinden. Dadurch haben wir mehr Chancen, unterstützt haben, und das tun wir auch weiterhin. Des- gerade Wärmeenergie zu sparen, und das ist absolut vor- halb sage ich auch ganz deutlich, das Manko, das dieser teilhaft im Hinblick auf die Nebenkosten, die die Miete- Haushalt im Bereich des Nationalparks Kellerwald wie- rinnen und Mieter heute schon zu tragen haben. der aufzuweisen scheint, muss offen dargestellt werden. Es kann doch nicht sein, wenn wir in der kursorischen Le- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sung danach fragen, aus welchen Haushaltstöpfen welche Meine Damen und Herren, Energiepolitik ist ein Stief- Mittel für welche Projekte kommen, dass es bis heute kind dieser Landesregierung. Ich bemängele erneut, dass noch nicht gelungen ist, eine Auflistung der von uns nach- einseitig nur auf die Biomasse und nur auf den Ausbau gefragten Projekte zu bekommen. Ich finde das wirklich und Weiterbetrieb der Atomkraft gesetzt wird.Wir haben sehr arm. Wenn man ein Leuchtturmprojekt wie den Na- in Hessen die Geothermiepotenziale, aber sie werden un- tionalpark Kellerwald hat, dann muss man auch darstel- zureichend genutzt.Andere Bundesländer handeln in die- len, wie dieses Leuchtturmprojekt zum Leuchten ge- sem Bereich fortschrittlicher. Nur ein Beispiel möchte ich bracht werden kann. an dieser Stelle nennen. In Unterhaching ist zurzeit ein Geothermie-Heizkraftwerk in Bau, es soll 2007 in Betrieb Eine Summe einzusetzen und zu sagen, wir bauen ein tol- gehen. Es wird künftig 10.000 Haushalte mit Strom und les Naturparkhaus, ohne zu wissen, was letztendlich im 4.000 Haushalte mit Wärme versorgen. In Hessen war die Nationalpark Kellerwald und in der Region landen wird, Geothermie noch nicht einmal Bestandteil Ihres Energie- ist für mich ein Offenbarungseid. Denn Sie wissen offen- berichts. So setzen Sie auf Potenziale, die wir auch in Hes- sichtlich nicht, wie Sie das Ganze finanzieren wollen; sonst sen hätten. hätten Sie uns die Zahlen doch schon längst geben kön- nen. Ich komme zu einem weiteren Punkt, das ist der Gewäs- serschutz. Wir brauchen für die nachfolgenden Genera- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) tionen sauberes Trinkwasser. Ja, Sie haben ein Sofortpro- Wir haben mit unserem Haushaltsantrag deutlich ge- gramm für Kläranlagen aufgelegt, meine Damen und macht, dass wir hier eine massive Aufstockung der Mittel Herren von der CDU. Sie wissen aber auch, es kam viel zu haben wollen. Wir wollen auch, dass dies der Region zu- spät, man hätte in diesem Bereich schon viel mehr tun gute kommt. Denn wir wissen, dass Naturschutz und Tou- müssen. rismus Hand in Hand gehen können. Das heißt, auch die (Lachen bei der CDU) ländliche Regionalentwicklung wird damit vorankom- men. Die Mittel, die wir für Naturschutz und Landschafts- – Sie brauchen gar nicht zu lachen, Frau Apel. Sie wissen pflege einstellen wollen, bedeuten ein Mehr von 12 Milli- es nämlich besser. onen c. Denn wir sind uns gewiss, Naturschutz ist eine (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zukunftsaufgabe, und auch da ist das Geld sehr gut ange- legt. Nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch bei Flüssen und Gewässern setzen Sie leider immer noch auf die Be- Weiterhin sind wir der Überzeugung, dass das Natur- tonpolitik.Wir wollen die Gewässer aus den Betonröhren schutzzentrum Hessen finanziell wieder auf bessere Beine befreien. Dass das machbar ist, wissen Sie selbst. Sie brau- gestellt werden muss. chen nur einmal auf das Projekt in Darmstadt zu schauen. Dort wird der Darmbach von seinem Betonkorsett be- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – freit, und dadurch wird auch eine Attraktivität im inner- Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU)) städtischen Raum geschaffen werden können. Auch da haben Sie in den letzten Jahren, seit Sie in der Ich komme zu einem Punkt, der uns genauso wichtig ist, Verantwortung sind, ständig den Rotstift angesetzt. Das das ist der Bereich Naturschutz und Landschaft. Kollege kann doch nicht sein. Das ist die Umweltakademie, die wir Grumbach hat es vorhin schon angesprochen: Das Fach- in Hessen haben. Hier müssen die Mittel fließen, sodass ziel 2 heißt „Naturschutzland Hessen stärken“. Wo haben dieses unabhängige Institut seine gute Arbeit weiter ver- wir denn das Stärken dieses Naturschutzlandes Hessen? richten kann. Nichts, da steckt wirklich nur laue Luft dahinter. Was Sie tun, ist, die Abwärtsspirale im Naturschutz fortzusetzen, Meine Damen und Herren, wir brauchen auch weiterhin die Sie 1999 begonnen haben. Das ist unglaublich, da wir eine gentechnikfreie Landwirtschaft. All dies subsumie- c doch wissen, welche Naturzerstörung tagein, tagaus im- ren wir unter den 12 Millionen , die wir an Mehr für Na- mer noch festzustellen ist. turschutz und Landschaftspflege haben wollen. Meine Damen und Herren, nicht nur kleine Scheibchen Ich glaube, wir können mit unseren Haushaltsanträgen schneiden Sie dem Naturschutz ab. Nein, dicke, fette zeigen, dass wir der Zukunft offen gegenüberstehen und Scheiben schneiden Sie seit 1999 ab. Der nächste Angriff wissen, wo zu handeln ist – im Gegensatz zu Ihnen. – Ich ist bei uns doch schon wieder in Bearbeitung. Wir wissen, danke Ihnen. was Sie jetzt schon wieder vorhaben. Nicht nur die Mit- wirkungsrechte der Ehrenamtlichen, die dort tätig sind, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) haben Sie schon über das Verwaltungsstrukturreformge- setz reduziert, sondern jetzt versuchen Sie auch noch, in die besonders schützenswerten Biotope hineinzugehen. Vizepräsidentin Ruth Wagner: Das können wir nicht akzeptieren, weil Sie die Notwen- Herr Kaufmann ruft den Wettbewerb der Uhren aus, die digkeiten des Naturschutzes offensichtlich nicht erkannt er vor sich liegen hat. – Meine Damen und Herren, als haben. nächster Redner ist Herr Heidel für die FDP-Fraktion (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) aufgerufen. Herr Kollege, Sie haben 15 Minuten angemel- det. Ich komme zu Ihrem Glanzprojekt, dem Nationalpark Kellerwald – etwas, was wir immer gewollt haben, immer (Zurufe: Heinrich!) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6089

Heinrich Heidel (FDP): Konstanz drin. Das hat auch einen Vorteil.Ich glaube, dass es uns in den weiteren Beratungen über die Haushaltsan- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- träge gelingt, den einen oder anderen Schwerpunkt weiter ren, liebe Kollegen! Lassen Sie mich am Ende eines Tages auszuarbeiten. Damit bin ich bei dem von Ihnen zum sehr interessanter Diskussionen zum Landeshaushalt et- Schluss angesprochenen Thema Biomasse. was zu dem von der Fläche und vom Umfang her größten Einzelplan sagen. Denn das Spektrum, das dieses Ministe- Wir haben jetzt eine Biomassestudie vorliegen. Das ist gut rium abdeckt, ist sehr breit.Von daher war es ein bisschen so.Aber daraus müssen auch Schlussfolgerungen gezogen enttäuschend, dass weder der Ministerpräsident noch an- werden. Daraus muss das Land auch eine Konzeption ent- dere Redner der Fraktionen auf irgendwelche Themen wickeln und sagen: Das will ich haben. HeRo allein – das aus diesem Bereich eingegangen sind. Herr Minister, wir haben wir in dem Zeitraum des Bestehens gemerkt, der müssen ein wenig aufpassen, dass dieses Ministerium Ansatz ist richtig – wird es so nicht schaffen. nicht trotz seiner Größe an den Rand gedrängt wird, dass es nicht das fünfte Rad am