Landschaftspflege und Naturschutz im Straßenbau

Landschaftspflege und Naturschutz im Straßenbau 2 Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort 5

2 Was hat Straßenbau mit Naturschutz zu tun? – Veranlassung durch Recht und Gesetz 6 2.1 Vorgaben von Bund und Ländern: Die Eingriffsregelung 6 2.2 Europäische Vorgaben: Natura 2000 und Artenschutz 6 2.3 Straßen bauen trotz strenger Naturschutzgesetze? 6

3 Landschaftspflegerische Kompensationsmaßnahmen – Diverse Aspekte 9 3.1 Was ist eine Landschaftspflegerische Maßnahme? 9 3.2 Ökologische Bauüberwachung 10 3.3 Das Kompensationsflächenkataster der Straßenbauverwaltung Komp.NET 12 3.4 Monitoring 13

4 Beispiele für Kompensationsmaßnahmen im Land Sachsen-Anhalt 14 Brückenbau unter Berücksichtigung von Fischotter und Biber (Nr. 1) 14 Elbquerung Tangermünde (Nr. 2) 17 Amphibienquerungshilfen (Nr. 3) 20 Entsiegelung durch Straßenrückbau (Nr. 4) 22 Komplexer Feldhamsterschutz beim Ausbau der B 81 (Nr. 5) 23 Wiederansiedelung der Wassernuss in der Elbaue Wittenberg- – Dessau (Nr. 6) 31 Renaturierung des Feldsolls „Friedemanns Teich“ bei Wittenberg (Nr. 7) 35 Grünbrücken in Sachsen-Anhalt (Nr. 8) 38 Entrohrung und Renaturierung des Harsleber Baches zwischen Benzingerode und im Zuge des Baus der B 6n (Nr. 9) 43 Wiedervernetzung für die Wildkatze (Nr. 10) 46 Wildwarnanlagen im südlichen Sachsen-Anhalt (Nr. 11) 51 Feuchtbiotop bei Maschwitz (Nr. 12) 55

5 Die A 14 (Lückenschluss Magdeburg – Wittenberge – Schwerin) 57

6 Fazit: Straßenbau ist ohne Umwelt- und Naturschutz nicht denkbar! 62

Abkürzungen und Erläuterungen 63

Titelseite: oben: Weidatalbrücke; Grünbrücke mit kombiniertem Schutz- und Leitzaun für Wild, Klein- und Mittelsäuger, Amphibien und Hamster (Untergrabungsschutz) Mitte: Wildkatzendurchlass unten: Wilddurchlass; Zwergfledermaus (Netzfang bei Faunistischer Unter- suchung); Markierung einer vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme (A cef) zum Bau der A 14 (alle Fotos: LSBB) 3 4 Vorwort

die Zeiten, da Straßen gebaut wurden, ohne dabei umfassend auf Naturschutz und Landschafts- pflege Rücksicht zu nehmen, sind längst vorbei. Trassenplaner und Straßenbauer bedienen sich heutzutage des Spezialwissens von Landschaftsplanern, Biolo- gen und anderer Fachleute, um Flora und Fauna möglichst wenig zu beeinträchtigen. Da geht es beispielsweise um Feldhamster, Mopsfledermäuse, Wildkatzen, Rotbauchunken, Erdkröten und Fischotter ebenso wie um die Wassernuss, eine hoch bedrohte Wasserpflanzenart, Feuchtbiotope und Schonflächen.

Besonders deutlich sichtbar Lebensräumen. Und gestatten wird das ständig gewachsene Sie mir anzufügen, dass es mir Umweltbewusstsein beim Bau als zuständiger Minister auch ein der A14-Verlängerung zwischen persönliches Bedürfnis ist, dass so Magdeburg und Schwerin. Für die wenig wie möglich in die Natur 97 Kilometer in Sachsen-Anhalt eingegriffen wird. Und dort, wo es sind Naturschutz- und landschafts- sich aufgrund wichtiger infrastruk- pflegerische Maßnahmen in bisher tureller Maßnahmen zum Wohle nie geplanter Anzahl und Qualität ganzer Regionen nicht vermeiden vorgesehen. Insgesamt knapp 70 lässt, Ausgleich und Ersatz zu so genannte Querungsbauwerke schaffen. – darunter Grün-, Talbrücken und Gewässerunterführungen – tragen Für diesen wichtigen Aspekt des genau so wie großflächige Ersatz- Straßenbaus werde ich mich auch pflanzungen dazu bei, dass die A14 künftig mit ganzer Kraft einsetzen. inzwischen den Beinamen „Grüns- te Autobahn Deutschlands“ trägt.

Es ist keine Frage: Sachsen-Anhalt hält beim Straßenbau alle Vorga- ben des Natur- und Umweltschut- Thomas Webel zes ein – darunter die anspruchs- Minister für Landesentwicklung vollen Normen der EU für den und Verkehr besonderen Schutz von Arten und des Landes Sachsen-Anhalt 5 2. Was hat Straßenbau mit Naturschutz zu tun? – Veranlassung durch Recht und Gesetz

Der Naturschutz hat in den vergan- 2.2 Europäische Vorgaben: genen Jahrzehnten mit wachsendem Natura 2000 Umweltbewusstsein in Bevölkerung, und Artenschutz Politik und Wirtschaft auch in den Bereichen Infrastruktur und Straßen- Bereits in den 1970er Jahren sind u. a. bau stark an Bedeutung gewonnen. durch die Vogelschutzrichtlinie erste Dies spiegelt sich in den rechtlichen Schritte hin zu einem internationalen Vorgaben der Europäischen Union, Naturschutz gemacht worden. Nach der Bundesrepublik Deutschland dem Fall der innerdeutschen Grenze und der Bundesländer wider. und des Eisernen Vorhangs in Euro- pa konnte die Idee des grenzenlosen Naturschutzes weiter entwickelt 2.1 Vorgaben von Bund und praktisch umgesetzt werden. und Ländern: Die sogenannte FFH-Richtlinie gibt Die Eingriffsregelung dazu europaweit geltende Regeln zur Erhaltung der natürlichen Le- Der Bau einer Straße ist immer mit ei- bensräume sowie der wild lebenden nem Eingriff in Natur und Landschaft Tiere und Pflanzen vor. Gefährdete verbunden: Bäume werden gefällt, europäische Tier- und Pflanzenarten Boden wird abgegraben und versie- sowie die zu ihrem Schutz ausgewie- gelt, Lebensräume von Pflanzen und senen FFH- und Vogelschutzgebiete Tieren werden zerstört, Erholungs- werden daher bei jedem Straßen- räume des Menschen beeinträch- bauvorhaben detailliert untersucht, tigt. Um dem entgegenzuwirken, um negative Auswirkungen zu ver- legen die Naturschutzgesetze von meiden, zu reduzieren und, sofern Bund und Land fest, dass diese Ein- möglich, zu kompensieren. Wenn er- griffe soweit wie möglich zu vermei- hebliche negative Auswirkungen auf den oder wenigstens zu minimieren die Schutzziele nicht ausgeschlossen sind. Nicht vermeidbare Beeinträch- werden können, darf ein Infrastruk- tigungen sind auszugleichen oder zu turprojekt nur im Ausnahmefall ge- ersetzen (§ 15 BNatSchG). nehmigt werden. Es kann aber auch das Aus für ein Vorhaben bedeuten. Die Gesetze legen außerdem Details über die Art und Weise der Eingriffs- kompensation fest (§ 15 BNatSchG, 2.3 Straßen bauen § 7 NatSchG LSA). So sollen gemäß trotz strenger dem Naturschutzgesetz Sachsen- Naturschutzgesetze? Anhalts vorrangig solche Ersatzmaß- nahmen durchgeführt werden, die Zur erfolgreichen Durchführung un- keine zusätzlichen Flächen der Land- ter Einhaltung aller gesetzlichen Vor- und Forstwirtschaft in Anspruch gaben sind umfangreiche Planungen nehmen, insbesondere Flächenent- und eine sorgfältige Bauausführung siegelung, Pflegemaßnahmen an von Straßenbauvorhaben unerläss- bestehenden Biotopen oder auch lich. Das Spektrum der naturschutz- Maßnahmen zur Wiedervernetzung fachlichen Arbeiten reicht dabei von von Lebensräumen. detaillierten, teils jahrelangen Vor- 6 untersuchungen zur Entwicklung Besonders in der Planungsphase ist von möglichst naturschutzverträg- eine intensive Zusammenarbeit von lichen Lösungen eines Vorhabens technischen Ingenieuren und Um- über ökologische Bauüberwachung weltfachplanern unabdingbar. In den bis hin zur Erfolgskontrolle oder gar vergangenen Jahren konnten bereits – wiederum jahrelangen – Beobach- viele innovative Lösungen für beide tungen zum Nachweis der Funkti- Belange – Straße und Natur – gefun- onsfähigkeit von landschaftspflege- den werden. rischen Maßnahmen.

Auszug aus einem Konfliktplan der naturschutzfachlichen Planungsunterlage, dem Landschafts- pflegerischen Begleitplan (LBP): Dargestellt werden u. a. die vorhandenen Biotope, vorkommende Tierarten und deren Wanderbeziehungen, wichtige Klimafunktionen (z.B. Kaltluftentstehungsge- biete), wichtige Aspekte der Landschaft (z.B. Sichtbeziehungen). Der Bestand wird mit der Planung verschnitten, um Konflikte wie Überbauung und Zerschneidung nachvollziehbar abzubilden. 7 Auszug aus einem Maßnahmeplan der naturschutzfachlichen Planungsunterlage, dem Land- schaftspflegerischen Begleitplan (LBP): Der Zielzustand mit neuer Straße und den herzustellenden landschaftspflegerischen Maßnahmen wird farbig dargestellt. Dabei wird jede Maßnahme num- meriert (gelbe Kreise) und in gelben Textfeldern kurz beschrieben. Im Beispiel finden sich neben den flächenhaften Kompensationsmaßnahmen eine Vielzahl von Schutz- und Vermeidungsmaß- nahmen (u. a. Schutz- und Leiteinrichtungen mit Querungshilfen für verschiedene Tiergruppen).

Maßnahmenplan: Detail 8 3. Landschaftspflegerische Kompen­sationsmaßnahmen

Die Planung und Durchführung 3.1. Was ist eine von landschaftspflegerischen Maß- landschaftspflegerische nahmen ist genauso spannend Maßnahme? wie kompliziert. Es gilt, diversen Ansprüchen vieler Akteure gerecht Bereits die Vermeidung von Kon- zu werden, ohne das Ziel – die Mini- flikten ist ein Bestandteil der Land- mierung oder Kompensation nega- schaftsplanung. Dies kann durch tiver Auswirkungen eines Straßen- unterschiedlichste Schutz-, Vermei- bauprojekts auf die Natur – aus den dungs- und Minimierungsmaßnah- Augen zu verlieren. Bei der Planung men geschehen. Manche Konflik- sind außerdem praktische Aspekte te können zwar nicht vollständig wie die technische Durchführbar- vermieden, so doch aber in ihrer keit einer Maßnahme sowie der Intensität deutlich abgeschwächt spätere, über Jahrzehnte andauern- werden. de Pflegeaufwand zu bedenken.

Tab. 1) Beispiele für Konfliktvermeidung/ -minimierung Konflikt Vermeidungsmaßnahme, Schutzmaß- nahme Verlust eines Laichgewässers durch Anpassung der Linienführung im Überbauung Zuge der Feintrassierung Gefahr der Tötung von Brutvögeln in Rodungsarbeiten außerhalb der einer Feldhecke, die zu roden ist Brutzeiten Querung eines Tierwanderweges, artspezifische Querungshilfen mit wodurch laufend querende Tiere Leiteinrichtungen überfahren werden

Verbleibende Beeinträchtigungen bereits vor dem Eintreten des tat- von Natur und Landschaft sind aus- sächlichen Konflikts durchgeführt zugleichen oder zu ersetzen. Teilwei- werden, um den betroffenen Arten se müssen diese Kompensations- ohne zeitlichen Versatz eine Aus- maßnahmen auch vorgezogen, also weichmöglichkeit zu schaffen.

