Netzwerken in Berlin Die „Gruppe Junger Architekten“ 1926--1933
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2. GJA-imp_ok 21.04.2004 13:48 Uhr Seite 12 2. GJA-imp_ok 21.04.2004 13:49 Uhr Seite 13 Thomas Katzke Netzwerken in Berlin Die „Gruppe Junger Architekten“ 1926--1933 Die Architekturavantgarde der Zwischenkriegs- Sommer, Karl-Heinz Schwennicke, Rambald denen Poelzig-Schülern gehörten Max Cetto, „Sonne, Luft und Haus für alle“ for- zeit zeigte – trotz ausgeprägter Individualität von Steinbüchel-Rheinwall, Ludolf von Velt- Zdenko von Strizic und der ehemalige Meis- derte die Ausstellung des Wettbe- werbs „Das Wachsende Haus“, die ihrer Protagonisten – eine auffällige Neigung heim, Hermann Zweigenthal sowie vermutlich terschüler Poelzigs, Konrad Wachsmann. Letz- vom 14. Mai bis 7. August 1932 auf zur Gruppenbildung, vielfach angetrieben von auch Kurt Liebknecht – gründeten 1926 in dem terer nahm bei seinen Besuchen im „Romani- dem Berliner Messegelände statt- der Idealvorstellung, persönliche Stärken zu ei- von Literaten und Künstlern gern frequen- schen Cafe“ auch gelegentlich an den Treffen fand. Hermann Zweigenthals Beitrag (s. Seite 18) befindet sich im Bild- ner „bewegenden“ Kraft zu vernetzen. Begrif- tierten „Romanischen Café“ an der Kaiser-Wil- der G.I.A. teil. Friedrich Tamms, der von Poel- mittelgrund rechts (Foto: Ansichts- fe wie „Arbeitsrat für Kunst“, „Gläserne Kette“, helm-Gedächtniskirche einen Diskussions- zigs zu Tessenows Seminar gewechselt hatte karte 1932, Dresdner Farbenfotogra- „Novembergruppe“ und „Der Ring“ fallen hier- und Förderzirkel und nannten diesen „Gruppe und später mit Albert Speer an der Neugestal- fie Werkstätte Walther, Dresden). Linke Seite: das Poelzig-Seminar an zu nicht nur dem Kenner ein – wer aber hat Junger Architekten“, G.I.A. abgekürzt. In spä- tung Berlins mitwirken sollte, war ebenfalls der TU Berlin; Hermann Zweigenthal schon je von der „Gruppe Junger Architekten“ teren Jahren kamen Fritz Lazarus, Klaus Mül- häufiger Gast der Treffen, aber nicht Mitglied hinten der Zweite von links gehört? ler-Rehm, Julius Posener und Jürgen Schweit- der G.I.A. Neben Tamms pflegten auch andere Foto: Nachlass Hermann Zweigenthal; Ende des Jahres 1923 war Hans Poelzig dem zer hinzu, Namen, die nicht ohne Einfluss auf Tessenow-Schüler den Kontakt zur Gruppe, so Antony Herrey, Cambridge/Massachu- Ruf der TH Berlin-Charlottenburg gefolgt, der die architektonische Entwicklung – nicht nur Konrad Steiler, Günther Wentzel, Rudolf Wol- setts es damit gelungen war, einen „modernen“ Ar- in Deutschland – bleiben sollten. ters und Hans Stephan, der spätere Referent chitekten für ihren reformbedürftigen Lehr- Die Gruppe unterstrich ihren ernsthaften An- Albert Speers. Einige Mitglieder der Grup- stuhl zu gewinnen. Poelzig hatte dreißig Jahre spruch durch eine Satzung, die wöchentlichen pe wollten auch Speer zu den Treffen einladen, zuvor selbst die Berliner Hochschule absolviert Treffen wurden von einem Schriftführer proto- wogegen Egon Eiermann aber intervenierte: und war führendes Mitglied in einigen der er- kolliert, einige der Mitglieder führten stolz das „Das können wir nicht machen, der Mann ist Logo G.I.A. in ihrem Briefkopf. Dem Vorstand ein Nazi.