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3. SEPTEMBER BIS 20. OKTOBER 2021 & COLLECTION ON SCREEN Neorealismo Positionen. Renate Bertlmann, Tatjana Ivančić, Maria Lassnig ANNIK LEROY. Utopie und Entzauberung AMOS-VOGEL-ATLAS: Viva Zapatista!

www.filmmuseum.at

fm2021_09_Umschlag RZ KOR.indd 1 15.08.21 15:19 Willkommen im Österreichischen Filmmuseum

Das Österreichische Filmmuseum widmet sich seit 1964 der Samm- lung, Bewahrung, Erforschung und Vermittlung des Mediums Film in all seinen Aspekten. Das beinhaltet ganz zentral die Ausstellung und Vermittlung von Film – als Kunstform, Kulturtechnik und Zeitdokument – in unserem Kinosaal, dem »Unsichtbaren Kino« in der Albertina. Wir zeigen Werke aus der Geschichte des Films grundsätzlich im jeweiligen Originalformat und in den weltweit bestmöglich erhalte- nen Filmkopien (35mm bzw. 16mm). Werke, die ursprünglich auf Video bzw. digital hergestellt oder präsentiert wurden, werden digi- tal projiziert. In seltenen Fällen präsentieren wir auf Film hergestellte Werke digital: Dies geschieht jeweils aus kuratorischen oder konser- vatorischen Gründen und wird speziell ausgewiesen. Filme werden bei uns grundsätzlich in ihrer originalen Sprach- fassung gezeigt und gegebenenfalls untertitelt. Für unsere inter - nationalen Gäste weisen wir Vorführungen in englischer Sprache bzw. Untertitelfassung gesondert aus (siehe Legende S. 2). Screenings in English or with English subtitles are marked with this symbol ★

INHALT Allgemeine Informationen 2 Jan Troell & Bo Widerberg 3 Amos-Vogel-Atlas Kapitel 5: Viva Zapatista! 29 Collection on Screen: Neorealismo 36 Collection on Screen: Positionen. Renate Bertlmann, Tatjana Ivančić, Maria Lassnig 44 Felix Salten und das Kino 50 Lange Nacht der Museen 53 Annik Leroy. Utopie und Entzauberung 54 Zyklisches Programm. Was ist Film 1–14 58 Schule im Kino 64 Filmmuseum on Location. Blind Husbands im Wiener Konzerthaus 65 Spielplan. Alle Filme von 3. September bis 20. Oktober 2021 66 Dank / Impressum 71 Innerhalb eines Themas sind die Filme in der Reihenfolge ihrer Programmierung geordnet. ALLGEMEINE INFORMATIONEN

Häufig gestellte Fragen zu den Corona-Maßnahmen finden Sie hier: www.filmmuseum.at/besuch/covid-19_massnahmen_faq SPIELORT/VEREINSSITZ 1010 Wien, Augustinerstraße 1 EINTRITTSKARTEN Kassa: geöffnet ab einer Stunde vor Beginn der ersten Vorführung Eintrittskarte für Mitglieder sowie Kinder und Jugendliche bis 18: 6 Euro Ermäßigung für Studierende mit Mitgliedschaft: 5 Euro bzw. 3 Euro für regelmäßige Programme (Collection on Screen, Was ist Film, Amos-Vogel-Atlas) Zehnerblock (für Mitglieder): 45 Euro Eintrittskarte ohne Mitgliedschaft: 10,50 Euro Herbstmitgliedschaft: 9,50 Euro Herbstpartnermitgliedschaft: 15,00 Euro Informationen zur Fördernden Mitgliedschaft finden Sie auf Seite 71 und auf unserer Website www.filmmuseum.at RESERVIERUNGEN T +43/1/533 70 54 oder www.filmmuseum.at Karten können ab dem 27. August reserviert werden. Reservierte Karten müssen spätestens 30 Minuten vor Beginn der jeweiligen Vorstellung abgeholt werden. BÜRO/BIBLIOTHEK 1010 Wien, Hanuschgasse 3, Stiege 2, 1. Stock Bibliothek: Benutzung nur mit Voranmeldung: [email protected]; Katalog online unter: www.filmmuseum.at/bibliothek/online-recherche Büro: Mo bis Do 10–18 Uhr, Fr 10–13 Uhr, T 01/533 70 54, E-Mail [email protected] SAMMLUNGEN 1190 Wien, Heiligenstädter Straße 175 (Hof), T 01/533 70 54 -232 FILMBAR IM FILMMUSEUM Täglich von 12 bis 23 Uhr

ABKÜRZUNGEN R Regie B Drehbuch K Kamera S Schnitt M Musik D Darsteller*innen UT Untertitel ZT Zwischentitel • Veranstaltungen mit Gästen oder Einführungen ★ English language or subtitles

TEXTE VON Petra Belc, Patrick Holzapfel, Christoph Huber, Michael Loebenstein, Jurij Meden, Ivana Miloš, Olaf Möller, Andrea Pollach, Harry Tomicek

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 2 9. SEPTEMBER BIS 20. OKTOBER 2021 Jan Troell & Bo Widerberg

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Drei Jahre nach der kompletten Werkschau zu wid- met sich das Österreichische Filmmuseum mit einer Doppelretro - (1967, Bo Widerberg) spektive der nächsten Generation schwedischer Meisterregisseure. Bo Widerberg (1930–97) und Jan Troell (*1931) stehen für den Aufbruch Schwedens in die Kinomoderne. Der jung etablierte Autor Widerberg hatte 1962 mit aufsehenerregender Kritik an Ingmar Bergman und dessen Generation eine Abkehr vom Alten und die Hinwendung zu re- alitätsnahen und zeitgenössischen Stoffen parallel zur französischen Nouvelle Vague gefordert. Als Regisseur gelang ihm mit preisgekrön- ten Filmen wie Barnvagnen (Kinderwagen, 1963) die sofortige Um - setzung seiner Thesen, wobei er anfangs mit dem vormaligen Volks- schullehrer und autodidaktischen Kameravirtuosen Troell zusammen - arbeitete, der sich schnell selbst als Filmemacher etablierte. Binnen we- niger Jahre reüssierten sie unabhängig voneinander auf internationa- len Festivals und schufen von Kritik und Publikum akklamierte Klassiker.

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Jan Troell & Bo Widerberg 3 Welterfolgen wie Widerbergs lyrischer Liebesgeschichte Elvira Madigan (1967) oder Troells zweiteiliger Auswanderer-Saga Utvan- drarna (Emigranten, 1971) und Nybyggarna (Das neue Land, 1972) folgten Einladungen nach Übersee. Widerbergs Arbeitskampf-Bal- lade Joe Hill (1971) und Troells intimer Western Zandy’s Bride (1974, mit Gene Hackman) sind längst als Ausnahmefilme von »New Holly- wood« wiederzuentdecken, doch beide Regisseure kehrten letztlich unbefriedigt nach Schweden zurück. Sie realisierten ihre sehr persön- lichen Vorstellungen eines populären wie engagierten Kinos durch vielschichtige Chroniken ihrer Heimat, die bei allen spezifischen natio - nalen Qualitäten doch universale Wirkung entfalten. Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Handschriften eint beide eine Vorliebe für ungewöhnliche Literaturverfilmungen und eine Haltung: kritischer Humanismus. Dadurch werden ihre Gestaltungen von pa- ckenden Menschenschicksalen und so reichhaltigen wie ambivalen- ten Gesellschaftsbildern zur großen Auseinandersetzung mit den Entwicklungen der Moderne: Schweden als sozialdemokratischer Wohlfahrtsstaat, der sich den Auswirkungen des weltweiten Sieges- zuges des Kapitalismus dennoch nicht entziehen konnte, erwies sich als idealer Brennpunkt für die Beschäftigung mit den widerstreiten- den Kräften, die das 20. Jahrhundert prägten. Widerberg verblüffte dabei auch durch seine Vielseitigkeit: In der Dramatisierung eines Wendepunkts der schwedischen Geschichte (Ådalen 31, 1969) fand er ebenso Stoff für seine Studien menschlicher und sozialer Abhängigkeiten wie in der entwaffnenden Fußball-Kin- derkomödie Fimpen (1974). In seine Adaptionen von klassischer (Knut Hamsun: Victoria, 1979) oder neuerer (Torgny Lindgren: Ormens väg på hälleberget / Der Weg der Schlange auf dem Felsen, 1986) Weltlite- ratur fügt sich nahtlos die kongeniale Umsetzung eines skandinavi- schen Krimi-Meisterwerks von Sjöwall/Wahlöö, mit dem Action-Furioso Mannen på taket (Der Mann auf dem Dach, 1976), das zugleich als eine der härtesten Bilanzen des sozialdemokratischen Scheiterns gelten muss. Wo Widerberg stilistisch immer wieder neue Herausforderungen suchte, etablierte Troell – meist in Personalunion als Regisseur, (Ko-) Autor, Kameramann und Schnittmeister – früh eine Form, bei der sich mit »fotografischem« Auge präzis eingefangene Details zum großen Mosaik fügten: Schon sein Langfilmdebüt Här har du ditt liv (Hier hast du dein Leben, 1966) – wie Widerbergs Kvarteret Korpen (Das Raben-

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Jan Troell & Bo Widerberg 4 Ingenjör Andrées luftfärd (1982 ,

SWEDISH FILM INSTITUTE SWEDISH FILM Jan Troell)

viertel, 1963) stets ganz vorne dabei bei Umfragen nach dem besten schwedischen Film – formt die autobiografische Tetralogie des späte- ren Literaturnobelpreisträgers Eyvind Johnson zu einem dreistündi- gen filmischen Entwicklungsroman, der zugleich wie eine Serie wun- derbarer Kurzfilme wirkt. Ähnliche Meisterleistungen gelangen ihm nicht nur mit seinem großen Auswanderer-Diptychon, sondern auch mit seinen Studien einer gescheiterten Polarexpedition in Ingenjör Andrées luftfärd (Der Flug des Adlers, 1982), den von seiner Bewunde- rung für die Nazis überschatteten späten Jahren des Literaturnobel- preisträgers Hamsun (1996) oder der Biografie einer Arbeiterfrau, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts als Fotografin durchsetzt (Maria

Larsson eviga ögonblick / Die ewigen Momente der Maria Larsson, Alle Kopien dieser 2008). Retrospektive Gleichzeitig war Troell aber auch mühelos dazu imstande, seine (außer Zandy’s Bride) stammen komplexe Weltsicht durch dokumentarische Formen auszudrücken, aus der Sammlung beispielhaft in seinem wohl persönlichsten Werk Sagolandet (Das des SFI (Swedish Märchenland, 1988), oder sie in »kleinen« Geschichten zu verdichten. Film Institute). Einen Film wie Ole dole doff (Raus bist du, 1968), der die Konflikte Jan Troell wird seiner Zeit in der Erzählung von einem überforderten Pädagogen am 9. und 10. Sep- tember im Film - spiegelt, konnte in dieser Authentizität wohl nur ein Ex-Lehrer machen, museum zu Gast gleichzeitig verrät das Fehlen jeglicher Didaktik den neugierigen sein, Jon Weng- Blick eines besonderen Künstlers – auch darin treffen sich Widerberg ström vom Swedish Film Institute und Troell: Bei aller Ambivalenz vermitteln sie stets mit Leidenschaft von 9. bis 11. Sep- und Klarheit die Intensität des Lebens. (Christoph Huber) tember.

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Pojken och draken (Der Junge und der Drachen) R, B, S: Jan Troell, Bo Widerberg K: Jan Troell D: Ale Möller. ★ SE, 1962, DCP (von 16mm), sw, 30 min. Schwedisch mit engl. UT Der jung als Romancier erfolgreiche Bo Widerberg publiziert 1962 DONNERSTAG ein Buch über den schwedischen Film, in dem er parallel zu François 9.9. / 18.30 Truffauts Abrechnung mit dem etablierten französischen Kino die 1 Euro Solidar- Altvorderen, insbesondere Ingmar Bergman, attackiert und eine beitrag für Aktion Kulturpass »Neue Welle« fordert. Er kann seine Thesen erfolgreich umsetzen, zu- erst indem noch im selben Jahr diese bemerkenswerte Fingerübung für zwei Weltkarrieren entsteht, die bereits viele spätere Anliegen MITTWOCH enthält: Widerbergs Partner dabei ist Jan Troell, ein Lehrer, der sich 6.10. / 21.00 nebenbei an vielversprechenden Kurzfilmen versucht hat und vor Als Vorfilm zu allem auch als Kameramann außerordentliches Talent zeigt. Das Sujet Kvarteret Korpen (Das Raben- klingt nach wenig: Ein Junge verbringt seinen Geburtstag anders als viertel) erwartet. Doch dahinter offenbaren die beiden Filmemacher einen authentischen Blick auf vernachlässigte Lebenswirklichkeiten und eine Sensibilität für menschliche Gefühle, die schon Großes ahnen lässt. (C. H.)

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Här har du ditt liv (Hier hast du dein Leben) R, K, S: Jan Troell B: Bengt Forslund, Jan Troell nach der Tetralogie Romanen om Olof von Eyvind Johnson M: Erik Nordgren, Jack Gill, Andrew Walter D: , Gudrun Brost, Bo Wahlström, Rick Axberg, . ★ SE, 1966, 35mm, sw, 168 min. Schwedisch mit engl. UT Anfang des 20. Jahrhunderts in einem armen Gebiet Nordschwedens: DONNERSTAG Der 14-jährige Olof verlässt das Haus seiner Pflegeeltern und wird Teil 9.9. / 19.30 des stetig wachsenden Proletariats. Er arbeitet im Wald, in der Säge- • In Anwesen- mühle, im (Wander-)Kino und bei der Eisenbahn, trifft auf unter- heit von Jan Troell und schiedlichste Arbeiter*innen aller Altersstufen und hört ihren Erzäh- Jon Wengström lungen zu. Dabei entwickelt er Interesse an Politik und Philosophie: (Swedish Film Nachdem er der Gewerkschaftsunion beigetreten ist, macht er sich Institute) die Grundprinzipien des Sozialismus zu eigen – den Glauben, dass FREITAG eine bessere Welt für die ausgebeuteten Massen möglich ist. Hier hat 15.10. / 20.00 er sein Leben: Die Welt liegt vor ihm und wartet darauf, erobert zu werden. Jan Troells poetisches Meisterwerk nach den autobiografi- schen Romanen des späteren Literaturnobelpreisträgers Eyvind Johnson ist ein persönliches und nationales politisches Manifest: ein episches Porträt des Erwachsenwerdens und Erwachens des Protago- nisten und des ganzen Landes. (J. M.)

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Barnvagnen (Kinderwagen) R, B: Bo Widerberg K: Jan Troell S: Wic’ Kjellin M: Jan Johansson D: Inger Taube, , Lars Passgård, Ulla Akselson, Nina Widerberg. ★ SE, 1963, 35mm, sw, 95 min. Schwedisch mit engl. UT Die 18-jährige Fabriksarbeiterin Britt lebt bei den Eltern, treibt durchs FREITAG Leben und macht Zufallsbekanntschaften: Bürgersohn Björn (Wider- 10.9. / 18.30 bergs Alter-Ego-Akteur Thommy Berggren) findet Schweden rück- • In Anwesen- ständig und will nach Paris, vom Rocksänger Robban wird sie schwan- heit von Jan Troell und ger, was Britt dazu zwingt, ihre unbefriedigende Existenz neu aufzu- Jon Wengström bauen. Bo Widerbergs Langfilmdebüt ist die fulminante Umsetzung (Swedish Film seiner Forderung nach einem Umbruch im schwedischen Kino, paral- Institute) lel zur französischen Nouvelle Vague, der sein Film stilistisch in nichts MITTWOCH nachsteht, während er sie sozial progressiv überholt. Weg von reali- 6.10. / 18.30 tätsfernen Klischees und Sinnschwere à la Ingmar Bergman zum leichtfüßigen Umgang mit Lebenswirklichkeit und Jugend, kongenial fotografiert von Jan Troell. Die Direktheit ist entwaffnend: Szenen wie die Vivaldi-Entdeckung in der Bibliothek und der Kronleuchter- Moment wurden zu Instant-Klassikern. (C. H.)

Ingenjör Andrées luftfärd (Der Flug des Adlers) R, K, S: Jan Troell B: Jan Troell, Klaus Rifbjerg, Ian Rakoff, Georg Oddner nach dem Tatsachenroman von Per Olof Sundmann M: Carl-Axel Dominique, Hans-Erik Philip D: Max von Sydow, Sverre Anker Ousdal, Göran Stangertz, Eva von Hanno. ★ SE, 1982, DCP (von 35mm), Farbe, 141 min. Schwedisch mit engl. UT Der schwedische Zivilingenieur Salomon August Andrée versuchte FREITAG im 19. Jahrhundert als erster an den Nordpol zu gelangen – mit einem 10.9. / 21.00 Wasserstoffballon, für dessen Steuerung er ein eigenes Schlepp- • In Anwesen- leinen system entwickelt hatte. 1897 flog er mit zwei Begleitern los – heit von Jan Troell und und verschwand. Erst 1930 wurden die Leichen des Trios, ihre Auf- Jon Wengström zeichnungen und Fotografien gefunden, wodurch sich ein Großteil (Swedish Film des Unternehmens rekonstruieren ließ. Jan Troells Verfilmung kombi- Institute) niert minutiöse Recherche und plausible fiktionale Ergänzungen zu MITTWOCH einer oft gerade in ihrer unbarmherzigen Nüchternheit packenden 13.10. / 20.30 Rekonstruktion der Expedition – inklusive der propagandistischen Verblendungen, die sie antrieb, und der menschlichen Verfehlungen, die ihr Scheitern besiegelte. Das Resultat ist einer der großen Aben- teuerfilme, weniger durch die Konfrontation mit unfassbaren Natur- gewalten, die außen toben, als durch die mitfühlende Erforschung des Unfassbarsten: dem Innenleben des Menschen. (C. H.)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Jan Troell & Bo Widerberg 8 SWEDISH FILM INSTITUTE SWEDISH FILM

Joe Hill R, B, S: Bo Widerberg K: Petter Davidson, Jörgen Persson M: Stefan Grossman D: Thommy Berggren, Anja Schmidt, Kelvin Malave, Evert Anderson. ★ US/SE, 1971, DCP (von 35mm), Farbe, 118 min. Englisch Dank des Riesenerfolgs von Elvira Madigan zählte Bo Widerberg zu SAMSTAG den Europäern, die im Zuge von »New Hollywood« als prospektive Er- 11.9. / 18.30 folgsautorenfilmer von den großen Studios umworben wurden. Eine • Einführung Adaption von The Great Gatsby war im Gespräch, doch Widerberg von Jon Wengström entschied sich mit typischem politischem Kampfgeist für eine Film- (Swedish Film biografie des schwedischstämmigen Arbeiterbewegungs-Aktivisten Institute) und Singer-Songwriters Joe Hill (verkörpert von seinem Stamm- schauspieler Thommy Berggren). Hill war als Gewerkschafts-Agitator FREITAG den Mächtigen ein Dorn im Auge und wurde schließlich nach einem 1.10. / 18.30 dubiosen Mordprozess, der sich zum Justizskandal auswuchs, 1915 hingerichtet. Legendär wurden nicht nur seine letzten Worte: »Don’t mourn – organize!« Widerberg schlägt einen angemessen balladen- haften Ton an, um den Mythos gleichermaßen zu unterspielen wie zu untermauern: wie Troells Zandy’s Bride ein ganz eigensinniger New- Hollywood-Beitrag, der auch wegen Rechteproblemen merkwürdig vernachlässigt geblieben ist. (C. H.)

