Herausgegeben von den Vereinigten Altstadtleisten 35. Jahrgang |3/ 2019

DAS LEBEN UND ÜBERLEBEN DER STADTBÄUME In einer Zeit, in der Schülerinnen und Schüler mit ihren Klimademonstrationen den Klimawandel zurück auf die politische Agenda brachten, haben auch Themen wie das Waldsterben, der Bor - kenkäferbefall, Familiengärten, Renaturierung, Neophyten oder Urban Gardening wieder Kon - junktur. Allenthalben wird über Klima- und Naturschutz diskutiert. Die Menschen sind zunehmend sensibilisiert. Die BrunneZytig ist deshalb der Frage nachgegangen, was in Bern zum Schutz der Stadtbäume getan wird, die bereits seit längerem unter dem Klimawandel leiden. Editorial

EIN REICHBEFRACHTETES ARBEITSPROGRAMM Es gehört zur schönen Tradition, dass sich der Vorstand der Vereinigten Altstadtleiste (VAL) zur Sommerre - traite an einen speziell schönen Ort begibt. Dort wird gearbeitet und das Zusammensein bei angeregten Gesprä - chen genossen. Dieses Jahr haben wir uns im Gür - betal mit unseren lokalen Altstadtthemen befasst.

Rund 20 Themen beschäftigen uns aktuell. Da heisst es Prioritäten setzen, denn unsere Ressourcen sind beschränkt. Zentral ist für uns die Umsetzung des erarbeiteten und zwischen verschiedenen Interes - senvertretungen ausgehandelten Konzepts zu «Ver - kehr Wirtschaft Innenstadt». Damit soll die Untere Altstadt vom privaten Autoverkehr entlastet, Zulie - ferung und Dienstleistungen aber sichergestellt wer -  Diese prächtige Rosskastanie, ein typischer Berner Stadtbaum, beschützt das Emblem der BrunneZytig, den den. Tempo 30 wurde an vielen Orten – auch an der Läuferbrunnen. «Schütti» eingeführt. Messungen zeigen, dass aktuell die Tempovorgabe an der Postgass- und Brunngass - In seiner Begrüssungsrede an den Willkommensan - ment geschützt. In seinem Zweckartikel steht an ers - halde nicht eingehalten wird und das Verkehrsauf - lässen der Stadt liebte es der verstorbene Stadtpräsi - ter Stelle der Erhalt des Ort- und Landschaftsbildes kommen hoch ist. In der Unteren Altstadt gibt es dent Alexander Tschäppät, die Neuzugezogenen mit (Denkmalpflege), gefolgt vom ökologischen Aus - viele Baustellen. Davon betroffen sind insbesondere Statistiken über die Naturnähe Berns in Erstaunen zu gleich (Biodiversität) und als dritter Punkt die ange - die und neuerdings auch die versetzen. Hätten Sie es gewusst? Nebst einigen Land - (vgl. Seite 16). wirtschaftsbetrieben und Nutztierherden gibt es auf dem Stadtgebiet auch rund 22‘000 Bäume! Und für Erfreulich ist der Zwischenstand zu unseren Aktivi - sie gelten zahlreiche Schutzbestimmungen. So sind INFO AUS DEM INHALT täten für ein Feuerwerkverbot in der Altstadt. Die öffentliche Bäume im Eigentum der Stadt Bern mehr - Unterschriftensammlung für die durch die VAL lan - heitlich durch Artikel 75 der Bauordnung geschützt. cierte Petition läuft auf Hochtouren. In Absprache Ausserdem regeln viele weitere Verordnungen und mit einer Delegation des Stadtrats wurden Vorstösse ZEUGNISSE DER ZEITGESCHICHTE: Eine Ausstellung in der Sondervorschriften den Umgang mit der Natur in eingereicht und damit ein entsprechendes Reglement Burgerbibliothek und ein neues Buch mit historischen Überbauungsräumen im öffentlichen und privaten gefordert (vgl. Seite 15). Weitere Themen, die uns Postkarten dokumentieren den Wandel der Stadt Bern im Bereich. Etliche Artikel betreffen Bäume, etwa die im Vorstandsalltag begleiten, sind unter anderem die 19. und 20. Jahrhundert, Seite 5. Vorgaben zur Einhaltung des Lichtraumprofils für neue Organisation und Finanzierung der Weih - GROSSBAUSTELLEN IN DER ALTSTADT: DIE LEIDTRAGENDE IST Pflanzabstände an Grundstückgrenzen oder die Re - nachtsbeleuchtung, das Stadtfest 2020 (vgl. Seite VOR ALLEM DIE RATHAUSGASSE – Was der Leist sagt und gelung zum jährlichen Zurückschneiden der Äste. 14) und die Kommunikation bei Bauvorhaben und was die Verantwortlichen von Stadt, Energie Wasser Bern Veranstaltungen. Wichtig ist dabei unser Netzwerk und Bernmobil, Seite 8 und Seite 16. Strenger Fällschutz für Altstadt-Bäume mit all unseren Partnern und die enge Zusammen - Privatbäume und öffentliche Bäume im Eigentum SPONTAN%IDEE MIT FOLGEN: Das Theater Matte verdankt arbeit mit den Behörden. Dritter sind in der Stadt Bern seit dem Jahr 2000 dem Zufall seine Gründung – und feiert jetzt schon seine Barbara Geiser, Präsidentin Vereinigte Altstadtleiste durch das vom Volk genehmigte Baumschutzregle - 10. Saison, Seite 9. 2 BrunneZytig 13. September 2019 Titelgeschichte

WERDEN SIE BAUMPATE/ INFO BAUMPATIN&

Die Erhaltung und Förderung der städtischen Baum-Landschaft kann durch eine Baumpatenschaft un - terstützt werden. Ein einmaliger Betrag von 600 Franken beinhaltet das Pflanzen und eine lebenslange Pflege «ihres» Baumes durch Stadtgrün Bern. Der Baum erhält gut sicht - bar ein Namensschild des Paten samt Widmung. https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-ener - gie/stadtnatur/baume/baumpatenschaften

strebte Wohnlichkeit (Lebensqualität) für die Stadt - bevölkerung. Damit gilt ein Baum also nicht allein seiner Art wegen als schützenswert, sondern auch durch seine Einbettung ins gesamte Umgebungsbild. Das Reglement unterteilt die Stadt Bern in zwei Peter Kuhn, Leiter des Baumkompetenzzentrums, arbeitet am Baumkataster von Stadtgrün Bern. Baumschutzzonen: Zone A umfasst das Aaretal -  schutzgebiet und die Altstadt. Zone B umfasst das ganze übrige Gemeindegebiet. In der Baumschutz - nige auch auf privatem Grund, im Inventar der be - Solche Gesamtbilder aus Pflanze und Umgebung sind zone A sind alle Bäume ab 30 Zentimeter Stamm - sonders schutzwürdigen Bäume registriert. Heute oft echte Kulturdenkmäler, beispielsweise die Alleen. umfang geschützt. Will man einen Baum fällen, muss sind Peter Kuhn und seine elf Mitarbeitenden für In Bern säumen rund 8000 Laubbäume – z.B. dafür eine Bewilligung beim Baumkompetenzzen - rund 22‘000 Bäume im öffentlichen Raum zustän - Ahorne, Linden und Eschen – in Reih und Glied un - trum der Stadt Bern eingeholt werden. Im übrigen dig. Sie sind unter anderem dafür verantwortlich, sere Strassen. Napoleon verdanken wir die impo - Stadtgebiet, der Zone B, gilt die Fäll-Regel erst ab die schützenswerten Bäume mit ihren «Personalien», santen Platanen-Alleen im Muri- und Aargauer- einem Stammumfang von 80 Zentimetern. Nicht wie Art, Standort und Pflanzjahr ins digitalisierte stalden. In diesen zum Teil historischen Mischalleen unter diese Regelung fallen die Obstbäume – mit Baumkataster einzutragen, das seit rund 30 Jahren wurde die Arten-Auswahl einst gezielt nach ihrem Ausnahme der Nussbäume, die aufgrund ihrer im - das alte Inventar abgelöst hat. Alle diese Daten sind Holznutzen getroffen. Heute sind für die Wahl der posanten Erscheinungsform auch als Gestaltungsele - mit dem Geografischen Informationssystem (GIS) Art Kriterien wie die Biodiversität und die Überle - ment in der Landschaftsplanung dienen. der Stadt verknüpft und seit 2003 für jedermann benschancen am Standort ausschlaggebend. zugänglich (www.bern.ch/themen/umwelt-natur- Pro Jahr müssen gegen 200 Stadtbäume aus ver - und-energie/stadtnatur/baume). Manch ein Altstadtbewohner möchte nun bestimmt schiedenen Gründen gefällt werden. Jeder einzelne etwas über das «Gesamtbild» der Begrünung unserer von ihnen wird möglichst zeitnah und in der Regel Peter Kuhn schaut zurück: «Zum letzten Mal haben Gassen und Lauben wissen. Dazu bringt Peter Kuhn an derselben Stelle ersetzt. Peter Kuhn, Leiter des wir 2015 die Stadtbäume systematisch gezählt. Spe - ein weiteres Definitions-Kriterium ins Spiel: Alles, Baumkompetenzzentrums von Stadtgrün Bern, er - zielle Entdeckungsgänge zur Aufstöberung von was in einem Kübel im öffentlichen oder privaten gänzt beruhigend: «Wir fällen nur, wenn es unbe - schützenswerten Exemplaren machen wir seither Raum wächst, sei rechtlich gesehen kein Baum, son - dingt sein muss, und lassen oft sogar kranke Bäume, keine mehr. Da wir alle Bäume intensiv und regel - dern gehöre zu den Mobilien, und somit in die Zu - die kein Sicherheitsrisiko darstellen, stehen, um mässig pflegen, behalten wir stets einen guten Über - ihnen die Chance zu geben, sich zu erholen.» blick über den Bestand. Kenntnis über besondere Bäume auf Privatgrund erhalten wir jedoch oft erst, Schon in den 80er-Jahren wurden von der damali - wenn Eigentümer einen Baum fällen möchten und gen Stadtgärtnerei erhaltenswerte Stadtbäume, ei - mit uns in Kontakt treten, um dafür eine Genehmi - gung zu erhalten.»

Wann ist ein Baum ein Baum? «Ein Baum kann erst ins Inventar aufgenommen werden, wenn er als solcher definiert ist. Diese Aus - sage Peter Kuhns mag erstaunen, doch ist sie gar nicht so simpel, wie es im ersten Augenblick scheint. Da gibt es natürlich die drei groben Definitions- Merkmale von Wurzel, Stamm und Krone. Doch schon die Unterscheidung zwischen Baum und Strauch ist oft schwierig: Hinweise können die Grösse, die Proportionen der drei Bereiche zueinan - der oder die Mehrstämmigkeit geben, eine klare Ab - grenzung jedoch gibt es nicht. Peter Kuhn erklärt weiter: «In unserer Baum-Definition spielt vor allem das Gesamtbild eine wichtige Rolle.» Bekanntlich sind für alle Lebewesen – auch für Bäume – die Le - bensumstände für das Wachstum und die Ausfor - mung oft ausschlaggebender als ihre Veranlagung. Diese Tatsache nutzen die Baumpfleger bei ihrer  «Private» Natur in der Altstadt: Eingetopfte Dachter -  Jungbäume in der Baumschule in der Elfenau mit rassen- und Fensterbrett-Bäume gelten per definitio - Standortwahl gezielt. ihrem typischen weissen Schutzanstrich gegen die nem nicht als Bäume. schädliche UV-Strahlung. BrunneZytig 3 Läbigi Altstadt 13. September 2019 ständigkeit der gewerbepolizeilichen Reglemente. LIEBE LESERINNEN UND LESER Und er ergänzt: «Wir unterscheiden auch zwischen Dachterrassen und Dachgärten: Auf den Terrassen stehen die Pflanzen in Töpfen, Dachgärten hingegen Herr: Es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross. chäologen und Mitautor des Buches, Armand Bae - haben eine frei liegende, bepflanzte Humusschicht. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren riswyl, über das, was man jetzt über die Gründungs - Nur die darin festwachsenden Bäume gelten als sol - und auf den Fluren lass die Winde los. stadt und die folgenden rund 100 Jahre weiss – und che und können bei uns registriert werden.» was man vermutlich nie mehr in Erfahrung bringen Befiehl den letzten Früchten voll zu sein wird (Seite 6). An dieser Stelle schon einmal der Züchten, pflegen und erhalten gib Ihnen noch zwei südlichere Tage Hinweis, dass Sie, verehrte Leserinnen und Leser der Der Schutz der Stadtbäume beginnt ganz hinten im dränge sie zur Vollendung hin und jage BrunneZytig, dieses Buch vergünstigt erwerben Gelände des Stammsitzes von Stadtgrün Bern, in der die letzte Süße in den schweren Wein. können. Elfenau. Hier befindet sich nämlich die Baumschule, wo die Sprösslinge aufgezogen und auf ihr Stadtle - Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr Eine Veränderung wird auch beim Münsterturm ben als Strassen-, Park- oder Alleebaum vorbereitet wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, sichtbar. Der Baulift an der Südseite wird nach 14 werden. Weil sie noch keine ausladende Blätterkrone wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben Jahren abmontiert. Sein Ersatz ist ein hochmoderner zur Abwehr der schädlichen UV-Strahlung haben – und wird auf den Alleen hin und her Lastenkran, der bereits im Turminneren installiert auch Bäume können Sonnenbrand bekommen! – unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. ist und Lasten bis zu 450 Kilogramm bewegen kann bestreicht man ihre Rinde einmalig mit einem weis - (Seite 24). Und dass in der Altstadt in immer schnel - sen Schutzanstrich. Später können und müssen sie «Herbsttag» ist dieses berührende Gedicht über - lerer Kadenz alteingesessene Geschäfte schliessen sich mit eigenen Abwehrstrategien selber gegen schrieben, das Rainer Maria Rilke 1902 verfasste. und neue aufmachen, diese Veränderungen sind in Sonne und Hitze schützen. Platanen werfen dann Es fiel mir unlängst wieder in die Hände, an einem den letzten Jahren bereits Normalität geworden. In ihre äusserste Rindenschicht ab und legen so die da - sonnigen Spätsommertag, an dem das Thermometer dieser Ausgabe der BrunneZytig erzählen wir die runterliegende junge weisse Rinde frei, die das UV- – möglicherweise zum letzten Mal in diesem Jahr – Geschichte des Waffengeschäfts Poyet und seines In - Licht gut abstrahlt. Andere Arten wiederum haben nochmals über 30 Grad anzeigte und die Wetter- habers, der im nächsten Frühling die Altstadt ver - Anpassungsstrategien entwickelt, um möglichst viel App bereits einen unmittelbar bevorstehenden Tem - lassen wird, weil das Haus umgebaut wird. Auch des kostbar werdenden Wassers zu nutzen, so zum peratursturz auf 15 Grad ankündigte. Und ich dahinter versteckt sich wieder eine eigene Ge - Beispiel die Buche: Da der Regen besonders gut ent - merkte, wie schwer es mir wieder fallen wird, den schichte (Seite 26). In Bewegung geraten sind auch lang ihrer glatten Rinde herabrinnt, befinden sich Sommer mit all seiner Üppigkeit loszulassen und den die Bemühungen der Vereinigten Altstadtleiste für ihre feinsten Wurzel-Verästelungen zur Wasserauf - Herbst zu begrüssen. Doch wie jedes Jahr wird dieser ein Feuerwerksverbot in der Altstadt, denn sie nahme nicht wie üblich nur in den äussersten Spit - trotzige Anflug vergeblichen Beharrens und Festhal - haben politische Unterstützung erfahren (Seite 15). zen, sondern auch direkt am Fuss des Stammes. tenwollens schnell wieder vergehen. Denn Wandel Der «Aufreger» dieses Sommers war in der Altstadt und Veränderungen gehören nun mal zum Leben. aber zweifellos der Swiss E-Prix, das Formel 1-Ren - Im Guten wie im Schlechten. nen der Elektroboliden im Juni. Zwar ist schon jetzt klar: Eine Wiederholung dieses Anlasses steht in Wie sich zum Beispiel der Klimawandel auf die Natur Bern auf unabsehbare Zeit nicht mehr zur Diskus - direkt vor unserer Haustür auswirkt, das beschrei - sion. Doch ausgestanden ist die Sache damit noch 1 2 ben wir in unserer Titelgeschichte (Seite 1). Aber nicht. Denn auch die Vereinigten Altstadt-Leiste sind auch die Altstadt ist seit ihren Anfängen stetem bei der Stadt vorstellig geworden (Seite 15). Wandel unterworfen. Das kürzlich vom Archäologi - schen Dienst des Kantons Bern herausgegebene Im Namen des Redaktions-Teams wünsche ich Buch über die Ausgrabungen und Funde in der Alt - Ihnen wieder eine anregende Lektüre der neuen stadt zeigt beispielhaft, wie sich die Altstadt seit ihrer BrunneZytig – und wünsche Ihnen einen Herbst, wie Gründung 1191 kontinuierlich verändert und ge - er im (Bilder-)Buch steht. wandelt hat. Wir sprechen mit dem Mittelalterar - Barbara Büttner, Chefredaktorin

 Berner Baumkataster auf fotorealistischem Hinter - schränkt im Raum und aufgrund der zusätzlichen oft überrascht und sterben ab. Mit viel Energieauf - grund, Ausschnitt Pläfe: die Bäume sind mit Symbolen eingetragen: Patenbäume (Hand), Jungbaumpflege 1, Stessfaktoren, welchen ein Baum ausgesetzt ist, lebt wand muss der Baum dann ein zweites Mal an die Bewässerungs-Auftrag 2. zVg der Stadtbaum im Vergleich zu seinen Artgenossen Arbeit, oft ohne Unterstützung durch genügend Nie - in der freien Natur recht kurz, im Schnitt nur circa derschläge. In den zunehmend trockenen Sommer - Neben Hitze und Trockenheit machen besonders in hundert Jahre, während die «Methusaleme» unter monaten speichern die Sandsteinfassaden der der Stadt auch das Streusalz und die Verdichtung des den Bäumen in der Schweiz rund 1500 Jahre alt Altstadt viel Hitze, die Bäume können sich während Bodens durch den Verkehr den Bäumen zu schaffen. sind. Der älteste Stadtberner Baum, so verrät uns der Nacht nicht mehr genügend erholen. Die zu ra - Deshalb bekommen die Jungbäume am Tag ihrer Peter Kuhn, ist eine immerhin rund 500-jährige sche Morgen-Erwärmung und die vermehrte UV- «Aussetzung im Asphaltdschungel» einen ganz eige - Stieleiche, die sich am Aarehang in der Engehalde Strahlung setzten vor allem den dünn- und nen, auf sie abgestimmten und in vielen Laborstun - versteckt hält. glatthäutigen Arten zu. Sie holen sich einen Sonnen - den ausgeklügelten Nährboden, ein sauer- brand: Die äussersten Zellen sterben ab und die stoffdurchlässiges und vibrationsresistentes Substrat. Der Klimawandel? Wir sind mittendrin! Rinde springt auf und kann leicht von Pilzen befallen Es schützt den Baum vor Wurzelschäden und sichert Auch der Klimawandel trägt zur verminderten Le - werden. Peter Kuhn bedauert: «Im Sommer 2017 ihm das Überleben, wo nötig mit Belüftungsrohren. bensdauer unserer Stadtbäume bei. Die raschen kli - starben uns in der Stadt trotz intensiver Bewässe - Während der ersten zwei Jahre werden die jungen matischen Veränderungen stressen die Natur und rung nicht nur alte, sondern auch etwa vierzig Jung - Bäume beobachtet und gepflegt. Bei grosser Tro - machen die Bäume anfälliger für Krankheiten und bäume weg». Der Klimawandel macht viele ckenheit stellt man ihnen gar mit Wasser gefüllte Schädlinge. Da heute der Frühling zwei bis drei Wo - einheimische Arten zu Verlierern. Unter den über Säcke zur Bewässerung zur Verfügung. Ein Baum chen früher als noch vor wenigen Jahrzehnten be - 5000 Ahornen Berns leiden zum Beispiel die Berg - «trinkt» diese 70 Liter dann innerhalb von drei bis ginnt, schlagen die Bäume früher aus. So werden die ahorne am meisten und werden im Strassenbereich vier Stunden. Doch ob geschützt oder nicht, einge - jungen Blüten und Blätter durch Spätfröste im April bereits nicht mehr gepflanzt. 4 BrunneZytig 13. September 2019 Läbigi Altstadt

INFO IMPRESSUM

Die «BrunneZytig» wird von den Altstadt - leis ten gemeinsam gestaltet. Unter den Leist - rubriken finden Sie auch leistinterne Informationen.

