Plenarprotokoll 19/129

Deutscher

Stenografischer Bericht

129. Sitzung

Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Inhalt:

Nachruf auf den Abgeordneten Jimmy Schulz 16155 A I.4 a) Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen Drucksachen 19/13908, 19/13924 ...... 16156 B Tagesordnungspunkt I: b) Einzelplan 20 Bundesrechnungshof a) – Zweite Beratung des von der Bundesre- Drucksachen 19/13418, 19/13925 ...... 16156 B gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des (AfD) ...... 16156 C Bundeshaushaltsplans für das Haus- Johannes Kahrs (SPD) ...... 16157 D haltsjahr 2020 (Haushaltsgesetz 2020) (FDP) ...... 16159 A Drucksachen 19/11800, 19/11802, 19/ 14232 Nr. 1.1 ...... 16155 D (CDU/CSU) ...... 16160 C – Zweite Beratung des von der Bundesre- Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) ...... 16162 D gierung eingebrachten Entwurfs eines (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 16163 D Gesetzes zur Ergänzung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung Olaf Scholz, Bundesminister BMF ...... 16165 A des Bundeshaushaltsplans für das Otto Fricke (FDP) ...... 16166 A Haushaltsjahr 2020 (AfD) ...... 16167 B Drucksachen 19/13800, 19/13802, 19/ 13801, 19/14939 Nr. 2 ...... 16155 D (CDU/CSU) ...... 16167 D Christian Dürr (FDP) ...... 16169 C b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- (DIE LINKE) ...... 16170 D tung durch die Bundesregierung: Finanz- Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ plan des Bundes 2019 bis 2023 DIE GRÜNEN) ...... 16171 C Drucksachen 19/11801, 19/11802, 19/ (SPD) ...... 16172 D 14232 Nr. 1.1, 19/13927 ...... 16156 A Dr. (AfD) ...... 16173 C I.1 Einzelplan 01 Dr. André Berghegger (CDU/CSU) ...... 16174 A Bundespräsident und Bundespräsidial- Otto Fricke (FDP) ...... 16175 C amt Dr. André Berghegger (CDU/CSU) ...... 16175 D Drucksachen 19/13924, 19/13925 ...... 16156 A Sonja Amalie Steffen (SPD) ...... 16176 A I.2 Einzelplan 02 Dr. h. c. (Univ Kyiv) (CDU/ Deutscher Bundestag CSU) ...... 16176 C Drucksachen 19/13902, 19/13924 ...... 16156 A I.5 Einzelplan 10 I.3 Einzelplan 03 Bundesministerium für Ernährung und Bundesrat Landwirtschaft Drucksachen 19/13924, 19/13925 ...... 16156 B Drucksachen 19/13924, 19/13925 ...... 16177 D II Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Dr. Birgit Malsack-Winkemann (AfD) ...... 16178 A I.7 Einzelplan 12 (CDU/CSU) ...... 16179 A Bundesministerium für Verkehr und di- (FDP) ...... 16180 C gitale Infrastruktur Drucksachen 19/13912, 19/13924 ...... 16222 A Dr. (SPD) ...... 16181 D Dr. (AfD) ...... 16222 B -Förster (DIE LINKE) ...... 16182 B Rüdiger Kruse (CDU/CSU) ...... 16223 C Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ...... 16184 B (FDP) ...... 16225 A Julia Klöckner, Bundesministerin BMEL . . . . . 16185 D Sören Bartol (SPD) ...... 16226 A (DIE LINKE) ...... 16227 C Dr. (FDP) ...... 16186 D Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ (FDP) ...... 16188 C DIE GRÜNEN) ...... 16228 C (AfD) ...... 16190 A , Bundesminister BMVI . . . . . 16229 D (SPD) ...... 16191 A Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ Dr. Gero Clemens Hocker (FDP) ...... 16191 C DIE GRÜNEN) ...... 16232 A (BÜNDNIS 90/DIE Andreas Scheuer, Bundesminister BMVI . . . . . 16232 B GRÜNEN) ...... 16193 A Renate Künast (BÜNDNIS 90/ (CDU/CSU) ...... 16193 D DIE GRÜNEN) ...... 16232 D (SPD) ...... 16195 A Andreas Scheuer, Bundesminister BMVI . . . . . 16233 B (CDU/CSU) ...... 16196 C (AfD) ...... 16233 C (SPD) ...... 16197 D (SPD) ...... 16234 C (SPD) ...... 16198 C Dr. (FDP) ...... 16235 D Jörg Cezanne (DIE LINKE) ...... 16236 D I.6 Einzelplan 16 (BÜNDNIS 90/ Bundesministerium für Umwelt, Natur- DIE GRÜNEN) ...... 16237 C schutz und nukleare Sicherheit (CDU/CSU) ...... 16238 C Drucksachen 19/13915, 19/13924 ...... 16200 A (AfD) ...... 16239 D (AfD) ...... 16200 B (SPD) ...... 16240 B Andreas Schwarz (SPD) ...... 16201 B Ulrich Lange (CDU/CSU) ...... 16241 B Ulla Ihnen (FDP) ...... 16202 B (SPD) ...... 16242 C Ingo Gädechens (CDU/CSU) ...... 16203 B Heidrun Bluhm-Förster (DIE LINKE) ...... 16204 D I.8 Einzelplan 09 Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ Bundesministerium für Wirtschaft und DIE GRÜNEN) ...... 16205 D Energie Svenja Schulze, Bundesministerin BMU . . . . . 16207 A Drucksachen 19/13909, 19/13924 ...... 16243 B Dr. Rainer Kraft (AfD) ...... 16209 A Volker Münz (AfD) ...... 16243 B Marie-Luise Dött (CDU/CSU) ...... 16210 A (CDU/CSU) ...... 16244 C (FDP) ...... 16211 B (FDP) ...... 16245 D (AfD) ...... 16212 C (DIE LINKE) ...... 16247 B Judith Skudelny (FDP) ...... 16212 D Michael Theurer (FDP) ...... 16247 B (DIE LINKE) ...... 16212 D Johann Saathoff (SPD) ...... 16247 D (BÜNDNIS 90/ Heidrun Bluhm-Förster (DIE LINKE) ...... 16248 D DIE GRÜNEN) ...... 16213 D Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 16249 D (SPD) ...... 16214 D , Bundesminister BMWi ...... 16251 B (AfD) ...... 16215 D (AfD) ...... 16253 B Dr. (CDU/CSU) ...... 16216 C Thomas Jurk (SPD) ...... 16254 C Rüdiger Kruse (CDU/CSU) ...... 16218 A (FDP) ...... 16255 C Namentliche Abstimmung ...... 16218 D (DIE LINKE) ...... 16257 A Dr. (BÜNDNIS 90/ Ergebnis ...... 16219 A DIE GRÜNEN) ...... 16257 D Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 III

Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) ...... 16259 A Nächste Sitzung ...... 16264 C (SPD) ...... 16260 B (CDU/CSU) ...... 16261 B (SPD) ...... 16262 C Anlage (CDU/CSU) ...... 16263 A Entschuldigte Abgeordnete ...... 16265 A

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(A) (C)

129. Sitzung

Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Beginn: 10.00 Uhr

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Als überzeugter Liberaler strebte Jimmy Schulz nach Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bitte einer Balance zwischen der Freiheit im Netz und dem nehmen Sie Platz. Die Sitzung ist eröffnet. Schutz des Individuums. Diese Aufgabe ist eine bleiben- de, und sie geht jetzt auf uns über. Wir sind aufgefordert, Gestern ist unser Kollege Jimmy Schulz verstorben – in seinem Sinn die Digitalisierung tatkräftig zu fördern im Alter von nur 51 Jahren Er hinterlässt seine Frau und und zugleich aufmerksam über die Freiheitsrechte jedes drei Kinder. Ihnen gilt unser tief empfundenes Mitgefühl. Einzelnen zu wachen. Jimmy Schulz ist sehr offen mit seiner schweren Viele von uns verlieren mit Jimmy Schulz nicht nur Krankheit umgegangen. Das entsprach seinem Naturell: einen hochgeachteten Kollegen, sondern einen Mitstrei- Er war unerschrocken, begeisterungsfähig, voller Elan. ter; nicht wenige einen Freund. Er hat sich um unsere Er hat sich auch mit seinem Leiden nicht zurückgezogen. parlamentarische Demokratie verdient gemacht. Wir wer- (B) Er machte die Diagnose seiner Ärzte öffentlich und setzte den ihm ein ehrendes Andenken bewahren. (D) seine politische Mission mit aller Energie fort. Nach Kräften brachte er sich bis zuletzt in den Ausschuss Di- Unsere Gedanken sind bei seiner Frau und bei seinen gitale Agenda, dem er vorsaß, und in die aktuelle Debatte Kindern. Wir sprechen ihnen und allen Angehörigen un- um die Netzfreiheit und Netzsicherheit ein. Wer ihn in sere Anteilnahme aus. dieser Zeit erlebte, spürte, dass Jimmy Schulz gerade Ich darf Sie bitten, sich zu seinem Gedenken zu erhe- auch aus der parlamentarischen Arbeit Freude und Kraft ben. bezog. Vor allem hat er uns viel gegeben, indem er zeigte, wie man im Angesicht des nahen Todes sich voller Taten- (Die Anwesenden erheben sich) drang für seine Sache weiter engagieren, sogar nach neuen Möglichkeiten der parlamentarischen Teilhabe su- Ich danke Ihnen. chen kann. Mich hat es tief berührt, der feste Wille hat uns (Die Anwesenden nehmen wieder Platz) alle bereichert. Ich rufe die Tagesordnungspunkte I a und b auf: Seine besondere Leidenschaft galt der Netzpolitik. Es ist deshalb nicht ohne Symbolik, dass sein Tod ausgerech- a) – Zweite Beratung des von der Bundesre- net in die Woche fällt, in der in Berlin Vertreter aus aller gierung eingebrachten Entwurfs eines Welt zum Internet Governance Forum zusammenkom- Gesetzes über die Feststellung des Bun- men, um sich über die digitale Zukunft auszutauschen – deshaushaltsplans für das Haushalts- ein Ereignis, für das Jimmy Schulz bis zuletzt gearbeitet jahr 2020 (Haushaltsgesetz 2020) hat. Drucksachen 19/11800, 19/11802, 19/ Bereits in der 17. Wahlperiode gestaltete er als Ob- 14232 Nr. 1.1 mann der FDP-Bundestagsfraktion in der Enquete-Kom- – Zweite Beratung des von der Bundesregie- mission „Internet und digitale Gesellschaft“ und im Un- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- terausschuss Neue Medien die Digitalpolitik im zes zur Ergänzung des Entwurfs eines Deutschen Bundestag mit. Früher als viele andere hat er Gesetzes über die Feststellung des Bun- die Chancen, aber auch die Risiken der Informationstech- deshaushaltsplans für das Haushalts- nologie für unsere Freiheitsrechte erkannt. Konsequent jahr 2020 beschritt er alle in unserem Rechtsstaat gangbaren Wege, um ungezügelter Aktivitäten privater Unternehmen oder Drucksachen 19/13800, 19/13802, 19/ staatlicher Grenzüberschreitungen Herr zu werden. 13801, 19/14939 Nr. 2 16156 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble (A) b) Beratung der Beschlussempfehlung des Berichterstatter zum Einzelplan 08 sind die Abgeord- (C) Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) zu der neten Andreas Schwarz, Dr. André Berghegger, Dr. Birgit Unterrichtung durch die Bundesregierung Malsack-Winkemann, Christian Dürr, Dr. Gesine Lötzsch und Sven-Christian Kindler. Finanzplan des Bundes 2019 bis 2023 Berichterstatter zum Einzelplan 20 sind die Abgeord- Drucksachen 19/11801, 19/11802, 19/14232 neten Ekin Deligöz, Dr. André Berghegger, Esther Nr. 1.1, 19/13927 Dilcher, Ulrike Schielke-Ziesing, Ulla Ihnen und Michael Wir kommen zur Beratung der Einzelpläne, und zwar Leutert. zunächst der drei Einzelpläne, zu denen keine Aussprache Zu dem Einzelplan 08 liegen zwei Entschließungsan- vorgesehen ist. träge der Fraktion der AfD vor, über die wir am Freitag Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.1 auf: nach der Schlussabstimmung abstimmen werden. Einzelplan 01 Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Bundespräsident und Bundespräsidialamt Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Drucksachen 19/13924, 19/13925 Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Berichterstatter sind die Abgeordneten Kerstin Kollegen Peter Boehringer, AfD. Radomski, Johannes Kahrs, Peter Boehringer, Otto Fricke, Dr. und Ekin Deligöz. (Beifall bei der AfD) Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 01 Peter Boehringer (AfD): in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Ein- Wir werden von den Koalitionsrednern gleich hören, zelplan 01 bei Enthaltung der AfD mit den Stimmen der wie seriös das vorliegende Haushaltsgesetz doch sei. übrigen Fraktionen angenommen. (Johannes Kahrs [SPD]: Genau! – Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.2 auf: [SPD]: Ist es ja auch!) Einzelplan 02 Doch die Realität ist eine völlig andere: Deutscher Bundestag (Ulli Nissen [SPD]: Ha!) Drucksachen 19/13902, 19/13924 (B) Die Regierung profitiert von historisch einmaligen Son- (D) Berichterstatter sind die Abgeordneten Johannes dereffekten. Sie unterschlägt erneut gewaltige Risiken. Kahrs, Eckhardt Rehberg, Peter Boehringer, Dr. Stefan Sie wirtschaftet auf Kosten späterer Generationen und Ruppert, Dr. Gesine Lötzsch und Sven-Christian Kindler. auf Substanz. Und man arbeitet mit Etikettenschwindel Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 02 und Ideologie. in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer Die Steuereinnahmen sind eine nachlaufende Größe. stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Ein- Sie sind noch immer hoch; doch die gängelnde Ideologie- zelplan 02 einstimmig angenommen. politik der Regierung gegen deutsche Schlüsselindus- trien – und übrigens auch gegen die heute demonstrier- Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.3 auf: enden Landwirte hier draußen – wird am Arbeitsmarkt Einzelplan 03 und im Haushalt ein Desaster anrichten. Bundesrat Der Finanzminister profitiert schon seit Jahren von der Drucksachen 19/13924, 19/13925 Nullzinspolitik der EZB. Sie ist faktisch monetäre Staats- finanzierung. Die EZB fährt ein Konjunkturdauerpro- Berichterstatter sind die Abgeordneten Martin gramm, das über Mehrkonsum zu rekordhohen Steuerein- Hohmann, , , Christoph nahmen und zu rekordgeringem Zinsaufwand im Meyer, Heidrun Bluhm-Förster und Dr. . Haushalt führt. Der Bund spart so Dutzende Milliarden Wir stimmen ab über den Einzelplan 03 in der Aus- Euro pro Jahr auf Kosten der Bürger; denn dieser Aus- schussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage- nahmezustand enteignet die Sparer und Rentner. Das ist gen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Einzelplan 03 die Kehrseite der durch die Nullzinsen kaputtgeschlage- einstimmig angenommen. nen Altersvorsorge der Menschen. Es ist unanständig, dass die GroKo wortreich eine sogenannte soziale Grund- Damit rufe ich den Tagesordnungspunkt I.4 auf: rente plant, während im Nullzinsregime die Hauptursache a) Einzelplan 08 der kommenden asozialen Altersarmut liegt, von dem die Bundesministerium der Finanzen Regierung hier und heute massiv profitiert. Drucksachen 19/13908, 19/13924 (Beifall bei der AfD) b) Einzelplan 20 Dabei ist es reine Heuchelei, wenn die Herren Söder Bundesrechnungshof und Dobrindt nun Negativzinsen verbieten oder dem Spa- rer demonstrativ erstatten wollen. Ausgerechnet die CSU Drucksachen 19/13418, 19/13925 predigt diese steuerfinanzierte Planwirtschaft und weiß Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16157

Peter Boehringer

(A) doch ganz genau, dass sie damit nur die Folgen einer im Weltmaßstab recht irrelevanten – CO2-Ausstoß demo- (C) Politik mildern würde, die die Regierung selbst braucht, grafiebedingt in nur einer Generation um ein Drittel ver- um den Haushalt wenigstens scheinbar ausgeglichen zu ringern, ohne jeden politischen Eingriff in Form eines halten. Es läuft hier wie schon beim Integrationsaktionis- Klimapaketes, alleine nur durch ein Wiederherstellen mus der Regierung seit 2015 als Folge der Grenzauflö- von Grenzen gegen illegale Einwanderung. sung: Symbol- und Symptompolitik ersetzen das Ange- hen der Ursachen, die man selbst geschaffen hat. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der AfD) Noch immer enthält der Haushalt die illegitim aufge- häufte Asylrücklage. Nur durch eine 10-Milliarden-Ent- Hier ein aktueller Realitätstest der Regierungspolitik: nahme daraus war die schwarze Null wenigstens nominal Negativzinsen werden tatsächlich bereits rückerstattet – sicherbar. Die heute in der Rücklage noch vorhandenen über 153 Millionen Euro im Haushalt –, allerdings nur 35 Milliarden Euro werden 2021 – darauf wette ich – fast dem ESM, dem deutschen Sparer natürlich nicht. Das komplett aufgebraucht sein; denn dann ist ja die Legisla- sakrosankte EU-ropa wird immer schadlos gehalten. turperiode zu Ende. Selbst in der Anleiheemissionspolitik der Regierung Trotz dieser Tricks ertönt bei der Großen Koalition gibt es milliardenschwere Unseriosität: Ohne Not werden ernsthaft der Ruf nach neuen Steuern, noch dazu nach teure Altanleihen aufgestockt. Damit werden heute hohe falsch etikettierten. Die geplante Finanztransaktionsteuer Agios generiert und auch sofort im 2020er-Haushalt ver- etwa sollte eigentlich „Aktiensparsteuer“ heißen; denn sie plant – zulasten zu hoher Zinszahlungen der Steuerbürger wird nur die deutschen Kleinsparer treffen, die Aktien zur in der Zukunft. So entstehen zudem willkürliche, miss- Altersvorsorge halten, was in Zeiten des Nullzinses ja fast bräuchliche Fehlplanungen. Die schwarze Null wurde alternativlos geworden ist. vom BMF in der Bereinigungssitzung um 4 Uhr nachts herbeigerechnet durch Milliardenkorrekturen bei eben- ( [Erfurt] [SPD]: Wo sind diesen Anleiheagios. Der Finanzminister will auf gedul- denn die Kleinsparer, die Aktien haben?) digem Papier den Schein der Haushaltssolidität aufrecht- Wo soll denn sonst noch Rendite herkommen? Interna- erhalten. tionale Hedgefonds und institutionelle Derivatezocker Beim Soli nimmt man ein juristisches Debakel in Kauf. werden diese Steuer dagegen nicht zahlen. Und das Gan- Der Soli wird ab 2020 keine Rechtsgrundlage mehr ha- ze schimpft sich dann „gerechte SPD-Politik für den klei- ben. Das Haushaltsrisiko beträgt im kommenden Jahr nen Mann“. bereits 20 Milliarden und insgesamt über 55 Milliarden Auf der Ausgabenseite des Haushalts werden viele (B) Euro – ein Desaster für kommende Steuerzahler. Der Fi- (D) nanzminister weiß das auch ganz genau; er ignoriert es Großrisiken einfach ignoriert. Zu der langen Liste komme aber nach dem Motto „Nach uns, also nach unserer Amts- ich dann am Freitag. Das Fazit wird sich dann aber nicht periode, das Urteil und die Sintflut“. ändern: Nach uns die Sintflut bzw. superleere Kassen und schlagende Megarisiken – das ist die Politik dieser hoch- (Beifall bei Abgeordneten der AfD) seriösen Bundesregierung. Beim berüchtigten Klimapaket der Regierung erleben Herzlichen Dank. wir Volksverdummung. Man wiederholt ständig das ideo- logische Glaubensbekenntnis, das deutsche menschenge- (Beifall bei der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: machte CO2 sei monokausal hauptverantwortlich für den Die üblichen Verschwörungstheorien wieder!) kommenden klimatischen Weltuntergang – eine Behaup- tung ohne wissenschaftliche Grundlage; denn es gibt kein Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Modell – auch wenn jetzt Murren kommt –, das aus wel- Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Johannes cher auch immer gewählten Reduktion des deutschen Kahrs, SPD. CO2-Ausstoßes irgendeine messbare Änderung der Erd- temperatur errechnet. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der AfD) Johannes Kahrs (SPD): Minister Scholz verpackt die unseriöse CO2-Politik Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und darum in die absurde Formel: Wir tun es, weil wir es Kollegen! Der Kollege Boehringer hat hier seine üblichen können. – Gedacht war das – ich weiß es, Herr Scholz – Plattitüden und Verschwörungstheorien zum Besten ge- als ein Appell an deutsche Ingenieure. Doch selbst diese geben. können nicht gegen chemisch-physikalische Naturgeset- ze ankommen, was aber die deutsche Politik ernsthaft (Lachen des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD]) verlangt, zum Beispiel vom wichtigsten Arbeitgeber Deutschlands, der Automobilindustrie, und sogar von Wir wissen natürlich, dass das mit der Realität nichts zu den völlig CO -freien Dieselherstellern. tun hat. Insbesondere wenn man hier als Klimaleugner 2 auftritt, hat man die letzten Jahre komplett verpennt. Aber Deutsche Ingenieure können auch nicht gegen das mas- das ist bei der AfD ja schon länger so. Ich glaube, die siv CO2-steigernde Bevölkerungswachstum in Afrika, haben die letzten 70 oder 80 Jahre verpennt. Man wundert Asien und Arabien ankommen. Das autochthone sich, wo Sie anknüpfen, und man wundert sich, was Sie Deutschland würde seinen – mit nur 2 Prozent ohnehin hier so treiben. 16158 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Johannes Kahrs (A) Im Gegensatz dazu diese Bundesregierung: Bei dieser denn Menschen, die befristete Arbeitsplätze haben, su- (C) Bundesregierung muss man sich nicht wundern; diese chen sich neue Stellen, gehen weg, wodurch die Behör- Bundesregierung betreibt eine verlässliche, eine solide den gute Leute verlieren –, und wir heben Stellen, weil Haushaltspolitik. auch der Bund nicht überall satisfaktionsfähig ist. Hier muss die Bundesregierung an manchen Stellen aber noch (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE aus dem Quark kommen. Es kann nicht angehen, dass wir GRÜNEN]: Leider nicht!) glauben, dass wir Ingenieure mit einer E11-Stelle gewin- Daran sieht man, dass die Große Koalition funktioniert. nen können. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass wir Man sieht, dass wir in diesem Land die Dinge anpacken, als Bund besser bezahlen können, damit das am Ende die notwendig sind. funktioniert. Wir legen den seit Langem größten Investitionshaus- Olaf Scholz hat es gesagt – das ist von meinem Vor- halt vor. Wir haben in dieser Koalition dafür gesorgt, dass redner schon angesprochen worden –: Warum gehen wir in diesem Land investiert wird. die Bekämpfung des Klimawandels an? Warum haben wir ein Klimakonzept? Weil wir es können! – Wir als (Otto Fricke [FDP]: Jedenfalls in Hamburg!) Deutsche können es. Wir haben dafür gesorgt, dass die Probleme, die es in (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten diesem Land gibt, angegangen werden, dass das Geld, der CDU/CSU – Lachen und Beifall bei Abge- das für Investitionen zur Verfügung steht, auch abfließt. ordneten der AfD – Otto Fricke [FDP]: Das Wir haben die Schaffung von über 6 900 Stellen beschlos- sieht der Bundesrat aber anders!) sen, damit die Verwaltungen in die Lage versetzt werden, das, was wir hier beschließen, umzusetzen. Wir sind technisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich dazu in der Lage, der Welt ein Vorbild zu bieten. Dazu muss (Beifall bei der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Su- man aber eben aus dem Quark kommen. per!) ( [AfD]: „Quark“, das ist Wir werden Bauvorhaben beschleunigen. Wir werden genau das Stichwort!) dafür sorgen, dass wir die Infrastruktur – Straßen, Eisen- bahnstrecken – schneller bauen können. Das werden wir Man darf nicht wie die AfD in der Jammerecke hocken mit der CDU/CSU machen. Ich glaube, dass es notwendig und nur nölen, sondern man muss schaffen, man muss ist, dass wir uns alle hier am Riemen reißen, um die ent- machen. sprechenden Verfahren zügig durchzuführen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der (B) Wir werden im Bereich der Bekämpfung des Klima- CDU/CSU) (D) wandels nichts Großes bewegen können, wenn wir nicht Diesem Klimawandel kann man begegnen. Wir haben ein in der Lage sind, sowohl im Baurecht als auch im Pla- Klimapaket aufgelegt, nungsrecht alles zu beschleunigen. (Dr. [AfD]: Was bringt das (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der denn im Ergebnis?) CDU/CSU) das großartig ist, Wir werden keinen Ausbau im Bereich der Windenergie hinbekommen, wir werden keinen Ausbau der Stromlei- (Otto Fricke [FDP]: Deswegen stimmt Ham- tungen für den Transport dieser Energie von A nach B burg ja auch dagegen!) hinbekommen, und wir werden es nicht hinbekommen, weil es drei Dinge zusammenbringt: Wir bekämpfen den regenerative Energie dort zu gewinnen, wo wir das wol- Klimawandel, wir tun das sozial gerecht, und wir machen len, wenn wir Planungsrechte, Baurechte und anderes das wirtschaftlich vernünftig. nicht so eindampfen, dass es am Ende funktioniert. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Dr. Roland Hartwig [AfD]: Was bringt es CDU/CSU) denn?) Diese Investitionen, die wir hier aufsetzen, das, was Es bringt niemandem was, wenn, wie bei mir in Müm- wir investieren, das muss vor Ort wirken können, und melmannsberg, die Mieter in der zwölften Etage Miet- die Mittel dürfen nicht wieder an den Bund zurückfließen. nebenkosten haben, die höher sind als die eigentliche Deswegen ist dieser Bundeshaushalt in vielen Punkten Miete. Dass ihre Energierechnung explodiert, ist nicht ein guter. das, was sich die Menschen unter der Bekämpfung des (Otto Fricke [FDP]: Aber nicht in allen!) Klimawandels vorstellen. Wir investieren. (Beifall des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU]) Gleichzeitig schaffen wir neue Stellen, und – dafür ist Niemand kann sich vorstellen, dass wir Millionen von Olaf Scholz zu danken; das ist die sozialdemokratische Arbeitsplätzen abschaffen, die Wirtschaft gegen die Handschrift – wir entfristen Stellen - Wand fahren, Millionen Arbeitslose schaffen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Das muss vernünftig und (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulli wirtschaftlich ausgerichtet sein, sozial in der Praxis sein Nissen [SPD]: Sehr gut!) und vor Ort auch ankommen. Nur dann funktioniert das. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16159

Johannes Kahrs (A) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten – Ich höre jetzt aus den Reihen der SPD, ich würde ein (C) der CDU/CSU) Zerrbild zeichnen. Dazu kann ich nur sagen: Vielleicht sollten Sie sich überlegen, dass Sie das Ganze aus der Das schafft nur diese Große Koalition. Die Grünen schaf- falschen Perspektive sehen. fen das nur auf der einen Seite, die AfD quengelt, und die FDP schafft vielleicht ein bisschen auf der anderen Seite. (Johannes Kahrs [SPD]: Sie hätten ja regieren (Otto Fricke [FDP]: Was ist denn die andere können!) Seite?) Sie sehen es nämlich aus der Perspektive, die sich auch Es braucht jemanden, der es in diesem Land zusammen- in der Bereinigungssitzung wieder gezeigt hat. Das finde führt. Das ist diese Große Koalition. Das machen wir mit ich sehr interessant. Wir haben in der Bereinigungssit- diesem Haushalt. zung – sie dauerte bis morgens um 5 Uhr – noch einmal Erhöhungen bekommen. Deswegen: Glück auf und weiter so! (Johannes Kahrs [SPD]: Wo ist Herr Lindner (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten eigentlich? Hält der wieder irgendwo eine Re- der CDU/CSU) de?) Dann denkt man, dass das fair verteilt sein wird, etwa Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: fifty-fifty. Was ist Fakt? Weil wir am Freitag das Ende Nächster Redner ist der Kollege Otto Fricke, FDP. einer Abstimmung bei der SPD haben, haben die Sozial- demokraten von den ganzen 4,5 Milliarden Euro 82 Pro- (Beifall bei der FDP) zent bekommen und die CDU/CSU 18 Prozent. Otto Fricke (FDP): (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ach, so Es ist immer ein wenig überraschend, wer als nächster denken wir gar nicht!) Redner kommt. Auch das zeigt die verzerrte Perspektive, liebe SPD. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon bemerkenswert: Man denkt eigentlich, man könne bei (Christian Dürr [FDP]: So ist es!) derselben Leier bleiben; es ist wieder ein Weiter-so. Es geht hier nicht darum, Deutschland nach vorne zu (Johannes Kahrs [SPD]: Machst du doch sonst bringen, sondern darum, eine Partei zu erhalten, damit auch immer, Otto!) die Große Koalition noch zwei Wochen lang irgendwie (B) weiterwurschteln kann. (D) Auf den ersten Blick sieht es auch so aus. Diese Koalition redet über alles Mögliche, nur nicht über die Wirtschaft; (Beifall bei der FDP) man hat es gerade beim Kollegen Kahrs erlebt. Manchmal wünsche ich mir fast, dass der große sozialis- (Christian Dürr [FDP]: So ist es! Richtig!) tische Philosoph Kevin Kühnert recht hat, wenn er sagt: Am Nikolaus ist GroKo-Aus. Die Frage der Kurzarbeit, die Frage der Ängste um Ar- beitsplätze, die Frage des Wirtschaftswachstums, die Fra- Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist noch ge der Industrieproduktion, die Frage der Auftragsein- nicht einmal wirklich ausgeglichen. Es ist im Endeffekt gänge – nein, das hat nichts mit dem Haushalt für das ein Haushalt mit einer schwarzen Null auf Pump. nächste Jahr zu tun. (Johannes Kahrs [SPD]: Sie wollten doch nicht (Christian Dürr [FDP]: Das fällt vom Himmel!) regieren!) Man macht einfach weiter so. Das Erste ist, dass Sie an die Asylrücklage gehen. Das ist im Endeffekt so, als würde ein Privatbürger sagen: So sieht es dann auch aus, wenn man sich den Haushalt Mein Girokonto stimmt noch, alles ist gut. Ich nehme anschaut. Der Digitalfonds ist unterfinanziert. Wissen zwar noch mal 10 Milliarden Euro von meinem Kredit- Sie, wie viel mehr Sie im Bildungsbereich – Achtung: kartenkonto, hole das aus der Vergangenheit und ver- die Zukunfts-Große-Koalition – im Haushalt 2020 gegen- schulde mich aus der Vergangenheit heraus, aber eigent- über dem Haushalt 2019 vorgesehen haben? Satte lich sind meine Finanzen ausgeglichen. 18,9 Millionen Euro. Zweiter Punkt. Eigentlich sagt jeder, dass man das (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Vorher nicht ansprechen darf: globale Minderausgabe. Ja, das haben wir es verdreifacht!) ist etwas ganz Tolles. Herr Scholz sagt: So viel Geld gebe Das heißt, wenn wir mal ganz ehrlich sind: Sie bekommen ich aus, und das ist eine schwarze Null. – Was sagt er bei niedrigster Inflation noch nicht einmal den Inflations- dazwischen? Er sagt: Ach übrigens, von dem Geld, was ausgleich hin. Das ist das Bild, das Sie mit diesem Haus- ich euch für Brücken, für Straßen, für Gebäude und für halt abgeben. Das ist nicht mehr ein Weiter-so, sondern die Eisenbahn zur Verfügung stelle, behalte ich einen das sind inzwischen riesige Schritte rückwärts. kleinen Teil in der Tasche. Diesen dürft ihr nicht wirklich ausgeben. – So machen Sie eine schwarze Null. (Beifall bei der FDP – [Spandau] [SPD]: Ein Zerrbild, das Sie hier zeichnen!) (Beifall bei der FDP) 16160 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Otto Fricke (A) Das ist keine schwarze Null, sondern das sind rote Zah- (Johannes Kahrs [SPD]: Wartet einfach ab!) (C) len, die Sie in Wirklichkeit produzieren. und deswegen ist dieser Haushalt nicht einmal das Papier Im Endeffekt muss man noch etwas anderes sehen: wert, auf dem er gedruckt ist: 150 000 Euro im Jahr – und Dieser Haushalt rüttelt am Fundament. Warum stehen das im digitalen Zeitalter. Diese Koalition muss anders wir eigentlich bei den Zinsen so gut da? Wir stehen bei agieren. den Zinsen so gut da, weil man uns als Bundesrepublik Deutschland zutraut, dass wir in der Lage sind, jederzeit Danke. und immer, wenn es notwendig wäre, unsere Schulden (Beifall bei der FDP) zurückzuzahlen. (Johannes Kahrs [SPD]: Wir haben eine gute Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Regierung! Deswegen traut man uns! – Weitere Nächster Redner ist der Kollege Eckhardt Rehberg, Zurufe von der SPD) CDU/CSU. – Leute, warum seid ihr eigentlich so unruhig? Entweder (Beifall bei der CDU/CSU – Johannes Kahrs ihr fühlt euch getroffen, oder ihr habt es nicht verstanden. [SPD]: Aber jetzt los, Ecki!) Beides wäre für die Sozialdemokratie schlecht. (Beifall bei der FDP) Eckhardt Rehberg (CDU/CSU): Ich muss an der Stelle wirklich sagen: Herr Minister, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie- Sie haben da eine ganz wesentliche Aufgabe. Ich stimme ber Otto Fricke, 596 Anträge – das ist mehr Masse als Ihnen ja zu, dass es wichtig ist, Stabilität nach außen Klasse. Von dir, Otto, habe ich hier schon bessere Reden darzustellen. Aber glauben Sie denn, dass man sich diese gehört. Zahlen auf Dauer nicht genauer anschauen und dann se- (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Otto hen wird, was da auf uns zukommt? Glauben Sie wirk- Fricke [FDP]: Noch bessere?) lich, Sie können mit diesem Haushalt noch der Anker für Europa sein, der Deutschland eigentlich sein müsste? Erster Fake. Wir geben für Bildung und Forschung Nein, wir erleben Diskussionen – auch in Ihrer Partei, 18,3 Milliarden Euro aus. Ja, der Haushalt ist nur leicht bei den Grünen und bei anderen –, in denen gesagt wird, aufgewachsen, weil erstens – das sollte man hier mit hin- dass wir auch einmal an die Schuldenbremse herangehen zufügen – die Kompensationszahlungen für den Hoch- und mehr Verschuldung machen sollten. Wenn Sie da schulbau jetzt im Bund-Länder-Finanzausgleich abgebil- auch nur ein Jota über den Punkt hinausgehen, bei dem det sind und wir zweitens massive Minderbedarfe beim (B) das Vertrauen in Deutschland zerstört wird, dann rütteln BAföG haben. Das macht round about 400 Millionen (D) Sie an dem Fundament Europas, der Europäischen Union Euro aus. Das heißt, letztendlich ist dieser Haushalt um und des Euro-Raums. Davor kann ich für meine Fraktion über 400 Millionen Euro aufgewachsen. Deswegen sollte nur ausdrücklich warnen. man hier schon die ganze Wahrheit erzählen und nicht mit Fakes arbeiten – besonders nicht im digitalen Zeitalter. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Die FDP-Fraktion hat mit ihren Änderungsanträgen gezeigt – es sind 596 Stück –, dass sie in der Lage ist, Zweite Bemerkung. Wenn die FDP zufriedenstellt, das Versprechen, das wir alle gegeben haben, nämlich den dass nach ihrer Rechnung vier Fünftel zur SPD gegangen Soli zum 1. Januar 2020 vollständig abzuschaffen, einzu- sind und ein Fünftel zur Union, kann ich dir, Otto, nur halten. Die Große Koalition tut dies nicht. Sie riskiert entgegnen: lieber den Gang nach Karlsruhe mit allen Folgen, die dies haben könnte. (Johannes Kahrs [SPD]: Schön wäre es!) Wir sind eine gemeinsame Koalition, wir arbeiten ge- Zum Schluss möchte ich festhalten: Wir werden in meinsam für dieses Land, und das wollen wir bis zum Deutschland mit einem solchen Haushalt keine Zukunft Herbst 2021 auch gemeinsam machen. bauen können. Wir werden mit einem solchen Haushalt niemals in der Lage sein, die Anforderungen, die in Eu- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und ropa auf uns zukommen, auch nur einigermaßen zu be- der SPD) wältigen. Deswegen kann ich nur um eines bitten: Herr Minister, gehen Sie noch mal in sich; denn dieser Haus- Dieser Haushalt ist ein gutes Fundament für die nächs- halt ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. ten Jahre: (Ulli Nissen [SPD]: Na, na, na!) Erstens. Wir bringen den Klimaschutz mit 54 Milliar- den Euro voran, und ich hoffe, dass hier auch die Länder Kollege Kahrs, Sie sprachen vom Klimapaket; da kann mitmachen. ich nur lachen. Ihr eigenes Land und andere SPD-geführte Bundesländer (Lachen des Abg. Otto Fricke [FDP]) (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wo Zweitens. Die Investitionen bewegen sich mit 53 Mil- sind sie denn?) liarden Euro auf Rekordniveau. werden diesem Klimapaket im Bundesrat die Zustim- Drittens. Für die innere Sicherheit und besonders für mung verweigern, den Kampf gegen Rechtsterrorismus und Rechtsextre- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16161