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Dom över död man (Das letzte Urteil) R: Jan Troell B: Jan Troell, Klaus Rifbjerg K: Mischa Gavrjusjov, Jan Troell S: Ulrika Rang, Jan Troell M: Gaute Storaas D: , , ★ Björn Granath, Ulla Skoog. SE, 2012, DCP, sw, 126 min. Schwedisch mit engl. UT Troells jüngster Spielfilm handelt von einer der dunkelsten Epochen in SAMSTAG der schwedischen Geschichte des 20. Jahrhunderts: der »Neutralität« 11.9. / 21.00 im Zweiten Weltkrieg, was soviel hieß wie die Pflege von freundschaft- lichen Beziehungen zu Nazi-Deutschland, das von Schweden großzü- gig mit Rohmaterialen für den Krieg versorgt wurde. Der Zeitungsre- dakteur Torgny Segerstedt zählte zu den wenigen Schweden, die sich ab dessen Machtergreifung vehement und öffentlich gegen Hitler aussprachen. Segerstedts einsamer politischer Kampf wird von Troell mit dem chaotischen Privatleben des Journalisten kontrastiert, das von drei außergewöhnlichen Frauen geprägt ist – und zwar über den Tod hinaus: seiner Mutter, seiner Frau und seiner Geliebten, die zu- gleich die Gattin seines besten Freundes ist. In Kombination mit Wochenschau-Aufnahmen aus der Ära gestaltet Troell sein Kammer- spiel als gemessenes Monument, um eine ethische Haltung zu würdi- gen – darin zeigt sich Dom över död man als perfektes Gegenstück zu Hamsun, wo Troell eine ganz andere Haltung im Angesicht desselben politischen Drucks untersuchte. (J. M.)

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Kvarteret Korpen (Das Rabenviertel) R, B: Bo Widerberg K: Jan Lindeström S: Wic’ Kjellin M: Giuseppe Torelli D: Thommy Berggren, , Emy Storm, Christina Frambäck, Nina ★ Widerberg. SE, 1963, 35mm und DCP, sw, 100 min. Schwedisch mit engl. UT Im Rabenviertel von Malmö leben kinderreiche Arbeiterfamilien in MONTAG Armut. Einer davon entstammt der angehende Schriftsteller Anders 13.9. / 18.30 (Thommy Berggren), dessen Vater Alkoholiker geworden ist, wäh- Auf 35mm rend sich die Mutter als Wäscherin verdingt. Anders und sein fußball- spielender Freund Sixten hoffen durch ihre Leidenschaften den MITTWOCH Lebensumständen zu entkommen: Sie bilden zugleich den Stoff für 6.10. / 21.00 Anders Debütroman, der ihm eine Einladung eines Verlags aus Stock- Von DCP holm einträgt … Kvarteret Korpen wurde Widerbergs preisgekrönter Mit Vorfilm: Durchbruch, inklusive Cannes-Wettbewerb und Auslandsoscar-Nomi- Pojken och draken (Der nierung. Der gefeierte »poetische Naturalismus« dieser am Vorabend Junge und der des Zweiten Weltkriegs angesiedelten Milieustudie war von den Kind- Drachen) heitserinnerungen des Regisseurs inspiriert und erwies sich als gleichermaßen Weltkino-kompatibel wie als Manifestation von etwas genuin Schwedischem: Ingmar Bergman hatte das Werk in seiner Top Ten und es reüssiert bis heute bei nationalen Umfragen nach Schwe- dens bestem Film. (C. H.)

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Ole dole doff (Raus bist du) R, K, S: Jan Troell B: Jan Troell, Bengt Forslund, Clas Engström nach dessen Roman Ön sjunker av M: Lars Lalin D: , Ann-Marie Gyllenspetz, Kerstin Tidelius, Bengt Ekerot. SE, 1968, DCP (von 35mm), sw, 110 min. ★ Schwedisch mit engl. UT Für Lehrer Mårtensson (Per Oscarsson) wird der Umgang mit seinen MONTAG Sechstklässlern zur Herausforderung: Mangels Durchsetzungsvermö- 13.9. / 21.00 gen setzt er auf Strenge, was die Schüler erst recht dazu anstachelt, ihn zu provozieren. Sein Plädoyer für demokratischere Unterrichts- MONTAG formen führt am Elternabend zu Skepsis: Die Mehrheit glaubt an harte 18.10. / 18.30 Autorität. Der Druck von allen Seiten und die Selbstüberschätzung führen schließlich zur Eskalation. Troell war (wie seine Koautoren) selbst Lehrer und drehte an seiner alten Schule: Die Authentizität (etwa wenn die Kinder gelegentlich glaubhaft bösartig agieren, ohne dabei je monströs überzeichnet zu wirken) vertieft die beunruhi- gende Kraft dieses keineswegs objektiven Films, der die Angst seines Protagonisten aber auch nicht rein subjektiv zeichnet, sondern durch unvorhersehbare Wendungen und unangenehme Situationen eine Fusion von Alptraum und Alltag erreicht, die zu etwas Größerem wird. Das Porträt eines Mannes, der in der modernen Welt untergeht. Eines der geheimen Meisterwerke von (und zu) 1968. (C. H.)

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Heja Roland! (Hallo, Roland) R, B: Bo Widerberg nach seinem Roman Den gröna draken K: Jörgen Persson S: Bo Widerberg, M: Claes af Geijerstam D: Thommy Berggren, , Ulf Palme, Holger Löwenadler, Ingvar Kjellson. ★ SE, 1966, 35mm, sw, 91 min. Schwedisch mit engl. UT Der junge Autor Roland (Thommy Berggren) verdingt sich aus Geld- MITTWOCH not in der Werbebranche, landet in der Kosmetika-Kampagne einer 15.9. / 18.00 Agentur und wird mit Marktforschung für eine neue Wunderdroge gegen Pickel beauftragt. Widerbergs Werbesatire ist eine Art schwe- disches Nouvelle-Vague-Pendant zu den einschlägigen Hollywood- Komödien von Frank Tashlin und ein weiterer Beweis für seine er- staunliche Vielseitigkeit als Regisseur: Sozialkritische Seitenhiebe steigern sich zu surrealen Übertreibungen, der Tonfall unterscheidet sich radikal von den vorigen Regiearbeiten (Vorlage: einer der Ro- mane, mit denen Widerberg vor seiner Filmlaufbahn bekannt wurde). Wohl auch deshalb wird Heja Roland! in der kritischen Auseinander- setzung mit Widerberg übergangen, trotz Triumphen bei den schwe- dischen Guldbagge-Filmpreisen im Erscheinungsjahr: Seine satiri- sche Schlagseite passt nicht ins offizielle Widerberg-Bild. (C. H.)

Sagolandet (Das Märchenland) Ein Film von Jan Troell M: Tom Wolgers. SE, 1988, DCP (von 16mm), Farbe und sw, 184 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Jan Troell hat parallel zu seinen berühmteren Spielfilmen stets doku- MITTWOCH mentarisch gearbeitet, mit demselben außergewöhnlichen Gespür 15.9. / 20.30 für Details, anhand derer er große Dinge des Lebens verhandeln kann, die dem Kino anderswo oft zum Klischee gerinnen und es sym- bolschwer zu Boden ziehen. Das Dokumentarepos Sagolandet ist in dieser Hinsicht wohl sein persönlichstes Hauptwerk: ein Film für seine Tochter Johanna. Der mit über 50 Jahren Vater gewordene Regisseur macht sich noch einmal auf die Suche nach dem »Märchenland« der Kindheit und fragt sich (ebenso wie renommierte Psycho logen, Schulkinder, Hundefriedhofbetreiber oder schwedische Premier- minister), was in einem halben Jahrhundert aus seiner Heimat gewor- den ist. Ein Film über »Leben«, »Fortschritt«, »Natur« nicht als abgeho- bene Abstraktion, sondern als konkretes Erlebnis – und nicht zuletzt ein Film über die Zukunft, der sich teilweise höchst gegenwärtig an- fühlt, etwa indem man die Wurzeln dessen sieht, wofür heute Greta Thunberg als Schlagwort gilt. (C. H.)

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Kärlek 65

Die Schule des Sehens

Sommartåg (Sommerzug) Jan Troell. SE, 1961, DCP (von 16mm), sw, 14 min De kom tillbaka (Sie kamen zurück) Jan Troell. ★ SE, 1962, DCP (von 16mm), sw, 24 min. Schwedisch mit engl. UT Den gamla kvarnen (Die alte Mühle) Jan Troell. SE, 1964, 35mm, sw, 10 min Johan Ekberg Jan Troell. SE, 1964, DCP (von 35mm), sw, 21 min A Mother with Two Children Expecting Her Third Bo Widerberg. ★ SE, 1970, 35mm, Farbe, 7 min. Englisch Während er als Lehrer arbeitete, begann Jan Troell Kurzfilme zu ma- DONNERSTAG chen, um seine Schüler für diverse Themen zu interessieren. Bald 16.9. / 18.30 interessierte sich Troell selbst vor allem fürs Filmemachen und gestal- tete Sujets wie das Kinderabenteuer der ersten Zugfahrt, die Folgen des Algerienkriegs oder das Leben eines Pensionisten. Die fantasti- sche Miniatur Den gamla kvarnen erntete Lob von Ingmar Bergman, was Troell endgültig den Weg zur professionellen Karriere ebnete: Sein weltweit gefeiertes Langfilmdebüt Här har du ditt liv funktioniert wie eine Serie von poetischen Kurzfilmen ähnlich den hier versammel- ten. Dazu die einzige kurze Arbeit von Bo Widerberg, ein Gespräch mit der politisch engagierten Starschauspielerin , u. a. über ihre Erfahrungen bei der Geburt ihrer Kinder und den Vietnam- krieg. (C. H.)

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Kärlek 65 (Roulette der Liebe) R, B, S: Bo Widerberg K: Jan Lindeström, Bruno Rådström, Hans Emanuelsson M: Antonio Vivaldi, Bill Evans u. a. D: Keve Hjelm, Ann-Marie Gyllenspetz, Inger Taube, Evabritt Strandberg, Ben Carruthers, Nina Widerberg. ★ SE, 1965, 35mm, sw, 96 min. Englisch und Schwedisch mit engl. UT Keve – Filmregisseur, Ehemann, Vater, Liebhaber – weiß nicht mehr wei- FREITAG ter. Sein aktuelles Projekt überfordert ihn, seine Gattin Ann-Marie fühlt 17.9. / 21.00 sich vernachlässigt, während sich seine Amour Maj-Britt als kapriziöser denn gedacht erweist. Die Sixties-Kinomoderne war zur Dekadenmitte DONNERSTAG an einen Punkt gelangt, wo das Verzweifeln am Film zu einem eigenen 14.10. / 18.30 Subgenre geworden war – was wohl auch heißt, dass man diese Kunst- form ernst genug nahm, um ihr die Gegenwart, deren (Zeit-)Geist an- zuvertrauen. Widerbergs frühes Hauptwerk Kärlek 65 ist denn auch weniger ein Akt der grübelnden Selbstbefragung als ein kühl-mondä- nes Melodram, in dem 8 ½ mit La notte gekreuzt und dann im schwe- dischen Küstenwasser leicht angefroren wird. Nach Kärlek 65 versteht man, warum in jenen Jahren cinephil ähnlich hip war wie Paris, London, Warschau oder New York. (O. M.)

Elvira Madigan (Das Ende einer großen Liebe) R, B, S: Bo Widerberg K: Jörgen Persson M: Wolfgang Amadeus Mozart, Antonio Vivaldi D: , Thommy Berggren, Lennart Malmer, Cleo Jensen, Nina Widerberg. SE, 1967, 35mm, Farbe, 89 min. Schwedisch mit dt. UT Die Hochseiltänzerin Hedvig – berühmt für ihre Schönheit und unter SAMSTAG dem Künstlernamen Elvira Madigan – und ihr adeliger Geliebter 18.9. / 21.00 (Thommy Berggren) ziehen Ende des 19. Jahrhunderts durch das • Einführung sommerliche Dänemark. Die schwedische Heimat hat das Paar verlas- von Christoph Huber sen, nachdem er von der Armee sowie Frau und Kindern desertiert ist. Doch die beiden werden entdeckt, ihre Mittel schwinden sukzessive, SAMSTAG es bleibt nur ein Ausweg: gemeinsamer Liebestod. Die wahre Ge- 9.10. / 18.30 schichte des tragischen Paares inspirierte eine Ballade, die sofort skandinavische Folklore wurde: Widerberg ließ sich davon zu einer berauschend sinnlichen Romanze vor lyrischen Naturpanoramen in- spirieren, deren überwältigender Welterfolg soweit ging, dass das leitmotivisch verwendete Mozart-Klavierkonzert seither oft nach dem Film benannt wird. Die zeitgenössische Resonanz seines Sujets in der Ära der Hippie-Aussteiger war vom Regisseur durchaus intendiert, wenn auch mit Widerhaken: die Tragödie der Unmöglichkeit, der Welt den Rücken zu kehren. (C. H.)

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Den vita sporten (Der weiße Sport) Ein Film des Kollektivs Grupp 13 (Bo Widerberg, , Kalle Boman, Lena Ewert, Staffan Hedqvist, Axel Lohmann, Lennart Malmer, Jörgen Persson, Ingela Romare, Inge Roos, Rudi Spee, Björn Öberg und Sven Fahlén). ★ SE, 1968, 35mm, Farbe, 102 min. Schwedisch mit engl. UT Der Mai 1968 ist mit der Kulmination der Studentenproteste in Frank- MONTAG reich assoziiert, aber tatsächlich kam es schon zu Anfang des Monats 20.9. / 18.30 im schwedischen Hinterland zu ähnlichen Unruhen. Der Anlass? Tennis! Im beliebten Urlaubsörtchen Båstad sollte 1968 ein Ausscheidungs- spiel für den Davis Cup zwischen Schweden und Rhodesien stattfin- den, doch rückten Demonstranten aus dem ganzen Land an, um gegen die Zulassung von zwei Apartheid-Ländern (Südafrika nahm ebenfalls teil) zu protestieren. Ein Kollektiv, dem die Starregisseure Bo Widerberg und Roy Andersson angehörten, fing die tumultartigen Geschehnisse ein, führte dazu Interviews mit studentischen und ande- ren Demonstranten, schwedischen Politikern wie Olof Palme, aber auch selbstzufriedenen rhodesischen Gästen und der örtlichen Bevöl- kerung, die ihren Frieden (und den »unpolitischen« Sportsgeist) ge- stört sah. Ein mitreißendes, außerhalb Schwedens kaum bekanntes Zentralwerk des politischen Vérité-Kinos zur 68er-Bewegung. (C. H.)

Zandy’s Bride R: Jan Troell B: Marc Norman nach The Stranger von Lillian Bos Ross K: Jordan Cronenweth, Frank Holgate S: Gordon Scott M: Michael Franks D: Gene Hackman, , Eileen Heckart, Susan Tyrrell, Harry Dean Stanton. US, 1974, 35mm, ★ Farbe, 97 min. Englisch mit dt./frz. UT Der Welterfolg seiner Emigranten-Epen brachte Troell in die USA, wo MONTAG er mit diesem intimen Western einen außergewöhnlichen New-Holly- 20.9. / 21.00 wood-Beitrag lieferte, in dem Gene Hackman, Liv Ullmann, Susan Tyr- rell und Harry Dean Stanton brillieren. Hackman spielt den schroffen DONNERSTAG Viehrancher Zandy, der sich eine schwedische Immigrantin (Ullmann) 14.10. / 21.00 als Braut per Katalog bestellt hat: Er sieht sie als Besitzstück, das zur harten Arbeit beitragen und ihre Pflichten erfüllen soll. Doch sie Courtesy of kämpft nicht nur für (ihre) Gefühle und um Respekt, sondern für ein Cinémathèque suisse besseres Leben. Die spezielle Magie von Troells Kino kommt auch in Übersee zur Entfaltung: eine besondere Beziehung zu Menschen, ihrem Territorium, ihrer Zeit. Obwohl Troell unglücklich war, weil er in Hollywood nicht selbst die Kamera führen durfte, sind die Land- schaftsbilder überwältigend. (C. H.)

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Bang! R, K, S: Jan Troell B: Jan Troell, Georg Oddner, Sven Christer Swahn nach dessen Kurzgeschichte Orgeladjunkten D: Håkan Serner, Susan Hampshire, , Ulf Palme, Eva von Hanno. SE, 1977, 35mm, Farbe, 100 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Bang! ist eine Anomalie im Werk von Jan Troell, das sich sonst vor MITTWOCH allem damit beschäftigt, die schwedische sozialdemokratische Iden- 22.9. / 18.30 tität zu etablieren und zu zelebrieren. Hier blickt der Künstler hinge- gen konsequent nach innen, um eine seiner intimsten, aber auch for- MITTWOCH mal verspieltesten und freischwebendsten Erzählungen zu gestalten. 20.10. / 21.00 Bang! folgt den künstlerischen und sexuellen Abenteuern eines flöte- spielenden Junggesellen mittleren Alters (famos: Håkan Serner), der hin- und hergerissen ist: zwischen zwei Frauen, zwischen dem lang- weiligen Brotberuf als Lehrer (Troell selbst unterrichtete vor seiner Regiekarriere in der Volksschule) und einer Avantgarde-Symphonie, die der Amateurmusiker in seiner Freizeit obsessiv komponiert. Mit seiner Abfolge eindrucksvoller Tableaus nimmt der Film die visuellen Kunststücke von Landsmann Roy Andersson vorweg, sein nahezu sur- realistischer Duktus macht ihn nicht nur zu einem der persönlichsten, sondern auch lustigsten Filme Troells: quasi das 8½ eines armen skan- dinavischen Mannes, mit grimmigen Männern in der Sauna als Ersatz für Anita Ekberg im Trevi-Brunnen. (J. M.)

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Ådalen 31 R, B, S: Bo Widerberg K: Jörgen Persson M: Duke Ellington, Adolphe Degeyter, Wilfred Burns, Karl-Gustaf Lundin D: Peter Schildt, Kerstin Tidelius, , Anita Björk, Martin Widerberg. SE, 1969, 35mm und DCP, Farbe, 114 min. ★ Schwedisch mit engl. UT Die »Schüsse von Ådalen« 1931 gelten als Wendepunkt von Schwe- MITTWOCH dens Geschichte. Nach der Weltwirtschaftskrise hatten Konzernbesit- 22.9. / 21.00 zer im Ådalen-Tal Streikbrecher engagiert, das Militär sollte die kom- Von DCP munistischen Gegendemonstrationen stoppen. Nachdem Soldaten in die Menge schossen, kam es nur zu milden Disziplinarstrafen – und SAMSTAG eine Welle der Empörung brachte die Sozialdemokraten an die 9.10. / 21.00 Macht. Widerberg schildert die dramatischen Geschehnisse als facet- Auf 35mm tenreiches Sozialpanorama, die Intensivierung des Konfliktes kontra- stiert von einer sommerlichen Atmosphäre, die wie in Elvira Madigan die Schönheit impressionistischer Malerei beschwört. Der Ausdruck von Widerbergs ambivalenter Weltsicht wurde von »progressiven« Kritikern als Verrat am politischen Sujet bekrittelt. Als wäre ein Miss- verständnis der Ungerechtigkeiten möglich … (C. H.)