VERANTWORTLICH FÜR DIE HERAUSGABE: Vereinigte Altstadtleiste Bern; Chefredaktion: Barbara Büttner [email protected] REDAKTION LEIST DER UNTERN STADT: Iris Gerber (ig), Zahai Bürgi (ZB) REDAKTION KESSLERGASS%GESELLSCHAFT: Beat Schwaller (sw), Claudia Engler (CE) REDAKTION RATHAUSGASS%BRUNNGASS%LEIST: Edi Franz (ef) REDAKTION KRAMGASSLEIST: Barbara Büttner (babü), Evelyn Kobelt (koe), REDAKTION MATTE%LEIST: Sophie Muralt (sm)

KOORDINATION, INSERATEANNAHME, PRODUKTION:  Linden beherrschen die ganze Gegend der . Druckerei Weiss GmbH, Claudia Weiss und Pascale Thomann-Weiss, Kalchackerstrasse 7, 3047 Bremgarten/BE, Tel. 031 301 22 79, Der Klimawandel begünstigt auch den Befall der wohin der Weg führt: Die klimaanfälligsten Bäume, [email protected] Bäume durch Pilze und Parasiten. Peter Kuhn nennt darunter auch die Fichten, verschwinden nach und ISSN2235-1531, www.altstadtleiste.ch die schlimmsten unter ihnen: «Zurzeit kämpfen wir nach, und der traditionelle Nadel-/Laubmischwald JAHRES%ABONNEMENTS%BESTELLUNG nicht nur mit dem Feuerbrand, oder mit dem altbe - unserer Breitengrade wandelt sich langsam zum Preis: Fr. 20.–. Bestellung bei Druckerei Weiss GmbH, kannten Borkenkäfer, sondern auch mit anderen Laubmischwald, der zunehmend Sorten enthält, die [email protected], Tel. 031 301 22 79 einheimischen Baumparasiten wie dem gottlob noch sich gut anpassen können. So haben Bäume, die dank LEIST%ADRESSEN eher seltenen Lindenbastkäfer. Immer neue Arten ihren grossporigen Leit-Röhren Flüssigkeit schneller Vereinigte Altstadtleiste: Sekretariat VAL, Postfach, werden wegen der Globalisierung aus warmen Län - als andere Arten zu den Blättern, Blüten und Früch - 3000 Bern 8, [email protected], www.altstadtleiste.ch dern eingeschleppt und überleben die milden Winter. ten transportieren können, bei Hitze grössere Über - Kramgassleist: Postfach 852, 3000 Bern 8, So wurde der gefürchtete asiatische Laubholzbock - lebenschancen. In Eichenstämmen zum Beispiel steigt Kontakt: info@.ch, Web: www.kramgasse.ch käfer bereits im Kanton Fribourg nachgewiesen, er ein Wassertropfen in einer Stunde um 40 Meter, bei Matte-Leist: Postfach 29, 3000 Bern 13, steht also quasi vor unserer Tür.» kleinporigen Bäumen, wie Ahorn oder Buche, schafft www.matte-leist.ch, [email protected] ein Tropfen gerade mal zwei bis drei Meter. Rathausgass-Brunngass-Leist: Kontakt: Edi Franz, Überleben durch Anpassung c/o intraform ag, Rathausgasse 76, 3011 Bern, Stadtgrün Bern kämpft seit 2008 auch mit dem Wenn also die Stresssymptome im Baumbestand der [email protected] Eschentriebsterben. Von in Bern rund 900 regis - Stadt zunehmen und bei extremer Trockenheit sogar Leist der Untern Stadt: Postfach 570, 3000 Bern 8, trieren Exemplaren mussten vor zwei Jahren in den Eichen beginnen, ihr oberstes Blätterdach abzuwer - [email protected] Englischen Anlagen rund 80 gefällt werden, darun - fen, wird es Zeit, über eine neue Anpflanzungs- Kesslergass-Gesellschaft: Kontakt: Alexander Hadorn, ter viele Jungbäume. Doch Peter Kuhn gibt die Hoff - strategie nachzudenken, bevor eine öde Baum- Postfach 614, 3000 Bern 8 nung nicht auf und erzählt von der erstaunlichen Monokultur das Stadtbild beherrscht. Peter Kuhn Die nächste Ausgabe der BrunneZytig Erholung der in den 70er Jahren erkrankten Stadt- empfiehlt: «Wir sollten uns an den Gedanken gewöh - erscheint am 22. November 2019 Ulmen. Im Hinblick darauf meint er zum derzeitigen nen, dass sich das Klima mittelfristig verändert». Das Eschentriebsterben vorsichtig optimistisch: «Auch Baumkompetenzzentrum sieht es als seine Aufgabe, Redaktionsschluss: 1 . November 2019 hier warten wir nun nach einem Befall erst zwei bis die Artenvielfalt zu erhalten und zieht dabei auch die drei Jahre ab, bevor wir mit Fällaktionen beginnen. Möglichkeit in Betracht, nicht einheimische Arten ge - Bäume lernen aus den sich verändernden Umstän - zielt anzusiedeln. Einige haben sich bereits eingeschli - den und geben ihre Erfahrungen als Veranlagung an chen, Götterbäume zum Beispiel, oder der Blau- Z A C ihre Nachkommen weiter. Wir hoffen auf einen na - glockenbaum neben der Nydeggtreppe, der 2005 ge - türlichen Anpassungsprozess und geben jedem pflanzt wurde und sogar im Baumkataster inventari - EINRAHMUNGEN VERGOLDUNGEN Baum erst einmal eine Chance, zu überleben.» Was siert und inzwischen geduldet ist. Peter Kuhn erklärt: Anfertigung von Gold, Eisen, Holz- und den Ulmen teilweise gelungen ist, könnte auch bei «Wir fällen grundsätzlich keine gesunden Bäume.» Alurahmen sowie Plexikasten nach Mass. den Eschen funktionieren. Es soll bereits erste pilz - Von den akzeptierten Neulingen schon recht gut ein - Marc Bigler Postgasse 18 3011 Bern Tel./Fax 031 311 03 26 resistente Exemplare geben. Andererseits befürch - gelebt hat sich die Zerreiche. Andere neue anpas - Mobile: 079 63 07121 [email protected] h www.marcbigler.com ten eher pessimistische Beobachter, dass der sungsfähige Bäume stammen aus unserer nächsten Klimawandel rasch fortschreitet und Krankheiten Nachbarschaft oder aus dem Balkan, unter ihnen die sich so schnell ausbreiten, dass die Bäume kaum ge - Hopfenbuche, der Schneeball- und der französische nügend Zeit haben werden, um neue Abwehrstrate - Ahorn. Schmunzelnd ergänzt Peter Kuhn zum gien an ihre Nachkommen weiterzugeben. Schluss: «Unsere Alleen werden aber auch zukünftig nicht aus Palmen bestehen, die würden unsere Win - Artenvielfalt erhalten – auch dank terfröste im Strassensubstrat kaum überleben.» gebietsfremden Baumarten ZB Was also ist bei diesem Wettlauf mit der Zeit zu tun? Der Wald zeigt uns durch eine neue Biodiversität, BrunneZytig 5 Läbigi Altstadt 13. September 2019

BERN IN ALTEN ANSICHTEN gleicher Zeit vom Maler Rohr mit dem grössten Fleiss ausgearbeitete Zeichnung dieser kunst- und bilder - Unter dem Titel «Abbruch-Umbruch-Aufbruch» zeigt die Burgerbibliothek in einer kleinen Aus - reichen Pforte!» In dieser Bemerkung schwingt stellung den tiefgreifenden Wandel Berns im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Dazu erscheint schon mit, was fälschlicherweise in die historischen eine Begleitpublikation mit historischen Ansichtskarten, die überraschende Perspektiven auf Fotografien projiziert wird: Dass sie einen unmittel - bekannte Orte der Stadt eröffnen. baren, unverfälschten Einblick in die Vergangenheit geben. Das ist ein Irrtum, Fotografien, gerade wenn Publikationen, die Bern in historischen Ansichten rischen Fotografie, deren Reiz man sich kaum ent - sie zu kommerziellen Zwecken hergestellt werden zeigen, gibt es viele. Sie tragen zum Teil geradezu ziehen kann. Die historische Fotografie zeigt eine wie Ansichtspostkarten, wurden schon in der guten zärtliche Titel wie «Liebes altes Bern» oder betonen Welt in Schwarz-Weiss oder in Brauntönen und eine alten Zeit manipuliert. Trotzdem gab es auch bereits den Wandel mit Titeln wie «Bern im Wandel», «Altes Vergangenheit, der man sich näher, unmittelbarer ein dokumentarisches Interesse. Einer der frühen Bern – neues Bern» oder «Bern – gestern und und vertrauter fühlt als einem Kupferstich aus dem Berner Fotodokumentalisten war Ende des 19. Jahr - heute». Doch obwohl diese Publikationen vorliegen 18. Jahrhundert. Es gibt eine Bemerkung Mitte des hunderts ein Angestellter der damaligen Stadtbiblio - und obwohl in den letzten Jahren viele historische 19. Jahrhunderts von Karl Howald, Pfarrer in Sigris - thek, Eduard von Jenner (1830−1917), der aus Ansichten online zur Verfügung stehen, bleibt das wil und Verfasser der berühmten Berner Brunnen - historischem Interesse die Veränderungen in der Interesse an historischen Stadtansichten ungebro - chronik: «Eines der überraschendsten Kunst- Stadt dokumentierte. Leider meist die gleichen chen. Wie lässt sich das erklären? produkte ist unstrittig die vom Lithografen Durheim Ecken! zum Verkauf angebotene daguerreotypische Abbil - Trügerischer Reiz der historischen Fotografie dung des grossen Portals der Münsterkirche im Ok - Rasanter Wandel aller Lebensbereiche Da ist das Medium der Fotografie, besser: der histo - tober 1846. Was ist im Vergleich damit die zu Die Vertrautheit des Mediums und die nostalgische Vorstellung, Einblick in eine idealisierte Vergangen - heit tun zu können, mögen einen Teil der Faszination alter fotografischer Ansichten ausmachen. Histori - sche Ansichten der vertrauten Stadt lösen aber auch gleich ein vergnügliches Rätselraten aus.

Was das Buch fotografisch dokumentiert, ist auch das Thema der Ausstellung unter dem Titel «Ab - bruch-Umbruch-Aufbruch»: Der tiefgreifende Wan - del, den das Bevölkerungswachstum, die Indus- trialisierung und der Ausbau der Bundesverwaltung in der Stadt im 19. Jahrhundert auslösen. Gebäude werden abgerissen und ersetzt, neue Quartiere ent - stehen, dank Brücken werden die bisherigen Stadt - grenzen gesprengt, die Stadt dehnt sich in ihr Umland aus. Verändert hat sich auch die Mobilität: Seit 1860 ist Bern ans Eisenbahnnetz angeschlos - sen, Trams und zunehmend auch private Automobile bestimmen das Stadtbild. Die rasanten Veränderun - gen erfassen auch das gesellschaftliche Leben und den Alltag: Auf älteren Stadtansichten finden sich noch spielende Kinder in den Gassen, und wo früher Kleinvieh und Holz gehandelt wurden, picknicken heute über Mittag Schülerinnen und Schüler wie  Abbruch altes Casino, 1895. Heutiger Standort des Parlamentsgebäudes, im Hintergrund Bundeshaus Ost. auch Angestellte der Verwaltung. (Burgerbibliothek bern, FP.E.332) CE

Publikation S P A N I S C H - Burgerbibliothek Bern (Hrsg.) Seminar am Samstag «Bern in historischen Ansichten. Postkarten aus der Sammlung Hans-Ulrich Suter». 165.- Fr. / Teilnehmer für 144 Seiten, 125 Fotografien, Haupt-Verlag, Bern, Unterricht, Buch + Verpflegung CHF 25.– (ISBN 978-3-258-08116-8) Info unter: www.spanischferien.ch Ausstellung Tel. 079 442 98 86 «Abbruch-Umbruch-Aufbruch. Bern im ständigen Wandel». Ausstellung in der Burgerbibliothek Bern, Münstergasse 63, von September 2019 bis Juni MEDITATION · COMFORT WEAR · 2020. Die Ausstellung kann nur geführt besichtigt SCHMUCK und mehr werden. Öffentliche Führungen (gratis) am 26.8. / yangdol.tibet in der Rathausgasse 39: 9.9. / 24.10. / 21.11. und 17.12.2019 jeweils Ihr Concept Store für nachhaltige 17.30-18.30 Uhr, Treffpunkt Foyer Münstergasse Produkte im Bereich Meditation-Utensilien, Bekleidung, Schmuck & Geschenke. 63. Gruppenführungen auf Anmeldung. Weitere In - Ausgewähltes, hochwertiges Sortiment aus formationen: www.burgerbib.ch. der Himalaya Region und Asien. T 031 311 40 44, www.yangdol.ch 6 BrunneZytig 13. September 2019 Läbigi Altstadt

DIE AUSGRABUNGEN IN UNSEREN GASSEN: IM BODEN WIRD GESCHICHTE GESCHRIEBEN Wer bereits Anfang der 2000er Jahre in der Unteren Altstadt gelebt hat, wird sich noch lebhaft an die grosse Sanierung der Gassen erinnern. Bevor 2005 die Kanalisation erneuert, die alten Leitungen ersetzt und der Stadtbach aus seinem unterirdischen Schatten dasein befreit wurde, waren die Archäologen und Archäologinnen am Zug. Sorgsam und mit viel Fingerspitzengefühl gruben sie sich ein halbes Jahr lang durch die Bodenschichten, auf der Suche nach neuen Er - kenntnissen zur Stadtgeschichte. Jetzt ist die wissenschaftliche Auswertung der Grabungen als Buch erschienen und sie zeigt: Die Hoffnungen der Wissenschaftler wurden nicht enttäuscht. Auch wenn die ganz grosse Sensation ausgeblieben ist.

Den Brunnen gibt’s nicht mehr und auch die Häuser «Nein», lacht der Berner Mittelalterarchäologe Ar - masst Baeriswyl, vermutlich als «Planierungsmaterial»  auf der rechten Strassenseite wurden wegen des Baus mand Baeriswyl, neben seinem Fachkollegen An - in die Stadt gekommen, vielleicht von der Schoss - der Nydeggbrücke abgerissen. Unverkennbar aber dreas Heege Mitautor der ‘Gassengeschichten – halde, wo im späten 19. Jahrhundert die Überreste heute noch das Haus Gerechtigkeitsgasse 2 (linke Ausgrabungen und Funde in der Markt-, Kram- und einer römischen Villa entdeckt wurden. Seite). Foto: zVg. Gerechtigkeitsgasse’. «Die Geschichte Berns muss auf - ganze Hauptgasse wieder völlig «umgegraben» wurde. grund unserer Grabungen nicht umgeschrieben wer - Dagegen wurden reichlich Scherben gefunden, «die Über den Grund kann er nur spekulieren, vermutet den.» Viele Funde bestätigten die historischen Quellen, in die Zeit um 1200 gehören, also frühes 13. Jahr - aber, dass der Stadtbach im Zuge der ersten Stadter - anderes könne jetzt definitiv ausgeschlossen werden hundert, so dass das Stadtgründungsdatum schon weiterung um 1255 ein neues Bett erhielt. Denn der und einiges könne weiterhin nur vermutet werden, passt». Und: Die Gründungsstadt reichte wirklich bis Stadtbach, der vom Wangenbachtal her in die Stadt weil schlicht Funde fehlten und wohl auch nicht mehr zum -Turm. «Das ist eindeutig: Es gibt keine geleitet wurde, floss um 1200 unbefestigt in einer zu erwarten seien, stachelt Baeriswyl geschickt die Spuren, keinen Graben, keine Gebäudereste, keine Einmuldung durch die Mitte der Hauptgassen. Die Neugierde an. Stadtmauer, es gibt rein gar nichts, was darauf hin - Stadterweiterung über den Zytglogge hinaus habe deutet, dass die Stadtgrenze ursprünglich bereits bei vermutlich eine Anpassung an das Gassenniveau not - Sprechen wir mit ihm also darüber, welche Gassen - der Kreuzgasse verlief», sagt Baeriswyl mit Nach - wendig gemacht, damit er wieder ein konstantes Ge - geschichten die Grabungen und Funde aus den ersten druck. fälle erreichte. gut 100 Jahren der Stadt erzählen, deren Gründungs - datum die Überlieferung auf 1191 ansetzt. Denn auf Erste Gassensanierung schon Mitte des Die frühe Liebe der Berner fürs Recycling diese Frühzeit haben die Ausgrabungen 2004/05 in 13. Jahrhunderts Mit dem Stadtbach hängt auch eine Erkenntnis zu - der Kram- und Gerechtigkeitsgasse fokussiert. Sie Die Grabungen zeigten auch, dass die Hauptgassen in sammen, die schon bei einer früheren Grabung ge - standen unter der Leitung von Armand Baeriswyl und der Gründungsstadt genau gleich breit waren wie wonnen wurde: Die Gassen der Gründungsstadt sind bis heute die grossflächigsten Untersuchungen, heute. «Vermutlich waren die Gassen sogar noch brei - waren wohl schon früh gepflästert, vermutlich mit die je auf dem Gebiet der zähringischen Gründungs - ter, wenn man auf beiden Seiten die Laubentiefe da - einer Art Kiesbelag, der von Hand gewalzt oder auch stadt, der unteren Altstadt also, stattfanden. zunimmt.» Denn die Lauben kamen erst später. «Es gestampft wurde. Denn so konnte das Regenwasser sieht eindeutig danach aus, dass die Lauben um 1200 besser abfliessen und man konnte Schlamm und Ab - Das Eindeutige zuerst: Die Grabungen ergaben, nicht noch nicht da waren. Und dass sie ein Jahr nach dem fälle mit dem Besen wegfegen, damit sie nicht im ganz unerwartet, keine Anzeichen für eine Besied - Stadtbrand von 1405 überall bestehen, also im Lauf Stadtbach landen. Reste eines solchen Belags waren lung in prähistorischer oder römischer Zeit. Die ver - des 14. Jahrhunderts entstanden sein dürften.» Was an der Kreuzgasse entdeckt worden. einzelten römischen Scherben, die in den ältesten Baeriswyl aber vor der Grabung nicht geahnt hatte, Bodenschichten gefunden wurden, seien, so mut - war, dass bereits in der Mitte des 13. Jahrhunderts die Doch eine der grossen Enttäuschungen, die Baeriswyl bei den Grabungen erlebte: Es fanden sich keine Reste weiterer alter Pflästerungen mehr. «Die Berner waren offensichtlich von früh an schon Anhänger des Re - cyclings. Wenn sie für Bauarbeiten die Pflästerung entfernten, kam nach Abschluss der Arbeiten der alte Belag wieder drauf», erzählt Baeriswyl. Auch 2005 seien 90% der Besetzi-Steine wiederverwertet wor - den. «Das ist natürlich auch unser Problem gewesen. Wir finden im Boden Schichten aus verschiedenen Zeiten. Aber wir können nicht sagen, diese Schicht stammt aus dem 13. Jahrhundert, ab dort beginnt das 14. und von da an das 15. Jahrhundert, wenn keine der Pflästerungen über der anderen liegt.»