Tab. 2) Beispiele für Kompensationsmaßnahmen Konflikt Ausgleichs-/Ersatzmaßnahme Verlust eines Laichgewässers durch (vorgezogenes) Errichten eines na- Überbauung hegelegenen Ersatzlaichgewässers Lärmbeeinträchtigung eines Feldler- Anlage von „Feldlerchen-Fenstern“ chenhabitats durch die neue Straße auf Ackerflächen außerhalb des Lärmbandes Verlust von Heckenstrukturen, die Neuanlage von Hecken unter Be- als Lebensraum für diverse Singvo- rücksichtigung der Ansprüche der gelarten dienen betroffenen Vogelarten 9 Landschaftspflegerische Maßnah- 3.2. Ökologische men werden im Normalfall mit ei- Bauüberwachung nem bestimmten Ziel oder für eine bestimmte Zielart geplant; z. B. Die Ausführung der geplanten dient die Entsiegelung und Wieder- Maßnahmen (Schutz, Vermeidung, herstellung offener Bodenstandorte Kompensation) beginnt mit der so von nicht mehr genutzten Verkehrs- genannten ökologischen Bauüber- flächen als Ausgleich für die Neu- wachung. Denn die Baufeldfreima- versiegelung des Bodens durch den chung (Platz schaffen für das ei- Bau einer Straße. Die Pflanzung von gentliche Baugeschehen) ist bereits Feldgehölzen schafft Ausgleich für der erste Eingriff in Natur und Land- den Verlust von Brutstätten für ge- schaft. Deshalb ist schon vor Bau- hölzbewohnende Vogelarten. beginn der „grüne Sachverstand“ gefragt: Fledermaus-Spezialisten Bei der Planung einer Maßnahme müssen bei zu fällenden Bäumen wird immer ein multifunktionaler die Baumhöhlen nach eventuell Ansatz verfolgt, das heißt, es wird dort schlafenden Fledermäusen versucht, möglichst viele Belan- absuchen und gefundene Tiere in ge auf einer Maßnahmenfläche zu Ersatzquartiere bringen. Da sind vereinen. In unserem Beispiel kann temporäre Amphibien- und Fisch- auf der zu entsiegelnden Fläche zu- otterschutzzäune zu stellen und zu sätzlich ein Gehölzbestand angelegt überwachen. In trockenen Gebieten werden. Auf derselben Fläche sind mit Vorkommen von Zauneidechse somit die Belange des Bodenschut- und Ringelnatter sind Reptilienble- zes als auch der Vogelwelt berück- che im Baufeld auszulegen, um die sichtigt worden. Im Ergebnis können dort lebenden Tiere abzufangen für die Herrichtung von landschafts- und umzusiedeln. Sogar bereits pflegerischen Maßnahmen die Flä- tote Bäume werden mitsamt Wur- cheninanspruchnahme reduziert zelstock geborgen und an anderer und Grunderwerbskosten gesenkt Stelle wieder aufgestellt. Denn in werden. solch „stehendem Totholz“, wie der Fachmann sagt, leben oft stark Darüber hinaus bietet eine Maß- gefährdete Käfer wie der Eremit nahme, die für eine bestimmte Art (Osmoderma eremita, auch: Juch- geplant worden ist, vielen weiteren tenkäfer), der seine Bruthöhlen in Pflanzen- und Tierarten Lebensraum. einigen Metern Höhe anlegt. Am Sie fördert so, über die Maßgaben der Boden liegendes Totholz ist für ihn Eingriffsregelung und der europäi- zu kalt und zu feucht. schen Naturschutzrichtlinien hinaus, die biologische Vielfalt – ein erklärtes Ein Schwerpunkt der ökologischen Ziel des Landes Sachsen-Anhalt1 und Bauüberwachung ist die Kontrolle der Bundesrepublik Deutschland2. der technischen Ausführung der

1 Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt: Strategie des Landes Sachsen-An- halt zum Erhalt der Biologischen Vielfalt 2 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007): Nationale Strategie zur biologi- 10 schen Vielfalt; Koalitionsvertrag von 2009 für die 17. Legislaturperiode: Bundesprogramm Biologische Vielfalt stationären Leit- und Sperreinrich- tungen und Querungshilfen für Tiere: Sind die Leiteinrichtungen lückenlos dicht? Ergeben sich kei- ne Fallenwirkungen? In Zusam- menarbeit mit den Bautechnikern vor Ort können sich spontan erge- bende Varianten in der baulichen Ausführung solcher Anlagen be- sprochen und festgelegt werden. Sondierung eines Fledermausquartiers auf der Regelmäßige Begehungen der Suche nach schlafenden Tieren. Baustelle durch die Ökologische Bauüberwachung stellen auch si- cher, dass nicht vorhersehbare Ge- fährdungsstellen für Tiere erkannt und behoben werden können. Es kann sich dabei um Details han- deln, die auch der beste Techni- Ökologische Bauüberwachung erfordert ker nicht erkennen würde, da er nicht nur spezielle Artenkenntnis, sondern nicht über das Fachwissen (z. B. auch sportliche Fähigkeiten. die „Frosch-, Hamster- oder Vogel- Perspektive“) verfügt.

Das Anbringen von Fledermauskästen muss vor Beginn des Eingriffs bzw. vor dem Absu- chen der Fledermausquartiere stattfinden, damit die Tiere entweder selbständig das Ersatzquartier finden und annehmen oder Absuchen eines Brückenbauwerks nach Fle- im Zuge des Absuchens dorthin gebracht dermäusen vor den Sanierungsarbeiten. werden können. 11 Ein zeitweiser Amphibienschutzzaun wird aufgebaut. Während der gesamten Bauzeit, in der der Zaun benötigt wird, muss er regel- mäßig kontrolliert werden. Werden Fangei- mer verwendet, so sind sie zweimal täglich zu kontrollieren und gefangene Tiere an der anderen Seite der Baustelle außerhalb des Gefahrenbereichs an geeigneter Stelle wieder freizulassen. Alle Fotos zur Ökologischen Bauüberwachung wurden zur Verfügung gestellt vom Büro für Umsetzen eines Brutbaumes des Eremiten. Die Umsetzung fand im Frühjahr 2012 statt. Im Landschaftsplanung, Boden- und Umweltfor- Sommer 2012 trieb der Baum wieder aus. schung, Dr. Seils, Halle ()

3.3. Das Kompensations- rollgängen über den Zustand der flächenkataster der Flächen und damit über den Erfolg Straßenbauverwaltung der Maßnahme wird ebenso fest- Komp.NET gehalten. Das Kataster unterstützt somit sehr effektiv die Verwaltung Die Kompensationsmaßnahmen der Kompensationsflächen. Prob- (Ausgleich und Ersatz) werden vor, lematisch ist die Aufnahme älterer während oder nach der Bauphase Kompensationsmaßnahmen, die hergerichtet. Zumeist handelt es vor dem „digitalen Zeitalter“ an- sich dabei um flächenhafte Maß- gelegt worden sind. Um solche Flä- nahmen, die langfristig zu kontrol- chen nachträglich zu digitalisieren, lieren und zu pflegen sind. sind Berge von Akten zu sichten und die Konsultation der dienstäl- In einer GIS-gestützten Datenbank testen Kollegen ist notwendig. Die werden alle landschaftspflegeri- Straßenbauverwaltung versucht, schen Maßnahmen mit genauer diese Aufgabe neben den aktuell zu Lage, Flächengröße, Zielbiotopen bearbeitenden Planungs- und Bau- sowie Pflegemaßnahmen und -in- vorhaben zu erfüllen. tervallen erfasst. Mithilfe dieser Datenbank können Kontrollgänge Trotz der Möglichkeiten, die diese und Pflegeeinsätze effektiv geplant Datenbank nun zur Auswertung werden. Das Ergebnis von Kont- vom Schreibtisch aus bietet, blei- 12 ben Vor-Ort-Termine unerlässlich. die Genehmigung für Straßenbau- Nur so können Schäden, bspw. an vorhaben erteilt, ein Monitoring, Schutzzäunen, bemerkt und be- also eine Langzeitbeobachtung, hoben werden. Aber auch Erfolge, festgelegt. In den vergangenen nämlich das Einwandern der Ziel- Jahren führte die Straßenbauver- arten, sind im Luftbild oft nicht waltung Monitorings vor allem an erkennbar. Leider sind Kontrollen Querungshilfen durch. Dabei konn- durch die Mitarbeiter der Straßen- te ermittelt werden, dass die bisher bauverwaltung zu selten möglich. errichteten Amphibienquerungs- Daher werden Berichte und Hin- hilfen in verschiedenen Bauweisen weise aus der Bevölkerung gern gut angenommen werden. Ebenso Details können bei einer ausschließlich luft- aufgenommen. Partnerschaften werden die Hamsterquerungshil- bildgestützten Erfolgskontrolle nicht erfasst zur Übernahme der Pflege und fen von Feldhamstern und anderen werden. Der Erhalt dieser Orchidee, die Bie- Kontrolle von Maßnahmen werden Klein­säugern gern genutzt. Grün- nen-Ragwurz, wird durch eine Pflegemaßnah- bereits bei der Planung gesucht, brücken erfüllen wichtige Belange me (Beweidung mit Schafen und/oder Ziegen) können aber auch später vereinbart bei der Wiedervernetzung von Le- gesichert. werden. bensräumen für kleine und große Tiere und für Pflanzen, deren Samen durch diese Tiere transportiert wer- den. Ganz aktuell konnte die Annah- me von zwei speziellen Tunneln im durch die Wildkatze und sogar durch den Luchs belegt werden. Seit Errichtung der Querungshilfen wur- den keine Verkehrsunfälle mit Wild- katzen auf diesem Abschnitt mehr registriert – ein positiver Effekt für Mensch und Tier.

Ein Erfolgsnachweis entspricht der Begutachtung einer Baumpflanzung im Ge- Bestätigung einer Baugenehmi- lände. gung, die ja an die Maßgabe gekop- pelt ist, dass die Natur keinen Scha- den nimmt. Die Investition in solche Monitoring-Programme belegt die 3.4. Monitoring Sinnhaftigkeit von Naturschutz- maßnahmen im Straßenbau einer- Ganz besondere Aufmerksamkeit seits, trägt aber anderseits auch zur gilt neuartigen Maßnahmetypen; Optimierung der Ausführungen – das sind insbesondere solche Maß- egal welchen Maßnahmetyps – bei, nahmen, die für besonders ge- indem kleine Defizite beseitigt wer- schützte Arten oder auch zum Aus- den können. Das Wissen über den gleich von negativen Auswirkungen Erfolg der landschaftspflegerischen auf Natura-2000-Gebiete angelegt Maßnahmen erleichtert wiederum worden sind. Oftmals wird durch die Genehmigung von zukünftigen die Planfeststellungsbehörde, die Bauprojekten. 13 4. Beispiele für Kompensationsmaßnahmen­

Eine Vielzahl von Landschaftspfle- ten geworden. Der Biber konnte sich gerischen Maßnahmen wurde nach in Sachsen-Anhalt aufgrund von der deutschen Einheit im Zuge von Schutzmaßnahmen in den zurück- Straßenbauvorhaben realisiert. Im liegenden Jahren wieder gut etab- Folgenden wird eine kleine Auswahl lieren. Dagegen tritt der Fischotter davon exemplarisch vorgestellt. noch recht selten auf. Beide Arten leben an und in Gewässern und können schwimmen und tauchen. Brückenbau unter Berücksichtigung Es erstaunt daher, dass die Tiere es von Fischotter und Biber (Nr. 1) ablehnen, Gewässerdurchlässe un- ter Straßen schwimmend zu durch- Im Osten Deutschlands sind der queren. Sie bevorzugen es, das Ge- Fischotter und der Biber noch zu wässer zu verlassen, die Böschung Hause. Die ursprünglich häufig an- hinauf zu klettern und die Straße zu 14 zutreffenden Arten sind heute sel- überqueren. So fallen viele Tiere vor allem während Wanderungszeiten pommern häufig zu finden sind. Der dem Straßenverkehr zum Opfer. Autofahrer ist angehalten, im eige- nen Ermessen die Geschwindigkeit Um die Unfallzahlen zu reduzieren, zu reduzieren, um eine Notbremsung sind in der Vergangenheit vielfach durchführen zu können, wenn Tiere Warnschilder angebracht worden, die Straße überqueren. In Sachsen- die vor allem in Mecklenburg-Vor- Anhalt sind diese Schilder selten.