Mannen från Mallorca (Der Mann aus Mallorca) R, B, S: Bo Widerberg nach Grisfesten von Leif G. W. Persson K: Thomas Wahlberg M: Björn J:son Lindh D: , Tomas von Brömssen, Håkan Serner, Ernst Günther, Thomas Hellberg. SE, 1984, 35mm, Farbe, 106 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Das vermeintliche Idyll der Vorweihnachtszeit wird durch einen unge- DONNERSTAG wöhnlichen Postüberfall gestört. Das Zivilpolizistenduo Johansson 23.9. / 18.30 und Jarnebring ist zufällig in der Nähe und heftet sich – vergeblich – • Einführung auf die Fersen des Täters. Eine Mordserie an Augenzeugen und Behin- von Christoph Huber derungen der Ermittlungen erhärten den Verdacht, einer Verschwö- rung in höchsten Kreisen auf der Spur zu sein … Ausgerechnet nach MONTAG dem Triumph mit Mannen på taket begann für Widerberg eine 11.10. / 21.00 schwierige Karrierephase, sein zweites Krimi-Meisterstück Mannen från Mallorca ist ein lupenreines Comeback – insgesamt vielleicht etwas weniger spektakulär in seinen nichtsdestotrotz virtuos gehand- habten Genreszenen, dafür umso intensiver in seiner Konzentration auf vermeintliche Nebensachen: der Schwerpunkt liegt dabei auf der Zermürbung, ob durch Routinen oder durch Korruption, mit schwar- zem (und sehr schwedischem) Humor serviert und beinhart in seiner Systemkritik. Das Finale: eine einzige Frechheit. (C. H.)

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Mannen på taket (Der Mann auf dem Dach) R, B: Bo Widerberg nach Den vedervärdige mannen från Säffle von Maj Sjöwall und Per Wahlöö K: Odd Geir Sæther, Per Källberg S: Sylvia Ingemarsson, Bo Widerberg M: Björn J:son Lindh D: Carl-Gustaf Lindstedt, Sven Wollter, Thomas Hellberg, Håkan Serner, . SE, 1976, 35mm, Farbe, 110 min. ★ Schwedisch mit engl. UT »Roman über ein Verbrechen« war der Übertitel jenes zehnbändigen DONNERSTAG Zyklus des Duos Sjöwall/Wahlöö, der zugleich Initialzündung und 23.9. / 21.00 Höhepunkt des skandinavischen Krimis ist. Das Verbrechen meinte • Einführung nicht die einzelnen Fälle für Kommissar und sein Team, von Christoph Huber sondern die Entwicklung der schwedischen Gesellschaft im Zeichen des Kapitalismus, über eine Dekade hinweg minutiös analysiert – ein MONTAG ideales Sujet für Bo Widerberg, der mit seiner kongenialen Adaption 11.10. / 18.30 des siebten Bandes einen der größten Kriminalfilme des Weltkinos schuf, zugleich atemberaubendes Spannungsstück und hochverdich- tete Sozialkritik. Der Mord an einem Polizisten führt in ein Ermittlungs- Labyrinth, in dem (nicht nur) Kategorien wie »Opfer« und »Täter« auf den Kopf gestellt werden. Widerberg zeichnet die pointierten Details des schwedischen Alltagslebens und der polizeilichen Berufs- routine ebenso exatkt wie er in der zweiten Hälfte grandiosen Action- Suspense gestaltet, der selbst sein erklärtes Vorbild The French Connection wie Kleinkram aussehen lässt. (C. H.)

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Ormens väg på hälleberget (Der Weg der Schlange auf dem Felsen) R, B, S: Bo Widerberg nach dem Roman von Torgny Lindgren K: Jörgen Persson M: Stefan Nilsson D: , Stellan Skarsgård, Reine Brynolfsson, Pernilla Östergren, Pernilla Wahlgren. SE, 1986, 35mm, Farbe, 111 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Ab den 1980ern realisiert Widerberg vor allem TV-Adaptionen von FREITAG großer Literatur und bekommt nur mehr drei Kinofilme ausfinanziert, 24.9. / 18.00 die intensive Höhepunkte seines Werks in völlig unterschiedlichen Tonlagen werden. Diese Verfilmung eines außergewöhnlichen histo- MITTWOCH rischen Romans ist zugleich spiritueller Abenteuerfilm über die Kon- 20.10. / 18.30 frontation mit dem Bösen im Menschen, Gesellschaftsbild aus einer Zeit des großen Hungers Mitte des 19. Jahrhunderts in Schweden (Troells Emigranten-Epen erzählen von der Flucht davor) und eine Allegorie kapitalistischer Unterwerfung. Der örtliche Kaufmann wird zum Besitzer des Hauses einer verschuldeten Familie, jedes Jahr kommt der Termin, wo er sich von der verwitweten Mutter sexuell »entschädigen« lässt – nachdem sein Sohn (Stellan Skarsgård) dieses Leibrecht erbt, spitzen sich die Verhältnisse zu … In seiner Verdich- tung einer von Widerbergs erschütterndsten Filmen, und dennoch ein charakteristischer Protest gegen Hoffnungslosigkeit. (C. H.)

Utvandrarna (Emigranten) R, K, S: Jan Troell B: Bengt Forslund, Jan Troell nach Utvandrarna und Invandrarna von M: Erik Nordgren D: Max von Sydow, Liv Ullmann, Eddie Axberg, Sven-Olof Bern, . , 1971, 35mm, Farbe, 191 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Jan Troells Vorliebe für mitreißende Epik und historische Rekonstruk- FREITAG tion erreicht mit Utvandrarna einen explosiven Höhepunkt. Der erste 24.9. / 20.30 Teil einer ambitionierten Chronik der schwedischen Emigration nach Nordamerika Mitte des 19. Jahrhunderts führt aus der Provinz Små- SAMSTAG land, wo die arme Familie der Nilssons mit der harschen Natur und 16.10. / 16.00 einer noch feindlicheren Gesellschaft kämpft, über Meer und Land nach New York und Minnesota. Troells radikal unsentimentales, natu- ralistisches Porträt der europäischen Besiedelung der USA wirkte damals geradezu schockierend, wurde aber auf beiden Seiten des Ozeans gefeiert. In Übersee war man fasziniert von den Unterschie- den zu den eigenen romantischen Mythen über die Kolonialisierung und nominierte Utvandrarna für fünf Oscars. (J. M.)

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Fimpen (Fimpen, der Knirps) R, B, S: Bo Widerberg K: John Olsson M: Sergei Prokofjew, Johann Strauss (Sohn), Keith Mansfield u. a. D: Johan Bergman, Monica Zetterlund, Magnus Härenstam, Ernst-Hugo Järegård und das schwedische Fußball-Nationalteam. SE, 1974, 35mm, Farbe, 90 min. Schwedisch mit dt. UT Der Stürmerstar Schwedens dribbelt auf einem Kinderfußballplatz SAMSTAG mit – und wird vom sechsjährigen Fimpen ausgetrickst. Der Profi ver- 25.9. / 18.00 fällt in Depression (er trinkt nicht mal mehr seinen Kaffee: »Ist doch nur ein Haufen Koffein mit Gerbsäure«), aber für Fimpen erfüllt sich FREITAG ein Traum: Er übernimmt dessen Posten und wird zur Fußballsensa- 15.10. / 18.00 tion im Ligaverein und bald auch im Nationalteam. Aber die Erfolgs- • Einführung geschichte hat ihre unerwarteten Schattenseiten … Dieses Herzens- von Christoph Huber projekt von Fußballfan Bo Widerberg (Schwedens Nationalteam spielt sich selbst!) wurde lange als amüsante Kuriosität abgetan. Dabei ist Fimpen wahrscheinlich nicht nur der beste Kinderfilm und Fußballfilm jemals (ohne dabei »bloß« ein Film für Kinder oder Fuß- ballfreunde zu sein, im Gegenteil), sondern womöglich der beste Widerbergfilm: Denn die märchenhafte Idee nutzt Widerberg für ein zwar zauberhaftes, zugleich jedoch bemerkenswert illusionsloses Porträt vom Kindsein und der Gesellschaft – von Utopie und Mangel. (C. H.)

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Nybyggarna (Das neue Land) R, K, S: Jan Troell B: Bengt Forslund, Jan Troell nach Nybyggarna und Sista brevet till Sverige von Vilhelm Moberg M: Bengt Ernryd, Georg Oddner, Lars August Lundh, Nils Parling D: Max von Sydow, Liv Ullmann, Eddie Axberg, Pierre Lindstedt, Monica Zetterlund. SE, 1972, 35mm, Farbe, 204 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Diese Fortsetzung zu Utvandrarna spielt zur Gänze am nordamerika- SAMSTAG nischen Kontinent und ist noch ausladender in Ambition und Um- 25.9. / 20.00 fang. Unter Führung des entschlossenen Patriarchen Karl Oscar (Max von Sydow) beginnt sich die hoffnungsfrohe und ausdauernde Nils- SAMSTAG son-Familie im Lauf mehrerer Dekaden im neuen Land zu verwurzeln. 16.10. / 20.00 Abgesehen von der bis ins kleinste Detail erfolgreichen Umsetzung einer generationenübergreifenden Geschichte von der Nationenbil- dung gelingt Troell auch ein ungewöhnlich aufrichtiges Porträt der Dakota-Ureinwohner als tragische Opfer der Kolonisierung: Der be- rüchtigte Dakota-Krieg von 1862 und die anschließende Massenexe- kution – die größte der US-Geschichte – von aufständischen Sioux formen ein politisches und emotionales Herzstück des Films. (J. M.)

Liv till varje pris (Leben um jeden Preis) Ein Film von K: Per Källberg S: Stefan Jarl, Joakim Johansson M: Ulf Dageby MIT: Thommy Berggren, Jan Troell, Roy Andersson, Elia Kazan. SE, 1998, 35mm, Farbe und sw, 93 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Neben Bo Widerberg, Jan Troell und Roy Andersson zählte Stefan Jarl MONTAG zu den führenden Figuren der Modernisierung des schwedischen 27.9. / 18.30 Kinos ab den 1960ern. Ingmar Bergman pries ihn als »einen der letz- ten großen Samurais, der unerbittlich für seine Ideale und Überzeu- gungen kämpft« – eine Haltung, die Jarl auch mit Widerberg verband, für den er u.a. mehrfach als Produktionsmanager tätig war und dem er diesen persönlichen Dokumentarfilm widmete. Er versucht sich dabei weniger an einem allgemeinen Überblick denn am Entschlüs- seln der Besonderheit von Widerberg als Mensch und Künstler, mit einem seiner wichtigsten Mitarbeiter als Kronzeugen: Thommy Berg- gren, langjähriges darstellerisches Alter Ego Widerbergs (und min- destens ebenso exzentrisch), führt durch ein Konvolut von Erinnerun- gen, darunter auch das rare Material des unvollendet gebliebenen Films Rot und Schwarz, an dem Widerberg von 1980 bis zu seinem Tod arbeitete. (C. H.)

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Victoria R, B, S: Bo Widerberg nach dem Roman von Knut Hamsun K: Hanno-Heinz Fuchs M: Giuseppe Verdi D: Michaela Jolin, Stephan Schwartz, Pia Skagermark, Christiane ★ Hörbiger, Hans-Christian Blech. DE/SE, 1979/87, 35mm, Farbe, 89 min. Englisch Schon als Jugendlicher träumt der Müllersohn Johannes davon, MONTAG Schriftsteller zu werden – und verliebt sich in die ein paar Jahre jün- 27.9. / 21.00 gere Adelige Victoria vom nahen Herrenhof. Doch im 19. Jahrhundert • Einführung ist der Standesunterschied zwischen den beiden unüberwindbar: von Elisabeth Streit Obwohl Johannes erfolgreicher Autor wird und sich die beiden immer wieder begegnen, wird Victoria von den Eltern einem Offizier versprochen, dessen Finanzen die verschuldete Familie sanieren sollen. Während sein Weggefährte Jan Troell später einen Film über Knut Hamsun machen würde, verfilmte Widerberg eine Erzählung des Literaturnobelpreisträgers, in der sich wichtige Themen seines eigenen Werks spiegeln: Als internationale Koproduktion sollte es eine Art große Oper im Verhältnis zu seinen intimeren Melodramen werden, wurde aber nach Auseinandersetzungen mit dem deutschen Koproduzenten und Problemen mit der Synchronfassung zum film maudit, den Widerberg erst 1987 in seiner gewünschten Schnittfas- sung vollenden konnte. (C. H.)

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En frusen dröm (Ballonfahrt in den Tod) Ein Film von Jan Troell B: Göran Gunér, Jan Troell M: Lars Åkerlund, Sebastian Öberg. SE, 1997, 35mm, Farbe und sw, 60 min. Schwedisch mit engl. UT ★ DAVOR: Uppehåll i myrlandet (Aufenhalt im Marschland) Jan Troell. D: Max von Sydow, . SE, 1965, 35mm, sw, 30 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Mit En frusen dröm kehrt Troell noch einmal zum Sujet von Ingenjör MITTWOCH Andrées luftfärd zurück und schildert die gescheiterte Nordpolexpe- 29.9. / 18.30 dition mit dem Ballon von 1897 als dokumentarischen Essay mit Aus- zügen aus den Tagebüchern und Briefen der Expeditionsteilnehmer MITTWOCH sowie mit den originalen Bildern, die Fotograf Nils Strindberg dabei 13.10. / 18.30 mit einer Spezialkamera aufnahm. Und doch zeigt sich gerade in der Gegenüberstellung mit Troells epischer Spielfilmversion ein altes Paradox des Kinos: gerade im Dokumentarischen offenbart sich auch Fiktion – und umgekehrt. Als Vorspiel das erste Kurzfilm-Meisterwerk Troells, zugleich ein großes Landschaftsdokument: Troells zukünfti- ger Darsteller des Ballonfliegers Andrée, Max van Sydow, als Zug- bremser, der in Lapplands Wildnis buchstäblich aussteigt, um sich einen Wunsch zu erfüllen. (C. H.)

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Lust och fägring stor (Schön ist die Jugendzeit) R, B, S: Bo Widerberg K: Morten Bruus M: Johann Sebastian Bach, Gustav Mahler u. a. D: Johan Widerberg, Marika Lagercrantz, Tomas von Brömssen, Karin Huldt, Nina Gunke. SE/DK, 1995, 35mm, Farbe, 130 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Widerbergs letzter Film, ein Jahr vor dem Krebstod des Regisseurs MITTWOCH auf der Berlinale preisgekrönt, fühlt sich keineswegs wie ein Abschied 29.9. / 21.00 an, sondern zelebriert noch einmal mit erzählerischem Erfindungs- reichtum und sinnlichem Genuss den Geschmack des Lebens – frei- lich, ganz Widerbergs Ambivalenzen folgend, ohne Enttäuschungen und Rückschläge auszuklammern. War sein Durchbruchsfilm Kvarteret korpen ein autobiografischer Kindheits-Rückblick in die Armenviertel Malmös, formt Widerberg hier seine persönlichen Erinnerungen an die Heimatstadt während des Weltkriegsjahrs 1943 zum farbenfrohen Entwicklungsroman, im Zentrum eine amour fou: Der 15-jährige Stig (Widerbergs Sohn Johan) hat eine leidenschaftliche Affäre mit seiner 20 Jahre älteren Englischlehrerin Viola (Marika Lagercrantz), die in einer unbefriedigenden Ehe lebt – doch dann freundet sich ihr Alko- holikergatte in einem der typischen tragikomischen Geistesblitze des Films mit dem Jungen an, was zu unerwarteten Wendungen in der Beziehungskonstellation führt. (C. H.)

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Il Capitano R, K, S: Jan Troell B: Jan Troell, Göran Setterberg, M: Lars Åkerlund, Sebastian Öberg D: Maria Heiskanen, Antti Reini, Berto Marklund, Matti Dahlberg. SE/FI, 1991. DCP (von 35mm), Farbe, 109 min. ★ Schwedisch und Finnisch mit engl. UT Im schwedischen Åmsele kam es 1988 zu einem Dreifachmord an DONNERSTAG einer Familie, der zu einer internationalen Fahndung und einem auf- 30.9. / 18.30 sehenerregenden Prozess führte, bei dem sich die Täter – ein 23-jähri- ger Finne und seine 20-jährige Freundin – gegenseitig beschuldigten. Jan Troells kurz darauf entstandene Verfilmung des Falls war umstrit- ten, noch bevor sie in Produktion ging und spaltete die Kritik, wiewohl sie ihm den Regiepreis in Berlin eintrug (in einer bemerkenswerten Schlüsselszene wird übrigens der Mörder bei der Rekonstruktion der Tat quasi zum Regisseur). Den häufigen Vorwurf von spekulativem Sensationalismus entkräftet dabei schon der nüchterne Zugang: Als jeglicher Romantik entkleidete Bonnie & Clyde-Variation ist Il Capi- tano inhaltlich nahe am Klassiker Badlands, aber mit seiner bevor- zugten Erzählform – ein elliptisches, zugleich pointiertes Mosaik von starken Eindrücken – gelingt Troell eine unheimliche Studie der Faszi- nation von Nihilismus und Pathologie. Die ziellose Reisebewegung des Mörderpärchens entpuppt sich als freier Fall ins Nichts. (C. H.)

Så vit som en snö (So weiß wie im Schnee) R, S: Jan Troell B: Jan Troell, Karl-Erik Olsson-Snogeröd, Jimmy Karlsson nach Den ofullbordade himlen von Jacques Werup K: Jan Troell, Mischa Gavrjusjov M: Magnus Dahlberg D: Amanda Ooms, Rikard Wolff, Björn Granath, Björn Kjellman, Antti Reini. SE/DK, 2001, 35mm, Farbe, 158 min. Schwedisch mit engl. UT ★ Der Versuch der Menschen, den Himmel zu erobern, ist ein Thema, das DONNERSTAG Jan Troell mehrfach aufgegriffen hat. Så vit som en snö ist der Höhe- 30.9. / 21.00 punkt dieser Werklinie und zollt einer Pionierin Tribut: Elsa Andersson, der ersten Pilotin und Fallschirmspringerin Schwedens. Die 1897 gebo- rene Bauerntochter (Amanda Ooms aus The Expendables 2) musste sich gegen die Vorurteile von Familie und Gesellschaft durchsetzen, um fliegen lernen zu können und den Pilotenschein zu erhalten – und schließlich im Alter von nur 24 Jahren bei einem Fallschirmabsprung vor viertausend Zuschauern ein spektakuläres Ende zu nehmen. Troells Film schildert, wie Andersson schon als Kind von der Flugleidenschaft erfasst wird: Seine ausladende, visuell verblüffende Elegie ist ein unver- gesslicher Tribut an ihre jugendliche Entschlossenheit. (J. M.)

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Hamsun R: Jan Troell B: Jan Troell, Per Olov Enquist nach Processen mod Hamsun von Thorkild Hansen K: Jan Troell, Mischa Gavrjusjov M: Arvö Part, Keith Jarrett, Johann Strauss (Sohn) u.a. D: Max von Sydow, Ghita Nørby, Anette Hoff, Edgar Selge, Ernst Jacobi. SE/DK/NO/DE, 1996, 35mm, Farbe, 153 min. Schwedisch, Dänisch, Norwegisch mit dt. UT Die Ehe von Literaturnobelpreisträger Knut Hamsun (Max von Sydow) FREITAG und seiner Frau Marie (Ghita Nørby) ist zerrüttet, seine schriftstelleri- 1.10. / 21.00 sche Kraft ermattet. 1936 schließt sie sich der faschistischen Partei Vidkun Quislings an und tritt bei Lesereisen durch Nazi-Deutschland MONTAG als »Stimme ihres Mannes« auf. Hamsun hält an seiner umstrittenen 18.10. / 21.00 Unterstützung für Hitler selbst nach einem desaströsen Treffen – um- gesetzt als bizarres pièce de résistance – am Obersalzberg und über das Kriegsende hinaus fest: Er besteht darauf, sich in einem Gerichts- prozess zu rechtfertigen. Ein episches Historien- und Gewissens- drama, in dem Troell die Konventionen subtil unterwandert: Im Kern steht die mit monströser Intensität gespielte Hassliebe der Hamsuns, während Troell immer wieder verblüffende Bilder findet, die abgrün- dige Tiefen suggerieren – etwa wenn Hamsun fordernd Gott anruft und das Sonnenlicht dabei nicht nur seinen schwarzen Regenschirm zu durchstrahlen scheint, sondern sein Gehirn. (C. H.)

