37 PERSÖNLICHE ERINNERUNGEN AN DIE ZEIT ZWISCHEN 1920 UND 1950
IM AUGSBUGER LAND IM AUGSBURGER LAND
Blick ins Buch
37 Zeitzeugen wurden in mehrstündigen Interviews zu ihren Erinnerungen an die Zeit zwischen 1920 und 1950 befragt. Themen waren unter anderem der Alltag dieser Zeit, das Leben unter dem Nationalsozialismus, der Zweite Weltkrieg, die Besatzungszeit sowie die Flucht und Vertreibung.
DIE LETZTEN ZEITZEUGEN DIE LETZTEN ZEITZEUGEN IM AUGSBUGER LAND
EIN PROJEKT VON MICHAEL KALB & CHRISTOPH LANG VIDEOS
Impressum © Michael Kalb, Dieses Projekt wurde unter anderem gefördert vom: Bei den Eichen 4, 8624 Dinkelscherben Herausgeber: Angelika Pilz, Christoph Lang und Michael Kalb Öffentliche 1. Auflage (500 Stück), Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist ur- vom 01.09.2020 heberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des ISBN: 978-3-00-063986-9 Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für Transkription: die elektronische oder sonstige Vervielfälti- Angelika Pilz, Christine Haisch, Lydia Faß- gung, Übersetzung, Verbreitung und öffentli- nacht, Tamara Michalke, Brigitte Hübner, Laura che Zugänglichmachung. Ausschnitte aus allen Interviews gibt es im Internet unter Schmidt-Niederhoff, Sandra Everts, Tamara Bibliografische Information der Wittemann, Gregor Birle und Michael Spotka www.letzte-zeitzeugen.de Deutschen Nationalbibliothek: Blick ins Buch Korrektur: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet Angelika Kalb und Heike Baumgartner diese Publikation in der Deutschen Nationalbi- Buchgestaltung: bliografie; detaillierte bibliografische Daten sind VISUAL STATEMENTS im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Haftungsausschluss Die Inhalte des Buches wurden sorgfältig geprüft durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständi- und nach bestem Wissen erstellt. Jedoch kann ger Informationen verursacht wurden, sind grund- keinerlei Gewähr für die Korrektheit, Vollständig- sätzlich ausgeschlossen, sofern kein nachweislich keit, Aktualität oder Qualität der bereitgestellten vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden Informationen übernommen werden. Haftungsan- vorliegt. sprüche gegen Michael Kalb oder die Herausgeber, Alle Transkripte, Aussagen der Zeitzeugen und na- welche sich auf Schäden materieller oder ideeller mentlich gekennzeichneten Beiträge spiegeln nicht Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nicht- unbedingt die Meinung der Herausgeber wider. nutzung der dargebotenen Informationen bzw. Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Michael Kalb und Christoph Lang ....6 Zum Hintergrund...... 8
Karl Hinterstößer Anselma Weckermann aus Dinkelscherben ...... 16 aus Augsburg ...... 192 Karolina und Albert Völk Franz Raiser aus Ustersbach ...... 30 aus Zusmarshausen ...... 198 Josef Fritz Franz Xaver Gollinger aus Baiershofen ...... 42 aus Hirschbach ...... 208 Friedrich Braun Kordula Hartl aus Ustersbach ...... 50 aus Adelsried ...... 216 Elfriede Moll Genoveva und Paul Barl aus Schwabmünchen ...... 64 aus Neukirchen ...... 230 Franziska Rechner Benedikt Klein aus Hölzlarn ...... 76 aus Wollishausen ...... 240 Franz Gai Elmar Pfandzelter aus Gersthofen ...... 86 aus Schwabmünchen ...... 248 Elisabeth Mayr Otto Zott aus Agawang ...... 98 aus Neuhäder ...... 262 Daniel Schaffner Ulrich Sprößer aus Langerringen ...... 106 aus Gersthofen ...... 274 Rosamunde Hiller Josef Müller aus Langenneufnach ...... 118 aus Anried ...... 282 Blick ins BuchGerlinde Zerle und Barbara Wolf Gabriel Hartmann aus Ehingen ...... 124 aus Steinekirch ...... 292 Erna Mayerle und Jakob Demmel Anna Haider und Karl Wagner aus Fischach ...... 134 aus Langweid am Lech ...... 302 Edeltraud und Anton Hildensperger Rosa Karolina Hartelt aus Horgau ...... 150 aus Täfertingen ...... 314 Luise Hannes Richard Schafitel aus Schwabmünchen ...... 166 aus Ottmarshausen ...... 324 Heinz und Günther Barisch Theresia Linder aus Bobingen/Zülz ...... 176 aus Dinkelscherben...... 342