Verkehrsschild, Zusatzzeichen

Zum Schutz der Tiere sollten diese Schilder unbedingt ernst genommen werden. (Foto: Joachim Müllerchen, 01.09.2006, GFDL-Lizens, zur Verfügung gestellt auf wikimedia com- mons, http://sv.wikipedia.org/wiki/Fil:Otterwechsel_21-6_P9010001.JPG, Abruf: September 2012)

Gänzlich unnötig werden die Warn- Bestand entsprechend den Bedürf- schilder, wenn den Tieren eine Un- nissen dieser Tierarten gestaltet, terquerung der Straße entlang des wenn sie im Einzugsgebiet von Biber Gewässers ermöglicht wird. Dazu und Fischotter liegen. Besonders für muss die Straßenbrücke über einen Gebiete entlang der und für die ausreichenden Lichteinfall sowie so- Niederungsgebiete im Norden von genannte Trockenbermen verfügen Sachsen-Anhalt ist dies der Fall. Na- – das sind verbreiterte Uferstreifen, türlich werden die Trockenbermen die auch bei hohen Wasserständen auch von anderen Artengruppen frei bleiben. Deshalb werden sowohl (Amphibien, Kleinsäuger) zur unfall- Brückenneubauten im Zuge neuer freien und störungsarmen Querung Straßen als auch Ersatzbauwerke im der Straße genutzt. 15 Aufnahme eines Frosches (Spring-, Moor- oder Grasfrosch; in jedem Fall eine nach FFH-Richt- Prinzipskizze für den Bau eines Fischotter- und Bibergerechten Brückenbauwerks mit 12 m Un- linie geschützte Art), der ebenfalls die breite terführungslänge. Berme als Querungshilfe nutzt und so einem (Abb. aus: Land Brandenburg, Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung, Oberste Stra- fast sicheren Verkehrstod entgeht. ßenbaubehörde (2008): Planung von Maßnahmen zum Schutz des Fischotters und Bibers an Straßen im Land Brandenburg)

Ein sehr weites und ausreichend hohes Brückenbauwerk, hier der Wilhelmskanal bei Taterberg, er- möglicht, dass ausreichend Licht unter das Bauwerk gelangt. Auf den breiten Bermen, die mit Natur- steinen befestigt und mit natürlichem Bodenmaterial aufgefüllt sind, passieren Fischotter & Co. das Bauwerk trockenen Fußes. Vor Ort konnten Spuren und Losung des Fischotters identifiziert werden.

Der Friedrichskanal bei Miesterhorst erfüllt diese Kriterien ebenfalls. 16 Elbquerung Tangermünde (Nr. 2) ist die Elbaue Bestandteil des europa- weiten Schutzgebietsystems Natura Die B 188 stellt eine wichtige Querver- 2000 und sowohl als FFH-Gebiet (DE bindung durch Sachsen-Anhalt dar. 3437 302 „Elbaue zwischen Derben Sie verbindet den nördlichen Teil des und Schönhausen“) als auch als Vo- Landes mit Niedersachsen im Westen gelschutzgebiet (DE 3437 401 „Elbaue und Brandenburg im Osten. Jerichow“) ausgewiesen. Außerdem ist die gesamte Elbaue als UNESCO- Die Elbaue bei Tangermünde (Vor- Biosphärenreservat geschützt. deichbereich) ist den natürlich auf- tretenden Hochwässern im Frühjahr Zur weiteren Gewährleistung des Hoch- Kranich. ausgesetzt. Diese natürliche Dynamik wasserschutzes, bei dem die Elbwie- ist lebenswichtig für eine große An- sen als Überflutungsraum fungieren, zahl von Pflanzen- und Tierarten. Im und zur Berücksichtigung der Belange Winterhalbjahr ist die Aue ein großer von Natura 2000 war eine Bauweise Sammel- und Rastplatz für Kraniche, notwendig, die die Flussaue so wenig Wildgänse und viele andere Was- wie möglich beeinträchtigt. Ergebnis servögel. Einige ziehen weiter nach war die Überbrückung des kompletten Süden, andere überwintern hier. Das Überflutungsbereiches mit möglichst allabendliche Spektakel von tausen- weitem Pfeilerabstand. Dank umsich- den Gänsen und Kranichen im Okto- tiger Planung sind die Türme von Tan- ber ist wild-romantisch. Im Sommer germünde immer noch von weit her nutzen Seeadler & Co. die Auenland- zu sehen und die Aue wurde in ihrer schaft als Brut- und Jagdrevier. Daher natürlichen Dynamik erhalten.

Natura 2000-Gebiete in der Elbaue bei Tangermünde 17 Die Elbaue ein Stück südlich von Tangermünde. Das Frühjahrshochwasser ist noch nicht abge- klungen.

Der schiffbare Elbstrom wird von einer schlichten, in Weiß und Blau gehaltenen Stabbogenbrü- cke überspannt. Das Landschaftsbild wird dadurch möglichst geringfügig verändert. Das massi- ve Eisengestänge in den Brückenfeldern kann von Vögeln vermutlich wahrgenommen werden; wissenschaftliche Untersuchen sollen dazu beitragen das Fachwissen zur Thematik Vogelschlag an Brückenbauwerken zu vertiefen.

Strombrücke und ein Teil der Talbrücke über den Auenbereich, ein Altarm der Elbe im Vordergrund. 18 Ein junger Seeadler hält von einem freistehen- den, abgestorbenen Baum Ausschau über die Aue.

Die aufgeständerte Talbrücke wird von in weiten Abständen platzierten Betonpfeilern getra- gen. Dem Hochwasserschutz und der Ökologischen Durchgängigkeit wird so in hohem Maße gedient.

Der Natur bleibt in der Elbtalaue trotz Brückenbauwerks viel Platz. 19 Amphibienquerungshilfen (Nr. 3) meidungsmaßnahme geplant. Dar- über hinaus gibt es noch viele, teils Viele Amphibien sind europarecht- bekannte Problemstellen an Stra- lich streng geschützt, ihre Tötung, ßen, die der Straßenbauverwaltung auch unbeabsichtigte durch den durch die Naturschutzbehörden der Straßenverkehr, ist verboten. In Landkreise sowie von Naturschutz- Sachsen-Anhalt tritt dieses Pro- verbänden gemeldet werden. Bei blem vor allem in Elbnähe und Umbau- und Sanierungsarbeiten in den Niederungsbereichen der werden diese Hinweise im Rahmen Altmark, z. B. in den Natura-2000- des Möglichen berücksichtigt: Gebieten im Drömling oder den Grabensystemen um Milde, Bie- Im Jahr 2011 wurde südlich der Ort- se und am Secantgraben auf. Der schaft Bölsdorf eine ca. 600 Meter Bau von Amphibienquerungshilfen lange Amphibienanlage errichtet. gehört deshalb mittlerweile zum Sie ist beidseitig mit Schutz- und Standardprogramm des Straßen- Leiteinrichtungen versehen und baus. Bei Neubaumaßnahmen wird weist 16 Querungstunnel in einem die Herstellung von Amphibien- Abstand von ca. 30 Metern auf. Die querungshilfen, sofern der Bedarf Deckschicht der Fahrbahn ist nach durch eine faunistische Untersu- dem Einbau der Tunnel erneuert Amphibienquerungshilfe südlich von Böls- chung nachgewiesen ist, als Ver- worden. dorf (bei Tangermünde). Der Einbau der Querungshilfen wurde mit einer Sanierung der Fahrbahn verbunden.

L 31 südlich Bölsdorf vor Durchführung der Maßnahme. Auf den ersten Blick: grauer Asphalt. Ein zweiter Blick lässt dunkele Flecken erkennen. Das alles sind – im wahrsten Sinne des Wortes – „breitgefahrene“ Amphibien! 20 „Tunnelblick“ aus Sicht der querenden Amphibien (hier eine Anlage an der B 188 bei Solpke). An Einmündungen von Wegen auf die Straße Maßgeblich für die Akzeptanz der Tunnel ist der Lichteinfall am gegenüberliegenden Tunnel- werden sogenannte Stopprinnen eingebaut. ausgang. Die Gitter stellen einen unattraktiven Unter- grund für Amphibien dar. Wagen die Tiere dennoch eine Überquerung, fallen sie durch die Gitter und landen wieder an der Leitein- richtung. (Anlage B 188 bei Solpke)

Schleifen- oder U-förmige Enden der Leitelemente lenken Tiere am Ende der Leitwände wieder in Richtung der nächsten Tunnel (L 31 bei Bölsdorf). 21 Entsiegelung durch Insbesondere bei Neubauvorha- Straßenrückbau (Nr. 4) ben, z. B. dem Bau einer Ortsum- gehung, besteht die Möglichkeit, Die Wiederherstellung natürlichen die Verkehrswege zurückzubauen, Bodens ist ein Hauptanliegen der die durch den Neubau entlastet landschaftspflegerischen Begleit- werden. Aus einer alten Straße planung. Denn nur so kann sich kann wieder Wiese und Wald oder wieder eine natürliche Dynamik auch, je nach den örtlichen Ge- von Wasser- und Stoffhaushalt gebenheiten, ein Radweg mit Be- einstellen, können die standortty- gleitpflanzung oder Ackerboden Entsiegelung der alten Ortsdurchfahrtsstraße pischen Pflanzen einwandern und werden. am Ortsausgang Weteritz nach Neubau der mit ihr die dazugehörige Tierwelt. Ortsumfahrung im Zuge der B 188/L 25. Ein Kurzum ein intakter Naturhaushalt alter Fahrstreifen verbleibt als Geh- und Rad- ist das Ziel. weg.

Rückbau der K 1031, die von Fischbeck in die Elbaue führt. Sie Straße erfüllt keine Verbindungs- funktion zwischen Ortschaften und dient nur noch als Zufahrt für die Unterhaltungsarbeiten am Elbdeich, die anliegenden Wiesenbewirtschafter und natürlich zur touristischen Nutzung durch Radler und Wanderer. 22 Komplexer Feldhamsterschutz dem durch den Bundesverkehrs- beim Ausbau der B 81 (Nr. 5) wegeplan bestätigten vierstreifi- gen Ausbau der B 81 Egeln/Nord – Der Feldhamster ist eine streng ge- B 246a erforderlich, die auf 5,4 km schützte Tierart. Nach § 44 Absatz 1 Länge mitten durch das Kernver- Bundesnaturschutzgesetz sind die breitungsgebiet des Feldhamsters Tötung von Individuen, die Zer- verläuft. störung ihrer unterirdischen Baue sowie die Störung während der Re- Während der Planung wurde zu- produktionsphase und des Winter- nächst der Hamsterbestand im di- schlafs verboten. Der Verbreitungs- rekten Trassenumfeld erfasst und Vor Baubeginn wird der Oberboden abgetra- schwerpunkt des in Sachsen-Anhalt bewertet. Dabei ergab sich, dass: gen und nach Hamsterbauen gesucht. hauptsächlich infolge des intensi- • 26,4 ha Hamsterlebensraum ven Ackerbaus in einem schlechten mit einer Hamsterbaudichte Erhaltungszustand befindlichen bis > 10/ha dauerhaft entzo- Feldhamsterbestandes liegt in der gen werden und Börde. • die bestandstrennende Zer- Eine intensive Auseinanderset- schneidungswirkung der B 81 zung mit der Hamsterproblema- auf 4,3 km Länge verstärkt wür- tik war im Zusammenhang mit de.

