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gruene 09|06 blaetter

>> Thema: Unverzichtbares Markenzeichen oder Bermudadreieck der Effizienz?

Grüne, quo vadis?

Die Partei steht nach Bundes- und Landtagswahl Mit Blick von außen attestierte der Parteienforscher vor einer längeren wahlkampffreien Zeit – und, nun Joachim Raschke den Grünen vor einigen Jahren mehr gänzlich in der Opposition, vor grundlegenden gerade aufgrund ihrer Strukturen massive Defizite Fragen: Wie sieht sie aus, die Zukunft der Grünen? bei der „strategischen Steuerung und Kommunika- Und wie die Grünen der Zukunft? tion“. Sein Fazit: Die Grünen leiden unter einer „Selbstblockade“ und sind deshalb nur „bedingt Im letzten Heft ging es um unsere grundlegende regierungsfähig“. Dagegen stellte sein Kollege Ausrichtung – darum, welchen Platz wir Grünen im Franz Walter diesen Sommer fest, dass die Grünen Parteiengefüge einnehmen wollen. In der kommen- nicht zuletzt wegen ihrer inneren Strukturen immer den Ausgabe gehen wir der Frage nach, welche mehr zu einer „normalen“ Partei geworden seien: Themen wir künftig in den Mittelpunkt unserer Arbeit „Die grünen Strukturreformen der letzten Jahre zie- stellen sollten. Und diesmal: Wie soll die Partei in len in erster Linie auf die Angleichung an die übri- Zukunft aussehen? gen Parteien, auf Zentralisierung und Hierarchisie- rung von Kommunikation, Abstimmung und Ent- Ein Klassiker also – die Auseinandersetzung mit scheidung.“ unseren grünen Strukturen. „Nicht schon wieder!“ werden einige von Euch stöhnen. Ganz anders wer- Und wir Grünen selbst – wie sehen wir unsere den es vor allem neuere und jüngere Mitglieder interne Aufstellung? Diese Frage wollen die GB sehen: Für sie kann eine umfassende Auseinander- anhand dreier zentraler Knackpunkte diskutieren: setzung mit den urgrünen Traditionen spannend Ist die Frauenquote noch zeitgemäß als Instrument und gewinnbringend sein. von Gleichberechtigung und Emanzipation? Oder „Die Alternative zu den herkömmlichen Parteien“ ist sie unverzichtbar in einem Land, in dem in der wollten wir sein, und das nicht nur in unseren politi- Ministerriege gerade mal 2 Frauen 10 Männern schen Inhalten, sondern gerade auch in unseren gegenüberstehen? Was macht es aus, wenn ein Strukturen: eben „eine Parteiorganisation neuen Abgeordneter kein oberstes Parteiamt in Baden- Typs“, wie es in unserem ersten Bundesprogramm Württemberg innehaben darf – schwächt oder stärkt von 1980 heißt. Manches – etwa das Rotationsprin- es die Partei? Und die Doppelspitze: Stehen sich zip oder die Ehrenamtlichkeit aller Parteiämter – zwei im Weg oder sind sie doppelt gut? haben wir längst über Bord geworfen, manche Wir lassen Pro- und Contra-Stimmen zur Frauen- Besonderheit aber auch beibehalten. quote, zur Trennung von Amt und Mandat und zur Doppelspitze zu Wort kommen.

Mitgliederzeitschrift von Bündnis 90/Die Grünen | Landesverband Baden-Württemberg | Forststr. 93 | 70176 gb0806.qxd 14.08.2006 12:44 Uhr Seite 2

Same old story?