Eckhardt Rehberg (A) mismus schaffen wir fast 4 000 neue Stellen bei der Bun- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir führen aktuell (C) despolizei, beim Bundeskriminalamt usw. usf. beim Klimapaket eine Debatte darüber, dass die Länder meinen, dass sie ihre Steuermindereinnahmen nicht tra- (Johannes Kahrs [SPD]: Sehr richtig!) gen können. Das sind je nach Rechnung 3 Milliarden Viertens. Wir kommen unseren internationalen Ver- Euro, wenn ich beim Thema „Mehrwertsteuer auf Bahn- pflichtungen nach. Die NATO-Quote für Verteidigung tickets“ die Kompensation nicht einrechne, und, wenn ich beträgt 1,42 Prozent. sie einrechne, 2 Milliarden Euro. Nicht zuletzt ist festzustellen: 52 Prozent des Haushal- (Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!) tes stehen für den Sozialbereich und für den sozialen Zu- Die Länder meinen, auch die Ministerpräsidentin von sammenhalt zur Verfügung. Mecklenburg-Vorpommern, man brauche mehr Geld für Das zeigt, dieser Haushalt ist auf Zukunft ausgerichtet, den ÖPNV. Jetzt hat sich der Bund entschlossen – das auf Forschung und Entwicklung, auf sozialen Zusam- trifft bei mir nicht gerade auf Freude –, die Regionalisie- menhalt und auf Investitionen. rungsmittel aufzustocken. Wie sieht es bei den Regional- isierungsmitteln aus? Die Probleme hat mein Kollege Kahrs durchaus schon angesprochen. Was ist denn seit vielen Jahren unser Prob- (Otto Fricke [FDP]: Jetzt kommt die Wahrheit!) lem? Dadurch, dass wir seit 2014 in der Lage sind, massiv Aktuell geben wir etwa 9 Milliarden Euro an die Länder. zu investieren, werden die Defizite in unserer Gesell- Dieses Geld können sie eigenverantwortlich einsetzen. schaft deutlich. Die Mittel fließen nämlich nicht ab – Der letzte Bundesrechnungshofbericht, Stand 31. Dezem- für Breitbandausbau, für die Verkehrsinfrastruktur, für ber 2016, sagt aus, dass es 2,8 Milliarden Euro an Resten Kommunalinvestitionen –, weil erstens Planungskapazi- gibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen: 2,8 Milliarden Eu- täten fehlen, zweitens die Standards zu hoch sind und ro Reste! Ich spreche gar nicht von Fehlverwendungen drittens wir ein viel zu kompliziertes Planungs- und Bau- dieser Mittel. Deswegen glaube ich, Herr Bundesfinanz- recht haben. minister und Herr Verkehrsminister, es ist wichtiger, erst (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Rich- mal dafür zu sorgen, dass die Reste abfließen und keine tig!) Strecken stillgelegt werden. Hier muss die Gesellschaft ran – auch beim Klimapaket. (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Genau!) Wir werden das Geld nicht umgesetzt bekommen, In Mecklenburg-Vorpommern belaufen sich die Reste auf wenn wir weiter verharren und wenn im Bundesrat weiter 245 Millionen Euro, und das Land legt Bahnstrecken (B) blockiert wird. Ich rufe auch das Bundesumweltministe- still. – Ich halte die Politik, die die Länder an dieser Stelle (D) rium auf, endlich die Blockadehaltung aufzugeben, damit machen, für absurd. wir in Deutschland zu einem besseren und schnelleren (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Baurecht und Planungsrecht kommen. neten der SPD und der FDP und des Abg. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]) ordneten der SPD und der FDP) Ich sehe schon die Debatte kommen – ich glaube, sie Große Ökonomen wollen uns einreden, dass wir wird diese Woche schon anfangen –: Der Bund zieht sich Deutschland nur voranbringen, wenn wir Schulden ma- aus dem sozialen Wohnungsbau zurück. Der Bund gibt chen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Finanzkrise in kein Geld mehr für den Hochschulbau. Der Bund gibt Europa ist nicht durch zu wenige Schulden entstanden; kein Geld mehr für Gemeindestraßen und für den öffent- sie ist durch zu viele Schulden entstanden. Das ist der lichen Personennahverkehr. – All denjenigen, die das die- Kernpunkt. se Woche möglicherweise anführen wollen, sage ich: 3 Milliarden Euro Entflechtungsmittel gibt es im Rahmen (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Bund-Länder-Finanzausgleichs in Form zusätzlicher bei Abgeordneten der SPD) Umsatzsteuerpunkte. Und die Länder sind eigenverant- Wenn ich unsere Haushalte angucke, dann sehe ich, wortlich dafür zuständig, das Geld in diesen Bereichen – dass wir kein Finanzierungsproblem haben; wir haben Wohnungsbau, Gemeindestraßen, ÖPNV – einzusetzen. ein Umsetzungsproblem. Es ist von den Ländern gewollt worden, dass diese Mittel nicht mehr über Verwaltungsvereinbarungen oder Fi- (Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!) nanzhilfen zugewiesen werden, sondern dass sie über Die Kommunen haben im letzten Jahr 38 Milliarden Euro diese Mittel frei verfügen können. Das heißt für mich für Investitionen zur Verfügung gestellt bekommen. Ein auch: Wer die Eigenverantwortung hat, hat auch die Zu- Drittel weniger ist abgeflossen. Das heißt, Bund, Länder ständigkeit und darf nicht ständig nach dem Bund rufen. und Kommunen müssen endlich gemeinsam darangehen, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- dass das Geld, das – in Anführungsstrichen – im Schau- ordneten der SPD und der FDP) fenster steht, auch umgesetzt wird. Das heißt, wir haben kein Einnahmeproblem. Wir haben ein Umsetzungsprob- Liebe Kolleginnen und Kollegen, immer wieder wer- lem. den neue Forderungen an den Bund herangetragen, sich in bestimmten Bereichen zu engagieren. Das mag an der (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und einen oder anderen Stelle vielleicht opportun sein. Aber des Abg. Otto Fricke [FDP]) gucken wir uns doch auch hier einmal die Umsetzung der 16162 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Eckhardt Rehberg (A) ganzen Geschichte an: 7 Milliarden Euro stehen seit dem überlassen und vielmehr an dieser Stelle eine generatio- (C) Frühjahr 2016 für kommunale Investitionen zur Verfü- nengerechte Finanz- und Haushaltspolitik miteinander gung. Was ist davon bisher umgesetzt? Gebunden sind vereinbaren. von den 7 Milliarden Euro gerade mal die Hälfte, abge- flossen gerade mal ein Drittel. Stichwort Breitbandaus- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bau: Alex Dobrindt hat dafür gesorgt, bei Abgeordneten der SPD) Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine der großen He- (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rausforderungen der nächsten Tage wird das Klima- NEN]: Das glaube ich nicht!) schutzpaket sein. Ich richte einen sehr deutlichen Appell dass seit dem Herbst 2015/Frühjahr 2016 über 4 Milliar- an die Bundesländer. Der Bund übernimmt hier eine Brut- den Euro Fördermittelbescheide ins Land herausgegan- tolast von 54 Milliarden Euro. Alles gegenrechnet haben gen sind. wir nach unseren Berechnungen eine Nettolast von 17 Milliarden Euro. Die Länder werden mit Kompensa- (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tion der Mehrwertsteuerabsenkung bei der Bahn rund NEN]: Bestimmt nach Bayern!) 2 Milliarden Euro in vier Jahren und ohne Kompensation Umgesetzt davon – Stand heute –: Null! Das ist die Rea- 3 Milliarden Euro haben. Der Bund wird bei Regional- lität. Das heißt ganz einfach: Auch hier kranken wir nicht isierungsmitteln bzw. Förderprogrammen in verschieden- an zu wenig Geld, sondern wir kranken schlichtweg an sten Bereichen Entlastungen der Länder um rund 3 Mil- der Umsetzung. liarden Euro vornehmen. Für mich und auch für alle 16 Bundesländer soll der Klimaschutz nicht nur eine Bun- Liebe Kolleginnen und Kollegen, manchmal kann man desaufgabe sein, sondern eine gemeinsame Aufgabe im eine Brücke nicht sanieren, weil da Fledermäuse leben. föderalen System von Bund, Ländern und Kommunen. Aktuell hat es ein Projekt erwischt, hinter dem der Deut- sche Bundestag direkt steht, und zwar der Bau des Frei- Herzlichen Dank. heits- und Einheitsdenkmals in Berlin. Dieser wird sich massiv verzögern, wahrscheinlich um zwei Jahre. Die (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- dort lebenden Fledermäuse müssen erst umgesiedelt wer- neten der SPD und des Abg. Otto Fricke [FDP]) den. Das ist die Realität in dieser Republik. In Mecklen- burg-Vorpommern hat eine Brücke über die Müritz eine Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Bauverzögerung von fast zwei Jahren gehabt – Kosten: Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Dr. Gesine 1 Million Euro –, damit sieben Fledermausarten umge- Lötzsch, Die Linke. siedelt werden konnten. Das sind die Probleme, denen wir (B) uns zuwenden müssen, statt immer neue Schulden zu (Beifall bei der LINKEN) (D) fordern und nach irgendwelchen Fonds und Sonderver- mögen zu rufen. Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Damen und Herren! Gestern war der Internationale Tag Man muss endlich darangehen, das Geld umzusetzen, das gegen Gewalt an Frauen. Jede Stunde wird in Deutsch- wir haben. Alles andere macht an dieser Stelle nach mei- land eine Frau zum Opfer einer gefährlichen Körperver- ner Auffassung keinen Sinn. letzung. Ich finde, das ist eine Schande für unser Land, und wir dürfen nicht wegsehen. Ich sage den Weltökonomen, gerade auch in Richtung Grüne, die meinen, man müsse immer mehr Schulden (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordne- machen und 35 Milliarden Euro für einen Bundesinvesti- ten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE tionsfonds auflegen: Was, glauben Sie, wird von diesem GRÜNEN) Geld abfließen? Im ersten Jahr – das garantiere ich Ihnen – Im Bundeshaushalt wurden 5 Millionen Euro zusätz- wird das ein Bruchteil sein, im zweiten Jahr noch weni- lich zur Unterstützung von Frauen und ihrer Kinder, die ger. Aber in zehn Jahren – und das ist das Problem – Opfer von Gewalt wurden, beschlossen. Das ist leider nur haben Sie 350 Milliarden Euro ins Schaufenster gestellt, ein Tropfen auf den heißen Stein. In Deutschland fehlen und die Schuldenlast des Bundes, die jetzt bei 1,2 Billio- 140 000 Plätze in Frauenhäusern. Ich weiß, diese Plätze nen Euro liegt, wird deutlich gestiegen sein. zu schaffen, ist Aufgabe der Länder, Natürlich kann man argumentieren, dass wir zurzeit (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Niedrigzinsen bzw. Minuszinsen haben. Aber glauben Sie wirklich, dass die anhalten? Allein bei den zehnjäh- doch ich denke, auch der Bund muss hier mehr tun, und rigen Bundesanleihen lag die Rendite im Frühjahr bei zwar Grundsätzliches. minus 0,7 Prozent, aktuell sind es nur noch minus 0,3 Pro- zent. Und was machen Sie, wenn die Zinsen auf 1, 1,5 (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordne- oder 2 Prozent steigen? ten der CDU/CSU, der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN) (Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!) Die Wissenschaftler Richard Wilkinson und Kate Pi- Generationengerechtigkeit heißt für mich auch, dass wir ckett haben Dutzende Studien aus der ganzen Welt zum den zukünftigen Generationen nicht nur beim Thema Thema Gewalt ausgewertet. Ergebnis: Es gibt einen star- Klima, sondern auch bei den Finanzen keine Erblasten ken Zusammenhang zwischen Einkommensungleichheit Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16163

Dr. Gesine Lötzsch (A) und Gewaltverbrechen. Es reicht also nicht, Frauenhäuser ich kann Ihnen sagen: Diese Ausrede höre ich seit Jahren. (C) zu bauen. Wir müssen die Ungleichheit in unserer Gesell- Die Bundesregierung tut doch nichts dafür, dass die Gel- schaft bekämpfen. Das sagt Die Linke sehr deutlich. der auch ausgegeben werden können. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Entschulden Sie endlich die Kommunen! (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Stefan Solange, meine Damen und Herren, die reichsten 10 Pro- Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Otto zent in Deutschland über mehr als die Hälfte des Vermö- Fricke [FDP]: Dafür ist der Bund jetzt auch gens verfügen, die ärmere Hälfte aber nur 1,3 Prozent hat, noch zuständig! – Zuruf des Abg. Eckhardt brauchen wir uns über zunehmende Gewalt nicht zu wun- Rehberg [CDU/CSU]) dern. Dann können Kommunen nämlich aus eigener Kraft in- Tatsache ist auch, dass die Ungleichheit in unserer Ge- vestieren. sellschaft, in Deutschland, schneller wächst als in vielen anderen Ländern Europas, und – man muss es so deutlich Union und SPD sind stolz darauf, dass sie nicht mehr aussprechen – schuld daran ist die Regierung aus CDU/ ausgeben, als sie einnehmen. Damit lenken sie davon ab, CSU und SPD. Sie tragen die Verantwortung. Denn Sie für welchen Unsinn und für welche Verschwendung stemmen sich seit Jahren mit Händen und Füßen gegen Steuergelder ausgegeben werden. Viel zu viel Geld fließt eine gerechte Steuerpolitik. Das muss sich endlich än- in die Rüstung. Dazu sagt Die Linke: Das wollen wir dern, meine Damen und Herren. nicht. Wir wollen weniger Geld für Rüstung, mehr Geld für Friedensprojekte. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven- Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der LINKEN) NEN]) Sie geben weiterhin viel Geld für die NATO aus, eine Finanzminister Scholz ist immer noch so stolz auf die Organisation, die immerhin der französische Präsident schwarze Null. Doch der ökonomische Sachverstand sagt als „hirntot“ bezeichnet hat. Man muss ja diese Wortwahl deutlich: Die schwarze Null ist ökonomischer Unsinn und nicht teilen; aber man sollte zumindest darüber nachden- verbaut die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Die ken. Rufe nach mehr Investitionen werden immer lauter, und Sie müssen dreistellige Millionenbeträge für Strafzah- zwar zu Recht. Sogar BDI und DGB – also Arbeitgeber lungen ausgeben, weil Sie die Klimaziele nicht erreicht und Arbeitnehmer – verlangen gemeinsam eine Investi- haben, und auch die Mautbetreiber werden millionen- tionsoffensive. Michael Hüther vom arbeitgebernahen In- schwere Forderungen stellen. stitut der deutschen Wirtschaft und Sebastian Dullien, (B) Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökono- Meine Damen und Herren, es geht also nicht darum, (D) mie und Konjunkturforschung, haben einen Investitions- Steuergelder mit vollen Händen für die falschen Dinge bedarf von 450 Milliarden Euro für unser Land errechnet. aus dem Fenster zu werfen, wie die Bundesregierung es Sie fordern unter anderem 138 Milliarden Euro für Maß- macht, sondern es geht darum, in die Zukunft zu inves- nahmen in den Kommunen und 110 Milliarden Euro für tieren, wie wir es vorgeschlagen haben. Wir wollen Bildung und Wissenschaft. Ich sage Ihnen: Diese Forde- Steuergelder für mehr Bildung, für mehr bezahlbare Woh- rungen kann unsere Fraktion sofort unterschreiben. nungen, für bessere Pflege, für Klimagerechtigkeit und gegen Armut einsetzen. (Beifall bei der LINKEN) (Otto Fricke [FDP]: Sie wollen vor allen Din- Nun wurde auf dem CDU-Bundesparteitag ein wirk- gen mehr Steuergelder!) lich richtungsweisender Antrag beschlossen: Vor jeder Schule soll zukünftig eine Deutschlandflagge wehen. Da- Das wäre der richtige Weg. mit will die CDU offensichtlich darauf hinweisen, dass Vielen Dank. die Bildung in unserem Land mit 100 Milliarden Euro unterfinanziert ist. Ich würde diesen Antrag noch erwei- (Beifall bei der LINKEN) tern: In jedem Funkloch sollte eine Deutschlandfahne wehen. Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: (Heiterkeit bei der LINKEN) Anja Hajduk, Bündnis 90/Die Grünen, ist die nächste Rednerin. Dann sieht es in unserem Land bald wieder so aus wie bei der Fußballweltmeisterschaft 2006. Und auf diese Weise (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) würden wir der Welt zeigen, wie offen die Bundesregie- rung mit ihrem Versagen umgeht, meine Damen und Her- Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ren. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- ren! Es geht also in dieser ganzen Woche um den Haus- (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie halt 2020, um die Frage: Was sind die notwendigen und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE die richtigen Ausgaben, Schwerpunkte und Impulse für GRÜNEN) eine gute Zukunft unseres Landes? Und das in einer Zeit, Die Regierung will nicht mehr investieren – Kollege wo sich die Menschen, wo sich auch unsere europäischen Rehberg ist ja ausführlich darauf eingegangen –, weil Nachbarn Orientierung von einer deutschen Regierung schon die beschlossenen Milliarden nicht abfließen. Doch wünschen – zu Recht! 16164 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Anja Hajduk (A) Aber was ist passiert? Ich kann sagen: Bei diesen Haus- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (C) haltsberatungen ist in der Bereinigungssitzung eigentlich Und da kann man sich doch nicht, wie Herr Rehberg das gar nichts mehr passiert. hier macht, hinter Umsetzungsproblemen verstecken. Ihr (Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Was? – Otto einziges Argument, warum Sie nicht investieren, ist, dass Fricke [FDP]: Das würde ich jetzt aber bestrei- Sie sagen: Wir schaffen es nicht, das umzusetzen. – Das ten!) ist keine Antwort an Europa; das ist auch keine Antwort an die Menschen in unserem Land. Das, was im September noch alles offen und unvollstän- dig war, das hat die Bundesregierung mit ihrem Klima- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- paket nachgeliefert. Wir nennen es aus gutem Grund „Kli- wie des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LIN- mapaketchen“. Sie haben heute wieder angekündigt: Es KE]) umfasst 54 Milliarden Euro . – Das ist eine ziemliche Täuschung der Öffentlichkeit. Wenn man genau nach- Wir zeigen Ihnen auf, wie man es ab jetzt konkret an- guckt, sieht man: Es sind 25 Milliarden Euro zusätzlich ders angehen könnte: im Haushalt 2020 20 Prozent Mehr- für die gesamten vier Jahre, die Sie kalkulieren. Das ist investitionen oder von mir aus in vier Jahren ein 100- für diese Herausforderung zu klein. Es ist sozial unaus- Milliarden-Euro-Programm für Klimaschutzinvestitio- gewogen, und es wird kaum Wirkung entfalten. nen. Um es aber runterzubrechen, statt sich hinter großen Zahlen zu verschanzen: Die Investitionen sollen in die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- Schiene, in den Ausbau von Kitas und Bildungs- wie des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LIN- infrastruktur gehen. Wir legen unmittelbar einen Digital- KE]) fonds auf. Und, nicht zu vergessen, auch die Themen faire Wärme, Gebäudesanierung und Wohnen spielen da eine Dabei, Herr Scholz, wird auch noch Seriosität in Ihrem große Rolle. Wir kombinieren das mit einem CO Haushalt vorgespielt. Ich verweise auf die ach so wichtige 2-Preis, schwarze Null, die Sie immer vor sich her tragen. Dabei dessen Einnahmen vollständig an die Bürgerinnen und wissen Sie und könnten auch zugeben – wir jedenfalls Bürger zurückgegeben werden, damit das auch sozial sagen es klar –: Dieser Haushalt hat eine strukturelle ausgewogen ist. Lücke von 15 Milliarden Euro . Das wird verdeckt durch (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eine globale Minderausgabe und dadurch, dass Sie für 10 Milliarden Euro in eine Rücklage greifen. Das ist die Das Problem bei Ihnen ist ein sehr grundsätzliches. Sie Wahrheit zum Haushalt 2020. haben sich ideologisch hinter der schwarzen Null ver- schanzt – nicht nur die CDU, auch die SPD. Sie verschan- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- (B) zen sich hinter der Vokabel „Umsetzungsproblem“. (D) wie der Abg. Otto Fricke [FDP] und Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]) (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: „Seriö- ses Wirtschaften“ heißt das! – Weiterer Zuruf Was vollständig fehlt, ist wirklich eine Antwort auf die von der CDU/CSU: Ist ja auch so!) sehr, sehr großen Herausforderungen, auf den Investi- tionsstau von 140 Milliarden Euro in den Kommunen. – Hören Sie zu, Herr Grosse-Brömer. Zu Recht hat meine Kollegin Lötzsch erwähnt: Das Insti- tut der deutschen Wirtschaft – es ist nicht irgendwie ver- (Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Mein Gott!) dächtig, in einer sehr linken Ecke nur Ausgabenpolitik zu Dabei geht es nicht darum, die Schuldenbremse abzu- fordern - schaffen. Ich zitiere Herrn Lang vom BDI: (Otto Fricke [FDP]: Na ja!) Im Gegensatz zur Schuldenbremse, die im Grund- spricht von einem 450-Milliarden-Euro-Paket, in dem die gesetz verankert ist, gehört die schwarze Null in ei- Kommunen enthalten sind, in dem es aber auch um Mo- ner konjunkturell fragilen Lage auf den Prüfstand. bilität geht. Da sind Investitionen im zweistelligen Mil- Wenn sich BDI und Gewerkschaften zusammentun und liardenbereich notwendig. sagen: „Wachen Sie auf! Wir brauchen einen anderen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Impuls!“, wenn Wirtschaftswissenschaftler das sagen sowie bei Abgeordneten der LINKEN) und auch der Erfinder der Schuldenbremse, Herr Kastrop, ehemals Bundesfinanzministerium, dann sollte Ihnen das Auch die Bildungsinfrastruktur muss in einem ganz ande- doch zu denken geben. ren Ausmaß ausgebaut werden. Auch die CO2-neutrale Wirtschaft und die Digitalisierung brauchen ein ganz an- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) deres Volumen und einen ganz anderen Impuls. Seien Sie nicht so arrogant mit Ihrer Mehrheit. Man kann es auch anders sagen, Herr Scholz: In den 70er-Jahren hat Deutschland 5 Prozent seiner Wirt- (Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) schaftsleistung investiert. In den 70er-Jahren wurde eine Denn visionäre Kraft ist bei Ihnen sowieso nicht vorhan- moderne Bildungsinfrastruktur geschaffen. Was ist denn den. Seien Sie wenigstens so mutig, eine Kurskorrektur in 2019, bitte schön, anders, dass wir nicht auch bei der vorzunehmen. Deswegen mein Aufruf: Nutzen Sie In- Digitalisierung und der Modernisierung unserer Wirt- strumente wie Investitionsgesellschaften! schaft in Richtung Klimaschutz einen solchen Aufbruch vornehmen? (Zuruf des Abg. Johannes Kahrs [SPD]) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16165

Anja Hajduk (A) Richten Sie im Spielraum der Schuldenbremse einen hier gar nicht so viele Spielräume. Andere wiederum ver- (C) mehrjährigen Bundesinvestitionsfonds ein! Zukunft, treten das auch, sagen aber gleichzeitig, wir müssten mehr Herr Scholz, gibt es nicht zum Nulltarif. Kommen Sie Schulden machen. raus aus dieser finanzpolitischen intellektuellen Verbohrt- heit – man könnte auch sagen: Faulheit! Die Menschen in (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Deutschland und in Europa würden es Ihnen danken. NEN]: Was sagt denn der Olaf Scholz?) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ich glaube, alle diese Ansichten passen nicht zusammen. Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Arrogant bis Tatsächlich ist es so, dass wir in den letzten Jahren zum zum Gehtnichtmehr! Grüne Arroganz! – Wei- Beispiel die Spielräume genutzt haben, die sich aus der tere Zurufe von der CDU/CSU) reduzierten Zinsbelastung im deutschen Haushalt erge- ben haben. Das sind sehr viele Milliarden zusätzlich. Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Wir haben einmal 40,2 Milliarden Euro Zinsen gezahlt; Jetzt hat das Wort der Bundesfinanzminister Olaf es geht jetzt runter in Richtung – da sind wir noch nicht – Scholz. 10 Milliarden Euro. Da sieht man, was für eine Verände- rung stattgefunden hat. Wir haben sie dafür genutzt, um (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten keine neuen Schulden mehr zu machen – ja, klar, das war der CDU/CSU) auch richtig so –, aber wir haben sie auch genutzt für Investitionen und für Expansion dort, wo das fiskalpoli- Olaf Scholz, Bundesminister der Finanzen: tisch notwendig ist. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal bei allen bedanken, die in den letz- (Beifall bei der SPD) ten Wochen und Monaten die Diskussionen über den Es wird beklagt, dass wir unsere Rücklagen nutzen. Haushalt vorangetrieben haben. Insbesondere die Zusam- Nein, das ist falsch. Ja, wir nutzen die Rücklagen, die menarbeit im Haushaltsausschuss war für mein Ministe- wir haben. rium wie immer sehr erfreulich. Deshalb an dieser Stelle noch mal einen herzlichen Dank. (Otto Fricke [FDP]: Dann geben Sie es ja zu!) (Dr. [DIE LINKE]: Keiner klatscht! Wir nutzen sie für eine expansive Haushaltspolitik. Aber Was ist los?) es können nicht die eine Rede und die andere Rede gleich- Wenn wir über die Haushaltspolitik diskutieren, dann zeitig richtig sein. ist es, glaube ich, ganz wichtig, dass wir mit etwas auf- (B) (Otto Fricke [FDP]: Dann geben Sie es ja zu: (D) hören, was wir heute Morgen schon wieder erlebt haben: Sie gehen an die Rücklagen!) Alle reden in ihren Reden aneinander vorbei, niemand bezieht sich aufeinander, und alle erzählen Geschichten, Das, was wir machen, ist genau das Richtige in der jetzi- die gleichzeitig nicht richtig sein können. gen wirtschaftlichen Situation unseres Landes. (Zuruf von der LINKEN: Keine Sorge! Das (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ändert sich!) der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Also gehen Das ist aus meiner Sicht schon ein Problem, mit dem wir Sie doch an die Rücklagen!) uns auseinandersetzen müssen, wenn wir über die Zu- Es ist eine zukunftsfähige Tätigkeit, die wir hier verrich- kunft und die Aufgaben reden, die wir miteinander bewäl- ten. tigen wollen. Und dann wird übersehen, wie groß die Entlastungen (Beifall bei der SPD) sind, die wir in dieser Legislaturperiode für die Bürger- Der Haushalt, der hier vorliegt, ist ein sehr expansiver innen und Bürger auf den Weg gebracht haben. Wenn man Haushalt. 362 Milliarden Euro ist eine Menge Geld, das all das zusammenrechnet, was steuerlich von uns unter- wir ausgeben. Es ist eine substanzielle Steigerung gegen- nommen worden ist – dazu zählt auch die Entscheidung, über dem vorherigen Haushalt. Es ist eine substanzielle den Soli für 90 Prozent derjenigen, die ihn bisher zahlen, Steigerung der Investitionen. Es ist eine substanzielle abzuschaffen –, Reduzierung der steuerlichen Last der Bürgerinnen und Bürger. Es ist eine Verbesserung der sozialen Ausstat- (Otto Fricke [FDP]: Es sei denn, man ist Spa- tung. Es sind mehr Investitionen in das Klima. – Das rer!) bestreitet niemand, auch wenn alle Reden sehr unter- dann ergibt das in voller Wirksamkeit eine Entlastung in schiedlich klangen. Ich finde, das ist eine gute Leistung. Höhe von 25 Milliarden Euro pro Jahr. Das genau ist das (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Zeichen, auf das viele Bürgerinnen und Bürger gewartet der CDU/CSU) haben. Wir haben es gesetzt. Aber dann wird alles durcheinandergebracht. Da wird (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten einerseits gesagt, man müsse viel mehr machen. Dann der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Aber das wird andererseits – jedenfalls von einem Teil derjenigen, kommt doch gar nicht im nächsten Jahr! Das die hier geredet haben – gesagt, man könne ja gar nicht; kommt doch gar nicht! Ist doch gar nicht im denn in Wahrheit, wenn man genau hinschaue, hätten wir Haushalt drin!) 16166 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Bundesminister Olaf Scholz

(A) Ich sage ausdrücklich, dass das auch etwas damit zu tun CO2-neutral produzieren und trotzdem noch wirtschaft- (C) hat, dass wir natürlich dafür sorgen, dass es sich um einen lich erfolgreich und technologisch an der Spitze sind. sozial ausgewogenen Haushalt handelt. Manchmal liest man ja bzw. wird sich darüber beklagt, dass in den Din- (Beifall bei der SPD) gen, die wir hier machen, zu viel Soziales enthalten sei. So groß ist das Projekt nämlich. Es geht um die Wei- Ich empfinde das – – chenstellungen für die nächsten Jahrzehnte. Das ist das, was wir jetzt tun. Und wenn die 20er-Jahre in wenigen Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Wochen beginnen, dann kommt es auf das an, was wir jetzt auf den Weg gebracht haben. Es sind die richtigen Herr Bundesfinanzminister, der Kollege Fricke würde Entscheidungen. Von manchen wird wiederholt kritisiert, gerne eine Zwischenfrage stellen. dass wir sie getroffen haben. Ja, wir haben eine Weichen- stellung vorgenommen und gesagt: Es wird wesentlich Olaf Scholz, Bundesminister der Finanzen: mehr in die Bahn investiert; es werden in den nächsten Ja. zehn Jahren 89 Milliarden Euro sein. Wir werden die Mittel erhöhen, damit überall in Deutschland neue Bahn- Otto Fricke (FDP): linien wiedereröffnet werden können, und das wird Jahr für Jahr geschehen. Und wir werden dafür Sorge tragen, Herr Minister, weil Sie es wieder gesagt haben: Sie dass auch neue S- und U-Bahnlinien geplant werden kön- sagen über den Haushalt 2020, Sie würden darin den Soli nen – mit massiven Erhöhungen jetzt und mit angekün- für 90 Prozent der Steuerzahler senken. Erstens stimmt digten Erhöhungen bis 2025. das nicht in Bezug auf die Sparer. Zweitens. Könnten Sie mir und auch anderen bitte bestätigen, dass das nicht (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten stimmt, sondern dass der Soli im Haushalt 2020 in keiner der CDU/CSU) Weise gesenkt wird? Das sind notwendige Entscheidungen. Und wir wissen (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zurufe ganz genau, dass wir diese große technologische Kehrt- von der SPD: Hat er aber doch gar nicht ge- wende nicht zustande bekommen, wenn nicht die Ener- sagt!) giewirtschaft investiert, zum Beispiel in erneuerbare Energien, in den Ausbau von Offshore- und Onshore- Olaf Scholz, Bundesminister der Finanzen: windkraftanlagen, in den Ausbau der Solarenergie. Wenn Es stimmt gar nicht, was Sie sagen, was ich gesagt es uns nicht gelingt, dass da so viel investiert wird, dass hätte. Das ist das Problem an dieser Frage. wir 65 Prozent erneuerbare Energien 2030 haben, dann (B) wird diese Kehrtwende nicht zustande kommen. Aber wir (D) (Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Otto müssen unseren Beitrag leisten, indem wir jetzt die recht- Fricke [FDP]: War das alles? – Abg. Otto lichen Voraussetzungen schaffen, dass dieser Ausbau tat- Fricke [FDP] nimmt wieder Platz – Zurufe sächlich stattfindet. Und das wird die Regierung tun; wir von der SPD: Stehen bleiben!) werden dafür Sorge tragen. Ich habe von dieser Legislaturperiode gesprochen, und in (Beifall bei der SPD) der, habe ich gesagt, wird es in voller Wirksamkeit so Gleichzeitig begleiten wir zum Beispiel im Bereich sein, dass die Entlastung Stück für Stück auf 25 Milliarden Mobilität die Investitionen der Automobilindustrie, in- Euro pro Jahr anwächst, zum Beispiel durch die steuer- dem wir dafür Sorge tragen, dass es 1 Million Ladepunkte lichen Entlastungen für Familien, durch den Ausgleich in Deutschland geben wird – eine Zielsetzung, die die der kalten Progression, durch all diese Maßnahmen und Politik so ehrgeizig formuliert hat; alle haben weniger natürlich auch durch die weitgehende Abschaffung des von uns gefordert. Es ist ein Zeichen dafür, dass wir be- Solis. Das sind dann, wie ich gesagt habe, in voller Wirk- griffen haben, dass Ehrgeiz jetzt notwendig ist, und dass samkeit 25 Milliarden Euro. Ich wiederhole die Zahl aus- wir bereit sind, das Notwendige zu tun. drücklich, weil sie so schön ist und auch von der FDP irgendwann wiederholt werden sollte. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, zu den Dingen, die notwen- dig sind, gehört immer auch, dass wir dafür Sorge tragen, Es ist nämlich manchmal eben alles ganz anders. Dazu dass diejenigen, die in unserem Land aufwachsen, dafür zählt auch, dass wir natürlich einen sehr hohen Investi- die besten Bedingungen vorfinden. Deshalb bin ich sehr tionsetat haben und dass wir natürlich alles Mögliche froh darüber, dass wir jetzt vieles tun, was dazu gehört. dafür tun, dass wir den menschengemachten Klimawan- Dazu gehört der Kitaausbau, dazu gehört die Reduzierung del aufhalten können. Das bedeutet, dass wir jetzt von Gebühren, dazu gehört zum Beispiel auch, dass wir Weichen stellen, indem wir Gesetze erlassen, Steuerge- die Schulen besser ausstatten. Das alles haben wir unter setze ändern und Investitionen tätigen. Alles das ist unter- anderem mit einer Verfassungsänderung möglich ge- wegs. Es sind bereits zehn gesetzliche Maßnahmen in den macht, die dieses Haus beschlossen hat. Deutschen Bundestag eingebracht worden, die dazu bei- tragen sollen, dass wir diese Kehrtwende unserer Finanz- All das ist aber nur ein wichtiger Teil einer großen und Wirtschaftspolitik zustande bringen, dass Deutsch- Anstrengung in einem föderalen Gefüge. Denn die deut- land das Land sein wird, das sicherstellt, dass wir 2050 sche Politik in unserem Land besteht Gott sei Dank nicht Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16167