Wagen wird. Auch der Wirt- (Beifall bei der FDP) schaftsminister hat vorhin einen Anlauf unternommen Der Ansatz, viele andere Institutionen, die im ländlichen und die Gesamtkonzeption des ländlichen Raums infrage Raum tätig sind, in diesen Bereich einzubinden, ist richtig gestellt. und wichtig. Ich habe bloß ein Problem, wenn ich an der Ich denke, mit diesem Zuschnitt des Ministeriums ist der Stelle eine Initiative, wie wir sie in Hessen intensiv aufge- ländliche Raum in seiner Gesamtheit angesprochen. Da- griffen haben, mit Biodiesel anspreche. Die Diskussion, rum geht es auch. Wir sollten bei der Haushaltslage de- die derzeit in Berlin geführt wird battieren dürfen, die Lebensqualität und Lebensbedin- (Michael Denzin (FDP): Große Koalition!) gungen in den ländlichen Räumen für die Zukunft zu si- chern. – Herr Kollege Denzin, der großen Koalition, das ist rich- tig – mit der Besteuerung von Biodiesel, wird auf einen (Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Michael Den- Schlag ca. 1.600 Biotankstellen wegrasieren. zin (FDP)) (Zuruf des Abg. Michael Denzin (FDP)) Ich sage das auch vor dem Hintergrund des demographi- schen Wandels, der immer wieder durch alle Politikgre- Diesem von uns gewollten Instrument und dem auch aus mien geistert. Ich denke schon, dass wir uns Gedanken umweltpolitischer Sicht hervorragenden Kraftstoff darüber machen müssen, was in Zukunft in den ländlichen könnte mit diesen Beschlüssen der großen Koalition, Räumen stattfindet, was wir für eine Entwicklung haben wenn sie so umgesetzt werden, der Garaus gemacht wer- wollen, wie sich unsere Dörfer und unsere Städte im länd- den. Herr Kollege Grumbach, von daher bitte ich Sie, da- lichen Raum weiterentwickeln sollen, wie das Instrument rauf einzugehen Dorferneuerung in Zukunft aussehen wird, wie wir mit (Beifall bei der FDP und des Abg. Martin Häusling dem Thema Zersiedlung der Landschaft umgehen, wie es (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) uns gelingt, wieder die Ortskerne – wir haben gestern über die Innenstädte diskutiert – der Dörfer in Zukunft zu und in Berlin Ihre entsprechenden Gespräche zu führen. erhalten, was wir helfend tun können Es kann nicht nur dann um Vertrauensschutz gehen,wenn es um die Einspeisevergütung bei Strom geht, sondern es (Michael Denzin (FDP): Und die Denkmalpflege!) geht auch um Vertrauensschutz für diejenigen, die auf und inwieweit Denkmalpflege gefragt ist. Biodiesel gesetzt haben. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das heißt dann DINGE, (Beifall bei der FDP – Michael Denzin (FDP): Das Denkmalpflege und INGE!) war sehr gut!) Herr Minister, inwieweit ist hier Denkmalpflege gefragt? Um das mit einer Zahl deutlich zu machen: Allein im Landkreis Waldeck-Frankenberg werden 3.800.000 kg (Beifall bei der FDP) Biogas produziert und verarbeitet. Das schafft eine Wert- Herr Minister, letztendlich ist auch das Thema Infrastruk- schöpfung von etwa 1,9 Millionen c. Dieses zu zerschla- tur eines, das in dem breiten Spektrum Ihres Ministeriums gen ist auch ein Verlust für den ganzen ländlichen Raum. mit gesehen werden muss. Zu diesem Thema Infrastruktur (Beifall bei der FDP) gehört eine Verkehrsanbindung für den ländlichen Raum. Ich glaube, hier ist in Zukunft ein erheblicher Abstim- Ich will an der Stelle gleich die Grundwasserabgabe an- mungsbedarf mit dem Herrn Kollegen Wirtschaftsminis- sprechen. Es war sachlich richtig und geboten, im Zuge ter vonnöten. der Wettbewerbsfähigkeit, auch der heimischen Unter- nehmen, die Grundwasserabgabe seinerzeit abzuschaffen. (Beifall bei der FDP) Frau Hammann, es ist auf jeden Fall das falsche Signal, Die konzipierten Ziele im Haushalt lassen sich sicherlich darüber zu diskutieren, so etwas wieder einzuführen. Ich an der einen oder anderen Stelle viel genauer und zielge- bin in der Diskussion über den Klimaschutz sehr nahe bei richteter definieren. Aber ich bin der Auffassung, dass Ihnen. Diese Diskussion werden wir in Zukunft verstärkt diese Fachziele – wir gehen zum ersten Mal in diesem führen. Das findet nicht nur in Kyoto und jetzt in Mon- Haushalt mit Fachzielen um – so gestaltet sind, dass sie in treal statt, sondern ich glaube, diese Diskussion muss auch diesem Bereich Ihres Ministeriums akzeptabel sind. Des- hier vor Ort angeregt und intensiviert werden. halb meine ich, dass es richtig ist, auf den vorhandenen Strukturen, die es im seinerzeitigen Umweltministerium Herr Minister, wir werden uns bei den Anträgen mit Ih- gab, aufzubauen und den Haushaltsplan so aufzustellen, nen darüber zu unterhalten haben, ob es gelingen kann, wie es dann geschehen ist. einen Klimaschutzpreis einzuführen, den es schon in an- deren europäischen Ländern gibt und der auch in anderen Herr Kollege Grumbach, nicht immer ist Veränderung Bundesländern schon zum Zuge kommt. Das Programm gut. Hier ist relativ wenig Veränderung, hier ist relative soll so aufgelegt werden, dass die Kommunen die Potenzi- 6090 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 ale zur Steigerung der Energieeffizienz bei sich ausma- braucheraufklärung. Wir brauchen diese Aufklärung für chen, dass das unterstützt und gefördert wird, dass dieser den Verbraucher vor dem Hintergrund, dass der Verbrau- Wettbewerb untereinander ausgefochten wird und dann cher das Vertrauen in die Nahrungsmittel wieder gewin- zu den besten Programmen gefunden wird, wie wir alle nen muss, die hier auf dem Markt sind. Das hängt vielfach Klimaschutzziele am besten erreichen können. Hier kün- mit Öffentlichkeitsarbeit und Informationen zusammen. dige ich für die FDP-Fraktion einen entsprechenden An- Aber es hängt auch damit zusammen, was ich an Proben trag für die weiteren Haushaltsberatungen an. auf dem Markt darstellen kann. (Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (Beifall der Abg. Florian Rentsch (FDP) und Hugo (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da kriegt man ja Klein (Freigericht) (CDU)) Angst!) Ich habe schon einmal in dem Zusammenhang das Thema Lassen Sie mich zu den Ansätzen im Landwirtschaftsbe- Fleischskandal angesprochen, der in Hessen bis dato Gott reich zwei kurze Bemerkungen machen. Wir haben EU- sei Dank kein Skandal ist. Wenn das dann in Zusammen- Programme umzusetzen. Das geschieht zum einen in be- hang mit Marktfleischprogrammen gebracht wird, so währter Weise. Zum anderen finde ich es lobenswert, dass muss ich unterstellen, dass böser Wille im Spiel war. Dies das Förderprodukt jetzt „wettbewerbsfähige Landwirt- war – das sage ich ganz deutlich – bei der Verbraucher- schaft“ heißt. Das begrüße ich ausdrücklich, weil wir wis- zentrale Hessen der Fall, als die sich mit dem Markt- sen, dass die Landwirtschaft in einem internationalen fleischprogramm auseinander gesetzt hat. Wettbewerb steht. Wenn wir die gleichen Startchancen Dies kann so von uns nicht hingenommen werden. Wir und Bedingungen haben, habe ich keine Angst, dass sich müssen klar und deutlich darstellen – das ist auch Aufgabe auch die hessische Landwirtschaft in diesem internationa- der Politik –, es gibt für uns null Toleranz.Wir müssen die len Wettbewerb behaupten kann. Das sollten wir auch do- kriminellen Machenschaften einengen, die sich in wesent- kumentieren. Deshalb ist diese Formulierung an der lichen Teilen innerhalb der Fleischwirtschaft abgespielt Stelle richtig. haben. Wir müssen es an den Pranger stellen. Diese Bevor ich zum Verbraucherschutz komme, will ich zu