wir müssen da sehr viel schneller und von Regionalstrukturen zumindest Same old story? schlagkräftiger werden...) Post vom grüne Einsprengsel in die weißen bzw. Oder: Kreis- oder Ortsverband und geht zur in der Regel politisch schwarzen Sitzung. Haben wir heute wirklich eine Flecken zu setzen. Die Auswertung Strukturdebatte der Kultur, die jemand Neuen behutsam in der Projekte, die wir in den vergange- die Höhen und Tiefen grüner Parteipo- nen Jahren als Landesverband in Ulm, anderen Art litik einführt? Oder, ein wenig provoka- Karlsruhe, Schwäbisch Hall und Lör- tiv gefragt: Schreckt unsere traditionel- rach gefördert haben (und teilweise, le Sitzungskultur nicht eher ab als dass wenn auch reduziert, weiter fördern Ach ja, die gute (?) alte Strukturdebat- sie anzieht? Wir wollen deshalb werden) hat gezeigt, dass erstens es te... immer wieder holt sie uns ein, und gemeinsam mit den Kreisgeschäfts- nicht darauf ankommt, ein Büro im immer wieder wird sie auf gleiche Art führerInnen bzw. geschäftsführenden Sinne einer festen Anlaufstelle zu und Weise und mit den gleichen Inhal- Kreisvorständen auch konkret überle- haben (ein Irrtum, dem viele lange ten geführt. Doppelspitze, Quote, Amt gen, wie wir neue Mitglieder einführen erlegen sind) – vielmehr ist es wichtig, und Mandat – das sind die Standard- und auch halten können. eine Person zu haben, die, auch kreis- themen, mit denen wir uns seit Jahren verbandsübergreifend, für die Grünen in immer wechselnder Intensität, aber bzw. ihre Regionalstruktur steht. Und immer unterschwellig beschäftigen. die zweite Erkenntnis ist, dass es Um es vorwegzunehmen: Ich plädiere weniger materiell als vielmehr psycho- dafür, in den jetzt vor uns liegenden, logisch extrem wichtig ist, dass der wahlfreien Jahren eine andere Struk- Landesverband sich am Aufbau dieser turdebatte als die althergebrachte zu Regionalstruktur beteiligt und so ein- führen. Ich plädiere dafür, über eine fach Interesse und Unterstützung sig- Mit-Mach-Partei zu sprechen, über nalisiert. eine Partei, die Partizipation, Kompe- Wir haben daraus die Konsequenzen tenznutzung, Nachwuchsförderung gezogen und werden, mit dem Hinter- und Personalentwicklung fördert. Ich grund der gemachten Erfahrungen, in plädiere für eine Strukturdebatte über Die LAG-Arbeit ist, leider, oft ähnlich zwei weiteren Regionen versuchen, weiße Flecken, was sowohl geogra- eingefahren: LAGen sollen der Ort gemeinsam mit den Kreisverbänden phisch wie auch inhaltlich gemeint sein sein, an dem Fachkompetenz einge- regionale und vor allem öffentlichkeits- soll. bracht und entwickelt werden kann. Ich wirksame Strukturen aufzubauen. Konkret: Wir haben als Landespartei plädiere für eine sehr viel stärkere Öff- im Juli das zweite Trainee-Programm nung der LAGen auch hinsichtlich ihrer Ich meine, Debatten um die hier ange- abgeschlossen – mit beiden Program- Strukturen: Mehr Projekt- und damit rissenen Fragestellungen sind Struk- men, die bisher gelaufen sind, haben zielorientierte Arbeit, die Lust macht turdebatten, die uns und die Partei wir 20 Menschen durch alle Ebenen und motiviert, auch einmal zeitlich weiterbringen – lasst uns jetzt wirklich der Partei „geschleust“, und weit mehr befristet mitzuarbeiten und sich und die Zeit und die Gelegenheit nutzen, als die Hälfte davon haben nach dem seine Kompetenzen einzubringen. sie zu führen. Und Konsequenzen dar- Programm mehr Verantwortung in Konkret: Wenn es jemanden gibt, der aus ziehen. unserer Partei übernommen – sei es Interesse daran hat, ein bestimmtes Eine persönliche Bemerkung zum im Kreisvorstand, in der Redaktion die- Thema aufzuarbeiten und letztlich Schluss: Dies ist – vorläufig – mein ser Mitgliederzeitung, in Wahlkampf- sogar in Antragsform für eine LDK in letzter Artikel als Landesvorsitzender kommissionen oder wo auch immer. Abstimmung mit dem Landesvorstand in diesem Medium, dessen Redaktion Mein Fazit: Das Trainee-Programm ist zu gießen – dann muss dieses Mitglied ich in den achtziger Jahren lange eine Erfolgs-Story, ist ein wirksames wissen, über welche Verteiler sie oder angehört habe. Deshalb: Den Grünen Instrument zur Personalentwicklung er sich MitstreiterInnen suchen kann. Blättern alles Gute und eine sichere und -bindung – weswegen es auch ab Ich sage nicht, dass das nicht möglich Zukunft! dem Winter in neuer, verbesserter Auf- ist – aber, Hand aufs Herz: Welche >> Andreas Braun lage wieder starten soll. LAG bewirbt diese Möglichkeiten Landesvorsitzender Wir müssen viel stärker als bisher Mit- aktiv? Mach-Partei werden. Seien wir doch Und, schließlich, die geographischen mal ehrlich: ein neues Mitglied erhält weißen Flecken: Verschiedentlich gab (in der Regel erst nach einiger Zeit – es ja Versuche, über die Schaffung grüne blätter 09 | 06 wurden bundesweit viele kompetente wurden bundesweit viele wahr- öffentlich grüne Spitzenfrauen nehmbar. unübersehba- Ich weiß, dass wir trotz lange nicht am rer Fortschritte noch Ziel der Geschlechtergerechtigkeit Aber ich glaube, angekommen sind. ist, die dass es nicht mehr notwendig Reibungs- bisweilen unvermeidlichen in Kauf zu verluste einer Doppelspitze nehmen. Konkurrenz um Medienaufmerksam- keit und innerparteiliche Beachtung ist pro- nämlich nicht notwendiger Weise Austarieren von Medien- duktiv: Das und Zuständigkei- Terminen auftritten, ten kann auch Energien binden. Machen wir uns nichts vor: Männer werden von den männlich dominierten Medien und im männlich dominierten Politikfeld stärker beachtet als Frauen. Das heißt, für die gleiche Resonanz deutlich Tandem muss die Frau im besser sein. Einzelne Frauen können nach vorne kommen, auch wenn ihnen dort kein Platz frei gehalten wird. Ohne zweite Hälfte haben sie dann die ungeteilte Aufmerksamkeit. Die Frage heißt auch nicht einsame Tea- Spitzenentscheidungen contra mentscheidungen. Denn das Leitungs- team, mit dem sich die Parteispitze (ob einzeln oder zu zweit) regelmäßig abstimmt, ist der quotierte Landesvor- und Vertretern stand mit Vertreterinnen aus vielen unterschiedlichen Berei- chen und Ebenen der Partei. Aufwand der Den (auch finanziellen) Doppelspitze können wir uns sparen. Um Missverständnisse auszuschlie- ßen, füge ich an: Die Quotierung aller Gremien werden wir voraussichtlich noch lange brauchen. der Doppelspitze Abschaffung Die das wir eingehen wäre ein Wagnis, wir Frauen selbstbe- sollten. Wenn wusst sind, uns gegenseitig stärken, und wenn auch die Männer nicht nach Geschlecht sondern nach Fähigkeit entscheiden, dann wird der Parteivor- sitz nicht zur frauenfreien Zone. Doppelspitze Geschäftsführerin GAR Frau und politische Führungsposition schließen sich heute weniger aus als zur Gründungszeit der Grünen. Für diese Entwicklung haben viele Frauen gekämpft: Wir Grünen sorgen mit der dass der Frauen- Frauenquote dafür, anteil in allen Gremien, in denen wir vertreten sind, merklich angehoben wird. Dank vieler politischer Pionierin- von Frau nen wurde die Verknüpfung von Frau und und Verantwortung, Macht nach und nach selbstverständ- der Durch die Verdoppelung licher. Parteispitze haben wir Grünen eine große Zahl von Führungspositionen für Frauen bereitgehalten. Dadurch Contra Sabine Schlager, ganz besonders für die Bundesebene. ganz besonders für die uns um diese Die anderen beneiden macht es Präsenz! Und die Linkspartei uns nach. die nicht Klar ist, Doppelspitzen, gegeneinander zusammen, sondern oder sich spielen oder die intrigieren dem grünen widersprechen, schaden Aber wenn sie sich anstren- Ganzen. sich klug gen, zusammen zu arbeiten, absprechen, sich besprechen und beraten, wenn jede(r) das tut, was er/sie am besten kann, wenn sie gar kollegial zusammenspielen, dann ist eine Doppelspitze klar besser als je eine Singlespitze sein könnte. Im abgestimmten Duett ist man kaum zu schlagen. Doppelspitze Doppelspitze Doppelspitze ist nicht einfach, selbst im Fußball ist die eine Spitze die Regel. Zwei, ganz vorne, stehen sich spielen gegenein- bisweilen im Wege, nicht. Und Tore sich die gönnen ander, die Medien wollen angeblich auch nur eine(n) einen Mittelstürmer, Sprecher(in). Ich war selbst fünf Jahre zusammen mit Dagmar Dehmer und Barbara Graf Doppelspitze im Landes- verband und habe viele Doppelspitzen im Bundesverband und in der Bundes- tagsfraktion miterlebt und kritisch aller Probleme bleibt ins- Trotz beäugt. gesamt meine Einschätzung positiv. in Führungsämtern Anforderungen Die sind inhaltlich, zeitlich und persönlich derart hoch, dass ein meist Mensch zwei sich die überfordert ist. Wenn Themen gut aufteilen, ist es leichter, sich einzuarbeiten und sie nach innen und außen kompetent abzudecken. Der eine ist fit in Sozialpolitik, die andere in der Finanz- und Haushalts- Natürlich gibt es Über- politik usw. schneidungen, die man allerdings gut nutzen kann. Zwei haben (fast) doppelt soviel Zeit und (bis zu) doppelt so viele persönli- che Kontakte wie eine(r) allein. Der eine kann besser führen, die andere besser reden; die eine kann besser mit der Basis, der andere mit den Journa- listen. kommen in der Zwei Vorsitzende Summe der Medien zusammen häufi- The- ger vor – und damit die grünen men – als nur eine Person. Das gilt Pro MdB Winne Hermann, gb0806.qxd 14.08.2006 12:44 Uhr Seite 3 Seite Uhr 12:44 14.08.2006 gb0806.qxd gb0806.qxd 14.08.2006 12:44 Uhr Seite 4