Bildquellenverzeichnis...... 350 Anhang A: Der Film zum Projekt...... 352 Anhang B: Gesprächsleitfaden...... 354 Anhang C: Regeln zur Transkription... 355 IM AUGSBURGER LAND Vorwort Vorwort Michael Kalb Christoph Lang
Die persönlichen Erinnerungen der Zeitzeu- Wir führen diese Gespräche nicht nur für uns, gen nehmen den Zuschauer bzw. den Leser sondern auch für unsere Kinder und Enkel. dieses Buches mit auf eine Reise in die dun- Es gibt viele Möglichkeiten, Kenntnisse kelste Zeit der deutschen Geschichte, in der über die Vergangenheit zu erwerben. Eine da- es dennoch immer wieder Lichtblicke gab. von ist die Befragung von Zeitzeugen, oft als Alltag, Angst und Grausamkeit, die Wider- Oral History bezeichnet. Selbstverständlich sprüche des „Dritten Reiches“ und das Chaos muss man sich der Probleme bewusst sein, nach Kriegsende werden dadurch greifbar. die diese Methode in sich birgt: Der Blick Mit dem Wissen um die Hintergründe dieser in die Vergangenheit reicht nur einige Jahr- unmenschlichen Zeit erzeugt gerade die Un- zehnte zurück, ist getrübt, nicht unbedingt reflektiertheit mancher Zeitzeugen ein noch faktentreu und eindeutig subjektiv geprägt, größeres Unbehagen. die Auswahl der Zeitzeugen nicht unbedingt Deshalb sollte den Lesern dieses Buches repräsentativ. Die Methode hat aber auch ih- „Was geht mich das heute noch an?“ mögen stets bewusst sein, dass alle Teilnehmerin- ren Reiz: Es geht nicht allein um historische Für die Generation, die im 21. Jahrhundert einige Jüngere fragen und die Generation nen und Teilnehmer damals zumeist Jugend- Fakten, sondern auch darum, wie Menschen geboren ist, stammen unsere vor 1930 gebo- derjenigen, die die Zeit zwischen 1920 und liche waren und sie nur ihre pesönlichen und Vergangenheit erlebt haben, was sie gefühlt renen Zeitzeugen aus einer archaischen Welt. 1950 als junge Erwachsene erlebt haben und über 75 Jahre zurückliegenden Erinnerungen und was sie gedacht haben, worin ihre Ängs- Wenn wir dieser nachfolgenden Generation noch persönlich davon erzählen können, wiedergeben. Durch die regionale Einschrän- te, Sorgen und Hoffnungen lagen. etwas vom Leben ihrer Urgroßeltern vermit- stirbt aus. kung des Projektes und die Privilegiertheit Darüber hinaus dokumentiert die Zeitzeu- teln wollen, sind Zeitzeugen-Gespräche ein Für das Archiv-Projekt „Die letzten Zeit- der Interviewpartner, als eine der Letzten gen-Befragung eine Art des Redens und des geeigneter Weg. zeugen im Augsburger Land“ wurden 37 noch erzählen zu können, fehlt natürlich Erzählens über Vergangenheit, die spürbar Besonders wichtig wird diese Vermittlungs- Frauen und Männer, die meisten davon noch gänzlich die Perspektive der vielen Millionen im Wandel begriffen ist. Dieser Wandel in arbeit in Hinblick auf die Verbrechen der NS- vor 1930 geboren, zu deren persönlichen Ge- Opfer und Anderer, deren Geschichten hier der Sprache folgt den gesellschaftlichen Ver- Zeit. Die Zeitzeugen führen uns in diese Zeit. schichten und Erinnerungen vor der Kamera nicht erzählt werden können. änderungen, die wir in den vergangenen Jahr- Sie zeigen, dass die Unrechtsherrschaft auch interviewt. Themen waren unter anderem „Was geht mich das heute noch an?“Blick - ins Buchzehnten erlebt haben und die so gravierend im Gebiet des heutigen Landkreis Augsburg der Alltag zu dieser Zeit, der Nationalsozia- auch ich, Jahrgang 1989, habe mich dies schnell vonstatten gehen wie wohl nie zuvor. zu Hause war, und sie geben Einblicke in die lismus, der 2. Weltkrieg mit anschließender gefragt. In einer Zeit des erstarkenden Der Anblick, Geruch und Klang unserer Orte Wirkmechanismen dieses Regimes. Besatzung durch die Alliierten sowie die Nationalismus müssen wir über unsere Er- haben sich in den vergangenen 70 Jahren Zeitzeugen-Gespräche können eine wichtige Flucht und Vertreibung aus den ehemaligen innerungskultur entscheiden. Umso wich- vermutlich mehr verändert, als in Jahrhun- Quelle in der Vermittlungsarbeit spielen, man deutschen