un- schwarzen Schafe müssen genannt werden. Dann kann serem Antrag einige Anmerkungen machen. Wir hatten auch wieder Vertrauen in die heimische Produktion der uns in der letzten Ausschusssitzung schon einmal mit dem Nahrungsmittel hergestellt werden. Thema Fleischkontrollen und Koordination auf Landes- Ich möchte jetzt auf den Dringlichen Antrag zu sprechen ebene unterhalten. Es gibt von Herrn Seehofer ein so ge- kommen, der sich mit den Jahresabschlüssen des Landes- nanntes 10-Punkte-Programm, was er gedenkt, umzuset- betriebs Hessen-Forst beschäftigt. Meine sehr verehrten zen. Aber in diesem Programm wird davon gesprochen, Damen und Herren der SPD, es ist richtig, dass das Thema man müsse mit den Ländern koordinieren. Wir haben in schon in der letzten Fragestunde behandelt wurde. Herr Hessen aus meiner Sicht einen ganz anderen Punkt und Kollege von Hunnius wollte wissen, inwieweit die Fertig- ein ganz anderes Problem. Das ist das Thema Kommuna- stellung der Jahresabschlüsse des Landesbetriebs Hessen- lisierung. Forst voranschreitet. Ich bin auf Ihre Antwort gespannt, wie Sie sicherstellen Wir haben jetzt das Jahr 2005. Der Jahresabschluss des wollen, dass nach der Kommunalisierung der Fleischkon- Jahres 2003 liegt noch nicht vor. trollen hessenweit das, was an Kontrollen möglich ist, stattfindet, und zwar nach gleichen Kriterien und gleichen (Michael Denzin (FDP):Was? Das ist ein Skandal!) Richtlinien, und dass nicht der eine Landrat das so und der andere Landrat das so regelt. Diese Gefahr ist im Mo- Auch der Jahresabschluss für das Jahr 2004 liegt noch ment gegeben. nicht vor. Ich glaube, das darf in Zukunft nicht so weiter- gehen. (Michael Denzin (FDP): Das, was man aus den (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD) Landkreisen hört!) Denn wenn wir über den Haushalt debattieren, dann re- Bei der Thematik hören wir das, wenn wir landauf und den wir auch über den Zuschuss, den der Landesbetrieb landab fahren, auch von den dafür zuständigen Mitarbei- Hessen-Forst erhält. Herr Minister, ich gehe davon aus, tern. Hier besteht dringend ein Regelungsbedarf. Aus- dass Sie nachher an das Pult treten und erklären werden, drücklich muss klar sein, dass dieser Kontrollauftrag ein wann die beiden Jahresabschlüsse vorgelegt werden. ganzheitlicher sein muss. Es kann nicht angehen, dass wir als Landwirte alles dokumentieren, bis die Tiere aus dem (Michael Denzin (FDP): Am besten bringt er sie Stall gehen – bis ins kleinste i-Tüpfelchen ist alles doku- gleich mit!) mentiert; jede Eisenkapsel, die ein Ferkel erhält, muss im so genannten Medikamentenbuch dokumentiert wer- Die Schwierigkeiten hinsichtlich des Themas Pensionsre- den –, dass aber ab dem Zeitpunkt, ab dem das Fleisch gelung müssen gelöst werden. Der Finanzminister sitzt oder das Tier abgegeben ist, Wildwuchs angesagt ist. auch hier. Vielleicht können Sie das gleich mit ihm ver- handeln, falls das noch nicht geschehen ist. Die Lösung Ich bin mir absolut sicher, dass es sich zwar um schwarze des Problems darf nicht zulasten des Landesbetriebs wei- Schafe und um kriminelle Energie handelt, die dort frei- ter verzögert werden. Hier muss Klarheit her. Jeder muss gesetzt wird. Dennoch müssen wir den Anspruch haben, wissen, woran er ist. dass dort genauso intensiv dokumentiert und kontrolliert wird, wie es in dem Bereich der Landwirtschaft bis dahin (Beifall bei Abgeordneten der SPD) gemacht wird. Ich will auch noch eines deutlich sagen: Meiner Auffas- (Zurufe von der FDP: Schwarze Schafe oder sung nach funktioniert der Landesbetrieb Hessen-Forst schwarze Schweine?) gut. Ihn zu errichten war mit Sicherheit eine schwierige Aufgabe. Doch trotz aller Unkenrufe ist es zum einen ge- Der nächste Punkt ist das Thema Verbraucheraufklärung. lungen, den Personalabbau bzw. die Personalumsetzung Wir haben Markenzeichen, und wir brauchen eine Ver- und die Umstrukturierung hervorragend zu regeln, zum Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6091 anderen ist es gelungen, dass die Bäume auch weiterhin Sie bitte, dass das Potenzial für die Nutzung der Biomasse wachsen.Viele haben behauptet, wenn der Landesbetrieb allein bei uns in Hessen bei konsequenter Ausnutzung bei eingerichtet sei, würden die Bäume nicht mehr wachsen. weit über 30 Millionen c pro Jahr liegen würde. Das sind Mittel, die bisher in den Fernen Osten und nicht in den na- (Michael Denzin (FDP): Fragt doch einmal die hen Vogelsberg, etwa zu Herrn Kollegen Wiegel, fließen. Christel Hoffmann!) Daran können Sie sehen, welche Potenziale bisher nicht Ich stelle fest: Die Bäume wachsen immer noch. – Herr oder nur unzureichend genutzt wurden. Kollege Bender, wenn die Holzpreise anziehen, wird es (Beifall bei Abgeordneten der CDU) uns vielleicht gelingen, dass der Landesbetrieb dann schwarze Zahlen schreibt oder zumindest eine schwarze Mit der Gründung von HeRo im Jahre 2003 haben wir Null erreicht. ganz klar einen Schwerpunkt gesetzt.Wir wollen allein im kommenden Jahr 4,1 Millionen c für die Nutzung der Biorohstoffe einsetzen. Damit wollen wir den viel ver- Vizepräsidentin Ruth Wagner: sprechenden erfolgreichen Projekten einen weiteren Schub geben. Herr Kollege, die verabredete Redezeit ist erschöpft. Herr Kollege Häusling wird wahrscheinlich nachher den Antrag seiner Fraktion noch einmal begründen, bei dem Heinrich Heidel (FDP): es darum geht, dass die Dörfer weg vom Öl kommen sol- len. Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Ich möchte zum Schluss meiner Rede noch einmal das Wir sollten einmal die 4,1 Millionen c, die wir im Jahr aufgreifen, was Frau Kollegin Hammann gesagt hat. Ich 2006 für die Nutzung der Biomasse in Hessen einsetzen glaube, es gibt noch einige andere in diesem Saal, die auf wollen, in Vergleich zu dem setzen, was die rot-grüne Ko- die Antwort gespannt wären. Ich würde mich freuen, alition während ihrer achtjährigen Regierungsverantwor- wenn auch etwas zu dem Thema der Finanzierung des Na- tung in den Neunzigerjahren gemacht hat. tionalparks Kellerwald und zur Finanzierung des Natio- nalparkhauses gesagt würde. Ich sage ganz deutlich: Wer (Zuruf von der CDU: Sehr richtig!) beschlossen hat, einen Nationalpark haben zu wollen, der Wir werden im nächsten Jahr 4,1 Millionen c einsetzen. muss ihn auch finanzieren. Ich erwarte deshalb klare Aus- Unter Rot-Grün wurden in acht Jahren für die Nutzung sagen dazu, wie in Zukunft damit umgegangen werden der Biomasse 2,5 Millionen c aufgewendet – innerhalb soll. – Schönen Dank. von acht Jahren. (Beifall bei der FDP und der Abg. Hugo Klein (Zuruf von der CDU: Hört, hört!) (Freigericht) und Mark Weinmeister (CDU)) Das sind gerade einmal 300.000 c pro Jahr. Während der acht Jahre, in denen Rot-Grün die Regierungsverantwor- Vizepräsidentin Ruth Wagner: tung in Hessen hatte, hat das Land Hessen lediglich den Bau von 54 Anlagen unterstützt. In Bayern, wo die CSU Als nächste Rednerin spricht Frau Apel für die Union. die Regierungsverantwortung trägt, entstanden in der Eine Redezeit von zehn Minuten wurde hierfür ge- gleichen Zeit über 500 Anlagen. wünscht. Meine Damen und Herren der GRÜNEN, Sie sind sich nicht nur nicht zu schade, uns heute für die von Ihnen in Elisabeth Apel (CDU): der Vergangenheit begangenen Fehler verantwortlich ma- chen zu wollen. Vielmehr wollen Sie heute auch noch auf Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! den Zug aufspringen, der sich bereits in voller Fahrt be- (Unruhe) findet. (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Vizepräsidentin Ruth Wagner: Unter Ihrer Regierungsverantwortung wurden alle Po- tenziale für eine zusätzliche Wertschöpfung im ländlichen Meine Damen und Herren, auch wenn es spät ist, bitte ich Raum, alle Möglichkeit zur Reduzierung der Kohlendio- doch um Aufmerksamkeit für die Rednerin. xidemission und alle Möglichkeiten zur Erreichung einer technischen Spitzenposition in diesem Bereich konse- quent nicht genutzt. Angesichts Ihrer verheerenden Ab- Elisabeth Apel (CDU): schlussbilanz und angesichts Ihres Versagens in diesem Die Politik für den ländlichen Raum steht seit Jahrzehn- Bereich haben Sie jedes Recht verwirkt, sich heute hier- ten vor ihrer größten Herausforderung. hin zu stellen und uns zu sagen, wie man es besser machen müsste. (Michael Denzin (FDP): Oh!