Keine Spur mehr von den Marktbuden, dafür aber vom Richtstuhl Die Gassen in der Gründungsstadt waren auch des - halb so breit, weil sie gleichzeitig als eine Art langge - zogener Marktplatz dienten. Die Marktstände befanden sich laut den historischen Quellen über dem Stadtbach und es gab in den Gassen in der Nähe der Brunnen feste Verkaufsstellen für Fleisch, Brot und  Entspannt auf der «Pläfe»: Armand Baeriswyl, beim Archäologischen Dienst des Kantons Bern zuständig für Mittel - alterarchäologie und Bauforschung und Mitautor der «Gassengeschichten». Fisch. Zwar hatte Baeriswyl schon früher vermutet, BrunneZytig 7 Läbigi Altstadt 13. September 2019

dass es sich bei diesen Marktständen um leicht ab - zeichnungen sowie zahlreiche Fotos dokumentieren baubare Holzbauten ohne Fundamente handelte. Doch die Funde. Regelmässige Zusammenfassungen erleich - dass sich bei den gezielten Grabungen so gar keine tern auch dem grabungstechnisch unerfahrenen Spuren von ihnen im Boden mehr fanden, nicht ein - Laien das Verständnis. Die zahlreichen Funde der mal von der grossen Fleischschal in der Kramgasse Grabungen, Keramiken, Münzen, Schmuck, Leder - mit ihren doch immerhin 18 Verkaufsbänken, das teile, aber auch Pflanzenreste und Tierknochen, wur - hat ihn dann doch arg enttäuscht. Dafür addierte sich den von verschiedenen Wissenschaftlerinnen und auf der «Habenseite» der Richtstuhl, der einst auf Wissenschaftlern untersucht und auch mit ähnlichen Höhe der Kreuzgasse zwischen Gerechtigkeits- und Funden aus ganz Europa verglichen. Herausgekom - Kramgasse stand. «Dass bei den Grabungen das Fun - men ist ein spannendes Stück Kulturgeschichte, das dament sogar noch mit den Sockeln für die Stufen des weit über Bern hinausreicht. Richtstuhls zum Vorschein kam, war schon toll. Das hätte ich echt nicht erwartet.» Wem die grabungstechnischen Beschreibungen viel - leicht zu abstrakt sein mögen, der wird mit Gewinn Die rätselhaften Löcher und der Wein die ausführliche Erläuterung der Ergebnisse der Gra - Bei den Ausgrabungen stiessen die Archäologen bungen von Andreas Heege lesen, von 2005 bis praktisch vor jedem Haus auf viereckige Löcher im 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Archäolo - Boden, sogenannte Punktfundamente. Und waren gischen Dienst – und die Zusammenfassung des jetzi - erst einmal irritiert. «Wir haben uns gefragt, wozu um gen Stands der Forschung zur Frühzeit Berns von Himmelswillen dienten diese Fundamente?» Die Ver - Armand Baeriswyl. Die BrunneZytig freut sich des - mutung, es könne sich um eine Befestigung für Vieh -  Die Weineinlässer bei der Arbeit. Im Vordergrund halb, dass sie ein so gewichtiges wissenschaftliches zäune handeln, lief wegen der ungleichmässigen Lage links steht der Holzstock in einem Punktfragment, um Buch zur Geschichte unserer Stadt ihren historisch der Fragmente ins Leere. Ebenso die Annahme, sie den das Seil geschlungen ist, mit dem das Fass in den interessierten Leserinnen und Lesern zu vergünstig - Keller hinuntergelassen wird. könnten einen Zusammenhang mit dem Tram haben, ten Konditionen anbieten kann. Greifen Sie zu, res - das zwischen 1890 und 1952 durch die untere Alt - sagt Baeriswyl. An die Brandmauern kommen die pektive füllen sie den Bestelltalon aus! Es lohnt sich. stadt fuhr. Denn die Archäologen fanden heraus, dass Archäologen ohnehin selten heran. «Da ist meistens babü diese Fundamente bereits seit dem 16. Jahrhundert Täfer davor, dahinter sind spätgotische Verputze, nachweisbar sind. Wie so oft half der Zufall bei der wenn möglich noch mit Wandmalerei – und das haut Andreas Heege und Armand Lösung des Rätsels. «Mein Mitautor Andreas Heege man ja nicht ab, nur wegen den Archäologen,» lacht Baeriswyl, Gassengeschichten – stiess im Berner Historischen Museum auf einen er, obwohl es ihm eigentlich bitter erst ist. «Im Prinzip Ausgrabungen und Funde in Schiebenriss, eine Vorzeichnung für eine Glasscheibe. haben wir heute nur noch im Hof eines Altstadthau - der Markt-, Kram- und Gerech - Darauf war der Berufsstand des Weineinlässers ab - ses eine Chance für archäologische Untersuchungen. tigkeitsgasse von Bern. Hefte zur gebildet. Und dann ging uns ein Licht auf», erzählt Archäologie im Kanton Bern 5. Baeriswyl. …und der Glücksfund im ehemaligen Bern 2019. Kino Capitol Viele Berner besassen damals Weinberge im Seeland Doch letztes Jahr sind die Archäologen an eine Brand - Buchbestellung zum reduzierten Tarif: oder am Genfersee. Die in städtischen Diensten ste - mauer herangekommen. Im ehemaligen Kino Capitol Bestellzettel mit Vergünstigung für alle Abonnentin - henden Weineinlässer sorgten dafür, dass die mitun - an der Kramgasse, das zu einem Wohn- und Ge - nen und Abonnenten der Brunnezytig CHF 40.– + ter tonnenschweren Weinfässer sicher in den Kellern schäftshaus umgebaut werden soll. Das Ergebnis war Porto und Verpackung CHF 8. – ihrer Häuser landeten. «Bei diesen Transporten kom - so bedeutsam, dass es noch aufgenommen wurde in Bestellung bitte senden an: men die Punktfragmente ins Spiel. Das sind Löcher das Buch über die Ausgrabungen. Die Brandmauer Archäologischer Dienst des Kantons Bern im Boden, ähnlich wie heute die Löcher in den Wie - gehörte nämlich zu einem Gebäude aus der Grün - Brünnenstrasse 66, Postfach, 3001 Bern sen für die Stewi-Wäschespinnen», erläutert Bae - dungszeit der Stadt. «Wir haben in dieser Mauer Hölz - [email protected], +41 31 633 98 00 riswyl. «In ein solches Loch wurde ein passend chen gefunden, die aufgrund der Radiocarbon- zugeschnittener Holzpflock, ein sogenannter Wein - datierung aus der Zeit um 1200 stammen», erzählt stock, gesteckt. An ihm wurde ein Flaschenzug fest - Baeriswyl mit grosser Genugtuung. Und damit nicht gemacht, mit dessen Hilfe ein schlittenartiges Gefährt, genug. In der Brandmauer gibt es nämlich noch ein Bestellung auf dem ein Weinfass vertäut war, vorsichtig die steile, zugemauertes grosses Tor, ebenfalls aus der Zeit um Ich bestelle Ex von: Andreas Heege und gerade Kellertreppe hinuntergelassen wurde.» Dieser 1200. «Das bedeutet auch: Wenn in der Mauer ein Armand Baeriswyl, Gassengeschichten – Ausgra - städtische Transportservice erfolgte natürlich nicht Tor drin ist, kann dort damals kein zweites Haus ge - bungen und Funde in der Markt-, Kram- und Ge - ohne Hintergedanken. Zwar ersparte er den Hausbe - standen haben. Da muss eine Lücke gewesen sein, ein rechtigkeitsgasse von Bern. Hefte zur Archäologie sitzern das lästige Transportproblem mit den Fässern. Hof oder was auch immer. Das ist für uns schon span - im Kanton Bern 5. Bern 2019. «Aber die Weineinlässer wussten natürlich genau, in nend!» Die Brandmauer wird beim Umbau des Capi - welchem Keller wieviel Wein lagerte – und die Stadt tols integriert werden. Das ist sicher. Ob sie aber auch Vorname, schickte dann dem Kellerbesitzer die Steuerrech - sichtbar integriert wird, ist offen. Armand Baeriswyl Name, nung.» Einiges dürfte da zusammengekommen sein, würde sich darüber freuen. Als Archäologe und als Firma war doch, wie Baerisywl schmunzelt, «die Stadt ein Altstadtbewohner. Adresse einziges grosses Weinlager». Forschungsstand 2018 zum Sonderpreis für PLZ, Ort Die Grenzen der Archäologie… unsere Leserschaft Die Grabung zeigten aber auch, dass die Archäologie Die jetzt vom Archäologischen Dienst des Kantons Telefon G in der Altstadt immer wieder an ihre Grenzen stösst. Bern herausgegebene Publikation über die Grabun - «So faszinierend es ist, dass die Stadt ihren Grundriss gen der letzten 15 Jahre ist «State of the Art», ist der E-Mail nicht verändert hat und die Hausparzellen eine Kon - aktuelle archäologische Forschungsstand zur Grün - Datum, tinuität von über 800 Jahren haben, so wurde doch dungsstadt Bern. Minutiös werden die Grabungen und Unterschrift bei jedem Umbau Älteres unwiederbringlich zerstört», gesichteten Funde beschrieben. Profil- und Flächen -  8 BrunneZytig 13. September 2019 Läbigi Altstadt

ZYTGLOGGE EINMAL MEHR TRAMFREI – ABER EINE VERITABLE BAUSTELLE Nach «nur» acht Jahren müssen Tramgleise und -weichen am Zytglogge wieder ersetzt werden: Die engste Kurve im Schienennetz von Bernmobil verlangt guten Unterhalt. Vom 19. September bis 13. Oktober – während den Herbst-Schulferien – wird gebaut.

Das Weichendreieck Zytglogge muss schon wieder das Wetter würde uns einen Streich spielen». Die In - Bernmobil versichert, dass selbst während der In - ersetzt werden. Nach 2011 zum zweiten Mal in die - tensivbauphase beginnt am Donnerstag 19. Septem - tensivbauphase der Zugang zu den Geschäften und sem Jahrzehnt. Rolf Meyer, Sprecher von Bernmobil, ber und dauert bis Sonntag 13. Oktober. Liegenschaften jederzeit gewährleistet bleibt. Auch erklärt: «Gerade Schienenstränge müssen nur rund die Anlieferung für die von der Sanierung betroffe - alle dreissig Jahre ersetzt werden. Normale Kurven Es wird lärmig werden nen Geschäfte wird sichergestellt. Während der gan - im Schienennetz halten gut und gerne zehn bis fünf - Die Bauherren machen keinen Hehl daraus, dass zen Bauzeit verkehren am Zytglogge keine Trams. zehn Jahre, je nach Kurvenradius. Am Zytglogge ver - diese Bauarbeiten mit Lärm verbunden sein und teil - Auf den Tramlinien zirkulieren Ersatzbusse. Der Be - zeichnen wir aber den engsten Kurvenradius, und weise auch nachts ausgeführt werden. Um die Bau - trieb der bestehenden Buslinien soll weitergeführt dazu kommt noch die Weiche in der Kurve, da sich phase möglichst kurz zu halten, wird nämlich in zwei werden. Da in dieser Zeit auch verschiedene Gross - der Schienenstrang Richtung Kirchenfeldbrücke und Schichten gearbeitet. Gestartet wird am Morgen um anlässe in der Stadt Bern geplant sind – beispiels - Richtung Kornhausbrücke in der Kurve trennt.» Der 6 Uhr, und im Normalfall soll um 22 Uhr wieder weise die nationale Klima Demo, zu der rund 50’000 Verkehrsknotenpunkt Zytglogge ist zudem einer der Ruhe einkehren. Auch an den beiden ersten Sonnta - Teilnehmende erwartet werden – sucht Bernmobil meistbefahrenen Abschnitte im Schienennetz von gen wird nicht gearbeitet, nachher hingegen schon. gemeinsam mit den Organisatoren nach Lösungen, Bernmobil. Ausnahmsweise und insbesondere wenn wegen un - die für die einen und die andern stimmen. Sowieso vorhergesehenen Ereignissen Verspätungen eingefah - sollen Umleitungsrouten für Fussgänger und Velo - Die Tatsache, dass nach so kurzer Zeit schon wieder ren werden, dann kann auch bis 23 Uhr und fahrer gut signalisiert werden, und zwar auf der Be - saniert wird, hat aber auch Vorteile: Die Planung von allenfalls an einem zusätzlichen Sonntag gearbeitet spannung der Gitterzäune, die zugleich als 2011 kann weitgehend neu aufgelegt werden. Bei werden. Informationen zu den Nachtarbeiten werden Splitterschutz dienen wird. Bernmobil ist man deshalb ziemlich sicher, dass es auf der Webseite www.bernmobil.ch/zyglogge im Ver - mit der zeitlichen Berechnung klappen wird, «ausser lauf der Arbeiten aktuell aufgeschaltet. koe

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DAS THEATER MATTE FEIERT SEINE 10. SAISON MIT EINEM FEST UND MIT TSCHECHOW AUF BÄRNDÜTSCH Am 18. September startet das Theater Matte in seine zehnte Saison. Ganz nach dem Motto «Wosch Theater? Chasch ha!» bringt das einzige professionell geführte Mundart-Theater der Stadt Bern in seiner Jubiläumssaison vom Klassiker bis zum Kinderstück eine breite Palette an ernsten, kritischen aber auch humorvollen Inszenierungen auf die Bühne.

Auftakt der 10. Saison des Theater Matte war ein Enggist, sassen – und gleich Bühnenluft witterten. rauschendes Jubiläumsfest, das vor allem auch eines Noch am selben Abend standen die Beiden im zeigte: die Liebe zu Bern und zum . Auf Berchtoldhaus und mieteten sich per 1. März 2010 der Theaterbühne standen für einmal nicht Schau - in die Räumlichkeiten an der Aare ein. Der Verein spieler, sondern ein bunter Mix aus Berner Künstle - Theater Matte wird zusammen mit Annemarie Mor -  Der Saal im Berchtoldhaus, bevor das Theater Matte gegründet wurde. Foto: Theater Matte rinnen und Künstlern. Von Spoken Word über genegg, Hank Shizzoe und Fredi Stettler gegründet, Klassik bis Kabarett wurde den Besuchenden alles es wird umgebaut, geprobt, Blut geschwitzt und am geboten. Auch die Nachbarinnen und Nachbarn des 23. Oktober 2010 eröffnet. gemacht. Aber welch anstrengende Aktion, bis das «Theater Matte» halfen tatkräftig mit. So stand das Theater Matte wieder «sandfrei» war», erzählt Mor - Chörli des Besuchsdiensts Bern auf der Bühne. Des - Eine Schnapsidee, in einer Zeit in der an allen Ecken genegg. Auch beim Stück «Dreimal Leben» geht es sen Büroräumlichkeiten befinden sich gleich über Bühnen schliessen? Keineswegs, das Kleintheater hat plötzlich hinter den Kulissen hoch her. Es durfte eine dem «Theater Matte» ebenfalls im Berchtoldhaus an mit seinen humorvollen, frechen und kritischen Zusatzvorstellung nach der Derniere gespielt werden. der Mattenenge 1. Die Nachbarn von gegenüber, Ab - Mundartinszenierungen eine Nische gefunden, die Kurz vor Vorstellung ist Morgeneggs Kostüm nir - solute Natural Fashion, Black Yard, das Yagual Gold - begeistert. Doch wieso Theater auf Bärndütsch? «Die gends zu finden. «Blitzschnelles Handeln ist angesagt. schmiedeatelier und das Drehart Keramikatelier, Mundart entwickelt auf der Bühne eine grosse Di - Meine Bühnenkollegin rennt in die Mattenenge 5 zu öffneten ihre Türen, und für das leibliche Wohl rektheit und Authentizität. Zudem ist das lautmale - einer Freundin, welche mit einem zu langen schwar - sorgte im legendären «Bödeli-Beizli» kein anderer rische Bärndütsch mit seinem riesigen Wortschatz zen Schlauchjupe aushelfen kann. Gut, schnell mit der als Suresh, dessen Restaurant sich nur wenige prädestiniert, Gedanken und Gefühle präzise zu ver - Schere unten abschneiden. Hurtig wird eine Bluse aus Schritte entfernt, an der Gerberngasse, befindet. mitteln. Die Texte werden von einem versierten dem Theaterfundus hervorgerissen. Voller Falten, un - Kurz, die zehnte Saison des «Theater Matte» nahm Übersetzerteam mit grossem Gespür für sprachliche el egant, aber jä nu. In letzter Minute renne ich auf mit dem Fest einen fulminanten Auftakt mit viel Feinheiten in Mundart übertragen», erläutert Mor - die Bühne. Düreschnuufe. Vorhang auf.» Die Kos - Liebe vom und fürs Quartier. genegg. tümverantwortliche war halt nicht informiert, dass die Kostüme noch nicht entsorgt werden durften. Von der Bar direkt auf die Bühne Von Jubel, Trubel, Sand und verschwundenen Die Entstehungsgeschichte des Theater Matte ist Kostümen Erstmals ein Klassiker schnell erzählt: Es war einmal in einer Bar in der Seit der Eröffnung ist im Theater Matte viel passiert: Vorhang auf heisst es auch diese Saison wieder, Matte, der Sommer war warm, die Getränke kühl, Sechzig Stücke, tausend Vorstellungen und jede wenn zum Jubiläum erstmals ein Klassiker in Mund - die Gespräche angeregt. Der Saal im Berchtoldhaus Menge Geschichten. So kam der Regisseur des art inszeniert wird: Fünf Einakter von Anton Tsche - werde frei, wurde in der Runde erzählt. Die Kirch - Stücks «Villa Danserault» auf die Idee, einen Sand - chow. Spannend sei dabei, die heutige Gesellschaft gemeinde wolle dessen Nutzung nach siebzig Jahren strand auf die Bühne zu bringen. Klar, fünfhundert anhand von altem Stoff zu reflektieren, so meint aufgeben. Was wohl daraus werden wird, fragte man Kilogramm Sand sind leicht auf die Bühne ge - Morgenegg. «Die Probleme, die Hürden im gesell - sich am runden Tisch. Der Zufall wollte es, dass am schleppt und ausgekippt. Aber: Wohin mit dem Zeug, schaftlichen Zusammenleben sind zum Teil bis heute Nebentisch die beiden Initianten des Freilichtthea - wenn das Stück fertig ist? Direkt zum Fenster raus dieselben geblieben, was einen Abend mit Tsche - ters Gurten, Livia Anne Richard und Markus Maria in die Aare? «Selbstverständlich haben wir das nicht chows Einaktern umso spannender und auch witzi - ger macht. Zudem eignet sich Tschechows Sprache besonders gut, um die Produktion in Berndeutsch auf die Bühne zu bringen.» Die Einakter werfen Blitzlichter auf Menschen und ihr Handeln. Es geht um einen eskalierenden Heiratsantrag, einen altern - den, versoffenen Schauspieler, ein Bankenjubiläum, bei dem alles anders kommt, um Schulden und Tra - gödien. Also ab ins Theater und zurücklehnen, denn wie im Stück so pointiert gesagt wird: «Di Hetzerei macht di fuchstüfelswild u so fertig, dass dini Chno - che ir Nacht knacke und de vo Krokodil tröimsch.» sm

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Fon 031 311 01 06 [email protected]  Einblick in eine Probe von Tschechows Einaktern Foto: Michael Schoch 10 BrunneZytig 13. September 2019 Läbigi Altstadt