Gefundene Baue werden markiert und mit Lockfutter versehen. Ist der Bau aktuell bewohnt, wird der Hamster sich regen und kann gefangen werden. Das Baufeld muss die ganze Bauzeit lang von Bewuchs freigehalten werden. 23 Feldhamsterbaue im Baufeld entlang der Trasse wäh- Feldhamsterbaue der umgesiedelten Tiere auf der rend der Bauzeit 2009 bis 2011 und Lage der Hamster- Hamsterschonfläche in den Jahren 2009 (grüne schonfläche zum Umsiedeln gefangener Tiere. Punkte) und 2011 (rote Punkte). 24 Lage der Leiteinrichtungen (auf ca. 5 km Straßenlän- ge) und der Querungstunnel (11 Stück).

25 Im Ergebnis der artenschutzrecht- In den Jahren 2009 bis 2011 wurde lichen Prüfung wurden folgende das ca. 36,5 ha große Baufeld je nach Maßnahmen geplant und planfest- Erfordernis mehrfach begangen gestellt: und auf Hamsterbesatz abgesucht. • Kartierung der Hamsterbaue Insgesamt wurden 148 Baue erfasst, im Bereich des Baufeldes und aus denen insgesamt 29 Tiere gefan- Umsiedlung aufgefundener gen (teilweise ausgegraben) und in Hamster auf die Hamster- die vorbereitete Hamsterschonflä- schonfläche vor und während che verbracht wurden. Die Wieder- der Straßenbauarbeiten besiedelung der Flächen durch den Hamster wurde durch wiederholtes • Bau einer Schutzanlage (11 km „Schwarzmachen“ (Vegetationsbe- parallele Sperr-/Leiteinrichtung, seitigung) bis zum tatsächlichen 11 querende Kleintiertunnel) Baubeginn garantiert.

• Anlage einer Hamsterschonflä- Um zu vermeiden, dass Hamster che (27,5 ha geeignete Acker- überfahren werden, sind entlang der fläche, dauerhafte Sicherung gesamten Baustrecke (5,4 km) im einer hamsterschonenden Be- Bankett-/Böschungsbereich 52 cm wirtschaftung). hohe und untergrabungssichere

Auf Hamsterfang. Vor den diversen Bau-Ausgängen werden dazu Drahtwippfallen aufgestellt. 26 Hamstersperr-Betonelemente ein- Bewirtschaftung (Gewährleistung gebaut worden. Mit den aufmontier- ausreichender Nahrung und De- ten 1,12 m hohen Drahtzäunen wird ckung in der sommerhalbjährlichen gleichzeitig ein dauerhafter Wild­ Aktivitäts- und Reproduktionszeit) unfallschutz gewährleistet. Zur Er- ergaben für 2010 eine Baudichte möglichung von Wechselbeziehun- von 3,5/ha und für 2011 eine Bau- gen zwischen den beidseitig der B 81 dichte von 5,1/ha (angestrebte Ziel- vorhandenen Teilpopulationen wur- baudichte: 5/ha, dauerhaft). Der den insgesamt 11 unterführende, bis positive Trend ist vor allem auf die 26 m lange Rechteckhaubendurch- mit dem Bewirtschafter vertraglich lässe (1 m x 0,86 m) eingebaut, die vereinbarte und jährlich neu ab- Hamsterschonfläche auch für andere Kleintiere passierbar zustimmende hamsterschonende sind. Landwirtschaft zurückzuführen. Wesentliche Inhalte sind dabei: Für die 27,5 ha große Hamsterschon- • kein Rodentizideinsatz (Mäu- fläche wurde 2009 ein Ausgangs- segift) besatz von 0,8 Bauen/ha ermittelt. Die durchgeführten Kartierungen • getreidedominierte Fruchtfol- in den beiden darauf folgenden ge (Ausschluss von Kartoffeln, Jahren mit hamsterschonender Rüben und Mais)

In die Falle gegangen – das kann in diesem Falle lebensrettend sein. 27 Blick von oben auf einen Tunnel während des Einbaus. Darüber werden die Trag- und Deck- schichten der Fahrbahn gezogen.

Die Tiere werden in vorgebohrte Röhren gesetzt, die mit ausreichend Futter präpariert sind. Die Hamster graben sich von dort aus weiter in den Boden und legen einen neuen Bau an.

Zum Vergleich: eine vom Hamster angelegte „Fallröhre“. Bei Gefahr läuft der Feldhamster zur nächsten Fallröhre und taucht ab in die Erde, indem er sich regelrecht fallen lässt. 28 Flächen mit hamsterfreundlicher Bewirtschaftung bezeichnet man als Hamsterschonflächen. Dabei wird auf bestimmte Pflanzenschutzmittel verzichtet. Es wird vor allem Getreide angebaut, das Futter des Feldhamsters. Ein Teil der Ernte wird länger auf dem Halm gelassen, damit der Hamster „hamstern“, also einen Wintervorrat anlegen kann. Außerdem muss relativ flach ge- Leiteinrichtung und aufgesetztem Wildschutz- pflügt werden, um die Hamsterbaue vor oder während der Winterruhe nicht zu zerstören. zaun. Zur Fahrbahnseite hin sind Leitplanken angebracht worden.

Einbau der Leitelemente aus massivem Beton, auf denen noch ein Wildschutzzaun zu installie- ren war. 29 • Stehenlassen von ungeernte- den dauerhaften Erfolg. Für die ten Kulturstreifen (20 %) bis Bewirtschaftung in Abhängigkeit Ende September der Kultur sind jährlich Entschädi- gungskosten vorzusehen. • herbstlicher Flächenumbruch (max. 25 cm tief) erst ab Mitte Sachsen-Anhalt trägt beim Er- Oktober halt der streng geschützten Art Feldhamster eine besondere Ver- Die positive Einstellung des Be- antwortung. Landwirtschaft und wirtschafters zur Hamsterproble- Naturschutz müssen dabei kompro- matik und eine mit dem Amt für missbereit sein. Leider finden sich Landwirtschaft, Flurneuordnung noch nicht genügend Landwirte und Forsten (ALFF) abgestimmte bereit, Ackerflächen für die hams- angemessene Entschädigung für terschonende Bewirtschaftung zur einschränkungsbedingte Ertrags- Verfügung zu stellen. einbußen sind Voraussetzung für

Seitenansicht nach Abschluss der Bauarbeiten. 30 Wiederansiedelung der Wassernuss wurden im Planfeststellungsver- in der Elbaue Wittenberg-Dessau fahren deshalb Ausgleichsmaß- (Nr. 6) nahmen gefordert.

Die Wassernuss (Trapa natans) Es wurden 36 frühere Standorte war bis in die Mitte des vorigen der Wassernuss im Hinblick auf Jahrhunderts in Sachsen-Anhalt in eine Eignung zur Wiederansied- Altwasserarmen größerer Flüsse lung untersucht. Gewässerche- allgemein verbreitet. Im Bereich mische und gewässerökologische der „Mittleren Elbe“ existierten Untersuchungen ergaben, dass 1990 nur noch drei Vorkommen eine Transplantation von Wasser- Archäologische Untersuchungen – nament- der als hochgradig gefährdet ein- nuss-Pflanzen, Pflanzenteilen und lich im Umfeld von jungsteinzeitlichen Pfahl- geschätzten Schwimmblattpflan- Früchten in 14 Gewässern im Tal bauten – ergaben, dass die essbaren Früchte ze. der mittleren Elbe erfolgreich sein der Wassernuss – sie schmeckt haselnussartig könnte. – einen erheblichen Anteil an der Ernährung Mit der Realisierung der B 2/ des Menschen hatten. B 187 bei Wittenberg, gemeinsam Nach erprobten biotechnischen mit der ICE-Trasse im Rahmen des Methoden, wie der Bearbeitung Verkehrsprojektes Deutsche Ein- des Gewässerbodens, dem Einbau heit (1993–1998) wurde südlich von Schutzgehegen, der Beseiti- von Wittenberg einer dieser drei gung von Treibgut oder der Wie- Bestände tangiert. Eine mögliche dererrichtung und Reparatur der Beeinträchtigung dieses Vorkom- Schutzgehege nach Hochwasser- mens konnte nicht ausgeschlossen ereignissen, konnten in den ersten werden. Von behördlicher Seite beiden Jahren der Ansiedlungsver-

(aus Blounder 2006) 31 suche an ausgewählten Uferzonen 2% der Wasserfläche – noch nicht von Altwässern in 10 Gewässern die Rede sein. Jedoch im Zeitraum lediglich Kleinstbestände mit nur von 1999 bis 2006 stabilisierten wenigen Pflanzen und in einigen und vermehrten sich die eingeset- Gewässern Kleinbestände mit zen Wassernussbestände. Selbst einer Fläche von 10–20 m2 aufge- das Hochwasserer vom August baut werden. 2002 wirkte sich auf die Standorte nicht negativ aus. In den Folgejahren bis 1998 entwi- ckelte sich der Wassernussbestand Die Ergebnisse der Reaktivierungs- Wassernuss-Pflanzen vergesellschaftet mit an- in 10 Gewässern auf eine Gesamt- maßnahmen für die Wassernuss deren Schwimmblattpflanzen fläche von rund 4.000 m2. Damit im Rahmen der Umsetzung von (Foto: aus Bolender 2006) bestand eine Durchschnittsgröße Ausgleichsmaßnahmen sind ins- von etwa 400 m2 in jedem Gewäs- gesamt erfolgreich verlaufen. Ehe- ser. Unter Beachtung der erheb- mals traditionelle, in der Fachlite- lichen Größe der ausgewählten ratur beschriebene und erloschene Altgewässer von 2 bis 10 Hektar Vorkommen der Wassernuss, konnte zu diesem Zeitpunkt von z. B. Kühnauer-See, Crassen-See, gesicherten Wassernussbestän- Wendel, Klödener-Riss, Kleindrö- den – durchschnittlich kleiner als bener-Riss, Nixkolk oder Großer

Einsetzen der Schutzgehege (aus Bolender 2006)

32 Streng konnten wieder reaktiviert ne Wasser-Pflanzenart konnte vor und stabilisiert werden. In diesen dem Aussterben bewahrt werden. Altwassern der Elbe kommt die Die anmutige Schwimmblattpflan- Wassernuss im Reinbestand und ze wurde auf natürliche Weise an vergesellschaftet mit anderen ursprünglichen Wuchsorten wie- Schwimmblatt-Pflanzen wieder der vermehrt. Die Bestände haben massenhaft vor. Sie existiert dort sich innerhalb eines 12jährigen Be- in zusammenhängenden stabilen obachtungszeitraums ständig aus- Beständen und hat sich in geeig- gebreitet und stabilisiert. Aktuelle neten Buchten und auch in unmit- Kontrollen der Straßenbauverwal- telbar benachbarten Gewässern tung ergaben, dass die Bestände Einzelpflanze in der Hand etabliert und wieder neue Stand- weiterhin stabil sind, sich jedoch orte erobert. in ihrer Lage an ungestörte Stellen (außerhalb von Badestellen) verla- Zusammenfassend kann gesagt gert haben. Sachsen-Anhalt kann werden, dass das „Reaktivierungs- heute als das Bundesland mit den projekt Wassernuss“ ein herausra- bedeutendsten Vorkommen der gend positives Beispiel einer prak- Wassernuss innerhalb Deutsch- tischen Naturschutzmaßnahme lands eingestuft werden kann.3 darstellt. Eine hochbedrohte, selte-

Großflächige Entwicklung der Wassernuss im Jahr 2006 (aus Bolender 2006)

3 alle Angaben aus: Erhardt Bolender & Artur Steinhauser, Wittenberg, 15. 08. 2006 in SACHSEN-ANHALT – LAND DER WASSERNUSS, Dokumentation über ein erfolgreiches Naturschutzprojekt, Erfolgskontrolle nach 12 Jahren (2006), unveröffentlichtes Material, Genehmigung durch E. Boldender (2012) 33 Habitus der Pflanze im Wasser, einzelne Pflan- ze (Bildmitte)

Hinweistafel mit Erläuterungen für Erholungssuchende. Information ist eine wichtige Kompo- nente für den praktischen Naturschutz, denn was man nicht kennt, kann man nicht schützen.