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Eine erfolgreiche Politik für den ländlichen Raum wird künftig daran gemessen werden müssen, ob es gelingt, Wir sind uns sicher, dass wir unser selbst gestecktes Ziel eine Stärkung des ländlichen Raums durch Hebung der werden einhalten können, demzufolge bis zum Jahr 2015 vorhandenen Wertschöpfungspotenziale herbeizuführen, 15 % der in Hessen erzeugten Energie aus nachwachsen- damit der ländliche Raum von der dauerhaften Subven- den Rohstoffen und regenerativen Energiequellen ge- tionierung durch staatliche Transferleistungen unabhängi- deckt werden sollen. Wir werden diese Zusage einhalten ger wird. können, weil wir einen klaren Kurs fahren, der sich völlig von dem Versagen während Ihrer Regierungsverantwor- Wir haben daher der energetischen Verwertung der Bio- tung unterscheidet. Das spiegelt sich auch in Ihrer Bilanz masse allergrößte Priorität eingeräumt. Berücksichtigen wider. 6092 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Ich möchte auf den nächsten Punkt zu sprechen kommen, mit einem zukunftsfähigen Konzept in Einklang bringt. bei dem Sie versagt haben. Er betrifft den Verbraucher- Meine Damen und Herren von Rot und Grün, wir haben schutz. Seitdem Rot und Grün in Hessen auf der Grund- dafür ein klar zustimmendes Votum erhalten. Sie sollten lage ihrer wenigen Oppositionsstühle agieren, fordern sie sich vielleicht einmal bei Gelegenheit die Landtagswahl- mit steigender Penetranz immer wieder zusätzliche Mittel ergebnisse des Landkreises Waldeck-Frankenberg anse- für die Lebensmittelüberwachung ein. hen. (Christel Hoffmann (SPD): Das haben wir alles Ministerpräsident Koch hat Ihnen sehr deutlich ins schon einmal gehört!) Stammbuch geschrieben, dass der Nationalpark Keller- Meine Damen und Herren von Rot und Grün, als noch wald-Edersee nur dann leben wird, wenn die Menschen in Ihre Protagonisten auf den Regierungsbänken saßen – der Region mit ihm leben wollen. Die Menschen in der beispielsweise trug Frau Stolterfoht die Verantwortung Region wollten mit Ihrer Vorstellung des Nationalparks für die Lebensmittelüberwachung –, wurde die Zahl der eben nicht leben. Deswegen haben sie Ihnen nicht nur bei Lebensmittelkontrolleure, die 1991 noch 140 betrug, auf der letzten Landtagswahl eine klare Absage erteilt. gerade einmal 85 Lebensmittelkontrolleure des aktiven (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Dienstes im Jahre 1998 zurückgefahren, also innerhalb von sieben Jahren. Die gleichen Leute, die heute ver- Wir stehen zu unserer Verantwortung für den ersten Na- meintlich medienwirksam mehr Verbraucherschutz for- tionalpark auf hessischem Boden. Wir werden die Ver- dern, waren damals dafür verantwortlich, dass etwa 40 % pflichtungsermächtigung für den Bau des Nationalpark- der Stellen der Lebensmittelkontrolleure nicht mehr be- hauses um 1,4 Millionen c aufstocken. Wir hoffen, dass setzt wurden, die frei wurden, weil Leute aus dem Dienst die Deutsche Umweltstiftung ihr Versprechen einlöst, im ausschieden. kommenden Jahr bis zu 1 Million c an Fördermitteln hierfür zur Verfügung zu stellen. (Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP)) Man muss sich dabei vor Augen führen, dass jeder voll- Auch im Naturschutz ist ein klares Versagen von Rot und zeitbeschäftigte Lebensmittelkontrolleur 1.200 Kontrol- Grün auf ganzer Linie festzustellen. len pro Jahr durchführt. Mein Damen und Herren von (Petra Fuhrmann (SPD): Das ist Ihre Rede aus dem Rot und Grün, das bedeutet also, dass Sie während Ihrer Jahr 2002!) Regierungszeit zu verantworten hatten, dass pro Jahr über 60.000 Lebensmittelkontrollen weniger durchge- Sie waren schon in den Neunzigerjahren verpflichtet, Na- führt wurden. tura 2000 umsetzen. Bis zum Jahr 1998 hatten Sie gerade einmal 1,6 % der Landesfläche als FFH-Gebiete ausge- Wir haben seit 1999 viel Geld in die Hand genommen, um wiesen. die von Ihnen gemachten Fehler so schnell wie möglich zu beseitigen. Sie schickten immer wieder einmal ein bis zwei Auf die Frage nach zu erfolgender Grunddatenerhebung, Personen zur Ausbildung zum Lebensmittelkontrolleur nach Managementplänen, nach der Bereitstellung ausrei- nach Düsseldorf. Gleichzeitig schieden aber wesentlich chender finanzieller Mittel kam von Ihrer Seite, meine mehr Personen altersbedingt aus. Seit 2001 wurden in Damen und Herren von Rot-Grün, nur ungläubiges Stau- Hessen ganze Klassen für die Ausbildung der Lebens- nen. Ja, Sie wussten noch nicht einmal, wovon die Rede mittelkontrolleure eingerichtet, damit in überschaubarer war, weil Sie europäische Naturschutzvorgaben eben Zeit wieder die ursprünglich vorgesehene Sollstärke er- nicht ernst nahmen. reicht werden kann. Auch hier haben wir klar umgesteuert. Inzwischen sind Auch hinsichtlich des Verbraucherschutzes haben Sie also über 20 % der Landesfläche – 480.000 ha – als Natura- jedes Recht verwirkt, scheinbar medienwirksam auf an 2000-Gebiete vorgesehen. Durch erhebliche Finanzmittel anderen Orten aufgetretene Probleme mit der Hoffnung wird auch die Grunddatenerhebung bis 2007 endlich ab- hinzuweisen, es werde auch etwas an dieser Landesregie- geschlossen sein, und die Managementpläne sind im Ein- rung hängen bleiben. klang mit Land und Forstwirtschaft auf einem guten Weg. Die verschiedenen Organisationen, die sich mit dem Ver- Wir haben nicht nur bei dem seit 2002 geltenden Natur- braucherschutz und der Aufklärung der Verbraucher be- schutzgesetz erhebliche Deregulierungen vorgenommen, schäftigen, leisten hervorragende Arbeit. Dementspre- weil wir unserem Grundsatz Vertragsnaturschutz vor Ver- chend werden wir für den Haushaltsansatz des Verbrau- ordnungsnaturschutz treu bleiben. Nein, wir haben auch cherschutzes zusätzliches Geld in die Hand nehmen. Wir mit der neuen Kompensationsverordnung die rechtlichen werden dafür 75.000 c zusätzlich in den Haushalt einstel- Grundlagen geschaffen, den Vertragsnaturschutz künftig len. mit erheblichen finanziellen Mitteln auszustatten, damit Ich komme jetzt auf den Nationalpark Kellerwald-Eder- die von Naturschutzauflagen betroffenen Grundeigentü- see zu sprechen. Die Menschen der Region haben in ei- mer nicht allein gelassen werden. nem Bürgerentscheid Ihre Vorstellung des verordneten Naturschutzes abgelehnt. Sie wollten sich nicht von Ihnen vorschreiben lassen, dass in ihrer Region der Naturschutz Vizepräsidentin Ruth Wagner: jede wirtschaftliche Entwicklung behindern sollte. Die Bürgerinnen und Bürger erteilten Ihrer Vorstellung des Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen. Naturschutzes durch Verordnung eine klare Absage.