Frauenquote

Pro Frauenquote man Geschlechterdemokratie nicht nur den Frauen zu, neben den Frauen- demonstrieren. Die Diskussion um die wahlgängen gibt es offene Wahlgänge Ulrike Maier, Sprecherin fehlende Doppelspitze im letzten für Männer und Frauen, Frauenveto- LAG Frauenpolitik Bundestagswahlkampf zeigte auch, recht, Frauenrat, Bundesfrauenreferat, dass diese Strukturen zu einem verän- Bundesfrauenkonferenz etc. – gibt es derten Bewusstsein geführt haben: so was auch für Männer? Frauenmangel wird als solcher kritisch Je länger ich mich mit dem Frauensta- wahrgenommen, und zwar auch von tut beschäftige, desto unwohler fühle Männern. Das gehört weder in der ich mich. Was, wenn es umgekehrt Wirtschaft noch in weiten Teilen der wäre? Beispielsweise reine Männer- Politik zur Tagesordnung und ist inso- wahlgänge und nur in den offenen fern ein herausragendes Beispiel für Wahlgängen hätten die Frauen die den Stellenwert, den die Chancen- Chance, sich aufstellen zu lassen – Es waren die Grünen, die 1986 als gleichheit bei den Grünen hat. und das in Konkurrenz zu den Män- erste Partei alternierende Wahllisten Das Argument, dass man nicht nach nern! Daneben Bundesmännerkonfe- einführten und einen sprunghaften dem Geschlecht sondern der Qualifi- renzen, Männerrat, Männervetorecht Anstieg ihres Frauenanteils bewirkten. kation wählen soll unterstellt übrigens, etc.? Ich würde Kopf stehen und einen Auch wenn dies die Geschlechterde- dass die Verhältnisse in der Wirtschaft großen Bogen um diese „Macho-Par- mokratie in den eigenen Reihen voran- die Minderqualifikation von Frauen tei“ machen. Ein Wunder, dass es bei trieb, ist das Frauenstatut, das „Frau- widerspiegeln. Dass das nicht der Fall uns Grünen überhaupt Männer gibt! enplätze“ und „freie Plätze“ vorsieht, ist, sondern dass es eher an den Rah- Das Frauenstatut in seiner jetzigen nach wie vor umstritten. menbedingungen und stereotypen Fassung hatte durchaus seine Berech- Dabei ist die Quote keineswegs ein Rollenzuschreibungen liegt, wird wohl tigung. In den Anfängen der Partei zu überholtes Instrument aus der femini- kaum jemand bezweifeln. Deswegen einer Zeit, in der es wichtig war, den stischen Mottenkiste. Sie sorgt für brauchen wir die Quote: nur mit ihr Frauen die Möglichkeit zu geben, auf echte paritätische Verhältnisse, wo wird Chancengleichheit nachhaltig aussichtsreiche Listenplätze zu kom- sich erfahrungsgemäß kein Automa- gewährleistet und nur so entstehen men oder sich aktiv einzubringen und tismus einstellt: bei der Forderung Vorbilder, an denen sich auch junge in allen Gremien vertreten zu sein. nach Chancengleichheit, die viel zu oft WählerInnen orientieren können. Aber was die Frauen „damals“ kritisiert ein Lippenbekenntnis bleibt. haben, nämlich die ungleichen Chan- Viele Gründe sprechen für eine Quote: cen für Frauen in der Gesellschaft und Die gesellschaftlichen Rahmenbedin- Contra Frauenquote der Politik, hat sich bei „Grüns“ gungen wirken sich negativ auf die anscheinend ins Gegenteil verkehrt. Bereitschaft von Frauen aus, ein Amt Petra Heinle-Hettig, Die eine Ungleichheit wurde durch zu übernehmen. Viele hoch qualifizier- Kreisvorstand Ludwigsburg eine andere ersetzt. Das Frauenstatut te Frauen haben auch keine Lust, sich benachteiligt die Männer in unserer in Machtkämpfen aufzureiben: Die Partei – haben wir das nötig? Wir soll- Quote macht ein lästiges Ringen um ten uns wirklich fragen, ob diese Rege- den „Führungsanspruch“ überflüssig lung in dieser Form Bestand haben und frau kann sich direkt der politisch- soll. Ich plädiere hier eindeutig für eine inhaltlichen Arbeit widmen. Und was Optimierung – ein Geschlechterstatut! den zahlenmäßigen Männerüber- Das Ergebnis wäre eine echte und schuss in der grünen Parteibasis wirklich gleichberechtigte 50:50-Rege- angeht: der würde ganz schnell dazu lung. Die ungeraden Listenplätze im führen, dass mehr als die Hälfte der Seit gut einem Jahr bin ich Grüne. Wechsel, Vetorechte für alle, Frauen- Ämter mit Männern besetzt werden. Weshalb ich mich so wohl fühle liegt und Männerwahlgänge etc. – und soll- Ein Grund mehr, die „fraueninduzie- auch daran, weil es das Frauenstatut ten beispielsweise bei Wahlgängen rende“ Wirkung der Quote zu verteidi- gibt: nicht in Konkurrenz zu den Män- tatsächlich mal Plätze nicht besetzt gen und diesen hohen Standard nicht ner zu stehen, Frauenwahlgänge, werden können, so müssten diese aufzugeben gegen ein wohlwollendes: Wahllisten, die alternierend mit Män- natürlich auch dem anderen „Das habt ihr doch nicht nötig.