FINANZIELLER ZUSTUPF GERANIENFENSTER – RETRO UND OUT? DER STADT Vor drei Jahren präsentierte sich Bern als GeraniumCity, eine Hommage von fünf Berner Insti - tutionen an eine Blume, die seit eh und je wie keine andere das Stadtbild verschönert – wie keine Längst nicht alle Rentnerinnen und Rentner andere aber im Lauf der Jahre auch zunehmend als «Bünzliblume» verschrien und verachtet wird. sind im Alter finanziell auf Rosen gebettet. Trotzdem hat sie überlebt und belebt jeden Sommer viele grüne Sandsteinfassaden der Altstadt. Wenn sie zudem im Alltag auf Unterstützung angewiesen sind, kann das rasch ihre finan - ziellen Mittel übersteigen. Hilfe gibt’s jetzt bei Die Stadt weiss dies zu schätzen, deshalb vergibt der mehr – darauf aufmerksam, dass die Regeln des der Stadt. Berner Gärtnermeisterverband in Zusammenarbeit Wettbewerbs von Anfang an klar nur Töpfe und mit Stadtgrün Bern jedes Jahr Preise für die schöns - Kistchen mit klassischen, einjährigen Blütenpflanzen ten Geranienfenster der Stadt, und das seit 1937 berücksichtigen, allen voran natürlich das Gera - Seit Mai können Menschen im AHV-Alter unter be - (BrunneZytig 2/16). André Wyttenbach, der lang - nium! Anderes «Grünzeug», insbesondere auch stimmten Voraussetzungen mit sogenannten «Be - jährige Geraniumjuror des Wettbewerbs «Bern in mehrjähriges, wird nicht beachtet. Beispielhaft hin - treuungsgutsprachen» Dienstleistungen beziehen, die Blumen», ist jeden Sommer zweimal in den Quartie - gegen sind die Geranienkistli vor den Fenstern der von der Stadt mitfinanziert werden. Das Projekt ist ren unterwegs. Zusammen mit Vertretern der jewei - kantonalen und städtischen Ämter: Sie stehen mit zunächst auf drei Jahre befristet und richtet sich an ligen Leiste macht er die schönsten Geranienfenster ihrem einheitlich leuchtenden Rot, das sich so wun - AHV-Rentnerinnen und Rentner, die ohne zusätzli - ausfindig und bewertet sie. derbar vom grünen Berner Sandstein abhebt, ganz che Dienstleistungen nicht mehr selbstständig woh - oben auf der Rangliste der Wettbewerbs-Ästhetik. nen könnten. Leuchtendes Rot oder üppiges Grün? Die Bundesgärtnerei und die städtische Gärtnerei Das «Kompetenzzentrum Alter der Stadt Bern» Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters (mit Büro in der Staatskanzlei an der Postgasse 68) nennt als Beispiele für solche Dienstleistungen Not - André Wyttenbach wirft einen Blick auf die Liste der scheuen Jahr für Jahr keine Mühe, diese Pflanzen rufsysteme, Hilfsmittel, Mahlzeitendienste, Mittags - Wettbewerbsteilnehmenden und konstatiert, dass die vorbildlich zu pflegen und aufs Schönste zu präsen - tische, Begleitdienste, Haushaltshilfen oder kleinere Zahl der zur Bewertung angemeldeten Blumenfens - tieren. Wohnungsanpassungen. Möglich seien aber auch ter Jahr für Jahr abnimmt. Ein zweiter Blick direkt Kostenbeiträge an institutionelle, betreute Wohnfor - auf die Altstadt-Fassaden an diesem schönen Au - …und ebenfalls gut zu wissen: men. Eine der Voraussetzungen für eine Kostengut - gustvormittag scheint dem zu widersprechen, da André Wyttenbach erläutert noch einen weiteren sprache ist gemäss der offiziellen Webseite, dass das herrscht recht viel Natur allenthalben. Doch Wyt - Punkt in der Vorgehensweise der Jury, der möglicher - steuerbare Einkommen nicht höher ist als 32 000 tenbach weist auf die Wettbewerbsregeln hin: «Die weise nicht allen geläufig ist: «Reicht die Wohnung Franken bei Alleinstehenden und 48 000 Franken wild und kreativ begrünten Fenster gehören nicht eines Teilnehmers von Gasse zu Gasse, hat er manch - bei Verheirateten. Eine weitere, dass der Bedarf von ins traditionelle Bild, das dem Wettbewerb «Bern in mal auf beiden Seiten Geranien in den Fenstern, die einer Fachperson von Pro Senectute abgeklärt wird. Blumen» zugrunde liegt.» Seine Teilnahme- und Be - qualitativ recht unterschiedlich sein können. Für uns wertungskriterien widerspiegeln viel eher ein her - gilt dann immer die durchschnittliche Punktzahl aus Weitere Informationen erhalten Sie unter kömmliches ästhetisches Empfinden. beiden Bewertungen». Doch nicht nur die Blumen vor www.bern.ch/betreuungsgutsprachen oder telefo - den Fenstern werden bewertet, man kann auch seine nisch: Telefon 031 321 63 11. Deshalb macht Wyttenbach – wie jedes Jahr einmal Kistli an den Laubengittern und die Blumentöpfe am babü/zVg

Gesundheit durch Vertrauen! Herr A. Chariatte, Frau E. Engel und das gesamte Team freuen sich auf Ihren Besuch!

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Fax: 031 311 39 93  «Auf frischer Tat» ertappte die Jury auf ihrem Rundgang einen Mitarbeiter der Bundesgärtnerei: Er pflegt die Geranien am Gespensterhaus in der . Mail: [email protected]

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 Blick durch Anja Boijes «Geranienvorhang» auf die klassisch traditionellen Geranienfenster an der unteren  Was viele nicht wissen: Auch Geranien an den Gerechtigkeitsgasse. Anjas Geranien wachsen bis zu einem Meter weit über die Fernsterbrüstung hinunter. Laubengittern werden juriert.

Laubenboden von der Jury begutachten lassen, oft auch ihre Blumen auf dem ganzen oberen Stock - scheine für die Museumsnacht. Ein nettes älteres immer vorausgesetzt, sie enthalten die genehmigten werk.» Ehepaar aus der Matte kam jeweils persönlich vor - einjährigen Blütenpflanzen. Hier inbegriffen sind die Beim ersten Blick auf das Haus könnte man meinen, bei, um den Preis zu überreichen. In den letzten Jah - «Blumenpracht»-Töpfe, die man jeden Frühling bei es sei eins der oben erwähnten städtischen Gebäude, ren gab es Gutscheine für den Geraniummärit per Stadtgrün Bern bestellen, sich liefern und wieder ab - so klassisch präsentieren sich hier die Blumenkistli Post. Die werden in Geranien der Sorte ‚Stadt Bern’ holen lassen kann. Bei guter Pflege, gibt’s gute Noten in Reih und Glied. «Der Hauseigentümer selbst be - für die Fenster zum Hof investiert». Und im Herbst? – und vielleicht sogar einen Preis. stellt die Geranien jeden Frühling bei seinem Gärt - Werden da die liebevoll den Sommer über gehät - ner, die Pflege übernehmen dann die Mieter» erklärt schelten Blumen einfach entsorgt? Anja lächelt: «Ei - Nachdem alles geklärt war, machte sich die Jury be - Anja diese Einheitlichkeit. «Die Geranie, für die er nige der ‚Stadt Bern’ und einzelne marokkanische reit für den Rundgang. Und knappe zwei Stunden sich entschieden hat, heisst «Imperial», und ich bin Geranien stelle ich zum Überwintern ins Treppen - später war man recht zufrieden und glaubt daran, glücklich mit dieser Sorte.» Ihre Blüten haben ein haus. Im Folgejahr kommen einige vor die Hoffenster dass wohl auch in den nächsten paar Jahren noch frisches Rot und sind feinblättrig. Anja freut sich und die anderen pflanze ich in unseren Garten am etwas zum Jurieren vorhanden ist. Und dass es auch sichtlich: «Wenn es ihnen gut geht, wachsen sie weit Aarehang hinter dem Haus. Ich mag Geranien, auch weiterhin Anwohnerinnen und Anwohner geben an der Fassade herunter. Am üppigsten sind sie im wenn sie im Lauf der Zeit so in Verruf gekommen wird, die ihren Blumenkistli gerne «chüderlen», zu Herbst.» Langsam erkennt das Auge der Betrachterin sind.» ihrer eigenen Freude und zur Freude der Passanten. nun auch die feineren Unterschiede: Sind nicht die ZB Blumen im Kistli vor ihrer Wohnung einen Tick üp - Zu Besuch bei einer «Geranienflüsterin» piger und länger als die anderen am Haus? Anja ant - Anmeldeformular zur Teilnahme am Wettbewerb Lassen Sie uns den Wettbewerb für einmal auch wortet mit ein paar Pflegetipps: «Ich gebe ihnen «Bern in Blumen» (gilt nicht nur für ein Jahr, sondern vom Blickwinkel hinter den Kulissen aus betrachten. morgens täglich Wasser, und ich habe sehr gute Er - bis zum Widerruf): www.bern.ch/stadtgrün Wir pickten dafür eine der «Geranienflüsterinnen» fahrungen mit den beiden homöopathischen Dünge - aus der Teilnehmerliste heraus – und trafen Anja mitteln «Guano» und «Vital» von Biplantol gemacht. Boije. Kein Wunder, dass die Geranien vor ihrem Fenster an der Nydeggasse 17 so prächtig gedeihen, Fast immer die höchste Punktzahl erreicht hat sie doch ihr eigenes Leben quasi der Schönheit Der Erfolg ihrer liebevollen Pflanzenpflege liess bis - Bucher Baugeschäft AG gewidmet: Die mit dem Berner Design Preis von her nicht auf sich warten. In den rund zwanzig Jah - 2015 ausgezeichnete Modemacherin des «Viento» ren, in denen Anja Boije bereits am Geraniumwett- Ihr Partner für Reparaturen, am ist vor fast 25 Jahren aus dem bewerb teilnimmt, hat sie meistens die höchste Um- und Neubauten, Marzili hierher gezogen. «Zu unserer Wohnung ge - Punktzahl erreicht. Sie freute sich immer über die Kernbohrungen und Betonfräsen, Keramische Wand- und hört nur das obere Fenster rechts auf der Fassaden - Dankeschön-Preise: «Früher gab es verschiedene Bodenbeläge seite zur Junkerngasse hin. Da aber Frau Schild, Sachpreise wie ein kleines Victorinox-Messer oder unsere Nachbarin, häufig auswärts ist, betreue ich ein Spiele-Set zum Beispiel. Später folgten Gut - Sägemattstrasse 2 | 3097 Liebefeld | Tel. 031 971 29 95 | www.bucherbau.ch

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EINE JUGEND IN DER BERNER ALTSTADT Vor acht Jahren porträtierte unsere ehemalige Redaktorin Johanna von Jecklin (JvJ) ihren Nach - barssohn Fabio Guillelmon für die Rubrik «eine Kindheit in der Berner Altstadt». Als frischgeba - ckener Primarschüler besuchte er damals seit kurzem das Matteschulhaus. Heute ist er 14 Jahre alt und steht vor dem Eintritt ins Gymnasium. Er hat seinen damaligen «Auftritt» in der Brunne - Zytig nicht vergessen.

Fabio lebt noch immer in der Junkerngasse 5, einem Stepptanz-Gruppe von vier Jungs und einem Mäd - «de Meuron-Haus», wo seine Eltern vor 20 Jahren chen gefiel es ihm sofort. Seit einigen Jahren tritt eingezogen sind. Er ist ein begeisterter Schüler ge - Fabio nun solo und mit der Gruppe bei der jährli - blieben – mit zwischenzeitlichen Schwankungen. Als chen BounceTAP-Show, bei der Swiss Tap Gala und er in die Matte-Primarschule kam, war er einer der auch an internationalen Tanzwettbewerben auf. Jüngsten und Kleinsten der dortigen Mischklasse, al - lerdings auch der mit der schnellsten Auffassungs - Wenn Fabio sich für etwas interessiert, probierte er gabe. Das wirkte sich nicht nur positiv aus, und er es meist gleich selbst aus. In der ersten Klasse ent - langweilte sich schnell. «Fabio war nie ein Kind wie deckte er in einem Lager das Unihockey. Seither alle anderen», erzählt seine Mutter Jane: «Kaum trainiert er mindestens zweimal wöchentlich mit sei - konnte er reden, stellte er andauernd Fragen und in - nen Kollegen beim UHC Bern Ost – inzwischen in  Fabio der Solo-Stepptänzer an den Welt-Meisterschaf - ten in Riesa/Dresden 2018. zVg teressierte sich einfach für alles, lernte enorm der U16. Er ist auch ein grosser SCB-Fan und spielt schnell und wollte auch vieles selbst ausprobieren.» in der kalten Jahreszeit gerne Eishockey mit der Schon im Interview damals in der BrunneZytig vom Dorfjugend von Klosters, wo die Familie eine Feri - rie und 20 Minuten Korrepetition, abgesehen von all November 2011, der angehende Primarschüler enwohnung besitzt. Dort hat er auch Skifahren und den Übungsstunden zuhause. hatte gerade die Kindergartenzeit im Kinderhaus der Snowboarden gelernt und holte sich in der Skischule Montessori-Schule «an der Aare» am Langmauerweg in beiden Disziplinen alle Abzeichen, inklusive des Schulhaus ade! 17 hinter sich, zählte er seiner Interviewpartnerin Advanced Silberabzeichens der Swiss Snow Aca - Bleibt bei so vielen ernsthaft betriebenen Hobbys locker über ein Dutzend Lieblingstätigkeiten auf. demy. Ach ja, und segeln kann er auch. Diesen Juli noch Zeit für die Schule? «Da ich sehr schnell lerne, Fabio ist sich treu geblieben und hat sich inzwischen machte er mit Erfolg seinen Binnen-Segelschein. habe ich immer viel mehr Zeit als andere», meint zu einem Jugendlichen mit einer Fülle von Interessen Öfter «segelt» er sogar bis zu den Sternen, denn die Fabio: «Und da meine Eltern und ich nicht wollten, und aussergewöhnlichen Talenten entwickelt. Noch Astronomie fasziniert ihn sehr. Freitagabends ist er dass ich eine Klasse überspringe, füllte ich die vielen heute erinnert er sich gerne an das Impro-Tanzen deshalb, wenn immer möglich, im Muesmatt-Obser - freien Stunden einfach mit meinen Lieblings-Be - im «Chintsch», das den Grundstein zu seinem späte - vatorium anzutreffen, wo er mit der Astronomi - schäftigungen aus.» Aber es half nichts, die Schul - ren Stepptanz legte. schen Jugendgruppe Bern das All erkundet. Nach stunden in der Unterstufe blieben trotz alledem für alledem wundert es keinen mehr, dass Fabio sich ihn meist vertane Zeit. Da entschloss sich seine Mut - Ein prallvoller Terminkalender neben Sport und Naturwissenschaften auch für die ter kurzerhand, ihn nicht in die 3. Klasse zu schi - Um seinen vielseitigen Wissens- und Erlebnisdrang musische Seite des Lebens interessiert. Schon in der cken. Sie nahm ihn für zwei Jahre aus der Schule aufzufangen, ermöglichten ihm seine Eltern den Be - ersten Klasse trat er in die Singschule der Musik - und unterrichtete ihn zuhause – home-schooling such einiger ausserschulischer Kurse. Und da er of - schule Köniz ein und begann damals auch mit dem nennt sich das, und ist prinzipiell für jedermann fensichtlich gerne tanzte und seine Mutter früher Cellospiel. Inzwischen belegt er im Konsi Woche für praktizierbar, wie im «Merkblatt zur Bewilligung von selbst etwas steppte, meldete sie ihn im «BounceTAP Woche Cellostunden von zweimal vierzig Minuten, privater Schulung» der Erziehungsdirektion auf Bern» zum Schnuppern an. In der altersgerechten 30 Minuten Stimmbildung, 40 Minuten Musiktheo - sechs Seiten beschrieben wird. Die Eltern hielten dabei viel von Anschauungsunterricht und unter - nahmen mit ihrem Sohn Reisen. So vermischte sich für Fabio der Unterschied zwischen Schule und Fe - rien aufs schönste. Noch immer schwärmt er von den Paradiesvögeln auf Papua-Neuguinea und von den aktiven Vulkanen der Liparischen Inseln.

Via Wettbewerbe in die Öffentlichkeit Wo immer sich eine Wettbewerbsmöglichkeit, ein Konzert oder eine Show bietet, ist Fabio mit Begeis - terung dabei und versucht sein Glück – oft mit Er - folg. Ebenso viel wie Tanz und Sport bedeutet ihm das Cellospiel. Im Juni 2019 bestand er die Aufnah - meprüfung in die kantonale Talentförderung Musik/Klassik der Musikschulen des Kantons Bern. Seit 2016 nimmt er regelmässig am Schweizeri - schen Jugendmusikwettbewerb teil und kam bisher immer ins Finale. An der Entrada 2016 und 2018 in Neuenburg holte er beide Male den ersten Preis. Fabio wägt ab: «Den Unterschied von Stepptanz und Cellospiel sehe ich in der Möglichkeit zur Kreativität: Im Stepptanz produziere ich meine eigenen Choreo - graphien. Mit dem Cello interpretiere ich immer etwas Vorgegebenes.» Dann überlegt er: «Mein ab - Fabio, SCB-Fan und angehender Gymeler, 2019 bei seinem zweiten Interview mit der BrunneZytig auf der Pläfe.  solutes Lieblingsstück auf dem Cello ist der zweite BrunneZytig 13 Läbigi Altstadt 13. September 2019

Satz, allegro, aus der Cellosonate von Schostako - nun seit einem Jahr nicht mehr in der Singschule witsch.» Köniz und zudem mitten in der Stimm-Mutation bin, werde ich mit der richtigen Technik wohl ohne gros - Die Auftritte mit dem Singchor Köniz hatten ihn sen Unterbruch auch weiterhin singen können.» schon mehrmals ins Stadttheater Bern geführt. In der Saison 2017/18 stand er zum ersten Mal in Und was wird aus dem «Gymeler» Fabio? einer Solorolle auf der Bühne – als Serjoscha in der Im Lauf unseres Interviews, das wir übrigens zu - Rachmaninow-Oper Anna Karenina, wo er auch die sammen mit Mama Jane bei schönstem Sommer - Freude am Schauspiel entdeckte. Hier hörten und wetter auf der Pläfe führen, gibt Fabio freimütig zu: sahen ihn die Verantwortlichen der Thunerseespiele «Mit Politik habe ich nicht viel am Hut. Ich fand des - und engagierten ihn für die diesjährige Saison für halb auch nie Zeit für das Kinder- oder Jugendpar - das Musical «Ich war noch niemals in New York». Er lament. Klar ist Politik notwendig, aber alles daran spielte dort auf der Seebühne die Rolle des Florian dauert einfach zu lang. Nehmen wir nur die Klima - und sang solo das Udo-Jürgens-Lied «Mit 66 Jahren». politik! Die Politiker reden und halten Sitzungen ab,  Fabio der Cellovirtuose 2018 im «Orchestre Sympho - Dazu meint Fabio lachend: «Ich selber war natürlich dabei werden die Problemlösungen verwässert, und nique pour des ados du monde entire» in Monaco. schon mal in New York. Ich mag aber den Florian, es passiert nur selten etwas wirklich Greifbares.» zVg den ich im Stück spiele, es ist eine Rolle, die alle zum Trotzdem findet Fabio das, was der Leist macht, Lachen bringt, wir haben sogar einen kleinen Rap spannend. Er kennt die lokalen Probleme des Quar - Meinung dazu. Alles in allem sei die Untere Altstadt eingebaut.» Fabio ist zuversichtlich: «Obschon ich tiers und viele ihrer Einzelheiten und hat eine klare noch immer sehr lebenswert, und alles weiter draussen mit Bus und Tram schnell und gut erreich - bar, wie sein Tanzstudio, die SCB-Matchs oder die Bitzius-Turnhalle. In den nächsten vier Jahren wird er den Lerbermatt-Gymer besuchen. Dort gibt es spezielle MINT-Klassen, wo die Vernetzung zwi - schen Mathe, Informatik, Technik und Naturwissen - schaften gefördert wird. Fabio freut sich darauf: «Ich habe das Schwerpunktfach Physik/angewandte Ma - thematik gewählt. Und nach dem Gymi wird mich mein Weg an die Uni führen. Und falls sich ein span - nendes Bühnenprojekt im künstlerisch-musischen Bereich ergibt, bin ich auch dafür jederzeit offen.» Wer weiss, falls Fabio in acht Jahren noch immer in der Junkerngasse wohnt und es auch die BrunneZy - tig noch gibt, beschreibt eine Redaktorin das nächste Kapitel seines Lebenswegs. ZB

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BÄRNER STADTFEST 2020 Stadtfeste gehören zum festen Jahresprogramm vieler Schweizer Städte. Ein Stadtfest soll auch in Bern zur Tradition werden. Unter dem Motto «zfride.zäme.feschte» wird die Altstadt vom 26. bis 28. Juni 2020 zum Festplatz.