Links: Einzelpflanze im Herbstaspekt mit reifen Nüsschen unterhalb der Blätter. Rechts: Aufge- schnittene Frucht mit dem stärkehaltigen Kern (Fotos: aus Bolender 2006)) 34 Renaturierung des Feldsolls Die Planung zur Wiederherstellung „Friedemanns Teich“ des Feldsolls „Friedemanns Teich“ bei Wittenberg (Nr. 7) verlief von Beginn an in effektiver Zusammenarbeit zwischen der Um die Eingriffe in Natur und Land- Landesstraßenbaubehörde, Regi- schaft im Zusammenhang mit dem onalbereich Ost, der Unteren Na- Ausbau der L 126 zwischen Zahna turschutzbehörde des Landkreises und Klebitz auszugleichen, wur- Wittenberg und dem beauftragten de auf Anregung durch die Untere Planungsbüro. Naturschutzbehörde des Landkrei- ses Wittenberg die Möglichkeit Im ersten Schritt wurde eine ober- Rotbauchunke (Bombina bombina, nach FFH- der Renaturierung des Feldsolls flächennahe geologisch-boden- RL Anhang II und IV geschützt, Rote Liste „Friedemanns Teich“ geprüft und kundliche Untersuchung durchge- Deutschland: Stufe 2 – stark gefährdet) durchgeführt. Die mit EU-Mitteln führt. Im Ergebnis war die obere (Foto: Dr. Uwe Zuppke, Wittenberg) geförderte Maßnahme diente der organische Schicht unter Erhalt der Wiederherstellung eines in der darunterliegenden wasserundurch- Landschaftseinheit des Roßlau- lässigen Mergelschicht abzutragen. Wittenberger Vorflämings selte- Nach Ausschreibung der Maßnah- nen Wasserlebensraumes sowie als me wurde die ausführende Firma Maßnahme des Artenschutzes mit im Oktober 2009 beauftragt. Die dem Ziel der Wiederherstellung der Umsetzung der Maßnahme erfolgte einstigen Funktion eines Laichge- von November 2009 bis März 2010 wässers. sowie im Oktober und November 2010. Viele der am Rande der Senke Die nicht ganz- und alljährig was- vorhandenen Bäume (meist Hybrid- serführenden Feldsölle eiszeitli- pappeln) wurden in diesem Zusam- chen Ursprungs bieten einer ar- menhang entnommen, da Beschat- tenreichen Amphibienfauna die tung, Laubfall und Wasserzehrung Möglichkeit des Laichens. So konn- sich ungünstig auf die Entwicklung ten noch im Jahre 1985 insgesamt des Gewässers auswirken würden. acht Schwanz- und Froschlurchar- Um sicherzustellen, dass dem Soll, ten im „Friedmanns Teich“ nach- das durch Niederschläge und Zu- gewiesen werden (Jakobs 1985). laufwasser aus der engen Umge- Hervorzuheben ist die Rotbauch- bung gespeist wird, ausreichend unke (Bombina bombina), die hier Wasser zugeführt wird, wurden die ihr südliches Grenzvorkommen der durch Tiefpflügen entstandenen brandenburgischen Flämingpopu- randlichen Aufwallungen beseitigt. lation aufweist (Zuppke & Vollmer So konnte das sich auf den Feldern 2004, Sy & Meyer 2004). Seit 2004 ansammelnde Niederschlagswas- war das ca. 2 ha große Feldsoll aus- ser insbesondere in Zeiten der getrocknet. Mit der Zeit entwickelte Schneeschmelze entsprechend der sich eine Krautflur und eine Aufla- Neigung des Geländes dem Feldsoll ge abgestorbener Pflanzen in der zugeführt werden. vormals wassergefüllten Senke. Als Laichhabitat wurde das ehemalige Durch den hohen Schutzstatus der Gewässer bedeutungslos. Rotbauchunke bedingt, wurden im 35 Rahmen der Geländemodellierung Nachdem die Schneeschmelze im eine ökologische Bauzeitenplanung Frühjahr 2011 zunächst ohne spür- und Bauüberwachung durchge- bare Wirkung auf die Gewässerent- führt. Die organische Substrat- wicklung blieb, führten starke Nie- schicht wurde per Minibagger bis zu derschläge im April 2011 zur Bildung einer Tiefe von 1,00 m ausgehoben. großer Wasserflächen auf den Fel- Die anfallende entnommene Subst- dern. Insbesondere die modellier- ratmenge betrug ca. 6 000 t. Diese ten Mulden füllten sich mit Wasser. wurde abtransportiert und ent- Bereits im Mai 2011 waren die ers- sorgt, sandige Anteile wurden zur ten 3–5 Rotbauchunken anzutref- junge Rotbauchunke – die Oberseite färbt sich randlichen Modellierung verwen- fen. Obwohl das verlandete Feldsoll langsam grün. det. Da der angetroffene Erdstoff vor der Renaturierung sieben Jahre (Foto: Dr. Uwe Zuppke, Wittenberg) im Untergrund nur teilweise das kein Wasser führte und kein Laich- erforderliche Wasserhaltevermö- geschehen erfolgen konnte, fanden gen aufwies, wurde die Teichsohle nach der Wiederherstellung auch nach umfangreicher Höhenmodel- andere Amphibienarten das Ge- lierung im Bereich des Tiefpunktes wässer sofort wieder. Im Juli 2011 auf einer Fläche von ca. 900 m2 mit wurden neben diesjährigen, ca. 1 Bentonit-Dichtungsmatten ausge- cm großen Rotbauchunken auch legt und Schotter angedeckt, um fast ausgewachsene Kreuzkröten ein ausreichendes Wasserhaltever- (Bufo calamita), Erdkröten (Bufo mögen zu gewährleisten. Mehrere bufo) und Moorfrösche (Rana ar- seitliche Zuläufe zum Teich wurden valis) in der Uferzone festgestellt, ausmodelliert. während die Larven der Knoblauch- kröte (Pelobates fuscus) noch im Am 29.11.2010 wurde der Bau zwi- Gewässer schwammen. Auch 2012 schen dem Landesbetrieb Bau und haben erneut etliche Rotbauchun- der ausführenden Firma abgenom- ken und andere Amphibienarten men, am 12.05.2011 fand die Über- gerufen, deren Reproduktion durch gabe der Ausgleichsmaßnahme an ausreichende Wasserführung gesi- die Untere Naturschutzbehörde des chert war. Damit hat sich der Erfolg Landkreises Wittenberg statt. dieser Maßnahme manifestiert.

Literatur Jakobs, W. (1985): Die Amphibienfauna im Fläming des Kreises Wittenberg. – In: Naturschutzarbeit in den Bezirken Halle und Magdeburg. 22, Heft 1, S. 25-29. RdK WB (1987): Beschluss des Rates des Kreises über die Erklärung von herpetologischen Flächennaturdenk- malen – Beschluss Nr. II/623-11/83. – In: Geschützte Natur im Kreis Wittenberg. Rat des Kreises Wittenberg. Sy, T.; Meyer, F. (2004): Bestandssituation und Schutz der Rotbauchunke in Sachsen-Anhalt. – Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Sonderheft 3 (2004): 297 S. Zuppke, U.; Vollmer, A. (2004): Rotbauchunke – Bombina bombina (Linnaeus, 1761). – In: Meyer et al. (2004): Die Lurche und Kriechtiere Sachsen-Anhalts. – Laurenti Verlag, Bielefeld. 36 Ausgangszustand und Beginn der Bauarbeiten

Aushub- und Profilierungsarbeiten

Fertige Profilierung und Endzustand als Gewässer 37 Grünbrücken ausgehen, dass auch Tiere einen in Sachsen-Anhalt (Nr. 8) sicheren, störungsfreien Weg auf ihren Wanderungen bevorzugen – Die Bedeutung von Grünbrücken wenn sie denn einen finden. Und für den Schutz wildlebender Tier sie suchen! Das belegen die Be- ist seit einigen Jahren erkannt wor- obachtungen von Tieren, die kilo- den. Grünbrücken stellen nicht nur meterweit an Wildschutzzäunen eine Brücke für die biologische Viel- entlang von Straßen auf der Suche falt dar, sondern mindern auch das nach einer Öffnung sind und dann Risiko von Verkehrsunfällen mit vielleicht doch durch eine Lücke im 2012: Nach den feuchten Jahren 2011 und 2012 Wildtieren. Denn man darf davon Zaun auf die Fahrbahn geraten. ist die Vegetation frischer und satter als in den Vorjahren. Im Vordergrund liegen die Baum- stubben, die die Zufahrt für Kraftfahrzeuge Tab. 3) Baukosten für die Grünbrücken in Sachsen-Anahlt verhindern, für Wild und andere Tiere eher Standort der Grünbrücke Nutzbare Breite Bauzeit Kosten Schutz und Lebensraum darstellen. A 2 (6-streifig) bei Möser 40 m 1998 5,2 Mio DM B 6 (4-streifig) bei 30 m 2005/2006 1,53 Mio Euro Westerhausen/ Börnecke B 6 (4-streifig) bei Hoym 25 m 2006/2007 1,21 Mio Euro (davon 3 m Wirt- schaftsweg)

Grünbrücken sind teuer. Ihre Plat- die mit der Überführung eines zierung und Ausgestaltung muss Wirtschaftsweges kombiniert ist daher wohl überlegt werden. (B 6 bei Hoym). Die Grünbrücke bei Grundlagen für die Planung bieten Börnecke zeichnet sich wohl durch einerseits bundesweite Konzep- die größte Vielfalt an querenden te wie der Bundeswildwegeplan Arten aus: Sie wird von Großwild des NABU oder die Forschung des ebenso genutzt, wie von Zaunei- BfN über Lebensraumkorridore für dechse, Fledermäusen, Laufkäfern Mensch und Natur. Diese Informa- und Schmetterlingen. Gerade für tionen müssen mit detaillierten kleine Tierarten wie Insekten, die Daten im Umkreis eines infrage nicht durch lange Zäune zu einer kommenden Standortes verschnit- geeigneten Querungsstelle hinge- ten werden. Dabei spielen nicht nur leitet werden können, ist es wich- Tierarten und deren Lebensweise tig, dass eine Grünbrücke eine eine Rolle, sondern auch die techni- ausreichende Breite und eine ge- sche Umsetzbarkeit am jeweiligen eignete Lebensraumausstattung Standort. aufweist. Durch eine eher diffuse Fortbewegung der Individuen ei- In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit ner Art, die sich kleinräumig von zwei reine Grünbrücken (über die einer geeigneten Lebensstätte B 6 bei Börnecke und über die A 2 zur nächsten bewegt, kommen bei Möser) und eine Grünbrücke, letztlich einige dieser Individuen 38 auf der anderen Seite der Straße Hervorragend lässt sich das an der (= der Barriere) an. Andererseits Grünbrücke über die A 2 nachvoll- wird eine breitere Grünbrücke ziehen, auf der viele Pfade von der besser vom Wild angenommen, regelmäßigen Nutzung durch das da bessere Fluchtmöglichkeiten Wild zeugen. bestehen als bei einer Wanderung durch einen schmalen Korridor.

Grünbrücke über die B 6 bei Börnecke: Blick auf die unterführte Straße. Auf der Grün- brücke ist ein Blend- und Irritationsschutz an- gebracht, der auch die seitlichen Bereiche zwi- schen Wald und Straßenböschung einbezieht. Den Tieren wird dadurch eine recht ungestör- te Querung ermöglicht, was die Nutzungsin- tensität erhöht.