Wir haben die Menschen in der Region nicht nur hin- Elisabeth Apel (CDU): sichtlich ihrer sehr klaren Vorstellungen über die wirt- schaftliche Entwicklung ernst genommen. Vielmehr ha- Meine Damen und Herren, wenn sozialdemokratische ben wir ihnen auch gezeigt, welche Chancen wir sehen, Landesregierungen dieses Modell nachmachen wollen, wenn man Naturschutz und wirtschaftliche Entwicklung dann zeugt es davon, dass es so schlecht nicht sein kann. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6093

Auch bei der hessischen Altlastensanierung sind wir Meine Damen und Herren, ein Minister, der sich selbst große Schritte weitergekommen. Es steht an, dass die Alt- ganz gerne als Landwirtschaftsminister sieht und auch lastensanierung der Tri-Halde zum Abschluss gebracht den Namen gerne hört, schafft es noch nicht einmal, für werden kann. Wir haben den Phoenix Award für die Alt- seine ureigene Klientel etwas Vorbildliches in Hessen vor- lastensanierung im Pionierpark Mühlheim erhalten. Kol- zuweisen. lege Grumbach hat das 500-Millionen-c-Abwasserpro- gramm glücklicherweise doch noch im Haushalt entdeckt, Die Einkommen der hessischen Landwirte befinden sich und auch bei der Deichsanierung setzen wir unseren ho- am Schlusslicht in der bundesweiten Einkommensstatis- hen Mittelansatz weiterhin fort. tik; ich glaube, sie werden nur noch von Bayern übertrof- fen. Auch das ist ein Erfolg jahrelanger schwarzer Politik (Petra Fuhrmann (SPD): Das steht überhaupt nicht in Hessen. Frau Apel, es wäre nett gewesen, Sie hätten im Haushalt!) dazu etwas gesagt. Wir werden auch im kommenden Jahr 10 Millionen c für (Petra Fuhrmann (SPD): Kein Wort!) die Deichsanierung einsetzen. Sie haben es 1998 gerade Herr Minister, es ist auch so, dass Sie immer noch eine c mal auf 1 Million gebracht. sehr ideologisch geprägte Politik machen. Wir werden Ihren Vorstellungen einer rot-grünen Sonder- (Elisabeth Apel (CDU): Sie nicht?) steuer von 100 Millionen c eine klare Absage erteilen, weil wir nicht wollen, dass dieses Geld dem Wirtschafts- Die Zukunftschancen des ökologischen Marktes verken- kreislauf entzogen wird und so die wirtschaftliche Erho- nen Sie seit Jahren wirklich konsequent. Das ist ein lung Deutschlands noch weiter auf sich warten lässt.Wenn Markt, der jedes Jahr um 20 bis 30 % wächst. Was macht Sie neue Vorstellungen haben, wie Sie Natur- und Um- die Landesregierung im letzten Jahr? – Sie stellt die Hil- weltpolitik einsetzen wollen, bedeutet das immer, dass Sie fen für umstellungswillige Landwirte ein. zunächst den Menschen, den Gebührenzahlern das Geld (Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- aus der Tasche ziehen,um es ihnen nachher gnädigerweise NEN): Das ist eine Schande!) wieder in kleinen Tranchen teilweise zurückzugeben.Die- sen Weg werden wir nicht gehen. Wir sind sehr froh darü- Dieses Jahr verspricht sie, sie würde es wieder machen, ber, dass wir mit einem sehr erfolgreichen Natur- und Um- aber die Versprechungen der Landesregierung sind be- weltschutzkonzept hier klare Akzente gesetzt haben, und kanntlich relativ kurzlebig. wir werden diesen Weg auch weiterhin fortsetzen.– Vielen Dank. Ich erwähne eine andere Chance. Wir bieten in Hessen gentechnikfreien Anbau in vielen Regionen sogar mit ei- (Beifall bei der CDU – Gernot Grumbach (SPD): nem Markenzeichen an – ich erinnere an die Rhön –, und Nächstes Jahr eine neue Rede!) das könnte man vorbildlich nach vorne bringen. Dafür hätten wir in Hessen gerne eine Förderung gesehen. Wir jedenfalls haben in unserem Haushaltsantrag dafür Vizepräsidentin Ruth Wagner: 500.000 c zur Verfügung gestellt. Nächster Redner ist Herr Häusling für BÜNDNIS (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 90/DIE GRÜNEN. Herr Minister, Sie muss man ja immer zum Jagen tragen. Diesen Sommer sind die Mittel zur Förderung erneuerba- rer Energien ausgegangen. Siehe da, man hat nicht Ho- Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nigtöpfe im Süden entdeckt. Nein, das Ministerium hat Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schön, immer noch Mittel aus der Grundwasserabgabe im Keller, dass zur Spätvorstellung heute Abend noch so viele Kol- die man flugs dazu benutzt hat, das Programm doch noch legen anwesend sind. bis zum Ende des Jahres zu finanzieren. Herr Minister, irgendwann wird auch das einmal zu Ende (Axel Wintermeyer (CDU): Wir haben alle auf Sie sein, und wenn Sie ehrlich wären – ich erinnere an Ihr po- gewartet!) litisches Auftreten in der Öffentlichkeit –, dann würden Kollegin Apel, ich finde es schon bezeichnend, dass Sie Sie eingestehen, dass Sie die ganzen Sachen ohne die Ihre Reden jedes Jahr sozusagen recyceln und hier neu Mittel aus der Grundwasserabgabe langfristig überhaupt auflegen. Sie reden immer über das vergangene Jahrhun- nicht mehr finanzieren können. dert, haben aber überhaupt nichts zu diesem Haushalts- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ansatz gesagt. Stehen Sie dazu, und sagen Sie nicht, dies sei eine ideolo- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gische Politik. und der SPD) (Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Es gibt einen Minister, von dem man wohl sagen kann, NEN): So ist es!) dass er der einzige Minister ist, der Visionen für eine Krankheit hält. Denn dieser Haushaltsansatz, den er uns Herr Minister, wir sind uns darin einig, dass wir vor Rie- vorgelegt hat, ist wirklich völlig frei von irgendwelchen senaufgaben im ländlichen Raum stehen. Es fängt bei der Visionen und Gestaltungswillen für den ländlichen Raum. demographischen Entwicklung an und reicht bis hin zu den Chancen, die wir im ländlichen Raum haben, um die Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Politik der erneuerbaren Energien mithilfe der Landwirtschaft nach letzten Jahre dieses Ministers. Es dümpelt alles vor sich vorne zu bringen. Aber diese Regierung ist tatkräftig da- hin, irgendwie klappt am Ende alles, aber einen Gestal- bei, all diese Chancen zu verpassen. tungswillen kann man eigentlich nicht erkennen. Frau Kollegin Apel, es wäre nett gewesen, Sie hätten zu (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) den Haushaltsmitteln Stellung bezogen. Es sieht zwar im 6094 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005