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Närvarande (Gegenwart) Ein Film von Jan Troell M: Ale Möller. SE, 2003, 35mm, Farbe, 85 min. ★ Schwedisch mit engl. UT »Ein Augenblick ist eine Ewigkeit«, sagt der damals 80-jährige Georg MONTAG Oddner zu seinem Freund Jan Troell. Und setzt nach: »Es ist nur der 4.10. / 18.30 Augenblick, der lebendig ist.« Er spricht mit seinen Credos sichtlich dem Filmemacher aus der Seele: Dieses mit zahlreichen gefeierten Schnappschüssen aufwartende dokumentarische Porträt von Odd- ner, einem Jazz-Musiker (an den Trommeln: »Rhythmus ist die älteste Ausdrucksform«), der zu einem der – auch international gefeierten – größten Fotografen Schwedens wurde, nimmt mit seinem fotografi- schen Thema Troells nächstes Spielfilmmeisterwerk Maria Larssons eviga ögonblick vorweg. Es ist auch eine Art Krypto-Selbstporträt des Regisseurs und Kameravirtuosen, der ebenso wie Oddner nicht nur stets nach faszinierenden Motiven auf Ausschau ist, sondern auch nach dem Wesen der Menschen, die er zeigt – oder, wie Oddner an- merkt: »Man muss sich für andere Menschen und ihr Gefühlsleben interessieren.« (C. H.)

Maria Larssons eviga ögonblick (Die ewigen Momente der Maria Larsson) R: Jan Troell B: Jan Troell, Agneta Ulfsäter-Troell, Niklas Rådström K: Jan Troell, Mischa Gavrjusjov M: Matti Bye D: Maria Heiskanen, , Jesper Christensen, Ghita Nørby, Amanda Ooms. SE/DK/NO/FI, 2008, 35mm, ★ Farbe, 131 min. Schwedisch mit engl. UT Malmö, um 1900: Maria, die Frau eines Hafenarbeiters, gewinnt einen MONTAG Fotoapparat in der Lotterie. Als ihr Mann wegen Beteiligung an einem 4.10. / 21.00 anarchistischen Anschlag inhaftiert wird, will sie die Kamera verpfän- den. Der Besitzer des örtlichen Fotoladens, ein dänischer Immigrant, bringt ihr stattdessen das Wesen der Fotografie näher. Während Maria außerordentliches Talent zeigt, verschärft sich die häusliche Situation. Für Troell eine Rückkehr in die historische Epoche seines gefeierten Debüts Här har du ditt liv, diesmal aus weiblicher Perspek- tive betrachtet. Nicht nur im nachgerade fantastischen Umgang mit den Möglichkeiten des Bildermachens ein großes, dabei ganz mühe- loses Alterswerk, das mit unangestrengter Faszinationskraft und be- wegender Raffinesse noch einmal viele Anliegen des Regisseurs bün- delt. Hierzulande war diese späte Großtat bislang nur (unzumutbar) gekürzt im Fernsehen zu sehen. (C. H.)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Jan Troell & Bo Widerberg 28 3. BIS 8. SEPTEMBER 2021 Films You Cannot See Elsewhere Amos-Vogel-Atlas Kapitel 5: Viva Zapatista!

IMCINE

Im Sommer 2021 ist eine Delegation der Zapatistischen Armee zur Corazón del Nationalen Befreiung (EZLN) zur »Eroberungsreise« nach Europa auf- Tiempo (2008, Alberto Cortés) gebrochen und plant dabei auch eine friedliche Invasion Österreichs. Das Filmmuseum begrüßt die freundlichen Invasor*innen mit einem Vogel-Atlas, der revolutionären Klassikern des Dritten Kinos gewid- met ist, die Amos Vogel zu den Zentralwerken des zeitgenössischen subversiven Films zählte – von Tomás Gutiérrez Alea, Santiago Álvarez, Julio García Espinosa und Humberto Solás. Kombiniert werden sie zum einen mit späteren Meisterstücken des kämpferischen Kinos über die Situation der lateinamerikanischen Ureinwohner wie Paul Leducs selten gezeigter Dokumentation Etnocidio: Notas sobre el mezquital (Völkermord, 1977) und Birdwatchers (2008) von Marco Bechis. Zum anderen haben wir zapatistische Vertreter*innen einge-

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Birdwatchers – La terra degli

TRIGON-FILM uomini rossi

laden, Beispiele der jüngeren Produktionen aus ihrem Umfeld vorzu- stellen, etwa Alberto Cortés’ Corazón del Tiempo (Herz der Zeit, 2008), in dem sich die Aufständischen selbst darstellen. Wir hoffen, die fried- lichen Eroberer nicht nur auf der Leinwand, sondern vielleicht auch als Gäste begrüßen zu dürfen. Viva Zapatista! (Christoph Huber) Als Gäste für die Dauer des Programms ist eine Zapatista-Delegation angefragt, zudem für den 6. September der Regisseur Juan Carlos Rulfo und seine Lebenspartnerin und Schnittmeisterin Valentina Leduc Navarro.

Birdwatchers – La terra degli uomini rossi R: Marco Bechis B: Marco Bechis, Luiz Bolognesi, Lara Fremder K: Hélcio Alemão Nagamine S: Jacopo Quadri M: Andrea Guerra D: Claudio Santamaria, Alicélia Batista Cabreira, Chiara Caselli, Matheus Nachtergaele. IT/BR, 2008, 35mm, Farbe, 102 min. Portugiesisch und Guaraní mit dt. UT DAVOR: Mexique, baignade de chevaux Cinématographe Lumière, FREITAG FR/MX, 1897, 35mm, sw, ca. 1 min 3.9. / 18.30 Schon die Eröffnung von Birdwatchers unterläuft die Erwartungen: • Einführung Touristen auf einem Aussichtsboot in Brasiliens Regenwald bestau- von Christoph Huber und nen die bemalten Eingeborenen am Flussufer, die ihnen kreischend Tom Waibel ein paar Pfeile nachschießen. Dann gehen die Indios in den Wald, In Anwesenheit schminken sich ab, werden für ihre Darstellerdienste armselig aus - einer Zapatista- bezahlt und ins Reservat zurückgekarrt. Ausnahmeregisseur Marco Delegation

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Bechis entwickelte seinen Film nach echten Begebenheiten gemein- sam mit Guarani-Kaiowá, die sich auch selbst spielen: Dem traditio- nellen Leben ist man längst entfremdet, beim Stammesnachwuchs kommt es regelmäßig zu Selbstmorden. Als ein Trupp Indios aus- bricht und auf dem alten Territorium ein Lager errichtet, eskaliert die Konfrontation mit dem Grundbesitzer. Die vibrierende Bildgewaltig- keit von Bechis’ Film erinnert an die berühmten Dschungelepen von Werner Herzog, doch der revisionistische Blick auf die Ausgrenzungs- politik und ihre Folgen produziert ein gleichermaßen überraschen- des wie unversöhntes Kinostück von brennender Aktualität. (C. H.)

Corazón del Tiempo (Herz der Zeit) R: Alberto Cortés B, S: Alberto Cortés, Lucrecia Gutierrez K: Marc Bellver M: Descemer Bueno, Kelvis Ochoa D: Rocío Barrios, Francisco Jiménez, Marisela Rodríguez, Doña Aurelia, Leonardo Rodríguez. MX, 2008, DCP, Farbe, 90 min. ★ Spanisch mit engl. UT DAVOR: Las Choferas (Die Chauffeurinnen) Comp@s Terci@s, MX, 2019, ★ DCP, Farbe, 10 min. Spanisch mit engl. UT Corazón del Tiempo ist der erste Spielfilm, der unter Beteiligung und FREITAG Mitwirkung von Mitgliedern der Zapatistischen Armee der Nationalen 3.9. / 21.00 Befreiung entstand. Statt plumper Propaganda: eine Mischung aus populärem Melodram und präziser Beschreibung des Alltagslebens • Einführung im »befreiten Territorium« von Chiapas, das von den Regierungstrup- von Christoph Huber und pen in die Zange genommen wird. Die Verlobung der jungen Sonia Tom Waibel ist vor Jahren beschlossen und mit dem Brautgeschenk einer Kuh be- In Anwesenheit siegelt worden. Doch Sonia hat sich in einen der Guerillakämpfer von einer Zapatista- außerhalb des Dorfes verliebt: Ihr Wunsch nach Selbstbestimmung Delegation führt zu Konflikten mit der Tradition und dem revolutionären Gesetz. Regisseur Alberto Cortés und seine Laiendarsteller*innen gestalten zugleich ein bewegendes Generationenporträt von universaler Kraft und eine konkrete Momentaufnahme des Strebens nach Autonomie. Als Vorspiel: rein von zapatistischen Frauen gestaltete Schnappschüsse von Compañeras, die sich auf ihren Job als Chauffeurinnen vorberei- ten. (C. H.)

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Los que se quedan (Diejenigen, die bleiben) Ein Film von Juan Carlos Rulfo und Carlos Hagerman K: Juan Carlos Rulfo S: Valentina Leduc Navarro M: Santiago Ojeda. MX, 2009, DCP, Farbe, 96 min. ★ Spanisch mit engl. UT DAVOR: Paax (Musik) María Bello Buenfil. MX, 2009. DCP, Farbe, 22 min. ★ Spanisch mit engl. UT Jedes Jahr überqueren bis zu einer halben Million Menschen legal MONTAG oder illegal die Grenze zwischen Mexiko und den USA, um Arbeit zu 6.9. / 18.30 suchen. Carlos Hagerman und Juan Carlos Rulfo, Sohn des berühmten • Einführung mexikanischen Schriftstellers Juan Rulfo, werfen einen nüchternen von Christoph Huber und Blick auf die »Kehrseite« dieser Auswanderungswelle, indem sie das Tom Waibel Leben der Daheimgebliebenen porträtieren und neun Familien aus In Anwesenheit allen Teilen Mexikos von Hoffnungen und Ängsten erzählen lassen: von Juan Carlos Manche wissen nicht, ob ihre Väter und Söhne überhaupt leben, an- Rulfo (Regie) und Valentina Leduc dere erhalten zwar seit Jahren Geld aus den USA, aber die Familie ist Navarro (Schnitt) zerrissen. Ein Blick auf ein weltweites Phänomen – aber auch tief in die mexikanische Seele. Die charmante Kurzdoku Paax schildert einen anderen Versuch, den ökonomischen Realitäten zu trotzen: über die Hiphop-Träume von jungen Mayas. (C. H.)

Etnocidio: Notas sobre el mezquital (Völkermord) Ein Film von Paul Leduc B: Roger Bartra, Paul Leduc K: Georges Defaux, Ángel Goded S: Rafael Castanedo, Paul Leduc, J. Richard Robesco. MX/CA, 1976, 16mm, Farbe, 130 min. Spanisch mit dt. UT Wenige Filme sorgten in der Heimat für solche Kontroversen wie Paul MONTAG Leducs radikale Dokumentation zur Situation der Otomi-Indianer in 6.9. / 21.00 der armen Region El Mezquital, entwickelt zusammen mit Mexikos • Einführung führendem Soziologen Roger Bartra. Statt durch Off-Kommentar von Christoph Huber wird die bestürzende Entwicklung nur durch Erzählungen der Indige- In Anwesenheit nen selbst sowie entsprechend starke, für sich sprechende Bilder ver- von Valentina mittelt. Das Karteikasten-Arrangement in Kapiteln von A bis Z offen- Leduc Navarro bart eine Geschichte des Ethnozids: von der Kolonisation und den (Tochter von Paul Leduc) Verfolgungen in eine Gegenwart, wo »zivilisierende« und »zivili- Courtesy of sierte« Kräfte die indianische Kultur und Lebensgrundlage viel ver- Arsenal heerender auszumerzen wissen als es je zuvor geschah, mit groben

Unterdrückungsmaßnahmen ebenso wie durch raffinierte Unterwan- derung. Ein beispielhaftes Werk auch darin, dass der beschriebene

Völkermord sich auf vergleichbare Fälle am ganzen Kontinent, in der ganzen Welt übertragen lässt. (C. H.)

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Hasta la victoria siempre

Vom Sumpf zum Sieg

El mégano (Das Köhlerdorf) Julio García Espinosa, Tomás Gutiérrez Alea. CU, 1955, 35mm, sw, 25 min. Spanisch mit dt. UT Hasta la victoria siempre Santiago Álvarez. CU, 1967, 35mm, sw, 19 min. Spanisch mit dt. UT Júba Wajín, Resistencia en la montaña de Guerrero (Widerstand in den Bergen von Guerrero) Laura Salas, Nicolás Tapia. ★ MX, 2018, DCP, Farbe, 42 min. Tlapanekisch mit engl. UT El mégano ist Vorläufer und Pionierwerk des revolutionären Kinos MITTWOCH Kubas, inszeniert von zwei seiner zentralen Regisseure, die aus dem 8.9. / 18.30 Geist des Neorealismus ein ungeschminktes Porträt des harten Lebens • Einführung und der (Kinder-)Arbeit von Köhlern in den kubanischen Zapata- von Christoph Huber und Sümpfen liefern – vom Batista-Regime wurde der Film prompt unter- Tom Waibel drückt. Júba Wajín schildert mehr als sechs Dekaden später, wie eine In Anwesenheit indigene Mé Phaá-Gemeinde in Mexikos Bergen ums Überleben einer Zapatista- kämpft, nachdem der Großteil ihres Territoriums ohne ihr Wissen an Delegation transnationale Konzerne vergeben wurde. Die Ausbeutungszusam- menhänge haben sich geändert, das Unrecht nicht. Als Intermezzo und Kontrapunkt: Hasta la victoria siempre, das zur offiziellen Ge- denkfeier für Che Guevara von Arte-povera-Meister Santiago Álvarez binnen 48 Stunden gestaltete Revolutionsgedicht in memoriam. (C. H.)

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TRIGON-FILM

Lucía R: Humberto Solás B: Humberto Solás, Julio García Espinosa, Nelson Rodríguez K: Jorge Herrera S: Nelson Rodríguez M: Leo Brouwer D: Raquel Revuelta, Eslinda Núñez, Adela Legrá, Eduardo Moure, Ramón Brito. CU, 1968, 35mm, sw, 160 min. Spanisch mit dt. UT Einer der außergewöhnlichsten Filme nicht nur des kubanischen MITTWOCH Kinos, sondern des fortschrittlichen Filmemachens jeder Art, von 8.9. / 21.00 Humberto Solás mit gleißender Intensität und virtuoser Vielseitigkeit • Einführung erzählt: Drei Episoden schildern in ganz unterschiedlichen Formen von Christoph Huber Schlüsselmomente aus der jüngeren Geschichte des Landes, in jeder davon steht eine Frau namens Lucía im Mittelpunkt. Der Anfang führt nicht zufällig in das (vermeintliche) Geburtsjahr des Kinos: 1895 er- hebt sich Kuba gegen die spanischen Kolonialherren, die reiche Dame Lucía verliebt sich in einen Rebellen. Vom opulenten Historien- drama à la Visconti geht es zur modernen Gestaltung des existenzia- listischen Kampfs, bei dem eine zweite Lucía erkennt, dass der Sturz des diktatorischen Präsidenten Machado 1932 noch keine Revolution bringt. In der postrevolutionären Gegenwart herrscht dann zwar an- geblich Freiheit und Gleichheit, doch Machismo und Rückständigkeit sind nicht besiegt. In einer wilden Farce lehnt sich die dritte Lucía auf … (C. H.)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Viva Zapatista! 34 NEUE REIHE Collection on Screen

Mit Herbst 2021 startet das Österreichische Filmmuseum die neue Reihe Collection on Screen, die sich jeden Sonntag anhand unserer eigenen Sammlung mit Filmgeschichte auseinandersetzt. Die meisten Sammlungen, die Museen im Lauf ihres Bestehens er- werben, bleiben größtenteils ungezeigt. Nur ein kleiner Prozentsatz bildet die Basis eines historischen Kanons, der längst einer Revision und Aktualisierung bedarf. Das gilt auch für Filmmuseen. Zudem wird die Zirkulation von analogen Filmkopien immer komplizierter. Sei es aus ökologischer oder konservatorischer Perspektive: Filme sind in vielen Fällen schwer zu ersetzende Museumsobjekte geworden. All das gibt Anlass, die eigene Sammlung zu beforschen, um neue Werke zu ergänzen und unter verschiedensten Gesichtspunkten aus- zustellen. Unsere mehr als 20.000 Filmtitel umfassende Kollektion, die im Lauf eines halben Jahrhunderts aufgebaut wurde, soll durch Collection on Screen kritisch und kreativ aufbereitet werden. Damit schaffen wir eine Gelegenheit, Klassiker der Filmgeschichte, aber auch kaum bekannte Entdeckungen regelmäßig auf der großen Lein- wand zu sehen. Zugleich sollen bei der Kuratierung der Reihe ent- deckte Lücken in der Sammlung im Lauf der kommenden Jahre durch gezielte Neuerwerbungen geschlossen werden. Collection on Screen wird dabei in Form von monatlichen oder zweimonatlichen Modulen präsentiert. Jedes dieser Module stellt auf Basis unserer Sammlung einen spezifischen Abschnitt oder Aspekt der Filmgeschichte vor, und im Laufe der Jahre soll es auch möglich sein, Module zu erweitern, zu variieren und zu wiederholen. Es ent- steht eine Dauerausstellung als »work-in-progress«: die Aufforderung an uns alle, das, was Kino war, ist oder sein kann, immer wieder neu zu entdecken. Die Reihe Collection on Screen wird von speziellen Einführungen und Gesprächen sowie mit ausgewählten Texten begleitet. Zum Start der Reihe werden diesmal gleich zwei Module präsentiert, die sich ganz unterschiedlichen Aspekten unserer Sammlung widmen. Nach dem Auftaktwochenende am 4. und 5. September wird das Filmmuseum jeden Sonntag Collection on Screen-Programme präsentieren.