“ ner und Frauen besetzt werden, Geschlecht zur Verfügung stehen. Das Frauenstatut hat dazu geführt, paritätisch besetzte Gremien. Die Ich denke, was für uns Frauen gilt, dass bei den Delegiertenversammlun- Gleichberechtigung scheint hier voll- muss auch für unsere Männer gelten – gen Männer und Frauen zu gleichen zogen zu sein, oder doch nicht? dann würde ich mich bei den Grünen Teilen vertreten sind – besser könnte Die ungeraden Listenplätze stehen noch besser aufgehoben fühlen. grüne blätter 09 | 06 ahlen für Parteiämter. Delegierte ahlen für Parteiämter. erbunden mit einem Parteiamt wer- mung die deutliche Mehrheit der Par- mung die deutliche Mehrheit Land dagegen teimitglieder hier im gibt es keine ausgesprochen hat, an der nachvollziehbaren Gründe, Die Kom- alten Regelung festzuhalten. überfüllt, und munikationskanäle sind momentan, gerade wir Grüne merken The- medial mit wie schwierig es ist, Partei und Frak- men durchzudringen. in gegen- tion neutralisieren sich seitig. Das wiegt im Land noch viel das Interesse an der Lan- da schwerer, despolitik eher gering ist. Mandatsträger haben im Parlament bereits eine gewisse Öffentlichkeit. V Akteure medial mehr wahr- den solche The- genommen – und damit unsere men. Das liegt wohl in unser aller Inter- und Mandat zusammen Amt esse. Ob zu viel Macht bedeuten, können doch die Delegierten selbst entscheiden bei W sind mündige Menschen, denen solch eine Entscheidung selbst überlassen werden soll. Sie müssen nicht krampf- haft erzogen werden. Für den Landesvorsitz kommen profi- lierte MandatsträgerInnen, welche der Presse bereits gut vertraut und mögli- cherweise im Land schon bekannt sind, per se nach unserer Regelung gar nicht in Frage. Damit schwächen sich die Grünen selbst, geben kostba- res Personal verloren und sind selbst- verschuldet im Nachteil im Ringen um Aufmerksamkeit. Nicht jedes urgrünes Markenzeichen ist heute noch sinnvoll. Das haben wir bei der Rotation bereits gesehen. Dass gerade die Grüne Jugend mehrheitlich so strukturkonser- vativ in dieser Frage ist, bleibt dabei unverständlich. Die Erfahrung mit MandatsträgerInnen im Parteirat lehrt uns doch, dass dies gut funktioniert und den Kommunikationsfluss zwi- schen Partei und Fraktion verbessert hat. The- Grünes Markenzeichen sollten men, keine Satzungsstrukturen sein. rennung von T Baden-Württemberg sollte endlich der bundesweiten Entwicklung nachkom- Amt und von Trennung men, und die Abgesehen davon, Mandat aufheben. dass sich bereits bei einer Urabstim- Contra Amt und Mandat Sebastian Engelmann Kreisverband Luwigsburg gegenüber anderen Parteien abgren- gegenüber anderen Parteien zen. Personen Die Fixierung auf weniger Mitgliedern würde es aufstrebenden Bühne erschweren, auf der politischen mit den eige- Fuß zu fassen und sich Themen zu profilieren. nen dadurch nicht Die Basis bekommt die Zahl der mehr Wahlmöglichkeiten, bekannten Gesichter und erfahrenen KandidatInnen würde sich noch weiter verringern. Auch wenn sich die WählerInnen und die Medien in der Politik „Köpfe“ wün- schen, kann dies für uns nicht bedeu- ten, Politik nur noch wenigen Füh- rungspersonen zu überlassen. Amt und Mandat ist von Trennung Die trotz ihrer Mängel ein notwendiges der Basisdemo- Mittel für die Wahrung kratie. Parteiführung und -basis sollten gemeinsam zusätzliche, bessere Mittel entwickeln und einführen, statt eine der letzten „heiligen Kühe“ den ver- meintlichen Sachzwängen zu opfern. rennung von T rennung von Amt und Mandat Amt und rennung von agesgeschäft für flexibler und unge- T Amt und Mandat Basisdemokratie und eine breite Ver- teilung politischer Macht waren die wesentliche Gründe für die Einführung Amt und Mandat. von Trennung der Grüne Politik in Partei und den Fraktio- nen sollte nicht von wenigen Einzelnen bestimmt werden, autoritäre Führun- gen sollten verhindert werden. Funktioniert hat das nur in beschränk- ter Form, der Drang zur Macht hat auch bei uns zu einem Führungsstil geführt, der häufig mit Basisdemokra- tie nicht viel gemeinsam hat. eines der letzten Abschaffung Die Instrumente zur Sicherung der Macht- verteilung würde aber kaum eine Ver- besserung der Situation bedeuten, sie wäre höchstens eine Kapitulation. Es ist verständlich, dass sich viele unserer MandatsträgerInnen Struktu- ren wünschen, die sie im politischen T zwungener halten. Die Parteibasis kann aber kein Interes- se daran haben, Machtpositionen zu nur damit die Presse einheit- schaffen, liche AnsprechpartnerInnen bekommt. Aufgabe der Partei und ihrer Führung ist es, langfristige Konzepte zu ent- wickeln und klare Ziele zu verfolgen. Anbiederungsver- Sie sollte sich nicht suchen und Koalitionszwängen unter- worfen fühlen, sondern ein eigenstän- diges Profil ausbilden und sich klar Pro Schatz- Christian Brugger, BW, meister Grüne Jugend Kreisvorstand Karlsruhe gb0806.qxd 14.08.2006 12:44 Uhr Seite 5 Seite Uhr 12:44 14.08.2006 gb0806.qxd gb0806.qxd 14.08.2006 12:44 Uhr Seite 6