Die neue B 6 schneidet im Abschnitt Blankenburg - Quedlinburg (nördliches Harzvorland) eine zum großen Teil bewaldete Schichtrippe, auf der sich Trocken- und Halbtrockenlebensräume befinden. Die Grünbrücke liegt ideal, um sowohl den waldliebenden Arten als auch den Arten des Offenlandes eine Querung zu ermöglichen. Sie besitzt für viele Wildtierarten wichtige Be- deutung als ökologischer Verbund und Trittstein zwischen Harz und Harzvorland. Hier können Reh, Hase, Wildschwein, Käfer, Eichhörnchen, Zauneidechse und andere Tierarten die 4-spurige Straße überqueren, ohne überfahren oder zur Ursache für Unfälle zu werden. 39 2006: Noch ist die Grünbrücke eher erdfarben. Zu erkennen sind Ausgangsstadien für verschie- dene Lebensräume: Eine erhöhte Sandschüttung und flacher Erdboden im Vordergrund, meh- rere Lesesteinhaufen im Hintergrund. Im nächsten Schritt wurde eine heimische Heuansaat aufgespritzt und einige Exemplare Besenginster angepflanzt.

2009: Nach drei Jahren hat sich bereits eine kräuterreiche Trockenrasengesellschaft gebildet. 40 Grünbrücke über die A 2 bei Möser:

Blickrichtung C: Gut zu erkennen ist ein Wildwechsel-Pfad, der hier den sandigen Brandschutzstreifen quert und zwischen den Bäumen in den Wald hinein führt.

Die Grünbrücke über die A 2 bei Möser ist die älteste in Sachsen-Anhalt. Sie wurde beim 6-spu- rigen Ausbau der A 2 errichtet und verbindet große zusammenhängende Waldgebiete. Im Luft- bild erkennt man eine Vielzahl von Trampelpfaden (hier rot gepunktet), die tradierte Wildwech- sel vermuten lassen.

Blickrichtung A: Die Grünbrücke dient nicht nur dem Rotwildwechsel, sondern ist auch Lebens- raum für zahlreiche Arten der Trocken- und Halbtrockenrasen. Zum Fototermin für diese Aufnah- men konnten auch Zauneidechsen beobachtet werden, die sich leider nicht fotografieren ließen. 41 Die kombinierte Grünbrücke mit Wirtschafts- wegeüberführung bei Hoym bietet Wildtie- ren eine gefahrlose Querung der vierstreifi- gen B 6.

Blickrichtung B: Die Irritationsschutzwand ist für das Wild nicht überschaubar. Von der Auto- bahn aus sieht man nur die Wipfel der Birken.

Grünbrücke über die B 6 bei Hoym:

42 Entrohrung und Renaturierung des beidseitigen Gewässerschonstrei- Harsleber Baches zwischen fens mit Pflanzung von Einzelge- Benzingerode und Derenburg im hölzen bzw. Gehölzstreifen. In der Zuge des Baus der B 6n (Nr. 9) ausgeräumten Agrarlandschaft wurden so neue Biotope geschaffen Zielkonzeption und Rahmenbedin- und der Biotopverbund gestärkt. gungen Der Harsleber Bach entwässert ein Mit dieser naturschutzfachlich ca. 500 km2 großes Einzugsgebiet. hochwertigen Komplexmaßnahme Im Zuge von früheren landwirt- gelang es, die Inanspruchnahme schaftlichen Intensivierungsmaß- landwirtschaftlicher Nutzfläche für nahmen wurden von ca. 4,2 km Kompensationsmaßnahmen deut- Bachlauf etwa 3,2 km mit Beton- lich zu reduzieren. Die Pflanzungen rohren (DN 800) verrohrt, um eine dienen auch der Verminderung der effektivere Bewirtschaftung der Windgeschwindigkeiten und somit sehr guten Lößböden mithilfe gro- dem Schutz des hochproduktiven ßer Maschinen zu erreichen. Ackerbodens vor Winderosion.

Ziel der Ersatzmaßnahme war es, Der zunehmend desolate Zustand das historische Bachbett in seinem der Verrohrung mit zum Teil ober- natürlichen Verlauf an der tiefsten irdischen Gewässeraustritten und Stelle des Geländes wiederherzu- Leitungsbrüchen gefährdete u. a. stellen. Der Maßnahmenkomplex auch den freien Abfluss der ange- umfasst weiterhin die Anlage eines schlossenen Drainagen, was die

Die Maßnahmefläche im Überblick 43 Bewirtschaftung der angrenzen- fen hergestellt. Die Maßnahmen- Pappel den Ackerflächen erschwert hätte. fläche umfasst ca. 6,8 ha. So war auch aus wassertechnischer Sicht ein stabiles naturnahes Ge- Die Lage der Bachsohle entspricht rinne mit möglichst geringem Un- zur Sicherstellung der Drainage- terhaltungsaufwand Ziel der Maß- funktion der Tiefe der ehemaligen nahme. Weil der Bach offen gelegt Verrohrung. Die Vertiefung des Ge- wurde, konnte des Weiteren eine wässers in das Gelände liegt somit Verbesserung des Ableitungsver- im Mittel bei 1,5 Metern, teilweise mögens bei starken Niederschlä- sogar bei mehr als 2 Metern unter Vorher: der Harsleber Bach im verrohrten gen und Schneeschmelze erreicht Geländeoberkante. Zustand werden. Bei der Anlage des Gewässers wur- Maßnahmenbeschreibung den ca. 30 Meter Höhenunterschied Der Harsleber Bach wurde auf einer (8 ‰ mittleres Gefälle) durch den Strecke von 3,2 km entrohrt und in Einbau von zwei Sohlgleiten über- einem ca. 20 m breiten Streifen als wunden. Zur naturnahen Aus- offenes Fließgewässer mit gehölz- gestaltung sind wechselnde Bö- bestandenem Gewässerschonstrei- schungsneigungen, die Anlage von

Bereicherung der Agrarlandschaft. Aus dem Luftbild gut zu erkennen sind links der neu an- gelegte Wirtschaftsweg, die Gehölzpflanzung (noch mit Schutzzäunen gegen Wildverbiss ge- sichert), das Gewässer und der Gewässerunterhaltungsstreifen rechts des offengelegten Gra- benverlaufes. Die Maßnahme dient als Lebensraum und Ausbreitungsachse für Pflanzen und Tiere. Die Gehölzgruppe im Hintergrund des Bildes konnte gut integriert werden und fungiert als Trittstein-Biotop. 44 Kolken und der Einbau von Stör- Resümee steinen vorgesehen worden. Um Heute besteht ein durchgängiges nachzuweisen, dass während der Fließgewässer von der Quelle am Pappel Maßnahmeumsetzung und nach nördlichen Hang des Augstberges Fertigstellung der Gewässeroffen- bis zur Mündung in den Hellbach, legung keine hydrologischen Nach- der über die Holtemme und die teile für angrenzende Ackerflächen letztlich mit der Saale in Ver- entstehen, fand eine begleitende bindung steht. Grundwasserbeobachtung statt. Als Folgemaßnahmen der Bach- Aus naturschutzfachlicher Sicht ist renaturierung war ein Brücken- die Maßnahme als hochwirksam Zustand nach Durchführung der Maßnahme bauwerk zu errichten. Weiterhin im Sinne der oben beschriebenen war das Wirtschaftswegenetz der Ziele einzustufen. Ein Monitoring neuen Situation anzupassen. Im war nicht vorgesehen, da hier we- Zuge dessen wurde ein neuer Weg der Natura 2000 noch der beson- parallel zum Gewässerlauf, außer- dere Artenschutz Ausschlag zur halb des Gewässerrandstreifens, Maßnahmenplanung waren. Den- angelegt. Außerdem waren zwei noch wird die Fläche regelmäßig in Gasleitungen und eine Trinkwas- Augenschein genommen. serleitung zu queren.

45 Wiedervernetzung gistrierte 72 Verkehrsopfer im Zeit- für die Wildkatze (Nr. 10) raum 1994–2009. Es wird davon ausgegangen, dass die Dunkelziffer Veranlassung deutlich höher ist, weil ein Teil der Die Wildkatze (Felis silvestris) ist in verunglückten Tiere nicht gefun- ganz Europa (außer Skandinavien) den oder gemeldet worden ist bzw. eine stark gefährdete Art. Die Grün- Aasfressern als Nahrung diente. de dafür sind vielfältig: Die Katze Da der Harz ein Schwerpunktvor- wurde in der Vergangenheit inten- kommen der Wildkatze darstellt, siv bejagt, heute der Verlust des obliegt dem Land Sachsen-Anhalt Lebensraums der Wildkatze sowie eine besondere Verantwortung für der Tod der Tiere auf Straßen, bei den Schutz dieser Art. der Jagd mit Hunden sowie durch Fallenjagd in Niederwildrevieren, Auf Grundlage der Ergebnisse o. g. Störung durch forstwirtschaftliche Studie wurde geplant, eine Que- Aktivitäten sowie sonstige Nutzung rungshilfe für Wildkatzen an der des Waldes durch den Menschen. B 242 zwischen Harzgerode und Kö- nigerode im Südharz zu errichten. Die Gefährdung durch den Stra- Die Planungen zum Bau von Recht- ßenverkehr stellt dabei die stärks- eckdurchlässen an geeigneten te Beeinträchtigung von Wildkat- Stellen der B 242 begannen im No- zenpopulationen dar (Birlenbach vember 2008, im Jahr 2010 konnte & Klar 2009). Eine Studie zur Ver- gebaut werden, und seit 2011 steht kehrsmortalität von Wildkatzen im den Wildkatzen die Querungshilfe Ostharz (Götz & Jerosch 2010) re- zur Verfügung.

Lage und Anordnung der Wildkatzendurchlässe 46 Maßnahmenbeschreibung delt es sich um Beton-Kastenprofile Die Bundesstraße durchquert ein mit einer Breite von 1,95 m und ei- Waldgebiet, in dem sowohl ältere ner Höhe von ca. 1,50 m, die in den Fichtenbestände mit einzelnen Ei- Straßenkörper eingelassen worden chen als auch Laubbaumkomplexe sind. Die Eingangsbereiche sind unterschiedlichen Alters vorkom- mithilfe von Gabionen (steingefüll- men. Die Laubbaumbestände sind te „Netze“ aus Stahlseilen in Qua- zudem reich an Totholz, das gute derform) trichterförmig gestaltet. Versteckmöglichkeiten für die Jun- Als Bodenmaterial in den Durchläs- gen bietet. Nahegelegene Grün- sen dient Substrat aus der unmittel- landbereiche und Ackerschläge baren Umgebung. Auf einem Stre- dienen der Wildkatze als Futter- ckenabschnitt von ca. 480 m wurde kammer; dort fängt sie Mäuse, Rep- ein spezieller, von Wildkatzen nicht tilien und auch kleine Vögel. überwindbarer Zaun beidseitig der Das Gebiet liegt genau auf einer der Straße errichtet, der querende Tiere im Wildkatzenwegeplan (BUND) zu den beiden Durchlässe hinleitet. ausgewiesenen Vernetzungsachsen Eine Stahl-Holz-Konstruktion ober- zur Wiederausbreitung der Art. halb der Durchlässe dient als Schall- und Blendschutz. In den Jahren 2010 und 2011 wurden zwei Querungshilfen an den Haup- Ergebnis des Monitorings tunfallpunkten der Bundesstraße in Beobachtungen im Zeitraum De- Form von Durchlässen im Abstand zember 2011 bis April 2012 mit Fo- von 260 m errichtet. Dabei han- tofallen4 bringen Erstaunliches

4 Büro Brumbachwild, Malte Götz (2012): Erfolgskontrolle der Wildkatzen-Durchlässe an der B242 zwischen Kö- nigerode und Harzgerode im Auftrag der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt - Regionalbereich West. 47 Ausschnitte aus den Bauplänen: Die Errichtung eines „einfachen Kastendurchlasses“ muss ganz genau vermessen, geplant und ausgeführt werden.