Bundesminister Olaf Scholz (A) nur aus der Bundesregierung und dem Bundestag. Sie genstaatlichkeit verloren geht. – Wo also haben wir uns (C) besteht auch aus 16 Ländern und den vielen Kommunen die Grenze der Transferleistung an die EU vorzustellen, in Deutschland. Das ist die nächste Aufgabe, die wir vor ab der die Verfassung ausgehebelt wird? Eine pikante uns haben: die Investitionen der Kommunen wieder zu Frage. stärken. Zweitens: der Euro und die Vermögensverteilung. Be- (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE kanntlich war und ist der Euro ein politisches Projekt. GRÜNEN]: Wann denn?) Mitterrand hatte in der D-Mark die „Atombombe der Deutschen“ gesehen. Deshalb betrieb er das Geschäft: Ich bin dafür, dass wir diejenigen, die zu viele Schulden Wiedervereinigung gegen Abrüstung. Er hat dabei gepo- haben, entlasten und sie in die Lage versetzen, auch zu- kert und gewonnen. Er hat auch gesagt, der Euro sei Ver- künftig zu investieren. sailles ohne einen vorherigen Krieg. Dieses Projekt (Beifall bei der SPD) möchte Präsident Macron nun weiterverfolgen und dies mit der Entente des Club Méditerranée. Meine Damen und Herren, Sie sehen: Das ist ein Haus- halt, der die Zukunftsaufgaben unserer Gesellschaft ge- Einen großen Schritt zum Erfolg hat er mit der Instal- nau thematisiert. Er gehört in eine Reihe von Haushalten, lierung einer französischen Politikerin als EZB-Präsiden- die wir in den letzten Jahren auf den Weg gebracht haben. tin gemacht, ein völlig neues Ereignis. Die Kollateral- Und er ist der Anfang von Haushalten, mit denen wir es schäden des Euro-Projekts sind gigantisch, das Null- im nächsten Jahrzehnt schaffen, dass Deutschland ein Zins-Geld lässt die Vermögenswerte explodieren und ent- soziales Land wird, dass es den technologischen Wandel eignet die Sparer, in den letzten Jahren in Höhe von beherrschen wird und dass es den menschengemachten 700 Milliarden Euro. Wer nicht schon vermögend ist, Klimawandel mit unseren Möglichkeiten in Deutschland kann es nicht mehr werden. aufhält. Das ist genau das, was richtigerweise zu tun ist. (Das Handy des Redners klingelt) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten – Das ist unerhört; das war nicht verabredet. der CDU/CSU) (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Es ist Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: schwierig mit den Handys!) Nächster Redner ist der Kollege Albrecht Glaser, AfD. Diejenigen, die eine ungerechte Vermögensverteilung beklagen, stellen sie nun mit Macht her. Wir gehen (Beifall bei der AfD) schweren Zeiten entgegen. (B) (D) Albrecht Glaser (AfD): (Beifall bei der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her- Ihr Handy auch!) ren! In der Kürze der Zeit nur zwei Punkte. Erstens: die EU-Umlage. Zunächst muss erneut auf die Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: absurde Buchungstechnik der EU-Umlage hingewiesen Jetzt hat das Wort der Kollege Andreas Jung, CDU/ werden. Sie wird im Einzelplan 60 als negative Einnahme CSU. dargestellt. Das ist so sinnreich wie die Erfindung von (Beifall bei der CDU/CSU) positiven Ausgaben. Wir gehen davon aus, dass die ge- wählte Darstellung haushaltsrechtswidrig ist, Herr Minis- ter; wir kommen auf den Punkt zurück. Andreas Jung (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Die EU-Beiträge, die in Wahrheit also genuine Aus- den Bundeshaushalt ist in den Reden bereits eingeführt gaben des Bundes sind, sollen von 2018 bis 2024 von 28,6 worden. Ich möchte noch mal herausstellen: Dieser Bun- auf 47,2 Milliarden Euro, also um 65 Prozent, ansteigen. deshaushalt verfügt über so hohe Staatseinnahmen wie Und wenn der Brexit vollzogen ist, will die EU nicht etwa noch nie. die Ausgaben anpassen, was dem gesunden Menschen- verstand entsprechen würde, nein, sie will die 27 übrigen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) EU-Mitgliedstaaten als Ausfallbürgen für den Nettobei- Das liegt nicht etwa daran, dass wir Steuern erhöht trag der Briten in Anspruch nehmen. Dies bedeutet, wie hätten, sondern es liegt daran, dass die allermeisten Men- der Rechnungshof schätzt, eine jährliche zusätzliche Be- schen in Deutschland Arbeit haben. Es liegt daran, dass lastung von 10 bis 15 Milliarden Euro. Für 2024 ergibt die Beschäftigungsquote hoch ist und die Arbeitslosen- sich daraus eine Haushaltsbelastung von rund 60 Milliar- quote gering. den Euro. Es handelt sich dabei um 16 Prozent der Steuer- einnahmen des Bundes, über deren Verwendung er keine (Frank Schäffler [FDP]: Die Steuerquote Entscheidungshoheit mehr hat. Übrigens bedeutet das ge- steigt!) genüber 2018 eine Steigerung von 114 Prozent. Es liegt daran, dass trotz der Eintrübung in der Wirtschaft Hier werden Erinnerungen an die ESM-Entscheidung die Unternehmen Aufträge haben, Umsätze machen, Ge- des Bundesverfassungsgerichtes wach: Das Budgetrecht winne generieren und Steuern abführen. Deshalb möchte sei ein Herzstück souveräner Staatlichkeit. Es kann daher ich diese Debatte auch nutzen, mich bei all diesen Men- nicht beliebig eingeschränkt werden, ohne dass die Ei- schen zu bedanken. Das sind die Menschen, die die so- 16168 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Andreas Jung (A) ziale Marktwirtschaft ermöglichen. Sie sind die Säulen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (C) der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland. ordneten der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU) Wir fördern Forschung und Entwicklung. Das tun wir durch ganz konkrete Programme. Wir fördern die künst- Diese soziale Marktwirtschaft kommt in diesem Haus- liche Intelligenz. Wir investieren in Programme für Was- halt zum Ausdruck. Wir geben mehr als jeden zweiten serstoff, für synthetische Kraftstoffe, weil wir einen Euro für Soziales, Familien, Gesundheit, Pflege, Rente, Schritt weiterdenken. Wir müssen fragen: Wo kommt für die sozialen Aufgaben aus. der Wohlstand von morgen her? Wie schaffen wir es, an (Otto Fricke [FDP]: Das ist seit über 20 Jahren der Spitze zu bleiben? Wie schaffen wir es, in einem nicht anders!) weltweiten Wettbewerb, in dem es keine Selbstverständ- lichkeiten gibt, auch morgen vorne dabei zu sein? Und wir werden deshalb unserem Anspruch, den Men- schen in den Mittelpunkt zu stellen, gerecht. Deshalb investieren wir in diese Programme. Wir Das ist das eine. Aber wir müssen eben auch in die schaffen eines, worüber wir lange diskutiert haben und Zukunft investieren; denn wir haben eine Verantwortung, was lange eine Forderung aus dem Mittelstand war: Wir nicht nur für die Menschen heute, sondern wir haben eine führen – wenn der Bundesrat am Freitag zustimmt; da Verantwortung für die nächsten Generationen. Wir müs- sind wir ganz optimistisch – zum nächsten Jahr die steuer- sen deshalb die Weichen dafür stellen, dass das, was wir liche Forschungsförderung ein und zeigen damit, dass wir heute haben – unser Land steht an der Spitze und liegt im diejenigen unterstützen, die in den Unternehmen an mor- Wettbewerb vorne –, auch morgen gelingt. Das kommt in gen denken, die sagen: Ja, wir müssen entwickeln, wir diesem Haushalt durch Innovation, Infrastruktur und In- müssen forschen, wir müssen neue Produkte auf den vestitionen zum Ausdruck. Das ist der rote und schwarze Markt bringen, damit wir im internationalen Wettbewerb Faden, der Faden der Großen Koalition, der diesen Haus- erfolgreich sind. – All das unterstützen wir mit diesem halt durchzieht. Damit bringen wir Deutschland auf die Haushalt und kommen dabei wesentlich voran. Erfolgsspur. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) ordneten der SPD) Ich möchte es an einigen Punkten deutlich machen, da Ja, es ist ein Haushalt, über dem die schwarze Null es hinterfragt wurde: Ja, wir investieren mit diesem Haus- steht. Herr Fricke, dieser Haushalt ist ausgeglichen. Ich halt so viel Geld wie noch nie. Wir investieren Milliarden habe bei Ihrer emotionalen Rede den Eindruck gewon- Euro in den nächsten Jahren in die Schiene, wir bringen nen, dass er sogar sehr viel ausgeglichener ist als Sie. (B) PS auf die Schiene. Wir tun damit etwas für den Klima- (D) schutz und für die Infrastruktur in diesem Land. Wir in- (Heiterkeit der Abg. Michael Grosse-Brömer vestieren weiter in die Straßen. Das will ich den Grünen [CDU/CSU] und Johannes Kahrs [SPD]) auch sagen: Sie reden jeden Tag von Elektromobilität. Es ist jedenfalls ein Haushalt ohne neue Schulden, und ich Elektroautos können viel, sie können aber nicht fliegen; will den Rednern auf der linken Seite dieses Hauses – je auch Elektroautos brauchen Straßen. Deshalb ist Ihre Po- linker, desto mehr – doch sagen: Dahinter steht keine litik gegen den Straßenbau – das haben Sie auf Ihrem Ideologie. Er ist Ausdruck von Grundsätzen; er ist Aus- Parteitag beschlossen – falsch. Wir brauchen Schiene druck von Verantwortung. Wir haben durch die schwarze und Straße, eine gute, ausgewogene Infrastruktur, die Null Schluss gemacht mit dem Schuldenstaat vergange- Deutschland voranbringt. ner Jahrzehnte. Wir haben gesagt: Es ist falsch, die Auf- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- gaben von heute den künftigen Generationen als Lasten ordneten der FDP) zu übertragen. Dieser Haushalt ist Ausdruck von Nach- haltigkeit, Und wir brauchen digitale Infrastruktur; darin investie- ren wir. Es ist kritisiert worden, es würde in Deutschland (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Genau das zu wenig für Bildung getan. Ich erinnere daran, dass bei Gegenteil ist der Fall!) den Schulen zuerst einmal die Länder in der Pflicht sind und zwar Nachhaltigkeit im richtig verstandenen Sinne. und ihrer Verantwortung gerecht werden müssen. Aber wir helfen ja. Wir haben festgestellt, dass bei den Wenn Sie und übrigens auch die Grünen auf ihrem Schulen zu wenig im Bereich der digitalen Infrastruktur Parteitag sagen: „Wir müssen davon abrücken; die Auf- gemacht wird, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Und gabe ist doch heute so groß, dass wir jetzt Schulden ma- obwohl der Bund nicht zuständig ist, haben wir gesagt: chen können, die spätere Generationen zurückzahlen Wir bekennen uns zu dieser Verantwortung. – Wir haben müssen“, sogar das Grundgesetz dafür geändert und es geschafft, (Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann- dass die Bildungshoheit der Länder erhalten bleibt, der Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Bund aber in die digitale Infrastruktur investieren kann. Denn wir haben gesagt: Da entscheidet sich die Zukunft dann sage ich Ihnen: Es ist eine grundsätzlich falsche unseres Landes. Wir tun etwas für Schulen und für Schü- Annahme, wenn man glaubt, die Herausforderungen, ler, für die Zukunft unseres Landes, für Innovation in die wir heute haben – ja, sie sind groß –, sind viel größer Deutschland. Das haben wir gemeinsam gemacht, und als die, die in 10, 20 oder 30 Jahren auf die Menschen das bildet sich in diesem Haushalt ab. zukommen; denn das können wir nicht wissen. Deshalb Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16169

Andreas Jung (A) ist diese Haltung nichts anderes als ein gegenwartsbezo- Christian Dürr (FDP): (C) gener Egoismus und das Gegenteil von Verantwortung. Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Verehrte Kollegin- nen und Kollegen! Geschätzter Herr Kollege Jung, Sie (Beifall bei der CDU/CSU) haben ja gerade gesagt, dass Sie für die Menschen im Ich habe mich schon gewundert, dass Sie nicht nur von Land Antworten auf die Fragen der Zukunft haben. Den der schwarzen Null abrücken wollen, sondern dass die Eindruck haben Tausende Landwirte, die heute in Berlin Grünen auch von der Schuldenbremse abrücken wollen, gegen Ihre Agrarpolitik demonstrieren, ausdrücklich die ja in anderen Zeiten Flexibilität bieten würde. Das ist nicht, Herr Kollege Jung. nicht unser Weg. Da zeigen Sie, dass Sie eine Schieflage bei der Nachhaltigkeit, über die Sie gerne sprechen, ha- (Beifall bei der FDP) ben. Ich nenne mal beispielhaft die Landwirte, die heute in Wir wollen die schwarze Null jetzt um die grüne Null Berlin sind, die mit ihren Treckern hierhergefahren sind. ergänzen – ergänzen, nicht ersetzen. Wir gehen den Weg 20 Prozent mehr Insolvenzen in der Landwirtschaft in zur Klimaneutralität. Deshalb haben wir das Klimapaket Deutschland, Herr Kollege Jung! Das sind genau die mit- telständischen Familienbetriebe, die Sie im kommenden auf den Weg gebracht, das mit der CO2-Bepreisung auf neue Instrumente setzt und mit dem Klimaschutzgesetz Jahr, und zwar zu 100 Prozent, weiter mit dem Solidari- die Voraussetzung dafür schafft, dass keine Lücken mehr tätszuschlag belasten werden. Auch das muss gesagt wer- entstehen, dass wir Klimaziele einhalten. den, Herr Jung. Genau die demonstrieren gegen Ihre Po- litik. (Otto Fricke [FDP]: Das kommt doch gar nicht durch! Eure CDU-Ministerpräsidenten sind (Beifall bei der FDP – Carsten Schneider [Er- doch dagegen!) furt] [SPD]: Dass Sie sich nicht schämen!) Darin sind ganz konkrete Unterstützung und Förderung Das sind genau die, die die Bürokratie, die die CDU/CSU durch Programme vorgesehen, damit wir im Klimaschutz in Deutschland zu verantworten hat, gerade in der Agrar- vorankommen, und zwar so, dass wir die Menschen mit- politik in den Wahnsinn treibt, Herr Kollege Jung. Nichts nehmen. tun Sie für den Mittelstand im ländlichen Raum. Das muss gesagt werden. Das ist die Realität der CDU/ Deshalb fördern wir Heizungsaustausch, deshalb för- CSU-Politik hier in der Bundesregierung. Das beispiel- dern wir Gebäudesanierung, deshalb fördern wir die haft. Schiene, den ÖPNV, Ökoautos und Ladeinfrastruktur. Das sind doch die Dinge, die wir konkret brauchen, damit (Beifall bei der FDP) (B) Klimaschutz mit den Menschen geht. (D) Ein zweites Beispiel: die Familien – junge Familien, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Mütter und Väter in den 20er-Jahren mit zwei Kindern Das findet sich in diesem Haushalt, und das wird sich in und kleinem Einkommen, die gerade eine Karriere star- den nächsten Haushalten finden. So bringen wir schwarze ten, die sich ihren Familienurlaub wirklich im wahrsten Null und grüne Null zusammen und setzen auf Nachhal- Sinne des Wortes vom Munde absparen. tigkeit in der ganzen Breite. ( [CDU/CSU]: Und die (Beifall bei der CDU/CSU) Bauern kommen auch noch?) Es wurde gesagt: Es ist nicht über Wirtschaft gespro- Sie haben hier gerade von Klimaschutzpolitik gespro- chen worden. – Oh doch. Ich habe Dinge im Bereich von chen. Zunächst auch da zum Soli: Die Familie mit klei- Innovation und Forschung sowie die steuerliche For- nem Einkommen, mit kleinstem Einkommen zahlt im schungsförderung angesprochen. Gerade beim Klima- Jahr 2020 den Solidaritätszuschlag noch voll – gegen schutz legen wir allergrößten Wert darauf, dass wir beides jedes Versprechen, das die Union in Deutschland gegeben zusammenbringen. Wir machen das mit Augenmaß. Wir hat. Auch das muss an dieser Stelle erwähnt werden. sind für einen konsequenten Klimaschutz. Wir gehen das aber so an, dass wir Wirtschaft und Soziales zusammen- (Beifall bei der FDP) denken. Ökonomie und Ökologie, schwarze Null und grü- Herr Jung, was ist denn die Antwort auf die Frage des ne Null – wir wollen das sozial gerecht und sozialver- Klimaschutzes an der Stelle? Wir haben vorgeschlagen: träglich umsetzen, damit es hier keine gelben Westen Lasst uns wirklich innovativen Klimaschutz machen. gibt. Das ist für uns Ausdruck von Verantwortung, und Lasst uns darüber reden, wie wir fast eine Viertelmilliarde diese findet sich in diesem Haushalt wieder. aus Steuermitteln aufwenden, damit wir es in Zukunft Herzlichen Dank. schaffen – nicht direkt morgen; aber vielleicht übermor- gen –, klimaneutral zu fliegen. Das war ein ganz konkre- (Beifall bei der CDU/CSU) ter Vorschlag der FDP-Fraktion im Bundestag, der von der Union abgelehnt wurde. Was ist Ihre Antwort? Die Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Antwort – ich gucke an der Stelle Herrn Dobrindt an – der Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Christian Dürr, CSU-Landesgruppe für diese junge Familie, die sich den FDP. Mallorca-Urlaub vom Munde abspart, die aufgrund des Wettbewerbs im europäischen Flugverkehr die Möglich- (Beifall bei der FDP) keit hat, einen solchen Flugurlaub zu machen, ist eine 16170 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Christian Dürr (A) Strafsteuer auf Billigflüge. Das ist Ihre Antwort für junge haben Ihnen mit über 600 Änderungsanträgen gezeigt, (C) Familien in Deutschland, Herr Kollege Dobrindt. wie man 20 Milliarden Euro in diesem Bundeshaushalt sparen kann, um sie den Menschen zu geben, Herr (Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Brinkhaus. Nichts davon haben Sie an dieser Stelle getan. [CDU/CSU]) Schauen wir uns an, wie das mit den wirtschaftlichen (Beifall bei der FDP) Rahmendaten zurzeit ist. Die Wahrheit ist: Deutschland Vorhin wurde noch einmal gesagt, das ist ein ausge- trägt beim Wachstum in Europa die rote Laterne, gemein- glichener Haushalt. Dazu kann ich nur sagen: Das muss er sam mit Italien. sein, schon nach der Bundeshaushaltsordnung. Aber man kann einen Bundeshaushalt eben auch mit neuen (Ulli Nissen [SPD]: Ist ja nur peinlich, was Sie Schulden ausgleichen, Herr Kollege Jung, und der Bun- hier erzählen!) desfinanzminister hat das eben hier zugegeben am Red- Die anderen Länder Europas wachsen mittlerweile nerpult, er hat gesagt: Wir greifen auf die Asylrücklage schneller als die Bundesrepublik Deutschland. zurück. – Jetzt müssen wir übersetzen, was das heißt. In Realitas: Wir greifen auf alte Kreditermächtigungen zu- (Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Genau! Sehr rück. richtig!) (Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Genau!) Das muss doch Anlass zur Sorge sein für die Bundesre- gierung. Angesichts dessen habe ich wenig Verständnis Oder, noch platter gesagt: Wir verschulden uns als Bund dafür, dass diese Sorge in der Rede des Bundesfinanzmi- neu, damit wir diesen Bundeshaushalt zum Ausgleich nisters nicht vorgekommen ist. bringen. – Das ist die Realität Ihrer Politik. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP) Sie sind in Wahrheit eben eine Große Koalition des Still- Zum Schluss, Herr Präsident. Die Entscheidungen der stands, Herr Scholz. letzten Wochen zur Grundrente, zum Soli und dieser Bun- deshaushalt waren die Vorbereitung der Großen Koalition (Ulli Nissen [SPD]: Und die FDP ist Rück- auf den Bundesparteitag der SPD, aber es war nicht die stand!) Vorbereitung Deutschlands auf seine Zukunft. Das wäre Ich will noch mal, weil er gerade ein paar Tage zurück- aber Ihre Verantwortung gewesen. liegt, auf den Bundesparteitag der CDU zu sprechen kom- Herzlichen Dank. men. (B) (Beifall bei der FDP) (D) ( [CDU/CSU]: Ah ja!) Ich fand das schon spannend. Der Bundesparteitag der Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: CDU beschließt die vollständige Abschaffung des Soli- Fabio De Masi, Die Linke, ist der nächste Redner. daritätszuschlags, er beschließt eine Unternehmensteuer- reform, er beschließt die Einrichtung eines Digitalminis- (Beifall bei der LINKEN) teriums. Es ist super einfallsreich, das, was wir als FDP hier im Bundestag vorschlagen, auf einem Bundespartei- Fabio De Masi (DIE LINKE): tag der CDU zu beschließen, aber nichts davon in reale Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Wenn Politik in Deutschland umzusetzen, liebe Kolleginnen man schwarzen Löchern einen Namen geben würde, wäre und Kollegen der Union. Nichts davon! mein Vorschlag: Andreas Scheuer. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der LINKEN) der AfD) Eine halbe Milliarde Euro Steuergelder stehen im Feuer, Zur Struktur des Bundeshaushaltes. weil der Verkehrsminister seine Mautamigos beglücken wollte. Der Bundesrechnungshof sagt: Haushaltsrecht ( [CDU/CSU]: Na endlich!) wurde gebrochen. – Aber der Minister klebt an seinem Da der Fraktionsvorsitzende Herr Brinkhaus gerade hier Stuhl. Jeder normale Arbeitnehmer hätte längst seinen sitzt, will ich, Herr Brinkhaus, mal zitieren, was Sie im Job verloren. Mir scheint, die Koalition hat jeden Respekt Mai dieses Jahres gesagt haben, als der Bundeshaushalt vor der Bevölkerung verloren. Deswegen sage ich zur von der Bundesregierung aufgestellt worden ist. Herr Bundeskanzlerin – sie ist nicht mehr da –: Entlassen Sie Brinkhaus spricht sich gegen höhere Sozialabgaben aus. endlich diesen Minister! Das Gegenteil passiert mit diesem Bundeshaushalt. Er sagt dann: (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Vielmehr sollten wir den Bundeshaushalt einer Ge- neralrevision unterziehen. Alle Ausgaben müssen In dem Haushalt sind 43 Milliarden Euro für Investitio- auf den Prüfstand. nen vorgesehen. Sie sagen, das sei Rekord. Aber auch der Verschleiß unserer Brücken, unserer Bahnstrecken, unse- Nichts, mit Verlaub, haben Sie bei diesen Haushaltsbera- rer Universitäten ist Rekord. Wir haben in den Kommu- tungen davon umgesetzt, wozu Ihr eigener Fraktionsvor- nen einen Investitionsstau von mindestens 138 Milliarden sitzender Sie aufgefordert hat. Die Freien Demokraten Euro. Entscheidend sind daher die Investitionen im Ver- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16171

Fabio De Masi (A) gleich zur Wirtschaftskraft, die Investitionsquote, und da (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (C) stehen wir im Ranking der OECD auf Platz 30 von 36. neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Allein um den Durchschnitt zu erreichen, müssten Sie die Zum Schluss. Herr Scholz, Sie sagten 2015 zum Jubi- Investitionen um 40 Prozent erhöhen. läum der Kanzlei Freshfields, dies sei eine Sozietät, die (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) unsere Gesellschaft immer wieder aktiv mitgestaltet hat. Das stimmt. Es ist sehr vornehm ausgedrückt. Das war In der EU sind 23 von 28 Ländern vor uns. Deutschland nämlich eine Drückerkolonne für kriminelle Cum/Ex- ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde, wir müssen Aktiengeschäfte. Es gab zwei Razzien bei dieser ehren- doch den Anspruch haben, Spitze, nicht Mittelmaß bei werten Gesellschaft. Hamburg musste unter Ihnen sogar den Investitionen zu sein! gezwungen werden, gegen Cum/Ex-Geschäfte bei der Warburg-Bank vorzugehen und Steuerforderungen einzu- (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und treiben, weil sonst 190 Millionen Euro verjährt wären. des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn Deswegen ist es gut, dass Sie jetzt eine Taskforce gegen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Cum/Ex schaffen. Ich habe diese frühzeitig gefordert. Die Der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Linke meint, auch wenn das in Deutschland Gerichte ent- Deutsche Gewerkschaftsbund fordern gemeinsam scheiden: Cum/Ex-Gangster gehören hinter schwedische 450 Milliarden Euro Investitionen in den nächsten zehn Gardinen. Jahren. Wenn Sie nicht auf Die Linke und die Gewerk- Vielen Dank. schaften hören wollen, dann hören Sie doch wenigstens auf die deutsche Industrie. (Beifall bei der LINKEN)

Die Schuldenbremse verdeckt die wahren Schulden. Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Wenn wir nämlich zum Beispiel Autobahnen privatisie- Nächster Redner ist der Kollege Sven-Christian ren, müssen die Steuerzahler und die Autofahrer den pri- Kindler, Bündnis 90/Die Grünen. vaten Investoren auch die Rendite finanzieren. Der Fi- nanzminister hat es ja gesagt: Wir verdanken den (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abbau der Staatsverschuldung nicht der Schuldenbremse, sondern den niedrigen Zinsen. – Wer Sparer vor Negativ- Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zinsen schützen will, muss endlich mehr öffentlich inves- NEN): tieren und die Geldpolitik entlasten. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- ren! Herr Scholz, für Ihre Verhältnisse haben Sie eine (B) (Beifall bei der LINKEN) engagierte Rede gehalten. Sie haben gesagt: Ich finde, (D) Das gilt auch im Kampf gegen den Klimawandel. dieser Haushalt ist eine gute Leistung. – Das können 6 500 Kilometer Bahnstrecke wurden seit 1994 abgebaut. wir nicht teilen. Ich würde sagen: Diese Rede war voll Wer die grüne Null will, der muss die schwarze Null be- von großem Selbstlob und großer Selbstgerechtigkeit. erdigen. Das passt auch zu dieser Halbzeitbilanz, die sich die Große Koalition ausgestellt hat. Doch wir müssen leider (Beifall bei der LINKEN) ernüchtert feststellen: Der Finanzminister hat jetzt ein anderes Parteibuch – er heißt auch nicht mehr Herr Natürlich muss man dabei auch über Kredite finanzie- Schäuble, sondern Herr Scholz –, aber geändert hat sich ren – warum sollten nur die heutigen Steuerzahler eine in der Haushaltspolitik sehr wenig. Die schwarze Null ist Universität bezahlen, die auch noch unsere Enkelkinder jetzt eine rote Null. Wir sagen: Das ist deutlich zu wenig nutzen? Herr Kollege Andreas Jung, in Baden-Württem- für unsere Zukunft. berg heißt es ja immer: Schaffe, schaffe, Häusle baue. – Auch ein Haus baut man über einen Kredit auf Raten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Seriöses Wahr ist aber: Wer über den Schuldenberg spricht, der Haushalten, keine Schulden, erfolgreiche Poli- darf nicht von dem Geldturm der Millionäre und Milliar- tik!) däre schweigen. Wir brauchen eine angemessene Be- steuerung von Megavermögen und Erbschaften. Auf die großen Fragen – Klimakrise, Investitions- schwäche, wackelige Konjunktur – gibt es wenig Ant- (Beifall bei der LINKEN) worten in diesem Haushalt. Zu einer Haushaltsdebatte gehören auch Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. Ja, es fehlt an Kapazitäten in der Bauwirtschaft und Deswegen will ich auf die Zahlen zu sprechen kommen, Personal in den Planungsämtern – aber weil zu wenig Herr Scholz. investiert wurde und auch weil der Bauwirtschaft die Pla- nungssicherheit fehlt. Sie haben behauptet, es gebe eine substanzielle Steige- rung von Investitionen in Ihrem Haushalt. Sie verschwei- Eines muss hier noch einmal gesagt werden: Die Rüs- gen aber konkret, dass Sie eine globale Minderausgabe tungslobby gilt in Deutschland als gemeinnützig. Aber von fast 5 Milliarden Euro haben. Das ist die größte glo- Attac? Campact? Die Vereinigung der Verfolgten des Na- bale Minderausgabe seit 2006. Das heißt de facto: Sie ziregimes? Einer Organisation von KZ-Überlebenden setzen in den Ministerien diese globale Minderausgabe wird die Gemeinnützigkeit entzogen – wo leben wir um. In den letzten Jahren haben wir gesehen, dass vor eigentlich! Der Finanzminister muss endlich handeln! allen Dingen bei Investitionen gespart wird. Investitionen 16172 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Sven-Christian Kindler (A) werden gekürzt. Dort werden die Sparvorgaben umge- Wir halten davon sehr wenig; das wissen Sie auch. Was (C) setzt. So können die Investitionen natürlich gar nicht ab- man aber nicht machen kann, ist, zu sagen, dass die Er- fließen. Hier sind Sie nicht ehrlich. Hier rechnen Sie den höhung der Pendlerpauschale eine Ausgabe für den Kli- Haushalt und die Investitionen künstlich schön. maschutz ist. Das ist doch wirklich ein Hohn. Wen wollen Sie eigentlich für dumm verkaufen? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LIN- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) KE]) Es ginge auch anders. Wir haben konkrete Änderungs- Kollege Rehberg hat gesagt, dass die Investitionen anträge vorgelegt, wie man die Investitionen steigern nicht abfließen, sei ein Problem von mangelnden Kapa- kann, wie man über neue Kredite, aber auch über einen zitäten – zu wenig Kapazitäten in der Verwaltung, zu Abbau von umweltschädlichen Subventionen die Inves- wenig Kapazitäten in der Bauwirtschaft –, auch ein Prob- titionen deutlich steigern kann. Wir sagen: In den nächs- lem des Planungsrechts und des Baurechts. ten vier Jahren sind 100 Milliarden Euro für den Klima- schutz möglich und notwendig; denn Zukunft gibt es ( [SPD]: Da hat er recht!) nicht zum Nulltarif. Man muss jetzt investieren und darf Aber, Entschuldigung: Wer regiert denn seit 2013? So- sich nicht weiter an das Dogma der schwarzen Null klam- weit ich mich erinnere, sind es CDU, CSU und SPD. Seit mern. sechs Jahren gibt es diese Probleme, seit sechs Jahren (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) regiert die Große Koalition. Und Ihnen fällt immer noch nichts dazu ein. Dieses Problem ist hausgemacht. Das ist Das sagen nicht nur wir Ihnen, das sagen ganz viele. Es Ihr Verschulden, das ist Ihre Verantwortung. wurde auch heute schon gesagt, und ich will es noch ein- mal verstärken. Das sagt Ihnen der DGB, das sagt Ihnen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der Bundverband der Deutschen Industrie, das sagen Ihnen zahlreiche Ökonomen in Deutschland. Sie sagen: Wir sagen Ihnen: Man muss dauerhaft und verlässlich Wir müssen jetzt eine große Investitionsoffensive vorle- hohe Finanzzusagen, hohe Investitionszusagen machen. gen, für Klimaschutz, für Digitalisierung. Man muss jetzt Dann kann man die Kapazitäten deutlich ausbauen. Dann die Chancen, die sich aus der Niedrigzinsphase ergeben, kann man auch dafür sorgen, dass der Mittelabfluss deut- nutzen, um die Investitionsschwäche zu bekämpfen, um lich besser wird. Das haben Sie aber in den vergangenen die Klimakrise anzugehen und um in die Digitalisierung Jahren nicht gemacht. Sie haben eine Investitionspolitik zu investieren. Das muss man jetzt machen. Man kann nach Kassenlage gemacht. Da gab es hier ein Sonderpro- doch nicht sagen: Es bleibt alles so, wie es ist; wir machen gramm, wenn es einen Überschuss gab. Dann gab es wie- einfach weiter so. – Man muss jetzt auf die Herausforde- (B) der kein Geld. Es wurde da ein Sonderprogramm ge- (D) rungen reagieren, wirklich etwas verändern und auch macht, dann gab es wieder kein Geld. konkret handeln. Bei Ihnen kann man sich nicht darauf verlassen, dass es Vielen Dank. im nächsten Jahr genauso viele Investitionen gibt wie in diesem Jahr, geschweige denn in den nächsten vier Jah- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ren. Das sieht man auch in diesem Haushalt. Sie haben hier Investitionen von fast 43 Milliarden Euro. Die sinken Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: in der Finanzplanung aber wieder auf 39,8 Milliarden Euro. Das ist eine Kürzung um fast 7 Prozent. Bei dieser Andreas Schwarz, SPD, ist der nächste Redner. Zickzackinvestitionspolitik ist es doch kein Wunder, dass (Beifall bei der SPD) die Kommunen keine Planerinnen und Planer einstellen. Es ist doch ein Wunder, dass sich die Bauwirtschaft nicht Andreas Schwarz (SPD): darauf einstellt. Ihr Problem ist doch hausgemacht. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss feststellen: Der Haushalt ist wirklich so gut, dass die Zur Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit gehört Opposition mittlerweile im Haushaltsmärchenland ange- auch, dass man sich das Klimapaket noch einmal genau kommen ist. anschaut. Kollege Rehberg hat gesagt, es gibt 54 Milliar- den Euro für den Klimaschutz. Wenn man sich das ehrlich Ich gehe als Berichterstatter für den Haushaltsplan 08 ansieht, stellt man fest: Dann sind das insgesamt nur zu- gerne auf das Zahlenwerk ein und beginne mit einem sätzliche Investitionen von circa 25 Milliarden Euro. Der Zitat eines britischen Politikers, der sagte: „Regieren be- Rest war schon in der Finanzplanung des Energie- und steht im Festsetzen von Prioritäten.“ Prioritäten hat dieser Klimafonds eingeplant. So ist doch die Wahrheit. Haushalt. Es ist darin eine ganz klare Handschrift zu er- kennen. Wir steigern auch den Einzeletat des Bundesfi- Der Hammer kommt noch: Sie rechnen die Erhöhung nanzministeriums auf 8 Milliarden Euro. Das ist gut an- der Pendlerpauschale in die Ausgaben für den Klima- gelegtes Geld. schutz mit ein. Sorry, man kann über die Pendlerpauscha- le streiten. Ich verrate Ihnen mit Sicherheit kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, was die Menschen in unserem Land von (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Herr einer Finanzverwaltung wollen. Sie wollen, dass Steuer- Habeck nicht! Der weiß gar nicht, was das ist!) gerechtigkeit in diesem Land herrscht. Das schaffen wir. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16173

Andreas Schwarz (A) Wie schaffen wir das? Wir schaffen das, indem wir zum Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: (C) Beispiel den Zoll stärken. Das ist ein Weg, den wir bereits Nächster Redner ist der Kollege Dr. Bruno Hollnagel, seit einigen Jahren gemeinsam mit dem Finanzminister AfD. Olaf Scholz gehen. Warum gehen wir diesen Weg? Der Zoll besorgt die Hälfte der Einnahmen des Bundeshaus- (Beifall bei der AfD) halts. Er bekommt immer mehr Aufgaben. Damit ist es notwendig und auch Pflicht, den Zoll entscheidend mit Dr. Bruno Hollnagel (AfD): Personal auszustatten. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten (Beifall bei der SPD) Damen und Herren! Die größten Fehler der Finanzpolitik werden in guten Zeiten gemacht, weil dann oftmals die Mehr als 5 000 Stellen haben wir geschaffen, um die Risiken übersehen werden – so auch neuerdings hier in Bedingungen für die Zollbeamtinnen und -beamten zu unserem Land. Dank der erneuten schwarzen Null er- verbessern. scheint die deutsche Finanzpolitik auf den ersten Blick als solide. Dieser Blick täuscht. Der Haushaltsplan spie- Ich darf zwei Dinge festhalten: Erstens. Dieser Weg ist gelt die mittel- und langfristigen Herausforderungen nicht zwar mit Sicherheit noch nicht zu Ende; aber unsere Rich- wider. Die nachfolgenden Generationen werden sie tung stimmt. Das ist auch die Rückmeldung, die ich aus schultern müssen. Dabei denke ich nicht an die sichtbaren vielen Zollverwaltungen in der Republik bekomme. öffentlichen Schulden in Höhe von ungefähr 2 000 Milliar- Zweitens. Mit dem Zoll kämpfen wir in Zukunft noch den Euro. Vielmehr denke ich an die unsichtbaren stärker gegen Schwarzarbeit, Sozialmissbrauch und ille- Schulden. Das sind die zukünftigen, zugesagten staatli- gale Beschäftigung. Wir sorgen damit für ein großes chen Ausgaben, die nach bisheriger Planung nicht durch Mehr an sozialer Gerechtigkeit, wie es dieser Haushalt Einnahmen gedeckt sind. auch insgesamt tut. Diese unsichtbaren Schulden zusammen mit der Lieber Olaf Scholz, lieber ehrliche Steuerzahler in un- sichtbaren Staatsverschuldung ergeben die sogenannte serem Land, genau diesen Weg gehen wir konsequent Nachhaltigkeitslücke. Meine Damen und Herren, die weiter. Mit der Taskforce gegen Steuergestaltungsmodel- Nachhaltigkeitslücke Deutschlands beträgt sage und le am Kapitalmarkt kommt unser Finanzminister einer schreibe 7 600 Milliarden Euro. Das ist in etwa das 20- Forderung nach, die wir als SPD schon in der letzten Fache des Bundeshaushaltes. So umfangreich ist sie. Das Legislatur auf dem Schirm hatten. Ich selbst war Obmann entspricht den Bundeshaushalten einer ganzen Genera- im Untersuchungsausschuss zu den Cum/Ex-Geschäften, tion. Das ist unverantwortlich. Darum muss dagegen end- die das Land mit Sicherheit erschüttert haben; denn der (B) lich angearbeitet werden. (D) Fall hat gezeigt, welches kriminelle Gebaren es an den Finanzmärkten gibt. (Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wie denn zum Beispiel?) Eine Erkenntnis war für mich damals, dass wir eine Art Finanz-FBI in Deutschland brauchen, eine Spezialein- Bildlich gesprochen handelt sich dabei um ungedeckte heit, die Betrügereien an den Finanzmärkten aufdeckt Schecks. Die Bundesregierung gaukelt mit ihrem Haus- und so für eine schnellere Bestrafung sorgt, als dies bei halt Reichtum vor, der jedoch von den zukünftigen Ge- Cum/Ex der Fall war. Bis heute laufen Gerichtsverfahren, nerationen erst noch verdient werden muss. die die illegalen Machenschaften Stück für Stück aufklä- ren und das Steuersubstrat wieder dem Steuerzahler zu- (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wie rückbringen. wollen Sie denn dagegen anarbeiten?) Sobald einmal die Konjunktur schwächer sein sollte – die (Beifall bei der SPD) Ausgaben würden dann steigen, die Einnahmen aber sin- Liebe ehrliche Steuerzahler in unserem Land, was wol- ken –, würden diese ungedeckten Schecks wieder einkas- len wir gemeinsam erreichen? Die kriminellen Akteure, siert werden. Meine Damen und Herren, es ist schon selt- die teilweise in Banken und Kapitalgesellschaften und auf sam, wie mit großem Tamtam ökologische Nachhaltigkeit Finanzmärkten unterwegs waren und auch noch sind, sol- gefordert wird, während die finanzielle Nachhaltigkeit len zukünftig den kalten Atem des Bundesfinanzminis- des Bundeshaushaltes auf der Strecke bleibt. teriums im Nacken spüren. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Konsequenzen für die Aufblähung des Sozialversiche- Damit, dass dies nun „Taskforce“ und nicht „Finanz-FBI“ rungssystems sucht man vergebens im Haushalt. Ja, man heißt, kann man, glaube ich, leben. Wichtig sind das Ziel kann sich für soziale Wohltaten trefflich feiern und wäh- und der Weg, den wir gemeinsam gehen. Darin sind wir len lassen, wenn man spätere Generationen dafür bezah- uns einig. Klasse, dass wir das hinbekommen haben. So len lässt. Um die 7 600 Milliarden Euro in den Griff zu gestaltet man eine gerechte Zukunft in unserem Land. bekommen, müssten staatliche Leistungen im Umfang von 8,4 Prozent gestrichen oder Steuern und Sozialabga- Danke schön. ben um 9,9 Prozent erhöht werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was der CDU/CSU) schlagen Sie denn vor?) 16174 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Dr. Bruno Hollnagel (A) Das ist keine schwarze Null, sondern die Bankrotterklä- polizei. Davon werden Kapazitäten aufgebaut, und man (C) rung der Bundesrepublik Deutschland. kann sich neuen Aufgaben widmen bzw. bestehende besser ausführen. Insbesondere widmen wir uns der Ext- Danke schön. remismusbekämpfung. Aber wir erhöhen nicht nur die (Beifall bei der AfD) Anzahl der Stellen, sondern wir werden auch für entspre- chende Flexibilität sorgen. So gibt es eine Zusage, dass Kapazitäten für die Transporthubschrauber erhöht wer- Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: den können. Das dient der Leistungsfähigkeit der Einhei- Dr. André Berghegger, CDU/CSU, ist der nächste Red- ten. ner. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz erhält (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. mehr Stellen und – ich rechne den Zoll zu den Sicher- Sonja Amalie Steffen [SPD]) heitsbehörden – natürlich auch der Zoll. Für uns war es wichtig – mein Kollege Andreas Schwarz hat das vorhin Dr. André Berghegger (CDU/CSU): angesprochen –, die Verlässlichkeit für die Zöllnerinnen Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und und Zöllner zu stärken. Daher werden alle Stellen, die Kollegen! Meine Damen und Herren! Bekanntlich ver- aufwachsen sollen, auch über den Finanzplanungszeit- lässt kein Gesetz dieses Haus so, wie es eingebracht wor- raum hinaus, in diesem Haushalt dargestellt. Das ist, den- den ist. Ich glaube, das gilt insbesondere für das Haus- ke ich, ein gutes Signal an die Zöllnerinnen und Zöllner. haltsgesetz, eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Gesetz, das wir im Laufe eines Jahres beschlie- Wir erhöhen die Verteidigungsausgaben auf 1,42 Pro- ßen. Wir debattieren schließlich auch eine ganze Woche zent des BIP. Das ist ein guter Weg, auch im Zusammen- darüber. Wir haben zwei Besonderheiten in diesem Jahr: hang mit der Diskussion über die NATO-Quote. Die zu- Zum einen haben wir im Laufe des parlamentarischen sätzlichen Mittel werden insbesondere für die deutsche Verfahrens einen Ergänzungshaushalt zur Umsetzung Beteiligung an der NATO-Präsenz in Litauen verwendet des Klimapakets bekommen, zum anderen haben wir in werden. der Bereinigungssitzung rund 350 Koalitionsanträge be- Nun zu den Investitionen und damit zu einem Thema, schlossen. über das wir hier in verschiedensten Facetten lange disku- Ich denke, die Rahmendaten für diesen Haushalt sind tiert haben. Infrastrukturinvestitionen sind Voraussetzung in Ordnung. Das Volumen liegt bei 362 Milliarden Euro; für Wohlstand und Wachstum in unserem Land. Darüber, das entspricht einer moderaten Steigerung. Die Investitio- dass wir im Bereich Investitionen mehr machen müssen und wollen, sind wir uns, glaube ich, einig. Aber damit (B) nen liegen bei knapp 12 Prozent des Haushaltes. Aber (D) über 50 Prozent werden inzwischen für die soziale Siche- hört die Einigkeit auch schon auf. rung aufgewandt; das erste Mal über 100 Milliarden Euro (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: als Zuschuss für die Rentenversicherung. Wir müssen Weiß ich nicht!) aber das Verhältnis von Investitionen zu sozialer Siche- rung im Blick behalten – das sagt uns auch der Bundes- Die Opposition sagt: Wir müssen mehr machen, wir rechnungshof in vielen Berichten –; müssen die Ansätze erhöhen. Das hält sie für den Königs- weg. Das sagt sich so leicht. Ich bin da ebenso wie einige (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- meiner Vorredner ganz anderer Meinung. Frau Hajduk, ordneten der FDP) ich wiederhole gerne das, was der Kollege Eckhardt denn für Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum sind Rehberg gesagt hat: Wir haben hier ein Umsetzungsprob- Investitionen die Voraussetzung. lem; Auch wenn es vielleicht selbstverständlich klingt und (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜND- bei uns schon die Regel ist: Wir nehmen zum siebten Mal NIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die Umsetzung nacheinander keine neuen Schulden auf. Das ist immer ist doch die Regierung zuständig!) wieder eine Erwähnung wert. Außerdem erfüllen wir das wir müssen die Investitionshemmnisse abbauen. erste Mal nach längerer Zeit den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt. Die gesamtstaatliche Verschul- Das möchte ich gern erklären. Schauen wir uns einmal dungsquote sinkt unter 60 Prozent des Bruttoinlandspro- die Haushaltsreste an. Diese Haushaltsreste sind in den duktes. Das schafft Vertrauen, ist generationengerecht letzten Jahren ständig gewachsen, von 7 Milliarden Euro und nachhaltig. in 2010 auf knapp 20 Milliarden Euro in diesem Jahr. Das zeigt: Der politische Wille kann nicht ganz umgesetzt (Beifall bei der CDU/CSU) werden, die bewilligten Mittel fließen nicht ab. – Daran Wir setzen Schwerpunkte in diesem Haushalt. Wir set- müssen wir arbeiten. Deswegen, lieber Kollege Fricke – zen wichtige Zeichen für ein sicheres Land mit hoher wo ist er? –, Lebensqualität: ein Milliardenprogramm zur Umsetzung (Otto Fricke [FDP]: Hier!) des Klimaschutzprogrammes. Wir erhöhen den Ansatz für Bildung und Forschung – wie wir es heute schon ist die globale Minderausgabe, die der Finanzminister mehrfach gehört haben –, und wir investieren in die in- aufgenommen hat, seriös berechnet. Erfahrungswerte nere und äußere Sicherheit. 3 900 Stellen sind für diesen der vorangegangenen Jahre zeigen, wie viel Geld nicht Bereich vorgesehen, davon über 2 000 für die Bundes- abfließt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16175