Haushalt so aus, als ob die Mittel im Vergleich zum letzten Herr Minister, welche Antworten haben Sie beispiels- Jahr erhöht worden wären, aber wenn man die Nachtrags- weise auf den demographischen Wandel? Da kann ich nur mittel des letzten Jahres berücksichtigt, dann stellt man sagen: absolut Fehlanzeige im ländlichen Raum. fest, dass der Haushaltsansatz in diesem Jahr sogar noch geringer als im letzten Jahr ist. Damit wollen Sie eine Of- (Zurufe von der CDU) fensive für die Nutzung erneuerbarer Energien starten? Herr Minister, es reicht eben nicht aus – es ist schön, dass Wo soll das denn enden? – Da kommen wir vielleicht noch Sie heute Abend noch so frisch sind; manchmal wünscht später als bei der Kinderbetreuung im Jahre 2050 an den man sich, Sie wären sonst auch so frisch dabei –, dass man Zielen an, die sich die Landesregierung selbst gesteckt die Programme aneinander reiht und dann sagt, man habe hat. neue Programme für den ländlichen Raum entwickelt. Sie müssen in diesen Programmen auch auf die neuen Ent- Eines ist vor allen Dingen bedauerlich: Es ist ja nicht nur wicklungen eingehen, und da ist bei Ihnen wirklich abso- so, dass wir damit Klimaschutz und landwirtschaftliche lute Fehlanzeige. Einkommen voranbringen. Wir können darüber hinaus 6.000 bis 8.000 Arbeitsplätze im ländlichen Raum schaf- Ich komme nun zum Bereich Verbraucherschutz. Unser fen. Das sind wirkliche Zukunftschancen. Nennen Sie mir Antrag wegen des Gammelfleischs liegt Ihnen vor. Der einen Bereich, in dem Wachstum in dieser Größenord- Minister mogelt sich beim Verbraucherschutz ein bisschen nung stattfindet. Das ist nur der Bereich erneuerbare aus den Krisen heraus. Es ist ja nicht ein Verdienst der Re- Energien, und Sie – das kann man so sagen – verpennen gierung, dass wir in Hessen kein Gammelfleisch gefunden das schlicht und ergreifend. haben. Mitnichten, es ist purer Zufall, dass wir in Hessen kein Gammelfleisch gefunden haben. Herr Minister, zur Politik der letzten Jahre. Sie haben zwar auf das Thema erneuerbare Energien reagiert, aber Das hat auch nichts mit einem konsequenten Verbrau- nur mit einer Vielzahl von Presseerklärungen; das kann cherschutz zu tun. Wir haben doch gefordert: Herr Minis- man wirklich sagen. ter, suchen Sie einmal in den Kühlhäusern, und gucken Sie einmal, was auf den Straßen rollt. – Da hat sich ganz klar (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gezeigt – der Kollege Heidel hat es eben auch angespro- Presseerklärungen geben aber relativ wenig Energie zum chen –, dass die Kommunalisierung des Verbraucher- Heizen ab. Sie sollten sich einmal konkret darüber Ge- schutzes wirklich alles andere als eine Effizienzsteigerung danken machen, was Sie aus der Biomassepotenzialstudie war. Die Sache kann von Wiesbaden aus nicht konsequent umsetzen wollen. Da fehlt uns bisher jegliches Konzept, vorangetrieben werden, sondern es wird im Endeffekt von dem man sagen kann, dass es in die Zukunft weist. dazu führen, dass man sich über Landratsämter usw. aus- sprechen muss, und das ist alles andere als ein zukunftsge- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) richteter notwendiger Verbraucherschutz. Nehmen wir einmal den Bereich Hessen-Forst. Herr Mi- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE nister, Sie kennen die Diskussion aus der Landesforstbe- GRÜNEN) triebskommission. Wir haben schon dreimal angemahnt, Herr Minister, ich glaube, an dem Punkt sind wir uns einig: wo das Konzept von Hessen-Forst ist, um erneuerbare Beim Verbraucherschutz werden die Aufgaben nicht we- Energien – sprich: Energieholz – zu nutzen. Es ist nichts, niger, sondern in Zukunft eher noch größer.Wir haben so- aber auch gar nichts passiert. zusagen eine Krise nach der nächsten. Ob die Hasenpest Ganz im Gegenteil: Sie geben sogar eine Pressemitteilung eine Krise wird, wissen wir noch nicht.Aber wir haben so- heraus, in der steht, dass die Leute in den Wald gehen und zusagen ein permanentes Krisenmanagement, und die sich das Holz selbst holen können.Also, wenn das eine zu- Verwaltung und die Beschäftigten arbeiten sozusagen im- kunftsgerichtete Politik ist, Herr Minister, dann weiß ich mer am Rande der Kapazitäten. auch nicht mehr weiter. Sie müssen doch in der Lage sein, Deshalb fordern wir: Sorgen Sie dafür, dass an dem Punkt ein Konzept für Hessen-Forst vorzulegen, mit dem man die finanziellen Mittel vorhanden sind, um den Verbrau- diese wirtschaftlichen Chancen für Hessen-Forst nutzen cherschutz und die Lebensmittelüberwachung in Hessen kann. konsequent voranzubringen. Wir fordern für diesen Be- c (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) reich nach wie vor 3 Millionen , wie im letzten Jahr. Wir haben ganz klar gesagt – und dazu stehen wir auch –, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) dass wir aus den Mitteln der Gewässerschutzabgabe auch Herr Minister, in einem muss ich dem Kollegen Heidel die Punkte finanzieren müssen.Wir haben gesagt, dass wir energisch widersprechen. Er hat eben gesagt, die Ver- 5 Millionen c für erneuerbare Energien im ländlichen braucherzentrale beschäftige sich mit Markenfleischpro- Raum wollen und dass wir auch das Kompetenzzentrum grammen, und das sei irgendwie unnötig. Ganz im Gegen- besser ausstatten müssen. Es reichen eben nicht nur so teil, lieber Heinrich Heidel. Es ist sehr gut, dass die Ver- Werbeveranstaltungen. Es fehlt doch an allen Ecken und braucherzentrale sich dieses Themas angenommen hat Enden im Kompetenzzentrum. Es kann doch wirklich und einmal unabhängig geschaut hat: Was passiert da ei- keine Erfolgsnummer werden, wenn man mit drei Leuten gentlich, wo ist Etikettenschwindel, und wo muss man ein versucht, in Hessen die erneuerbaren Energien voranzu- bisschen genauer hinsehen? bringen. (Zuruf des Abg. Heinrich Heidel (FDP)) (Zuruf von der CDU: Besser als null!) Die Verbraucherzentrale hat hiermit bewiesen, wie wich- – Es wäre gut, wenn Sie sich an Bayern orientieren wür- tig es ist, dass es eine unabhängige Überwachung gibt. Sie den; die Frau Kollegin hat es eben angesprochen. Schauen haben in den letzten Jahren die Verbraucherzentrale wirk- Sie, was in Bayern im C.A.R.M.E.N. ermittelt ist, und gu- lich an den Rand der Existenz gebracht. Wenn Sie so cken Sie einmal, was in Hessen im Kompetenzzentrum weitermachen, wird irgendwann die Existenz der Ver- vorhanden ist. braucherzentrale gefährdet sein. Statten Sie endlich die Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6095

Verbraucherzentrale wieder mit den Mitteln aus, die nötig zukunftsorientierte und erfolgreiche Politik steht. Das sind, um langfristig ihre Arbeit zu leisten. wollen wir auch in den nächsten Jahren weiterverfolgen. (Beifall der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS (Beifall bei der CDU) 90/DIE GRÜNEN) und Hildegard Pfaff (SPD)) Vor allem machen wir uns mit einem solchen Haushalts- Herr Minister, wir haben in der letzten Ausschusssitzung plan Gedanken, das Regierungsprogramm umzusetzen über die Konsequenzen aus dem Gammelfleischskandal und hier Schwerpunkte deutlich zu machen, und das bei diskutiert. Da gibt es wohl den Herrn Seehofer, der sagt: einer Finanzausstattung, die durchaus nicht üppig ist. Wir Ich bin jetzt der neue große Verbraucherschützer. – Wenn müssen mit der Bevölkerung reden, ob denn alles, was ge- man sich aber die Politik der CDU in den letzten Jahren wünscht ist, noch geleistet werden kann oder ob wir uns ansieht, stellt man fest, Sie haben doch jahrelang Blo- als Staat auf unsere Kernkompetenzen zurückziehen. Es ckade gegen alles betrieben, was auch nur aus dem grünen war einer der Punkte, die wir bei der „Operation sichere Ministerium in Berlin kam. Zukunft“ versucht haben der Öffentlichkeit klarzuma- (Reinhard Kahl (SPD): Der Herr Seehofer macht chen, dass es vor allem freiwillige Leistungen sind. Des- das doch ganz gut!) wegen heißen sie „freiwillige Leistungen“. Ich kann mich erinnern, dass