Baustelle Wildkatzendurchlass 2011, zukünftige „Katzen-Perspektive“.

ans Licht: Nicht nur die „Zielart“ erfasst. Dabei stieg die Häufigkeit Wildkatze nimmt die neuen Que- der Nutzung mit der Zeit deutlich rungshilfen an, sondern auch viele an, so dass ein Gewöhnungseffekt andere kleine und mittelgroße Säu- vermutet werden kann. Aufgrund getierarten nutzen den Durchlass. unterschiedlicher Fellmuster (z.B. Insgesamt wurden 39 Wildkatzen- Ringelung des Schwanzes) konnten Querungen der beiden Bauwerke eine Katze und drei Kater eindeu- 48 Rotfuchs (Vuples vulpes)

Baustelle Wildkatzendurchlass 2011, mit ampelgeregelter Umfahrung. Im September 2011 wa- ren die Bauarbeiten abgeschlossen.

Ein Wildkatzendurchlass nach der Fertigstellung. Der Blendschutz oberhalb des Durchlasses hat eine Länge von 15 m und ist ebenso wie der Schutz- und Leitzaun mit einem Überkletterungs- schutz ausgestattet.

tig identifiziert und wiedererkannt beide Durchlässe. Seit Beginn der werden. Möglicherweise befindet Baumaßnahme wurde keine Wild- sich noch ein weiteres weibliches katze überfahren. Tier im Gebiet, dies kann jedoch vorerst nur vermutet werden. Ein Als besondere Überraschung ge- Teil der Tiere bevorzugt einen der lang der Nachweis eines Luchses Durchlässe, andere Tiere benutzen am Durchlass. Er querte einma- 49 Steinmarder (Martes foina), eine in Europa weit verbreitete Art.

(Felis silvestris, nach FFH-RL Anhang IV geschützt, Rote Liste Deutschland: Gefährdungsstufe 2) Wildkatzenindividuen können durch Details im Fellmuster unterschieden werden.

die Forschung über die Anlage von Tierquerungshilfen.

Neben diesen besonders schüt- zenswerten Arten nutzen eine Rei- he von nicht gefährdeten Arten die Querungshilfe.

Luchs (Lynx lynx, nach FFH-RL Anhang II und IV geschützt)

lig am 08.04.2012 am östlichen Durchlass von Süd nach Nord. Die Querungshilfe in dieser Bauart scheint also von dieser hochgra- dig bedrohten Tierart angenom- men zu werden. Auch wenn eine Baummarder (Martes martes), in weiten Tei- einmalige Beobachtung nicht ver- len Europas und in Westasien beheimatet. Er allgemeinert werden kann, so ist benötigt gut strukturierte Laub- und Misch- es doch ein wichtiger Hinweis für wälder als Lebensraum.

50 Wildwarnanlagen im südlichen 545 Tieren (Platz 13; ohne Berlin, Sachsen-Anhalt (Nr. 11) Bremen und Hamburg).6

• Alle zweieinhalb Minuten kol- • „Immer öfter werden Elche in lidiert ein Auto auf deutschen Deutschland gesichtet. Wölfe Straßen mit einem Reh, ei- und Bären sind die natürlichen nem Hirsch oder einem Wild- Feinde der großen Hirschart schwein.5 - noch gefährlicher ist der moderne Straßenverkehr. Auf • 2010 verloren bundesweit einer Autobahn bei Berlin ist 238 823 Wildtiere ihr Leben ein unvorsichtiger Elch über- auf der Straße. Das belegt die fahren worden. Rüdersdorf/ Verkehrsschild Wildwechsel Unfallstatistik des Deutschen Potsdam (dpa) […] Das impo- Jagdschutzverbandes (DJV). Da- sante Wildtier – Elche werden von starben in Sachsen-Anhalt bis zu drei Meter lang und 800 10 190 Tiere; damit liegt das Kilogramm schwer – wurde auf Bundesland auf Platz 10 zwi- der A10 zwischen Rüdersdorf schen Bayern mit 46 260 Tieren und Erkner von einem Auto (Platz 1) und dem Saarland mit 1 angefahren. […]“7

Auch unweit Sachsen-Anhalts wurden schon Elche gesichtet: eine Elchkuh in der Dahlener Hei- de; eine Zufallsbeobachtung im Jahr 2010. (Foto: R. Seemann, 2010)

5 http://www.soll-galabau.de/aktuelle-news/ansicht-aktuelles/datum/2008/04/16/elektronische-wild- warnanlagen-sollen-die-zahl-der-jaehrlichen-wildunfaelle-erheblich-reduzieren.html, Abruf: August 2012 6 http://www.autobild.de/artikel/wildunfall-statistik-2010-1930447.html, Abruf: August 2012 7 Volksstimme vom 03. September 2012; auch unter http://www.volksstimme.de/nachrichten/vermisch- tes/noch_mehr_panorama/925252_Da-stand-ein-Elch-auf-der-Autobahn....html, Abruf: August 2012 51 Diese Berichte zeigen die Notwen- Kosten verursachen. Eine innovati- digkeit, große Wildtiere vor Kollisi- ve Lösung bieten infrarotgesteuerte onen zu schützen. Die einzige Mög- Wildwarnanlagen. lichkeit für einen relativ sicheren Schutz von Kraftfahrer und Wild Das Prinzip ist das eines Bewegungs- sind teilweise kilometerlange Zäu- melders. Detektoren werden im Ab- ne beidseits der Straße. Die Zäune stand von 1,50 m vom Straßenrand haben den Nachteil, dass sie eine entfernt aufgestellt. Werden Bewe- unüberwindbare Barriere für Wild- gungen oder Wärmeabstrahlung wanderwege darstellen. Bei aktu- von Tieren registriert, leuchten die ellen Straßenbauvorhaben werden Tafeln mit dem Zeichen „Wildwech- daher Wildquerungen in Form von sel“ sowie der zulässigen Höchstge- Durchlässen, Unterführungen oder schwindigkeit von 50 oder 70 km/h Grünbrücken vorgesehen. Im Stra- auf. Die Anlagen geben reduzierte ßenbestand ist ein nachträglicher Tempolimits nur dann vor, wenn sich Einbau solcher Querungshilfen oft tatsächlich Wildtiere in Straßennähe nicht möglich oder würde enorme befinden.

Infrarot-Sensor an einem Zwangswechsel

Aufbau einer Wildwarnanlage am Bespiel der Wildwarnanlage an der L 172 im Ziegelrodaer Forst

Das Ergebnis ist eine Situation zum 2. Geschwindigkeit. Die zugelasse- gegenseitigen Nutzen: ne Höchstgeschwindigkeit kann 1. Verkehrssicherheit. Erheblich im Normalfall gehalten werden. weniger Zusammenstöße mit Der „Abstumpfungseffekt“, also Wild als Ursache für tödliche eine Missachtung altbekannter Unfälle sowie Unfälle mit Ver- Verkehrsschilder, entfällt. letzungen. Auch die Höhe der Sachschäden hat deutlich ab- 3. Naturschutz. Letzlich erleiden genommen. deutlich weniger – und im Ide- 52 alfall keine – Wildtiere den oft rodaer Forst im September 2003 in qualvollen Tod auf der Straße. Betrieb genommen. Seitdem ist die Anzahl an Verkehrsunfällen dras- Eine der ersten Wildwarnanlagen tisch gesunken, wie eine Statistik der in Sachsen-Anhalt wurde im Ziegel- Polizei belegt.

Wildwarnanlage im Ziegelrodaer Forst

Eine weitere Wildwarnanlage wur- fliktschwerpunkt prognostiziert de an der B 176 Ortsumfahrung und keine Schutzmaßnahmen oder Freyburg, der so genannten Ost- Querungshilfe geplant worden. spange, gebaut. Bei der Planung Da das Burgholz nun aufgrund er- der Ortsumfahrung Freyburg wur- heblicher Störung und Isolierung de bekannt, dass der ca. 28 ha gro- als Lebensraum für Großsäuger ße Bereich des Burgholzes hohe nicht mehr zur Verfügung stand, Wildbestände aufweist. Dieser war östlich der Trasse in der Alten Bereich befindet sich zwischen der Göhle ein Ersatzlebensraum durch Neuenburg und der neu gebauten die Anlage von Wald in einem Um- Ostspange. Der Wildbestand und fang von 36 ha zu realisieren. dessen natürliche Wanderungen wurden durch den Trassenneubau Nach ca. 10 Jahren der Verkehrfrei- praktisch getrennt. Westlich der gabe war festzustellen, dass das neuen Ortsumgehung sind neben Burgholz weiterhin von Großsäu- dem Burgholz kaum weitere Ein- gern genutzt wird und deshalb standsgebiete vorhanden. Dieser auch Wanderbewegungen im Bereich ist vorwiegend geprägt näheren Umfeld stattfinden. Die durch Weinberge und Siedlungs- nachhaltige Nutzung traditionel- flächen. Eine großräumige Ver- ler Wechsel durch Wildsäuger wie bindungsfunktion in westlicher auch die weitergehende Nutzung Richtung ist nicht vorhanden. Für der Einstandsgebiete durch Reh-, Großsäuger nutzbare Lebensräume Schwarz- und Damwild wurde in befinden sich östlich, nördlich und der Planungsphase unterschätzt. südlich der Ortsumgehung. Des- Insbesondere der Damhirsch nutzt halb waren ursprünglich kein Kon- das Burgholz während der Brunft- 53 zeit und ist deshalb regelmäßig an flikts für die Tierwelt wurde im Jahr Wildunfällen beteiligt. 2011 eine Wildwarnanlage mit zwei Zur Erhöhung der Verkehrssicher- Zwangswechseln gebaut und in Be- heit und zur Entschärfung des Kon- trieb genommen.

Wildwarnanlage Freyburg

Wildwarnanlage an der Ortsumgehung Freyburg.

B 176 OU Freyburg: Auszug aus dem Bauplan (Maßnahme Nr. 15): Nördlicher Zwangswechsel mit Wildschutzzaun, Zwangswechselbereich und den Standorten der Signaltafeln. 54 Feuchtbiotop bei Maschwitz (Nr. 12)

Beim Umbau der Anschlussstel- Amphibien benötigen Gewässer le A 14 Halle-Peißen bestand der mit unterschiedlichen Tiefen. Fla- Konflikt, dass sich viele streng ge- che, sonnige Bereiche, in denen schützte Amphibienarten in den das Wasser sich schnell erwärmt, „Ohren“ der Auf- bzw. Abfahrten sind für die Eiablage wichtig. Tie- in den dortigen Regenrückhalte- fere Bereiche dienen als Rückzugs- becken angesiedelt hatten. Für möglichkeit bei Trockenheit und diese Arten war ein Ersatzlebens- Gefahr. raum zu schaffen. Ein junger Laubfrosch (Hyla arborea)

Lage, ein bildlicher Eindruck der Maßnahmefläche und Luftbild 55 Kleiner Wasserfrosch (Rana esculenta)

Eine Erdkröte (Bufo bufo) im Laichgewässer. Rechts: Laubfrosch (Hyla arborea).

Der Moorfrosch (Rana arvalis) färbt sich während der Paarungszeit leuchtend blau. Die Laich- ballen werden ins flache Wasser gelegt. Normalerweise ist der Moorfrosch gelb-braun mit dun- kelbrauner Zeichnung.