Dr. André Berghegger (A) (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (C) Das ist doch ein Armutszeugnis!) der SPD) Deswegen kann man immer einen Ansatz im Haushalt verwenden bzw. dafür einsetzen. Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Zu einer Zwischenbemerkung erteile ich das Wort dem (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Kollegen Otto Fricke, FDP.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: (Ulli Nissen [SPD]: Warum hat er eine so ge- Herr Kollege, der Kollege Fricke würde gerne eine ringe Redezeit bei der FDP, dass er das jetzt so Zwischenfrage stellen. – Nein. machen muss?)

Dr. André Berghegger (CDU/CSU): Otto Fricke (FDP): Ich mache das auch am Beispiel einer wichtigen Ebene Ich bin vom Kollegen Berghegger persönlich ange- in diesem Staat deutlich, an den Kommunen: Schauen wir sprochen worden. uns das KfW-Kommunalpanel an, wofür jährlich bei allen Kämmerern in diesem Land Daten abgefragt werden. Ja, (Zurufe von der SPD: Oh!) wir haben einen Investitionsstau in den Bereichen Schule, Es geht um ein Thema, das uns allen wichtig ist. Uns geht Straßen, Verwaltungsgebäude. Das ist das Ergebnis: es darum, dass Investitionen auch abfließen. Rund ein Drittel der geplanten Investitionen kann vor Ort nicht umgesetzt werden. Woran liegt das? Als Grund Ich stelle fest – Herr Kollege Berghegger, Sie sagen es wird von finanzstarken Kommunen angegeben: Es liegt selber –, dass Mittel für bestimmte Investitionen, die im an den Kapazitäten im Baubereich, an zu wenig Personal Haushalt drinstehen und eben nicht genutzt werden, für und an den Baukosten, aber nicht am fehlenden Geld. die globale Minderausgabe genutzt werden. Und das Woran liegt es bei den finanzschwachen Kommunen? wollten wir doch eigentlich nicht. An den Einschränkungen aufsichtsrechtlicher bzw. politi- scher Art, an den Kapazitäten im Baubereich und natür- Deswegen hat die FDP-Bundestagsfraktion im Haus- lich, sonst wären es keine finanzschwachen Kommunen, haltsausschuss – wir können das hier im Plenum auch an finanziellen Engpässen. Aber es ist zuvörderst Auf- noch einmal gemeinsam beschließen – gesagt: Wenn ihr gabe der Länder, die Kommunen ordnungsgemäß mit Fi- eine globale Minderausgabe macht und damit allen Mi- nanzmitteln auszustatten. nisterien sagt, dass sie an anderen Stellen 5 Milliarden Euro einsparen müssen, dann dürft ihr das überall, aber (B) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) bitte nicht bei den Investitionen; denn die brauchen wir. (D) Die Schlussfolgerung lautet deswegen: Allein den An- Herr Kollege Berghegger, wäre Ihre Fraktion nicht bereit satz für Investitionen zu erhöhen, bringt uns nicht weiter. und wäre es nicht auch vernünftig, zu sagen: „Ja, globale Wir müssen die Investitionshemmnisse abbauen. Wir Minderausgabe ist in Ordnung – das meiste fließt nicht können die Ansätze nicht um jeden Preis erhöhen. Das ab –, aber bitte nicht Investitionen für diese Sparbüchse würde nur die Leistung vor Ort verteuern oder die Qua- des Finanzministers nutzen“? lität senken, weil jeder einen Auftrag mitnehmen will. Das würde aber nicht unserem Ziel dienen, mehr Inves- Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: titionen umzusetzen. Wir brauchen also langfristige Kon- Herr Kollege Berghegger, wollen Sie antworten? tinuität, Planungssicherheit vor Ort, damit Kapazitäten aufgebaut werden. So schaffen wir es, wieder mehr Geld in die Straße und auf die Straße zu bringen. Dr. André Berghegger (CDU/CSU): Ganz kurz. Genauso machen wir es bei den staatlichen Aufgaben – wir haben es gerade gesagt –: Wir erhöhen die Personal- kapazitäten und verbessern damit die Leistungsfähigkeit Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: der verschiedenen Institutionen. Dann können die Auf- Bitte. gaben sinnvoll wahrgenommen werden. Nur am Rande sage ich: An dieser Argumentation kön- Dr. André Berghegger (CDU/CSU): nen Sie sehr leicht erkennen, wie wir zur Schuldenbremse Herr Kollege Fricke, Sie interpretieren in meinen Bei- bzw. zu Erleichterungen bei der Schuldenbremse stehen – trag etwas hinein, was ich gar nicht gesagt habe. Ich habe dieses Thema hat Herr De Masi immer wieder angespro- nur versucht, zu erklären, wie hoch die Haushaltsausga- chen –: Davon halten wir zurzeit gar nichts, eigentlich bereste sind und was ins neue Jahr übertragen worden ist. sogar überhaupt nichts, weil das der falsche Weg wäre. – Ich habe nur gesagt, dass aus Erfahrungswerten zu Darüber werden wir aber an anderer Stelle noch diskutie- schätzen ist, welcher Betrag übrig ist. Diesen kann man ren. für das Instrument der globalen Minderausgabe nutzen. Nichts anderes hat der Finanzminister für den Haushalt An dieser Stelle kann ich mich nur für die gute Mit- vorgeschlagen, und so sind meine Aussagen zu verstehen. arbeit, für die gute Zuarbeit bedanken, insbesondere bei den Mitberichterstattern. Ich kann allen Kolleginnen und Kollegen nur empfehlen, den Einzelplänen 08 und 20 Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: zuzustimmen. Nächste Rednerin ist die Kollegin , SPD. 16176 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble (A) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der SPD) (C) der CDU/CSU) Ich möchte noch einen weiteren Punkt erwähnen. Zum Klimawandel ist schon viel gesagt worden. Auch zur Be- Sonja Amalie Steffen (SPD): kämpfung des Klimawandels trägt unser Haushalt viel Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und bei. Was mich als Berichterstatterin des Einzelplanes Kollegen! Ich bin die vorletzte Rednerin in dieser Debat- für die Entwicklungszusammenarbeit besonders freut, te. Von insgesamt 17 Rednerinnen und Rednern sind lei- ist, dass wir im Bereich der Entwicklungszusammenar- der nur drei Frauen. beit und auch im Bereich Umwelt noch einmal 600 Mil- lionen Euro mehr draufpacken konnten. Denn wir alle (Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD]) wissen: Der Klimawandel macht nicht an unseren Gren- Bei der AfD wundert mich das gar nicht, aber liebe Kol- zen halt, sondern er ist ein globales Problem, das wir leginnen und Kollegen von der Union und auch von der global angehen müssen. Deshalb herrscht an dieser Stelle FDP, ich weiß, dass Sie richtig gute Finanz- und Haus- große Freude. Übrigens erhöhen wir damit auch die haltspolitikerinnen in Ihren Reihen haben. ODA-Quote. Das, finde ich, sind wir der Welt in unserer besonderen Verantwortung schuldig. (Beatrix von Storch [AfD]: Sind Sie qualifi- ziert, weil Sie Frau sind, oder was? Meine Gü- Vielen Dank. te!) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Deshalb wünsche ich es mir hier vorne ein bisschen der CDU/CSU) bunter, ich wünsche mir ein bisschen mehr Vielfalt. (Beifall bei der SPD) Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Voraussichtlich letzter Redner in dieser Debatte ist der Es wurde heute schon oft erwähnt: Wir verabschieden Kollege Dr. Hans Michelbach, CDU/CSU. in dieser Woche einen richtig guten und expansiven Bun- deshaushalt für das kommende Jahr. Insgesamt 362 Mil- (Beifall bei der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD]: liarden Euro wird unser Land 2020 ausgeben. Wir stärken Wenn sich Herr Fricke nicht wieder meldet!) damit Familien. Wir schaffen mehr Infrastruktur. Wir in- vestieren mehr in Bildung und Forschung. Wir investie- Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Michelbach (CDU/ ren insgesamt also massiv in unsere Zukunft. CSU): Investitionen – darüber ist schon viel geredet worden – Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ja, dieser (B) in Höhe von 43 Milliarden Euro bringen wir in diesem Haushalt 2020 ist ein Zukunftshaushalt. Er ist eine adä- (D) Jahr auf den Weg. Die ursprünglich im Regierungsent- quate Antwort auf aktuelle und künftige Herausforderun- wurf vorgesehene Kürzung des Bildungsetats haben wir gen. Zugleich setzt die Koalition damit ihre solide Haus- übrigens nicht nur korrigiert, sondern wir haben die Mit- haltspolitik fort. Wir kommen zum siebten Mal in Folge tel noch einmal erheblich erhöht. Es fließen insgesamt ohne neue Schulden aus. Wir halten mit diesem Haus- zusätzliche 222 Millionen Euro in den Bildungsetat. Da- haltsentwurf die Kriterien des Euro-Stabilitätspaktes mit wächst er auf 9 Milliarden Euro an. Ich konnte mich vollständig ein; das sind gute Kriterien. Deutschland ist gerade letzte Woche bei einem Besuch bei unserer Bil- damit ein Stabilitätsanker in der Europäischen Union, ein dungsministerin in Mecklenburg-Vorpommern, bei Stabilitätsanker für einen stabilen Euro. Bettina Martin, noch einmal versichern, dass der Digital- pakt schon richtig gut läuft. Die Mittel kommen bei uns in (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) den kommunalen Schulen an. Das ist wunderbar so. Wir haben auch in dieser Debatte wieder die Forde- rungen von den Linken und den Grünen nach neuen (Beifall bei der SPD) Staatsschulden gehört, Es mag sein, dass jetzt in diesem Bundeshaushalt 82 Prozent SPD drinstecken, wie Kollege Fricke es gesagt (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Nein! Nach hat. Das ist dann auch richtig gut so. Aber für die Men- Investitionen! Das ist ein Unterschied!) schen da draußen ist das gar nicht wichtig. Für die Men- frei nach dem Motto: Je mehr, desto besser. – Ich frage schen draußen ist wichtig, dass wirklich etwas bei ihnen Sie: Haben Sie eigentlich nichts aus den Krisen der Ver- ankommt. Das tut es mit diesem Bundeshaushalt. gangenheit gelernt? Ich habe die internationale Finanz- krise mit den großen Rettungsprogrammen noch vor Au- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) gen. Wer erzählt, das Geld liege auf der Straße und man Wir schaffen – der Finanzminister hat es schon gesagt – müsse es nur aufheben, der tut nichts anderes, als der ab 2021 Steuererleichterungen in Höhe von 25 Milliarden nächsten Krise das Wort zu reden. Euro jährlich für Familien. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Ulli Nissen [SPD]: Gigantische Summe!) der FDP – Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss es investieren!) Vor allem schaffen wir ab 2021 den Soli ab, aber eben nicht für alle, sondern nur für diejenigen, deren Einkom- Die Linken und die Grünen wollen alle Schleusen öff- men knapp bis ausreichend ist, und eben nicht für die nen. Das ist weder ökonomisch klug noch politisch ver- Spitzenverdiener. Das ist gut so. antwortungsvoll. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16177

Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Michelbach (A) (Beifall des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/ und Steuerpolitik und Strukturpolitik zu betreiben. (C) CSU]) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Das ist nichts anderes als Voodoo-Politik. Mit Nachhal- der FDP) tigkeitspolitik hat das gar nichts zu tun. Es ist ein Beispiel für die Doppelmoral der Grünen, dass sie hier auf der Die EZB muss den Kurs ihrer Geldpolitik ändern. Die einen Seite von Nachhaltigkeit und auf der anderen Seiten Politik muss vor dem Risiko der Zinsen gesehen werden. immer neuen Schulden das Wort reden. Das ist ein wesentlicher Punkt. Nur Reformen bringen Europas Wirtschaft voran, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) (Christian Dürr [FDP]: Richtig!) Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist ein ge- nicht die Erhöhung der Staatsverschuldung. lungener Mix aus Erleichterungen für Arbeitnehmer und Familien, aus Impulsen für die Wirtschaft, aus Maßnah- Auch wir selbst, meine Damen und Herren, dürfen uns men für den Klimaschutz und aus der Stärkung unserer in Deutschland natürlich keinen Stillstand leisten. Mit Länder und Kommunen. Wir wollen nicht vergessen: einem Wirtschaftswachstum von 0,4 oder 0,5 Prozent Zum 1. Januar 2020 tritt der neue Länderfinanzausgleich können und dürfen wir nicht zufrieden sein. Wir brauchen in Kraft. Er führt zu jährlich 9,5 Milliarden Euro an zu- wieder mehr Wachstum durch Reformen, zum Beispiel sätzlichen Bundesmitteln für die Länder. durch einen gezielten Impuls, insbesondere durch eine Unternehmensteuerreform, die unsere Wettbewerbsfä- Wir erhöhen die Investitionsmittel in verschiedenen higkeit steigert. Das wäre allemal besser, als Vereine Bereichen, und das kommt gerade auch der Bahn hervor- durch abstruse Steuerpläne und den Verlust der Gemein- ragend zugute. Daneben hat die Bundesregierung ein Zu- nützigkeit zu verunsichern und so eher eine schlechte satzprogramm in Höhe von 5 Milliarden Euro für einen Stimmung im Land zu verbreiten. tatsächlich flächendeckenden Mobilfunk beschlossen. (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Jetzt Wir haben außerdem vieles auf den Weg gebracht, was schweifen Sie aber ab!) Impulse für die Wirtschaft bringt – und das sollte man auch noch mal besonders hervorheben –: die steuerliche Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen noch einmal Forschungsförderung, die energetische Gebäudesanie- sagen, dass wir für die großartige Leistung unserer rung sowie das Klimaschutzpaket, das auch neue Inves- Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dankbar sein müssen. titionen und Innovationen anreizt. Der Leistungswille unserer Bürger ist das Maß aller Din- ge. In diesem Sinne können wir einen soliden Haushalt Wissen Sie, warum das alles möglich ist? Weil in den (B) für die Zukunft aufstellen. Wir müssen deutlich machen: (D) vergangenen Jahren durch diese Koalition ordentlich ge- Dieser Haushalt 2020 steht für eine gute Zukunft. wirtschaftet wurde. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Nissen [SPD]) Dank der Politik der schwarzen Null und einer damit ein- hergehenden guten Konjunktur haben wir nicht nur die Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Schuldenbremse eingehalten, sondern konnten wir auch Damit schließe ich die Aussprache. noch Rücklagen bilden. Meine Damen und Herren, zusätzlich würde ich mir Wir kommen zu den Abstimmungen. Wir stimmen zu- aber wünschen, dass von der EZB und von der EU-Kom- nächst über den Einzelplan 08 – das ist das Bundesminis- mission noch deutlichere Zeichen der Stabilität in Europa terium der Finanzen – in der Ausschussfassung ab. Wer insgesamt ausgehen. Es ist eine Gefahr für die Stabilität stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält unseres Finanzsystems, das die EZB Banken mit Nega- sich? – Dann ist der Einzelplan 08 mit den Stimmen der tivzinsen für das Parken von Guthaben unter Druck setzt Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenom- und gleichzeitig zur leichtsinnigeren Schuldenaufnahme men. animiert. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Einzel- Eine Bankenunion funktioniert nur ohne ein Übermaß plan 20 – Bundesrechnungshof – in der Ausschussfas- an faulen Krediten. Nur mit einer Eigenkapitalunterle- sung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer gung von Staatsanleihen ist letzten Endes eine Solidität enthält sich? – Dann ist der Einzelplan 20 einstimmig auch bei den Banken gegeben. Eine gemeinsame Einla- angenommen. gensicherung in Europa ist bei diesen Kriterien natürlich Damit rufe ich Tagesordnungspunkt I.5 auf: immer wieder zu hinterfragen. Das sind Gesichtspunkte, die auch im Bereich der Bankenunion innerhalb Europas Einzelplan 10 eine Rolle spielen müssen. Bundesministerium für Ernährung und Land- wirtschaft Die EZB sollte Hüterin der Stabilität sein. Sie ist neut- ral, aber wir müssen dies auch politisch immer wieder Drucksachen 19/13924, 19/13925 ansprechen. Sie ist nicht dazu da, die Schuldenpolitik ein- zelner Euro-Staaten zu sponsern Berichterstatter sind die Abgeordneten Christian Haase, Ulrich Freese, Dr. Birgit Malsack-Winkemann, (Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!) Ulla Ihnen, Heidrun Bluhm-Förster, Dr. Tobias Lindner. 16178 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble (A) Zum Einzelplan 10 liegen ein Änderungsantrag und ein Das Russisch Roulette mit unseren Bürgern endete, (C) Entschließungsantrag der Fraktion der AfD vor. Über den wie wir alle wissen, tödlich. Dieser Skandal – man kann Entschließungsantrag werden wir am Freitag nach der es auch als fahrlässig tödliches Behördenversagen be- Schlussabstimmung abstimmen. zeichnen – war den Verantwortlichen also fünf Wochen vor dem erfolgten Rückruf schon im Einzelnen bekannt. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Eine öffentlichkeitswirksame Reaktion erfolgte jedoch Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen erst, nachdem es bereits mehrere Todesopfer gab. Muss Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. – Ich darf es erst Tote geben, Frau Klöckner, bevor Sie überhaupt Sie bitten, wenn Sie nicht an der Beratung teilnehmen reagieren? wollen, den Saal zu verlassen; die Übrigen bitte ich, Platz zu nehmen. Und dabei zeigt der Wilke-Wurst-Skandal nur exemp- larisch, was in der Lebensmittelüberwachung in Deutsch- Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der land strukturell schiefläuft. Verseuchte Lebensmittel gibt Kollegin Dr. Birgit Malsack-Winkemann, AfD. es immer häufiger: so der Milchskandal wegen der defek- (Beifall bei der AfD) ten Dichtung einer Produktionsanlage, Schimmelkeime im Sahnejoghurt, Kunststoffstücke in Rindersalami, Me- Dr. Birgit Malsack-Winkemann (AfD): tallfremdkörper in Kochmettwurst, Glassplitter in Käse, Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Ich Salmonellen in Walnüssen, um nur einige Beispiele der begrüße außerdem die in Berlin versammelten mutigen letzten Wochen zu nennen. Traktorfahrer im Namen der AfD! Die Zahl der Lebensmittelrückrufe in Deutschland hat sich seit 2012 mehr als verdoppelt, wobei die meisten (Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer Produkte wegen mikrobiologischer Verunreinigungen [CDU/CSU]: Die werden sich bedanken! – oder Fremdkörpern zurückgerufen wurden. Doch woran Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Ah!) liegt das? Wer ist verantwortlich? Bundesministerin Meine Damen und Herren, kann Vertrauen in diese Re- Klöckner jedenfalls weist erwartungsgemäß jegliche Ver- gierung tödlich sein? Ja, verehrte Mitbürger, Sie haben antwortung weit von sich. Die Bundesländer seien für die richtig gehört: tödlich. Und damit beziehe ich mich nicht Lebensmittelkontrollen zuständig; sie selbst erwarte re- etwa auf die Kriminalitätsstatistik der letzten Jahre, son- gelmäßige, effektive Kontrollen vor Ort. dern auf die Gesundheit unserer in Deutschland herge- stellten Lebensmittel. Ach ja, schuld sind immer die anderen. Haben Sie ver- gessen, Frau Klöckner, dass es das Bundesamt für Ver- Der Skandal nimmt immer größere Ausmaße an: Wie braucherschutz und Lebensmittelsicherheit gibt, das als (B) wir alle wissen, hat der Wilke-Wurst-Skandal nachweis- Bundesoberbehörde unter Ihrer höchstpersönlichen Ver- (D) lich zu Todesopfern geführt. In Wilke-Wurst wurden le- antwortung steht? Und was ist die Aufgabe dieser Bun- bensgefährliche Keime, sogenannte Listerien, gefunden. desbehörde? Das Risikomanagement im Bund-Länder- Drei Personen mussten zunächst ihr Leben lassen. Bei Verhältnis zur zentralen Koordinierung sowie die Aufbe- diesen drei Todesfällen vermutet das Robert-Koch-Insti- reitung und Berichterstattung bei der Durchführung der tut, dass eine Ansteckung über Lebensmittel sogar in Lebensmittelüberwachung. Als Bürger und Steuerzahler Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern, Rehakli- darf man hier gerne fragen, was mit dem Etat von 62 Mil- niken oder Altersheimen erfolgte. Ein Skandal ohneglei- lionen Euro für 2019 und sogar 65 Millionen Euro für chen, wenn wehrlose Kranke, Behinderte und Senioren 2020 überhaupt geschieht. offensichtlich nicht funktionierenden Behörden schutzlos ausgeliefert sind! Denn von den 37 weiteren Infizierten Es zeugt von ausgesprochener Unkenntnis über den sind mittlerweile 25 verstorben. eigenen Aufgabenbereich und dazu einer bodenlosen Ver- antwortungslosigkeit, wenn Sie Ihre eigene Verantwort- Schon Anfang des Jahres wurden die Behörden auf die lichkeit auf andere schieben. Glauben Sie, damit könne Firma Wilke aufmerksam. Nach Listerienfunden in Ham- die Bevölkerung beruhigt werden? burg und Baden-Württemberg sollen Verunreinigungen in dem Betrieb gefunden und eine wohl zu lasche Grund- Wenn deutschlandweit gesundheits- und sogar lebens- reinigung veranlasst worden sein. Denn auch danach wur- bedrohende Gesundheitsgefahren durch verseuchte Le- den mehrfach Verunreinigungen gefunden. bensmittel wie der Wilke-Wurst entstehen, muss das Risikomanagement gleichfalls – und logischerweise – Und was taten die zuständigen Behörden in puncto deutschlandweit erfolgen, vor allem, wenn es unsere Öffentlichkeitsarbeit? Sie taten erst mal nichts. Jüngsten trifft, wie zuletzt durch Plastikfolienteilchen in Babygläschen. Ja, Frau Klöckner, mit Nichtstun, Öffentlichkeitsarbeit an falscher Stelle, Verschweigen, Aussitzen, damit ken- Deshalb muss Ihre Behörde die ihr übertragenen Risi- nen sich die Behörden offenbar bestens aus. Fast schon komanagementaufgaben tatsächlich endlich ernsthaft erwartungsgemäß hielten Sie es zuerst nicht einmal für wahrnehmen und zudem alle negativen und gesundheits- notwendig, alle belieferten Betriebe wegen der listerien- gefährdenden Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen verseuchten Wurst transparent zu machen. Und dabei la- ohne Einschränkungen veröffentlichen. Nur das schafft gen nach Angaben des hessischen Umweltministeriums einen Anreiz für Lebensmittelbetriebe, sich an alle Hy- spätestens am 26. August 2019 alle Lieferlisten vor. Und gienevorschiften zu halten und vor allem selbst schnell wann erfolgte der Rückruf? Am 2. Oktober, also erst nach und direkt nachzubessern, und es sorgt zudem für Sicher- fünf Wochen! heit und Klarheit bei den Verbrauchern. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16179

Dr. Birgit Malsack-Winkemann (A) Wozu sonst, Frau Klöckner, erhalten Ihre Behörden Wir wissen um Ihre Leistungen als Produzent hochwerti- (C) jährlich mehr Millionen des Steuerzahlers, wenn diese ger Lebensmittel, als Klima-, Arten- und Landschafts- ihre Aufgaben nicht wahrnehmen? Steuerzahlungen un- schützer. Wir werden diese Herausforderungen mit Ihnen serer Bürger sind kein Selbstzweck, vor allem dann nicht, und nicht gegen Sie angehen. wenn die Menschen unseres Landes durch Untätigkeit der Ihnen unterstellten Behörden krank werden und sogar (Beifall bei der CDU/CSU) sterben. Kalte Enteignung durch die Hintertür wird es mit uns nicht geben. Ich danke deshalb Julia Klöckner für ihre Schutz von Leib und Leben der über 80 Millionen Kommunikationsoffensive, die diese Sorgen aktiv auf- Menschen Deutschlands ist die wichtigste Verantwor- greift, und auf dem CDU-Parteitag haben wir diesen tung, die Sie in Ihrem Ressort haben. Das sollte Ihnen Weg ausdrücklich bekräftigt. endlich bewusst werden! Und wenn Sie das nicht können oder wollen, dann treten Sie zurück! Die Proteste draußen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) vor der Tür sind gegen Ihre Landwirtschaftspolitik ge- richtet, Frau Klöckner. Meine Damen und Herren, was geschieht nun konkret? Danke schön. (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Zu wenig!) Nehmen wir den Insektenschutz. Er ist wichtig; gar keine (Beifall bei der AfD) Frage. Er beschäftigt, was uns die Initiativen in Bayern oder Baden-Württemberg zeigen, die Gesellschaft, aber Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: auch die Bäuerinnen und Bauern; denn alle sind direkt Christian Haase, CDU/CSU, ist der nächste Redner. oder indirekt auf die Leistungen der Insekten angewiesen. Bisher sind Planken für konkrete Maßnahmen in einem (Beifall bei der CDU/CSU) Aktionsprogramm beschrieben. Aber, das will ich unter- streichen, es gibt noch kein Gesetz. Jetzt folgen Bestands- Christian Haase (CDU/CSU): aufnahme und die Quantifizierung von Einschränkungen; Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine dann geht es um Kompensation, und das alles in einem sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns nun Austausch mit dem Berufsstand. anfangen, über den Haushalt zu sprechen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der Wir stellen im Haushalt in der GAK 50 Millionen Euro SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- für einen Sonderrahmenplan „Insektenschutz“ bereit. Mit NEN) (B) den Landesmitteln sind es dann zusammen 83 Millionen (D) Der BMEL-Etat steigt auf einen Rekordwert von knapp Euro . 6,7 Milliarden Euro , das sind 200 Millionen Euro mehr als im Regierungsentwurf und fast 400 Millionen Euro Zweites Beispiel: die Auswirkungen der Düngeverord- mehr als 2019. Aus meiner Sicht ist dieser Aufwuchs nung. Ich bin sehr froh, dass wir in den Haushaltsberatun- auch gerechtfertigt; denn im Lebensministerium stellen gen die finanzielle Unterfütterung eines Nährstoffpro- wir wichtige Weichen für die Zukunft. grammes erzielen konnten. Über die nächsten drei Jahre wird es zusätzlich 70 Millionen Euro Bundesförderung Drei große Herausforderungen will ich nennen: die geben, verteilt auf die GAK und die Ackerbaustrategie. Zukunft unserer bäuerlich geprägten Landwirtschaft, un- sere Wälder und die Förderung lebendiger ländlicher (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Räume. Unsere Landwirtschaftsministerin, Julia Klöck- Zusammen mit den Landesmitteln steigt das Volumen ner, und unsere Landwirtschaftspolitiker gehen diese He- dann auf über 100 Millionen Euro . rausforderungen energisch an. Dieser Haushalt schafft die finanziellen Rahmenbedingungen dafür. EU-Düngerecht, Erwähnen möchte ich auch noch, dass wir die Zuschüs- EU-Mercosur-Abkommen, Insektenschutzprogramm, se zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung auf dem politische Pauschalvorwürfe von den Grünen, schwinde- Vorjahresniveau von 177 Millionen Euro halten. Damit nde gesellschaftliche Anerkennung – all das macht unse- bleibt eine wichtige Entlastung der landwirtschaftlichen ren Bäuerinnen und Bauern zu schaffen und führt, auch Betriebe auf hohem Niveau bestehen. Hören Sie sich, durch übertriebene Berichterstattung, zu großer Verunsi- liebe Bäuerinnen und Bauern, gleich die Opposition cherung. an – ich gucke da in Richtung FDP –: Die FDP wird sich gleich zwar als großer Freund der Bäuerinnen und Bauern (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) aufspielen, aber sie wollte diese Zuschüsse streichen. Die heutige Demo ist Ausdruck davon. Wir haben heu- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- te keine Fanmeile, sondern eine „Fendt-Meile“. Liebe neten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Bäuerinnen und Bauern, Sie können sich sicher sein: Hört! Hört!) Wir stehen an Ihrer Seite. Ich komme zum zweiten Megathema: der Wald. Kli- (Beifall bei der CDU/CSU – mawandel, Sturm, Dürre und Schädlinge wie der Borken- [AfD]: Selten so gelacht! – Renate Künast käfer haben unseren Wäldern große Schäden zugefügt. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind doch 2018/19 sind über 100 Millionen Kubikmeter Schadholz gegen Sie!) angefallen. Hänsel und Gretel würde es heute schwer- 16180 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Christian Haase (A) fallen, sich im Wald zu verlaufen: Man sieht den Wald vor den pro Jahr gefangen. Dazu noch andere Fische. (C) lauter lichten Stellen nicht. Über 180 000 Hektar müssen Wie viele Familien die Fischerei im Ort ernährte, unsere Forstwirte wieder aufforsten. Das sind gut 250 000 weiß der 53-Jährige nicht mehr genau. Mehr als 20 Fußballfelder. Mann waren sie wohl in der Genossenschaft. Im Vorjahr noch neun, Anfang 2019 noch drei. Jetzt Unsere Wälder sind Multitalente. Sie sind Lebensräu- ist Krehl allein. me, regulieren den Wasserhaushalt, verhindern Erosion, produzieren Sauerstoff, binden CO2, sorgen für ein ab- Auch hier dürfen wir die Menschen nicht alleinlassen. wechslungsreiches Landschaftsbild und schaffen Hei- Wir haben zunächst 4 Millionen Euro bereitgestellt und mat – eine Heimat, meine Damen und Herren, die ich hoffen auf positive Verhandlungen mit der EU zu den auch noch meinen Enkeln und Urenkeln hinterlassen beihilferechtlichen Fragen. möchte, und zwar so, wie ich sie kennenlernen durfte, mit diesem ganz typischen holzig-moosigen Duft, mit Meine Damen und Herren, der vorliegende Haushalt ganz charakteristischen Geräuschen und mit dieser ganz kann sich sehen lassen. Ich danke meinen Berichterstat- besonderen Stimmung, die einen nach kurzer Zeit wieder terkolleginnen und -kollegen ebenso wie unserer Minis- erdet und fokussiert. Dies zu bewahren, ist jede Anstren- terin und ihrem Expertenteam für die konstruktive Zu- gung wert. sammenarbeit. Bereits vor einem Jahr haben wir reagiert und die ers- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ten 10 Millionen Euro Bundesmittel bereitgestellt. Aber ordneten der SPD) wir wussten: Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass wir im Zuge Vizepräsidentin : des Klimaschutzpaketes endlich ausreichend Geld in die Vielen Dank, Christian Haase. – Einen schönen Tag Hand nehmen. von mir Ihnen! – Die nächste Rednerin: Ulla Ihnen für (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli die FDP-Fraktion. Nissen [SPD]) (Beifall bei der FDP) Für die nächsten vier Jahre wird es 478 Millionen Euro geben. Mit der Kofinanzierung durch die Länder sind es Ulla Ihnen (FDP): dann insgesamt über 800 Millionen Euro. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen: Das Jahr Als dritten Punkt möchte ich über die Förderung des 2019 brachte der Landwirtschaft das sogenannte Agrar- ländlichen Raumes sprechen. Hier gibt es viel Gutes zu paket und die Diskussion um die Düngeverordnung. Hef- (B) (D) berichten. Die Programme laufen von Jahr zu Jahr besser. tige Proteste vieler Landwirte waren die Folge. In diesem Mein Dank gilt insbesondere den Mitarbeiterinnen und Moment stehen draußen bis zu 10 000 Landwirte, viel- Mitarbeitern, die hier in den letzten Jahren die Aufbau- leicht auch mehr, mit 5 000 Treckern vor dem arbeit geleistet haben. Brandenburger Tor. Die grünen Kreuze auf vielen Feldern (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und sind auch Ausdruck dieses Protests. der Abg. Ulli Nissen [SPD]) (Christian Dürr [FDP]: So ist es!) Als eine aktuelle Weiterentwicklung nenne ich das Die Landwirte werden sich heute nicht mit Worthülsen Thema Dorfläden. Dorfläden sind mehr als die bloße abspeisen lassen. Sie erwarten von der Bundesregierung Möglichkeit, wohnortnah einkaufen zu gehen. Sie sind und von Ihnen, Frau Ministerin, zu Recht einen wirklich Treffpunkt, Vernetzungsstelle und gelebtes schwarzes aufrichtigen Dialog über ihre Zukunft und die des Berufs- Brett eines Dorfes. Ich kenne das aus meinem Wahlkreis standes. vom Dorfladen in Dringenberg. Wir wollen ein Modell- projekt aufsetzen, um zu klären, wie wir die Vernetzung (Beifall bei der FDP) der Dorfläden am besten fördern können. Dieser Erfah- Das ist, glaube ich, das Mindeste, was unsere Bauern an rungsaustausch soll auch der Verbreitung von Best-Prac- Wertschätzung erwarten dürfen. Ob im Stall oder auf dem tice-Empfehlungen dienen. Acker: Keine Landwirtschaftspolitik über ihre Köpfe hin- Meine Damen und Herren, auf ein weiteres Thema will weg! ich abschließend eingehen: die Herings- und Dorschfi- Unter diesen Vorzeichen haben wir auch den Haushalt scherei in der Ostsee. Durch eine massive Kürzung der des Landwirtschaftsministeriums für 2020 beraten. So Fangquoten steht sie mächtig unter Druck. Auch hier wie der Haushalt jetzt, am Ende der Beratungen, aussieht, möchte ich der Ministerin danken, die noch Schlimmeres lassen sich die Prioritätensetzungen, die für die Landwirt- auf EU-Ebene verhindern konnte. schaft jetzt nötig wären, allenfalls erahnen. Der Gesamt- Wie es in der Fischerei aussieht, möchte ich am Bei- etat liegt jetzt zwar bei 6,69 Milliarden Euro – eine schon spiel eines Fischers aus dem Fischerdorf Stahlbrode am gewaltige Summe –; aber auch das x-te Förderprogramm Strelasund in Sichtweite der Insel Rügen deutlich ma- wird die akuten Probleme, denen sich die Landwirte ge- chen: genübersehen, nicht beseitigen können. Zu DDR-Zeiten hat die Fischereigenossenschaft mit Sie, Frau Ministerin, versuchen, mit einigen Millionen, Hering richtig Geld verdient ... „1 200 Mark gab es zum Beispiel für Maßnahmen zur Güllelagerung oder für für eine Tonne Hering“, sagt er. 1 800 Tonnen wur- Experimentierfelder zur Digitalisierung in der Landwirt- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16181