Die Globalisierung gestalten

Die Globalisierung gestalten

Die Globalisierung macht nicht halt vor Für diesen Kraftakt haben wir einen zehnts. Sie verlangt entsprechende Baden-Württemberg. Das Klima wan- Bildungspakt vorgeschlagen: Das Angebote durch die Politik; wir fordern delt sich, vom Menschen verursacht. Land finanziert die notwendigen Stel- aber auch die aktive Bereitschaft der Fossile, also endliche Energieträger, len in Schulen und Hochschulen vor. nach Deutschland gezogenen Men- das bisherige billige Schmieröl der Das Geld wird zurückgezahlt, wenn die schen, sich zu integrieren. Industrienationen, werden nie mehr Schülerzahlen nach 2012 zurückge- billig sein. Billiglohnländer produzieren hen und Lehrerstellen frei werden. „Am Gelde hängt doch alles“ Waren zu einem Bruchteil der bei uns (Goethe) hierfür anfallenden Kosten. Bildungs- Ökologie als Motor von Innovatio- länder sind uns im Wissenswettbe- nen Auch wenn wir Grüne bei jeder politi- werb weit voraus. Für ein Land, das schen Idee bemüht sind, mit kreativen mit einem Anteil von über 50 Prozent Nirgendwo sind die globalen Heraus- Vorschlägen möglichst viel mit wenig vom Export lebt, steht viel auf dem forderungen so deutlich wie beim Kli- Geld zu bewirken, so braucht die Mit- Spiel. mawandel und bei der Verknappung gestaltung der Globalisierung doch der Ressourcen. Wir haben die Mög- finanzielle Mittel. Das Land hat aber Wir sollten uns aber nicht als Opfer lichkeiten, Forschungsergebnisse in kein Geld. Es hat durch die kurzsichti- fühlen und uns abschotten. Wer, wenn marktfähige Produkte, Dienstleistun- ge Politik der CDU-geführten Regie- nicht unser Land hat die besten Vor- gen und Verfahren umzusetzen. Wir rungen nur Schulden. Das heißt, wir aussetzungen, diesen Wandel aktiv haben die Fähigkeit, mit Energieres- müssen sparen, um an den entschei- mitzugestalten? sourcen und Material intelligent, das denden Stellen auch investieren zu heißt sparsam und rationell, umzuge- können. hen. Statt mit der Rasenmähermethode zu Die Ökologie als Motor von Innovatio- sparen, müssen gezielt Schwerpunkte nen – im Energiesektor, bei Produkten gesetzt werden. Unsinnige Großvorha- und Dienstleistungen sowie der Mobi- ben wie , die Subventionie- lität – gehört daher ins Zentrum der rung von Landesmesse und Billigflie- Wirtschaftspolitik. Ökoeffizienz wird in gern gehören auf den Index; beim Zukunft ein Gradmesser für die Lei- Landespersonal kann und muss struk- stungsfähigkeit eines Betriebs und turell gespart werden: bis 2015 können einer Volkswirtschaft sein. 20.000 Stellen sozialverträglich und ohne Kündigung abgebaut werden. Integration gehört in den Mittel- Zugleich muss in Bildung investiert punkt der Politik werden, vom Kindergarten bis zur Hochschule, muss die Forschung und Die wichtigste Ressource ist unsere Dass Deutschland ein Einwande- Entwicklung von Umwelttechnologien Gescheitheit rungsland ist, wird mittlerweile zähnek- gefördert werden und brauchen wir nirschend auch von der CDU einge- mehr Mittel für die Integration. Das Baden-Württemberg hat nur erneuer- standen. Wenn wir es nicht schaffen, sind Investitionen in die Zukunft. Sie bare Ressourcen, und die wichtigste friedlich und integriert in der einen Welt befähigen uns, die Globalisierung in Ressource ist unsere Gescheitheit. zusammenzuleben, dann werden unserem Sinne mitzugestalten und Der PISA-Vergleich hat gezeigt: Inter- schwerwiegende Ereignisse, wie wir Baden-Württemberg als prosperieren- national sind wir nur Bildungsmittel- sie mit dem Terroranschlag am 11. des, lebenswertes Land zu erhalten, in maß. September 2001 hatten, alle wirt- dem es gerecht