“ saß mit der Gründung Hermann Zweigenthal Julius Posener trat der Gruppe Ende der zwan- vor, der trotz interner Machtkämpfe auch in ziger Jahre bei. Folgt man einer Publikation die Öffentlichkeit. Der Berliner Baustadtrat Die Entwürfe der Arbeitsgemeinschaft wur- listischen „Machtergreifung“ war ihr Ende ge- der Folgezeit immer wieder zum Vorsitzenden Poseners in der Vossischen Zeitung, wollten forderte Architekten, Ingenieure und Bauun- den 1932, ergänzt um die fünf preisgekrönten kommen. Zwar konnten in späteren Jahren ei- gewählt wurde. Im Jahre 1929 – mittlerweile „die jungen Architekten, die heute 25 und 30 ternehmer auf, die Entwicklung und Verwen- Entwürfe des Wettbewerbs, auf dem Messe- nige auf eine erfolgreiche Karriere – zwischen seit zwei Jahren diplomiert und eigenständig Jahre alt sind, nicht mehr dasselbe wie das dung vorfabrizierter Bauteile zu forcieren, und freigelände am Fuße des Berliner Funkturms 1933 bis 1945 und auch danach – zurückbli- erfolgreich – lehnte er eine erneute Wieder- Bauhaus“. Posener unterstellte dieser Genera- um nicht ungehört zu bleiben, initiierte er errichtet – als Musterbauten im Rahmen der cken, ihre politisch oppositionelle Auffassung wahl ab, verhandelte aber für die Gruppe wei- tion die Besinnung auf eine traditionell orien- im Herbst 1931 die Arbeitsgemeinschaft „Das Sommerschau der Ausstellung „Sonne, Luft und/oder jüdische Abstammung zwang je- terhin mit Behörden und Institutionen. Zwei- tierte Bauauffassung. Doch nicht alle Gruppen- Wachsende Haus“. In dieser sollten ältere und und Haus für Alle“. Von der G.I.A. konnten sich doch eine Großzahl der Mitglieder zur Emigra- genthals Beharrlichkeit führte 1931 zu dem Er- mitglieder standen den Idealen der „Moderne“ jüngere Architekten gemeinsam das „Anbau- Eiermann und Jaenecke, Köhler und Schweit- tion, die für viele – wie auch für Hermann folg, dass einige Mitglieder der Gruppe in den ablehnend gegenüber. Diese Tendenz zeichnete haus“ als theoretische Zukunftslösung auf zer, Säume und Hafemann, von Veltheim und Zweigenthal – bedeuten sollte, dem Vergessen Deutschen Werkbund und in den Bund Deut- sich nicht nur durch den Verzicht auf Versa- Basis typisierter Grundrisse und industrieller Müller-Rehm, von Steinbüchel-Rheinwall und anheim zu fallen. Julius Posener klagte im scher Architekten aufgenommen wurden. Hilf- lien in der Korrespondenz mehrerer Mitglieder Vorfertigung bearbeiten. Die Arbeitsgemein- Zweigenthal mit Musterhäusern präsentieren. Jahr 1968 in einem Brief an Egon Eiermann: wähnten Vereinigungen. Der Berliner Öffent- reich war hier sicherlich Hans Poelzigs Pro- ab, der gern als Ausdruck einer „modernen schaft bestand neben Martin Wagner aus Otto Wie schon der Wettbewerb fand auch die Aus- „Der größte Teil dieser Schüler ist um das lichkeit war er durch den Umbau des Zirkus tektion, auch wenn dieser, nach Fritz Jaeneckes Einstellung“ gewertet wurde, sondern auch in Bartning, Walter Gropius, Hugo Häring, Lud- stellung der Musterhäuser das Interesse der Erbteil gekommen, dass der Meister ihnen mit- Schumann 1918/19 zum „Großen Schauspiel- Eindruck, die Aktivitäten der Gruppe anfäng- den sachlichen Entwürfen etwa von Egon Eier- wig Hilberseimer, Paul Mebes und Paul Emme- Fachwelt, die Beurteilungen fielen jedoch zum gegeben hat. Zweigenthal ist nur der traurig- haus“ für Max Reinhardt bekannt geworden. lich eher amüsiert betrachtet hatte und deren mann und Fritz Jaenecke. Insbesondere konn- rich, Erich Mendelsohn, Hans Poelzig, Hans Teil sehr kritisch aus – und mit mangelnder steFall, weil er der Beste gewesen ist.