Neben weiteren Amphibien wie der Wechselkröte (Bufo viridis) und dem Kleinen Wasserfrosch (Rana esculenta) ist auch die Ringelnatter (Natrix natrix) im Feuchtbiotop zu Hause. 56 5. Die A 14 (Lückenschluss Magdeburg – Wittenberge – Schwerin)

Das derzeit größte Projekt in Sach- tenberge. Die Autobahn quert den sen-Anhalt ist die Planung und größten autobahnfreien Raum der Bau der A 14 von Magdeburg Deutschlands. Eine Vielzahl von über Stendal bis zur Elbe bei Wit- Schutzgebieten (Naturschutzge-

Das Vorhaben „Lückenschluss A 14“ quert den größten autobahnfreien Raum Deutschlands – das heißt aber auch: Fragmentierung des größten, unzerschnittenen Natur- und Le- bensraums in Deutschland.

Schutzgebietskulisse im Planungskorridor der A 14. Eine der größten Herausforderungen an die Planer stellte das Nadelöhr zwischen den Natura-2000-Gebieten „Colbitz-Letzlinger Heide“ und den kleine- ren, östlich davon gelegenen Gebieten „Mahlpfuhler Fenn“ und dem „Kleingewässer westlich Werlber- ge“. Ein weiterer „Knackpunkt“ ist die Elbquerung bei Wittenberge, die in enger Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg unter Beachtung der brandenburgischen Schutzgebietskulisse geplant wor- den ist. Hinzu kommen diverse Wasserläufe der Niederungsgebiete von Ohre, Tanger, Milde, Biese und Secantgaben (großteils durch Natura 2000 geschützt), die von der geplanten A 14 zu queren sind. 57 biete, Landschaftsschutzgebiete, besondere, ohne Zeitverzug zur FFH- und Vogelschutzgebiete) Verfügung stehende neue Lebens- spiegeln den hohen Wert der Land- räume für ein Ausweichen der schaft im Norden Sachsen-Anhalts Tiere zu schaffen waren. Zeitungs- für den Naturhaushalt wider. Da- artikel berichten gar von der „Öko- her bekam das Projekt einen so- Piste“. 8 genannten „Ökostern“, das heißt, dass ein besonderer naturschutz- Ein zentraler Punkt der natur- fachlicher Planungsauftrag abzu- schutzfachlichen Planung war arbeiten ist. das Konzept zur ökologischen Durchlässigkeit. Die Autobahn Zur Erfüllung des „Ökosterns“ soll dem Schutzgut „unzerschnit- wurden bereits in der Vorpla- tene verkehrsarme Räume“ nungsphase viele Untersuchun- Rechnung tragen, indem auch gen zur Tierwelt durchgeführt und zukünftig Wanderungen und Gutachten erarbeitet. Es wurden Austauschbeziehungen für Flora überregionale Wildwanderkorri- und Fauna über die Trasse hinweg dore ermittelt und Natura-2000- aufrecht erhalten werden und das Gebiete, die noch gar nicht als sol- Risiko von Kollisionen mit Tieren che ausgewiesen waren, erkannt so gering wie irgend möglich ge- und gemeldet. Ziel war es, einen halten werden kann: 67 Bauwerke, möglichst konfliktarmen Korridor von der Talbrücke bis zum Kas- zu finden und „Tabu-Flächen“ für tendurchlass, dienen der Vermei- den Autobahnbau auszuweisen. dung von artenschutzrechtlichen Später, im Zuge der Entwurfspla- Verbotstatbeständen bzw. zur nung, wurde die nationalrechtli- Vermeidung von erheblichen Be- che Sicherung des Vogelschutz- troffenheiten der NATURA-2000- gebietes „Aland-Elbe-Niederung“ Gebiete. Einige davon stehen aus- von der Straßenbauverwaltung schließlich der Nutzung durch die vorangetrieben, denn nur, wenn Tiere zur Verfügung, andere sind Schutzziele festgesetzt werden, technisch notwendige Bauwerke können diese durch das Straßen- (z. B. Wirtschaftswegequerungen), bauvorhaben berücksichtigt wer- die so geplant wurden, dass sie den. auch ökologischen Anforderungen Der europarechtliche Artenschutz Rechnung tragen können. erlangte nach dem Urteil des Bun- desverwaltungsgerichts zur A 143 im Jahr 2006 eine neue, sehr viel schwerer wiegende Bedeutung als je zuvor. Nun waren die Belange von Fledermaus, Wachtelkönig & Co. so wichtig geworden, dass für sie spezielle Querungshilfen und

8 Mitteldeutsche Zeitung am 12.01.2009, mz.online: http://www.mz‑web.de/servlet/ContentServer? pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1229852962984 58 Tab. 4) Faunistisch relevante Bauwerke der A 14-Nordverlängerung 67 Querungsbauwerke besondere Merkmale Zielarten 4 reine Grünbrücken 50 Meter Breite, Wild- Fledermäuse, schutzzaun, Irritations- Amphibien, schutzwand auf der Brücke, Wild Initialpflanzungen 4 Talbrücken über Gewäs- Aufständerung der Trasse, Fischotter, ser bzw. Niederungsbe- geringer Eingriff ins Öko- Fledermäuse, reiche system, Platz für konflikt- Amphibien, freie Nutzung durch ver- Wild schiedene Artengruppen 1 Talbrücke über eine Sen- Aufständerung der Trasse, Fledermäuse, ke (Erhalt Wildkorridor) geringer Eingriff ins Öko- Wild system, Platz für konflikt- freie Nutzung durch ver- schiedene Artengruppen 8 Fledermausquerungshil- Bauwerksbreiten ab 13,0 Fledermäuse, fen Meter mit Herstellung von Wild Leitstrukturen sowie Irrita- tionsschutzwänden 14 Wirtschaftswegeunter- Aufweitung des Bauwerks, Fledermäuse, führungen oder -über- Herstellung von Leitstruk- Wild führungen mit wildtie- turen rökologischer Funktion 28 Gewässerunterführun- Aufweitung der lichten Hö- Fischotter, gen nach ökologischen hen und Weiten, Anlage Amphibien Kriterien (Fischotterge- von Trockenbermen, Leit- rechte Bauweise) und Schutzeinrichtungen 2 Bahnstreckenunterfüh- Aufweitung des Bauwerks, Fledermäuse, rungen mit wildtieröko- Leitstrukturen Wild logischer Funktion 3 kombinierte Unterfüh- Aufweitung des Bauwerks, Fischotter, rung von Gewässer, Wirt- Trockenbermen am Gewäs- Amphibien, schaftsweg mit wildtie- serrand, zusätzlicher Strei- Fledermäuse, rökologischer Funktion fen mit natürlichem Boden- Wild material, Leitstrukturen 2 Straßenunter- bzw. -über- Aufweitung des Bauwerks, Fledermäuse, führungen mit wildtie- Herstellung von Leitstruk- Wild rökologischer Funktion turen 1 Kastendurchlass Leit- u. Schutzeinrichtungen Klein- und Mittelsäu- ger, sonstige Kleintiere

59 Kontrolle der Artenschutzmaßnahme im Gelände – niemals ohne Plan.

Die Maßnahmefläche ist mit einem Verbissschutzzaun gegen Wildschäden an den neuen Pflan- zungen gesichert. 60 Neben dem Blick auf die ökolo- roparechtlichen Artenschutzes gische Durchlässigkeit sind eine sind zum Teil bereits erfolgreich Vielzahl an Ausgleichmaßnahmen umgesetzt. geplant. Die Maßnahmen des eu-

Der tiefste Teil des zukünftigen Gewässers hat sich bereits mit Wasser gefüllt. Die ersten Bewohner sind auch schon eingezogen. Der Experte konnte Kaulquappen der Knoblauchkröte und des Moorfro- sches erkennen. 61 6. Fazit: Straßenbau ist ohne Umwelt- und Naturschutz nicht denkbar!

Von der Planung über den Bau Rechnung getragen wird. Damit hat bis zur Unterhaltung von Straßen sich eine Fülle von neuen Aufgaben sind Landschaftsplaner und Land- und Herausforderungen ergeben. schaftspfleger in die Aufgabenent- Die Auswahl an Maßnahmen in wicklung integriert und nicht mehr dieser Broschüre, die das Aufga- wegzudenken. benfeld „Naturschutz und Land- schaftspflege im Straßenbau“ an- Heute ist der Bau einer Straße reißt, verdeutlicht, wie kompetent nur genehmigungsfähig und da- und verantwortungsvoll dieses mit realisierbar, wenn den in den Aufgabengebiet in der Straßenbau- vergangenen Jahren gestiegenen verwaltung des Landes behandelt gesetzlichen Anforderungen des wird. Umwelt- und Naturschutzrechtes

62 Abkürzungen und Erläuterungen

BfN Bundesamt für Naturschutz BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz, Fassung vom 29.07.2009 NatSchG LSA Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, Fas- sung vom 10.12.2010 FFH-Richtlinie Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie hat zum Ziel, wild- lebende Arten, deren Lebensräume und die europa- weite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern und zu schützen. Die Vernetzung dient der Bewahrung, (Wieder-) Herstellung und Entwicklung ökologischer Wechselbeziehungen sowie der Förderung natürlicher Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse. Sie dient damit der von den EU-Mitgliedstaaten 1992 eingegangenen Verpflichtungen zum Schutz der biolo- gischen Vielfalt (Biologische Vielfaltskonvention, CBD, Rio 1992). Welche Gebiete für dieses Schutzgebietsnetz ausge- wählt werden - genauer, welche Arten und Lebens- raumtypen geschützt werden sollen - ist auf verschie- denen Anhängen der FFH-Richtlinie aufgeführt.9 Kompensations- Landschaftspflegerische Ausgleichs- und Ersatzmaß- maßnahmen nahmen, die gemäß BNatSchG und NatSchG LSA bei Beeinträchtigung des Naturhaushaltes durchzuführen sind. LBP Landschaftspflegerischer Begleitplan Im LBP wird dargestellt, welche negativen Auswir- kungen bei einem Eingriff in Natur und Landschaft zu erwarten sind. Weiterhin erfolgt eine Bewertung der Auswirkungen und die Herleitung und Darstellung von Schutz-, Vermeidungs- und Kompensationsmaß- nahmen. NatSchG LSA Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, Fas- sung vom 10.12.2010

9 www.fauna-flora-habitatrichtlinie.de (Abruf: August 2012) 63 Natura 2000 In der Europäischen Union wurde 1992 beschlossen, ein Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ aufzubauen, welches dem Erhalt wildlebender Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume dient. Das Netz Natura 2000 besteht aus den Gebieten der Fauna-Flora-Habi- tat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie. Die FFH- Gebiete werden auch als Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) bzw. Special Areas of Conservation (SAC) bezeichnet. Die Vogelschutzgebiete werden als besondere Schutzgebiete bzw. Special Protected Areas (SPA) bezeichnet. Sie werden nach EU-weit einheitli- chen Standards ausgewählt und unter Schutz gestellt. Verschiedene Anhänge dieser Richtlinien führen Arten und Lebensraumtypen auf, die besonders schützens- wert sind und deren Erhalt durch das Schutzgebiets- system gesichert werden soll.9 Vogelschutzricht- Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 linie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten Die Vogelschutzrichtlinie regelt den Schutz der wild- lebenden Vogelarten und ihrer Lebensräume in der Europäischen Union und den Einrichtungen Europä- ischer Vogelschutzgebiete. Mit dieser Richtlinie ha- ben sich die Mitgliedstaaten der EU (damals EWG) zur Einschränkung und Kontrolle der Jagd ebenso wie zur Verwaltung von Vogelschutzgebieten als eine wesent- liche Maßnahme zur Erhaltung, Wiederherstellung bzw. Neuschaffung der Lebensräume wildlebender Vo- gelarten verpflichtet.10

9 www.fauna-flora-habitatrichtlinie.de (Abruf: August 2012) 10 http://de.wikipedia.org/wiki/Vogelschutzrichtlinie (Abruf: August 2012) 64 Impressum:

Herausgeber: Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt Turmschanzenstr. 30 39114 Magdeburg E-Mail: [email protected] (E-Mail-Adresse nur für formlose Mitteilungen ohne elektronische Signatur) Internet: www.mlv.sachsen-anhalt.de

November 2012

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