Blättert man im «Schweizer Festkalender der grossen ten in der Altstadt verbundenen Belastungen (Ver - Festanlässe in der Schweiz», kommt man ins Staunen: kehr, Lärm, Abfall etc.) – noch in frischer Erinnerung Kaum ein Dorf, kaum eine Stadt, kaum ein See und ist der Swiss E-Prix 2019 – fragen, ob das «nötig sei». keine Region, die im Laufe des Jahres nicht als Ver - Nötig oder nicht, Feste gehören zum Städtischen. Ge - anstalterin oder Lokalität eines Festes oder Festivals mäss dem Historiker Georges Duby (Fêtes en France, erscheint. Landauf, landab finden praktisch an jedem 1977) sind Feste «wesentlich städtisch», eine urbane  Eine Stadt im Festfieber, mit Umzug ganz in der Tra - dition des 19. Jahrhunderts: Eidgenössisches Schüt - Wochenende im Jahr grössere Festanlässe statt. Die Leistung. Nach ihm boten die Städte schon immer zenfest, Festzug am , 1910 ganze Schweiz erscheint als dauerbespielte Festhütte. ideale Voraussetzungen für ein Fest, dank viel Publi - (Burgerbibliothek Bern, N A. Aerni AK.1716) Was eine richtige Stadt sein will, muss zumindest alle kum und materiellen Mitteln. Die städtischen Feste paar Jahre ein Stadtfest anbieten. Während das Züri - waren Vorbilder für die Adelsfeste der Renaissance ist? Profaniert und säkularisiert stehen bei städtischen fest nur alle drei Jahre steigt, feiert man in Thun und und des Barock ebenso wie für ländliche Feste. Festen heute mehrheitlich die ökonomischen, politi - Biel und vielen anderen Städten jährlich. Auch Bern schen und überhaupt funktionellen Zwecke im Vor - kennt Stadtfeste: 1991 feierte man 800-Jahre Bern Und was ist Ziel und Anlass von Festen? Sie sind eine dergrund. Festen um des Festens und der Freude und 2016 1000-Jahre Bümpliz-Bethlehem. 2011 Zäsur im Alltag, ein Ausbruch aus der Routine. Grün - Willen, wie es das Motto des Bärner Stadtfestes 2020 konnte ein Stadtfest zum Thema «500 Jahre Bären in deten sie einst in religiösen, geschichtlichen und ge - auf den Punkt bringt – und damit nicht nur die Stadt - Bern» nicht realisiert werden. Das Stadtfest von 2020 sellschaftlichen Anlässen, sind es heute mehr kom- bevölkerung, sondern gemäss Konzept auch die hingegen soll auf vielfältigen Wunsch hin eine neue merzielle Veranstaltungen, die gemäss Soziologen «eventbegeisterte Bevölkerung Schweiz» auf die Ber - Tradition von regelmässig stattfindenden Stadtfesten «dem Menschen Anlass geben, unter die Leute zu ner Plätze und in die Gassen holen will. begründen, dies unabhängig von einem historischen kommen, die Welt zu sehen und Neues zu erfahren», «zu feiernden» Anknüpfungspunkt, sondern eben frei also Hochstimmung erzeugen und Zerstreuung bieten. Wer was wann wie wo? nach dem Motto «zfride.zäme.feschte». Ein schönes Beispiel eines städtischen Fests, das sich Das Detailprogramm für das Stadtfest 2020 ist derzeit zum kommerziellen Grossanlass entwickelt hat, ist das noch offen, es wird in Zusammenarbeit mit Institu - Festraum Stadt Münchner Oktoberfest. Wer weiss noch und wen in - tionen, Organisationen und der interessierten Bevöl - Manche mögen sich angesichts des zu erwartenden teressiert noch, dass sein Ursprung das Gedenken an kerung erarbeitet. Dazu haben bereits Workshops finanziellen Aufwandes und den mit einem Fest mit - die Hochzeit des bayerischen Kronprinzen von 1810 stattgefunden. Inhaltliche Eingaben können auch über www.bernerstadtfest.ch gemacht werden. Die Ge - samtorganisation liegt beim Verein Bärner Stadt - fescht, der von Stadtrat Bernhard Eicher geleitet wird. Ein Beirat unter dem Präsidium des Stadtpräsidenten Alec von Graffenried begleitet das Projekt.

Eröffnet wird das Stadtfest am Freitag, 26. Juni 2020 um 17.00 Uhr auf dem . Bis Sonntag - abend, 28. Juni 2020, werden die Gassen und Plätze zwischen Bahnhof und Nydeggbrücke mit Bühnen, mit Gastro- und Kulturevents und Ständen bespielt. Der Eintritt ist frei, finanziert wird das Fest mittels privater Beiträge und diverser Sammelaktionen (u.a. Bändeliverkauf).

Die Anwohnerinnen und Anwohner der Altstadt werden in einer Veranstaltung am 26. November 2019, 18.30 Uhr im Restaurant Zunft zu Webern ausführlich über das Programm und die Organisa - tion des Festes informiert. Die wichtigsten Informa - tionen sind bereits zu finden auf der Stadtfest- Website (bernerstadtfest.ch). Schon jetzt können Fragen direkt über die E-Mail info@bernerstadt -

 Tout Berne verfolgte am 17. Juli 1906 den Aufmarsch der Turner auf dem Bundesplatz anlässlich des Eidgenössi - fest.ch gestellt werden. schen Turnfestes (Burgerbibliothek Bern, FN.G.B.257). CE

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MOTIONEN FÜR EIN FEUERWERKSVERBOT IN DER SO FINDEN SIE DIE UNTER % ALTSTADT IM STADTRAT EINGEREICHT INFO SCHRIFTENBÖGEN Ende August sind im Stadtrat zwei Motionrn eingereicht worden, die im Kern dasselbe wollen, ein Feuerwerksverbot im Altstadt-UNESCO-Perimeter. Bis die Motionen im Stadtrat behandelt Die VAL haben die «Petition für ein Feuer - werden, läuft die Unterschriftensammlung für die von der VAL lancierten Petition für ein Feuer - werksverbot in der Altstadt» ins Internet gestellt. Sie kön - nen sich die Unterschriftenbögen problemlos online werksverbot in der Altstadt weiter. herunterladen, entweder von der Webseite der VAL (www. altstadtleiste.ch) oder der des Kramgassleists (www. Die Interfraktionelle Motion «Für ein Feuerwerkver - Feuerwerksverbot, das den Schutz der Altstadt vor kramgasse.ch). Sie können aber auch bereits gedruckte bot in der Altstadt» wird getragen von SP/JUSO, dieser Art von Knall-und Leuchtkörpern fest - Unterschriftenbögen bei Schneller Immobilien in der FDP/JF sowie BDP/CVP. Unter Verweis auf Städte schreibe, statt einer «Kriminalisierung des harmlo - Kramgasse 5 abholen. Die ausgefüllten Bögen schicken Sie wie Zürich, Biel und Thun oder die deutsche Stadt sen Abbrennens von ‘Stöcklis’.» dann bitte an die Vereinigten Altstadtleiste, Postfach 853, Bamberg, deren Altstadt ebenfalls zum UNESCO- 3000 Bern 8. Weltkulturerbe gehört, fordert die Motion den Ge - VAL-Prädidentin Barbara Geiser ist erfreut, dass mit meinderat auf, dem Stadtrat ein Reglement für ein den Motionen die Diskussion über ein Feuerwerks - Übrigens: Unterschreiben können alle, auch Nicht-Berne - Feuerwerksverbot im UNESCO-Perimeter der Alt - verbot für die Altstadt wieder auf der politischen rinnen und -berner. Der Wohnsitz spielt bei einer Petition stadt vorzulegen. Agenda des Stadtparlaments steht. «Unser Treffen ebenso wenig eine Rolle wie die Nationalität oder das Alter. mit einer Delegation des Stadtrats im Juni trägt somit Unterstützen Sie also die Altstadtleiste und helfen Sie bei der Unterschriftensammlung tatkräftig mit! Die zweite Motion stammt von SVP-Stadtrat Alexan - seine Früchte. Das ganze Vorgehen besprechen wir babü der Feuz. Beide Motionen sind in weiten Teilen laufend auch mit dem Sicherheitsdirektor Reto Nause gleichlautend, zum Beispiel was die Brandgefahr an - – ein Beispiel konstruktiver Zusammenarbeit. Jetzt geht, die von brennenden Raketen für die Altstadt geht es darum, die Skeptikerinnen und Skeptiker im stadt wird deshalb vorläufig fortgesetzt. Das Ziel ist mit ihren Dachstöcken aus jahrhundertealtem Holz Stadtrat davon zu überzeugen, dass dies eine gute unverändert geblieben: Möglichst viele Unterschrif - ausgeht. Feuz setzt aber einen anderen Akzent und Sache ist.» ten zu sammeln, damit noch unentschlossene Poli - nimmt vor allem «Partys, Fanmärsche und Demos» tikerinnen und Politiker im Stadtrat sehen können, ins Visier, bei denen «unkontrolliert und/oder be - Wann die beiden Motionen im Stadtparlament trak - dass die Forderung nach einem Feuerwerksverbot wusst Petarden, Pyros und Raketen gegen Häuser, tandiert werden, ist noch offen. Die Unterschriften - im UNESCO-Perimeter breit abgestützt ist. Personen und die Notfallorganisationen abgefeuert» sammlung für die Petition der Vereinigten babü würden. Er verlangt deshalb ein Reglement für ein Altstadtleiste für ein Feuerwerksverbot in der Alt -

SWISS E-PRIX IN DER ALTSTADT: DIE LEHREN ZIEHEN Gegenüber der BrunneZytig wies VAL-Präsidentin Geiser auch darauf hin, dass die Rennveranstaltung AUS EINEM VERUNGLÜCKTEN GROSSANLASS nicht nur negative Seiten gehabt habe. «130‘000 Auch in der Altstadt sind die Wogen vor und nach dem Swiss-E-Prix im Juni hochgegangen. Die Personen haben anlässlich des Swiss E-Prix das Vereinigten Altstadtleiste VAL haben die Kritik an der Durchführung des Grossanlasses aufge - Rennen und das E-Village besucht und sich über Möglichkeiten der nachhaltigen Mobilität informiert nommen und in einem Schreiben an den Gemeinderat und an die Organisatoren des Swiss E- – als ein Beitrag gegen Luftverschmutzung und den Prix dazu Stellung genommen. Klimawandel. Zudem lieferten die Fernsehübertra - gungen in alle Welt wunderbare Bilder der Berner Die Vorwürfe, die Geschäftsleute und Anwohnende den Gemeinderat weitergeleitet, denn sie war ein Altstadt mit.» Jetzt gehe es darum, gemeinsam mit in den Tagen vor und nach dem E- Autorennen er - Gradmesser für den Unmut, der rund um das Ren - der Stadt konstruktive Lösungen zu erarbeiten, hoben haben, waren happig. Beklagt wurde zuvor - nen in der ansonsten doch eher ruhigen unteren damit sich die Fehler bei der Durchführung des E- derst die äusserst mangelhafte Kommunikation Altstadt aufbrach. Prix bei anderen Grossveranstaltungen nicht wie - seitens der Organisatoren über das wahre Ausmass derholten. der Aktivitäten im sogenannten E-Village, das in den Grossanlässe in der Altstadt ja, aber… babü Hauptgassen aufgebaut wurde. Auch die Altstadt - Auch in ihrem Schreiben an Stadtpräsident Alec von leiste waren in den Wochen vor dem Rennen von Graffenried, dem Gemeinderat und dem Swiss-Prix allen Informationen abgeschnitten. Verantwortlichen Pascal Derron, listeten die VAL die Kritikpunkte auf. Sie machten aber gleichzeitig auch Besonders sauer stiess in der Altstadt auch auf, dass deutlich, dass sich die Altstadtleiste für eine leben - während Tagen die Rettungsgassen und die Zufahrt dige und vielfältige Altstadt einsetzen und grundsätz - für Polizei und Feuerwehr nicht oder nur noch teil - lich nicht gegen die Durchführung von weise gewährleistet waren. Die Einschränkungen, Grossanlässen in der Unteren Altstadt sind. Doch sie die das E-Village für die Anwohnerschaft mit sich halten es für unabdingbar, dass die Stadt-Verant - brachte, wurden von vielen als unzumutbar emp - wortlichen Lehren aus dem Debakel um den Renn - funden. Während etliche Geschäftsleute und Keller - anlass ziehen. Zum Beispiel was die Kommunikation bar-Betreiber markante Einbussen beklagten, weil und den besseren Einbezug von Leisten und Quartier der Zugang zu ihren Lokalitäten erschwert und die bei künftigen Grossanlässen angeht. In einem ersten Schaufenster von ToiToi-Häuschen verdeckt wur - Gespräch zwischen VAL-Präsidentin Barbara Geiser den, gab es auch solche, die sich über Mehreinnah - und Stadtpräsident von Graffenried wurden dem men freuten. In der Kramgasse folgten mehr als zwei Vernehmen nach erste konkrete Massnahmen an - Dutzend Mitglieder einem Aufruf des Kramgassleists diskutiert. Noch steht die offizielle Antwort der Stadt und beschrieben zum Teil sehr detailliert ihre Er - auf den Brief der VAL aus. Aber die Gespräche wer - fahrungen und Erlebnisse rund um den Rennanlass. den weitergehen. Ihre Kritik wurde von Leistpräsident Schneller an 16 BrunneZytig 13. September 2019 Rathausgass-Brunngass-Leist

 Beginn der Arbeiten am 17. Juli, das Kranfundament  … Zum ersten Mal sind Rathaus-, Brunngasse und  Warenumschlag beim Ausgang aus der Unteren Alt - wird betoniert… Zibelegässli blockiert. stadt.

ANWOHNER UND GEWERBE WEHREN SICH GEGEN ZU Lösungsfindung An einer weiteren Sitzung am 4. September wurden VIELE BAUSTELLEN IN DER RATHAUSGASSE den direkt Betroffenen nun zwei Varianten präsen - Seit Mitte Juli ist in der Rathausgasse der Teufel los: Baustellen würgen das Leben in der Rathaus- tiert. Gegen die vorgenannte Lösung sprechen die und Brunngasse fast ab, Lärm, Staub und Stau bestimmen den Alltag, Kunden bleiben aus, Ho - starke Nutzung des Kornhausplatzes durch Fussver - kehr (Haltestellen ÖV), Velos und Tram und Bus, telgäste reisen ab und platzieren negative Internet-Kommentare. Die Behörden entschuldigen kulturelle Aktionen und Platzdemonstrationen. Das sich für die katastrophale Information und das Ignorieren der gepriesenen Partizipation der Bür - Hauptargument gegen diese Variante ist jedoch die ger und versuchen nun, das angeschlagene Vertrauen wieder zu gewinnen. Die Vertreter der kaum mögliche Realisierung innert nützlicher Frist. Bauherrschaft bemühen sich mit juristischer Unterstützung um Schadensbegrenzung. Für das vorgesehene Baustellen-Podest ist eine Bau - bewilligung durch den Regierungsstatthalter und An Freitag, 5. Juli 2019 erhalten fünf Betriebe an im Nachgang zur erteilten Baubewilligung ohne Ein - eine eisenbahnrechtliche Plangenehmigung nötig. der obersten Rathausgasse eine aufschreckende sprachemöglichkeit bereits bewilligt wurde. Die an - Angesichts drohender Einsprachen bzw. Beschwer - Mail: Am nächsten Montag werde die obere Rat - wesenden zwölf direkt betroffenen Nachbarn stellen den ist mit einer Bewilligungsfrist von mehr als hausgasse gesperrt, um die Baustelleninstallation für klar, dass sie die Installation einer Plattform über der einem Jahr zu rechnen. Während dieser Zeit müssten den Umbau des Hauses am Kornhausplatz 7 – das Gasse nicht wollen, da kaum noch Passanten diesen die bisherigen ebenerdigen Installationsplätze wei - Haus mit der Passage – aufzubauen. Die Bauzeit wird Weg benützen würden. terbetrieben werden. mit zweieinhalb Jahren angekündigt und ein Kran Die neue Variante sieht vor, die Installationsfläche komme über der Gasse zwischen Restaurant Pyre - Einreichung einer Beschwerde ins Zibelegässli zu verlegen. Dieser Ort wurde schon nées und der Bar Colonial zu stehen. Bis zur Kreu - Der Leist sieht sich unter diesen Umständen dazu einmal genannt, aber es hiess, es sei dort unmöglich, zung Brunngasse werde die Gasse mit einer gezwungen, gegen das Vorhaben eine Beschwerde weil zu schmal. Da der Kran nun in der Rathausgasse Plattform in acht Meter Höhe überdeckt. nachzureichen. Hauptpunkt: Keine Baustelleninstal - steht, fällt dieses Argument weg. Diese Lösung bringt lation für den Kornhausplatz in der Rathausgasse! Vorteile: Der Wechsel der Mulden und das Abladen Zweieinhalb Jahre im Dunkeln – eine tolle von Material kann stattfinden, ohne dass die Rat - Vorstellung! Die Bewilligungspraxis, Baustelleninstallationen von hausgasse dafür gesperrt werden muss (mit Aus - Die Betriebe malen sich aus, wie sie das wohl über - Gebäuden, die ihre Adresse an der Kramgasse oder nahme des Manövrierens). Die Lasten müssten vom leben werden: Zweieinhalb Jahre im Dunkeln, kein am Kornhausplatz haben, einfach in der Rathaus - Kran nicht mehr über Gasse und fremde Dächer ge - normaler Mensch würde da noch zu Fuss oder per gasse zu bewilligen, obschon diese bereits seit langer hoben werden und der Installationsplatz würde di - Velo vom Kornhausplatz her in die Rathausgasse Zeit unter massiven Einschränkungen durch die rekt an die Baustelle angrenzen. Grösster Vorteil ist oder Brunngasse einbiegen. Und das, nachdem die Gassenbaustelle leidet, ist zu hinterfragen. aber, dass die Realisierung voraussichtlich bereits Gassen bereits seit bald drei Jahren mit einer sehr nach der Gleissanierung am Zytglogge erfolgen einschränkenden Leitungssanierung belastet wird, Zweite Informationsveranstaltung könnte. Denn während der Gleissanierung ist das Zi - was aber dank der offenen Informationspolitik des Am 21. August wird eine weitere Informationssit - belegässli die Ausweichroute für die Blaulichtorga - ewb irgendwie geschluckt wird. Zudem wissen alle, zung einberufen. Stefan Schwarz, Generalsekretär nisationen. Das Zibelegässli würde für jeglichen dass die Baustellen Capitol und Migros-Voi an der der Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün Verkehr gesperrt, für zu Fuss-Gehende bleibt die Kramgasse ebenfalls von der Rathausgasse her er - TVS, entschuldigt sich in aller Form für die offen - Laube frei, die Geschäfte bleiben direkt zugänglich. schlossen werden sollen. Existenzängste machen sichtliche Informationspanne. Seitens Bauinspekto - sich breit und der Aufruhr in den beiden Gassen ist rat seien zwar die Bauverantwortlichen darauf Forderungen des Leists grösstenteils erfüllt gross, das Thema wird fast unter jedem Laubenbo - aufmerksam gemacht worden, die Nachbarn über Damit wären die meisten Forderungen des Leists er - gen heiss diskutiert. Der Leist reicht gleichentags das Vorhaben rechtzeitig zu informieren, dies wurde füllt, somit sprachen sich die anwesenden Betroffe - eine Einsprache ein. aber nicht überprüft. Stadtingenieur Reto Zurbuchen nen für diese Variante aus. zeigt anschliessend auf, welche Alternativen für die Informationsanlass vor Ort Baustelleninstallation zur Verfügung stehen. Auf Der Rathausgass-Brunngass-Leist dankt den Behör - Am Montag, 8. Juli ist tatsächlich Baubeginn, die dem Kornhausplatz, in der Verlängerung der Rat - denvertretern und den Bauverantwortlichen, dass Gasse wird abgesperrt und die Vorbereitungen für hausgasse, wäre eine Möglichkeit, die Plattform hin - eine andere Lösung für die Baustelleninstallation das Betonieren des Kranfundaments beginnen. Ein zustellen. Darunter wäre die Rettungsgasse für die entwickelt wurde, um die Forderungen der Be - erster Eindruck, wie sich die Sperrung auswirkt: Blaulichtorganisationen und Velos weiterhin nutzbar. schwerde zu erfüllen. Die Ausfahrt aus der Rathaus - Obschon Ferienzeit ist, stauen sich die Lieferwagen, Der grosse Vorteil bestünde darin, dass das Be- und gasse wird nur kurzzeitig beeinträchtigt und der die aus der Altstadt wegfahren wollen, in der Kram- Entladen der Lastwagen in einem Bereich erfolgen Installationsplatz ist dort, wo er hingehört. Es bleibt und Rathausgasse. Behörden und Bauverantwortli - könnte, wo der Wegfahrverkehr aus der Unteren nun zu hoffen, dass der angestrebte Zeitplan einge - che laden nun zu einer Informationsbesprechung am Altstadt nicht jedesmal blockiert wird. Die ÖV-Achse halten werden kann und zukünftige Baustellen um Freitag derselben Woche ein; dass diese ziemlich würde nur wenig mehr beeinträchtigt als mit der die Rathausgasse ihre Baustelleninstallationen nach emotional abläuft ist nachvollziehbar. Dabei stellt sich aktuellen Lösung, da ja diese am Kornhausplatz das denselben Kriterien errichten müssen. heraus, dass die Montage des Krans an dieser Stelle ÖV-Trassee ebenfalls kreuzt. ef BrunneZytig 17 Rathausgass-Brunngass-Leist 13. September 2019