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Collection on Screen 35 4. SEPTEMBER BIS 17. OKTOBER 2021 Collection on Screen: Neorealismo

Die neorealistische Bewegung aus Italien bleibt die einfluss- reichste der Filmgeschichte, ob- wohl sie im Kern höchstens zwei Dutzend Filme aus den Jahren 1943 bis 1953 umfasst, von denen viele Schlüsselwerke in der Sammlung des Österreichischen Filmmuseums sind. Die Idee des neoverismo brachte sowohl eine Umwälzung des Selbstverständ- nisses von Kino als Volkskunst mit sich – gleichermaßen populär, wirklichkeitsnah und bedeutsam – als auch eine Revolutionierung der Produktionsformen: Man ging Ossessione buchstäblich auf die Straße und ließ die Künstlichkeit des Studios hin- ter sich. Dabei mochte der Neorealismus Vorläufer haben (und würde als die Mutter aller »Neuen Wellen« bis heute weiterwirken), doch aus dem historischen Moment heraus wurde er zum Versprechen einer Renaissance: der Wiedergeburt des Kinos nach dem Zweiten Welt- krieg und der Schilderung menschlicher Erfahrung abseits der Kon- ventionen des Unterhaltungskinos à la Hollywood. Roberto Rossellinis Widerstandschronik Roma città aperta (Rom, offene Stadt,1945) und ihr Nachfolger Paisà (1946) etablierten den Neorealismus als Zeitzeugen der Befreiung – und die Paradigmen seiner Ästhetik: Gedreht wurde an Originalschauplätzen, ohne künst- liches Licht und bevorzugt in langen Einstellungen; die Arbeiter- klasse-Protagonist*innen wurden meist von Laiendarsteller*innen, oft auch Kindern verkörpert; es gab offene Enden »wie im wirklichen Leben« statt sauber abgeschlossenen Erzählungen. Doch die Definition war durchlässig: Luchino Viscontis Ossessione (Besessenheit, 1943) – nachträglich als erstes Meisterwerk des neorea- lismo inthronisiert – konterkarierte die authentische Milieuzeichnung mit einem kunstfertigen Kamerastil, um die Geschichte des US-Krimi- klassikers The Postman Always Rings Twice zu bebildern. Im Fischer-

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Collection on Screen: Neorealismo 36 epos La terra trema (Die Erde bebt, 1948) fusionierte Visconti den ex- tremen realistischen Impuls vollends mit opernhafter Stilisierung (der ursprüngliche verismo hatte ein halbes Jahrhundert davor im Musik- theater Triumphe gefeiert). Indes hatte Autor Cesare Zavattini als Theoretiker der Bewegung die Idee vom neorealistischen Kino als Re- portage des Alltags etabliert: Aber seine Welterfolge mit Regisseur Vittorio De Sica, allen voran Ladri di biciclette (Fahrraddiebe, 1948), waren virtuose Choreografien einer »ungeschminkten« Wirklichkeit und appellierten an universale Emotionen. Wichtiger als alle Reinheits- gebote war letztlich die humanistische Ausrichtung des Neorealismus. Denn noch während er international als tonangebende neue Strö- mung gefeiert wurde, hatten sich seine Schlüsselregisseure von den vermeintlichen Prinzipien gelöst. Der Neorealismus war zum Sam- melbecken geworden, aus dem sich der Aufbruch in den Autorenfilm (etwa durch Michelangelo Antonioni und ) ebenso speiste wie dokumentarische Impulse (am schönsten bei Vittorio De Seta) und ein volksnahes Unterhaltungskino: gebündelt sichtbar in der Vielfalt der Beiträge zu Zavattinis »Film-Zeitung« L’amore in città (Liebe in der Stadt, 1953). (Christoph Huber)

Ossessione (Besessenheit) R: Luchino Visconti B: Luchino Visconti, Giuseppe De Santis, Mario Alicata, Antonio Pietrangeli, Gianni Puccini nach The Postman Always Rings Twice von James M. Cain K: Aldo Tonti, Domenico Scala S: Mario Serandrei M: Giuseppe Rosati D: Massimo Girotti, Clara Calamai, Juan de Landa, Dhia Cristiani, Vittorio Duse. IT, 1943, 35mm, sw, 140 min. Italienisch mit dt. UT Der Film, um den sich die Idee eines neorealistischen Ansatzes im ita- SAMSTAG lienischen Kino auch als Begriff zu etablieren beginnt. Luchino Vis- 4.9. / 18.00 conti, vormals Regieassistent von Jean Renoir, pflockt James M. Cains • Einführung Dreiecksgeschichte vom Landstreicher, der für die junge Gattin eines von Christoph Huber Trattoriabesitzers entflammt und mit ihr die Beseitigung des Ehe- mannes beschließt, in die sonnengegerbten Landschaften der Po-

Ebene und die schäbige Welt des Lumpenproletariats. »Das ist nicht

Italien!«, ruft Vittorio Mussolini im Mai 1943 beim Verlassen des Kinos:

Ossessione wird zum Zensurfall im faschistischen Regime (und dann länger international unterdrückt, weil die Rechte für die Vorlage nicht geklärt wurden), bahnt zugleich den Weg für einen direkteren Blick auf die Wirklichkeit, wiewohl Visconti seine Meisterschaft der sinn- lichen Inszenierungskunst früh perfektioniert. (C. H.)

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Ladri di biciclette (Fahrraddiebe) R: Vittorio De Sica B: Vittorio De Sica, Oreste Biancoli, Suso Cecchi D’Amico, Adolfo Franci, Gerardo Guerrieri, Gherardo Gherardi, Cesare Zavattini nach dem Roman von Luigi Bartolini K: Carlo Montuori S: Eraldo Da Roma M: Alessandro Cicognini D: Lamberto Maggiorani, Enzo Staiola, Lianella Carell, Elena Altieri, Gino Saltamerenda. IT, 1948, 35mm, sw, 89 min. Italienisch mit dt. UT Eines der berühmtesten Werke der Kinogeschichte und populärer In- SONNTAG begriff des Neorealismus, dessen Ansprüche auf Wirklichkeitsnähe 5.9. / 18.30 paradoxerweise erfüllt werden, indem man sie mit oft unmerklicher • Einführung Virtuosität ins anrührendste Filmdrama verwandelt. Autor Cesare von Christoph Huber Zavattini etabliert ein mustergültig neorealistisches Alltagssujet: Ein Arbeitsloser findet endlich einen Job. Dafür braucht er sein Fahrrad, SONNTAG das prompt gestohlen wird. Mit seinem Sohn begibt er sich auf die 3.10. / 15.00 Suche, quer durch das tägliche Leben Roms, von Vittorio De Sica völ- lig glaubhaft rekonstruiert, während er seine Darsteller – fast alles Laien – hindurchchoreografiert, auf einer emotionalen Achterbahn- fahrt mit Suspense-Momenten, die Alfred Hitchcock erblassen ließen. Jedes Detail wirkt wie gefunden und ist doch bewusst gesetzt. (C. H.)

La terra trema (Die Erde bebt) R: Luchino Visconti B: Luchino Visconti, Antonio Pietrangeli, nach I Malavoglia von Giovanni Verga K: G.R. Aldo S: Mario Serandrei M: Willy Ferrero D: Einwohner des Dorfes Aci Trezza (Sizilien). IT, 1948, 35mm, sw, 159 min. Italienisch mit dt. UT DAVOR: Pescherecci Vittorio De Seta. IT, 1958, 35mm, Farbe, 11 min Für seinen zweiten Film kann Luchino Visconti endlich auf einen Stoff SONNTAG des von ihm verehrten Giovanni Verga zurückgreifen, der sieben De- 12.9. / 17.30 kaden zuvor die italienische Literatur als Hauptvertreter des Verismus • Einführung mitgeprägt hatte. Mit La terra trema gelingt Visconti dann auch der von Christoph Huber wohl reinste Ausdruck des filmischen Neoverismus: ein Epos vom All- tag im armen sizilianischen Fischerdorf Aci Trezza. Statt Schauspie- lern: echte Einwohner, die in ihrem für Nicht-Sizilianer unverständ- lichen Akzent reden. Statt künstlicher Kulissen: die Welt im Naturlicht.

Statt konventioneller Erzählung: die Details des Lebens, Verstreichen der Zeit in kühn unverdichteten Blöcken von Wirklichkeit. Sie formen auch eine Geschichte der Auflehnung gegen ausbeuterische Zu- sammenhänge. Viscontis Radikalität im Quasidokumen tarischen ver- mählt sich aber auch mit opernhafter Wucht und einer Stilisierung, die »natürliches« großes Kino produziert – das unvermeidliche neo- realistische Paradox. (C. H.)

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La terra trema

I vitelloni (Die Müßiggänger) R: Federico Fellini B: Federico Fellini, Ennio Flaiano K: Otello Martelli, Luciano Trasatti, Carlo Carlini S: Rolando Benedetti M: Nino Rota D: Franco Interlenghi, Alberto Sordi, Franco Fabrizi, Riccardo Fellini, Leopoldo Trieste. IT, 1953, 35mm, sw, 97 min. Italienisch mit dt. UT DAVOR: Gente del Po Michelangelo Antonioni. IT, 1943–47, 35mm, sw, 11 min. Italienisch mit dt. UT Fellini und Antonioni beginnen ihre Regiekarrieren, während das SONNTAG italienische Kino jenseits der reinen Kommerzproduktion noch ganz 12.9. / 21.00 im Zeichen des Neorealismus rezipiert wird. Doch bei beiden ist von • Einführung Anfang an sichtbar, dass sie in ein anderes Territorium aufbrechen von Christoph Huber wollen, das man in der folgenden Dekade Autorenfilm nennen wird. Fellinis erster internationaler Erfolg I vitelloni wird wegen der autobio- SONNTAG grafischen Wurzeln und dem detaillierten Porträt kleinstädtischer 17.10. / 18.30 Langeweile gern als neorealistischer Ausläufer gesehen, aber eigent- lich ist es schon die vollständige Ausformulierung des Felliniesken: vom tragikomischen Zeitvertreib fünf junger Männer im Niemands- land der provinziellen Existenz, von der Melancholie des winterlichen Strands bis zur Groteske von Alberto Sordis Karneval-Travestie. Antonionis erster Kurzfilm lässt seinen spezifischen Zugang im Zu- sammenspiel von Landschaft und Mensch erahnen, während er Fischer- leben am Po-Fluss dokumentiert. (C. H.)

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Roma città aperta (Rom, offene Stadt) R: Roberto Rossellini B: Sergio Amidei, Federico Fellini, Ferruccio Disnan, Celeste Negarville, Roberto Rossellini K: Ubaldo Arata S: Eraldo Da Roma M: Renzo Rossellini D: Anna Magnani, Aldo Fabrizi, Marcello Pagliero. IT, 1945, 35mm, sw, 102 min. Italienisch mit dt. UT Die Vorbereitungen zu Roma città aperta beginnen bald nach dem SONNTAG Abzug der deutschen Truppen aus der Stadt, kaum drei Wochen 19.9. / 21.00 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs findet die Premiere statt. • Einführung Doch in Italien will man lieber Unterhaltungsfilme sehen. Erst nach- von Christoph Huber dem Roberto Rossellinis episodische Widerstandschronik 1946 im Ausland Furore macht (inklusive einem Hauptpreis in Cannes), wird SONNTAG sie zum Flaggschiff des italienischen Kinos: als beispielhaftes Werk 10.10. / 18.30 des Neorealismus, der als unmittelbare Zeugenschaft der Gegenwart verstanden wird. Überwältigend die teils aus der Not der Mittel gebo- rene Direktheit der Bilder einer kriegsversehrten Welt, identitätsstif- tend die Schilderung der Befreiung durch gemeinsamen Widerstand, bei dem sich symbolisch der kommunistische Partisan und der katho- lische Priester verbünden. Die so sachliche wie mitfühlende Synthese des gerade Erlebten – sowie das Erforschen ihrer universalen und spirituellen Dimension – sind dabei schon die Quintessenz von Ros- sellinis Kunst. (C. H.)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Collection on Screen: Neorealismo 40 L’amore in città (Liebe in der Stadt) R: Michelangelo Antonioni, Federico Fellini, Alberto Lattuada, Carlo Lizzani, Dino Risi, Francesco Maselli, Cesare Zavattini B: Cesare Zavattini, Aldo Buzzi, Luigi Malerba, Tullio Pinelli, Luigi Vanzi, Vittorio Veltroni K: Gianni Di Venanzo S: Eraldo Da Roma M: Mario Nascimbene D: Antonio Cifariello, Lidia Venturini, Marco Ferreri. IT, 1953, 35mm, sw, 115 min. Italienisch mit dt. UT Als Theoretiker des Neorealismus sieht Cesare Zavattini, wie sich SONNTAG seine ursprüngliche Vision vom Leben-als-Kino mit den 1950ern in 26.9. / 18.30 alle möglichen Richtungen verflüchtigt. Mit L’amore in città will er das • Einführung Konzept generalüberholen und nimmt die Idee des Cinéma vérité von Christoph Huber vorweg: Kino-Reportage in Anthologieform. Sechs Filmemacher sind eingeladen, Tatsachenberichte mit der Kamera zu liefern. Das Resul- tat zeigt etwas anderes: Aus den Wurzeln des neorealistischen Auf- bruchs ist die reiche Vielfalt des italienischen Populärkinos und seiner

Regiegrößen gewachsen. Lizzani-Porträt von Prostituierten, Anto- nioni-Existenzialismus über Selbstmörder, Risi-Tragikomik im Tanz - lokal, Fellini-Fabulierfreude mit der Heiratsagentur, Zavattini-Maselli-

Neorealismus-Nachzügler über eine mütterliche Verzweiflungstat.

Zuletzt fängt Lattuada mit versteckter Kamera den Macho-Blick auf

Frauen ein, bis einem das Lachen im Hals stecken bleibt. (C. H.)

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Umberto D. R: Vittorio De Sica B: Cesare Zavattini K: G. R. Aldo S: Eraldo Da Roma M: Alessandro Cicognini D: Carlo Battisti, Maria Pia Casilio, Lina Gennari, lIeana Simova. IT, 1952, 35mm, sw, 88 min. Italienisch mit dt. UT Drehbuchautor Cesare Zavattini findet in Vittorio De Sica den idealen SONNTAG Regisseur für seinen (im Kern unmöglichen) Traum, den neorealisti- 3.10. / 21.00 schen Film als möglichst unvermitteltes Bild des Alltagslebens zu ge- • Einführung stalten: dauernde Faszination der unverdünnten Wirklichkeit statt von Christoph Huber verdichtender Kunstgriffe der Dramaturgie. Umberto D. kommt die- sem Ziel erstaunlich nahe: das Meisterwerk des Duos, zu spät für eine

Revitalisierung der Bewegung und doch bis heute ein Vorbild für den

Großteil dessen, was man Filmkunst nennt. Szenen aus dem Dasein eines pensionierten römischen Beamten, der bis auf seinen treuen

Hund Flike völlig vereinsamt ist. Die Präzision der Schilderung macht aus der (vermeintlich) ereignislosen Existenz ein poetisches Monu- ment der Menschlichkeit, gerade indem alle großen Gesten verbannt bleiben. Stattdessen pure Bissen vom Geschmack des Lebens, das sich wie von selbst vor der Kamera zu entfalten scheint. (C. H.)

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Paisà

Paisà R: Roberto Rossellini B: Roberto Rossellini, Sergio Amidei, Federico Fellini, Rod Geiger (Mitarbeit) K: Otello Martelli S: Eraldo Da Roma M: Renzo Rossellini D: Carmela Sazio, Robert Van Loon, Dots Johnson, Alfonsino, Maria Michi, Bill ★ Tubbs, . IT, 1946, 35mm, sw, 125 min. Italienisch mit engl. UT DAVOR: Parabola d’oro (Goldene Parabel) Vittorio De Seta. IT, 1955, 35mm, Farbe, 10 min Mit Paisà vollendet Rossellini, was in Roma città aperta angelegt war: SONNTAG Querschnitt der letzten Weltkriegsphase in Italien ab der Landung 10.10. / 21.00 der Alliierten im Juli 1943 in sechs Episoden etwa gleicher Länge, aber • Einführung völlig unterschiedlicher Natur, verbunden von Wochenschauaufnah- von Christoph Huber men über den Vormarsch der US-Armee. Der Weg führt von Süden nach Norden, von der trotz Sprachbarriere entstehenden Zuneigung zwischen einer jungen Sizilianerin und einem GI über den Schwarz- markt Neapels, die Gelegenheitsprostitution in Rom, den Straßen- kampf in Florenz und eine Glaubensdebatte im Romagna-Kloster bis zum Partisanenmord in der Po-Ebene. Satte Fülle der authentischen Details und paradoxes Chaos der Schicksalswirren. Statt Heldener- zählungen: Geschichtssplitter vom Volk in seinen unterschiedlichsten regionalen Ausprägungen. Rossellinis Bild der Welt: eine Summe von Erfahrungen. Zum Einstieg in Sizilien: Vittorio De Seta präsentiert die Weizenernte als musikalisches Arrangement. (C. H.)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Collection on Screen: Neorealismo 43 4. SEPTEMBER BIS 17. OKTOBER 2021 Collection on Screen: Positionen. Renate Bertlmann,

Tatjana Ivančić, Maria Lassnig Das Verfügbar- und Sichtbarmachen von filmischen Werken ist eine zentrale Mission eines Filmmuseums. Dieses Modul gibt Einblick in ak- tuelle Archiv-Projekte: die Restaurierung (als Vorarbeit zur Fertigstel- lung) von Maria Lassnigs filmischem Nachlass, die digitale Restaurie- rung von Tatjana Ivančićs wenigen noch existierenden Super-8-Filmen sowie die Digitalisierung und digitale Langzeitsicherung von Renate Bertlmanns filmischen Arbeiten. Auch ihre Entstehungszeit verbindet die Filme dieser sehr unterschiedlichen Künstlerinnen, und in der Zu- sammenschau lassen sich trotz verschiedener Handschriften auch Gemeinsamkeiten entdecken. Maria Lassnig (1919–2014) gilt als eine der wichtigsten Malerinnen des 20. Jahrhunderts. In den 1970er Jahren setzte sie ihr Leitthema des Selbstporträts und der Körperwahrnehmung mit filmischen Mit- teln um. Einige dieser Filmarbeiten zählen zum Lassnig-Kanon, doch viele Werke dieser Schaffensphase blieben unvollendet: »Films in progress«. Für die Maria Lassnig Stiftung wurde der filmische Nach- lass von zwei engen Vertrauten Lassnigs – Hans Werner Poschauko und Mara Mattuschka – aufgearbeitet und im Sinne ihres ursprüng- lichen Konzeptes nach Lassnigs Aufzeichnungen fertiggestellt. Un- sere Publikation Maria Lassnig. Das filmische Werk versammelt viele davon und wird nun vor Publikum präsentiert. Auch Renate Bertlmann (*1943), eine der wichtigsten Vertreterin- nen der feministischen Kunst in Österreich, ist in mehreren Kunst- sparten tätig: Grafik, Fotografie, Zeichnung, Objekt, Installation, Per- formance – und Film. Ebenso wie Maria Lassnig ist sie an der Dekon- struktion von Geschlechterverhältnissen und Klischees interessiert. Neben ihrer künstlerischen Arbeit war Bertlmann seit den 1970er Jah- ren auch in der Frauenbewegung aktiv. Tatjana Ivančić (1913–86) gilt mit über 70 Kurzfilmen, die zwischen den 1960er und 1980er Jahren entstanden sind, als das produktivste Mitglied des Cineclub Zagreb. Die promovierte Juristin Ivančić wandte sich in ihren 50ern dem Amateur*innenfilm zu und schätzte

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Zärtliches (1976, Renate Bertlmann, oben), Baroque Statues (1970–1974, Maria Lassnig) die (künstlerische) Freiheit dieser Arbeitsform, die aber gleichzeitig eine unterbewertete Position darstellte. Obwohl Ivančić eine wichtige Figur im Kontext des jugoslawischen experimentellen Kinos und auf vielen Amateur*innenfilmfestivals äußerst erfolgreich war, ist ihr Werk weitgehend verschollen. Es ist der Initiative des Cineclub Zagreb in Zusammenarbeit mit der Kroatischen Kinemathek zu verdanken, dass die 14 noch auffindbaren Filme vom Österreichischen Filmmuseum restauriert werden konnten. (Andrea Pollach)