Ulla Ihnen (A) schaft, zu positiven Ansätzen zu kommen, aber das reicht Am Ende noch ein Wort zum Kollegen Haase. Er weiß (C) einfach nicht aus. selbst sehr gut, dass zum Beispiel die vielen Gelder, die in die landwirtschaftliche Unfallversicherung fließen, vom (Beifall bei der FDP) Bundesrechnungshof jüngst als eine der am längsten lau- Denn gleichzeitig müssen sich die Landwirte aufgrund fenden Subventionen in der Bundesrepublik gebrand- der Gesetzesänderung vor zwei Wochen auf sinkende markt wurden – so darf ich fast sagen - Hektarprämien einstellen und damit auf weniger Einkom- (Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Das hat men. Dazu soll es ein Insektenschutzgesetz geben, das was mit Strukturen zu tun!) wiederum mehr Auflagen für die Landwirte bedeuten wird und schon heute große Sorgen bereitet. Auch das und dass diese Gelder bei denen, die sie erhalten sollen, unnötige freiwillige Tierwohllabel, Frau Ministerin, das nicht ankommen. bis 2020 immerhin 60 Millionen Euro gekostet haben wird, wird die Tierhalter teuer zu stehen kommen, ohne (Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Falsch!) dass sie wissen, ob die dafür notwendigen Investitionen Das haben wir ja auch gemeinsam im Haushaltsausschuss sich wirklich rentieren. festgestellt. (Beifall bei der FDP) (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Aber Anträge dazu hat die FDP auch Und wenn auch ganz Deutschland von der Grundrente noch nicht gebracht!) spricht: Es gab bislang kein Wort von Ihnen, Frau Minis- terin, zu einer Grundrente in der landwirtschaftlichen Al- Insofern glaube ich, dass man hier umsteuern und eine tersversorgung; aber die Altersversorgung ist in Ihrem andere Maßnahme ergreifen muss. Haushalt mit immerhin 2,5 Milliarden Euro verankert. Vielen Dank. Wir Freie Demokraten dagegen stehen für eine Politik, die nicht immer mehr Auflagen für die Höfe fordert und (Beifall bei der FDP) deren Existenz aufs Spiel setzt, sondern wir wollen ein- fach nur faire Regeln für unsere Landwirtschaft. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Ulla Ihnen. – Nächster Redner: für die (Beifall bei der FDP) SPD-Fraktion Matthias Miersch. Gängelung und Bürokratie müssen der Vergangenheit an- gehören. Wir Freie Demokraten haben für eine moderne (Beifall bei der SPD) (B) Landwirtschaft mehr Investitionen in die Erforschung (D) neuer Pflanzenschutzmittel und neuer Züchtungsmetho- Dr. Matthias Miersch (SPD): den gefordert, und wir fordern Breitbandversorgung auf Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! allen Äckern, und zwar bis zur letzten Milchkanne. Heute die Demonstrationen von zahlreichen Landwirten, und im Januar wird es hier in Berlin wieder eine De- (Beifall bei der FDP) monstration mit vielen Verbraucherinnen und Verbrau- Wir haben in diesen Haushaltsberatungen mit unseren chern und auch Landwirten unter dem Motto „Wir haben Anträgen gezeigt, wie man sinnvoll Prioritäten setzen und es satt!“ geben. In dieser Gesellschaft ist ordentlich was gleichzeitig einen sorgsamen Umgang mit Steuergeldern los, es wird diskutiert. Aber ähnlich wie im Energiesek- erreichen kann. Wir schlagen vor, Geld für unnötige oder tor – davon bin ich fest überzeugt – werden wir tragfähige schlecht laufende Förderprogramme zu kürzen. Wir ha- Lösungen nur miteinander und nicht gegeneinander hin- ben in unseren Anträgen aber auch auf Defizite im Haus- bekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen. halt hingewiesen. Es gibt zum Beispiel bis heute kein (Beifall bei der SPD) Waldschadenmonitoring, auch ein Wildtiermonitoring fehlt. Zudem möchten wir gern den Erhalt seltener und Deswegen gilt es, die strukturellen Defizite unter die aussterbender Nutztierrassen fördern; denn nur so können Lupe zu nehmen. Ich kann Ihnen nur sagen – wir haben ja wir genetische Ressourcen auch für unsere Tierhalter si- hier in diesem Haus auch einen grundsätzlichen Dissens –: chern. Solange wir das Subventionssystem der europäischen Agrarförderung so lassen – wo nur nach Masse, aber nicht Die Landwirtschaft, so sagt man, ist das Herz des länd- nach Klasse gefördert wird –, so lange werden Landwirte lichen Raumes. Wir Freie Demokraten werden nicht zu- hier in Deutschland immer unter Druck stehen, liebe Kol- sehen, wie dieses Herz zum Herzinfarkt getrieben wird. leginnen und Kollegen. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wir fordern eine Vision für die Zukunft der Landwirte, und diese Vision muss sich auch im Haushalt widerspie- Wir müssen die Systemfrage stellen. Wir müssen Qua- geln. Wir fordern Sie auf, Frau Ministerin, endlich wieder lität fördern. Wir müssen die Landwirte, die sich auf den Landwirtschaftspolitik für die Landwirte mit den Land- Weg machen, belohnen. Ansonsten werden anonyme Ag- wirten zu machen. Dafür stehen wir als Serviceopposition rarkonzerne immer die Oberhand bekommen. Wir in der dann auch gerne mit unseren Vorschlägen zur Verfügung. SPD haben letztes Jahr ein Positionspapier dazu vorge- So werden wir den Haushalt ablehnen. legt. Wir bieten es Ihnen an. Befassen Sie sich damit! Wir 16182 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Dr. Matthias Miersch (A) brauchen diesen Paradigmenwechsel, liebe Kolleginnen durchaus geschafft, das eine oder andere in diesem Haus- (C) und Kollegen. halt zu verbessern, sogar durch Koalitionsanträge. Darü- ber bin ich sehr froh. Einige Dinge, die wir als Opposition (Beifall bei der SPD) vorher in den Haushaltsausschuss eingebracht haben, Ich habe bei der Einbringung des Haushalts schon auf sind auch in solche Anträge eingeflossen. Darüber freuen einen grundsätzlichen Dissens zwischen uns, der Frau wir Linke uns natürlich besonders. Aber die Frage ist Bundesministerin Klöckner und der SPD-Bundestags- doch, ob wir mit der Kontinuität, die dieser Haushalt dar- fraktion, hingewiesen. Wenn wir es zusammen machen stellen soll, auch die richtigen Signale senden für die wollen, dann geht es nicht, dass wir das zarte Pflänzchen, Lösung der Aufgaben in der Landwirtschaft und bei der nämlich die sogenannte Borchert-Kommission, in der Ernährung unserer Bevölkerung. Verbraucherinnen und Verbraucher, Landwirtschaftsver- (Beifall bei der LINKEN) bände, Tierschutzorganisationen versuchen, über das Tierwohl der Zukunft und dessen Schutz zu reden und Meine Fraktion hat in den letzten Jahren immer kriti- einen Pfad für die nächsten zehn, zwanzig Jahre aufzu- siert, dass das Budget und die Verteilung der Mittel nicht zeigen, mehr oder weniger im Schatten lassen. Das ist die im Sinne eines einfachen Weiter-so realisiert werden dür- Quelle, die ich mir wünsche: einen Diskurs und einen fen. An dieser Kritik müssen wir leider auch heute weiter gemeinsamen Beschluss darüber, wie wir in den nächsten festhalten. zehn, zwanzig Jahren in diesem Land Tierschutz, Tier- wohl organisieren wollen. (Beifall bei der LINKEN) Nach wie vor ist Die Linke der Überzeugung, dass die Das Gleiche brauchen wir in Bezug auf die Ackerbau- dringenden Reformvorhaben in der Debatte um die Neu- strategie. Nur so können wir Planbarkeit schaffen. Dann können wir das finanziell hinterlegen. Dann können wir ordnung der kompletten Agrarförderung in der Gemein- samen Agrarpolitik auf EU-Ebene und Deutschlands das auch baurechtlich hinterlegen. Aber das, was Ihr Haus Beteiligung an dieser Gemeinschaftsaufgabe weitaus macht, ist genau das Gegenteil. Sie setzen auf ein frei- williges Tierwohllabel, ohne ein Maß an Verbindlichkeit größere Anstrengungen erfordern, als die Bundesregie- rung bereit ist umzusetzen. Es geht in erster Linie darum, zu haben, ohne zu sagen, was Sie eigentlich wollen. wie wir die agrarpolitischen Leistungen für das Gemein- Und Sie setzen weiter auf Verschiebebahnhöfe. Das wohl und ihre Effekte für den sozial-ökologischen Um- wird allen Bauern zum Verhängnis. Beispielsweise das bau der Landwirtschaft in Zukunft gerecht honorieren. Thema Kastenstand, zu dem wir 2016 die höchstrichter- Mit einem Weiter-so werden wir die Ausgleichszahlun- liche Entscheidung bekommen haben, dass es unzulässig gen, die eingeführt wurden, um Wettbewerbsnachteile der (B) ist: wieder Verschiebebahnhof. Beim Thema Ferkelkast- europäischen Landwirtschaft im Welthandel auszuglei- (D) ration: 2013 die Änderung im Bundestag, seitdem Ver- chen, niemals überwinden können. schiebebahnhof. Beim Thema Düngung genau das Gleiche. Zig Urteile des Europäischen Gerichtshofs: Ver- (Beifall bei der LINKEN) schiebebahnhof. Und auch die betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe spüren keinen wirklich starken Verhandlungswillen unse- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des rer Ministerin in Brüssel in dieser Frage. Abg. Dr. [DIE LINKE]) Meine Damen und Herren, in den Details des Haus- Jetzt merken wir: Irgendwann fällt die Klappe. Und das, haltsplanes können wir allerdings einige Trendverschie- liebe Frau Kollegin Klöckner, geht so nicht. Deswegen bungen beobachten, die ich kurz benennen möchte. Im- mein Appell auch hier sehr grundsätzlich: Wir können merhin ist es möglich geworden, etwas mehr als nicht immer nur auf die Hülle setzen, die dann vielleicht 1 Milliarde Euro zusätzlich für Ernährung und Landwirt- tolle Labels etc. erfindet. Wir müssen diese Substanz hier schaft zur Verfügung zu stellen. Von dieser Summe soll liefern! Und wenn das Ministerium es nicht macht, wer- knapp die Hälfte für die Erhaltung, die bessere Nutzung, den wir es in dieser Koalition immer wieder einfordern. die Schadensbeseitigung und Rekultivierung des Waldes Das ist mein Appell an Sie. ausgegeben werden. Das begrüßt Die Linke ausdrücklich. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Diese Mittel sollen, soweit sie nicht der Forschung gewidmet sind, über die GAK, also die Gemeinschafts- (Beifall bei der SPD) aufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küs- tenschutzes“, für die nächsten Jahre bis 2023 zur Verfü- Vizepräsidentin Claudia Roth: gung stehen. Leider ersetzen sie nicht die Soforthilfe, die Vielen Dank, Matthias Miersch. – Nächste Rednerin: wir mit unserem Antrag im Sommer dieses Jahres für die für Die Linke Heidrun Bluhm-Förster. kleinen kommunalen und privaten Waldbesitzer in Höhe von 200 Millionen Euro gefordert hatten, um die größeren (Beifall bei der LINKEN) Belastungen der Waldbauern etwas zu kompensieren.

Heidrun Bluhm-Förster (DIE LINKE): (Beifall bei der LINKEN) Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Aber man soll die Hoffnung ja nicht aufgeben. Deshalb Herr Haase beendete seine Rede mit der Bemerkung: fordern wir in unserem Entschließungsantrag zum Haus- Dieser „Haushalt kann sich sehen lassen“. Ja – insofern haltsgesetz 2020, der am Freitag zur Abstimmung stehen hat er recht –, wir haben es in der Bereinigungssitzung wird, wieder 200 Millionen Euro für ein Förderprogramm Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16183

Heidrun Bluhm-Förster (A) Waldumbau für den Einsatz von resistenten, ökologi- (Beifall bei der LINKEN) (C) schen Mischwaldkulturen. Im Übrigen soll der zweite Teil der zusätzlichen Mil- (Beifall bei der LINKEN) liarde zu großen Teilen in die Entwicklung der ländlichen Räume fließen. Aber leider war auch in den Berichterstat- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie üblich hat die tergesprächen noch nicht viel Handfestes zu erfahren, Koalition in letzter Sekunde vor der Bereinigungssitzung was mit diesem Geld in den nächsten Jahren konkret ihre Änderungsanträge vorgelegt. Einer davon betrifft die passieren soll und wird. Das werden wir im Auge behal- Weidetierhaltung. Wir hätten schon fast gejubelt. ten und engmaschig überprüfen. (Rainer Spiering [SPD]: War aber nicht Meine Damen und Herren, lassen Sie mich als letzten schlecht!) Punkt einige Anmerkungen zum gerade beschlossenen Schließlich hatte Die Linke vorher zusammen mit Bünd- Agrarpaket machen, weil hier offensichtlich mehrere Zü- nis 90/Die Grünen zum einen gefordert, eine Weidetier- ge auf demselben Gleis aufeinander zurasen. Einige mei- prämie durchzusetzen. Zum anderen haben wir vorge- ner Vorredner haben sich dazu bereits geäußert. schlagen, ein Bundesprogramm Weidetierhaltung mit 50 Millionen Euro jährlich aufzulegen und ein Herden- In der letzten Woche war ich in meinem Wahlkreis von schutzkompetenzzentrum mit 2 Millionen Euro jährlich der neu gegründeten Initiative „Land schafft Verbindung – auszustatten. Leider ohne Erfolg. MV“ – MV heißt Mecklenburg-Vorpommern – eingela- den. Das sind Akteure, die sich übrigens deutschlandweit Stattdessen hat die Koalition nun 1,5 Millionen Euro vernetzt haben und auf Probleme und die Tragweite des über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Ag- Agrarpakets aufmerksam machen wollen. Wir haben heu- rarstruktur und des Küstenschutzes“ für Herdenschutz- te bei unserer Anreise ins Plenum alle erlebt, wie viele maßnahmen bereitgestellt. Nur, dieses Geld kommt nicht Bäuerinnen und Bauern sich deswegen nach Berlin auf- zusätzlich, sondern es entspricht den Mitteln für das ge- gemacht haben. Es sind aber eben nicht nur Bäuerinnen strichene Bundesprogramm Wolf zur finanziellen Unter- und Bauern, an die sich das Agrarpaket richtet, sondern stützung von Wanderschäferinnen und Wanderschäfern. auch Menschen, die auf dem Land leben, die im weitesten Ob ein solcher Geldverschiebebahnhof überhaupt funk- Sinne beruflich mit der Landwirtschaft zusammenhängen tioniert, ist offen. Aber da die gleiche Summe auch im oder von ihr abhängen, und Menschen, die sich für ihre Bundesprogramm Nutztierhaltung gestrichen wird, ist Region insgesamt starkmachen wollen. das nicht nur ein Verschiebebahnhof, sondern Trickserei. Die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern befürch- (Beifall bei der LINKEN) ten, dass das Agrarpaket den aus ihrer Sicht negativen (B) So spielt man Nutztierhalter gegeneinander aus. Das ist Strukturwandel weiter anheizen wird. Aktuell arbeiten (D) angesichts der schwierigen Situation völlig inakzeptabel. in meinem Heimatbundesland noch 4 700 agrarische Be- Für diese Maßnahme hätten Sie besser die Million aus- triebe mit mehr als 25 000 Beschäftigten; aber die Zahl geben sollen, die Sie jetzt für die Stärkung der Außen- wird von Jahr zu Jahr kleiner. Aufkäufer für Geldanlagen handelsbeziehungen vorsehen. Das wäre ehrlicher und sind vielfach unterwegs und treiben die Boden- und klarer gewesen. Pachtpreise in schwindelerregende Höhen. Die Handels- ketten kaufen mittlerweile große Agrarbetriebe auf und (Beifall bei der LINKEN) werden den Kampf unserer Landwirte um auskömmliche Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Vorgehenswei- Preise weiter anheizen. se ist auch kein gutes Zeichen für die Strukturverbesse- Frau Ministerin Klöckner, der Verweis in Ihrem Rede- rung in den ländlichen Räumen generell. Hier hätte zum beitrag, den Sie am vergangenen Wochenende auf dem Beispiel die Chance bestanden, das Bundesprogramm Parteitag in Leipzig gehalten haben, darauf, dass Sie den Ländliche Entwicklung, BULE, substanziell weiter zu Ärger der protestierenden Bäuerinnen und Bauern verste- stärken, statt auf weitere fünf Ministerien zu verteilen. hen können, weil sie sich von der sogenannten renitenten Insbesondere für die Förderung kleiner und mittlerer Un- Umweltschutzgruppe, die das Image der Landwirte ka- ternehmen in den Bereichen Lebensmittelverarbeitung puttgemacht hat, in den Schmutz gezogen fühlen, wird und -vermarktung ist eine Erhöhung der Finanzmittel er- den rasenden Zug nicht aufhalten. forderlich. Aber die dafür notwendige Grundgesetzände- rung, die wir bereits in der letzten Legislatur diskutiert Eine Hauptkritik dieser Initiative, die heute hier in Ber- haben, ist wieder in weite Ferne gerückt; davon spricht lin demonstriert, richtet sich auch gegen die Bundesregie- die Koalition heute leider nicht mehr. So könnte man das rung und ihre Politik. Ich nenne hier auszugsweise einige dann über BULE oder über den Sonderrahmenplan „ För- Forderungen, für die die Politik bis heute nichts leistet: derung der ländlichen Entwicklung“ durch Verarbei- Landwirtschaftliche Preise müssen kostendeckend sein. tungs- und Vermarktungsstrukturen für agrarische Pro- (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Gitta dukte machen, was sich die Bauern vor Ort zum Teil Connemann [CDU/CSU]) wünschen. Sie dürfen nicht erst am Ende der Verwertungskette, nach Unser Vorschlag zielt mit der Erhöhung um 2 Millionen Handel und Verarbeitung, als Restpreis gebildet werden. Euro auch auf die engere Verzahnung von Wirtschaft und Landwirtschaft ab, eingerahmt von einer Umweltpolitik, Umwelt- und Tierschutz müssen durch die gesamte die dem ganzheitlichen Politikansatz der Linken für einen Gesellschaft getragen werden. Das ist nicht alleine durch sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft entspricht. die Landwirtinnen und Landwirte zu stemmen. 16184 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Heidrun Bluhm-Förster (A) (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. gangspunkt: Die Preise sinken, aber die tatsächlichen (C) Susanne Mittag [SPD]) Kosten steigen. Und Fakt ist doch, dass immer mehr Men- Auch eine deutliche Reduzierung des landwirtschaft- schen das nicht mehr akzeptieren. Man könnte quasi sa- lichen Flächenverbrauchs von 70 Hektar am Tag ist Na- gen: Die gesellschaftliche Betriebserlaubnis für diese Art, tur- und Insektenschutz. Das ist aber nicht alleine durch zu wirtschaften, ist beendet worden. Landwirtinnen und Landwirte zu verantworten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Schaffung von Möglichkeiten für einen echten Angesichts von Klimakrise, von Wasserknappheit, von Vertragsnaturschutz, damit der Lebensunterhalt auch Verlust an Artenvielfalt, also all der Punkte, die eigentlich mit Naturschutz gesichert werden kann, ist für Bäuerin- die Grundlagen für eine gute Landwirtschaft berühren nen und Bauern nötig. und die für uns Überlebensfrage sind, muss man sagen: Da läuft doch etwas schief. Deshalb stehen wir hier und (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. heute und müssen den Haushalt und unsere Agrarpolitik Susanne Mittag [SPD]) insgesamt unter dem Gesichtspunkt betrachten: Wie krie- Das war nur ein kleiner Auszug vieler weiterer Forde- gen wir einen Umbau hin, weg von einem agrarindustriel- rungen. len System zu einem System, das gute, gesunde Lebens- Frau Klöckner, was die Landwirte am allermeisten är- mittel produziert, das agrarökologisch mit Rücksicht auf gert, ist, dass sie selbst nicht einbezogen wurden, bevor die Natur arbeitet und den Bauernfamilien ein auskömm- dieses Agrarpaket verabschiedet wurde, und dass die Er- liches, zuverlässiges Einkommen gibt? Das ist unsere fahrungen von Bäuerinnen und Bauern und wissenschaft- Aufgabe. liche Erkenntnisse oft unberücksichtigt bleiben und Ziel- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) konflikte insgesamt verschwiegen werden. Meine Damen und Herren, die Bauern leiden heute an langjähriger Untätigkeit. Ich kann nur anschließen an das, Vizepräsidentin Claudia Roth: was zum Beispiel der Kollege Miersch gesagt hat. Er hat Denken Sie an Ihre Redezeit. ja fast eine oppositionelle Rede gehalten.

Heidrun Bluhm-Förster (DIE LINKE): (Rainer Spiering [SPD]: Na, na, na!) Ich komme zu meinem letzten Satz. – Frau Ministerin, – Ja. das zu verändern, ist Ihre Verantwortung. Somit sitzen auch Sie in einem dieser rasenden Züge. (Rainer Spiering [SPD]: Das war eine kon- struktiv begleitende Rede!) (B) Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (D) Die Bauern leiden an jahrelanger Untätigkeit. Die Be- (Beifall bei der LINKEN) lastung von Natur, Boden, Wasser, die Art der Tierhal- tung – unter den Fotos, die da entstehen, leiden mindes- tens all die Bäuerinnen und Bauern, die gut arbeiten – Vizepräsidentin Claudia Roth: sind doch auch das Ergebnis dieses Agrarsystems, dieser Vielen Dank, Frau Bluhm-Förster. – Nächste Rednerin: fehlenden Kontrolle, dieser Fehlleitung von Geldern, Renate Künast für Bündnis 90/Die Grünen. meine Damen und Herren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Einige haben immer gesagt: Ach, wir machen dies Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da drau- nicht, das nicht. – Sie haben eine Düngeverordnung ge- ßen demonstrieren jedes Jahr im Januar zur Internationa- macht. Wenige Tage nach der Anhörung, bei der alle len Grünen Woche Verbraucherinnen und Verbraucher, Sachverständigen einen bestimmten Wert angegeben ha- Bäuerinnen und Bauern und sagen: Wir haben es satt. – ben, den die Pflanze überhaupt aufnehmen kann, kam die Heute sagt, glaube ich, eine andere Gruppe von Bäuerin- Düngeverordnung, nach der die doppelte Menge Gülle nen und Bauern auf eine andere Art und Weise: Wir haben ausgebracht werden durfte, meine Damen und Herren. es satt. Sie haben eine Düngeverordnung organisiert – da gucke ich jetzt mal in Richtung der Ministerin –, bei der es gar Um was geht es, meine Damen und Herren? Es geht nicht um die Düngung geht. Das ist vielmehr eine Gül- darum, dass wir uns in den letzten Jahren – man kann fast leentsorgungsanlage für Massentierhaltung, und das auf sagen: Jahrzehnten – immer mehr einen Lebensstil ange- der Basis einer Wasserrahmenrichtlinie. wöhnt haben, der auf Raubbau basiert. Es ist fast eine imperiale Lebensweise, (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der (Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Also, jetzt CDU/CSU) ist es aber mal gut!) Genau Ihnen schiebe ich die Verantwortung zu – jetzt bei der Lebensmittel im Geschäft immer billiger werden, zeige ich auf die CDU/CSU-Fraktion und nicht auf Frau während sie zeitgleich – das merken wir aber an der Kasse Klöckner –, weil Sie diejenigen sind, die am meisten nicht – für die Gesellschaft insgesamt, also für jede ein- blockieren. zelne Bürgerin und jeden einzelnen Bürger, egal ob Bauer oder Städter, immer teurer werden. Das ist unser Aus- (Zurufe von der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16185

Renate Künast (A) – Können Sie weniger schrill rufen? Dann verstehe ich Vizepräsidentin Claudia Roth: (C) Sie auch. Aber jetzt nicht mehr.

( [FDP]: Sie schreien immer so Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): rum!) – mein letzter Satz –, in den Kantinen des Bundes, bei Wissen Sie was: Auf die Bauern da draußen kommen der öffentlichen Beschaffung, meine Damen und Herren. diese ganzen Regeln und auch das Vertragsverletzungs- Man kann nicht nur über Respekt reden, - verfahren nach jahrelanger Untätigkeit wie ein Tsunami zu, weil man ihnen lange Zeit das Falsche erzählt hat. Vizepräsidentin Claudia Roth: Man hat ihnen nicht erzählt, wie Zukunft geht. Meine Frau Kollegin. Damen und Herren, ich will Ihnen eins klar sagen: Wir reden über Verständnis und Respekt. Keine Bauernfami- Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): lie, kein Kind, das eine gesunde Umwelt will, kann sich was dafür kaufen, dass wir hier regelmäßig nur das Wort – sondern man muss auch dafür sorgen, dass die „Respekt“ benutzen. Respekt beweist sich nicht in den Bauern nicht im Weltmarkt versauern. Worten, sondern in den Taten. Vizepräsidentin Claudia Roth: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Kollegin, Ihre Redezeit. [CDU/CSU]: Auch in der Haltung!) Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was wir brauchen, ist sogar mehr als das Agrarpaket, Wir hier müssen ihre Produkte kaufen. das jetzt hier vorgelegt wird, mehr Umschichtung als von (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 4,5 auf 6 Prozent. Wir wissen doch alle, dass kein Weg an einem Umbau vorbeiführt. Wenn wir wollen – wir wollen das –, dass es in Zukunft hier, in 10, 20, 30 Jahren, noch Vizepräsidentin Claudia Roth: echte Landwirtschaft Vielen Dank, Renate Künast. – Ja, ist was los hier im Haus; ist doch gut. ( [CDU/CSU]: Was ist denn echte Landwirtschaft?) Nächste Rednerin: Ministerin Julia Klöckner. gibt – ich meine damit nicht die Investoren von irgendwo, (Beifall bei der CDU/CSU) (B) sondern echte Landwirtschaft mit Bauernfamilien –, dann (D) lassen Sie uns den Mut und die Courage haben, die Agrar- Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und gelder umzuleiten, meine Damen und Herren. Landwirtschaft: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Frau Künast, viele der Bauern sind heute auch hier vor SES 90/DIE GRÜNEN) dem Brandenburger Tor, weil sie das, was Sie sagen, nicht mehr hören können. Der agrarindustrielle Investor braucht keine Direktzah- lungen, da er sein Geld irgendwo sichert. Lassen Sie uns (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- mal gucken: Was sind die Werte? Wie entwickeln wir ein ordneten der AfD und der FDP) gesellschaftliches Modell, das Rückhalt hat in der Gesell- Sie haben vorhin von Respekt gesprochen. Ihre Kollegin – schaft? Das heißt aber bei der Tierhaltung: weg von die- Ihre Fraktionsvorsitzende – Frau Göring-Eckardt hat hier sem Kastenstand, Ende des Kükenschredderns, eine tat- an dieser Stelle gesagt: Die deutschen Bauern verseuchen sächliche Haltungskennzeichnung, ein Label, das unsere Umwelt. erkennbar ist, eine Perspektive für die Landwirtschaft. Manche reden über die Kunden, die was tun müssen. (Zurufe von der CDU/CSU: Pfui!) Aber die Kunden müssen dann auch erkennen können, Ich kann Ihnen sagen: Die verseuchen nicht unsere Um- was sie da jeweils kaufen. Lassen Sie uns mal was Neues welt, die machen uns alle satt. auflegen. Lassen Sie uns Courage haben. Es geht nicht nur um die Verbraucher, es geht nicht nur darum, was die (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie Bauern tun, sondern: Wir hier sind der Ort, an dem Politik bei Abgeordneten der AfD) strukturiert wird, an dem der Rahmen gesetzt, die Leit- Das sind die Botschaften, die unsere Bauern brauchen. planken gelegt werden, meine Damen und Herren. Die Bauern haben es satt, aus städtischer Perspektive (Rainer Spiering [SPD]: Auszeit!) belehrt zu werden, wie Landwirtschaft auszusehen hat. Die städtische Perspektive: Das ist so, wie Sie alle spre- Lassen Sie uns hier anfangen. Lassen Sie uns die Courage chen, gerade die Grünen. Jetzt nehme ich mir die Grünen haben, das Geld anders auszugeben. gerade mal vor. Sie freuen sich doch: Wunderbar, der (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Wolf ist wieder da; das ist schön für die Artenvielfalt. – SES 90/DIE GRÜNEN) Am meisten freuen sich die, die im fünften Stock wohnen und den Wolf nie gesehen haben, sich aber überhaupt Lassen Sie uns doch mal hier anfangen - keine Gedanken machen, wie es im ländlichen Raum aus- 16186 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Bundesministerin Julia Klöckner (A) sieht, wenn nachts 40 Schafe gerissen werden, wie es umtreibt. Es ist ein Mix aus vielem. Es hat was zu tun mit (C) diesen Menschen dann geht. politischen Entscheidungen. Ja, die Düngeverordnung. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie Das mal an die FDP adressiert: Sie haben ja überhaupt bei Abgeordneten der AfD) kein Interesse an Verantwortung gehabt; deshalb sind Sie ja in keine Koalition gegangen. Auch das hat etwas damit zu tun, ob wir Menschen zu- sammenbringen oder auseinandertreiben. (Lachen bei der FDP) Wie Sie über die deutschen Bauern sprechen, wie Sie Sie hätten das doch selber gar nicht anders hinbekommen. über Landwirtschaft sprechen – dass Bauern am Ende nur Ich weiß, das tut weh, das tut weh – das ist der Unter- noch Landschaftsgärtner sein sollen –, das hat nichts mit schied zwischen Opposition und Verantwortung! dem Beruf derer zu tun, die Nahrungsmittel produzieren. Die Düngeverordnung müssen wir umsetzen, um Straf- Diese Menschen haben Respekt verdient für das, was sie zahlungen zu verhindern. jeden Tag mit guter fachlicher Praxis tun. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- NEN]: Sie hätten sie doch längst ändern kön- ordneten der FDP) nen – ändern müssen!) Ich habe hier ein paar Werbezettel mitgebracht: Ganze Aber wir haben die Antworten. Von Ihnen habe ich über- Rinderfilets für 2,66 Euro – Sie sparen 1,33 Euro, heißt es haupt nichts gehört, was Ihre Antworten sind; Sie be- da. schreiben ja nur. Die Antwort wird sein: Weniger Nitrat in unserem Grundwasser. Deshalb werden wir als Haus- (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haltsgesetzgeber – ich danke unseren Kolleginnen und NEN]: Das ist doch CDU-Politik, CSU-Poli- Kollegen – die Bauern begleiten, wenn es darum geht, tik!) wie sie die Gülle aufbereiten können, wie sie Gülle lagern Hier haben wir eine Leberwurst für 99 Cent – ein Kracher können, wie sie bessere Ausbringtechniken bekommen. der Aktion, 48 Prozent reduziert. Das sage ich Ihnen ganz (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- deutlich: Das ist ein Problem. NEN]: Das war aber nicht die FDP, das waren (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie, die Union!) Ja! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wir setzen auf Hightech, wir setzen auf Zukunft, wir NEN]: Ändern Sie das doch! – Katharina Dröge setzen auf Lösungen, wir setzen auf Miteinander statt (B) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn Gegeneinander, wie Sie es hier machen. (D) Ihre Lösung?) (Beifall bei der CDU/CSU) Sie begreifen am Ende eines nicht: Sie fordern mehr Tier- wohl. Das fordern wir auch – aber mit Augenmaß und mit Insofern ist dieser Haushalt – da bedanke ich mich sehr der Fähigkeit, dass Ställe umgebaut werden können. herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen der Koalition, bei den Berichterstattern und auch beim Bundesfinanzmi- (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nisterium – eine klare Zusage für die Zukunft, er ist NEN]: Was habe ich denn gerade gesagt?) Grundlage, damit wir Landwirtschaft weiterentwickeln können, hin zu dem, was auch gesellschaftlich gefordert Frau Künast, ich habe von Ihnen noch nie was dazu ge- ist. Und da haben wir Zielkonflikte. hört, dass wir die TA Luft ändern, dass wir das Bauge- setzbuch ändern. Vizepräsidentin Claudia Roth: (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder NEN]: Legen Sie doch mal ein Gesamtkonzept -bemerkung von dem Kollegen von der FDP? vor! Sie haben keinen Rückhalt in der eigenen Fraktion!) Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Auch da blockieren Sie. Da sind Sie die Vertreter der Landwirtschaft: Zielkonflikte, Sie wollen die Zielkonflikte nicht lösen. Herr Hocker hat ja seine große Sternstunde, weil er in der Opposition ist und weil er auch den Bauern sagt, er (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) unterstützt sie. – Ich freue mich auf die Frage. Deshalb bin ich Horst Seehofer dankbar. Dr. Gero Clemens Hocker (FDP): (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Vielen Dank, Frau Ministerin, dass ich diese Zwischen- ordneten der FDP) frage stellen darf. – Sie haben eben die Nitratsituation Wir werden das Baugesetzbuch ändern, damit mehr Tier- angesprochen und haben davon gesprochen, was Sie ver- wohl und auch Berechenbarkeit in der Landwirtschaft anlassen, um den Landwirten zu helfen, die Nitratbelas- möglich werden. tung zu reduzieren. Ich möchte von Ihnen gerne wissen, ob Sie bereits auch andere Zielgruppen und andere po- Es ist auch eine Chance, dass heute die Landwirte hier tenzielle Verursacher von erhöhten Messwerten als die in Berlin sind. Noch nie wurde medial, noch nie wurde Landwirtschaft in Augenschein genommen haben oder auch in dieser Breite so darüber diskutiert, was die Bauern ob Sie wiederum das betreiben, was Sie häufig genug in Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16187

