SWP-Studie Stiftung Wissenschaft und Politik Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit

Kai-Olaf Lang Populismus in den neuen Mitgliedsländern der EU Potentiale, Akteure, Konsequenzen

S 16 Mai 2009 Berlin

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ISSN 1611-6372 Inhalt

5 Problemstellung und Empfehlungen

7 Populismus im postkommunistischen Europa

9 Vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer: Populisten in der Offensive 9 Polen: Die Kaczyński-Zwillinge 10 Slowakei: Von Mečiar zu Fico 10 Neue Parteien in den baltischen Staaten 12 Bulgarien: Ein Zar, ein Nationalist und ein Saubermann

14 Populismus in Ostmittel- und Südosteuropa: Ein vielfältiges Phänomen 14 Harte und weiche Populisten 15 Strömungen und Richtungen 15 Die harten Varianten 16 Die weichen Varianten 18 Populistische Parteien im politischen Koordinatensystem

19 Populistische Potentiale 19 Wer wählt die Populisten? 20 Der Charme des weichen Populismus

21 Triebkräfte und Themen

23 Populistische Regierungspolitik: Pragmatismus oder Radikalisierung? 23 Polen: Die Kaczyński-Doppelspitze 25 Slowakei: Ficos linksnationale Koalition 27 Auswirkungen: Pragmatismus oder Radikalisierung?

29 Welche Reaktion: Isolieren, tolerieren, involvieren?

32 Anhang 32 Tabellen 35 Abkürzungen

Dr. Kai-Olaf Lang ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe EU-Integration

Problemstellung und Empfehlungen

Populismus in den neuen Mitgliedsländern der EU. Potentiale, Akteure, Konsequenzen

Die Aufnahme neuer Mitgliedsländer aus Ostmittel- und Südosteuropa in die EU schien ein Beleg für die politische Stabilität dieser Staaten zu sein. Immerhin hatte es die EU bereits in den 1993 definierten »Kopen- hagener Kriterien« zur Voraussetzung für weitere Bei- tritte gemacht, dass in den jeweiligen Ländern eine demokratische und rechtsstaatliche Ordnung besteht, die Menschenrechte gewahrt werden und der Schutz von Minderheiten garantiert ist. Dass diese Bedingun- gen sich auf institutionelle, rechtliche und proze- durale Fragen bezogen, also gleichsam auf die demo- kratische »Hardware«, lag in der Natur der Sache. Zu- gleich blieb so jedoch lange Zeit der Blick darauf ver- stellt, dass die demokratische »Software« dieser Staa- ten nicht erfasst werden konnte – ihre politische Kultur, die Verbreitung demokratischer Werte oder Ausrichtung und Konsolidierungsgrad von wichtigen Akteuren wie etwa Parteien. Allerdings schien die politische Realität in den meisten Beitrittsländern auch auf diesem Gebiet eher optimistisch zu stimmen. Gewöhnlich hatte sich dort ein breiter Reformkonsens entwickelt, der die wirt- schaftliche Umgestaltung, die Erneuerung des politi- schen Systems und einen auf Nato- und EU-Mitglied- schaft gerichteten außenpolitischen Kurs einbezog. Seit einiger Zeit jedoch macht sich Ernüchterung, ja Sorge breit. In zahlreichen Ländern der Region haben populistische Parteien bei Wahlen an Terrain gewon- nen. Signalwirkung hatten dabei insbesondere die Parlamentswahlen, die 2005/2006 in Polen, der Tsche- chischen Republik, der Slowakei und Ungarn – den sogenannten Visegrád-Staaten – abgehalten wurden. Bei den ersten Wahlen, die nach dem EU-Beitritt dieser Länder stattfanden, konnten demagogische, aggressive und scharf polarisierende, kurz populistische Parteien beachtliche Erfolge verbuchen und teilweise (wie in der Slowakei und Polen) sogar die Regierungsgewalt übernehmen. Das geschah in Staaten, die ein