“ Poelzigs Name diente seitdem gern als Syno- Hauptengagement in der Veranstaltung von ten Hermann Zweigenthal und Richard Paulick Scharoun sowie Bruno und Max Taut, um die Objektivität des konservativen Lagers. Summa nym für expressive Baukunst, doch wird man „Poelzigfesten“ vermutete. 1929/30 den Anhängern der tradierten Bauauf- Prominentesten zu nennen. Dank der Vermitt- summarum betrachtete die Fachpresse die Auf- ihm damit allein nicht gerecht – war er doch Die G.I.A. erreichte 1931 mit 26 Mitgliedern ihre fassung mit der „Kantgarage“ in Berlin-Char- lung Zweigenthals – und sicher auch der Für- gabe als nicht befriedigend gelöst. Häufig ar- im Wortsinn „stillos“. Treffend beschrieb Erich größte Teilnehmerzahl und präsentierte sich lottenburg beweisen, dass moderne, durch ihre sprache Hans Poelzigs, der ein Freund Martin gumentierten die Kritiker, dass zurzeit nichts Mendelsohn 1929 in der Laudatio auf Poelzigs im März des Jahres auf der Ausstellung „Poel- und in ihrer Funktion bestimmte Architektur Wagners war – wurde auch die G.I.A. zur Mit- billiger als die Arbeitskraft sei, und stellten so- sechzigsten Geburtstag dessen Œuvre: „Kein zig und seine Schule“ in der Akademie der nicht nur einen modischen Stil darstellte. arbeit aufgefordert. Zusätzlich wurde auf An- mit die Wirtschaftlichkeit der Vorfertigung in bestimmter Stil – aber immer unbefangen, si- Künste zu Berlin der Öffentlichkeit. Der Aus- Das rege Interesse von Architekten und desig- regung Poelzigs im Oktober 1931 vom Berliner Frage. Die Bauwelt überlegte, ob das „Ausbau- cher, stilvoll.“ Poelzig nahm die Lehrtätigkeit stellungskatalog listete die Mitglieder der G.I.A. nierten Bauherren an dem zum Jahreswechsel Messeamt ein öffentlicher Wettbewerb ausge- haus“ nicht eine wirtschaftlichere und archi- an der TH mit dem Anspruch auf, keine will- unter den teilnehmenden Poelzig-Schülern mit 1930/31 von der Bauwelt ausgelobten Wettbe- lobt, an dem 1079 Architekten – Mitglieder tektonisch bessere Lösung verspreche. fährigen Jünger ausbilden zu wollen, sondern einem besonderen Hinweis auf. „Besonders werb „Das billige, zeitgemäße Eigenhaus“, bei der Arbeitsgemeinschaft waren ausgenommen – Der letzte große Bauwettbewerb im Deutsch- jeden Schüler zu „seinem Eigensten zu füh- heben sich zwei bereits zu Doppelfirmen Zu- dem sich die G.I.A.-Mitglieder Eiermann und teilnahmen. Der Grundbaukörper des „Wach- land der Weimarer Republik fand im Februar ren“. Sein Seminar fand unter den Studenten sammengeschlossene heraus: Eiermann und Jaenecke unter den Preisträgern befanden, ver- senden Hauses“ war in dem Wettbewerb auf 1933 für das neue Hauptgebäude der Deutschen regen Zulauf und musste durch Aufnahmeprü- Jaenecke sowie Zweigenthal und Paulick“, resü- deutlichte den neuzeitlichen, von der Miets- 25 Quadratmeter und einer maximalen Bau- Reichsbank statt. Neben so prominenten Ar- fungen