Maria Lassnig: Films in Progress ★

Kopf AT/US, 1970er Jahre, DCP (von 16mm), Farbe, 1 min Hilde AT/US, 1972–76, DCP (von Super-8), Farbe, 5 min Mountain Woman AT/USA, 1970er Jahre, DCP (von 16mm), Farbe, 8 min Bärbl AT/US, 1974/79, DCP (von Super-8), Farbe, 5 min. Englisch Alice AT/US, 1974/79, DCP (von 16mm), Farbe, 5 min. Englisch Dog Film AT/US, 1970er Jahre, DCP (von 16mm), Farbe und sw, 3 min Moonlanding / Janus Head AT/US, 1970er Jahre, DCP (von 8mm und Super-8), Farbe und sw, 7 min Broadway I + II AT/US, 1970er Jahre, DCP (von 8mm), Farbe, 2 min (I), 1 min (II) Nitsch AT/US, 1972, DCP (von 8mm), sw, 5 min Godfather I – III AT/US, 1974, DCP (von 8mm), Farbe, 5 min (I), 3 min (II), 2 min (III) Black Dancer AT/US, 1974, DCP (von 16mm), Farbe, 1 min Autumn Thoughts AT/US, ca. 1975, DCP (von 16mm), Farbe, 2 min The Princess and the Shepherd. A Fairytale AT/US, 1976–78, DCP (von 16mm), Farbe, 13 min Seasons AT/US, 1970, DCP (von 16mm), Farbe, 2 min Stone Lifting. A Self Portrait in Progress AT/US, 1971–75, DCP (von 16mm), Farbe, 7 min Nachdem wir 2018 schon einige von Maria Lassnigs »Films in Pro- SAMSTAG gress« präsentiert haben, freuen wir uns, nun auch jene Filme dieser 4.9. / 21.00 Werkkategorie zeigen zu können, die bisher nur auf DVD veröffent- • Einführung von licht wurden. Maria Lassnig war in ihrer filmischen Arbeit sowohl for- Andrea Pollach mal als auch thematisch experimentierfreudig: Sie kombinierte Auf- SONNTAG nahmen von Freund*innen und Kolleg*innen, vom Leben auf den 19.9. / 18.30 Straßen New Yorks oder abgefilmte Fernsehbilder mit unterschied- • Einführung lichen Animationstechniken, oft begleitet von ihrer unverwechselba- von Michael Loebenstein ren Stimme, die die Bilder mit lakonischem Witz begleitet. (A. P. )

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Collection on Screen: Positionen 46 Filme von Tatjana Ivančić

Igra života (Das Lebensspiel) YU, 1972, DCP (von Super-8), Farbe, 4 min Dobro staro veslo (Das gute alte Ruder) YU, 1976, DCP (von Super-8), Farbe, 5 min Varijacije (Variationen) YU, 1975, DCP (von Super-8), Farbe, 5 min Dosada (Langeweile) YU, 1973, DCP (von Super-8), Farbe, 3 min Do posljednje kapi (Bis zum letzten Tropfen) YU, 1972, DCP (von Super-8), Farbe, 2 min Rapsodija u zelenom (Rhapsodie in Grün) YU, 1970, DCP (von Super-8), Farbe, 4 min Od 0 do 2 (Von 0 bis 2) YU, 1972, DCP (von Super-8), Farbe, 7 min Putositnice (Reisekleinigkeiten) YU, 1976, DCP (von Super-8), Farbe, 5 min Od zore do mraka (Von Sonnen- aufgang bis zur Dunkelheit) YU, 1971, DCP (von Super-8), Farbe, 4 min (S)umorno more (Das düstere Meer) YU, 1977, DCP (von Super-8), Farbe, 4 min Pijesak (Sand) YU, 1971, DCP (von Super-8), Farbe, 3 min Ekvinocij (Tagundnachtgleiche) YU, 1973, DCP (von Super-8), Farbe, 3 min Igra života Najveći dan (Der größte Tag) YU, 1979, DCP (von Super-8), Farbe, 8 min Grad u izlogu (Die Stadt im Schaufenster) YU, 1969, DCP (von Super-8), Farbe, 5 min Tatjana Ivančićs Kinolandschaften changieren zwischen dem Doku- SONNTAG mentarischen, dem Experimentellen und dem Home-Movie-Genre. 5.9. / 21.00 Nuanciert und erfinderisch erforschte sie sowohl ihre Umgebung – • Einführung vom Mikrokosmos der Küstenstrände bis zum geschäftigen Treiben von Janneke van Dalen einer Stadt, das sich in einem Schaufenster spiegelt – als auch die Möglichkeiten des Mediums Film. Dabei interessierte sie sich vor SONNTAG allem für das Spiel mit dem Licht und die subtilen Texturen der Natur, 3.10. / 18.30 fing so die unsichtbare Magie des Alltäglichen ein: die Welt als kine- • Einführung matische, kinetische und kinästhetische Erfahrung. (P. B.) von Nadja Šičarov

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Collection on Screen: Positionen 47 Filme von Renate Bertlmann

Was das Atelier mit mir macht K: Reinhold Bertlmann. AT, 1979, DCP (von Super-8), Farbe, 8 min Zärtliches AT, 1976, DCP (von Super-8), Farbe, 22 min Performing Visual Poetry AT, 1977, DCP (von Super-8), Farbe, 35 min Ohne Titel AT, 1980, DCP (von Super-8), Farbe, 5 min Renate Bertlmann hat ihre »Zärtlichen Objekte« oft fotografisch in- SONNTAG szeniert. Im Film Zärtliches geraten die Objekte, Schnuller und aufge- 26.9. / 21.00 blasene Präservative, in Bewegung, was ihnen eine irritierende • Anschließen- Lebendigkeit verleiht und Fragen nach Machtverhältnissen und Kör- des Gespräch zwischen perlichkeit aufwirft. Das Kräfteverhältnis zwischen Ost und West wird Christiana in Performing Visual Poetry im übertragenen Sinn thematisiert, wenn Perschon und sich Bertlmann und die russische Künstlerin Rimma Gerlovina gegen- Renate Bertlmann übersitzend und auf Schreibmaschinen tippend in einer endlosen Papierschleife verheddern. Das Künstlerinnenatelier ist schließlich SONNTAG Ausgangs- und Endpunkt des Programms, vom produktiven Chaos 10.10. / 16.00 zur kontemplativen Stille. (A. P. ) • Einführung von Andrea Pollach Buchpräsentation und Kanonische Filme Maria Lassnig: Das filmische Werk / Film Works

Selfportrait AT/US, 1971, 16 mm, Farbe, 4 min. Englisch ★ Encounter AT/US, 1970, 16 mm, Farbe, 1 min Baroque Statues AT/US, 1970–1974, 16 mm, Farbe, 15 min Couples AT/US, 1972, 16 mm, Farbe, 10 min. Englisch ★ Iris AT/US, 1971, 16 mm, Farbe, 9 min 1968 übersiedelt Maria Lassnig nach New York, wo sie neben der SONNTAG Malerei an der School of Visual Arts Trickfilm studiert und beginnt 17.10. / 21.00 Filme zu machen. Dieses Programm versammelt einige ihrer »kanoni- • In Anwesen- schen« Arbeiten, d. h. zu Lassnigs Lebzeiten im Vertrieb befindliche heit der Heraus- geber*innen Filme. Über Jahrzehnte eine Randnotiz in der österreichischen Avant- Eszter Kondor, gardefilm-Geschichte war Lassnigs Filmwerk einflussreich für meh- Michael rere Generationen österreichischer Animationsfilmemacher*innen. Loebenstein, Peter Pakesch Darüber hinaus ist es ein wunderbares Beispiel, wie Motive und The- und Hans Werner men ihrer Malerei – der weibliche Körper, Performanz, Farbe – eine Poschauko genuin filmische Umsetzung erfahren. (M. L.) Das Buch »Maria Lassnig. Das filmische Werk« entstand in Kooperation und mit finanzieller Unterstützung der Maria Lassnig Stiftung, die beigelegte DVD in Zusammenarbeit mit INDEX-Edition.

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Collection on Screen: Positionen 48 MARIA LASSNIG. DAS FILMISCHE WERK MARIA LASSNIG. FILM WORKS Eszter Kondor, Michael Loebenstein, Peter Pakesch, Hans Werner Poschauko (Hg.)

Das erste umfassende Verzeichnis von Lassnigs filmischer Arbeit. Mit Beiträgen von James Boaden, Beatrice von Bormann, Jocelyn Miller, Stefanie Proksch-Weilguni und Isabella Reicher. In deutscher (ISBN 978-3-901644-85-6) und englischer (ISBN 978-3-901644-86-3) Sprache, je 192 Seiten. Beigelegte DVD mit einer Auswahl der »Films in Progress«. Erhältlich im Filmmuseum, bei Synema (T 01/523 37 97) und auf www.filmmuseum.at

Augustinerstraße 1, 1010 Wien, T 01/533 70 54, www.filmmuseum.at

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Xxxxxx 49 16. BIS 18. SEPTEMBER 2021 Felix Salten und das Kino

Scampolo, ein Kind der Straße

Mit seinem Buch Bambi feierte der Autor Felix Salten (1869–1945) einen Welterfolg, der von Walt Disney als Zeichentrickfilm adaptiert wurde. Als eine Schlüsselfigur der Wiener Moderne wirkte Salten aber auch selbst fürs Kino: Als Drehbuchautor arbeitete er an einer Reihe von außergewöhnlichen Werken mit, darunter Max Ophüls’ Meister- stück des Wiener Films, Liebelei (1933), oder die hinreißende Dolly- Haas-Tragikomödie Scampolo, ein Kind der Straße (1932). An beiden Filmen war auch Saltens Sohn Paul beteiligt, während sein Schweizer Schwiegersohn Hans Rehmann als Schauspieler reüssierte, etwa an der Seite Elisabeth Bergners im großen Stummfilm-Melodram Liebe (1926). Zur Finissage der Ausstellung »Im Schatten von Bambi. Felix Salten entdeckt die Moderne« im Wien Museum MUSA und der Wien- bibliothek im Rathaus zeigt das Filmmuseum diese drei Filme mit Begleitprogramm. In Kooperation mit der Wienbibliothek im Rathaus und dem WIEN MUSEUM

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Felix Salten und das Kino 50

Liebelei R: Max Ophüls B: Max Ophüls, Hans Wilhelm, Curt Alexander unter Mitarbeit von Felix Salten nach dem Stück von Arthur Schnitzler K: Franz Planer S: Friedel Buckow M: Theo Mackeben D: Paul Hörbiger, Magda Schneider, Luise Ullrich, Gustav Gründgens, Wolfgang Liebeneiner. DE, 1933, 35mm, sw, 87 min. Deutsch Nicht Wien, sondern der melancholische und grausame Traum von DONNERSTAG einer Stadt, rekonstruiert in den Studios von Berlin. Keine Angleichun- 16.9. / 20.30 gen an die Wirklichkeit, sondern Atelier-Träume. Winter in Straßen, die • Auftakt - visuelle Gedichte sind. Tänze vor Spiegeln. Pferdeschlittenfahrten im gespräch über Felix Salten Schnee. Gefühle oder vielmehr deren wunderbares Vorspiel. Liaiso- zwischen Werner nen, die Lieben werden könnten und doch nur Liebschaften bleiben. Michael Schwarz Die Tugend des Leichten: das Weibliche, Sanfte, Gleitende, Freiflu- (Historiker, Wien Museum) tende. Dem entgegen das Prinzip des Rigiden, Abschneidenden. Das und Michael Duell. Das Militär. Die Standesehre. Die Macht der Regeln; Terror der Loebenstein Usancen. Liebelei beschwört Unvereinbarkeiten. Die Personen gehen, Restaurierte sie gehen bloß fort oder gehen zu Tode. Was bleibt: leere Räume, Aus- Fassung sparungen im Film. Max Ophüls: »Oft höre ich von Leuten die Bitte, noch einmal einen so einfachen, stillen, ruhigen Film wie diesen zu machen; ich glaube nicht, dass ich es nicht mehr könnte, aber ich habe niemals mehr einen Stoff von solcher Stille gefunden.« (H.T.)

Scampolo, ein Kind der Straße R: Hans Steinhoff B: Billy Wilder, Felix Salten, Max Kolpé nach dem Stück Scampolo von Dario Niccodemi K: Curt Courant, Hans Androschin S: Ella Ensink M: Franz Waxman D: Dolly Haas, Karl Ludwig Diehl, Oskar Sima, Paul Hörbiger, Hedwig Bleibtreu. DE, 1932, 35mm, sw, 86 min. Deutsch Das arbeitslose Waisenmädchen Scampolo (Dolly Haas) verdingt sich FREITAG mit Aushilfsdiensten, als sie den ehemaligen Bankier Maximilian ken- 17.9. / 18.30 nenlernt, dem der Bankrott die Lebensgeister geraubt hat. Scampolo Courtesy ist von dessen vornehmer Art fasziniert, borgt ihm ihr letztes Geld Deutsche Kinemathek und will ihn zum Neuanfang bewegen. Doch Maximilian missversteht das Engagement des Mädchens. Die spritzigste Scampolo-Verfil- mung (am bekanntesten ist hierzulande wohl diejenige mit Romy

Schneider) und ein Film, in dem sich knapp vor Hitlers Machtüber- nahme noch einmal unterschiedlichste Kräfte bündeln: Der baldige

NS-Vorzeigeregisseur Hans Steinhoff inszeniert die Tragikomödie straff, das auf Hosenrollen spezialisierte, faszinierende Multitalent

Dolly Haas emigrierte ebenso wie Koautor Billy Wilder, dessen charak- teristischer Witz öfters aufblitzt. (C. H.)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Felix Salten und das Kino 51

Liebe

R, B: Paul Czinner nach La duchesse de Langeais von Honoré de Balzac K: Arpad Viragh, Adolf Schlasy D: Elisabeth Bergner, Hans Rehmann, Ágnes Eszterházy, Elza Temary. DE, 1927, 35mm, sw, ca. 106 min. Frz. ZT mit dt. UT Regisseur Paul Czinner und Darstellerin Elisabeth Bergner waren vor SAMSTAG und hinter der Kamera ein Traumpaar, das sowohl in Deutschland als 18.9. / 18.30 auch nach der gemeinsamen Flucht vor den Nazis im Exil für eine • Am Klavier: Reihe außerordentlicher Filme zeichnete. Ihre dritte Kollaboration war Elaine Loebenstein diese Verfilmung eines Balzac-Stoffs, den Jacques Rivette 80 Jahre Courtesy später für Ne touchez pas la hache nochmal aufgriff. Bergner spielt Cinémathèque eine kokette Herzogin, die Anfang des 19. Jahrhunderts Männern française flatterhaft den Kopf verdreht – bis sich durch die Begegnung mit einem Offizier (Hans Rehmann, der Schwiegersohn Felix Saltens) das Blatt wendet und eine tollkühne Folge von Liebesbekundungen und Zurückweisungen beginnt. Czinners geschmackvolle Regie und Bergners intensive Darstellung machten dieses heute zu Unrecht vernachlässigte Werk damals zum internationalen Erfolg: Selbst in Frankreich zeigte man sich erstaunt über die »bislang einzige Balzac- Verfilmung, die […] bis ins kleinste Detail die Atmosphäre seiner Romane trifft.« Aus Frankreich kommt auch die seltene, schöne Kopie, die wir ausnahmsweise zeigen dürfen. (C. H.)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Felix Salten und das Kino 52 2. OKTOBER 2021 Lange Nacht der Museen

Das Österreichische Filmmuseum ist eine Cinémathèque, die Aus- stellungen finden auf der Leinwand statt. In mehreren Programmen (à 40 min) bietet es vielfältige Einblicke: Archivarbeit, Programmge- staltung, Sammlungs- und Forschungsschwerpunkte, Film als Doku- ment der Alltagskultur. Im Zentrum steht dabei das Erlebnis des ge- meinsamen Filmschauens im Kino. Tickets für die Lange Nacht der Museen sind ab Anfang September an der Kassa erhältlich. Für den Besuch der einzelnen Programme geben wir zusätzlich am 2. Oktober ab 17 Uhr Zählkarten aus.

18.00 Filmfarben Im Kinderprogramm (ab 8 Jahren) wird gezeigt, wie die Farbe in den Film gekommen ist!

19.00 Mein täglicher Weg – Der mobilisierte Blick im Amateurfilm Der panoramatische Blick des Reisenden aus dem fahrenden Auto oder der tägliche Weg in die Arbeit: Das Schmalfilmprogramm zeigt unbekannte Wege und vertraute Pfade von Filmamateur*innen.

20.00 Film als Objekt: die Pflege einer Filmsammlung Einblick in Techniken und Handwerk der Filmkonservierung anhand von analogem Filmmaterial und Geräten.

21.00 & 22.00 Uppehåll i myrlandet (Aufenthalt im Marschland) Max von Sydow als Zugbremser, der in Lapplands Wildnis buchstäb- lich aussteigt, um sich einen Wunsch zu erfüllen. (Jan Troell, 1965, Schwedisch mit engl. UT, 30 min) Siehe auch S. 24

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Lange Nacht der Museen 53 7. UND 8. OKTOBER 2021 Annik Leroy Utopie und Entzauberung

Die Belgierin Annik Leroy (*1953), ein zu lange gehütetes Geheimnis des europäischen Kinos, gehört zu jenen Filmemacherinnen, die in der Auf- nahme einer Landschaft oder eines Gesichts die ganze Gewalt der Ge- schichte miterzählen. In ihren Filmen entwirft sie ein hochkomplexes, nie- mals versöhntes Bild Europas. In In der Dämmerstunde Berlin de l’aube à la nuit (1980) driftet die Fil- memacherin durch ein von der Erin- nerung heimgesuchtes Deutschland. Ist es möglich, in dieser Stadt Wärme zu finden? Wie so oft spaziert Annik Leroy Leroy mit ihrer Kamera und zitiert die Literatur, um ihren Sinn zu grei- fen: einen Zustand finden, in dem das Sehen zum Sein wird (Witold Gombrowicz). Ihre Filme erinnern daran, dass man manchmal nur begreift, wenn man einen Schritt zurückgeht. In Vers la mer (1999) folgt sie den Fuß- spuren von Claudio Magris entlang der Donau. Wieder sucht sie etwas, was es nur jenseits der zynischen Politik und brutalen Ge- schichte gibt: ein Europa der Gemeinsamkeiten. In diesem Sinn be- schreibt dieses Kino Restutopien im Ödland. Besonders deutlich wird das in TREMOR – Es ist immer Krieg, einem Aufschrei gegen Fa- schismus, in dem die 16mm-Kamera endgültig zur Waffe wird, die ein besseres Leben fordert. Diese Kriegerin ist eine Flaneurin, aber ihre Wege laufen nicht ent- lang der Prachtstraßen, sondern auf den vergessenen Pfaden des längst abgelaufenen europäischen Versprechens. Leroy erliest und ergeht sich ihre Filme. Man könnte frei nach Thomas Bernhard sagen, dass sie »in die entgegengesetzte Richtung« geht. Dort sieht sie das, was wirklich zählt oder zumindest hätte zählen sollen. (Patrick Holz- apfel)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Annik Leroy 54

In Titan’s Goblet

Ein Film von Peter Hutton. US, 1991, 16mm, sw, 10 min

Vers la mer (Bis ans Meer) Ein Film von Annik Leroy. BE, 1999, 16mm, sw, 87 min. ★ Mehrere Sprachen mit engl. UT Annik Leroy begibt sich auf eine epische Reise und folgt den Windun- DONNERSTAG gen der mythischen Donau von der Quelle im Schwarzwald bis zur 7.10. / 18.30 Mündung ins Schwarze Meer. Begegnungen mit Menschen auf dieser • In Anwesen- Reise durch Deutschland, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Bulgarien heit von Annik Leroy und Rumänien sind mit Aufnahmen des Flusses selbst durchsetzt.