gerade bei mir im Ministerium die Diskus- Sie konnten nicht schnell genug sagen, das sei alles Un- sion am heftigsten geführt wurde. sinn. Herr Minister, jetzt müssen Sie anerkennen, dass das Verbraucherinformationsgesetz, das Sie jahrelang be- Wenn man hier darüber redet, wie Politik umgesetzt wird, kämpft haben und zweimal haben scheitern lassen, drin- bedanke ich mich zunächst einmal bei dem Kollegen gend notwendig ist. Ich hoffe, dass bei Ihnen jetzt die Ein- Häusling für seine Aussage, dass in unserem Haus offen- sicht einkehrt, vielleicht auch unter dem Zwang der Kon- sichtlich alles klappt. stellation, dass es dringend notwendig ist, das Verbrau- Der nächste Punkt, der angesprochen wurde, ist die Frage cherinformationsgesetz auf den Weg zu bringen. der Projekte. Lassen Sie mich hier einige aufführen, zu- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) nächst einmal den Hochwasserschutz. Es wird eine der wichtigen Aufgaben sein, dieses Thema auch in den näch- Herr Minister, es ist eben kurz angesprochen worden:Wir sten Jahren hochzuhalten und nicht nur über Hochwas- hoffen, dass die Position in Richtung Biodiesel, die Sie serschutz zu reden, wenn im Jahr 2002 an der Elbe oder in hier verbal äußern, auch umgesetzt wird und dass Sie diesem Sommer in Bayern Hochwasser sind. Das ist un- nicht letztendlich mit den Positionen umgehen müssen, sere Aufgabe auch für die Zukunft. Hochwasser endet die im Koalitionsvertrag stehen. Heinrich Heidel hat es nicht an den Deichen am Rhein, sondern geht noch weiter eben richtig gesagt: Wenn das kommt, machen wir einen zurück, bis zum örtlichen Hochwasserschutz, immerhin Zukunftsmarkt kaputt, der mühevoll und mit viel Initia- die Kleinigkeit von 9 Millionen c. Dazu kommen die Dei- tive der Landwirte aufgebaut worden ist, jetzt aber mit ei- che am Rhein mit 10 Millionen c oder die naturnahen nem Strich aus der Koalitionsfeder platt gemacht werden Gewässer mit 8 Millionen c aus der Abwasserabgabe. soll. Ich hoffe und appelliere an all diejenigen, die sich für Das verstärken wir noch dadurch, dass wir Gewinneralli- diesen Bereich einsetzen, dass sie alle Energie darauf ver- anzen schließen. Diese Verstärkung führt dazu, dass sich wenden, noch einmal nachzusteuern und zu sagen: So geht die Naturschützer darüber freuen können, dass der Beton es an diesem Punkt nicht, da müssen wir neu denken. aus dem Bach herauskommt, die Angler darüber, dass sich der Fischbestand verbessert, die Landwirte darüber, dass (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kaum in ihre Flächen eingegriffen wird, und die Unteran- Herr Minister, bei Ihnen und auch bei Frau Apel hat man lieger darüber, dass das nächste Hochwasser niedriger manchmal das Gefühl, Sie kommen noch aus dem letzten ausfallen wird. Jahrhundert. Ihre ganzen Reden sind aus dem letzten Jahrhundert, Sie sind irgendwann einmal stehen geblie- (Beifall bei der CDU) ben. Ich kann nur sagen, wir haben nichts gegen Fossilien, Es ist doch gut angelegtes Geld, wenn in diesen Bereichen aber Fossilien gehören ins Museum. Ich hoffe, da gehen auch aus Mitteln der Naturschutzabgabe viele Projekte Sie mit Ihrer Politik irgendwann auch hin. – Vielen Dank. positiv beschieden werden können. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und bei Abgeordneten der SPD – Reinhard Kahl NEN): Aber das reicht doch nicht!) (SPD): Jetzt keine Schärfe!) Ich denke auch an die Überschwemmungsgebiete in un- serem Land, wo wir 4.700 km neu bearbeiten mussten, Vizepräsidentin Ruth Wagner: 4.400 km schon bearbeitet haben. In diesem Haushalt ste- hen ausreichend Mittel zur Verfügung, damit wir 2006/ Vielen Dank, Herr Häusling. – Ich erteile nun Herrn 2007 diese Überschwemmungsgebiete öffentlich machen Staatsminister Dietzel das Wort. können. (Reinhard Kahl (SPD): Sie können uns die Rede doch schenken! Wir lesen sie auch nach, ich ver- Meine Damen und Herren, ein weiteres Projekt ist die spreche es!) Altlastensanierung. Ich habe immer wieder gesagt, auch an diesem Rednerpult, dass wir bis zum Jahr 2010 die gro- ßen Altlasten saniert haben. Auch das ist Grundwasser- Wilhelm Dietzel, Minister für Umwelt, ländlichen Raum schutz, vor allem wenn ich an die Tri-Halde, das WASAG- und Verbraucherschutz: Gelände oder das DAG-Gelände in Stadtallendorf denke. Unter dieser Altlast lagen 40 % des gesamten oberhessi- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- schen Wasservorkommens. Deswegen war es gut, dass wir ren! Wenn wir den Haushaltsplan 2006 insgesamt und den diese Sanierung 2004 abgeschlossen haben, immerhin in Einzelplan 09 sehen, denke ich, dass er für eine moderne, einer Größenordnung von 130 Millionen c. Aber um 6096 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 auch das eindeutig zu sagen: Wir haben in Stadtallendorf sind wir damit so erfolgreich, wie wir vielleicht 2020 in Boden gutgemacht. Hessen sein wollten, und das wollen wir auch weiterhin sein. (Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – (Beifall bei der CDU) Reinhard Kahl (SPD):Wer hat damit angefangen?) Wenn ich die Mittelausstattung in diesem Bereich ansehe, Die nächsten Altlasten, die anstehen, sind in Hessisch- dann geht es nicht nur um das Programm, über das wir ge- Lichtenau. Dort haben wir schon Bergfest gefeiert. Wir sprochen haben. Wir ermöglichen seit April dieses Jahres, werden 2008 dort fertig sein und 2010 auch die Altlast in auch Mittel aus der Dorferneuerung oder aus dem land- Lampertheim bewältigt haben. Wenn ich das Ergebnis im wirtschaftlichen Investitionsprogramm zu nehmen, sodass Pionierpark Mühlheim vom vergangenen Jahr sehe, wo wir Spielraum haben, mehr Mittel zur Verfügung zu stel- wir den Altlasten-Oscar oder Phoenix Award in den Ver- len. einigten Staaten für die weltbeste Altlastensanierung In dem Zusammenhang will ich auch die Wertschöpfung überreicht bekommen haben, dann glaube ich, dass hier ansprechen, die in der Landwirtschaft bleibt. Ich werde gute Arbeit geleistet werden kann. auch nicht müde, das nach außen darzustellen, wenn ich Meine Damen und Herren, ich nenne das Sofortpro- etwa die Preisentwicklung beim Biodiesel ansehe. Er liegt gramm Abwasseranlagen mit 500 Millionen c. Ich wehre etwa 10 Cent unter dem normalen Dieselpreis, d. h. er ist mich eindeutig gegen die Behauptung, dass dort in den in diesem Jahr 20 bis 25 % teurer geworden. Aber der letzten Jahren zu wenig geleistet wurde. Wir haben als Raps beim Landwirt wurde nicht teurer. Wir müssen uns Land Hessen zwischen 100 und 150 Millionen c pro Jahr, darüber Gedanken machen, wie diese Dinge weiterentwi- auch in den Jahren Ihrer Regierung, ausgegeben, um die ckelt werden können. Dazu gehört die Frage, ob kalt ge- Abwasseranlagen, also Kläranlagen und Kanäle, auf presstes Rapsöl, das ein Landwirt auf seinem Betrieb her- Vordermann zu bringen. Verpflichtungsermächtigungen stellt, eine Alternative ist. An den Schleppern muss tech- für die nächsten Jahre sind vorgesehen, damit die Mittel nisch etwas getan werden, und wir brauchen eine DIN- von 500 Millionen c für Kläranlagen, Regenüberlaufbe- Norm für kalt gepresstes Rapsöl. cken und beschädigte Kanäle ausgegeben werden kön- Nun zu den vorliegenden Anträgen, zunächst zur Frage nen. Dies ist eines der größten Investitionsprogramme, der Abschlüsse 2003 und 2004. Das war für mich auch är- das es in Hessen jemals gegeben hat, und wird meiner gerlich, gar keine Frage. Aber gerade weil Hessen-Forst Meinung nach auch positive Auswirkungen auf den Ar- ab 1. Januar – – beitsmarkt haben. (Unruhe) (Beifall bei der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Nachdem Sie in den letzten Jahren die Mittel ge- kürzt hatten!) Vizepräsidentin Ruth Wagner: Nächster Punkt: Natura 2000. Elisabeth Apel ist schon Herr Minister, darf ich? – Liebe Freunde, es ist so laut, darauf eingegangen, dass wir hier wegen des Naturschut- dass wir auch die Stenografen stören. Ich würde Sie bitten, zes kritisiert werden. Wir haben 440.000 ha FFH- und Vo- doch noch dem Minister zuzuhören. gelschutzgebiete gemeldet, 20,9 % der Landesfläche. 