zugeht. Eine der größten Herausforderungen schaftliche Wohlfahrt gefährden. Die besteht darin, dass wir mehr Studien- Integration hier lebender MigrantInnen >> plätze brauchen – nach unserer Rech- und deren hier geborenen Nachkom- nung bis 2012 etwa 19.000. Zugleich men der zweiten und dritten Genera- Fraktionsvorsitzender muss die Ausbildungssituation an den tion gehört zu den großen Herausfor- Schulen verbessert werden. derungen des kommenden Jahr- grüne blätter 09 | 06 photocase.de eilzeit. Erwartet und geboten Stellenangebot Tübinger Rechtsanwalt (Details www.ragreiner.de) sucht Kollegen/In mit Berufserfah- oder Anstellung Voll- rung zur T Arbeit auf hohem Niveau im wird Immobilienrecht. Zivilrecht, v.a. Anfragen ausschließlich per E- mail an [email protected]. Hinweis in eigener Sache: Auf der LDK in Bad Krozingen im November werden zwei Plätze in der GB-Redaktion nachgewählt. Bei Interesse und Nachfragen meldet Euch bitte in der Landes- geschäftsstelle, landesver- [email protected] OB Tübingen >> Helga Vogel >> Helga Vogel Fraktionsvorsitzende AL/Grüne Tübingen So sehen das Boris Palmer und die Mitgliederversammlung auch. Die Bür- Tübingens ken- gerinnen und Bürger nen ihn, er hat Freunde bei der Univer- sität wie bei den Obstbauern, er kennt Tübingen, er hat sich pointiert zu vie- Angelegenheiten geäußert. len lokalen Tübingen kann Umwelthauptstadt wer- den, die Bürgerschaft von bewahrend, knitz und konservativ bis global enga- giert und weltläufig ist bereit, da mitzu- Amtsinhaberin bewirbt sich wirken. Die Doch herrscht Wechselstim- wieder. Unmut über die Tübingen. Viel mung in SPD-Bürgermeisterin hat sich ange- häuft. Wir sind bereit, unter gewende- nicht rot-grün sondern ten Vorzeichen, Tübinger Politik zu grün-bunt die gestalten mit Boris Palmer als unse- so es die rem Oberbürgermeister, Wählerinnen und Wähler wollen. Dafür setzen wir uns ein. Boris Palmer ist 34 Jahre jung, es ist Zeit für seine Gene- ration. Unser OB für Tübingen: Boris Palmer Fraktion im Seit 2004 sind wir stärkste bei der Land- Tübinger Gemeinderat, Boris Palmer tagswahl haben wir mit Jetzt fehlt erzielt. Traumergebnis ein uns noch ein Grüner Oberbürgermei- ster! OB Heidelberg >> , Kreisvorstand Heidelberg, >> Sprecherin LAG Hochschule Doch für GAL-Grüne steht fest: Wir wollen OB werden, und wir haben die Thimm ist näm- Kandidatin dafür: Caja lich beides: Sie lebt seit ihrem Studium hier und war Stadträtin und Fraktions- vorsitzende der GAL im Gemeinderat. Und sie bringt Erfahrung von außen mit: Seit 2000 ist sie Professorin an der Uni Bonn, seit 2005 geschäftsführende Direktorin des Institutes für Kommuni- kationswissenschaften. Erfolgreich, Heidelbergerin, Leitungs- erfahrung, frische Ideen: Kann man sich eine bessere Mischung für Heidel- berg vorstellen? Für Heidelberg bringt der 22. Oktober Für Heidelberg bringt Amtsin- Die eine historische Chance. tritt nicht (SPD) haberin Beate Weber das Rennen um mehr an und so startet Bisher gibt es drei den OB-Stuhl offen. aussichtsreiche KandidatInnen: Die Konservativen schicken gemeinsam Eckart Würzner ins Rennen, den amtierenden, parteilosen Umweltbür- Für die SPD kandidiert Jür- germeister. derzeit stellvertretender gen Dieter, Geschäftsführer des hessischen Städ- tetages, ehemaliger Bürgermeister von Lampertheim. Konservative und SPD bieten also zwei Männer an: einer aus Heidelberg und schon bekannt, einer von außen und bisher unscheinbar, beide mit kommunalpolitischer Erfah- rung. Unsere OB Unsere OB für Heidelberg: Caja Thimm gb0806.qxd 14.08.2006 12:44 Uhr Seite 7 Seite Uhr 12:44 14.08.2006 gb0806.qxd gb0806.qxd 14.08.2006 12:44 Uhr Seite 8