Analog dazu kann man den Abdruck der Wasserwege in den Falten der Menschen erkennen, die Leroy mit seltener Offenheit filmt. Die in die Landschaft eingeschriebene Trauer, Freude und Erinnerung über- schreiten Grenzen und schaffen eine Passage durch Geschichte ent- lang der Lebensader zwischen West und Ost. Diese Lebensfragmente am Ufer mögen nicht zur großen Geschichte des Kontinents zählen, sie bilden aber die wahre Karte Europas. Eine Karte, durchzogen von den Narben der Vergangenheit, die unsere Gegenwart bestimmen.

Leroy macht Filme, wie andere auf Wasser malen. Ihr Film besteht aus den zahllosen Fäden einer Tapisserie, die unzählige Male angebrannt wurde, aber immer noch zusammenhält. Peter Huttons In Titan’s Go- blet bereitet unsere Augen vor für das Sehen der Welt. (I. M.)

Vers la mer

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Annik Leroy 55

Angeschwemmt R, B, K: Nikolaus Geyrhalter S: Nikolaus Geyrhalter, Christoph Meissl M: Polina Schestova, Valentin Kiriytschuk, Anatoliy Bulavitskiy. AT, 1994, 16mm, sw, 90 min. Deutsch DAVOR: Sag es mir Dienstag Ein Film von Astrid Ofner. AT, 2007, 35mm, Farbe, 24 min. Deutsch Treibgut einer Stadt und der ihr eigenen Fiktion auf Film gebannt. Die DONNERSTAG schwappenden Bewegungen des Besuchers, der niemals in ihr ver- 7.10. / 21.00 weilt, aber doch stets bei ihr ist: die Donau, ein Fluss, der Sehnsucht und Absurdität ganzer Völker mit sich reißt. Teilt man die Filmge- schichte in jene ein, die filmen, was sie gesucht haben, und jene, die fil- mend suchen, gehören Astrid Ofner, Nikolaus Geyrhalter und Annik Leroy sicherlich zur zweiten Gruppe. Ihre Kameras richten sich auf Zwischenräume, sie lauschen jenen, die gegen den Strom schwimmen. Die Totengräber und Fischer bei Geyrhalter, Franz Kafka und Milena Je- senskà bei Ofner, sie alle glauben daran, dass aus dem trüben Wasser etwas aufleuchtet, für das es sich, zumindest kurz, zu leben lohnt. (P. H.)

TREMOR – Es ist immer Krieg Ein Film von Annik Leroy K, S: Julie Morel, Annik Leroy. BE, 2017, DCP (von 16mm), ★ sw, 92 min. Mehrere Sprachen mit engl. UT DAVOR: Cellule 719 (Zelle 719) Ein Film von Annik Leroy. BE, 2006, DCP, Farbe, 15 min. Englisch ★ Stärker als in Annik Leroys anderen Filmen werden in TREMOR die Be- FREITAG wegungen der Geschichte mit denen der Erde verglichen. So fügen 8.10. / 18.30 sich Vulkanlandschaften Islands und Italiens sowie die Flaktürme und die verlassene psychatrische Anstaltn Wiens zu einer großen Erzäh- lung der Unrast und Gewalt. Doch die eigentliche Triebfeder des Films sind »die Stimmen von Dichtern und Verrückten« (Leroy), die von ihren Erfahrungen mit Gewalt und Gefangenschaft berichten. Der Untertitel Es ist immer Krieg entstammt Ingeborg Bachmanns Malina, dessen Passagen auf Aufnahmen von Pasolini, Freud, Alberto Moravia treffen: ein Mosaik der grenzenlosen Unterdrückung. Gespenstische Bilder wie Fernando Nannettis riesige Graffitis in der psychiatrischen Klinik von Volterra treffen auf eine schwarze Leinwand, während eine Zeugin an die Menschenmassen erinnert, die Hitler in Wien begrüß- ten. Gewalt und Krieg haben viele Formen, aber keine von ihnen lässt uns ohne Erschütterung zurück. Cellule 719 untersucht die Gefangen- schaft von Ulrike Meinhof mit Worten und Dunkelheit. (I. M.)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Annik Leroy 56 In der Dämmerstunde Berlin de l’aube à la nuit Ein Film von Annik Leroy S: Eva Houdová, Daniel De Valck. ★ BE/BRD, 1980, 16mm, sw, 67 min. Deutsch und Französisch mit engl. UT In ihrem ersten abendfüllenden Film erforscht Annik Leroy Berlin als FREITAG Ort der persönlichen und kollektiven Erinnerung. Sie ist eine einsame 8.10. / 21.00 Spaziergängerin, die sich zwischen verschneiten Ruinen und in ver- • Anschließen- lassenen Stadtvierteln bewegt. Zu Fuß und mit der U-Bahn erkundet des Gespräch mit Annik Leroy sie das, was war und ist. Es ist, als würde Leroy Bilder von Geistern ein- fangen. Die Orte, die sie filmt, sind größtenteils menschenleer und die Filmemacherin lässt Geräusche spielender Kinder und aufgenom- mene Gespräche in sie hineinfließen, als würde sie die Stadt bewäs- sern. Etwas Düsteres lauert im Off. Es ist ein einsamer Ort, der die ein- same Flaneurin empfängt, während sie in einen Dialog mit Schriftstel- lern tritt, deren Zitate ins Bild und in die nachhallende Vergangenheit eindringen. Vieles bleibt unaussprechlich, aber wird dennoch be- wahrt von stummen Zeugen, die wortlos die Geschichte der Zerstö- rung Europas erzählen. (I. M.)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Annik Leroy 57 ZYKLISCHES PROGRAMM Was ist Film Programm 1–14

Mit Werken von Kenneth Anger, Martin Arnold, Stan Brakhage, Luis Buñuel, Cinématographe Lumière, Émile Cohl, Bruce Conner, Joseph Cornell, Charles Dekeukeleire, William Kennedy Laurie Dickson/Edison Kinetograph, Aleksandr Dovženko, , Marcel Duchamp, VALIE EXPORT, Robert J. Flaherty, Robert Frank, Jean Genet, Richard Leacock, Fernand Léger & Dudley Murphy, Étienne-Jules Marey, Jonas Mekas, Georges Méliès, Marie Menken, Robert Nelson, Don A. Pennebaker, Man Ray, Hans Richter, Leni Riefenstahl, Jack Smith, Michael Snow, U.S. Government Office of War Information, Dziga Vertov, Jean Vigo

Birth of a Nation (1996, Jonas Mekas)

Peter Kubelka gestaltete 1996 aus Anlass der Hundertjahrfeier des Peter Kubelkas Kinos das Zyklische Programm Was ist Film. Das Programm definiert, Zyklus wird diens- tags gezeigt. so Kubelka, »durch Beispiele den Film als eigenständige Kunstgat- Ermäßigte Tickets tung, als Werkzeug, welches neue Denkweisen vermittelt. Es wird (3 Euro) für damit jungen Filmemachern und allen, die sich ernsthaft mit dem Studierende mit Medium Film auseinandersetzen, in 63 Programmen ein grund - Mitgliedschaft. legender Überblick geboten.« Das Buch zum Zyklus – Was ist Film: Peter Kubelkas Zyklisches Programm im Öster reichischen Filmmuseum – ist an der Kassa des Filmmuseums um 9 Euro erhältlich.

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Was ist Film 58

PROGRAMM 1 DIENSTAG Étienne-Jules Marey La Chronophotographie 7.9. / 18.30 1882–1902, Projizierte Diapositive William Kennedy Laurie Dickson/Edison Kinetograph. Alle Filme: 35mm Jonglierender Knabe 1892, 9 Kader Mann mit Strohhut 1892, 15 Kader Boxende Knaben 1892, 32 Kader Record of a Sneeze 1894, 46 Kader Dickson Plays His Violin 1894, 27 sek Corbett & Courtney Before the Kinetograph 1894, 75 sek Japanese Dancers 1897, 30 sek Ten Inch Disappearing Carriage Gun Loading and Firing, Sandy Hook 1897, 18 sek Cinématographe Lumière. Alle Lumière-Filme: 35mm, 1 min 16 B/Sek) Place du pont [?] Place des Cordeliers 1896 Place Bellecourt 1896 Panorama de l’arrivée en Gare de Perrache pris du train 1896 Concours de boules 1896 Quai de l’archivêché 1896 Ateliers de La Ciotat 1896 Machine à damer sur le Canal de Jonage 1896 Ramassage du linge [?] Faneurs 1896 Carmaux: Défournage du coke 1896 Laveuses sur la rivière 1896 Chamonix: Le village [?] Attelage d’un camion 1896 Scieurs de bois 1896 Venise, panorama du Grand Canal pris d’un bateau 1896 Londres, entrée du cinématographe 1896 Dublin, pompiers – un incendie 1 1897 Berlin, Panoptikum Friedrichstraße 1896 Danse espagnole de la Feria Sevillanos 1896 Espagne, danse au bivouac 1896 New York, Broadway et Union Square 1897 Chicago, défilé de policemen 1897 Mexique, baignade de chevaux 1897 Moscou, rue Tverskaja 1896

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Was ist Film 59

Jérusalem, porte de Jaffa, côté est 1897 Egypte, bourricot sous les palmiers 1897 Indochine, embarquement d’un bœuf à bord d’un navire [?] Indochine, promenade du dragon Chinois à cholon [?] Indochine, fumerie d’opium [?] Japon, escrime au sabre Japonais 1896 Nègres Ashantis, danse du sabre 1897 Marie Menken Go! Go! Go! 1962–64, 16mm, 11 min

PROGRAMM 2 DIENSTAG Jonas Mekas Birth of a Nation 1996, 16mm, 81 min M: Richard Wagner, Hermann 7.9. / 21.00 Nitsch STIMME: Jean Houston aus einem Vortrag über Parsifal. One hundred and sixty portraits or rather appearances, sketches and glimpses of avantgarde, independent filmmakers and film activists between 1955 and 1996. Why Birth of a Nation? Because the film independents IS a nation in itself. We are surrounded by commercial cinema Nation the same way as the indigenous people of the United States or of any other country are surrounded by Ruling Powers. We are the invisible, but essential nation of cinema. We are the cinema. (Jonas Mekas)

PROGRAMM 3 DIENSTAG Robert J. Flaherty Nanook of the North 1920–21, 35mm, 79 min (17 B/Sek) 14.9. / 18.30 Dziga Vertov Kinopravda 1922, 35mm, 18 min (17 B/Sek) Auszüge aus Kinopravda VIII/4, VII/8, VIII/1, V/2, V/5, I/1, IX/4 Stan Brakhage Window Water Baby Moving 1959, 16mm, 12 min

PROGRAMM 4 DIENSTAG Richard Leacock Primary 1960, 16mm, 51 min K: Richard Leacock, Albert Maysles 14.9. / 21.00 SCHNITT: Robert Drew, Richard Leacock, Don A. Pennebaker, Albert Maysles Herzlichen Dank an Navigator Film, die im Rahmen des Projekts »Filmpatenschaft« den Erwerb dieses Films für die Sammlung des Filmmuseums finanziert haben.

Don A. Pennebaker Hier Strauss 1965, 16mm, 35 min Robert Frank Pull My Daisy 1959, 16mm, 27 min

PROGRAMM 5 DIENSTAG Aleksandr Dovženko Zemlja (Erde) 1930, 35mm, 73 min (20 B/Sek). 21.9. / 18.30 Russ. ZT / Übersetzung liegt auf

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Was ist Film 60

PROGRAMM 6 DIENSTAG Jack Smith Flaming Creatures 1963, 16mm, 42 min 21.9. / 21.00 Leni Riefenstahl Triumph des Willens 1935, 35mm, 110 min Kein Einlass nach Beginn der Vorstellung

PROGRAMM 7 DIENSTAG Georges Méliès Le Magicien 1898, 35mm, 1 min (16 B/Sek) 28.9. / 18.30 L’Homme à la tête en caoutchouc 1901, 35mm, 3 min (16 B/Sek) La Cascade de feu 1904, 35mm, 3 min (16 B/Sek) Les Bulles de savon animées 1906, 35mm, 4 min (16 B/Sek) [Ausschnitt] Émile Cohl Le Cerceau magique 1908, 35mm, 6 min (16 B/Sek) Drame chez les Fantoches 1908, 35mm, 4 min (16 B/Sek) L’Avenir dévoilé par les lignes du pied 1914, 35mm, 2 min (16 B/Sek) Viking Eggeling Diagonalsymphonie 1921, 35mm, 8 min (16 B/Sek) Hans Richter Rhythmus 21 1921, 35mm, 4 min (16 B/Sek) Fernand Léger & Dudley Murphy Ballet mécanique 1924, 35mm, 18 min (18 B/Sek) Man Ray Le Retour à la raison 1923, 35mm, 3 min (16 B/Sek) Emak-Bakia 1927, 35mm, 18 min (18 B/Sek) Marcel Duchamp Anémic Cinéma 1926–27, 35mm, 8 min (18 B/Sek) Mitarbeit: Man Ray und Marc Allégret

PROGRAMM 8 DIENSTAG Georges Méliès La Fée Carabosse 1906, 35mm, 13 min (16 B/Sek) 28.9. / 21.00 Robert Nelson The Great Blondino 1967, 16mm, 41 min U.S. Government Office of War Information To the Shores of Iwo Jima 1945, 16mm, 19 min Bruce Conner Cosmic Ray 1961, 16mm, 5 min Crossroads Teil 1 1976, 35mm, 13 min Joris Ivens Regen 1929, 35mm, 15 min (18 B/Sek)

PROGRAMM 9 DIENSTAG Dziga Vertov Odinnadcatyj (Das elfte Jahr) 1928, 35mm, 66 min (16 B/Sek). 5.10. / 18.30 Russ. ZT/Übersetzung liegt auf Charles Dekeukeleire Impatience 1928, 35mm, 33 min (20 B/Sek)

PROGRAMM 10 DIENSTAG Carl Theodor Dreyer La Passion de Jeanne d’Arc 5.10. / 21.00 1928, 35mm, 107 min (18 B/Sek). Dän. ZT/Übersetzung liegt auf

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Was ist Film 61

PROGRAMM 11 DIENSTAG Carl Theodor Dreyer Vredens Dag (Tag des Zorns) 1943, 35mm, 97 min. 12.10. / 18.30 Dän. OF/Synopsis liegt auf

PROGRAMM 12 DIENSTAG Jean Genet Un chant d’amour 1950, 16mm, 26 min 12.10. / 21.00 VALIE EXPORT Mann & Frau & Animal 1970–73, 16mm, 8 min Joseph Cornell Rose Hobart 1936, 16mm, 13 min Children’s Party ca. 1938/68, 16mm, ca. 11 min (18 B/Sek) The Aviary 1955, 16mm, 5 min Angel 1957, 16mm, 3 min Nymphlight 1957, 16mm, 7 min Stan Brakhage Sexual Meditation: Faun’s Room, Yale 1972, 16mm, 2 min Sexual Meditation: Hotel 1972, 16mm, 6 min Sexual Meditation: #1 Motel 1970, 16mm, 5 min Sexual Meditation: Office Suite 1972, 16mm, 3 min Sexual Meditation: Open Field 1973, 16mm, 6 min Sexual Meditation: Room With View 1971, 16mm, 3 min

PROGRAMM 13 DIENSTAG Jean Vigo Zéro de conduite 1932/33, 35mm, 43 min. 19.10. / 18.30 Frz. OF/Übersetzung liegt auf Kenneth Anger Fireworks 1947, 16mm, 14 min Michael Snow Wavelength 1967, 16mm, 45 min

PROGRAMM 14 DIENSTAG Dziga Vertov Ėntuziazm (Simfonija Donbassa) 1930, 35mm, 68 min. 19.10. / 21.00 Russ. OF/Übersetzung liegt auf Luis Buñuel L’Age d’or 1930, 35mm, 62 min. Frz. ZT/Übersetzung liegt auf

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Was ist Film 62 Nymphlight (1957, Joseph Cornell, oben), Ėntuziazm (1930, Dziga Vertov)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Xxxxxx 63 13. UND 14. OKTOBER 2021 Schule im Kino Vermittlungsprogramme des Filmmuseums

Schule im Kino bietet jedes Semester rund fünfzehn Veranstaltungen für Schulklassen an. Im adäquaten Raum für Filmvermittlung – einem Kinosaal, genauer gesagt: im »Unsichtbaren Kino« – wird in unter- schiedlichen Formaten Film gezeigt, analysiert, besprochen und die Möglichkeit geboten, mit Filme macher*in nen ins Gespräch zu kommen. Schule im Kino ist ein kostenloses Angebot für Schulklassen. Das vollständige Programm sowie ein Anmeldeformular finden Sie auf www.filmmuseum.at/schuleimkino. Interessierte Lehrer*innen können an vermittlung@ filmmuseum.at für Informationen zur An- meldung schreiben. Eine rasche Anmeldung wird empfohlen!

MITTWOCH 13. 10. / 10.00–12.00 10–13 JAHRE Close-Up Chaplin

DONNERSTAG 14. 10. / 10.00–12.00 AB 15 JAHREN Stefan Huber / Michael Loebenstein Geschichtsbilder: Der Kampf um den öffentlichen Raum

Das dritte Volksfest des Republikanischen Schutzbundes der Ortsgruppe XVI (1925, anonym)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Schule im Kino 64 3. OKTOBER 2021

Filmmuseum on Location

Blind Husbands im Konzerthaus

Bisweilen führt die Reise ins österreichi- sche Herz des Kinos nach Hollywood. In der Bibliothek der Academy of Motion Pictures Arts & Sciences (die Heimat der »Oscars ©«) blätterte ich vor einigen Jah- ren durch eine Mappe mit Skizzen, die sich im Nachlass des in Wien gebore- nen, großen amerikanischen Stumm- filmregisseurs und Schauspielers Erich von Stroheim (1885–1957) fand. Es sind Zeichnungen, die der notorisch pedan- tische Stroheim für die Ausstattung sei- nes Spielfilmdebüts Blind Husbands an- gefertigt hatte: Details von Tiroler Blumenbeeten, Postkutschen, ja SONNTAG sogar Feingebäck wie Semmeln, die der damals 34-Jährige aus dem 3.10. / 19.30 Gedächtnis für den Ausstatter des Hollywoodstudios gezeichnet WIENER hatte. KONZERT - In ihrer Detailtreue und Lebendigkeit zeugen diese Skizzen weni- HAUS ger von einem wahrhaftigen Österreich der Jahrhundertwende als von einem imaginären Österreich, wie es nur im Exil und auf der Kino- leinwand entstehen konnte. Erich von Stroheim – geboren im 7. Be- zirk als Erich Oswald Stroheim, Sohn eines Hutmacherehepaars – er- findet sich mit seiner Ankunft in Ellis Island, New York, neu. Aus dem jüdischen Handwerkersohn wird ein adeliger Kavallerieoffizier: Holly- woods oberster Alte-Welt-Bösewicht, »the man you love to hate«, und Eine Koproduk- zugleich einer der größten Regisseure der Stummfilmzeit, dessen tion von Inszenierungsstil Filmemacher wie Sergej Eisenstein, Jean Renoir Österreichisches oder Alfred Hitchcock beeinflusste. Unsere Rekonstruktion der Pre- Filmmuseum, 2eleven music mierenfassung des Films und die Uraufführung der neuen Vertonung film, ZDF/ARTE von Andreas Eduardo Frank im Konzerthaus gibt dem Wiener Publi- in Kooperation kum die Gelegenheit, Stroheims tragikomisches und zutiefst moder- mit Wiener Konzerthaus und nes Ehedrama dort wiederzuentdecken, wo es hingehört: auf der Elbphilharmonie Leinwand. (Michael Loebenstein) Hamburg

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 On Location 65 Spielplan Alle Filme von 3. September bis 20. Oktober 2021