1998, im letzten Jahr Ihrer Regierung, waren es noch (Frank Gotthardt (CDU): Der Herr Minister redet 1,9 % der Landesfläche – nur damit wir auf dem neuesten so laut!) Stand der Informationen sind. Die Stenografen sagen schon durch Kopfnicken, dass sie Meine Damen und Herren, auch die Grunddatenerhe- auch noch etwas verstehen wollen. bung: Wir wussten relativ wenig, was in diesen FFH-Ge- bieten an Naturschutz los war. Andere Länder wie Nord- rhein-Westfalen haben ab 1991 Daten gesammelt, um sie Wilhelm Dietzel, Minister für Umwelt, ländlichen Raum zur Verfügung zu haben und auszunutzen.Wir haben 2001 und Verbraucherschutz: begonnen. Wir haben bisher 8,3 Millionen c dafür ausge- Wie gesagt, der Landesbetrieb Hessen-Forst war einer der geben und werden 2006 noch einmal 4,7 Millionen c aus- Ersten, der SAP eingesetzt hat.Von daher war er ein Vor- geben. Ich denke, dass wir Anfang 2007 ausreichend Da- reiter. Ich denke, dass auch die Diskussion über Pensions- ten haben, um auch mit der Europäischen Union über die- und Beihilferückstellungen geführt werden musste. Am ses Thema reden zu können. 20.12. soll hier eine Lösung gefunden werden, sodass wir Das nächste Thema: Biorohstoffe, der Landwirt als Ener- den Abschluss bis zum 31.03.2006 vorlegen können. giewirt. Heinrich Heidel, das wird helfen, dass wir bei uns Zu der weiteren Frage, die Sie gestellt haben. Wenn die im ländlichen Raum eine wettbewerbsfähige Landwirt- ersten Punkte geregelt sind, werden wir dies auch jeweils schaft auf die Beine bekommen: 15 % des Energiever- zum 31.03. der Folgejahre vermitteln können. brauchs im Jahr 2015 aus erneuerbaren Energien. Gerade die Biomassepotenzialstudie hat uns gezeigt, dass wir 12 (Reinhard Kahl (SPD): Das darf doch wohl nicht bis 15 % schaffen können, was eine optimale Wertschöp- wahr sein! Bei diesem hervorragenden System! – fung auch im ländlichen Raum bedeutet. Gegenruf des Ministers Karlheinz Weimar: Das ist keine Systemfrage! Das ist eine Rechnungsfrage! Ich will auch das Thema Bio-Regio Holz auf dem Knüll Das haben wir geklärt!) ansprechen, weil es Herrn Häusling so erfreut. Herr Häus- ling, ich denke, dass wir höchst erfolgreich waren, und des- Zu den anderen beiden Anträgen. Es geht um einen wegen werde ich es auch beim nächsten Mal wieder an- Fleischskandal, der in Hessen keiner war. Ich denke, dass sprechen. Wenn der Landrat mir sagt, dass bei den kreis- wir mittels der Informationen, die wir von anderen Län- eigenen Gebäuden immerhin 20 % der Energieversor- dern bekommen haben, sowie der Informationen, die wir gung aus nachwachsenden Rohstoffen kommen, dann an andere Länder weitergegeben haben, zeigen können, Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 87. Sitzung · 14. Dezember 2005 6097 dass wir hier Richtlinien für einen aktiven Verbraucher- Das dicke Ende kommt noch; passen Sie auf. Die SPD hat schutz formuliert haben und dass er auch funktioniert hat. 120 Minuten Redezeit gewünscht. Sie hat 126 Minuten ge- braucht. Wir haben eine Lieferung sichergestellt, die von einem Lieferanten stammte, der Gammelfleisch in Umlauf ge- (Zurufe) bracht hat. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass dies Die GRÜNEN haben 125 Minuten Redezeit gewünscht doch kein Gammelfleisch war. Herr Heidel, ich denke, und 121 Minuten gebraucht. wenn man sich das Handeln der Mitarbeiter in den Minis- terien, bei den Landräten und bei den Oberbürgermeis- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) tern vor Augen führt, muss man feststellen, dass alles ta- Die FDP hat 120 Minuten Redezeit angemeldet; 118 Mi- dellos funktioniert hat. nuten lang wurde geredet. Dafür haben die Mitglieder der (Beifall bei der CDU) Landesregierung 140 Minuten lang gesprochen. Ich bitte die Geschäftsführer, zu klären, wie morgen mit den Rede- Trotzdem sage ich, dass auch bei einer Verschärfung der zeiten zu verfahren ist. Kontrollen kriminelle Machenschaften nie zu 100 % aus- zuschließen sind. Ich rufe Tagesordnungspunkt 49 auf: Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zu Petitionen – Sie sehen, dass der Haushaltsplanentwurf 2006 Ausdruck Drucks. 16/4708 – einer modernen, zielorientierten und erfolgreichen Politik in Hessen ist. Das werden wir in den nächsten Jahren so Wer den Beschlussempfehlungen zustimmen will, den fortführen. bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent- haltungen? – Keine Gegenstimmen, keine Enthaltungen, (Anhaltender Beifall bei der CDU) alle Fraktionen dieses Hauses haben zugestimmt. Bleiben Sie bitte noch einen Moment sitzen. Es gibt zwei Vizepräsidentin Ruth Wagner: Nachrichten. Die eine gute Nachricht ist für die Mitglie- der des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr bestimmt. Damit ist der Einzelplan 09 in zweiter Lesung bearbeitet. Sie müssen weder das Haus noch den Saal wechseln. Sie brauchen also nicht in den Sitzungsraum 510 W zu gehen, Meine Damen und Herren, es sind noch ein paar Dinge zu sondern können im Plenarsaal bleiben. Die Sitzung des erledigen. Das geht umso schneller, je ruhiger Sie sind. Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr wird hier stattfin- Ich rufe jetzt den den. Bevor ich Sie entlasse und Ihnen einen guten Abend wün- Einzelplan 10 – Staatsgerichtshof – sche, möchte ich – viele wissen, dass ich eine große Fuß- auf. – Dazu wird keine Aussprache gewünscht. ballfreundin bin – noch die beste Nachricht des Tages los- werden. Ich rufe den (Zuruf: Von wem?) Einzelplan 11 – Hessischer Rechnungshof – – Von wem? Das darf ich Ihnen sagen:TUS Wolfskehlen. auf. – Auch dazu wird keine Aussprache gewünscht. Das ist der Verein des Dorfes, aus dem ich komme. (Beifall) Am Ende der zweiten Lesung des Haushaltsplanentwurfs möchte ich kurz auf das Redezeitkontingent hinweisen, Da Sie sich heute gut benommen haben, sage ich Ihnen: damit alle Bescheid wissen. Die CDU hat für heute 125 Die Eintracht Frankfurt hat in Kaiserslautern gegen Kai- Minuten Redezeit angemeldet. Sie hat 99 Minuten Rede- serslautern 2 : 1 gewonnen. Damit entlasse ich Sie in einen zeit gebraucht. schönen Abend. Morgen früh um 9 Uhr geht es weiter. (Zurufe von der CDU: Oh!) (Schluss: 20.05 Uhr)