Dr. Gero Clemens Hocker (A) den letzten zwei Jahren getan haben, nämlich pauschal aber dass wir nachhaltig und ressourcenschonend arbei- (C) Landwirten den Schwarzen Peter zuschieben. ten können. Dieser Haushalt zeigt, wie das geht. (Beifall bei der CDU/CSU) Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft: Liebe Freunde, wir haben viel Geld in die Hand ge- nommen, zum Beispiel wenn es darum geht, den Wald zu Herr Hocker, wie Sie das machen, ist es ein schönes unterstützen. Und da schaue ich auch mal wieder die Stilmittel. Ich weiß nicht, welchen Teil des Satzes von mir Grünen an: Sie haben ja die Vorstellung: Sie wollen den Sie vorhin nicht verstanden haben, weil Ihre Frage schon Wald sich selbst überlassen. vorbereitet war. Ich kann nur sagen: Es gibt andere Ein- tragungswege, absolut. Ich würde Ihnen vor allen Dingen (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- raten, mal auf Ihre Parteikollegen in Rheinland-Pfalz zu- NEN]: Machen Sie mal selber Politik! Reden zugehen, dort gibt es eine Ampelregierung. Da sollten die Sie doch mal mit Ihrer Fraktion! Sie brauchen Messstellen und die Maßnahmen zur Binnendifferenzie- den Rückhalt Ihrer Fraktion! Der fehlt doch!) rung einmal ordentlich gestaltet werden, sodass es pass- genau wird. Das wäre Ihre Aufgabe und nicht, einfach nur Ihnen kann es mit dem Klimaschutz sonst nicht schnell nach Berlin zu zeigen. genug gehen, aber beim Wald verhindern Sie jede Neu- anpflanzung, weil Sie auf Naturverjüngung setzen. Wir (Beifall bei der CDU/CSU – Rainer Spiering setzen auf aktive Waldbewirtschaftung. Das ist Klima- [SPD]: Sehr gut!) schutz, das ist Nachhaltigkeit. Jeder Baum, der heute nicht gepflanzt wird, wird unseren Kindern und Enkelkin- Nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich auf die- dern fehlen. Deshalb machen wir es anders, als Sie Grüne sen Haushalt eingehen. Dieser Haushalt ist ein Haushalt es vorschlagen. der Zusagen für die Landwirtschaft, für die ländlichen Räume, für gute Ernährung, auch einer Zusage für die (Beifall bei der CDU/CSU) Biodiversität und für unseren Wald. Wir haben einen Re- kordhaushalt vorgelegt. In den vergangen 20 Jahren ha- So werden wir eine standortangepasste Mischwaldan- ben wir noch nie so viel Geld für unsere deutschen Bäue- pflanzung weiter vorantreiben. rinnen und Bauern zur Verfügung gestellt. Es sind ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 6,7 Milliarden Euro. Das ist ein ganz, ganz starkes Zei- Bei der Wahrheit bleiben!) chen. Dafür herzlichen Dank. Uns geht es darum, den Schutz der Moorböden zu unter- (Beifall bei der CDU/CSU) stützen, weniger Torfverwendung, Humusaufbau, Ener- (B) (D) gieeffizienz in der Landwirtschaft und im Gartenbau. Wir Was haben wir vor? Natürlich geht es darum, diese stellen die Gelder zur Verfügung. Ziele, die angestrebt werden, umzusetzen: mehr Insekten- schutz – unsere Landwirte sind auf die Biodiversität, auf (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Bestäuber angewiesen –, mehr Klimaschutz – die Land- NEN]: Aber Ihr Geld reicht nicht, weil die wirtschaft ist der Schlüssel dazu –, CO2-Bindung in der Struktur falsch ist! Das wissen Sie doch!) Land- und Forstwirtschaft, mehr Tierwohl. Natürlich ge- hen wir in diese Richtung, aber die Investitionen in die Sie fordern nur – wir stellen die Gelder zur Verfügung. So Ställe kosten Millionen. Deshalb haben wir Haushaltsti- wird Zukunft zu gestalten sein. So werden wir Ziele auch tel, die das unterstützen, zum Beispiel mit den Ländern erreichen. zusammen 83 Millionen Euro für Insektenschutz. Es wird (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: von den Landwirten viel getan. Wir wollen sie unterstüt- Bei der Wahrheit bleiben!) zen, damit sie noch mehr tun können. – Ich habe Sie nicht verstanden. Dann gehen wir einen weiteren Schritt, wenn es darum geht, wie wir das Thema Düngeverordnung regeln kön- (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: nen, wie wir aber vor allen Dingen hin zur Modernität Bei der Wahrheit bleiben, bitte!) kommen. Wir haben bei der Klausurtagung unserer Bun- – „Bei der Wahrheit bleiben“. Das ist wunderbar. Herr desregierung in Meseberg eines erreicht: Wir werden die Ebner ist jemand, der gerne mit der Wahrheit arbeitet, weißen Flecken in den ländlichen Räumen schließen: vor allen Dingen auf Twitter. Herr Ebner ist einer der über den Äckern, über den Höfen, über den Gemeinde- Vertreter der Apokalyptiker. straßen. Wir werden ein Extraprogramm mit 60 Millionen Euro nur für die Landwirtschaft aufsetzen. Warum? Da- (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: mit der Anschluss gewährleistet ist für die modernen Oh!) Techniken; denn uns als Christdemokraten geht es darum, nicht nur die Probleme zu beschreiben, sondern sie auch – Ja, doch. zu lösen. Aber wir müssen sie vorher beschreiben. Des- (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: halb setzen wir auf die Digitalisierung, damit wir Präzi- Sie werden immer besser!) sionslandwirtschaft voranbringen können: weniger Dün- gemittel, weniger Pflanzenschutzmittel, aber passgenau Mit Apokalypse kann man Ängste verbreiten, und Ängste und effektiv. Deshalb ist es wichtig: dass die Erträge ge- lähmen. So können Sie Leute natürlich für sich gewinnen. sichert werden, dass die Erträge Menschen satt machen, Bleiben wir doch mal dabei! 16188 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Bundesministerin Julia Klöckner (A) (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nur darüber. Wir ändern das. Und deshalb setzen wir die (C) NEN]: Deswegen sind die Bauern auch so UTP-Richtlinie hier in Deutschland auch eins zu eins um. frustriert von Ihnen!) (Beifall bei der CDU/CSU) Wie können wir Zielkonflikte lösen? Ihr Parteivorsit- zender, Herr Habeck, hat es ja versucht, und dann wurde Dieser Haushalt, liebe Freundinnen und Freunde und er zurückgepfiffen. Wir können Zielkonflikte lösen, in- liebe Abgeordnete, geht ganz klar darauf ein, was Ernäh- dem wir neue Pflanzenzüchtungen angehen. Wir wollen rung bedeutet. Er geht ganz klar darauf ein, was unsere weniger Pflanzenschutzmittel. Wir wollen klimastabile ländlichen Räume für uns bedeuten. Die ländlichen Räu- Pflanzen haben. Und wir wollen Ertragssicherheit haben. me sind die Kraftzentren unseres Landes. Die ländlichen Es ist doch eine Arroganz, zu sagen, wir brauchen kein Räume sind nicht nur Kompensationsorte für städtische CRISPR/Cas; eine Arroganz gegenüber allen Ländern, Wünsche. deren Menschen sich vor Hunger hierher auf den Weg (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) machen müssen. Die ländlichen Räume brauchen Anbindung. Die ländli- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – chen Räume brauchen Unterstützung für unser Ehrenamt. [DIE LINKE]: Das ist doch Unsinn!) (Beifall bei der CDU/CSU) Insofern ist das ein klares Zeichen und ein klares Angebot unsererseits, wohin wir gehen. Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Klöckner, erlauben Sie eine weitere Zwischenfra- (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ge oder -bemerkung von der FDP-Kollegin? NEN]: Wo ist das C? Sie sind arrogant, dass Sie glauben, wir müssen die Welt ernähren!) Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und – „Wo ist das C?“ Das ist jetzt ganz wunderbar. Wissen Landwirtschaft: Sie, der Punkt ist der: Es hat etwas mit Überheblichkeit zu Ja. tun. (Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir NEN]: Die Union wird in den Städten gar nicht sollten Frau Künast Tabletten besorgen, damit mehr gewählt werden!) sie sich wieder beruhigt!) Carina Konrad (FDP): Wir haben gefühlt 80 Millionen Hobbyagrarwissen- Vielen Dank, Frau Klöckner, dass Sie die Zwischen- (B) schaftler in Deutschland: Sie sagen der Landwirtschaft, (D) frage zulassen. was sie zu tun hat; sie selber aber kriegen – Sie wahr- scheinlich schon – keine Kartoffel groß. Wir müssen ein- (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Fühlen mal deutlich machen, dass diese Generation der Land- Sie sich vernachlässigt?) wirte so gut ausgebildet ist wie keine Generation zuvor. Sie wissen, dass ich es liebe, wenn Sie die Probleme der (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE Grünen benennen und die Widersprüche der grünen Par- GRÜNEN]: Sie haben die Verantwortung!) tei in der Agrarpolitik aufzeigen. Aber ich wundere mich schon, dass Sie es hier versäumen, die Widersprüche in Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Grünenmitarbeiter der Agrarpolitik der Koalition aufzuzeigen. Das Problem besser ausgebildet sind als die Landwirte, die davon leben in dieser Koalition sind eben nicht die Grünen, sondern müssen. das Problem ist die SPD, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Widerspruch bei Abgeordneten der SPD – Ulli Das klarzustellen, gehört auch zum Respekt dazu. Nissen [SPD]: Wir sind das Problem? Frech- heit! Das bestreite ich eindeutig!) Insofern gehen wir weiter: Respekt vor denen, die Nah- rungsmittel produzieren, weniger Nahrungsmittelver- die mit ihrer Ministerin das Bundesumweltministerium schwendung, höhere Preise für unsere Nahrungsmittel besetzt und dort verantwortlich ist für genau die Punkte, und dadurch auch für unsere Produzenten. Wir müssen die Sie eben genannt haben: für die Umsetzung der Dün- dann aber auch den Handel in die Pflicht nehmen, und das geverordnung und dafür, ob neue Züchtungsmethoden in werden wir mit der UTP-Richtlinie machen. Das ist die Deutschland zur Anwendung kommen oder nicht. Ich Richtlinie, die gegen unlautere Handelspraktiken vor- würde mir wünschen, eine Antwort darauf zu bekommen, geht. Ich werde diese hier eins zu eins umsetzen. Wir wie Sie diesen Zielkonflikt in der eigenen Regierung auf- haben sie in Brüssel vorangebracht. lösen. Ein Beispiel: Ein Gemüsebauer bekommt am Abend (Beifall bei der FDP) die Bestellung für 30 Paletten Kopfsalat, die am nächsten Morgen um 5 Uhr abzuliefern sind. Morgens um 4.30 Uhr Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und kommt dann aber ein Fax mit der Nachricht: Bitte nur Landwirtschaft: 15 Paletten Kopfsalat. – Dann kann er die anderen 15 Pa- Danke schön, Frau Konrad. – Da Sie gerade bei den letten wegschmeißen. Das sind Bedingungen der unglei- Widersprüchen der anderen sind, fange ich erst mal bei chen Augenhöhe, und deshalb sagen wir: Wir reden nicht den Widersprüchen der FDP an. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16189

Bundesministerin Julia Klöckner (A) (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Carina in Rheinland-Pfalz endlich auch mal darum kümmert und (C) Konrad [FDP]: Ja, genau deshalb habe ich ge- nicht nur darüber redet, Frau Konrad. fragt! – Otto Fricke [FDP]: Das sitzt aber tief! Habt ihr solche Angst?) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) Das ist ja so wunderbar an der FDP: Sie sagen immer, Sie stehen an der Seite der Landwirte und sehen darin Ihre Ich möchte auf einen wichtigen Punkt zu sprechen große Chance, versprechen aber wider besseres Wissen kommen: das Ehrenamt. Ich danke in diesem Zusammen- Dinge, die Sie so gar nicht umsetzen könnten. Ich finde es hang meiner Fraktion; denn die CDU/CSU-Fraktion hat hochinteressant, dass Sie just dort an die Wurzel gehen von Anfang an Wert darauf gelegt, dass das Ehrenamt das wollen, wo es unsere Landwirte am meisten trifft: wenn Herz des ländlichen Raumes ist. Kein Buchstabe eines sie nämlich krank sind, alt sind oder Unfälle haben. Für Gesetzes und kein Geldschein können das ersetzen, was unsere landwirtschaftliche Sozialversicherung geben wir Ehrenamtliche leisten. Aber wir merken eines, nämlich 4,1 Milliarden Euro. Das will die FDP ändern. Die FDP dass immer weniger in Vereinen den Vorsitz übernehmen will diese abschaffen wollen, weil es zu bürokratisch ist, beispielsweise wegen der Datenschutz-Grundverordnung. Viele andere rechtli- (Carina Konrad [FDP]: Die haben wir einge- che und finanzielle Fragen machen den Ehrenamtlern und führt! – Widerspruch bei Abgeordneten der den Vereinen Sorgen. Deshalb bringen wir gemeinsam CDU/CSU – Rainer Spiering [SPD]: So sind etwas auf den Weg, das es so noch nicht gegeben hat: Sie!) Wir finanzieren über unser Programm BULE das Vorha- und in die übrige Sozialversicherung eingliedern. Das ben „Hauptamt stärkt Ehrenamt“. Warum? Damit Ehren- würde massive Kosten verursachen. Das ist für mich ein amt bleiben kann. Mit einem Projekt in 18 Landkreisen Widerspruch, den Sie erst mal auflösen müssen. zeigen wir, wie wir das in die Praxis überführen können. Das ist Zukunft für den ländlichen Raum. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) Kommen wir zu Ihrer grundsätzlichen Frage. Darauf antworte ich sehr gerne und bedanke mich dafür sehr Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will mit dem herzlich. Dass wir einen Insektenrückgang haben, ist un- Thema Ernährung enden. Man könnte heute so vieles bestritten. Oder gehört die FDP auch bald zu denen, die sagen. Zielkonflikte sind da, aber man löst sie nicht, in- Klimawandel leugnen und dann auch Insektenrückgang dem man sie liegen lässt. Es kann nicht darum gehen, sich leugnen? Weiß ich jetzt nicht, ob das so ist. Ich hatte den schnellen und billigen Applaus zu holen. Vielmehr muss Eindruck – deshalb. man zu einer Lösung kommen, damit die Landwirtschaft (B) vor die Welle kommt und nicht in der Rechtfertigungs- (D) (Widerspruch bei der FDP) ecke bleibt. Hier braucht es Augenmaß und Unterstüt- Wir haben einen Insektenrückgang. Es gibt Bienen-Be- zung. gehren in ganz Deutschland, so auch in den Bundeslän- Lassen Sie mich also abschließend einen Schwerpunkt dern Baden-Württemberg und Bayern. im Bereich Ernährung ansprechen. Wir wollen die gesun- ( [FDP]: Das scheint ja alles tief zu de Ernährung zur einfachen Ernährung machen. Der Nut- sitzen!) ri-Score ist in Arbeit. Die Reduktions- und Innovations- strategie für weniger Zucker, Salz und Fette ist in Arbeit, Gut, es ist auch eine Botschaft der FDP, dass sie die wir kommen voran. Bürger nicht für ganz normal hält, die da unterschreiben. Es ist die Frage, wie die Fragen gestellt werden; da bin ich Außerdem haben wir die älteren Menschen im Blick. bei Ihnen. Sie liegen uns am Herzen; nicht nur die ersten 1 000 Tage im Leben von Neugeborenen. Dass Ernährung und De- Unser Insektenschutzprogramm ist im Übrigen kein menzerkrankung miteinander zu tun haben, ist klar, aber Gesetz. Es wurden darin Ziele formuliert. Was wir jetzt es gibt noch viele Forschungslücken. Unser Ministerium machen, ist – so hat es noch keine Regierung zuvor ge- und ich als Ministerin gehen da rein, und wir erforschen macht –, vor jedem einzelnen Schritt und jeder einzelnen das, um Menschen ein besseres Leben zu gewährleisten, Maßnahme im Rahmen von runden Tischen die Seite der um ihnen zur Seite zu stehen. Das ist unsere Politik der Praktiker zu hören. Sollte es Einkommenseinbußen ge- Großen Koalition. Das ist ein Haushalt der Zusage, der ben, werden wir beziffern, was das heißt. Wir werden Zuversicht und der Perspektive. keine blinde Enteignung vornehmen. Denn am Ende geht es darum, dass die Landwirte mit ihrem Grund und Boden Herzlichen Dank. ihren Lebensunterhalt verdienen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. (Beifall bei der CDU/CSU) [SPD]) Deshalb werden wir ganz klar beziffern: Was kostet das? Es geht übrigens auch um die Frage: Wer ist am Insekten- Vizepräsidentin Claudia Roth: schwund noch schuld? Als Stichworte sind zu nennen: Vielen Dank, Julia Klöckner. – Nächster Redner: für Lichtverschmutzung, die „Vorgärten des Grauens“, wo die AfD-Fraktion Wilhelm von Gottberg. es nur Steine gibt, und die Versiegelung der Landschaft. All das gehört dazu. Ich freue mich, wenn sich Ihre FDP (Beifall bei der AfD) 16190 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

(A) Wilhelm von Gottberg (AfD): nen Anlagen können mit betriebseigener Gülle, mit Mist (C) Frau Präsidentin! Frau Ministerin Klöckner! Meine und Stroh betrieben werden. Der großräumige Maisanbau Damen und Herren! Die Landwirte haben Existenzsor- muss der Vergangenheit angehören. gen. Die zahlreichen Bauerndemonstrationen der letzten Wochen sowie heute und auch die Grüne-Kreuze-Aktion (Beifall bei der AfD) sind ein Hilferuf an die Politik, dass man sich der Sorgen Dies ist ein Schritt zur hofeigenen Kreislaufwirtschaft der Landwirte annehmen möge. Es sind die teilweise völ- und für Tierhalter eminent wichtig, besonders für die lig überzogenen Auflagen der Politik, die die Massenpro- Milchviehhalter. teste hervorrufen. Beispiele: Düngeverordnung, Aufla- gen für Pflanzenschutz, Umweltschutz und artgerechte Wie wir schon bei der ersten Lesung vorgetragen ha- Tierhaltung und immer wieder Preisverfall bei der Milch. ben, wiederholen wir hier unsere grundsätzliche Kritik Die meisten Menschen in Deutschland haben heute am vorgelegten Entwurf. Die haushaltspolitischen eine hohe Sensibilität für den Umwelt- und Klimaschutz Grundsätze – Wahrheit und Klarheit sowie Sparsamkeit entwickelt. 60 Jahre Wohlstand in Deutschland haben und Wirtschaftlichkeit – haben keine Beachtung gefun- leider bei den Menschen eine Wegwerfmentalität hervor- den. Wir haben das in der ersten Lesung an fünf Beispie- gebracht, die Verschwendung von Ressourcen und Um- len begründet und verzichten hier auf eine Wiederholung. weltschäden zur Folge hat. Damit muss es ein Ende ha- (Ulli Nissen [SPD]: Das ist gut so!) ben. Als weiteres Beispiel führen wir an: die Förderung (Beifall bei der AfD) nichtbundeseigener Institute wie zum Beispiel des Kura- Neu im gesellschaftlichen Diskurs über die Frage des toriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft Umweltschutzes ist, dass viele Menschen, hauptsächlich und des Zentrums für Betriebswirtschaft im Gartenbau. in den Städten, die Landwirtschaft als Hauptsünder für Auf Seite 101 des Entwurfs finden wir 16 Verbände und Umweltschäden, mangelnden Tierschutz und schadstoff- Kuratorien, die institutionell oder durch Projektförderung belastete Nahrungsmittel verantwortlich machen. Land- Geld erhalten. Mit Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit wirte werden pauschal als Tierquäler, Giftspritzer, Klima- hat das nichts zu tun. sünder und Insektenvernichter stigmatisiert. Aber das Gegenteil ist der Fall: Der Landwirtschaft kommt das (Beifall bei der AfD) Verdienst zu, in den ländlichen Räumen eine artenreiche Die gesamte Förderung dieser Vereine und Kuratorien und hochentwickelte Kulturlandschaft geschaffen zu ha- gehört auf den Prüfstand. ben. Die positiven Leistungen der Landwirtschaft für den (B) Klimaschutz durch die CO2-Bindung in der Feld- und Noch unübersichtlicher stellt sich die Förderung inter- (D) Waldwirtschaft werden in der aktuellen Diskussion über- nationaler Organisationen dar, deren Förderung auf ge- haupt nicht gewürdigt. Das schließt natürlich nicht aus, setzlicher Grundlage beruht. Gesetze können abgeschafft dass es in Einzelfällen schwarze Schafe unter den Land- werden. Weshalb muss Deutschland die Internationale wirten gibt. Walfangkommission in Cambridge, England, fördern? Ministerin Klöckner hat die Polemik gegenüber den Der Walfang wurde den Deutschen bereits auf der Pots- Landwirten bei der Einbringung des Haushalts am damer Konferenz 1945 verboten. Absolut skurril ist der 10. September 2019 kritisiert. Sie hat das Bauernbashing jährliche Zuschuss von 134 000 Australischen Dollar für als Polarisierung und als Spaltung der Gesellschaft be- die Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeres- zeichnet. Die Kritik der Ministerin ging an die Adresse schätze der Antarktis, angesiedelt in Hobart, Australien. des linken Spektrums hier im Hause. Diese Sicht der Meine Damen und Herren, dies sind zwei Beispiele für Ministerin auf die polemischen Kritiker der Landwirte eklatante Steuergeldverschwendung. wird von der AfD geteilt. Weil der Landwirtschaft derzeit Die AfD-Fraktion hat eineinhalb Dutzend gut begrün- viel zugemutet wird, sollten wir alle uns um mehr Wert- dete Kürzungsvorschläge für den Agrarhaushalt vorge- schätzung gegenüber dem bäuerlichen Berufsstand be- tragen. Nicht ein einziger wurde von der Koalition be- mühen. rücksichtigt. Das ist unglaublich, das ist borniert. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der AfD – [AfD]: Frau Klöckner hat wiederholt dafür geworben. Aber, Frau Genau!) Ministerin, auch politische Entscheidungen gehören da- zu. Zwei Vorschläge: Meine Damen und Herren, ich bin seit 35 Jahren kommu- nalpolitisch tätig. Auf der kommunalpolitischen Ebene Erstens. Sorgen Sie dafür, dass der Agrardiesel nicht habe ich nicht ein einziges Mal ein derartiges Verhalten mehr besteuert wird. Damit entlasten Sie die Landwirte einer Mehrheitsfraktion erlebt. und räumen eine bürokratische Hürde ab. Es ist ein Un- ding: Flugzeugbenzin ist steuerfrei, aber der für die Nah- Der Haushaltsentwurf 2020 ist nicht zustimmungsfä- rungsmittelproduktion erforderliche Agrardiesel wird be- hig. steuert. Danke. Zweitens. Schaffen Sie die erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen, damit zukünftig kleine Biogasan- (Beifall bei der AfD – Ulli Nissen [SPD]: Das lagen bis 150 kW weiterhin gefördert werden. Diese klei- sehen wir deutlich anders!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16191

(A) Vizepräsidentin Claudia Roth: sie langfristig investieren können, und wir müssen wis- (C) Vielen Dank, Wilhelm von Gottberg. – Nächste Red- sen, wie man eine bessere Tierhaltung unterstützen kann. nerin: für die SPD-Fraktion Susanne Mittag. Dazu gehören ebenfalls das vereinbarte Beenden des Kürzens von Ringelschwänzen bei Schweinen oder das (Beifall bei der SPD) Verbot des Enthornens von Rindern ohne Betäubung.

Susanne Mittag (SPD): (Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD] und Renate Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin- Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) nen und Kollegen! Wir werden heute den Haushalt be- Es fehlt auch eine Verordnung zu Rind und Geflügel für schließen – wunderbar –, und es ist sogar ein bisschen das hoffentlich irgendwann einmal kommende Tierwohl- Tierhaltung berücksichtigt. label. Bislang liegt allenfalls ein unvollständiges Schwei- Unseren Haushältern möchte ich an dieser Stelle für nelabel vor. ihren Einsatz danken. Sie können aber nur in einem ge- Im Klimaschutzgesetz wird richtigerweise festgestellt, wissen Umfang die Arbeit des Landwirtschaftsministe- dass eine verbesserte, tiergerechte Nutztierhaltung ein riums unterstützen und befördern. Die erforderlichen Ini- wichtiger und positiver Faktor ist. Dies umgesetzt wäre tiativen und deren Umsetzung müssen schon im ein richtig guter Haushaltsansatz für Tiere, für alle Ver- Ministerium vorbereitet werden. Jetzt stehen zumindest braucher und für zukunftsorientierte Landwirte. Schade, Mittel der GAK, also Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse- diese Chance ist in diesem Jahr leider vertan. rung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, für Maßnahmen zum Schutz von Weidetieren vor dem Wolf Herzlichen Dank. zur Verfügung, und zwar, bevor der Wolf kommt. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD) Der Haushaltsausschuss forderte auch, ein Maßnahmen- Vizepräsidentin Claudia Roth: paket vorzulegen, mit dem die finanzielle Förderung der Vielen Dank, Susanne Mittag. – Nächster: für die FDP- Weidetierhalter ermöglicht werden kann. Darauf haben Fraktion Dr. Gero Hocker. wir lange gewartet. Es ist auch hier bezeichnend, dass der Haushaltsausschuss damit die Arbeit des Landwirt- (Beifall bei der FDP) schaftsministeriums mitmachen muss. Dr. Gero Clemens Hocker (FDP): Was aus dem Haushalt nicht ersichtlich ist, sind die Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und (B) vielen Tierschutzthemen, die leider immer noch nicht ab- (D) Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten schließend bearbeitet worden sind, die in der Umsetzung Wochen und Monaten ist in Deutschland viel demonst- nicht unterstützt werden und daher gar nicht im Haushalt riert worden. Freitags demonstrieren regelmäßig die Fri- auftauchen. Wenn ich in den Koalitionsvertrag schaue, days-for-Future-Demonstranten für Maßnahmen gegen dann stelle ich fest, dass bei konkreten Tierschutzmaß- den Klimawandel. Vor wenigen Wochen haben in Ham- nahmen bislang so gut wie nichts umgesetzt wurde. Das burg Studenten dagegen demonstriert, dass dort ein Pro- Kükentöten sollte bis zur Mitte der Legislaturperiode be- fessor eine Vorlesung hält. Auch die Landwirte demonst- endet werden. Das würden wir gerne mit Förderungen rieren mittlerweile regelmäßig: vor fünf Wochen in Berlin unterstützen und beschließen, aber nichts passiert. Ver- und in der ganzen Republik, dann in Hamburg und heute einbart ist die Regulierung der Wildtier- und Exotenhal- wiederum hier in Berlin. Aber die letzte Gruppe, die tung sowie deren Handel. Es gibt keine Umsetzung der Landwirte, muss man von den beiden anderen abgrenzen; Forderung aus der Exopet-Studie, die vom Landwirt- denn ihnen winkt nicht ein schulfreier Freitag, und ihnen schaftsministerium vor Jahren selbst in Auftrag gegeben winkt auch nicht ein vorlesungsfreier Nachmittag. wurde. Das müssen wir vom Parlament offensichtlich selber machen. Dies gilt ebenfalls für den Kampf gegen (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ illegalen Welpenhandel. DIE GRÜNEN: Oh!) Auch bei einem anderen oft diskutierten Thema kom- Vielmehr geht es diesen Menschen da draußen um ihre men wir nicht wirklich weiter, und zwar – mein Kollege Existenz. Sie haben viel Zeit und Geld investiert, die Matthias Miersch hat es angesprochen – bei der Einfüh- Organisation vornehmen zu können. Sie kümmern sich rung eines staatlichen Tierwohllabels. Je länger das Mi- darum, dass heute, gestern und morgen jemand anders die nisterium zur Einsicht braucht, desto länger müssen Aufgaben in ihrem Betrieb, auf ihrem Hof übernimmt. Landwirte, die in die Zukunft planen wollen, und wir, Das alles sind mittelständische Unternehmer, die auf Ein- die ein effektives Label wollen, warten. Aber auch Ver- kommen verzichten. bände, Ministerien, Landesregierungen, Handel, Verar- beitung, alle warten und warten auf ein effektives Label. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der SPD) Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ver- ehrte Frau Ministerin, wären Sie gut beraten, den Men- Zu diesem Label gehört auch die immer noch fehlende schen nicht nur Gehör zu schenken, sondern tatsächlich Nutztierstrategie, deren Erstellung jetzt – es ist erwähnt Ihre Landwirtschaftspolitik grundsätzlich zu überdenken. worden – so langsam losgeht. Dazu gehört auch der so- genannte Stall-TÜV. Die Landwirte müssen wissen, wie (Beifall bei der FDP) 16192 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Dr. Gero Clemens Hocker (A) Ich sage das, Frau Ministerin, ganz ausdrücklich in Ihre (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C) Richtung. Ich lobe Sie bei Veranstaltungen vor Ort, das NEN]: Ich denke, Sie wollen Humusbildung letzte Mal zum Beispiel am vergangenen Samstag in betreiben!) Rheinland-Pfalz auf dem Hambacher Schloss, dafür, dass Sie erklärt haben, den Dialog wieder aufnehmen zu wol- Sie müssen dazu übergehen, die unsinnigen Teile der len, dass Sie mit den Menschen reden wollen. Ich feiere Novellierung der Nitratgesetzgebung, der Düngeverord- Sie dafür wirklich bei jeder Gelegenheit, weil es wichtig nung, zu korrigieren und endlich auch zu prüfen, welche ist, das zu tun. Denn in den vergangenen zwei Jahren ist zusätzlichen anderen Verursacher als die Landwirtschaft allzu häufig der Eindruck entstanden, dass die Papiere, es überhaupt geben könnte. Frau Ministerin, Sie müssen dass die Gesetzentwürfe, die aus Ihrem Haus vorgelegt dafür kämpfen, dass wir endlich einheitliche Standards wurden, häufig genug im Umweltministerium entstanden innerhalb Europas bekommen, um wirklich Wettbewerb sind oder sogar direkt aus der Feder von NGOs stammen. auf Augenhöhe innerhalb Europas hinzubekommen. Deswegen ist es gut und richtig, dass der Dialog endlich Hierzu wird von Ihnen aber leider überhaupt keine Initi- wieder aufgenommen wird. ative entwickelt. (Beifall bei der FDP – Renate Künast [BÜND- (Beifall bei der FDP) NIS 90/DIE GRÜNEN]: Welcher Dialog Meine Damen und Herren, die letzten großen De- denn?) monstrationen vor fünf Wochen hat meine Fraktion zum Ich sage Ihnen aber ausdrücklich: Man hat bei den Anlass genommen, einen Antrag in dieses Hohe Haus parlamentarischen Initiativen, die seitdem – seit den letz- einzubringen, in dem wir gefordert haben, dass die Land- ten Demonstrationen vor fünf Wochen – aus Ihrem Haus wirtschaftspolitik nach wissenschaftlichen Erkenntnissen vorgelegt wurden und die Landwirte betreffen, allzu häu- betrieben werden muss und dass wir innerhalb Europas fig den Eindruck, dass Sie nicht verstanden haben, um einheitliche Wettbewerbsbedingungen bekommen. was es den Menschen da draußen tatsächlich geht. Die (Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Reiner erste Initiative nach den größten Demonstrationen, die Showantrag!) seit 1949 in Deutschland von Landwirten initiiert wurden, war das sogenannte Direktzahlungen-Durchführungsge- Ich sage Ihnen ganz ausdrücklich: Dieser Antrag ist da- setz. Das Direktzahlungen-Durchführungsgesetz bedeu- mals von den Mehrheitsfraktionen einstimmig abgelehnt tet nichts anderes, als dass Landwirte real einen Einkom- worden. mensverlust hinnehmen müssen; (Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Zu Recht!) (Artur Auernhammer [CDU/CSU]: 4,50 Euro (B) Wir sind Ihnen deswegen nicht böse. Das ist ein ganz (D) pro Hektar!) normaler parlamentarischer Vorgang. Wir lehnen Dinge denn um das gleiche Einkommen zu erhalten, müssen sie von Ihnen ab, und deswegen ist es auch Ihr gutes Recht mehr Auflagen und höhere Standards erfüllen sowie mehr und parlamentarischer Brauch, dass Sie Dinge von uns arbeiten. Ich halte das fachlich für falsch, und politisch ablehnen. Das ist überhaupt kein Problem. verstehe ich es überhaupt nicht, wie man so wenig Finger- spitzengefühl haben kann, dass der erste Gesetzentwurf Was aber nicht geht, ist, dass uns als Oppositionsfrak- nach diesen Demonstrationen einer ist, der den Landwir- tion daraufhin Populismus vorgeworfen wird. ten ans Portemonnaie geht. Das ist nicht nachvollziehbar. (Lachen bei der CDU/CSU – Alois Gerig (Beifall bei der FDP) [CDU/CSU]: Was denn sonst?) In der vorvergangenen Woche wurde das Klimapaket Ich sage es Ihnen ganz ausdrücklich: Populismus ist, po- der Bundesregierung diskutiert, und hier wird mit keinem litische Entscheidungen alleine danach auszurichten, was Wort gewürdigt, dass die Landwirtschaft der einzige gegenwärtig opportun ist, Frau Ministerin, populistisch ist es, die politischen Entscheidungen danach zu orientie- Wirtschaftsbereich ist, den wir kennen, der zwar CO2 emittiert, durch Humusbildung, Aufforstungen und viele ren, was gerade Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft da draußen ist, und vor allem ist es Populismus, ländliche andere Dinge, aber auch in der Lage ist, CO2 zu binden. Es wäre nur sinnlogisch, auch dazu überzugehen, dass Räume aufzugeben, weil man glaubt, dass man in urba- man Landwirten einen Bonus gibt und sie nicht nur be- nen Milieus mehr Stimmen gewinnen kann. All das ist lastet. Auch hierzu findet sich in diesem Klimapaket Populismus! Die Interessen einer immer kleiner werden- überhaupt nichts. Auch da muss ich Ihnen sagen: Ich kann den Berufsgruppe zu vertreten, ist aber genau das Gegen- nicht verstehen, wes Geistes Kind Sie da tatsächlich sind. teil von Populismus. (Beifall bei der FDP) Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Sie müssen, Frau Ministerin, nicht nur Ihre Kommuni- (Beifall bei der FDP) kationsstrategie ändern, sondern Sie müssen endlich auch dazu übergehen, Ihre politischen Entscheidungen auf wis- Vizepräsidentin Claudia Roth: senschaftlichen Fakten basieren zu lassen. Sie müssen Vielen Dank, Dr. Gero Hocker. – Nächster Redner: für endlich dazu übergehen, in Zukunft auch chemischen Bündnis 90/Die Grünen Markus Tressel. Pflanzenschutz zu gewährleisten und sich hier auf wis- senschaftliche Erkenntnisse zu berufen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16193