DIETER HEUGEL – CHARAKTERKOPF, ORIGINAL, ner. Und die Mohrenköpfe vom Dubler – es gibt keine besseren. So bleibt Dieter in Erinnerung, der VORBILD – ER HAT UNS VERLASSEN Verteidiger des Echten. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile. Dieter Heugel ist am 23. Juni 2019 in seinem 74. Le - bensjahr gestorben. Unerwartet. Einfach so. Unfassbar. Irgendwie stand die Zeit in der Rathaus - Dann die Sache mit dem Fernsehen. Heugel, unser Held, beim Schweizer Fernsehen, bei SF bi de Lüt. gasse einen Moment lang still. Und wie: Pur und echt. Wie er seine Krähenfamilie mit den Chäsrinden fütterte, die sozusagen auf ihn Ein heisser Sonntag war es, Dieter auf seinem Damals, als noch der ganze Verkehr vom Zibelegässli warteten, wenn er mit dem Velo von Wabern in die Möösli, bei den Segelfliegern. Am Abend zurück her beim Heugel um die Ecke bog, wurde kurzer - Stadt fuhr. Ja, so war er. Freude am Kleinen aber nach Wabern, auf dem Velo. Zusammengebrochen hand die Haupt-Ladentür verschlossen und mit Wichtigen und Lebenswerten. Dabei gab er auch zu Hause, Hilfe erfolglos. Punkt. einem Schild versehen: Wegen Abgasen geschlossen, preis, dass er langsam Nachfolger suche, er wolle bitte Eingang um die Ecke benützen. Das war zwar Was bleibt, sind Erinnerungen. Die gehen auf Jahr - mehr Zeit für sich und seine Lebensgefährtin Elisa - noch zu Dieters Vaters Zeiten, aber ein gutes Bei - zehnte zurück. Wenn mein Vater sagte, er hole jetzt beth haben, noch etwas von der Welt sehen. Und spiel, woher die klare Eigensinnigkeit kam. Dieter noch einen guten Käse beim Heugel, dann wusste wieder meinte es das Schicksal gut: die Nachfolger hat sie weitergeführt, er war sich selbst. Ob beim ich: Wieder dieser Stinkkäse, räss und manchmal Patrick und Dominik Bärfuss tauchten aus dem Eintritt in den Laden eine Oper aus dem Radio träl - fast unansehnlich. Aber eben, ich war noch Kind, Nichts auf, beschlossen, ihre bisherigen Berufe an lerte oder Dieter gerade an der Zwischenverpflegung an Gala-Chäsli gewohnt, mild und clean. den Nagel zu hängen und sich in Zukunft darum zu knabberte, immer war es ein Erlebnis, in diese Welt kümmern, dass dieses einmalige Stück Bern erhal - Nicht nur der Käse reift, auch der Geschmack des einzutauchen. «Äs het de früsche Vacherin», war im ten bleibt. Menschen. Dass ein mürber, aus den Löchern trop - Herbst oft die Begrüssung, wohl wissend, wie sehr fender Emmentaler etwas vom Feinsten ist, was eine ich auch diesen Käse zu schätzen gelernt hatte. «Mu - Nun haben die Träume von Dieter ein jähes Ende Käseauslage bieten kann, das lernte ich später. Vor esch de zügig hei, süsch isch är de schnäuer», be - gefunden. Wir trauern um einen liebenswerten allem, wenn er von Zwetschgenconfi begleitet wird. merkte er, nachdem er die beiden Glasplättli wieder Nachbarn, der durch sein Dasein Wesentliches an Und so kam ich langsam auf den Käse. Lernte bald, in Stellung gebracht hatte, damit der Käse auf der der Geschichte der Rathausgasse mitgeschrieben hat. dass die verblichene Packung Gerber-Fondue oben Auslage nicht auslief. Danke Dieter für all die schönen Erinnerungen, wir auf dem Wandregal beim Heugel nicht Werbung, vermissen Dich! sondern Abschreckung darstellte. Ein echtes Heu - Wie auch immer, jedesmal ein bisschen Heimat. Die gel-Fondue war und ist da eine andere Ruschtig. Ein Segelflug-Kalenderbilder hinter der Theke, die ge - Den Angehörigen, insbesondere seiner Lebenspart - Stück Vacherin gehört dazu, mein Vater hat mir ge - hörten einfach dazu, oft ein Gespräch übers Wetter nerin Elisabeth, spreche ich mein aufrichtiges Bei - zeigt, wie man den am Schluss mit dem Schnitzer und sein zentrales Hobby auslösend. Und dass man leid aus. Den Nachfolgern Patrick und Dominik ins Caquelon schnipselt, nur so ist das Fondue rich - Kafirähmli einzeln kaufen konnte – wo gabs das Bärfuss danke ich von Herzen, dass sie Dieter Heu - tig. Ich hab’s unserem Sohn gezeigt, der nun den En - sonst. Oder Chäsi-Anke vom Stock, heute undenk - gels Chäshütte in dessen Sinn weiterführen und mit keln. Und alle gehen ein und aus bei Heugels. bar; aber der war frisch und chüschtig wie sonst kei - guten Ideen anreichern. Edi Franz, Präsident Rathausgass-Brunngass-Leist

Wer die Fernsehsendung nochmals anschauen möchte, googelt wie folgt: srf bi de lüt unsere stadt bern

 Die Belegschaft der Chäshütte im Juni 2014, links Dieter Heugel, in der Mitte Elisabeth Zbinden, rechts Patrick Bärfuss. (Archivbild BrunneZytig 2014)

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INDIVIDUELLE GOLDSCHMIEDEKUNST IN DER MATTE Von organischen Formen bis zum klassischen Stil, von Gold bis Holz – im offenen Goldschmie - deatelier fertigt Jayron Yagual einzigartige Schmuckstücke. Sein Weg führte ihn von St. Gallen über den Urwald von Südamerika schliesslich in die Berner Matte, wo der eidgenössisch diplo - mierte Goldschmied vor zwei Jahren sein Atelier eröffnete.

Das Schaufenster an der Mattenenge 4 eröffnet in - mer hatte der Bräutigam zuvor um die Hand seiner teressierten Betrachtern über den kunstvoll hand - Braut angehalten. gefertigten Schmuckstücken in der Auslage auch gleich den Blick ins Atelier. Jayron Yagual will, dass Ökologisch, fair, recycelt seine Kundinnen und Kunden sehen, wo und wie Auch bei seinen Materialien legt Jayron Yagual Wert  Der Goldschmied lässt sich von der Natur inspirieren. Er überträgt die Struktur eines Blattes oder die Spie - ihre Schmuckstücke entstehen. Vom ersten Ge - auf deren Geschichte und deren Herkunft. Edelme - gelung der Sonne auf einer Wasseroberfläche auf spräch bis zur Übergabe der individuellen Anferti - talle wie auch Steine erwirbt Yagual nur bei zertifi - seine Unikate. gungen an die Auftraggebenden findet der gesamte zierten Händlern, die für nachhaltige Produktion Konzeptions- und Herstellungsprozess im Atelier und faire Arbeitsbedingungen einstehen. «Meine In - Kollegin kennen, die ihm empfiehlt, in die Berner statt. Nach einem ersten Gespräch zeichnet Yagual spiration kommt aus der Natur und ich möchte mit Matte zu kommen. «Sie meinte, ich würde gut nach verschiedene Vorschläge, die er der Kundin oder meiner Arbeit auf keinen Fall der Umwelt oder Men - Bern passen, speziell in die Berner Matte, da dort dem Kunden bei einem zweiten Termin zeigt. Bei schen schaden.» Neu stellt der Goldschmied auch viel Gewerbe und Kunsthandwerk angesiedelt sei», einem dritten Termin wird das Design finalisiert. Ringe, Halsketten und Armbänder aus alten Tabak - erzählt Yagual. Nach seiner Reise kommt er tatsäch - «Für mich ist es wichtig herauszufinden, welche Ge - pfeifen her. Die Pfeifen bezieht Yagual bei einem lich in die Matte und sieht beim ersten Besuch im schichte die Menschen mit ihrem Schmuckstück Berner Tabakgeschäft, wo diese zur Entsorgung ab - Quartier gleich ein kleines Atelier am Mühlenplatz verbinden, das geht nicht alles auf einmal.» So fer - gegeben werden. Sie bestehen aus sehr hartem zur Miete ausgeschrieben. Kurzerhand mietet er sich tigte er beispielsweise einen Ring an, der die Form Wurzelholz, das sich gut für die Schmuckherstellung im Atelier ein und eröffnet den Laden. «Damals hatte einer zu einem Verlobungsring gebogenen Büro - eignet. Die Köpfe der Pfeifen schneidet Yagual in ich wenig Material, doch die Matte hat mir viel ge - klammer kopierte. Mit einer verbogenen Büroklam - ringförmige Scheiben und fasst diese anschliessend geben. Wenn ich durch die Lauben lief, fand ich in Edelmetall. Die Hälse werden zu kleineren Ovalen immer wieder tolle Sachen, die ich für meinen geschnitten und mit Edelmetallringen zu Ketten zu - Laden gebrauchen konnte, mal einen Tisch, mal eine sammengesetzt. So wird das gesamte Material der Lampe, mal ein Ornament, das mich inspirierte. Die Pfeife recycelt. Die Mundstücke aus Plastik bewahrt Matte hat mich auf alle Weisen willkommen geheis - Yagual vorerst noch auf. Was daraus am Ende ent - sen und ich bin sehr glücklich über meinen Ent - steht, wird sich zeigen. scheid, hierhergekommen zu sein. Merci Matte.»

Von Ecuador bis Bern Neues Atelier, neues Angebot Yaguals Werdegang zum Goldschmied beginnt, als er Nach einem Jahr am Mühlenplatz zog es den Gold - mit vierzehn Jahren das Goldschmiedehandwerk von schmied weiter. In der Mattenenge 4 war ein grös - seinem Onkel erlernt. Dieser war Goldschmied in seres Ladenlokal frei geworden. Im letzten Dezember Frankreich und bringt dem jungen Yagual das tradi - hat Yagual das neue Geschäft eingerichtet, im Januar tionelle Verarbeiten von Edelmetallen und -steinen eröffnet. Im neuen Atelier hat er nun Platz, Kurse an - zu Schmuck bei. Später, in der Schweiz, absolviert zubieten. In verschiedenen Workshops können An - Yagual eine vierjährige Lehre zum eidgenössisch di - fänger und Anfängerinnen ohne Vorkenntnisse in plomierten Goldschmied und führt über acht Jahre der Goldschmiedekunst Theorie und Praxis der in St.Gallen sein eigenes Atelier. Nach acht Jahren Schmuckherstellung erlernen. Yagual zeigt verschie - nimmt sich der Kunsthandwerker eine Auszeit und dene Techniken wie Anreissen, Bohren, Sägen oder reist für ein Jahr durch Südamerika. Durch einen Feilen und unterstützt die Teilnehmenden in der Her -  Jayron Yagual in seinem Atelier. Zufall lernt er im Dschungel von Südamerika eine stellung eines Unikats nach ihren Vorstellungen. «Bei meinem Handwerk braucht es viel Geduld und Kon - zentration. Es geht nicht darum, wild auf einem Stück Metall herumzuhämmern, schmieden bedeutet eine kontrollierte Kraftanwendung», so Yagual. Diese Art zu Arbeiten zwinge die Menschen zuerst zu sich selbst zu kommen. Das sei es auch, was er an seiner Arbeit als Goldschmied liebe. Zudem freue er sich da - rüber, seinen Mitmenschen Inspiration und Freude zu schenken, erzählt Yagual. sm 20 BrunneZytig 13. September 2019 Leist der Untern Stadt

RÜCKBLICKE LUS AGENDA  $ NELLIS NEUANFANG MIT TEXTILIEN VON GESTERN

!. OKTOBER Die «Züglete» ihrer Brocante aus der Postgasse 44 Ihr, und ihrem treuen «hündischen Ladengefährten» 19.00 Uhr in der Singstudentenbar des Restaurant Krone 13. Kronengespräch des LUS war für Nelli und Hans Steiner ein rechter Marathon wünschen wir Gesundheit und eine gute Zukunft! Thema: Alec und die Altstadt (Arbeitstitel) – im Gespräch – keiner hat gezählt, wie viele Dinge sorgfältig ein- Die Erleichterung und das Glück, einen so schönen mit Sadtpräsident Alec von Grafenried und wieder ausgepackt werden mussten! Mit dem Verkaufsraum gefunden zu haben, stehen Nelli und Anmeldung: [email protected] neuen Namen «Textilien von Gestern» eröffneten sie Hans ins Gesicht geschrieben. «Noch ist hier lange am 15. August ihr neues Geschäft an der Gerechtig - nicht alles so eingerichtet, wie es sein soll», meint ". NOVEMBER keitsgasse 9. Sie konnten das Ladenlokal von Eliane Nelli, «aber ich bin froh um diese Möglichkeit zu Saisoneröffnung in der Spysi Junkerngasse 30 (Eingang oberes Gerechtigkeitsgässchen) Mäder übernehmen, die hier vor kurzem ihren lang - einem Neuanfang.» Öffnungszeiten: Von Montag bis Freitag von 11.30 bis jährigen Modeladen pensionshalber aufgegeben hat. ZB 13.00 Uhr, [email protected]

#. NOVEMBER 19.00 Uhr in der Singstudentenbar des Restaurant Krone 14. Kronengespräch des LUS Thema: Sicherheit in der Altstadt (Arbeitstitel) mit Ge - meinderat Reto Nause Anmeldung: [email protected] ZB

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 Nelli Steiner kann an der Eröffnung ihres neuen Geschäfts mit den «Textilien von gestern» viele Glückwünsche entgegennehmen.

PHÖNIX AUS DER ASCHE

Am 25. Juni organisierte Stephan Probst wieder eine seiner beliebten jährlichen «Spaziergänge» für die Leistmitglieder des LUS. Es ging ins Morellhaus an der Postgasse 14. Ihre erste Bekanntschaft mit dem Morellhaus machten viele unserer Leser durch den ausführlichen Bericht der BrunneZytig im April 2018 über den Umbau dieser städtischen Liegen - schaft. Projektleiter Kurt Glanzmann zeigte damals die eindrückliche, überraschend gut erhaltene Bau - substanz aus der Barockzeit, die es beim geplanten  Ein Teil des geretteten barocken Deckengemäldes, Ausbau in Wohnungen zu erhalten galt. Als im Sep - unter dem zu wohnen sich einige freuen werden – in tember darauf der Dachstuhl des Hauses einem um - seiner doch etwas unruhig wirkenden Art aber viel - leicht nicht jedermanns Sache wäre. baubedingten Brand zum Opfer fiel, bangten wir alle um die alten Täfer und Deckengemälde. Und nun, ein Jahr danach, führte Kurt Glanzmann erneut men und die Barockzeit mit der Moderne vorbildlich durch das sanierte Haus und freute sich mit uns vereinen werden. Und – aus schmerzlicher Erfah - über die geretteten historischen Bauteile. Mit etwas rung gelernt – hat die Stadt auch das Brandmelde - Phantasie kann man sich bereits in die Wohnungen system «CasaSecura» hier eingebaut. hineinversetzen, die nach und nach Gestalt anneh - ZB BrunneZytig 21 Leist der Untern Stadt 13. September 2019

DELIKATESSEN IM BISTRO PATRICIA Ein neues Bistro unter den Lauben der Berner Altstadt! Vor kurzem noch betrieb die Confiserie- Autodidaktin Patricia Stähelin ein eigenes Restaurant in Thun. Nun hat sie Anfang Juli ihr neues Reich an der Junkerngasse 1 eröffnet und anschiessend speziell die Anwohner der Unteren Alt - stadt zum Apéro geladen. Allerdings ist ihre «Bistro und Tortenmanufaktur Patricia» nicht auf den ersten Blick einfach im Vorbeigehen zu finden.

Das unterschiedliche Lauben- und Strassen-Niveau Ein ganz persönlicher Gastraum der Unteren Altstadt bringt nicht nur manch einen Man fühlt es schon beim Betreten: Dieses Restaurant stadthistorisch interessierten Laien ins Grübeln, hat eine spezielle und sehr persönliche Atmosphäre. auch Touristen und Passantinnen können beim Hier herrschte bei der Einrichtung von Mobiliar und ständigen Treppauf und Treppab etwas ausser Puste Deko-Gegenständen kein einheitlich «gestyltes Sys - geraten. Wer dann ganz am Ende der Gerechtigkeits - tem». Frau Stähelin lacht: «Das habe ich alles so zu - gasse angekommen ist, dort, wo sie wieder aufwärts sammengestellt, wie es mir gefällt. Das bin total ich! in die Junkerngasse mündet, sollte einen Blick in die Mein Mann ist Schreiner und hat mir dabei gehol - etwas tiefer gelegene Laube werfen. Es lohnt sich, fen.» Die Sitzbank entlang der Wand und die lange Patricias neues Bistro zu entdecken. Reihe der französischen Tischchen unter dem schwarzen Deckenlüster sind extra angefertigt und Das Bistro-Versteck in der tiefer gelegenen als Bistro konzipiert, alles passt wunderbar zum Patricia Stähelin und ihre Tochter beim Backen. Laube alten dunkelbraunen Parkettboden. Jeden Mittag  Patricia Stähelin, Wirtin, Köchin, Bedienung und In - verköstigt hier die Wirtin persönlich ihre Kundschaft haberin des Lokals in einer Person, sprüht vor Ener - mit frischen Salaten und Leckereinen aus der Spei - Vielseitigkeit und ein besonderes gie: «Ich weiss, dass ich nicht so leicht zu finden bin, sekarte oder mit dem täglich wechselnden Menu. Torten-Angebot aber eins nach dem andern! Zuerst habe ich – in Ganz anders und stilistisch gewagter präsentiert sich Ganz vorne rechts neben dem Eingang stehen zwei meinen Lieblingsfarben – das schwarzgoldene Wirts - die separate Sitzgarnitur auf der gegenüberliegenden hohe runde Tische. Schon vor dem Betreten des hausschild entworfen, das sich ganz schön auf der Seite: An der Wand hinter dem bunten, neubaro - Restaurants fallen sie durch das grosse Schaufenster goldgrundierten Wand hier drin macht, oder?» Und cken Sofa aus dem deutschen Möbelhaus Casa Pa - als erstes ins Auge. Das sollen sie auch, denn hier siehe da, einige Tage später schon prangt derselbe drino hängen moderne Zeichnungen eines Künstlers präsentiert sich die Mustersammlung an Torten, auf goldene Schriftzug grossbuchstabig auf dem Bistro- aus Split, der Heimat Patricia Stähelins, mit Portraits die Patricia Stähelin besonders stolz ist. Das hintere Fenster. Leider wird dieses aber von der kleinen von Keith Richards und Jimi Hendrix. Davor stehen Drittel des Restaurants gehört nicht den Gästen, al - Treppe zwischen Lauben- und Strassenniveau fast zwei blaue Polstersessel direkt aus ihrer Wohnung, lenfalls nur indirekt. Hier hinten wird nicht nur täg - ganz verdeckt. Und da die meisten Passanten hier beleuchtet von zwei überdimensionierten metall - lich gekocht, hier entstehen auch die vielen kleinen die offene Gasse und nicht die tiefer gelegene Laube glänzenden Lampen im italienischen Design, die Pa - und grösseren Kunstwerke aus Teig, Crèmes und benutzen, verpassen sie das da unten so liebevoll tricia eigens aus Italien mitgebracht hat. All das – Zuckerguss. Die Tortenkunst hat sich Patricia Stähe - und speziell eingerichtete Bistro. «Als nächstes werde unterlegt mit einem echten Kuhfell-Teppich aus Bra - lin zuerst autodidaktisch beigebracht, später absol - ich am Laubenbogen oben neben der Treppe ein von silien – lädt die Besucher zum Kaffeekränzchen mit vierte sie dann professionelle Kurse in England und der Strasse aus gut sichtbares Hinweisschild anbrin - Kuchen ein. Italien. «Mein Haupt- und Lieblingsgeschäft ist und gen», bleibt die neue Wirtin guten Mutes. bleibt das Tortenbacken und -designen für alle er - denklichen Gelegenheiten, ganz besonders aber für Hochzeiten. Da habe ich während der Hochsaison von Mai bis Oktober gerne alle Hände und Öfen voll zu tun,» lacht Patricia Stähelin. Ihre Leckereien be - kommt man gerne auf Bestellung auch als Takeaway. Daneben gibt es ein kleines Verkaufssortiment an Delikatessen der Firmen Neuenschwander und Mi- Adelita. Patricia Stähelin hat bereits weitere Pläne für ihr neues Bistro in Bern: «Im Oktober veranstal - ten wir als eine etwas aussergewöhnliche Event-Mi - schung – einen Beauty-Kurs mit Cupcakes.» ZB