Gebieten. Herausgekommen ist tiger ist es, dass wir den Menschen, die derten zuvor. Gewandelt haben sich Land- muss sie jedoch bei Zeiten dokumentieren. ein Video-Archiv von über 50 Stunden, wel- diese entscheidende Zeit noch persönlich wirtschaft und Gewerbe, gewandelt haben Wir wollten diese Chance nicht verpassen. ches zusätzlich noch transkribiert wurde. Die erlebt haben, noch einmal genau zuhö- sich auch die Einstellungen zu Leben und Interviews in Bild, Ton und Text sollen für ren und ihre Erinnerungen aber auch kri- Tod, Glaube und Kirche, Öffentlichkeit und die folgenden Generationen zugänglich ge- tisch hinterfragen. Die Frage lautet deshalb: Privatheit, Gemeinschaft und Individualität. macht werden. „Was können wir aus alledem lernen?“
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ABLAUF EINES INTERVIEWS Mit einer Ausnahme (Franz Gai, Interview Bei vielen Interviews waren auch Angehö- vom 01.09.2017) fanden alle Gespräche im rige der Zeitzeugen anwesend. Diese spra- Zuhause der Zeitzeugen bzw. derer Verwand- chen manchmal mit, gaben Hinweise oder ten statt und wurden mit einer Videokame- Gedächtnisstützen für die Zeitzeugen. Mi- ra aufgezeichnet. Nach Start der Aufnahme chael Kalb war bei allen 30 Interviews dabei, stellten sich die Zeitzeugen vor und anhand die Volkskundler und Historiker Christoph eines Gesprächsleitfadens wurde das Ge- Lang, Claudia Ried, Michael Philipp und Mar- spräch geführt (siehe Anhang B). Je nach Per- gret Ottner beteiligten sich an ingesamt 20 son, Auskunftsfreudigkeit, geistiger Fitness Gesprächen. und Themenbezug wurde mal mehr und mal Die Interviews dauerten zwischen einer weniger in den Gesprächsverlauf eingegrif- und drei Stunden. Beendet wurden die Ge- fen. Manche Zeitzeugen erzählten lange und spräche, wenn der Gesprächsleitfaden ab- ausführlich, bei manchen musste oft nach- gearbeitet war und keine weiteren Fragen gefragt werden. Je nach Zeitzeuge wurde auf vorerst mehr offen waren, manchmal aber regionale bzw. persönliche Schwerpunkte auch, wenn die Wachsamkeit und Auskunfts- Interview mit Karl Hinterstößer, 15.05.2017 verstärkt eingegangen und nachgefragt. So freudigkeit der Zeitzeugen spürbar nachließ wurde beispielsweise bei Erna Mayerle und und keine weiteren Informationen mehr zu Jakob Demmel (Interview vom 03.10.2017) erfragen waren. verstärkt über deren Erinnerungen an die Zum Hintergrund damaligen jüdischen Mitbürger aus Fisch- ach gesprochen, Richard Schafitel (Interview Die Idee zum Projekt „Die letzten Zeitzeugen In einer Sitzung des Schul- und Kulturaus- vom 11.09.2019) hingegen erzählte schwer- im Augsburger Land“ hatte Michael Kalb im schusses des Landkreises Augsburg,Blick am ins Buchpunktmäßig von seiner Zeit im Reichsar- Frühjahr 2017. Aus verschiedenen Interviews 15.05.2017, sagten die Kreisräte einstimmig beitsdienst. mit Menschen aus dem Augsburger Land- die finanzielle und organisatorische Unter- kreis, die zwischen 1933 und 1948 im jungen stützung des Landkreises zu. Bald darauf Erwachsenenalter waren, sollte ein Doku- wurden vom Landratsamt Briefe an alle mentarfilm entstehen. Kurz nach diesem Landkreisgemeinden versandt, die auf das Entschluss führten Michael Kalb und Chris- Projekt aufmerksam machten und um Hin- toph Lang das erste Interview in ihrem Hei- weise bei der Suche nach möglichen Interview- matort Dinkelscherben (Karl Hinterstößer, partnern baten. Auch dank mehrerer Artikel in Interview vom 22.04.2017). der lokalen Presse gingen bei der Kultur- und Heimatpflege des Landkreises Augsburg, bei Michael Kalb und bei Christoph Lang zahlrei-
che Personenvorschläge ein. Interview mit Erna Mayerle und Jakob Demmel, 03.10.2017
8 9 PROJEKTABSCHLUSS Am 11.09.2019 fand mit Richard Schafitel aus Neusäß-Ottmarshausen das 30. und letzte B2 Interview des Projektes statt. Da bei man-
chen Interviews auch zwei Personen vor der Ellgau Kamera erzählten, beispielsweise bei Ehepaa- ren oder Freunden aus Jugendzeiten, wurden Ehingen insgesamt 37 Personen interviewt.
Meitingen