(A) Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Demokratie leben!“ ist ein fatales Signal an die Aktiven (C) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! in den Regionen. Deswegen hätte ich mir da von Ihnen Frau Ministerin, drei Sätze zum ländlichen Raum mit mehr Aktion gewünscht. einem, sagen wir einmal, niedrigen Verbindlichkeitsgrad: Das zeigt auch den Stellenwert, den der ländliche Raum (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bei Ihnen hat. Der Kollege Haase hat gesagt, es gehe für Die Entwicklungen, die ich dargestellt habe, konterka- den ländlichen Raum energisch voran. Wenn das der rieren auch die Bestrebungen der Kommission „Gleich- Gradmesser ist, dann ist das auch ein bisschen sympto- wertige Lebensverhältnisse“. Der vorliegende Haushalt matisch für Ihre Politik. wird doch den Ansprüchen, die dort formuliert werden, nicht gerecht. Die Kommission sagt: Das ist ein Dekaden- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) projekt. – Ja, Sie haben den Diskurs aufgegriffen. Aber Sie haben es in diesem Haushalt wieder einmal ver- mehr Reden hilft wenig, wenn Sie nicht auch bald Taten säumt, neue Strukturen aufzubauen, die sicherstellen, folgen lassen. Der große Wurf ist Ihnen da nicht gelun- dass die Mittel auch dort ankommen, wo sie wirklich gen. Nicht einmal der Einstieg ist Ihnen in diesem Haus- gebraucht werden. In der GAK, dem Hauptförderinstru- halt gelungen, liebe Kolleginnen und Kollegen. ment mit nach wie vor ganz klarer agrarischer Ausrich- tung, wird die Entwicklung der ländlichen Räume weiter- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hin marginalisiert. Weder eine echte Öffnung der GAK – Man kann selbst mit dem besten Willen nicht erkennen, die Kollegin hat es vorhin angesprochen – hat stattgefun- wie der konzeptionelle Ansatz für die ländlichen Räume den, noch sind die Mittel überjährig verwendbar. Sie wirklich aussieht. Sie machen überall ein bisschen, Sie schieben in diesem Jahr lediglich die Mittel, die vorher machen auch an einigen Stellen ein bisschen mehr. Aber in der GAK explizit für ländliche Räume veranschlagt wir brauchen nicht ein bisschen, sondern wir brauchen waren, in den Sonderrahmenplan „Ländliche Entwick- nicht weniger als eine neue Förderpolitik für struktur- lung“ und setzen noch 10 Millionen Euro obendrauf. schwache und ländliche Räume. Fehlanzeige in diesem Aber – das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das Prob- Bundeshaushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen! lem – das Fördersystem bleibt in seinen komplexen und höchst bürokratischen Strukturen gefangen. Der Mittel- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) abruf ist weiterhin in vielen Regionen entsprechend schlecht. Sorgen Sie dafür, dass das Land nicht weiter auseinan- derdriftet. Schauen Sie zu, dass sich Zukunftsperspekti- Der Förderrahmen der GAK bleibt weitgehend unver- ven für diese Räume endlich auch im Bundeshaushalt ändert. Wenn man sich die punktuellen Änderungen wie wiederfinden: gut anwendbar und gut abrufbar. Es nutzt (B) den erhöhten Fördersatz für strukturschwache und länd- uns nichts, wenn das Geld in irgendwelchen Töpfen ist, (D) liche Regionen oder die Regionalbudgets genauer an- und diejenigen, die es brauchen, können es nicht abrufen, schaut, dann stellt man fest, dass das Ganze einmal wie- weil es bürokratisch völlig überfrachtet ist. der mehr Schein als Sein ist. Über das Regionalbudget, liebe Kolleginnen und Kollegen, können Kleinstprojekte Die Menschen vor Ort, die etwas bewegen und zeigen, mit maximal 20 000 Euro gefördert werden. Das ist ein wie es gehen kann, brauchen verlässliche Unterstützungs- guter Anfang. Aber angesichts der riesigen Herausforde- strukturen, nicht nur als Modellprojekt; das sage ich an rungen können Sie damit vor Ort nicht wirklich viel an- dieser Stelle ausdrücklich. Es gibt nur noch Modellpro- fangen. jekte, Modellvorhaben. Wir brauchen verlässlich planba- re Größen in diesem Bundeshaushalt. Ich kann Sie nur Nur mit einem stabilen Regionalmanagement und fi- auffordern: Machen Sie es endlich, und reden Sie nicht nanziellen Spielräumen kann es gelingen, die Förderpo- immer nur davon! litik zeitgemäß aufzustellen. Wir haben gesagt: Wir brau- chen eine neue Gemeinschaftsaufgabe „Regionale (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Daseinsvorsorge“, die gezielt strukturschwache ländliche und auch städtische Regionen fördert. Das bisherige För- Vizepräsidentin Claudia Roth: derkonstrukt passt einfach nicht zu denHerausforderun- Vielen Dank, Markus Tressel. – Nächster Redner: für gen der Zeit. Da braucht es einen Aufbruch. Da hätte es die CDU/CSU-Fraktion Alois Gerig. ein Signal von Ihnen in diesem Haushalt gebraucht, dass man verstanden hat, wie man an die Wurzel der Probleme (Beifall bei der CDU/CSU) herangehen will. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Alois Gerig (CDU/CSU): Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol- In diesem Haushalt fehlt es an neuen Inhalten. Gleich- legen! Meine Damen und Herren! Wir erleben, wie er- zeitig werden für den ländlichen Raum an anderer Stelle wartet, eine kontroverse Debatte. Das Besondere ist, dass bewährte Inhalte gestrichen. Frau Ministerin, Sie haben wir hier in Berlin mit Zehntausenden von zu Recht pro- gerade über das Thema Ehrenamt gesprochen. Wenn wir testierenden Landwirten heute einen denkwürdigen Tag jetzt sehen, dass Teile des Programms „Demokratie le- erleben. ben!“ gestrichen werden und kein neuer Impuls aus dem Haus kommt, das für die ländlichen Räume zuständig ist, Eingangs möchte ich unbedingt denjenigen ein herz- dann brauchen Sie sich nicht hier hinzustellen und über liches Danke sagen, die im Einzelplan 10 für die gute das Ehrenamt zu reden. Die Streichung dieser Mittel für finanzielle Ausstattung gesorgt haben, vorneweg unserer 16194 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Alois Gerig (A) Ministerin Julia Klöckner und unserem Haushälter die jährlich viele Millionen Euro an EU-Subventionen (C) Christian Haase. kassieren, Einhalt gebieten; denn das ist unanständig. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) Der Haushalt ist gewiss eine gute Grundlage, eine Kollegen von der Opposition, wir haben es wieder ein- Chance, unseren Bauern für die zugemuteten wirtschaft- mal gehört: Hier im Bundestag können Sie leider nicht lichen Entbehrungen finanziell etwas zurückzugeben. Er mehr als die Backen dick machen und heiße Luft ablas- ist freilich so, dass wir nicht mit Geld und besseren Reden sen. alles gutmachen können. Das sind nur zwei Maßnahmen. Bei der großen Unzufriedenheit und der Not auf den Hö- (Stephan Brandner [AfD]: Sie stimmen ja alles fen, was zu den verständlich großen Protestaktionen mit nieder, Sie und die Sozis!) vielen grünen Kreuzen und Tausenden von Traktoren Sorgen Sie doch in den Bundesländern – zumindest da, heute geführt hat, braucht es definitiv mehr. wo Sie Regierungsverantwortung haben – dafür, dass sich etwas ändert! Sie haben die Chance. Hier in Berlin be- Ich möchte an dieser Stelle trotzdem meinen Respekt kleckern Sie sich alle nicht mit Ruhm. und Dank den überwiegend jungen Bäuerinnen und Bauern aus der Organisation „Land schafft Verbindung“ Die FDP hatte vor zwei Jahren keinen Mut zur Verant- aussprechen, die ihren Protest in den letzten Tagen sehr wortung. Im Sommer hat Kollege Dr. Hocker vor der friedlich, freundlich und konstruktiv bis hier nach Berlin Presse noch gefordert, eine Abschaffung der Direktzah- getragen haben. lungen vorzunehmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Hermann Färber [CDU/CSU]: Buh! Buh!) ordneten der FDP und der AfD) Im Haushaltsausschuss will man 77 Millionen Euro bei Ich wünsche mir, dass der Protest auch so friedlich zu der landwirtschaftlichen Unfallversicherung kürzen, Ende geht. Ich danke nebenbei auch all den Verkehrsteil- nehmern, die das mit Geduld ertragen. Dank auch an die (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Polizei und alle weiteren Ordnungshüter! NEN]: Das wird sowieso kommen! Dafür braucht man nicht mal die FDP!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- und das in Zeiten, in denen wir katastrophale Zustände im ordneten der FDP) Wald haben Ja, noch mehr als Geld und Reden brauchen wir schnel- (Stephan Brandner [AfD]: Katastrophale Zu- (B) les und praxisorientiertes Handeln. Es geht um vieles: um (D) Wertschätzung, insbesondere um Perspektive, um Ver- stände im ganzen Staat!) lässlichkeit, und es geht um Bürokratieabbau und ver- und mehr Unfälle – auch dramatische Unfälle – passieren nünftige Lösungen zu Düngung, Tierhaltung und Bau- und die Mittel dringender denn je gebraucht werden. recht. Aber auch das Thema Insektenschutz ist uns allen wichtig. Das geht aber nicht mit Beschimpfungen, Re- (Beifall bei der CDU/CSU) gulierungswut und Ordnungspolitik. Die Unionsparla- mentarier werden auf alle Fälle mit aller Macht dafür Vizepräsidentin Claudia Roth: kämpfen, dass eine Umsetzung mit Augenmaß vonstat- Herr Gerig, denken Sie an Ihre Redezeit. tengehen wird. Wir werden den Bauern – dafür werden wir alles ge- Alois Gerig (CDU/CSU): ben – ihren Stolz zurückgeben. Das ist wichtig. Ja. – Ich sage: Pech gehabt. (Beifall bei der CDU/CSU) (Otto Fricke [FDP]: Das haben die Landwirte! Die haben wirklich Pech!) Die globalen Herausforderungen sind: Weltbevölke- rung ernähren, Klimawandel bewältigen und Hunger Unsere Landwirte fallen nicht auf diese Bauernfängerei und Not aufgrund von Wetterextremen bekämpfen. Junge herein, die Sie von der AfD sich parallel leisten. Menschen müssen emotional und wirtschaftlich bereit (Stephan Brandner [AfD]: „Bauernfängerei“, sein, den Hof der Eltern weiterzuführen. Es geht darum – lustiges Wortspiel!) das ist im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger in Deutsch- land, die Produktion von weltweit besten Lebensmitteln, Das sind kluge, gut ausgebildete Unternehmer, die das und die machen unsere Bauern, im eigenen Land zu hal- nicht mitmachen werden. ten, so weit das möglich ist. Es ist traurig genug, dass wir Das, was die Grünen vor Augen haben, hat die Kolle- permanent Marktanteile verlieren. gin Künast sehr deutlich gemacht: Bauern-Bashing von (Stephan Brandner [AfD]: Verstehen Sie hinten bis vorne. eigentlich, dass die Bauern da draußen gegen (Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihre Politik demonstrieren?) NEN]: Kein einziger Satz! – Stephan Brandner Es geht auch darum, Bauernland in Bauernhand zu [AfD]: Was ist eigentlich mit Ihrer Redezeit? – halten; das wurde heute schon angesprochen. Das heißt, Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir müssen Aldis, Fielmanns, aber auch NABUs und Co, NEN]: Du musst mal zuhören!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16195

Alois Gerig (A) So geht das nicht. Das hat nichts mit Wertschätzung zu dorthin neue Arbeitskräfte exportiert. Sie werden in Süd- (C) tun. Das hat nichts damit zu tun, jungen Menschen wieder osteuropa mit irren Versprechungen angeworben. Nach Mut zu machen. einem Jahr sind sie arbeitstechnisch fertig und begeben sich dann in den Kreis Gütersloh – es sind etwa 7 000 Ich fordere Sie auf: Stimmen Sie unserem Haushalt zu! Menschen –, und dann holt der geneigte Großschlachter Dann können Sie hier im Deutschen Bundestag etwas neue Kolleginnen und Kollegen dazu. Caritas-Zitat: Gutes für die ländlichen Räume und die Landwirtschaft tun, und dann sind wir alle in Zukunft gut aufgestellt, um Das System der Werkverträge führt dazu, dass im- gemeinsam eine gute Politik zu machen. mer mehr arme und zunehmend bildungsferne Men- schen aus Südosteuropa in den Kreis Gütersloh kom- (Stephan Brandner [AfD]: Stimmen Sie unse- men. Ein Megaschlachter aus Rheda-Wiedenbrück ren Anträgen zu!) braucht immer neue schlecht bezahlte und unwissen- Vielen Dank. de Arbeitskräfte. (Beifall bei der CDU/CSU) Wer sich den Haushalt angeschaut hat, stellt fest: Wir haben erstmalig 500 000 Euro bereitgestellt, um über eine wissenschaftliche Untersuchung festzustellen: Was ist Vizepräsidentin Claudia Roth: auf den Schlachthöfen los? Welche sozialen Auswirkun- Vielen Dank, Herr Gerig. – Herr Auernhammer be- gen hat das? Ich kann für die SPD nur sagen: Wir wollen kommt gleich ein bisschen weniger Redezeit. Aber das uns diesen Werkverträgen nähern. Wir haben dazu wis- machen Sie von der CDU/CSU untereinander aus. senschaftliche Aussagen. Es gilt: Gleicher Lohn für glei- (Widerspruch bei der CDU/CSU) che Arbeit, egal wo jemand herkommt. – Ja mei, das ist der Preis. (Beifall bei der SPD) Nächster Redner: Rainer Spiering für die SPD-Frak- Das Tun dieses Großschlachters hat übrigens noch tion. deutlich mehr Auswirkungen. Wer dort ökonomisch sinn- voll arbeiten will, muss auf der einen Seite aus den Ar- (Beifall bei der SPD) beitskräften das meiste rausquetschen, und er braucht auf der anderen Seite eine Infrastruktur, die für schnelle Wege Rainer Spiering (SPD): sorgt. Jeden Tag werden dort ungefähr 20 000 Schweine Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kol- geschlachtet. Sie müssen aus der näheren Umgebung legen! Vor allen Dingen: Liebe Zuschauerinnen und Zu- kommen. Das ist unter anderem Weser-Ems. Für all diese (B) schauer oben auf den Rängen! Ein spannender Tag heute. Schweine – 20 000 pro Tag! – werden Proteine nach (D) Ich fange mit dem Kollegen Hocker an, der bekannter- Deutschland importiert – mit den entsprechenden Folgen maßen beweglich ist in seinen Äußerungen. Ich habe zwei für Entwicklungsländer –, etwa Soja aus Südamerika. Das Erwiderungen. bedeutet: Menschen verarmen, Südamerika verarmt, und Zur Frage der Einträge von Nitrat ins Grundwasser – wir haben die Gülle vor den Füßen. Der Bereich Weser- wir lassen einmal außer Acht, wer zuständig ist –: Die Ems hat 3 Millionen Tonnen Gülle vor den Füßen, die wir Wissenschaft sagt, dass die Landwirtschaft dafür zu min- jetzt loswerden müssen. destens 80, 90 Prozent verantwortlich ist. Daher möge Dazu trägt im Übrigen dieser Haushalt seinen Teil bei. sich die Landwirtschaft diesem Problem nähern, und wir kommen über die Kommunen dahin, das andere Prob- (Beifall bei der SPD – Stephan Protschka lem zu klären. [AfD]: Und gleichzeitig das Mercosur-Abkom- men unterstützen!) Zweite Aussage, Kollege Hocker: Direktzahlungen- Durchführungsgesetz. Sie haben angesprochen, dass wir Wir haben in den Energiesparbereich ungefähr 11 Millio- Bonuszahlungen vornehmen wollen. Ja, genau das ma- nen Euro eingepreist, um neue Gülleaufbereitungsanla- chen wir jetzt mit der Umwandlung der Direktzahlungen. gen zu finanzieren und dann über Wärmekopplung mit Man muss das nur verstehen. Das, was Sie tun, ist das, Biogasanlagen dafür Sorge zu tragen, dass wir Gülle zu was die FDP seit Urzeiten macht: Da, wo viel ist, viel einem zertifizierten Mineraldünger umwandeln. Damit mehr hingeben. – Wir kennen das von der Mövenpick- können wir die Flüssigkeitsfracht entlasten und Trocken- Steuer. Wes Geistes Kind Sie sind, wissen wir. substrate in die Landwirtschaft bringen. Damit leisten wir wirklich einen guten Beitrag für eine in Zukunft gute (Beifall bei der SPD – Lachen bei der FDP – Landwirtschaft. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: FDP: Zehn Jahre her! – Stephan Brandner [AfD]: Ein ganz (Beifall bei der SPD) wunder Punkt bei der FDP!) Das Werkzeug dafür ist die Agrarmasterplattform; das Ich möchte übrigens dringend darauf hinweisen, dass ist mittlerweile auch unstrittig. Worum geht es? Es geht dieser Ausschuss „Ausschuss für Ernährung und Land- darum, die Landwirtschaft dazu in die Lage zu versetzen, wirtschaft“ heißt. Ich würde mich dringend mal der Frage Düngeverordnung, Nitratrichtlinie, Stoffstrombilanz, der Ernährung zuwenden. Ich bin letzte Woche im Kreis GAP-Anträge in atemberaubender Geschwindigkeit zu Gütersloh gewesen, und bekannterweise ist da ein Groß- bewältigen. Eine der großen Landwirte hat mir letztens schlachter unterwegs. Dann hat man uns von der Stadt- gesagt, er brauche aufgrund seiner Digitalisierung heute verwaltung gezeigt, was das bedeutet: Jedes Jahr werden für seinen GAP-Antrag – er ist umfassend – zwei Stun- 16196 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Rainer Spiering (A) den. Das muss das Ziel sein. Diese Koalition, die von (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (C) Ihnen so oft kritisiert worden ist, ist die erste Koalition, der CDU/CSU) die das im Parlament auf den Weg gebracht hat. Dazu brauchten wir auch gar kein Ministerium. Wir haben Vizepräsidentin Claudia Roth: das entwickelt. Nur Mut als Parlamentarier! Wir können Vielen Dank, Rainer Spiering. – Nächster Redner: Ar- das! tur Auernhammer. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU – Ingo Gädechens Wir wollen dieses Land sichern vor dem, was die FDP [CDU/CSU]: Der mit der verlängerten Rede- fördert, nämlich der Macht der IT-Großkonzerne. zeit!) (Frank Sitta [FDP]: So ein Quatsch!) Artur Auernhammer (CDU/CSU): Wir wollen kein System von Google. Wir wollen kein Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Da- System von Microsoft. Wir wollen eine souveräne IT- men und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Plattform für Deutschland, bei der Landwirte, landwirt- Recht: Die Fanmeile draußen wird heute zur großen Trak- schaftliche Unternehmen, Landmaschinenhersteller und torenmeile. Bäuerinnen und Bauern sind tagelang unter- das Volk als Souverän dazu in der Lage sind, transparent wegs, haben sich auf den Weg nach Berlin gemacht, weil Stoffströme zu beurteilen. Dann wird sich auch die unse- sie ein großes Ziel haben: Sie wollen mit der Politik re- lige Messstellendiskussion erledigt haben, weil wir näm- den. Sie wollen mit uns reden, weil sie das, was hier im lich wissen werden, wer zu welchen Bedingungen erzeugt Deutschen Bundestag teilweise verkündet wird, nicht hat. Das ist unser Ansatz: eine IT-Plattform eines souve- mehr verstehen. ränen Staates. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der SPD – Karlheinz Busen [FDP]: NEN]: Beschlossen wird von der Mehrheit! Be- Nächste Woche kommt der Nikolaus oder schlossen wird!) Knecht Ruprecht!) Bauern zerstören die Landschaft, Bauern vernichten Ar- Wir haben in diesen Haushalt jetzt schon 22,5 Millio- ten, Bauern verseuchen unser Wasser – das sind Worte, nen Euro eingebracht. Das ist Ihnen vermutlich entgan- die hier im Deutschen Bundestag gesprochen werden. Ich gen; das Geld ist aber da. Ich möchte die Gelegenheit bitte Sie, gerade die Fraktion der Grünen – Sie sind ge- dazu nutzen, mich einmal bei der IT-Abteilung des rade mit noch sechs Kolleginnen und Kollegen hier –: BMEL herzlich zu bedanken. Angeführt von einer toug- (B) hen Wissenschaftlerin, bringen die da richtig was auf die (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (D) Kette. Das ist auch die Unterabteilung des BMEL, die NEN]: Also, sich da so einzuschleimen, wird ausnahmslos alles Geld ausgibt. Im Mai werden wir die auch nichts mehr helfen! Sie haben es verschla- Grundkonstruktion der Masterplattform haben. Ich sage fen!) Ihnen: Wenn wir das abgeschlossen haben, dann wird dieser Finanzminister das Geld zur Verfügung stellen, Gehen Sie raus, reden Sie mit den Bäuerinnen und um eine IT-Plattform für Deutschland in wesentlich größ- Bauern! Machen Sie hier nicht große Töne, sondern reden erem Maße bereitzustellen. Wir werden Transparenz und Sie mit den Bauern! Offenheit haben. (Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten FDP) der CDU/CSU) Hier große Töne spucken ist das eine; politisches Handeln Thema Volkswirtschaft. Wir haben gemeinsam mit der ist das andere. Über Bereiche, in denen Sie Verantwor- CDU ein Papier entwickelt. Wir als SPD-Fraktion haben tung haben, wollen die Bauern mit Ihnen mehr reden. auch ein weit darüber hinausgehendes Papier entwickelt, (Stephan Brandner [AfD]: Das glaube ich nämlich zur Frage der Holznutzung. Für uns ist es wich- nicht! Ich kenne keinen Bauern, der mit den tig, Forst- und Landwirtschaft mit Handwerk zu verbin- Grünen redet! Bäuerchen vielleicht! – Stephan den, dem größten und eigenständigsten Unternehmens- Protschka [AfD]: Kein Bauer redet freiwillig zweig in Deutschland. Wir wollen, dass Holz als CO2- mit den Grünen!) Senke erhalten bleibt, für die Zimmerleute, für die Tisch- ler, für den Holzinnenausbau, für die Konstruktionswerk- Das ist Anliegen der Aktion „Land schafft Verbindung“. stoffe. Statiker und Architekten, wir wollen sie alle mit an Ich danke allen Bäuerinnen und Bauern, die heute hier in Bord haben, um die CO2-Senke Holz für die nächsten 50, Berlin unterwegs sind. 60 Jahre erhalten zu können. Wir haben in dieses Pro- gramm – das ist den meisten vielleicht entgangen – 1 (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Milliarde Euro eingespeist. Andreas Mrosek [AfD] – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihnen steht Ich finde, dieser Haushalt setzt wirklich Marken und das Wasser bis zum Hals!) verändert die Bundesrepublik Deutschland, ich glaube, zum Guten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei einem Thema verstehe ich keinen Spaß, nämlich wenn die Inte- Herzlichen Dank. ressen der Bäuerinnen und Bauern missbraucht werden, Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16197

Artur Auernhammer (A) um sich parteipolitisch zu profilieren, wie es die FDP in Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden (C) den letzten Wochen gemacht hat: in den nächsten Wochen, Monaten und auch Jahren eine intensive Diskussion darüber führen, wie die neue Agrar- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und reform, wie die Gemeinsame Agrarpolitik aussehen soll. der SPD – Frank Sitta [FDP]: Das sitzt tief!) Da müssen wir einen Fokus darauf legen, wie wir unsere Sommerinterviews geben zum Ausstieg aus der ersten Bäuerinnen und Bauern gerade in den kleinen und mitt- Säule, große Töne bei der Umschichtung spucken, schnell leren Betrieben unterstützen, und wir müssen einen Fokus einen schlechten Antrag vorbereiten, nur um hier Stim- darauf legen, wie sich unser ländlicher Raum entwickelt. mung zu machen. Ich bin dankbar, dass in diesen Haushalt auch wieder Mittel für den ländlichen Raum, für BULE und derglei- (Stephan Brandner [AfD]: Es gibt einfach nur chen, eingestellt sind. Hier haben wir wirklich eine Haus- schlechte Anträge! Das ist keine Bemerkung aufgabe zu machen. Die ländlichen Räume müssen uns wert!) am Herzen liegen; Diese Partei, die für Subventionsabbau und Weltmarkt (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- steht, hat sich aus der Regierung gestohlen. Ich bin heute NEN]: Das erzählen Sie doch auch schon seit so weit, dass ich sage: Danke, dass ihr nicht in der Regie- 100 Jahren!) rung dabei seid. denn jeder Mensch, der gerne im ländlichen Raum lebt, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und ist froh, wenn es da noch Bäuerinnen und Bauern gibt, die der SPD) täglich ihre Arbeit machen. Dörfer mit Bäuerinnen und Ich danke auch der Bundesministerin Julia Klöckner Bauern tragen dazu bei, dass Kultur auf dem Land ent- und allen Berichterstattern im Haushaltsausschuss für steht; Bäuerinnen und Bauern engagieren sich aktiv in der diesen Haushalt. Es ist ein guter Haushalt. Er zeigt vieles Dorfgemeinschaft. Wenn die FDP der Meinung ist, dass auf, bei dem wir sagen können: Ja, wir stehen zur Land- sie dieser Debatte nicht mehr folgen muss, wirtschaft und zum ländlichen Raum, aber auch zu den (Ulla Ihnen [FDP]: Ich bin noch da!) Herausforderungen des Klimawandels und der Ernäh- rung. dann ist das bezeichnend für das Verhalten der FDP in dieser Diskussion. Ich möchte das Thema Wald ansprechen. Viele von Ihnen waren im Sommer unterwegs und haben im Wald (Stephan Brandner [AfD]: Zwei sind doch noch Bäume umarmt; ich hoffe, die Bäume haben es überlebt. da von der FDP!) (B) (D) (Stephan Brandner [AfD]: Ich habe Bäume Ich danke Ihnen. abgesägt!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Wir müssen in der Waldpolitik neue Wege gehen. Wir ordneten der SPD) müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir neue Baum- arten im Wald brauchen. Wir müssen aber auch darüber Vizepräsidentin Claudia Roth: nachdenken, wie wir die Bäume bzw. das Holz nutzen können. Nur ein Hinweis: Im Wald wachsen keine Balken Vielen Dank, Artur Auernhammer. – Nächster Redner: und Bretter, sondern Bäume. Das heißt auch, dass wir Uwe Schmidt für die SPD-Fraktion. Holzabschnitte und dergleichen der energetischen Ver- (Beifall bei der SPD) wertung zuführen müssen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Klimawan- Uwe Schmidt (SPD): del ist ein Thema, das uns alle bewegt, aber in erster Linie Moin, Frau Präsidentin! die Bäuerinnen und Bauern sowie die Waldbauern; (Stephan Brandner [AfD]: Die Waldbäuerinnen Vizepräsidentin Claudia Roth: haben Sie vergessen!) Moin! denn sie sind betroffen. Deshalb ist es teilweise unerträg- (Rainer Spiering [SPD]: Moin!) lich, wenn hier noch welche sitzen, die den Klimawandel leugnen, Uwe Schmidt (SPD): ( [DIE LINKE]: Ja! Da hat der Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Lebensmittel- Mann absolut recht!) skandal jagt den nächsten: Mineralöl in Babymilchpulver, lebende Käfer in Teebeuteln, Wilke-Wurst und – ganz die den Klimawandel nicht akzeptieren und die Heraus- aktuell; auch unappetitlich – Darmbakterien auf jeder forderungen nicht angehen wollen. zweiten Hähnchenfleischprobe (Stephan Brandner [AfD]: Wen meinen Sie (Stephan Brandner [AfD]: Sie fangen ja ganz denn? – Gegenruf der Abg. Kerstin Kassner optimistisch an, Herr Schmidt!) [DIE LINKE]: Getroffene Hunde bellen! – Ge- genruf des Abg. Stephan Brandner [AfD]: Er – ich habe Sie nicht verstanden, aber das war, glaube ich, konkretisiert ja gar nichts!) auch nicht schlimm –, 16198 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Uwe Schmidt (A) (Stephan Brandner [AfD]: Sie fangen ja ganz Berufsgenossenschaft die Beschäftigten direkt vor Ort (C) optimistisch an, Herr Schmidt!) niederschwellig und auch muttersprachlich beraten kann. um nur einige zu nennen. (Beifall bei der SPD) Diese Fälle haben unterschiedliche Gründe, aber einer Arbeitnehmerrechte gelten für alle gleich, egal woher die davon ist sicherlich die Nichteinhaltung von Standards Kolleginnen und Kollegen kommen. Das muss eine bei der Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Ar- Selbstverständlichkeit sein. beitnehmern; die sind hier heute noch gar nicht vorge- Abschließend will ich noch eine Bemerkung in eigener kommen. Bei amtlichen Kontrollen von Schlachthöfen Sache machen. Wir sagen im Norden: Bremens Landwirt- in NRW wurden in über 90 Prozent der Betriebe Mängel schaft ist der Küstenschutz. – Deshalb setze ich mich festgestellt, vor allem beim Arbeitsschutz und bei der dafür ein, dass Hafenanlagen zum Schutz der Küsten ver- Arbeitszeit. stärkt bei der Verwendung der Mittel aus der Gemein- (Stephan Brandner [AfD]: Wie in der SPD- schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Fraktion, oder?) Küstenschutzes“ berücksichtigt werden; denn Küsten- schutz ist Bevölkerungs-, Umwelt- und Klimaschutz, Das schadet aber nicht nur den Beschäftigten vor Ort – und der geht uns alle an. Da muss der Bund stärker an Rainer Spiering hat es gerade eben schon angedeutet –, es der Seite der Bundesländer stehen. beeinträchtigt auch die Einhaltung von Hygienevorschrif- ten und gefährdet damit die Gesundheit von uns allen. – Recht schönen Dank. Mit Hygiene kennen Sie sich ja gut aus. (Beifall bei der SPD) (Stephan Brandner [AfD]: Absolut!) Wer so mit seinen Beschäftigten umgeht, der interessiert Vizepräsidentin Claudia Roth: sich anscheinend für nichts außer für Profitoptimierung. Vielen Dank, Uwe Schmidt. – Letzter Redner in der Debatte: Johann Saathoff für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD – Stephan Protschka Deshalb gehören die Arbeitsbedingungen der gesam- [AfD]: Kommt wieder ein platter Satz? – ten Ernährungswirtschaft und damit die Einhaltung der Stephan Brandner [AfD]: Noch ein Sozi! Zwei Hygienevorschriften auf den Prüfstand. Hier konnten wir Sozis hintereinander! Um Gottes willen!) einen ersten Erfolg in den Haushaltsberatungen erzielen: Die von uns geforderte Studie zu den Arbeitsbedingungen (B) Johann Saathoff (SPD): (D) in der Fleischwirtschaft kommt. – Sie haben jetzt eine Sozi-Überdosis; das müssen Sie (Beifall bei der SPD) aushalten. Diese umfassende Aufarbeitung muss bei festgestellten (Stephan Brandner [AfD]: Das kann man nicht Verstößen eine deutliche Ausweitung der Lebensmittel- aushalten!) kontrollen und eine Erhöhung der Bußgelder zur Folge Ich habe auch manchmal eine Überdosis anderer Leute haben. Wir dürfen auch hier nicht zulassen, dass beste- hier im Haus. hende Gesetze dauerhaft durch Einzelne nicht eingehal- ten werden, nur weil man die Strafen aus der Portokasse (Beifall bei der SPD – Stephan Brandner zahlen kann. Das muss ein Ende haben. [AfD]: Schlimmer geht nimmer!) (Stephan Brandner [AfD]: Das ist ja wie bei der Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Präsi- Bundesregierung! – Stephan Protschka [AfD]: dentin! Ich möchte heute die Lage der Fischerei beleuch- Die Ministerin will weniger Kontrollen!) ten. Wir haben im Agrar- und Ernährungsbereich eine ganze Menge Themen zu beleuchten, aber heute hat kei- – Ja. – Aber auch in einem anderen Bereich, bei den ner über Fischerei gesprochen. Ich glaube, es ist an der Saison- und Wanderarbeitern, kommt es immer häufiger Zeit, darüber zu sprechen. zu, vorsichtig gesagt, Unregelmäßigkeiten bei der Ar- beitszeit, der Zahlung von Löhnen, aber auch beim Ge- (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Christian sundheitsschutz der Beschäftigten vor Ort. Haase! – Stephan Protschka [AfD]: Dann wa- ren Sie nicht anwesend bei den Reden!) Jährlich kommen rund 300 000 Menschen nach Deutschland, um Spargel zu stechen oder Erdbeeren – Herr Haase, Entschuldigung. Aber keiner der Bericht- und Gemüse zu ernten. In der Landwirtschaft und im erstatter hat über Fischerei gesprochen. – Es fand in der Gartenbau stellen sie rund 60 Prozent der Beschäftigten. Vergangenheit aus meiner Sicht überhaupt viel zu wenig Das müssen wir wertschätzen und ihnen ihre zustehenden Bedeutung. Deswegen gehört es in diese Debatte hinein. Rechte auch garantieren. Die Fischerei gehört nämlich generell nicht gerade zu einer Branche, die verwöhnt ist. Oft mussten die Fischer (Beifall bei der SPD – Stephan Brandner und deren Familien mit wenig auskommen. In Ostfries- [AfD]: Rechte sind immer gut!) land sagt man: Een lüttje Fisch up Disch is beter, as’n groot Fisch in’t Deep. Deshalb haben wir uns als SPD in den Haushaltsbera- tungen erfolgreich dafür eingesetzt, dass die zuständige (Beifall bei der SPD) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16199

Johann Saathoff (A) Aber die Fischerei ist wichtig, meine Damen und Her- – Sie können ja gerne eine Zwischenfrage stellen, wenn (C) ren – wichtig als Wirtschaftsfaktor über die einzelnen Sie wollen, Herr Protschka. Wertschöpfungsstufen, wichtig für gesunde Ernährung in Deutschland, aber auch wichtig – um das nicht zu ver- (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gessen – für den Tourismus. Stellen Sie sich zum Beispiel NEN]: Nein, nicht Protschka!) vor: Sie haben einen Fischerhafen, und am Ende gibt es Bislang gab es nur einen Vorschlag für die Hilfe beim dort überhaupt keine Fischerei mehr. Die Touristen wür- Ostdorsch. Die Ministerin den nicht mehr kommen. Von daher ist es wert, dass wir uns darum kümmern. (Stephan Brandner [AfD]: Museumsdirekto- rin!) (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sehr gut!) hat sich persönlich in Brüssel dafür eingesetzt, dass das Aktuell ist die Lage schwieriger denn je und mit ganz erweitert wird. Letzte Woche haben wir den Bescheid vielen Ungewissheiten verbunden. Der Brexit hängt wie bekommen, dass es auch auf den Westhering und den ein Damoklesschwert nun schon seit Jahren über der Fi- Westdorsch übernommen wird. scherei in der Nordsee. Am 12. Dezember dieses Jahres sind Neuwahlen in Großbritannien. Abgesehen davon, Wir sind ja nicht in allen Themen einer Meinung, Frau dass das ganze Verfahren zum Brexit einer Demokratie Klöckner – das kann man, glaube ich, so sagen –, aber an eigentlich unwürdig erscheint, dieser Stelle bedanke ich mich ganz herzlich bei Ihnen und auch bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für (Stephan Protschka [AfD]: Volksbefragungen Ihren Einsatz für die Fischer in Deutschland. sind unwürdig! Von einem Sozi!) wissen unsere Fischer nicht, ob und wie lange sie 2020 Vizepräsidentin Claudia Roth: noch in britischen Gewässern fischen können. Herr Saathoff, Ihre Redezeit. Gleichzeitig mussten die Fangquoten für die Ostsee massiv gekürzt werden. Beim Dorsch ist die Sterblichkeit Johann Saathoff (SPD): aufgrund von Umweltbelastungen dreimal so hoch wie Ich glaube, abschließend sagen zu können, dass es Zeit die fischereiliche Sterblichkeit. Kein anderer Fischbe- wird für eine Strukturkonferenz Fischerei; denn die Situa- stand in europäischen Gewässern befindet sich in einer tion ist wirklich besorgniserregend. Ich würde mich solchen Lage. Die Fangmöglichkeit für die nächsten Jah- freuen, wenn das aufgenommen werden würde und wir re beträgt fast null. Der Dorschbestand bräuchte Jahre, damit den Fischern helfen könnten. (B) um sich wieder davon zu erholen. Viele Fischereibetriebe (D) in der Ostsee stehen vor dem Aus. Meine Damen und (Beifall bei der SPD) Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Tra- gödie an der Küste. Vizepräsidentin Claudia Roth: Mit dem vorliegenden Haushalt wollen wir die massi- Halt, stopp, wie immer darf ich, aus Süddeutschland ven Veränderungen wenigstens finanziell abfedern. Aber kommend, Sie bitten, uns Ihre friesischen Weisheiten zu auch um andere Fischerei, nicht nur um Dorsch- und He- übersetzen. ringsfischerei, werden wir uns kümmern müssen. In Zu- kunft werden wir die Unbilden auch von der Krabben- Johann Saathoff (SPD): fischerei abhalten müssen. Ich möchte mich an dieser Frau Präsidentin, ich dachte, wir hätten keine Zeit Stelle ausdrücklich bei unseren Haushältern, insbesonde- mehr. Das mache ich ganz gerne: Ein kleiner Fisch auf re bei Ulli Freese, dafür bedanken, dass es uns gelungen dem Tisch ist immer noch besser als ein großer Fisch im ist, hier eine Abfederung vorzunehmen und für die Men- Kanal. schen finanzielle Sicherheit zu schaffen. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen herzlichen Dank. Wir unterstützen das Landwirtschaftsmuseum (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Lachen bei der AfD) der CDU/CSU) – das Landwirtschaftsministerium dabei, dass die Gelder auch sinnvoll verwendet werden können. Bislang gab es Vizepräsidentin Claudia Roth: nur einen Vorschlag für die Hilfe beim Ostdorsch. Danke schön. – Damit schließe ich die Aussprache. (Zuruf des Abg. Stephan Protschka [AfD]) Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 10, – Haben Sie sich noch nie versprochen in Ihrem Leben? Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, in der Ausschussfassung. Hierzu liegt ein Änderungsantrag (Stephan Protschka [AfD]: Ich meine ja nur! der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/15462 vor, über Wenn Sie so weiter tun, brauchen wir bald ein den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen Ände- Museum, weil dann haben wir keine Landwirt- rungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltun- schaft mehr! – Stephan Brandner [AfD]: Ich gen? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt glaube, Sie haben sich gar nicht versprochen!) hat die AfD-Fraktion. Dagegengestimmt haben die Frak- 16200 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) tionen der Linken, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, worden sind. Deswegen ist es Ihre Pflicht und Schuldig- (C) CDU/CSU, und enthalten hat sich die FDP. keit, zuvorderst die Interessen des deutschen Volkes zu vertreten. Wer stimmt für den Einzelplan 10 in der Ausschuss- fassung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der (Beifall bei der AfD) Einzelplan 10 ist bei Zustimmung der Fraktionen von SPD, CDU/CSU und Gegenstimmen von der Fraktion Mit den Ausgaben für Ihre sogenannte Klimaschutz- der Linken, der Bündnisgrünen, der FDP- und der AfD- politik verschwenden Sie auch in den nächsten Jahren Fraktion angenommen. Hunderte Millionen Euro des deutschen Steuerzahlers, ohne dass es dafür eine wissenschaftliche Begründung Ich rufe den Tageordnungspunkt I.6 auf: gibt. Ihre Rechtfertigungen sind Computermodelle zum Einzelplan 16 Klimawandel, die erstens komplett versagen, weil die vorhergesagten Temperaturen und die real gemessenen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Daten immer weiter auseinanderdriften und von denen nukleare Sicherheit der sogenannte Weltklimarat, der IPCC, selbst weiß, dass sie zukünftige Klimazustände nicht errechnen können. Im Drucksachen 19/13915 und 19/13924. dritten IPCC-Bericht heißt es: Wir müssen erkennen, dass Die Berichterstattung haben die Abgeordneten es sich beim Klima um ein chaotisches, nichtlineares Heidrun Bluhm-Förster, Ingo Gädechens, Andreas System handelt und deshalb Vorhersagen zu künftigen Schwarz, Martin Hohmann, Ulla Ihnen und Sven- Klimazuständen nicht möglich sind. – Auch die über Christian Kindler. zig Jahre andauernde, mit vielen Milliarden Euro auch aus dem Bundeshaushalt finanzierte Forschung hat kei- Zu dem Einzelplan 16 liegen zwei Änderungsanträge nen einzigen Beweis erbringen können, dass der Mensch der Fraktion der AfD vor, über einen werden wir später mit seinen CO2-Emissionen das Klima maßgeblich beein- namentlich abstimmen. Des Weiteren liegen zwei Ent- flusst. schließungsanträge der Fraktion Die Linke vor, über die wir am Freitag nach der Schlussabstimmung abstimmen (Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Sie ändern werden. doch ständig Ihre Meinung!) Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Und selbst wenn Ihre Theorie stimmte, würde Deutsch- Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen land bei einer Reduzierung seiner CO2-Emissionen in Widerspruch. Das ist so beschlossen. Jahresfrist (B) Es gibt eine weitere interfraktionelle Vereinbarung, an (Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Die ganze (D) die sich der erste Redner jetzt halten möge; Sie wissen, Zeit hieß es: gar nicht!) was jetzt kommt. Herr Hilse, ich bitte Sie, Ihren Button abzunehmen. Nehmen Sie bitte Ihren Button ab, bevor die theoretische Temperaturerhöhung um 0,000653 Grad Sie ans Redepult kommen. Celsius verringern. (Karsten Hilse [AfD]: Das ist keine politische (Beifall bei der AfD) Aussage!) Für diesen aberwitzig geringen Wert auch nur einen ein- Der erste Redner in dieser Debatte ist Karsten Hilse für zigen Cent auszugeben, ist Verrat am deutschen Steuer- die AfD-Fraktion. zahler. (Beifall bei der AfD) Diese unsinnige Weltuntergangstheorie ist aber Ihre Begründung für eine gnadenlose Ausplünderung der Karsten Hilse (AfD): Menschen, für die Zerstörung von über Jahrhunderte ge- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe schaffenen Kulturlandschaften, für die Vernichtung unse- Landsleute! Vor allen Dingen: Liebe Bauern am rer wirtschaftlichen Grundlagen und für die Drangsalie- Brandenburger Tor! rung von selbstständigen Arbeitnehmern und Bauern. (Beifall bei der AfD) Gerade die Bauern, die mit ihrer Hände Arbeit täglich Auch dieser Haushalt entspricht nicht dem Grundsatz für gesunde Lebensmittel sorgen, machen Sie für Folgen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. So wie in den verantwortlich, die Sie selbst zu verantworten haben. Der letzten Jahren wird Geld für sinnlose und teilweise selbst- Rückgang von Insekten und Vögeln, die diese als Nah- zerstörerische Unterfangen ausgegeben. Die ganze Welt rung nutzen, ist zu einem nicht unerheblichen Teil Ihrer wird großzügig mit dem von deutschen Arbeitnehmern unsinnigen Energiewende geschuldet. hart erarbeiteten Steuergeld beschenkt. Im Gegensatz zu den meisten Regierungen dieser Erde steht für Sie das (Beifall bei der AfD) Wohl und Wehe des eigenen Volkes ganz hinten an. Des- Da Sie davon ausgegangen sind, dass sich die deut- wegen möchte ich Sie noch einmal höflich darauf schen Bauern sowieso nicht wehren, haben Sie sie als hinweisen, dass Sie nicht von teilweise korrupten Staats- Sündenböcke auserkoren. Wie sehr Sie sich bei dieser männern, Lobbyvereinigungen und Nichtregierungsorga- Einschätzung geirrt haben, können Sie heute sehen. nisationen, sondern von einem zwar zum Glück immer kleiner werdenden Teil des deutschen Volkes gewählt (Beifall bei der AfD) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16201

