Land, Kommunen Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 12/2008

Kleines Wiesental: Aus 8 mach 1 Eine neue Gemeinde entsteht – Vom Gemeindeverwaltungsverband zur Gemeinde

Frank Wöllper

Finanzielle Gründe führen dazu, dass Kommu- Bedarfsgemeinden nen in zunehmendem Maße gemeindeüber- greifend kooperieren. Waren es bisher klassi- Nach dem Gesetz über den kom- sche Themen wie zum Beispiel Wasserver- und munalen Finanzausgleich (Finanzaus- -entsorgung, so rücken neuerdings ganz andere gleichsgesetz – FAG) hat der sogenannte Themenfelder, wie interkommunale Gewerbe- Ausgleichsstock die Aufgabe durch Be- gebiete und gemeinsame Bauhöfe, in den Vor- darfszuweisungen dergrund. Eine besondere Entwicklung sind rund 35 Jahre nach der Gemeindereform in Frank Wöllper ist Sachgebiets- Gemeinden und Landkreise instand zu leiter im Referat „Pflanzliche Baden-Württemberg die Zusammenschlüsse setzen, notwendige kommunale Einrich- und tierische Produktion, ehemals selbstständiger Gemeinden. So ge- Flächenerhebung“ des tungen zu schaffen, wenn deren Finanzie- Statistischen Landesamtes schehen 2006, als Tennenbronn zu Schramberg rung ihre Leistungskraft auf die Dauer Baden-Württemberg. (Kreis Rottweil) und 2007 Betzweiler-Wälde zu übersteigen würde; Loßburg (Kreis Freudenstadt) kamen. Zum 1. Januar 2009 werden sich nun die Gemeinden besondere Belastungen einzelner Ge- Bürchau, Elbenschwand, Neuenweg, Raich, meinden und Landkreise zu mildern, so- Sallneck, Tegernau, Wies und Wieslet aus dem weit sie eine unbillige Härte bedeuten; Landkreis Lörrach, zur Gemeinde „Kleines Wiesental“ zusammenschließen. in Ausnahmefällen einzelnen Gemein- den und Landkreisen beim Ausgleich ihres Haushalts zu helfen, wenn ihnen der Aus- gleich trotz angemessener Ausschöpfung Wirklich überraschend ist dieser Schritt nicht. ihrer Einnahmen und sparsamer Haushalts- Schon 1972 haben die 8 Gemeinden den Ge- führung nicht möglich ist. meindeverwaltungsverband „Kleines Wiesen- tal“ gegründet und seitdem im Rahmen dieses Über die Bewilligung der Bedarfszuwei- Zweckverbands gemeinsam kommunale Auf- sungen entscheidet in jedem Regierungs- gaben erledigt. Gemessen an den Einwohnern bezirk ein Ausschuss bestehend aus Ver- zählen die Kommunen (2007 zwischen 116 und tretern des Regierungspräsidiums, der 657 Einwohner) zu den 56 kleinsten Gemeinden Gemeinden und Landkreise.

Im Jahr 2006 haben insgesamt 13 Gemein- den Bedarfszuweisungen zum Ausgleich ihrer Verwaltungshaushalte erhalten.

des Landes, wobei Elbenschwand mit 116 Ein- wohnern und Bürchau mit 195 Einwohnern für sich allein sogar nur auf Platz 3 und 8 liegen. Teilweise werden sie von ehrenamtlichen Bür- germeistern verwaltet, die ihrerseits wiederum von jeweils einer Teilzeit-Sekretärin unterstützt werden.

Der Wille der Landesregierung spätestens 2011 ohne neue Schulden auszukommen, dürfte sich nun auch auf diese Gemeinden auswirken: Den sogenannten Bedarfsgemeinden (siehe i-Punkt) wird der Zuschuss aus dem Ausgleichsstock des Wappen der Gemeinden des Kleinen Wiesentals. Landes reduziert, womit für diese Kommunen

54 Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 12/2008 Land, Kommunen der finanzielle Druck steigt. Als Ausweg bleibt Fläche und Bevölkerung im Kleinen Wiesental offensichtlich nur die Fusion mit anderen Ge- T am 31. Dezember 2007 meinden. Durch den Zusammenschluss wird die neue Gemeinde, die sich dann „Kleines Darunter Wiesental“ nennt, mit 2 967 Einwohnern im- Siedlungs- Bodenfläche Landwirt- Be- merhin auf Platz 340 unter den dann 1 102 Ge- und Gemeinde insgesamt schafts- Waldfläche1) völkerung Verkehrs- meinden Baden-Württemberg aufrücken. fläche1) fläche