 Das sehr persönlich eingerichtete Restaurant von Patricia Stähelin: links die Retro-Sitzecke, beim Fenster die Tische  Das Bistro von Patricia Stähelin an der Junkern- mit den Tortenmustern, rechts die französischen Bistrotische. gasse 1 ist nicht ganz leicht zu finden. 22 BrunneZytig 13. September 2019 Kesslergass-Gesellschaft

DREI ENGEL VON HOLZART WEILEN UNTER UNS Schwibbogen brachten viel Licht und Hoffnung in die strengen Arbeitstage der Bevölkerung im Erzgebirge. In Tiefen bis 250 Meter haben sich im sächsischen Erzgebirge bis ins 20. Jahrhundert mutige Wie uns Regula Moser schrieb, sollte «das Licht dem Bergmänner unter Tag in steter Lebensgefahr beim Abbau von Metallen abgerackert. Doch der Vater jede Nacht den Weg zurück in die Familie leuch - Erzabbau ging zurück. Die Hoffnung und das Leuchten der in Heimarbeit geschaffenen Schwib - ten und ihn im Stollen vor Gefahr beschützen; als der bogen, Lichtpyramiden und anderem mehr blieben und sicherten der abgelegenen Region fortan Erzabbau zurückging, begannen viele Familien, in neues Einkommen. HOLZART generiert im einzigartigen Angebot deren Fortbestand in ver - Heimarbeit Kinderspielzeug zu schnitzen und zu schmitzter Verspieltheit mit. drechseln.»

Pyramiden und Nussknacker gegen Nylonstrumpfho - sen und Büchsenfrüchte. So hiess damals die Schwarzmarkt-Devise nach den beiden Weltkriegen und der Ausrufung der DDR. Die Gürtel in die engste Öffnung gezurrt und das Überleben als höchste Prio - rität stets vor Augen, so lautete die Losung. Und sie haben es gepackt und die eigenen, von den DDR-Be - hörden verstaatlichten Betriebe nach dem Fall der Mauer wieder zurückgekauft. All die Talschaften, Fa - milien- und Kleinbetriebe schufen in der abgelegenen Gegend südlich von Chemnitz und Dresden, dicht an der tschechischen Grenze, in gemeinsamem Wirken den Durchbruch. Ihre damals noch recht kostengüns - tigen Produkte stiessen auf reges Interesse im In- und Ausland. Ja, bis nach Amerika wurden die einzigarti - gen Kunstwerke aus massivem Holz exportiert und, wie es einer der «drei Engel» im Interview trefflich ausdrückte, «konnte sich diese Tradition trotz harter  Drei Engel von Holzart – Mitte: Regula Moser (Geschäftsleitung), links: Vroni Jenni, rechts: Jasmin Brönnimann. zVg Zeiten bis in die heutige Zeit retten und erfreut viele Kunden aus aller Welt.» Drei Frauen – ein Projekt Möglichkeit auf dem Tisch lag, das Ladengeschäft auf Wenn Schaufenster und Ladengeschäft zur Augen - eigene Rechnung weiterzuführen, gab es für sie kein Die betörenden, klingenden und riechenden weide werden und Frau, Mann samt Kind den Ausla - Halten mehr und sie vollzog «zämefüesslig» den Dingsda gen genüssliche Momente des Verweilens abzu- Sprung in die neue Selbständigkeit. Mit einer Halbta - Zutreffend als Antwort könnte der Ausruf «Verzelled gewinnen vermögen, dann liegen Sie mit einem Be - gesstelle an einer Berner Mittelschule und einer fünf - dir das em Fährima» sein, wollte man vor dem Ge - such bei der HolzManufaktur von Regula Moser, Vroni köpfigen Familie als Rückhalt gründete sie die «GmbH schäft an der Münstergasse 36 den Leuten nämlich Jenni und Jasmin Brönnimann an der Münstergasse HolzArt – Engel & so» und bringt im Dreigespann die dies weiszumachen versuchen: Das Inventar aller Ar - 36 exakt richtig! Holz als Baustoff ist heute in aller schweizweit einzigartigen Kunstgewerbeartikel aus Leute Munde und wieder zum aktuellen Thema ge - hochkarätiger Heimarbeit auf den Markt. worden. Als eine sich stets erneuernde und nach - wachsende Biomasse, hat es sich zum Werkstoff des Aus Bergleuten wurden Holzschnitzer Heute sowohl in der Architektur, beim Wohnen und «Mindestens 16 und nicht älter als 72jährig» ist heute verstärkt auch im kunsthandwerklichen Bereich zum auf dem Besucher-Eingangsschild zum Bergwerk Renner gemausert. «Himmlisch Heer Stehenden» zu lesen, wo man be - reits in den Jahren 1536/37 gut 9000 kg Reinsilber Regula Moser, Geschäftsfrau, Lehrerin und Mutter in härtester Handarbeit zutage förderte. Heute wird dreier Töchter, trägt ihn in sich: Den Virus «Erzgebir - man in ein- bis fünfstündigen «körperlich anstren - gensis» habe sie wohl schon von Kindsbeinen an im genden und bis zur letzten Stufe spannenden» Kra - Blut mitgeführt, meinte sie augenzwinkernd im In - xeleien in 160 cm hohen und bloss 80 cm breiten terview. Als bei ihr jenes Angebot des altershalber zu - Schächten und Gängen geführt. Die hölzernen Pyra - rücktretenden Robert Grünert mit der verlockenden miden, Lichterengel, Bergmänner und leuchtenden

 Nur 30 bis 45 Millimeter hoch sind die Mitglieder der handgeschnitzten rustikalen Sängerschar aus dem  Ein Kunstwerk voller Kreativität und Gespür.  So «gebiert» denn auch das Brauchtum im Erzgebirge Einfrau-Atelier von Bettina Bergmann. Und es gibt sie Wie auch beim Scherenschnitt, liegt die gesetzte seine «Pyramiden». Bei HolzArt zeigt auch dieses auch noch viel kleiner, als Seiffener Miniaturen in der kunsthandwerkliche Latte beim Erschaffen eines Kunstobjekt die Schaffenskraft des Sächsischen Hin - Zündholzschachtel. SCHWIBBOGENS bildgestalterisch sehr hoch. terlandes vielgestaltig und einem Kaleidoskop gleich. BrunneZytig 23 Kesslergass-Gesellschaft 13. September 2019

RÜCKBLICK

Donnerstag, 6. August, der Tag an dem sich ein an - steckender Virus auch des Perimeters der Kessler - gass-Gesellschaft bemächtigte. BUSKERS kam unge- bremst mit der Sonne im Rücken daher. Um sich just vor dem Jüngsten Gericht mit «postfuturistisch und bio-mechanisch» äusserst gegensätzlich ausstaffierten Gestalten platzergreifend niederzulassen. Unverse - hens waren sie alle da, augenfällig, skurril und faszi - nierend. Mit «Puppeteer» hatten es Anne-Gaëlle Ponche, Olivier Mignot und Benoit Cormorant dabei gar nicht leicht. Mussten sie doch stets allergattig  Der Packard Ambulance 1938, eine packende Augen - weide vor dem Berner Münster parkiert, wartet auf Wesen hätscheln, den Kleinen mit dem Hinkelstein im seinen Einsatz bei den Filmaufnahmen «FRIEDEN». Auge behalten und den scheuen Gnom und seinen Kontrahenten, das schaurige Monster, in friedlicher Aspekt der Vorfreude fürs nächste BUSKERS nichts Koexistenz bewahren. Bei letzterem waren wir An - im Wege stehen… wohnenden besonders nachtsüber doch etwas ver - unsichert wegen dessen ungestümen Verhaltens rund Im Sommer 2019 war unsere Altstadt auch Filmstatt. um den Münsterplatz. Doch zu unserem Glück war Denn wenn emsige Dekorationsteams alles daran set - Felix Gerber, Münstersigrist und Betriebsleiter wohl - zen, , Münsterplatz und angrenzende wollend bereit, dem wilden BUSKERS-Gesellen (und Teilgebiete um 70 Jahre jünger erscheinen zu lassen,  Lauben –Vitrinen –Kunsthandwerk –Stilleben mit Span - baum (Vordergrund), Werkstück «Gedrehter Reifen» wohl auch Nachfahre von King-Kong) als Nachtlager gehört für eine kurze Zeitspanne das Altstadtpflaster (rechts), Themen-Schaustücke im Spitzregal. den schwer vergitterten, südlichen Westeingang des offensichtlich dem FilmSet. Dreharbeiten für zwei Münsters zu überlassen. So dürfte auch unter diesem Projekte waren dabei heuer hautnah und real direkt tikel von HOLZART zusammen vermöge die Seiten vor der eigenen Haustür mitzuerleben. Einerseits zweier ausgewachsener «BrunneZytige» zu füllen! wurde für die Schweizer TV-Serie «FRIEDEN» (Hand - Doch, es ist wie’s ist. Wir begutachteten die Schau - lung zum Kriegsende im Mai 1945) mit Autorin Petra fenster, erlebten all die Dingsda im Innern, bestaunten Volpe und unter der Regie von Michael Schaerer ge - prall gefüllte Lagerräume, gar nicht zu reden von den dreht. Die Ausstrahlung findet 2020 im Format 6 mal beiden (trockenen) Kellern. Und dass sämtliche Uni - 45 Minuten statt. kate und Sächeli aus massivem Linden-, Buchen- oder auch Ahornholz geschnitzt oder gedrechselt Andererseits setzte sich die Neue Staffel «Nr. 47» beim worden sind und nicht aus Kunststoff oder gar aus Cafe «Marta» und vor der Münstergasse 24 in Szene. (dem 65 km entfernten) Meissner Porzellan geschaf - Die Dreh- und Präsenzarbeiten an Ort nahmen ab 15 fen. Tönen lassen, Augen weiden, anfassen dürfen, Uhr ganze 11 Stunden in Anspruch (die vielen Stun - spielend staunen oder sich schlicht jünger fühlen sind den Vorbereitung und Aufbau nicht eingeschlossen). Sehnsüchte, von denen Sie sich bei den drei Engeln Auf unsere Anfrage zu den Dreharbeiten schrieb uns von HolzART nach Lust und Laune becircen lassen Marco Beck von SRF «…wir drehen im Moment die sollten. vierte Staffel von Nr. 47 (von Jungen für Junge) in sw Bern. Veröffentlicht wird sie dann im Februar 2020». Dass wir in unseren Altstadtgassen nach dem Film «ALTSTADTLÜT» stets wieder von Film-Aufnahme - teams «aufgesucht» werden, darf aufhorchen und uns KGG AGENDA ungeniert auch ein kleines bisschen stolz sein lassen.  Aufnahme-Team bei den Dreharbeiten zu «Neue Staffel Nr. 47» vor dem Haus Münstergasse 24. sw

Die für dieses Jahr vorgesehene Zusammenarbeit mit der Malerei Gipserei Berufsfeuerwehr Bern, für Interessierte einen halbtägigen Kurs in praktischer Anwendung von Feuerlösch-Geräten, etc. anzubieten, wird auf kommendes Jahr verschoben. Grund dafür ist die «PETITION FÜR EIN FEUERWERKS - VERBOT IN DER ALTSTADT» der Vereinigten Altstadt- Rathausgasse 21 Leiste (VAL) zuhanden des Stadtrates, deren weitere 3011 Bern 3006 Bern Behandlung es erst noch abzuwarten gilt. 031 311 34 34 Galgenfeldweg 1 Tel. 0 31 3 81 64 85 HERBST  $ FÜR LEIST%MITGLIEDER mathysgoetschmann.ch www.kistlerag.ch Besichtigung des am 4. September mit der Schlüsselüber - gabe wieder eröffneten, frisch renovierten CASINO BERN. Es wird dazu gesondert eingeladen.

IN PLANUNG FÜR DIESEN HERBST SIND ZUDEM: – Baustellenführung auf dem Gerüst der Bubenberg- Kapelle im Münster, die seit 1805 Steigerkapelle heisst, mit Vorstellung der neuen Münsterarchitektin, Annette Loeffel. – Kunstführung durch eine hochkarätige Privatsammlung an der Junkerngasse. – Anlass nach Ansage in der Kunsthalle Bern. 24 BrunneZytig 13. September 2019 Kesslergass-Gesellschaft

MÜNSTER AKTUELL EIN LASTENKRAN FÜR MATERIALTRANSPORTE

Gegen Ende des laufenden Jahres ist es soweit. Die FÜHRUNGEN, KONZERTE, ANLÄSSE Tage des seit 2005 auf der Südseite am Münsterturm Sa, 28. September, 13.45 Uhr installierten Baulifts sind gezählt. Dann wird die zur Führung für Kinder ab 4 Jahren: Hasefritz und Erschliessung der Baustelle an Oktogon und Turm - Mattenedi helm verwendete Transporteinrichtung abgebaut. Auf Bärndütsch, mit lustigen Geschichten! Weil aber auch zukünftig eine Hebevorrichtung für Kosten: Erwachsene CHF 10.–, Kind 5.– Bau- und Servicematerial, Werkzeuge und andere Fr, 13. September, 18.00 Uhr Güter unentbehrlich ist, wurde frühzeitig ein Konzept Öffentliche Führung: dafür erarbeitet. Wie dem kürzlich erschienen Tätig - Reformation und Bildersturm keitsbericht der Berner Münster-Stiftung zu entneh - Kosten: Erwachsene CHF 15.00 men ist, wurde von der angedachten Variante der gleichzeitigen Nutzung für Nachkontrollen und Un - Fr, 13. September, 19.15 Uhr terhalt wegen den damit verbundenen, enormen Si - Vollmondturmapéro mit der Turmwartin über cherheitsauflagen (und auch aus finanziellen den Dächern von Bern. Erwägungen) abgesehen. Das abschliessend durch Kosten: CHF 30.– (alles inklusive) Hermann Häberli, Peter Völkle und Bauingenieur Anmeldung: 079 760 26 74 oder marie- Peter Schmied ausgearbeitete Konzept eines Lasten -  Rechts: der seit 2005 altgediente Materiallift, seine [email protected] krans konnte bereits Mitte August 2019 in die Tat Tage sind gezählt. Mitte: Schwerer Brocken auf Lieferplattform wird Richtung Haspelboden gehievt. Konzertchor Pro Arte Bern umgesetzt werden. Die Anlage wurde mit einem rie - Einmal dort montiert wird der nigelnagelneue Sa, 9. November, Antonin Dvořák, Te Deum sigen Lastenkran ab Münsterplatz hinauf in die luftige Kraftprotz mit vertauschten Rollen seinerseits Lasten So, 10. November, Gioachino Rossini, Stabat Mater Höhe von circa 55 Meter zum im 7. OG über dem Ge - und allergattig Material in die Höhen des Münster - turms heben. wölberaum gelegenen Haspelboden gehievt und dort LITERATUR UND MUSIK auf das vorgängig verlegte Schienenpaar montiert. WORT KLANG RÄUME, jeweils 19.30 Uhr Laut Bericht funktioniert das Gerät mit einem «dreh - Demgegenüber wurden im Mittelalter im Münster Di, 22. Oktober, Wortfindung baren Teleskoparm, der durch fast alle Masswerköff - zum Heben und Versetzen von Steinblöcken etc. nebst Bettina Spoerri, Worte nungen im Haspelboden ausgefahren werden kann». Seilwinden auch das mächtige (noch heute in gutem Vera Schnider, Harfe Lasten bis zu maximal 450 Kilogramm erreichen da - Zustand im Estrich stehende) Tretrad eingesetzt und Di, 12. November, Wortlos durch alle Seiten des Turmes wie auch einen Teil des von ein bis zwei Handwerkern bedient. Die einer Charles Lewinsky, Worte Mittelschiffdaches. grossen Trommel ähnelnde, von innen durch Tretbe - Alain Schudel, Violoncello wegungen beschleunigte «Tretmühle» neben der Seil - Di, 10. Dezember, All das Ungesagte Eine Befahranlage für die künftige Beobachtung be - haspel, vermochte je nach Belegung zwischen 500 Alfred Bodenheimer, Worte stimmter Bauteile des Oktogons konnte in Form eines und 1000 Kilogramm Last zu heben. Um letztere Daniel Zisman, Violine mobilen Systems mit demontierbaren Fussplatten und etwa 20 Meter in den Dachstock des Berner Münsters Daniel Glaus, Orgel beweglichen Auslegern, an denen Seile mit Sesseln hinaufzuheben, legte ein tretender Mitarbeiter im (Der Gesamtprospekt liegt im Münster auf) befestigt sind, gefunden werden. Die Anlage genügt mannshohen Tretrad rund einen halben Kilometer sw damit den geltenden Sicherheitsanforderungen und zurück (Zitiert aus: «Machs na», Münsterführer 1993, wird ebenfalls noch dieses Jahr montiert und in Be - Band 1). trieb genommen. «Mit dieser Lösung werden im Acht - sw eck auch (schwindelfreie) Personen ohne spezielle Ausbildung Höhenarbeiten ausführen können» heisst es dazu im erwähnten Tätigkeitsbericht.

PHARMACIE BÄREN APOTHEKE Moderne Apotheke in historischem Ambiente  Beim Aufstieg von der Viereckgalerie zur oberen  Hier steht es, das prächtige Exemplar eines originalen Kompetent in allen Fragen Ihrer Gesundheit Besucherplattform kann man ihn erspähen: Den vor Tretrades samt intaktem Seilwerk, 20 m über den Kir - Lukas Schwander, eidg. dipl. pharm. ETH kurzem montierte Lastenkran mit dem ausfahrbaren chenbänken des Mittelschiffs. Für die Öffentlichkeit bim Zytglogge 1 3000 Bern 7 Tel. 031 311 02 42 Teleskoparm. Der Stolz der ganzen Belegschaft der ist der Münster-Estrich ein Tabu, denn es ist zu eng www.apotheke-baeren.ch Münsterbauhütte! dort oben. BrunneZytig 25 Kesslergass-Gesellschaft 13. September 2019

MEILENSTEIN & STEINZEIT – DIE ZUKUNFT HAT SCHON BEGONNEN Am vorletzten Augustwochenende hat sich auf der Münsterplattform alles um den Stein ge - dreht. Knapp 20 Unternehmen, Schulen und Ausbildungsbetriebe ermöglichten einen Einblick in die «steinigen» Berufe», von der Arbeit in Steinbruch und Steinwerk über das Steinmetzen - handwerk und die Steinbildhauerei bis hin zur Konservierung von Stein.