Adressen und Termine

>> Adressen >> Termine

Landesverband Bündnis 90/DIE GRÜNEN 16. September 2006 11./12. November 2006 Baden-Württemberg Leipzig: Bad Krozingen: Landesgeschäftsstelle „Die Zukunft der Daseinsvorsorge – 21. Landesdelegiertenkonferenz von Forststr. 93 zwischen kommunaler Organisa- Bündnis 90/Die Grünen Baden-Würt- 70176 Stuttgart tionshoheit und EU-Vergaberecht“. temberg. Tel (0711) 99 35 90 Fax (0711) 99 35 999 Leipziger Kommunalkonferenz, ver- Tagungsort: [email protected] anstaltet u.a. von Heide Rühle, Kurhaus Bad Krozingen, www.gruene-bw.de MdEP. Herbert-Hellmann-Allee 12, Nähere Infos unter www.heide-rueh- 79189 Bad Krozingen. Bündnis 90/DIE GRÜNEN im le.de bzw. im baden-württembergi- www.bad-krozingen.info von Baden-Württemberg schen Büro Rühle, Nähere Informationen folgen, mehr Konrad-Adenauer-Str. 12 Kontakt: [email protected] siehe auch unter www.gruene-bw.de 70173 Stuttgart Tel. (0711) 2063-683 Fax: (0711) 2063-660 6.- 7. Oktober 2006 17. November 2006, 17.00–21.00, [email protected] Lindau: 18. November 2006, 9.30–17.00 Uhr, www.bawue.gruene-fraktion.de „Auf der Suche nach Europa. Wirt- Stuttgart: schaftskoloss ohne Identität? "Toleranz ohne Ende – Ende der Bundesverband Tagung der Heinrich-Böll-Stiftung. Toleranz?" Anerkennung in der Ein- Bündnis 90/DIE GRÜNEN Mehr: www.boell-bw.de wanderungsgesellschaft Bundesgeschäftsstelle Jahrestagung der Heinrich-Böll- Platz vor dem Neuen Tor 1 10115 Berlin 20.- 21.Oktober 2006 Stiftung. Nähere Informationen und Tel. (030) 28442-0 Berlin: Rückfragen unter www.boell-bw.de Fax (030) 28442-210 Jugendumweltkonferenz im Bundes- [email protected] tag. Samstag, 25. November 2006, www.gruene.de Für Nähere Informationen und zur 13.00–17.00 Uhr, Tübingen: Anmeldungen kontaktiert bitte das "Kommunale Kulturpolitik". Bündnis 90/DIE GRÜNEN Wahlkreisbüro Karlsruhe von Sylvia Kommunalpolitisches Seminar der Bundestagsfraktion Kotting-Uhl, MdB: HBS. Nähere Informationen unter Platz der Republik 1 10110 Berlin sylvia.kotting-uhl@wk..de www.boell-bw.de Tel. (030) 227-56789 Fax (030) 227-56552 [email protected] www.gruene-fraktion.de

>> Impressum Herausgeber Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg Forststraße 93, 70176 Stuttgart Tel. (0711) 99 35 90, Fax (0711) 99 35 999 Redaktion Tilo Berner, Philip Eberhardt, Gisela Hotz, Dr. Kurt Köhler, Andrea Lindlohr Helene Rädler, Susanne Roßbach, Wolfgang Schmitt, Daniela Wente Layout & Satz Katrin Ströbel Druck Oktoberdruck AG, Berlin (Auflage 6.500 Stück)