Wie passen nun diese 8 Gemeinden zusam- ha % Anzahl men? Prägend für diese Gemeinden ist die Bürchau 612 5,1 19 76 195 Landschaft mit hohen Anteilen an Wald (durch- schnittlich 69 %), der hier fast ausschließlich Elbenschwand 677 4,4 23 73 166 aus Mischwald besteht und einem hohen Grün- Neuenweg 1 265 4,0 27 69 326 landanteil (durchschnittlich 25 %). Prägend Raich 936 4,2 24 71 290 und letztendlich Namen gebend ist aber auch Sallneck 460 6,3 43 50 356 das Flüsschen „Kleine “, das am Südhang Tegernau 1 014 5,8 22 70 381 des 1 414 m hohen entspringt und rund 16 bis17 km weiter südlich bei Wies 2 180 3,7 23 73 657 in die Richtung Rhein fließende Wiese mündet. Wieslet 640 8,8 38 53 596 Eingebettet ist die Kleine Wiese mit ihrem ge- Kleines Wiesental 7 784 4,8 26 69 2 967 samten Einzugsgebiet in die Mittelgebirgs- landschaft des Naturparks Südlicher Schwarz- 1) Angaben für Landwirtschaftsfläche und Wald Stand 31. Dezember 2004. wald, der hier in den Höhenlagen teilweise sogar alpine Vegetation aufweist. Der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Ge- seinen sehenswerten Bauerngärten konnten samtfläche liegt durchschnittlich bei 4,8 % und im Rahmen des Wettbewerbs „Unser Dorf soll schwankt bei den Einzelgemeinden zwischen schöner werden“ sowohl auf Landes- als auch 3,5 % und 8,8 %. Alle Werte liegen deutlich auf Bundesebene Goldmedaillen erringen. unter dem Landesschnitt von 13,9 %. Insgesamt gesehen zählt dieser Landstrich innerhalb von Ansonsten verdienen sich die Einwohner ihren Baden-Württemberg zu den dünner besiedelten Unterhalt vor allem auswärts. Im Jahr 2005 Gebieten. wurden 1 012 Auspendler gegenüber 298 Ein- pendlern gezählt, wobei teilweise zwischen den Die teilweise extremen Hanglagen machten Einzelorten der neuen Gemeinde gependelt eine Mechanisierung der Landwirtschaft un- wird. Hauptziele der Auspendler waren jedoch möglich, sodass nur noch wenige Einwohner (297) Lörrach (155) und Maulburg ihr Einkommen in der rein bäuerlichen Existenz (85). Die meisten Auspendler kamen dabei finden. Im Jahr 2007 waren in den 8 Gemein- naturgemäß aus den einwohnerstärkeren Ge- den noch 113 landwirtschaftliche Betriebe ge- meinden Wies (234) und Wieslet (208). meldet, wovon nur 19 als Vollerwerbsbetriebe geführt wurden. Auf nennenswerte Einpendlerzahlen können lediglich Tegernau (128) und Wieslet (59) ver- Eine der Einnahmequellen vor Ort ist der weisen. Hauptarbeitgeber sind hier, neben der Fremdenverkehr. Neben verschiedenen Gast- bereits erwähnten Gastronomie, vor allem Hand- und Gästehäusern, Hotels und Ferienwohnun- werks- und Dienstleistungsbetriebe, welche die gen werden im Feriendorf Stockmatt in der örtliche Versorgung der Bevölkerung gewähr- Gemeinde Wies Unterkünfte zur Verfügung ge- leisten. stellt. Mit dem Museum des Expressionisten Friedrich Ludwig und dem Atelier des Kunst- malers Ernst Schleih wirbt Wieslet um die Gunst Weitere Auskünfte erteilt von Feriengästen. Neuenweg, Raich und der Frank Wöllper, Telefon 0711/641-26 07, staatlich anerkannte Erholungsort Bürchau mit [email protected]

kurz amüsiert ...

Die Frau eines Statistikers gebar Zwillinge. Er war außer sich vor Freude und telefonierte gleich mit dem Pfarrer: „Bring Sie am Sonntag in die Kirche, und wir taufen sie“, sagte der Pfarrer. „Nein“, erwiderte der Statistiker. „Taufe einen. Den anderen halten wir als Kontrolle zurück.“

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