Anlass für diesen Auftritt unter dem Motto «Meilen - fung ist dafür gemäss Auskunft ein zeitlicher Auf - stein & Steinzeit» ist das bevorstehende Jubiläum der wand von 600 bis 700 Stunden, selbständige Heim - Zunft-Gesellschaft zum Affen – eine einer ältesten arbeit inklusive, zu veranschlagen. Mit Handwerkergesellschaften Berns für die Stein verar - Maturitätsabschluss kann an der Hochschule der beitenden Berufe. 2021 wird die Zunftgesellschaft Künste Bern nach abgeschlossener Steinmetz-Lehre 700 Jahre alt, was den «Verband Schweizer Bild - ein Studium für Restaurierung begonnen werden, wie hauer- und Steinmetzmeister» im Vorfeld bewog, ge - wir an einem Info-Stand erfahren konnten. meinsam mit der Zunft, die Arbeit mit Stein einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Span - Umbruch und Neuausrichtung bei den nend dabei auch: die Verbindung von Tradition und «Steinigen»  Lucia Strub, Steinbildhauerin, modelliert auf der Pläfe allerneuesten Arbeitstechniken. Bis anhin kannte man insgesamt vier Berufsgruppen, in einstündigen Sitzungen Köpfe von Besuchenden in Ton. die Marmorist/innen mitgezählt. Doch aktuell werde Kompetenz in Stein und Gestaltung das Berufsbild total revidiert, erfuhren wir aus erster wirkte am «steinernen» Event auf der Plattform mit Vorgestellt auf der Plattform wurden unter anderem Hand beim Interview mit Andreas Reber von der einer eigenen Präsentation im südlichen Westportal Steinmetze und Steinbildhauerinnen. Während es bei Schule für Gestaltung. Neu werden die beiden ersten mit. Zudem veranstaltete sie Spezial-Führungen «hin - der ersten Gruppe ums Bearbeiten von Natursteinen Lehrjahre gemeinsam absolviert. Steinmetz mit Fach - ter die Kulissen» von sonst nicht zugänglichen Orten für Gesimse, Portale, Bogen und Pfeiler bei histori - richtung Bau, Steinmetz mit Fachrichtung Gestaltung im Münster. Der Betriebsleiter der Münsterbauhütte, schen, aber auch neuen Gebäuden nach eigener (Steinbildhauer) und Steinmetz mit Fachrichtung In - Steinmetz und Steinbildhauermeister Peter Völkle, hat Werkzeichnung geht, kommt bei der zweiten, den dustrie (Küchenbauer) seien die neuen Bezeichnun - zusammen mit seinem Team die vielfältigen Anwen - Steinbildhauer/innen, das gestaltende Element hinzu. gen, welche im Jahr 2021 Gültigkeit erlangen werden, dungen am Stein, an Werkstücken und Modellen ein - Die geplanten Objekte werden auf Papier entworfen, erfuhren wir weiter. Beim Ausbildungsstandort Bern, drücklich präsentiert und kommentiert und somit oft inspiriert und geleitet von Form, Farbe und der für insgesamt neun Kantone zuständig ist, zähle einen nachhaltigen Einblick in das bis über 100 Beschaffenheit des Natursteins. Daraus entstehen man im ersten Lehrjahr Steinmetz/in zehn Lernende, Meter hinaufreichende Wirkungsfeld der Bauhütte Werkszeichnungen oder auch aus Ton geformte Mo - was als sehr erfreuliches Omen verstanden werden gewährt. Nebst der kontinuierlichen Pflege des Fach - delle. Komplexe Figuren und Reliefs können mittels dürfe. wissens und der Ausbildung von Lernenden (aktuell Messzirkel oder Punktiergerät Punkt für Punkt auf bildet sie einen Lernenden im ersten Lehrjahr aus) den Stein übertragen werden. Die Münsterbauhütte – schwindelfrei bis 100 konzentriert sich die Bauhütte heute darauf, ihre Meter Kompetenzen im Bereich der Restaurierung und Kon - Für diese Berufe dauert die Lehre je vier Jahre; bei Die Münsterbauhütte zählt rund ein Dutzend Spezia - servierung von Sandstein auszubauen. Die Bauleitung letzterer Ausbildung gilt gestalterische Begabung und listinnen und Spezialisten, die zuständig sind für Ver - als Münsterarchitektin obliegt seit Mitte dieses Jahres der abgeschlossene Vorkurs in der Schule für Gestal - arbeitung, Konservierung und Restaurierung des Annette Loeffel (Architektin ETH SIA). tung als empfehlenswerter Einstieg. Eine Weiterbil - Steins auf den stets wechselnden Innen- und Aussen - sw dung mit eidgenössisch anerkanntem Abschluss baustellen in der Kirche und am Turm des Berner eröffnet sich dabei berufsbegleitend als «Handwer - Münsters. Die Bauhütte, für den Bau des oberen ker/in der Denkmalpflege FA». Bis zur Abschlussprü - Turmoktogons in den 1880er Jahren gegründet,

 An diesem defekten Schaustück ist bereits die metal - lene, leiterförmige Armierung fixiert worden, um spä - ter daran den Mörtelaufbau zu verfestigen.

 Original-Meilenstein «Zwei Stunden von Bern» bei der  Steinmetze müssen bei grossen Werkstücken auch Barriere im Mühlacker in Worb. schon mal liegend arbeiten. 26 BrunneZytig 13. September 2019 Kramgassleist

GASTON POYET – DER WAFFENHÄNDLER, DER Keller des väterlichen Geschäfts, das damals an der Kramgasse 17 lag, noch Schiesswettbewerbe für LIEBER CHEMIKER GEWORDEN WÄRE Kinder durchgeführt worden, erzählt er amüsiert. Geschäfte für Kleider, Schuhe, Taschen, Stoffe, Schmuck, Uhren und Wohnbedarf – all das findet Die Geschäftsinhaber hätten ihrer Kundschaft Märk - man mehrfach in der Kramgasse. Das Waffengeschäft Poyet dagegen ist das einzige seiner Art, chen oder so etwas Ähnliches gegeben, die die Kin - der zu Schiessübungen und zur Teilnahme am nicht nur in der Altstadt, sondern in der ganzen Stadt. Seit 55 Jahren ist es in der Kramgasse 59 Wettbewerb berechtigten, und sie hätten auch Preise eingemietet. Doch bald wird Gaston Poyet sein Geschäft ins Liebefeld zügeln. Denn die Burger - gespendet. «Die Töchter vom Geschäft gegenüber meinde Bern baut die Liegenschaft um. Sowohl die Geschichte des Hauses wie auch die des ge - sind bei den Wettbewerben meistens obenaus ge - genwärtigen Bewohners sind für die Altstadt aussergewöhnlich. Aber lesen Sie selbst! schwungen», lacht er und fügt trocken an, dass bei «Kleider Frey» sogar eine Schiessanlage für Kinder gestanden habe. Die Grossen shoppen, während die Kleinen schiessen – das Bedauern darüber, dass diese Bräuche schon in den 60er Jahren eingeschla - fen sind, hält sich bei Poyet in Grenzen. Wenngleich er es schade findet, dass der Schiesssport an Bedeu - tung verliert. Auch auf dem Land. Immer weniger Junge träten einem Verein bei. «Heute sind eben an - dere Sportarten als Schiessen modern, Schwingen, Hornussen, Fussball, Eishockey…» konstatiert er nüchtern. Die Mitgliederzahlen des Schweizer Schiesssportverbands liegen denn auch seit Jahren unverändert bei noch 130 000.

Vieles hat sich geändert und den Geschäftsgang des Waffengeschäfts an der Kramgasse beeinflusst. «Der Vater hat anfänglich praktisch nur von der Repara - tur von Ordonanzwaffen gelebt», erinnert sich Poyet. Doch mit Militärwaffen ist nach den diversen Ar - meereformen und verbesserter Waffentechnik längst kein Geschäft mehr zu machen. Heute sind Jagdwaf - fen das wichtigste Standbein des Waffenladens. Zwar  Gaston Poyet: Ursprünglich ein Waffenhändler wider Willen, aber immer schon ein Jäger aus Passion. Im nächsten sei bei einem Jagdgewehr die Reinigung des Laufs Frühjahr zügelt er mit seinem Geschäft ins Liebefeld. kein grosses Problem, sagt Poyet. Aber das weitere Zerlegen der Waffe sei heikel. «Da kann man viel ka - Der Verkaufsraum ist schmal, das durchs Schaufens - Salzsäure problemlos gekriegt.» Doch Vater liess sich puttmachen, wenn man nur schon den falschen ter einfallende Tageslicht wird von einem Vorhang nicht erweichen, wollte den Antrag für ein Stipen - Schraubenzieher nimmt.» abgeschattet. An der Wandseite links der gut gesi - dium nicht unterschreiben. So ging der Sohn nach cherten Eingangstür reihen sich Gewehre. Die Regale Österreich, nach Ferlach, das, wie Poyet anerkennend Poyet ist selbst ein passionierter Jäger, fast 40 Jahre an der gegenüberliegenden Wand sind eng bepackt vermerkt, seit dem Mittelalter berühmt sei für den lang hat er als Instruktor Jungjäger ausgebildet. mit vielerlei Ausrüstungsgegenständen für Jäger, Jagdwaffenbau, und er erlernte das Handwerk der Kaum verwunderlich deshalb, dass er in der Jagd - Wild- und Vogelbeobachter oder Survival-Abenteu - Büchsenmacherei. Vier Jahre dauerte die Lehre, in - rer. Die Palette reicht von Nachtsichtgeräten und Mes - klusive eines Praktikums für die Gravuren, mit denen sern über Thermoskannen und Basecaps bis zum viele Jagdwaffen verziert sind. 1970 übergab der Schrillalarm zur Selbstverteidigung. In der hölzernen Vater dem jungen Waffenhändler wider Willen das Vitrine, die den Raum teilt, liegen unter einem Glas - Geschäft an der Kramgasse. «Ich habe immer ver - aufsatz Faustfeuerwaffen in allerlei Variationen, auch sucht, aus jeder Situation das Beste zu machen», sagt Mini-Pistölchen fehlen nicht. Dennoch wirkt die At - der Sohn fast 50 Jahre später. mosphäre im schlicht und zweckmässig eingerichte - ten Laden nicht martialisch. Waffen werden hier Längst hat Gaston Payet sich denn auch mit seinem verkauft, aber nicht inszeniert. Was sicher mit der Metier ausgesöhnt. Aber, so erzählt er, als er sich als Person des Inhabers zu tun hat. Gaston Poyet ist ein junger Mann der Übernahme des Geschäfts wider - ruhiger, besonnener Mann – der Gegenentwurf zum setzte, habe der Vater von ihm verlangt, dass er die sinistren Waffenhändler, den man aus Filmen kennt. Gründe für seine Ablehnung schriftlich darlegt. «Ich habe dann so eine Art Manifest geschrieben.» Den ge - Das ahnungsvolle «Manifest» des jungen Poyet nauen Wortlaut weiss er nicht mehr, umso besser Poyet führt die Besucherin zu einer an ein Jägerstübli aber den Inhalt. «Waffen werden mit der Zeit immer erinnernden Sitzecke im ersten Stock. Freimütig er - weniger akzeptiert; der Verkauf geht zurück; die Ge - zählt er, dass er das Waffengeschäft nur auf Druck des setze werden immer schärfer und der Aufwand, die Vaters übernommen habe. Eigentlich habe er Chemie Bürokratie, immer grösser. Ich habe in allen Punkten studieren wollen. «Wir hatten einen guten Chemie - recht behalten!», sagt er mit feinem Lächeln und ohne lehrer» begründet er diese Wahl, um schmunzelnd eine Spur von Groll. nachzuschieben, dass er in seiner Schulzeit allerdings auch ganz gerne «ein bisschen mit Sprengstoffen he - Kinderschiessen in der Kramgasse rumexperimentiert» habe. «Beim Bahnhof gab es eine Doch zu Zeiten des Vaters war der Zeitgeist ein an -  Mit dem Pfeil und mit dem Bogen kommt der Schütz’ Drogerie, dort hat man Salpeter-, Schwefel- oder derer. In den Fünfzigerjahren seien zum Beispiel im heutzutage wieder häufiger gezogen. BrunneZytig 27 Kramgassleist 13. September 2019

schiessanlage Bergfeld bei Hinterkappelen eine zu - mals hat man ja nicht so schnell etwas Neues ge - sätzliche, gut gehende Verkaufsstelle eröffnet hat. kauft», mutmasst Poyet vergnügt, um die Familien - Zunehmender Beliebtheit erfreut sich auch eine an - saga sogleich weiterzuspinnen. Denn der Sohn des dere Schiessportart, das Bogenschiessen. Der Bogen Scheiders, der hier im Quartier Zuckerbäcker ge - werde eher akzeptiert als eine Waffe, obwohl die lernt und unter anderem ein paar Jahre im baski - Pfeile mit ihrer scharfen Spitze auch nicht ungefähr - schen Bilbao verbracht habe, sei nach einer lich seien, bemerkt Poyet, während er auf dem Weg Erkrankung des Vaters als «Ständerats-Garderobier» zum Treppenhaus an einer Wand vorbeiläuft, vor eingesprungen. «Und dann ist er einer der ersten der ein gutes halbes Dutzend Bögen montiert sind. Bundesratsweibel geworden.» Sechs Bundesräte Seit die Bögen stärker und exakter geworden seien, habe er betreut. «Sie haben ihn nicht gehenlassen wachse auch das Interesse an der Bogenjagd. In der wollen. Mit 70 Jahren musste er sozusagen auf den Schweiz (wie auch in Deutschland oder Österreich) Tisch klopfen und sagen: Jetzt ist fertig!» ist die Jagd mit Pfeil und Bogen allerdings (noch)  Das halbierte Murmeltier sitzt schon auf einer Trans - verboten. Aus Gründen des Tierschutzes. Weshalb portkiste. Einer der Söhne des Bundesratsweibels, ein Fotograf es, gerade im benachbarten Ausland, mehr und und Poyets Grossvater, kehrte Bern den Rücken. Er mehr gut frequentierte Jagd-Parcours mit Tieren aus terhaus. Der Aufstieg zu seiner behaglich eingerich - sei später bei der Armee in Dübendorf zuständig für Kunststoff gibt. «Das ist anscheinend etwas, dass die teten Maisonettewohnung in den obersten Etagen Flugaufnahmen gewesen, erzählt Poyet, der den Leute noch gerne machen.» Poyet lacht leise. bietet so manch reizvolle Einblicke auf idyllische Grossvater als «grossen Tüftler» in Erinnerung hat. Dachterrassen mit und ohne Türmchen. Auch Poyet In Dübendorf kam auch der Vater zur Welt, den es Rundgang durch ein aus der Zeit gefallenes hat sich unter dem Dach des Kramgass-Hauses einen nach einer Büchsenmacherlehre in Zürich im Mili - Haus schattigen Terrassensitzplatz eingerichtet. tärdienst nach Worblaufen verschlug. «Irgendwie hat Inzwischen ist es längst Zeit geworden für die ver - es ihm hier gefallen und er ist in Bern geblieben. einbarte Hausbesichtigung. Denn dieses Wohn- und Dennoch wird Gaston Poyet jetzt den Absprung aus Aber er war der einzige in der Familie, der nie Bärn - Geschäftshaus weist eine jahrhundertealte Beson - dem Quartier wagen, in dem er über 60 Jahre lang deutsch gesprochen hat.» derheit auf, die in der Altstadt heutzutage wohl kaum zuhause war. Zwar ist er im Ostring geboren, doch noch zu finden ist: Das an der Kramgasse gelegene schon als Giel habe er dem Vater im Geschäft gehol - Gaston Poyet liebt die Altstadt. In der Kramgasse Vorderhaus verfügt über keinen einzigen Wasseran - fen. «Ich kenne die Kramgasse seit ich 10 Jahre alt kennt er Gott und die Welt, er besucht jede HV des schluss. Alle Wasseranschlüsse befinden sich im hin - bin. Es ist hier wie ein kleines Dorf. Das ist schon Kramgassleists. Aber für sein Geschäft sei der Weg - teren Hausteil an der Münstergasse. Das Hinterhaus ein Wert!», sagt er bedächtig. Doch die Verbunden - zug die einzig richtige Lösung, stellt er unmissver - sei ursprünglich wohl der Wirtschaftsteil gewesen, heit seiner Familie mit der Unteren Altstadt reicht ständlich klar. «Eigentlich hätte ich schon vor 15 während zur Hauptgasse hinaus die Repräsentati - noch viel weiter zurück, wie Poyet vor einigen Jah - oder 20 Jahren wegziehen sollen.» Am neuen Ort an onsräume gelegen hätten, der Salon, das Esszimmer, ren herausfand. der Waldeggstrasse im Liebefeld hat er mindestens die Bibliothek. «Dort brauchte man kein fliessendes ein Problem nicht mehr, das ihm in den letzten Jah - Wasser», vermutet Gaston Poyet belustigt. So müssen Ein Blick in die Familienchronik: ren wegen seiner vielen auswärtigen Kunden mehr noch heute Angestellte, Kundschaft, Mieter oder Der Ururgrossvater war Bundesweibel und mehr zu schaffen gemacht hat: Die Parkplatz - Gäste durchs Treppenhaus in den münstergassseitig Bereits der Urururgrossvater habe in der Unteren sorgen. Das neue Geschäft liege nahe am Autobahn - gelegen Hausteil gehen, wenn sie auf die Toilette Altstadt gelebt. «Er war Schneider und besserte sei - zubringer und verfüge über 4 bis 5 Parkplätze, sagt möchten. Die Lage der dort eingebauten WCs ist nen Verdienst auf, indem er nach 1848 dem Stän - er sichtlich zufrieden. recht speziell, denn sie liegen jeweils direkt hinter derat, der damals im ‘Äusseren Stand’ tagte, die einer Eingangstür in einem Flur, der zu einer Hin - Garderobe in Ordnung hielt. Wahrscheinlich hat er Doch bis der Umzug geschafft ist, steht ihm noch terhauswohnung gehört. Auch Poyet wohnt im Hin - Knöpfe angenäht und gerissene Hosen geflickt. Da - eine wahre Herkules-Aufgabe bevor. Bis Ende April muss das gesamte Vorderhaus leergeräumt sein, vom Keller bis zum Estrich. Und natürlich auch seine Wohnung. Gaston Poyet aber ist nicht nur ein lei - denschaftlicher Jäger. Er ist auch ein mindestens ebenso leidenschaftlicher Sammler. Allein im zum Lager umfunktionierten grossen Salon im zweiten Stock, den einst eine Bibelgesellschaft belegt hatte, warten von Reisesouvenirs über Jagdtrophäen bis zu Guggemusig-Fotos jede Menge Erinnerungen aufs Aussortieren oder Einpacken. «Immerhin, das Kla - vier ist schon weg», spöttelt er.

Deshalb hat Gaston Poyet für Wehmut gerade gar keine Zeit. Auch wenn er jetzt schon weiss, dass er die vielen bekannten Gesichter aus der Gasse ver - missen wird und es ihm um seine Wohnung leid ist, in der er so viele Jahre gelebt hat. Dass er noch keine neue Wohnung gefunden hat, bereitet ihm keine schlaflosen Nächte. Da werde sich schon noch etwas finden. «Ich habe keine Angst vor Veränderungen», sagt er energisch. «Ich begrüsse eigentlich Änderun - gen. Ich sehe immer nur die Vorteile.»

 Den Steinbock bringt nichts mehr aus der Ruhe. Ge - babü  Schlichten Jäger-Chic zeigt das Stoffmodel in Gaston lassen wahrt er den Überblick bei den Umzugsvorbe - Poyets Laden: Hauptsache praktisch. reitungen. 28 BrunneZytig 13. September 2019 Angebote

Berner Münster: Restaurierung der Gewölbe der Seitenschiffe Süd und Nord

In den nächsten Jahren werden die Gewölbe der Seitenschiffe in Etappen sorgfältig restauriert. 2019: Bubenbergkapelle. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

PC-Konto 30-980-9, Burgerliche Ersparnis- kasse, Konto CH87 0638 2042 3103 9390 1 der Berner Münster-Stiftung Spenden an die Berner Münster-Stiftung sind steuerabzugsberechtigt. Kontakt: 031 312 04 64

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