• Veranstaltungen mit Gästen oder Einführungen ★ Screenings in English or with English subtitles

FR 3.9. 18.30 Amos-Vogel-Atlas: Viva Zapatista! Birdwatchers – La terra degli uomini rossi 2008, Marco Bechis / Davor: Mexique, baignade de chevaux 1897, Cinématographe Lumière (S. 30) Freier Eintritt für Fördernde Mitglieder • Einführung von Christoph Huber und Tom Waibel. In Anwesenheit einer Zapatista-Delegation 21.00 Amos-Vogel-Atlas: Viva Zapatista! Corazón del Tiempo (Herz der Zeit) 2008, Alberto Cortés ★ / Davor: Las Choferas (Die Chauffeurinnen) 2019, Comp@s Terci@s ★ (S. 31) Freier Eintritt für Fördernde Mitglieder • Einführung von Christoph Huber und Tom Waibel. In Anwesenheit einer Zapatista-Delegation SA 4.9. 18.00 Collection on Screen: Neorealismo Ossessione (Besessenheit) 1943, Luchino Visconti (S. 37) Freier Eintritt für Fördernde Mitglieder • Einführung von Christoph Huber 21.00 Collection on Screen: Positionen Maria Lassnig: Films in Progress 1970–79 ★ (S. 46) Freier Eintritt für Fördernde Mitglieder • Einführung von Andrea Pollach SO 5.9. 18.30 Collection on Screen: Neorealismo Ladri di biciclette (Fahrraddiebe) 1948, Vittorio De Sica (S. 38) • Einführung von Christoph Huber 21.00 Collection on Screen: Positionen Filme von Tatjana Ivančić 1969–79 (S. 47) • Einführung von Janneke van Dalen MO 6.9. 18.30 Amos-Vogel-Atlas: Viva Zapatista! Los que se quedan (Diejenigen, die bleiben) 2009, Juan Carlos Rulfo, Carlos Hagerman ★ / Davor: Paax (Musik) 2009, María Bello Buenfil ★ (S. 32) • Einführung von Christoph Huber und Tom Waibel. In Anwesenheit von Juan Carlos Rulfo und Valentina Leduc Navarro 21.00 Amos-Vogel-Atlas: Viva Zapatista! Etnocidio: Notas sobre el mezquital (Völkermord) 1976, Paul Leduc (S. 32) • Einführung von Christoph Huber. In Anwesenheit von Valentina Leduc Navarro DI 7.9. 18.30 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 1 Werke von Étienne-Jules Marey, William Kennedy Laurie Dickson, Cinématographe Lumière, Marie Menken 1892–1964 (S. 59) 21.00 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 2 Birth of a Nation 1996, Jonas Mekas (S. 60)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Spielplan 66 MI 8.9. 18.30 Amos-Vogel-Atlas: Viva Zapatista! Kurzfilme von Julio García Espinosa, Tomás Gutiérrez Alea, Santiago Álvarez, Laura Salas und Nicolás Tapia 1955–2018 (S. 33) • Einführung von Christoph Huber und Tom Waibel. In Anwesenheit einer Zapatista-Delegation 21.00 Amos-Vogel-Atlas: Viva Zapatista! Lucía 1968, Humberto Solás (S. 34) • Einführung von Christoph Huber DO 9.9. 18.30 Pojken och draken (Der Junge und der Drachen) 1962, Jan Troell, Bo Widerberg ★ (S. 6) 19.30 Här har du ditt liv (Hier hast du dein Leben) 1966, Jan Troell ★ (S. 7) • In Anwesenheit von Jan Troell und Jon Wengström Freier Eintritt für Fördernde Mitglieder FR 10.9. 18.30 Barnvagnen (Kinderwagen) 1963, Bo Widerberg ★ (S. 8) • In Anwesenheit von Jan Troell und Jon Wengström 21.00 Ingenjör Andrées luftfärd (Der Flug des Adlers) 1982, Jan Troell ★ (S. 8) • In Anwesenheit von Jan Troell und Jon Wengström SA 11.9. 18.30 Joe Hill 1971, Bo Widerberg ★ (S. 9) • Einführung von Jon Wengström 21.00 Dom över död man (Das letzte Urteil) 2012, Jan Troell ★ (S. 10) SO 12.9. 17.30 Collection on Screen: Neorealismo La terra trema (Die Erde bebt) 1948, Luchino Visconti / Davor: Pescherecci Vittorio De Seta, 1958 (S. 38) • Einführung von Christoph Huber 21.00 Collection on Screen: Neorealismo I vitelloni (Die Müßiggänger) 1953, Federico Fellini / Davor: Gente del Po 1943–47, Michelangelo Antonioni (S. 39) • Einführung von Christoph Huber MO 13.9. 18.30 Kvarteret Korpen (Das Rabenviertel) 1963, Bo Widerberg ★ (S. 11) 21.00 Ole dole doff (Raus bist du) 1968, Jan Troell ★ (S. 12) DI 14.9. 18.30 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 3 Filme von Robert J. Flaherty, Dziga Vertov und Stan Brakhage 1920–59 (S. 60) 21.00 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 4 Filme von Richard Leacock, Don A. Pennebaker und Robert Frank 1959–65 (S. 60) MI 15.9. 18.00 Heja Roland! (Hallo, Roland) 1966, Bo Widerberg ★ (S. 13) 20.30 Sagolandet (Das Märchenland) 1988, Jan Troell ★ (S. 13) DO 16.9. 18.30 Kurzfilme von Jan Troell und Bo Widerberg 1961–70 ★ (S. 14) 20.30 Felix Salten Liebelei 1933, Max Ophüls (S. 51) • Auftaktgespräch zwischen Werner Michael Schwarz und Michael Loebenstein FR 17.9. 18.30 Felix Salten Scampolo, ein Kind der Straße 1932, Hans Steinhoff (S. 51) 21.00 Kärlek 65 (Roulette der Liebe) 1965, Bo Widerberg ★ (S. 15) SA 18.9. 18.30 Felix Salten Liebe 1927, Paul Czinner (S. 52) • Am Klavier: Elaine Loebenstein 21.00 Elvira Madigan (Das Ende einer großen Liebe) 1967, Bo Widerberg (S. 15) • Einführung von Christoph Huber SO 19.9. 18.30 Collection on Screen: Positionen Maria Lassnig: Films in Progress 1970–79 ★ (S. 46) • Einführung von Michael Loebenstein 21.00 Collection on Screen: Neorealismo Roma città aperta (Rom, offene Stadt) 1945, Roberto Rossellini (S. 40) • Einführung von Christoph Huber

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Spielplan 67 MO 20.9. 18.30 Den vita sporten (Der weiße Sport) 1968, Grupp 13 ★ (S. 16) 21.00 Zandy’s Bride 1974, Jan Troell ★ (S. 16) DI 21.9. 18.30 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 5 Zemlja 1930, Aleksandr Dovženko (S. 60) 21.00 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 6 Flaming Creatures 1963, Jack Smith / Triumph des Willens 1935, Leni Riefenstahl (S. 61) MI 22.9. 18.30 Bang! 1977, Jan Troell ★ (S. 17) 21.00 Ådalen 31 1969, Bo Widerberg ★ (S. 18) DO 23.9. 18.30 Mannen från Mallorca (Der Mann aus Mallorca) 1984, Bo Widerberg ★ (S. 18) • Einführung von Christoph Huber 21.00 Mannen på taket (Der Mann auf dem Dach) 1976, Bo Widerberg ★ (S. 19) • Einführung von Christoph Huber FR 24.9. 18.00 Ormens väg på hälleberget (Der Weg der Schlange auf dem Felsen) 1986, Bo Widerberg ★ (S. 20) 20.30 Utvandrarna (Emigranten) 1971, Jan Troell ★ (S. 20) SA 25.9. 18.00 Fimpen (Fimpen, der Knirps) 1974, Bo Widerberg (S. 21) 20.00 Nybyggarna (Das neue Land) 1972, Jan Troell ★ (S. 22) SO 26.9. 18.30 Collection on Screen: Neorealismo L’amore in città (Liebe in der Stadt) 1953, Michelangelo Antonioni, Federico Fellini, Alberto Lattuada, Carlo Lizzani, Dino Risi, Francesco Maselli, Cesare Zavattini (S. 41) • Einführung von Christoph Huber 21.00 Collection on Screen: Positionen Filme von Renate Bertlmann 1976–80 (S. 48) • Anschließendes Gespräch zwischen Christiana Perschon und Renate Bertlmann MO 27.9. 18.30 Liv till varje pris (Leben um jeden Preis) 1998, Stefan Jarl ★ (S. 22) 21.00 Victoria 1979/87, Bo Widerberg ★ (S. 23) • Einführung von Elisabeth Streit DI 28.9. 18.30 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 7 Filme von Georges Méliès, Émile Cohl, Viking Eggeling, Hans Richter, Fernand Léger & Dudley Murphy, Man Ray, Marcel Duchamp 1898–1927 (S. 61) 21.00 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 8 Filme von Georges Méliès, Robert Nelson, U.S. Government Office of War Information, Bruce Conner, Joris Ivens 1906–76 (S. 61) MI 29.9. 18.30 En frusen dröm (Ballonfahrt in den Tod) 1997, Jan Troell ★ Davor: Uppehåll i myrlandet (Aufenhalt im Marschland) 1965, Jan Troell ★ (S. 24) 21.00 Lust och fägring stor (Schön ist die Jugendzeit) 1995, Bo Widerberg ★ (S. 25) DO 30.9. 18.30 Il Capitano 1991, Jan Troell ★ (S. 26) 21.00 Så vit som en snö (So weiß wie im Schnee) 2001, Jan Troell ★ (S. 26) FR 1.10. 18.30 Joe Hill 1971, Bo Widerberg ★ (S. 9) 21.00 Hamsun 1996, Jan Troell (S. 27)

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Spielplan 68 SA 2.10. 18.00 Lange Nacht der Museen Filmfarben (S. 53) 19.00 Lange Nacht der Museen Mein täglicher Weg – Der mobilisierte Blick im Amateurfilm (S. 53) 20.00 Lange Nacht der Museen Film als Objekt: die Pflege einer Filmsammlung (S. 53) 21.00 Lange Nacht der Museen Uppehåll i myrlandet (Aufenthalt im Marschland) 1965, Jan Troell ★ (S. 24) 22.00 Lange Nacht der Museen Uppehåll i myrlandet (Aufenthalt im Marschland) 1965, Jan Troell ★ (S. 24) SO 3.10. 15.00 Collection on Screen: Neorealismo Ladri di biciclette (Fahrraddiebe) 1948, Vittorio De Sica (S. 38) 18.30 Collection on Screen: Positionen Filme von Tatjana Ivančić 1969–79 (S. 47) • Einführung von Nadja Šičarov 21.00 Collection on Screen: Neorealismo Umberto D. 1952, Vittorio De Sica (S. 42) • Einführung von Christoph Huber MO 4.10. 18.30 Närvarande (Gegenwart) 2003, Jan Troell ★ (S. 28) 21.00 Maria Larssons eviga ögonblick (Die ewigen Momente der Maria Larsson) 2008, Jan Troell ★ (S. 28) DI 5.10. 18.30 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 9 Odinnadcatyj 1928, Dziga Vertov / Impatience 1928, Charles Dekeukeleire (S. 61) 21.00 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 10 La Passion de Jeanne d’Arc 1928, Carl Theodor Dreyer (S. 61) MI 6.10. 18.30 Barnvagnen (Kinderwagen) 1963, Bo Widerberg ★ (S. 8) 21.00 Kvarteret Korpen (Das Rabenviertel) 1963, Bo Widerberg ★ (S. 11) / Davor: Pojken och draken (Der Junge und der Drachen) 1962, Jan Troell, Bo Widerberg ★ (S. 6) DO 7.10. 18.30 Annik Leroy In Titan’s Goblet 1991, Peter Hutton / Vers la mer (Bis ans Meer) 1999, Annik Leroy ★ (S. 55) • In Anwesenheit von Annik Leroy 21.00 Annik Leroy Angeschwemmt 1994, Nikolaus Geyrhalter / Davor: Sag es mir Dienstag 2007, Astrid Ofner (S. 56) FR 8.10. 18.30 Annik Leroy TREMOR – Es ist immer Krieg 2017, Annik Leroy ★ / Davor: Cellule 719 (Zelle 719) 2006, Annik Leroy ★ (S. 56) 21.00 Annik Leroy In der Dämmerstunde Berlin de l’aube à la nuit 1980, Annik Leroy ★ (S. 57) • Anschließendes Gespräch mit Annik Leroy SA 9.10. 18.30 Elvira Madigan (Das Ende einer großen Liebe) 1967, Bo Widerberg (S. 15) 21.00 Ådalen 31 1969, Bo Widerberg ★ (S. 18) SO 10.10. 16.00 Collection on Screen: Positionen Filme von Renate Bertlmann 1976–80 (S. 48) • Einführung von Andrea Pollach 18.30 Collection on Screen: Neorealismo Roma città aperta (Rom, offene Stadt) 1945, Roberto Rossellini (S. 40) 21.00 Collection on Screen: Neorealismo Paisà 1946, Roberto Rossellini ★ / Davor: Parabola d’oro (Goldene Parabel) 1955, Vittorio De Seta (S. 43) • Einführung von Christoph Huber

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Spielplan 69 MO 11.10. 18.30 Mannen på taket (Der Mann auf dem Dach) 1976, Bo Widerberg ★ (S. 19) 21.00 Mannen från Mallorca (Der Mann aus Mallorca) 1984, Bo Widerberg ★ (S. 18) DI 12.10. 18.30 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 11 Vredens Dag 1943, Carl Theodor Dreyer (S. 62) 21.00 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 12 Filme von Jean Genet, VALIE EXPORT, Joseph Cornell, Stan Brakhage 1936–73 (S. 62) MI 13.10. 18.30 En frusen dröm (Ballonfahrt in den Tod) 1997, Jan Troell ★ / Davor: Uppehåll i myrlandet (Aufenhalt im Marschland) 1965, Jan Troell (S. 24) 20.30 Ingenjör Andrées luftfärd (Der Flug des Adlers) 1982, Jan Troell ★ (S. 8) DO 14.10. 18.30 Kärlek 65 (Roulette der Liebe) 1965, Bo Widerberg ★ (S. 15) 21.00 Zandy’s Bride 1974, Jan Troell ★ (S. 16) FR 15.10. 18.00 Fimpen (Fimpen, der Knirps) 1974, Bo Widerberg (S. 21) • Einführung von Christoph Huber 20.00 Här har du ditt liv (Hier hast du dein Leben) 1966, Jan Troell ★ (S. 7) SA 16.10. 16.00 Utvandrarna (Emigranten) 1971, Jan Troell ★ (S. 20) 20.00 Nybyggarna (Das neue Land) 1972, Jan Troell ★ (S. 22) SO 17.10. 18.30 Collection on Screen: Neorealismo I vitelloni (Die Müßiggänger) 1953, Federico Fellini / Davor: Gente del Po 1943–47, Michelangelo Antonioni (S. 39) 21.00 Collection on Screen: Positionen Maria Lassnig. Buchpräsentation und Kanonische Filme 1970–1974 (S. 48) • In Anwesenheit der Heraus geber*in nen Eszter Kondor, Michael Loebenstein, Peter Pakesch und Hans Werner Poschauko MO 18.10. 18.30 Ole dole doff (Raus bist du) 1968, Jan Troell ★ (S. 12) 21.00 Hamsun 1996, Jan Troell (S. 27) DI 19.10. 18.30 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 13 Filme von Jean Vigo, Kenneth Anger, Michael Snow 1932–67 (S. 62) 21.00 ZYKLISCHES PROGRAMM: WAS IST FILM 14 Ėntuziazm (Simfonija Donbassa) 1930, Dziga Vertov / L’Age d’or 1930, Luis Buñuel (S. 62) MI 20.10. 18.30 Ormens väg på hälleberget (Der Weg der Schlange auf dem Felsen) 1986, Bo Widerberg ★ (S. 20) 21.00 Bang! 1977, Jan Troell ★ (S. 17)

• Veranstaltungen mit Gästen oder Einführungen ★ Screenings in English or with English subtitles

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 Spielplan 70 Ab September reduzierte Herbstmitgliedschaft!

Als Mitglied erhalten Sie das Ticket für € 6,00 statt € 10,50 sowie einen Zehnerblock für € 45,00 und die postalische Zusendung des Programmheftes.

Wenn Sie Förderndes Mitglied werden, unterstützten Sie darüber hinaus unser Haus und erhalten damit zahlreiche Vorteile, etwa exklusive Einladungen zu Vorpremieren, Führungen in Partnermuseen oder freien Eintritt zu ausgewählten Vorstellungen.

Mitgliedschaften 2021 (gültig bis 31.12.): HERBSTMITGLIEDSCHAFT € 9,50 HERBSTPARTNERMITGLIEDSCHAFT € 15,00 Fördernde Mitgliedschaft ab € 70,00 Fördernde Partnermitgliedschaft ab € 120,00

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

DANK Mårten Blomkvist; Stefan Jarl; André Schäublin (Cinémathèque suisse); Jan Troell, Agneta Ulfsäter-Troell; Gary Vanisian (Filmkollektiv Frankfurt); Jon Wengström (Swedish Film Institute); Jannike Mikaela Curuchet, Mónica Martínez Orihuela (IMCINE – Instituto Mexicano de Cinematografía); Pia Quintana, Alberto Dominguez Ramos (Foro Cultural Kinoki); Ana Solares (Bataclán Cine); Carsten Zimmer (Arsenal – Institut für Videokunst e.V.); Émilie Cauquy (Cinémathèque française); Anita Eichinger, Maren Waffenschmid, Marcel Atze, Gerhard Murauer (Wienbibliothek im Rathaus), Diana Kluge (Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen), Werner Michael Schwarz, Ursula Storch (Wien Museum); Annik Leroy, Marie Logie; Petra Belc, Renate Bertlmann, Nadine Lemke, Christiana Perschon; Nina Goslar (Arte); Julia Hahn (Wiener Konzerthaus); Thomas Schmölz (2eleven)

IMPRESSUM Medieninhaber: Österreichisches Filmmuseum. Für den Inhalt verantwortlich: Christoph Huber, Ivana Miloš; alle: 1010 Wien, Augustinerstraße 1. Corporate Design, Grafik und Produktion: Gabi Adébisi-Schuster. Druck: Medienfabrik Graz. Fotos: Soweit nicht anders ausgewiesen stammen die Bilder aus der Fotosammlung Österreichisches Filmmuseum. Titelbild: Uppehåll i myrlandet (Aufenhalt im Marschland) (1965, Jan Troell) Courtesy of Swedish Film Institute

SEPTEMBER / OKTOBER 2021 71 FÖRDERER Das Filmmuseum wird gefördert durch die Kulturabteilung der Stadt Wien und das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Weitere Partner*innen sind der Fachverband der Film- und Musikindustrie der WKO, die Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden (VdFS), die Verwertungsgesell- schaft für Audiovisuelle Medien (VAM) sowie die Freund*innen des Filmmuseums (Fördernde Mitglieder).

VERANSTALTUNGSPARTNER

MEDIENPARTNER

Das Filmmuseum ist Partner der Initiative »Hunger auf Kunst und Kultur«, die die Zu- gänglichkeit von Kunst und Kultur für alle Menschen ermöglichen will. Inhaber*innen eines im Rahmen dieser Initiative vergebenen Kulturpasses erhalten Freikarten für die Vorstellungen des Filmmuseums. Veranstaltungen, deren Erlöse dieser Aktion zugute kommen, sind mit »1 Euro Solidarbeitrag für Aktion Kulturpass« gekennzeichnet. Unterstützt von

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