Karsten Hilse (A) Die Bauern stehen auf, und ich hoffe sehr, dass die Arbeit- Und warum ist das so? Der Haushalt des Umweltminis- (C) nehmer der Auto- und Schwerindustrie, der chemischen teriums wurde in den letzten beiden Jahren bereits deut- und vor allen Dingen der Stromindustrie und alle anderen lich besser ausgestattet als in der Vergangenheit. Mit dem Menschen ihre Stimme erheben und gegen diesen ideo- Haushalt 2020 haben wir die Situation nochmals deutlich logischen Unsinn aufbegehren werden. Noch können Sie verbessern können. Gerne verrate ich Ihnen auch, wie wir diese mit Ihrer auf allen Kanälen und zu jeder Zeit lau- das geschafft haben. fenden pseudowissenschaftlichen Verdummungskam- pagne für noch höhere Steuern, für noch mehr Umwelt- Die Ausgaben im Einzelplan 16 steigen von 2,28 Mil- zerstörung, für die Hinnahme des Verlusts ihres liarden auf nahezu 3 Milliarden Euro. Da sind auch viele Arbeitsplatzes gefügig machen. Investitionen in Umwelt- und Klimaschutz enthalten. Wir sollten zudem nicht vergessen: Obendrauf kommen res- Offensichtlich braucht es in diesem Land ein neues sortübergreifende und milliardenschwere Maßnahmen Zeitalter der Aufklärung. aus dem Energie- und Klimafonds. (Lachen bei Abgeordneten der SPD und des Gerne plaudere ich hier einmal aus dem Nähkästchen. Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/ Erstens. Wir verstärken das Aktionsprogramm Klima- DIE GRÜNEN]) schutz 2020 und den Klimaschutzplan 2050 um zusätz- liche 7 Millionen Euro. Zweitens. Die Mittel für die Eu- Dieses Zeitalter hat mit dem Einzug der AfD in alle Lan- ropäische Klimaschutzinitiative werden um 9 Millionen desparlamente und in den Bundestag begonnen. Lassen Euro erhöht. Drittens. Die Mittel für die „Exportinitiative Sie sich noch eines mit einem Zitat von Abraham Lincoln Umwelttechnologien“ zur Förderung des Exports grüner gesagt sein: und nachhaltiger (Umwelt-) Infrastruktur erhöhen wir so- Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täu- gar von 10 Millionen auf 15 Millionen Euro. Und ist es schen und das ganze Volk einen Teil der Zeit. Aber das schon gewesen? man kann nicht das gesamte Volk die ganze Zeit Ministerin Svenja Schulze und ich und auch mein Kol- täuschen. lege Andi Mattfeldt von der Union, wir teilen eine große Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Leidenschaft, und zwar ist es der Kampf gegen die Ver- müllung unserer Meere mit Plastik. Wir konnten bereits (Beifall bei der AfD – Ingo Gädechens [CDU/ im letzten Haushalt ein Meeresmüllbekämpfungspro- CSU]: Schreiben Sie sich das bitte hinter die gramm auflegen, das richtig gut anläuft. Und wenn etwas Ohren!) funktioniert – never change a winning system –, dann stärken wir Haushälter dieses System natürlich, und wir (B) (D) Vizepräsidentin Claudia Roth: satteln hier nochmals 15 Millionen Euro in den komm- Würden Sie Ihren Button mitnehmen, bitte. – Danke enden Jahren drauf. schön, Herr Hilse. Vielen Dank. – Nächster Redner: für (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ingo die SPD-Fraktion Andreas Schwarz. Gädechens [CDU/CSU]) (Beifall bei der SPD) Auch bei den Investitionen in den Klimaschutz im Aus- land werden wir unseren internationalen Verpflichtungen Andreas Schwarz (SPD): nachkommen. Auch hier werden 100 Millionen Euro zu- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! sätzlich hineinfließen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als der liebe Liebe Svenja Schulze, es gibt Fraktionen im Bundes- Gott die Schöpfung, die Welt und auch den Menschen tag, die reden nur vom Klima- und Umweltschutz. Wir erschaffen hat, Herr Hilse, war er müde. Das entschuldigt können für uns beanspruchen: Wir machen den sogar. manches. Was können Menschen und Natur von uns noch erwarten? (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des Erstens. Artenschutz steht bei uns in Deutschland ganz BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Karsten vorne. Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt und Hilse [AfD]: Genau!) damit verbundene Insektenschutzprogramme wurden be- Meine Damen und Herren, wer lange genug in der reits im Entwurf von Olaf Scholz um 8 Millionen Euro Politik ist, weiß: Selten kann man mit dem Erreichten gestärkt, und in der nächtlichen Bereinigungssitzung so richtig zufrieden sein. Ich will ganz klar sagen: Der konnten wir noch 2 Millionen Euro obendrauf packen. Kompromiss ist unverzichtbar in der Demokratie. John F. Kennedy hat es auf den Punkt gebracht, als er – das passt (Beifall bei Abgeordneten der SPD) auch zur Debattenlage in unserem Land – einmal gesagt Zweitens. Wir verdoppeln die Mittel für den Wildnis- hat: „Einen Vorsprung im Leben hat, wer da anpackt, wo fonds von 10 Millionen auf 20 Millionen Euro. Ich freue die anderen erst einmal reden.“ Wenn ich aber auf den mich – viele Kolleginnen und Kollegen sprachen mich Einzelplan von Bundesumweltministerin Svenja Schulze darauf an –, dass wir es jetzt geschafft haben, das Blaue blicke, dann kann ich meinen Kollegen vor allen Dingen Band bis 2023 ordentlich auszufinanzieren. von der Union nur eines sagen: Ingo Gädechens, das ha- ben wir ordentlich hingekriegt, und das war auch gut so. Noch ganz kurz einige Worte zum EKF. Das größte Projekt des Bundesumweltministeriums, eine CO2-freie (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Genau!) Industrie, wächst jetzt von 15 Millionen auf 80 Millionen 16202 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Andreas Schwarz (A) in 2020 und in den kommenden Jahren sogar auf 626 Mil- erwartet, der wird enttäuscht. Was uns vorliegt, ist ein (C) lionen Euro. größerer Fonds als zuvor, der aber unter den gleichen strukturellen Problemen leiden wird wie bisher: Er ist (Beifall bei der SPD) ein Sammelsurium von Maßnahmen, und die am EKF Das ist ein Meilenstein in der Umstellung unserer Indust- beteiligten Ministerien werden auf einem guten Teil des rie und auch aktive Industriepolitik. Aber wir investieren Geldes sitzen bleiben. Denn es wird genauso sein wie auch einen hohen zweistelligen Betrag in unsere Wälder bisher: Es ist viel Geld eingestellt, aber die Maßnahmen und in unsere Moore, beides unverzichtbare Elemente greifen nicht, und das Geld fließt nicht ab. beim Erreichen unserer Klimaziele. Es gibt einige zaghafte positive Ansätze, zum Beispiel Meine Damen und Herren, noch ein tolles Programm den Einsatz von Wasserstoff oder neuer Technologie wie zum Schluss. Diese Nachricht ist eine besondere Freude Power to X, für mich, auch vor dem Hintergrund, dass ich einmal Bürgermeister war. Mit dem Kollegen Andreas Mattfeldt (Zuruf von der AfD: Was ist „Power to X“?) konnte ich erreichen, dass wir im EKF 100 Millionen die aus unserer Sicht aber viel entschiedener vorangetrie- Euro in die Zukunft, in die Anpassung urbaner Räume ben werden müssen, zum Beispiel mit unserem Antrag, an den Klimawandel investieren. Hier erwarten wir natür- den wir vor Kurzem eingebracht haben: Wasserstoff ist lich vom Bundesinnenministerium eine zügige und unbü- das neue Öl. rokratische Umsetzung. Nicht nur die Bürgermeister in Deutschland freuen sich auf dieses Programm, sondern (Karsten Hilse [AfD]: Ganz genau, wirklich, auch die Menschen in den Städten und Gemeinden wer- Wasserstoff ist das neue Öl!) den hier letztendlich mitgenommen. Man sieht: Wir ge- Auch dieser schöne Satz „Wasserstoff ist das neue Öl“ hen mit Mut und Tatkraft an die Umweltpolitik, wir arbei- wurde kürzlich, nach zwei Wochen, von Frau Karliczek ten nicht mit Angst. Und man merkt: Politik kann so adaptiert, wenn ich das so sagen darf. furchtbar praktisch sein. Für den Klimaschutz, den Sie federführend mit verant- Danke schön. worten, Frau Ministerin, wird das beschlossene Klima- paket, glauben wir, nicht allzu viel bringen, weil es aus (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten unserer Sicht ein ineffizientes Stückwerk ist, Maßnahmen der CDU/CSU) sich widersprechen. Den Mut, einen echten Emissions- handel mit einer CO2-Obergrenze auf den Weg zu brin- Vizepräsidentin Claudia Roth: gen, hat die Große Koalition leider nicht aufbringen kön- (B) Vielen Dank, Andreas Schwarz. – Nächste Rednerin: nen. (D) Ulla Ihnen für die FDP-Fraktion. ( [SPD]: Haben Sie das Gesetz (Beifall bei der FDP) gelesen?) Doch genau das hätte es für einen effizienten Klimaschutz Ulla Ihnen (FDP): gebraucht. Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Getrieben von der Fridays-for-Future-Be- (Beifall bei Abgeordneten der FDP) wegung, hat der Bundestag mit den Stimmen der Großen Dafür aber bekommt das Bundesumweltministerium Koalition vor zwei Wochen eine ganze Reihe an Gesetzen 288 neue Stellen – ein Aufwuchs von 7,6 Prozent. Ob und Maßnahmen, das sogenannte Klimapaket, beschlos- die Umwelt davon wirklich profitiert, werden wir sehen sen. Aber dieses Klimapaket ist aus unserer Sicht einfach müssen. nur mit heißer Nadel gestrickt worden, sonst hätte man es sicherlich ordnungsgemäß mit dem gesamten Haushalt (Karsten Hilse [AfD]: Ich bezweifle es! – vorgelegt. Denn natürlich hat das Klimapaket Auswir- [FDP]: Aber SPD-Leute – kungen auf den Haushalt. Für uns ist in dem Klimapaket bevor sie in die Opposition gehen!) bis heute kein Konzept erkennbar. Der Gestaltungswille Sehr geehrte Frau Ministerin, der Bericht des Bundes- oder eine Vision für unsere Zukunft fehlen. Die Klima- rechnungshofs zum Umgang mit externen Beratungsleis- politik der Bundesregierung erinnert uns ein bisschen an tungen in Ihrem Hause hat uns allen die Augen geöffnet. den Satz von Karl Popper. Der hat nämlich geschrieben: Ich möchte darauf eingehen, weil ich auch zu den dama- „Der Versuch, den Himmel auf Erden zu verwirklichen, ligen Fragestellern gehört habe. Wir gehen also fortan produziert stets die Hölle.“ davon aus, dass Sie künftig – anders als bisher – dem (Beifall bei der FDP) Parlament mitteilen, wenn Sie externe Beratung in An- spruch nehmen. Wir gehen nicht nur davon aus, dass auf Ich glaube, wir müssen aufpassen, dass Klimaschutz, parlamentarische Anfragen künftig korrekt geantwortet so wie er im Moment angelegt ist, uns nicht in die Hölle wird, und wir gehen auch nicht nur davon aus, dass Sie führt. Vielmehr haben wir viele Dinge dabei zu berück- uns die Liste der Aufträge zwischen 2014 und 2018 noch sichtigen und wieder auf den richtigen Weg zu bringen. nachliefern, sondern dass Sie bei so viel mehr eigenem ( [SPD]: Oje! Oje! Oje!) Personal in der Zukunft generell häufiger auf externe Berater verzichten werden. Gelder für den Klimaschutz sind im Haushalt überwie- gend im EKF zu finden. Aber wer da den großen Wurf (Beifall bei der FDP) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16203

Ulla Ihnen (A) Frau Ministerin, Sie müssen noch viel häufiger den Dieser Haushalt ist erneut ein Beleg dafür, dass die (C) Mut beweisen und überflüssige und schlecht laufende regierungstragenden Fraktionen der Verantwortung für Programme notfalls streichen. Das haben wir Ihnen mehr- Umwelt und Natur gerecht werden, ohne sich an künfti- fach vorgeschlagen. Das Umweltressort leidet in beson- gen Generationen durch eine Politik der Verschuldung zu derem Maße unter einem Umsetzungsdefizit und damit vergehen. unter einem mangelhaften Mittelabfluss. Jedes Jahr weist Ihr Haushalt erhebliche Mittelreste auf. Aber auch wider- In den Haushaltsberatungen haben wir verschiedene sprechende Dinge finden wir. Gerade eben hat der Kolle- Maßnahmen des Umwelt- und Naturschutzes nachhaltig gestärkt. Für die Union möchte ich exemplarisch auf zwei ge Spiering für die CO2-Senke des Waldes geworben. Gleichzeitig erhöht die GroKo die Mittel für den Wild- Themenfelder eingehen, die uns sehr am Herzen liegen. nisfonds um das Doppelte, um 10 Millionen Euro. Der Ich als Schleswig-Holsteiner, als Kind der Küste, bin Wildnisfonds führt aber dazu, dass CO2 emittiert wird. froh, dass es einen breiten politischen Konsens gibt, dass Wie ist das unter einen Hut zu bringen? Plastikmüll in den Gewässern, ob in Flüssen oder in Mee- ren, absolut nichts zu suchen hat. In Deutschland gelingt So gibt es viele Dinge bei dem Thema Klimawandel, das immer besser, auch mit Aktionen wie „Fishing for die bereinigt werden sollten. Uns fehlt massiv etwas zum Litter“. Ein Blick auf andere Teile der Welt offenbart Thema Klimaanpassung. aber, dass das Plastikmüllproblem eher größer als kleiner Ich möchte noch ein Projekt erwähnen, den Lärmblit- wird. Daher war es eine gute Entscheidung von CDU/ zer, der gerade in Paris getestet wird, den Hannover jetzt CSU und SPD im Rahmen der Haushaltsberatungen im auf den Weg gebracht hat, den Sie nicht übernommen letzten Jahr, ein eigenes Förderprogramm für den deut- haben. Technologieoffenheit fehlt in Ihrem Haushalt. schen Technologieexport gegen Plastikvermüllung von Gewässern aufzusetzen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Beifall bei der FDP) ordneten der SPD) Mit diesem positiven Ansatz schlagen wir zwei Fliegen Vizepräsidentin Claudia Roth: mit einer Klappe. Einerseits werden wir wieder ein Stück Vielen Dank, Ulla Ihnen. – Nächster Redner: für die mehr unserer Verantwortung als führende Wirtschaftsna- CDU/CSU-Fraktion der schon gelobte Ingo Gädechens. tion für weltweite Verbesserung im Bereich von Umwelt- und Naturschutz gerecht. Wir leisten einen konkreten (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Beitrag gegen die Plastikflut an Orten, wo dieser Müll (B) absolut nicht hingehört. Andererseits stärken wir unsere (D) Ingo Gädechens (CDU/CSU): heimische Abfallwirtschaft – wir stärken ihr den Rü- Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen cken –, die weltweit in vielen Bereichen führend ist. Es und Kollegen! Umwelt- und Naturschutz ist ein Haupt- ist richtig, das Programm zu verstetigen. Dazu haben wir thema in der Gesellschaft, hochaktuell. Eigentlich hätte in den Haushaltsberatungen – die Zahl wurde bereits ge- dieses Thema größere Aufmerksamkeit hier auch im Ple- nannt – 15 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung ge- narsaal verdient. Aber Sie haben vorhin beim Wechsel stellt. des Einzelplans gemerkt, dass viele Kolleginnen und Kol- Meine Damen und Herren, es freut mich sehr, dass das legen rausgegangen sind, um zu den Bäuerinnen und Umweltministerium die Anregung des Fach- und auch Bauern zu gehen, des Haushaltsausschusses bereitwillig aufgenommen hat und seit einem Jahr bei der Umsetzung des Programms ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vollgas gibt. Es ist ja kein Geheimnis, dass Projekte aus Das wage ich zu bezweifeln!) der Fachpolitik, aber auch aus dem Haushaltsausschuss die sich in vielfacher Hinsicht auch als Naturschützer nicht immer auf Gegenliebe des Ministeriums stoßen, sehen, die auf Tierwohl achten, weil man da manchmal ganz eigene Ideen entwickelt. In diesem Fall gehen wir aber im Gleichschritt in die richtige (Karsten Hilse [AfD]: Ihre Politik macht sie Richtung. Vor allen Dingen ist im Ministerium Power zu kaputt!) spüren. Dafür danke ich sehr herzlich nicht nur der Mi- nisterin, sondern auch den Mitarbeiterinnen und Mitar- und wo es sehr viele Parallelen zu dem Einzelplan 16 gibt, beitern im Ministerium, die zu diesem Projekt eine große über den wir heute noch einmal diskutieren. Affinität entwickelt haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur aus (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- monetärer Sicht ist heute ein guter Tag für unsere Um- ordneten der SPD) welt. Mit einer Gesamtsumme von fast 3 Milliarden Euro verzeichnen wir, wie schon in den vergangenen Jahren, Meine Damen und Herren, eine weitere richtige Ent- einen rasanten Anstieg bei den Haushaltsmitteln. Noch scheidung ist die Stärkung des Bundesprogramms „Blau- deutlicher ist dieses Plus im sogenannten Energie- und es Band Deutschland“. Mit diesem Programm werden Klimafonds, den mein Kollege Andreas Schwarz schon Flüsse und Auen renaturiert. Damit schaffen wir alte anführte, in dem wir circa 9 Milliarden Euro ausschließ- und neue Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt lich für Maßnahmen gegen den Klimawandel zur Verfü- unserer Gewässerlandschaften und setzen zugleich neue gung stellen. Akzente für Freizeit und Erholung. 16204 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Ingo Gädechens (A) An dieser Stelle könnte noch eine ganze Reihe weiterer (Karsten Hilse [AfD]: Ja, wie die Kanzlerin! (C) Entscheidungen angeführt werden. So stärken wir den Die ist immer der festen Überzeugung!) Wildnisfonds und das Programm zum Export grüner und nachhaltiger Infrastruktur. Auch im Bereich des Bun- – Sie können es auch gerne sein –, dass die Überweisung des Berichts in den Rechnungsprüfungsausschuss richtig desprogramms Biologische Vielfalt ist es gelungen, die ist. Dort besteht die Gelegenheit, tiefer in die Details ein Mittel im Vergleich zum Regierungsentwurf zu erhöhen. - zusteigen. So kann eine Lösung entwickelt werden, die All diese Entscheidungen zeigen, dass gerade für die dem berechtigten Informationsverlangen des Parlaments Union der Umweltetat ein Schwerpunkt ist. Wir unter- Rechnung trägt und gleichzeitig dem Umweltministe- stützen immer dort besonders gerne, wo mit dem Einsatz rium, aber auch allen anderen Häusern praktische und von Steuermitteln konkrete und sichtbare Verbesserungen umsetzbare Richtlinien zur Abgrenzung von externen Be- für die Umwelt erzielt werden können. Diesem Grundsatz ratungsleistungen an die Hand gibt. bleiben wir auch in Zukunft treu, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Karsten Hilse [AfD]: Aber diese Richtlinien muss es doch schon geben!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Einen Untersuchungsausschuss, wie von Ihnen, insbeson- Zum Abschluss möchte ich noch in der gebotenen Kür- dere der Fraktion der AfD, hochstilisiert, brauchen wir an ze auf den Bericht des Bundesrechnungshofes zu exter- dieser Stelle nicht. nen Beratungsleistungen im Bereich des Umweltminis- teriums zu sprechen kommen. Die Arbeit des (Karsten Hilse [AfD]: Wir brauchen keinen Bundesrechnungshofes ist für uns Abgeordnete im Fach- Untersuchungsausschuss! Das Volk hat zu ausschuss und ganz besonders im Haushaltsausschuss schweigen! Die Abgeordneten haben zu von unschätzbarer Bedeutung. Mehrere Anregungen des schweigen! – Stephan Brandner [AfD]: Staats- Rechnungshofes haben wir in den Beratungen aufgenom- anwaltschaft!) men und im Haushaltsgesetz verankert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Große Von besonderem Gewicht ist ein aktueller Bericht zu Koalition legt mit dem Einzelplan 16 einen überzeugen- externen Beratungsleistungen im Bereich des Umweltmi- den Entwurf für das Budget des Umweltministeriums vor. nisteriums. Darin wirft der Rechnungshof dem Ministe- Wir werden unserer Verantwortung für die wichtigen rium unter anderem vor – ich finde, das ist ein schwer- Aufgabenbereiche des Ministeriums gerecht und setzen wiegender Vorwurf –, externe Beratungsleistungen klare politische Akzente. Damit sind wir gut aufgestellt verschwiegen und dem Parlament auf entsprechende An- für die Zukunft in den Bereichen Klima-, Umwelt- und (B) fragen falsche Auskünfte erteilt zu haben. Naturschutz und auch in der Abwicklung der friedlichen (D) Nutzung der Kernenergie, die immer wichtiger wird. (Karsten Hilse [AfD]: Also gelogen!) Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Für mich als Mitglied im Haushaltsausschuss, der, wie wir alle, die Regierung kontrollieren soll, stellen sich (Beifall bei der CDU/CSU – Karsten Hilse zwei zentrale Fragen: Erstens. Wie reagiert das Ministe- [AfD]: Die Kernenergie wird immer wichtiger? rium, wie reagiert in Person die Ministerin auf diese Kri- Das stimmt! – Gegenruf des Abg. Ingo tik? Zweitens. Lässt sich beim Ministerium eine bewusste Gädechens [CDU/CSU]: Die Abwicklung! Täuschungsabsicht gegenüber dem Bundestag feststel- Richtig zuhören! – Gegenruf des Abg. Karsten len? Hilse [AfD]: Ja, ja! Energiepolitiker! – Gegen- Im Umgang mit dem Bericht selbst und den Stellung- ruf des Abg. Ingo Gädechens [CDU/CSU]: nahmen des Ministeriums habe ich nicht den Eindruck Wenn man keine Ahnung hat, sollte man auch gewonnen, dass wir als Abgeordnete bewusst und ab- mal den Mund halten! – Gegenruf des Abg. sichtlich getäuscht werden sollten. Karsten Hilse [AfD]: Dann setzen Sie sich ein- fach hin! – Gegenruf des Abg. Ingo Gädechens (Judith Skudelny [FDP]: Was? Das steht aber in [CDU/CSU]: Sie sitzen ja Gott sei Dank dem Bericht drin! – Karsten Hilse [AfD]: Dann schon!) haben Sie den Bericht nicht gelesen! – Stephan Brandner [AfD]: Dann hat man Ihnen Unsinn Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: erzählt!) Die nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke die Vielmehr scheint es im Kern um eine Auslegungsfrage zu Kollegin Heidrun Bluhm-Förster. einer offensichtlich schwammigen Definition zu gehen. Zugleich haben Sie, Frau Ministerin, in der Bereinigungs- (Beifall bei der LINKEN) sitzung deutlich zugesagt, die Kritik des Rechnungshofes sehr ernst zu nehmen und die Verwaltungspraxis in Ihrem Heidrun Bluhm-Förster (DIE LINKE): Haus diesbezüglich grundlegend auf den Prüfstand zu Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und stellen. Kollegen! Seit den Beschlüssen des sogenannten Klimak- abinetts vor einigen Wochen ist die Hoffnung auf ein (Karsten Hilse [AfD]: Super! Scharfes rigoroses Umsteuern der Bundesregierung in der Klima- Schwert!) politik aus unserer Sicht gestorben. Stattdessen ist der Nach diesen Aussagen bin ich der festen Überzeugung Frust in der Gesellschaft größer geworden. Lieber Kolle- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16205

Heidrun Bluhm-Förster (A) ge Schwarz, auch das haben wir offensichtlich ordentlich Konrad beweisen seit einiger Zeit, dass der Standort für (C) hingekriegt. die dauerhafte Lagerung von radioaktiven Abfällen nicht geeignet ist. Ein Vergleich mit alternativen Standorten, Der Anteil des Umweltetats am Gesamthaushalt 2020 wie er jetzt für hochradioaktive Abfälle neu durchgeführt bleibt mit lediglich 0,6 Prozent signifikant niedrig. Er wird, fehlt für die dauerhafte Lagerung leicht- und mittel- wird in der Finanzplanung des Bundes bis 2023 auch radioaktiver Abfälle in Konrad ebenfalls. Hier ist der nicht wesentlich verändert. Dies ist definitiv kein Signal Neustart für ein Suchverfahren mindestens angezeigt. für eine nachhaltige Umwelt- und Klimapolitik, (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven- Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Mit der Beendigung des Projekts Konrad sind nach NEN]) unserer Auffassung die Mittel für den Salzgitterfonds zu streichen. Die Arbeiten zum Verschluss des ungeeig- auch dann nicht, wenn Sie, verehrte Damen und Herren neten Atommülllagers Morsleben kommen seit Jahren auf der Regierungsbank, noch so vehement erklären, dass nicht voran, weil wichtige Sicherheitsnachweise fehlen. Sie jetzt aus anderen Töpfen Gelder ausgeben wollen. Wie bei der Asse II könnte eine Rückholung der radio- Allein der Energie- und Klimafonds ist so undurchsichtig aktiven Abfälle erforderlich sein. Um einen gesellschaft- wie eh und je, und wir Linke haben das, seitdem er exis- lichen Konsens für das weitere Vorgehen zu erreichen, ist, tiert, auch immer kritisiert. Im Übrigen werden mehr als wie bei der Asse II, auch im Projekt Morsleben eine breite 60 Prozent des Energie- und Klimafonds im Wirtschafts- Öffentlichkeitsbeteiligung dringend erforderlich. ministerium verwaltet und nicht im Umweltministerium. (Beifall bei der LINKEN) Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Fraktion Die Linke hat für die dritte Lesung zwei Entschließungs- Und schließlich: Gorleben ist geologisch und aufgrund anträge vorbereitet und eingebracht. seiner umstrittenen Geschichte für die Lagerung hochra- dioaktiver Abfälle ungeeignet und muss aus dem Such- (Stephan Brandner [AfD]: Ach, du Schreck!) verfahren ausgeschlossen werden. – Ja, ach, du Schreck. (Beifall bei der LINKEN) (Stephan Brandner [AfD]: Gott sei Dank nur Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende meiner Re- zwei! – Karsten Hilse [AfD]: Einer ist gut!) de möchte ich mich als Hauptberichterstatterin bei den Der eine würde die größten Schnitzer auf den Gebieten Kolleginnen und Kollegen der Koalition und auch denen Lärmschutz, biologische Vielfalt, Waldumbau und Alt- der anderen Oppositionsfraktionen für das Vertrauensver- (B) lastenentsorgung beseitigen – dazu wird mein Kollege hältnis, das wir aufbauen konnten, bedanken. Für die vie- (D) Lenkert nachher ausführlicher vortragen –; len Hintergrundinformationen, auch vom Ministerium, Frau Ministerin, herzlichen Dank. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) der andere plädiert für eine umweltverträgliche End- und Zwischenlagerpolitik in Bezug auf die Schatten der Atomwirtschaft, die wir uns in der Vergangenheit geleis- Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: tet haben. Die Ängste in weiten Teilen der Bevölkerung Vielen Dank, Frau Kollegin. – Der nächste Redner ist zu diesem Thema müssen wir ernst nehmen. der Kollege Sven-Christian Kindler, Bündnis 90/Die Grü- nen. (Stephan Brandner [AfD]: Bloß keine Ängste schüren!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch in meinem Wahlkreis erlebe ich neuerdings Bürger- Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- innen und Bürger, die Ängste und Befürchtungen haben. NEN): (Stephan Brandner [AfD]: Und nix instrumen- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- talisieren!) ren! Sehr geehrte Ministerin Schulze, am 10. September haben Sie hier bei der ersten Lesung zu Ihrem Haushalt Besonders im Bereich radioaktiver Abfallbeseitigung gesagt – ich zitiere –: Mit der Einrichtung des Klimak- ist der Umweltetat mit 53 Prozent in hohem Maße ge- abinetts haben wir in der Bundesregierung ein Verspre- fordert. Andererseits müssten wir alle durch den Bericht chen gegeben. 2019 wird das Jahr des Handelns im des Bundesrechnungshofes zu Asse II zur Kenntnis Klimaschutz, das Jahr der Entscheidungen. Dieses Ver- nehmen, dass das Umweltministerium hier seiner Kon- sprechen wird am 20. September eingelöst. – Man kann trollverpflichtung in der Vergangenheit nur ungenügend hier und heute feststellen: Dieses Versprechen hat die nachgekommen ist. Es ist also nötig, die End- und Zwi- Bundesregierung, dieses Versprechen haben Sie konkret schenlagerungspolitik so auszugestalten, dass Risikomi- als Umweltministerin gebrochen. nimierung und Effektivität der Maßnahmen in einem ord- nungspolitisch annehmbaren Verhältnis stehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN) Denn es geht weiter mit Pillepalle. Die immer wieder anstehenden Probleme und Verzö- Die Wissenschaft hat Ihr Päckchen hart kritisiert. Sie gerungen bei der geplanten Inbetriebnahme des Schachts haben ein Klimaschutzgesetz vorgelegt, das keine Zähne 16206 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Sven-Christian Kindler

(A) hat. Sie haben einen CO2-Preis vereinbart, der kaum Wir- Frau Ministerin Schulze, Sie haben bei der ersten Le- (C) kung entfalten wird, zudem noch unsozial ist, und Sie als sung im Bundestag gesagt, dass fairer und glaubwürdiger Bundesregierung blockieren gerade den Ausbau der er- Klimaschutz heißt, dass Anstrengungen und Chancen ge- neuerbaren Energien. Das, was Sie aktuell in der Bundes- recht verteilt werden und einkommensschwache Haus- regierung planen, das ist kein Kohleausstieg, das ist ein halte entlastet werden müssen. Ja, richtig, nur haben Sie Windausstieg das beim CO2-Preis-Modell eben nicht gemacht. Ich fra- ge mich ernsthaft, wie Sie dem als Umweltministerin zu- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) stimmen konnten. Wo ist hier die sozialdemokratische mit verheerenden Folgen für Zehntausende Arbeitsplätze. Handschrift? Nicht nur die Umweltverbände, auch der BDI, der VDMA, der DGB und die deutsche Industrie haben hart Konkret zeigen zahlreiche Studien, dass Menschen mit kritisiert, was die Bundesregierung gerade plant. Das ist hohem Einkommen vom CO2-Preis-Modell überdurch- eine Bankrotterklärung der Bundesregierung bei der Kli- schnittlich profitieren werden, während Menschen mit mapolitik. geringem und mittlerem Einkommen schlechtergestellt werden. Sie haben die Chance verpasst, ein gerechtes, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein transparentes Rückverteilungskonzept vorzulegen, und bei der LINKEN – Dr. Anja Weisgerber ein Rückverteilungskonzept mit einem Energiegeld oder [CDU/CSU]: Das ist ein Ermöglichungsgesetz, einer Klimaprämie, so wie wir es vorgeschlagen haben. und in vielen Bundesländern gibt es die Mög- lichkeit der Beteiligung!) (Carsten Träger [SPD]: Sie fordern doch 160 Euro! 160 Euro wollen Sie auf die Tonne Frau Schulze, Sie haben die jungen Menschen in CO2! Das haben Sie auf dem Parteitag be- Deutschland bitter enttäuscht. Dabei haben Sie als Minis- schlossen! 160 Euro, Herr Kindler!) terin am 10. September noch gesagt, dass das Klima- schutzpaket den künftigen Generationen und den protest- Sie haben Gerechtigkeit und Klimaschutz gegeneinander ierenden Jugendlichen wirklich gerecht werden müsse; ausgespielt. Das ist eine schwere Bürde für den Klima- ein weiteres Mal dürfe Deutschland als Hochindustrie- schutz. land die Klimaziele nicht reißen. Das ist alles richtig, nur leider haben Sie das nicht eingelöst. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dieses Paket wird dazu führen, dass Deutschland seine Noch einmal zum Haushalt. Was Sie hier vorgelegt Klimaziele 2030 eben nicht einhalten wird. Zu dem, was haben, ist de facto Pillepalle. Man müsste zum Beispiel Sie vorgelegt haben, sagen alle Expertinnen und Experten konkret an die klimaschädlichen Subventionen ran. Ihr (B) aus der Wissenschaft und alle, die sich damit auskennen: eigenes Umweltbundesamt, Frau Ministerin, schreibt es (D) Ihnen jedes Jahr auf: 57 Milliarden Euro Subventionen (Karsten Hilse [AfD]: Alle! Alle! 100 Prozent!) sind klimaschädlich; da wird aktiv mit Steuergeld die Damit werden Sie das Pariser Klimaziel nicht erreichen; Klimakrise befeuert. Ein Beispiel ist das Dieselprivileg. das 1,5-Grad-Ziel ist damit nicht erreichbar. Was Sie hier Ich frage mich schon, warum die Umweltministerin sich vorgelegt haben, ist ein offener Bruch mit dem Pariser nicht dafür einsetzt, das Dieselprivileg zu streichen. Jedes Klimaschutzabkommen. Jahr kostet das die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler 8,5 Milliarden Euro, und das, obwohl wir wissen, dass (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der Diesel die Luft in unseren Städten verschlechtert und Deswegen ist es gut und richtig, dass diesen Freitag wie- für zahlreiche Erkrankungen verantwortlich ist. der Hundertausende Menschen auf die Straße gehen wer- (Lachen des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD]) den, zum Klimastreik. Von einer Umweltministerin erwarte ich, Frau Ministerin, (Stephan Brandner [AfD]: Was genau ist denn dass sie dazu nicht schweigt, sondern sich konkret mit ein „Klimastreik“?) dem Verkehrs- und dem Finanzminister anlegt. Es ist richtig, dass die Jugendlichen weiter protestieren, weil sie ein Klimaschutzpaket wollen, das gerecht ist, ein (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Klimaschutzpaket, mit dem die Klimaziele wirklich er- Noch absurder ist, dass Sie Anfang November ein Ver- reicht werden können. Sie verdienen eine Regierung, die bot von Plastiktüten im Kabinett beschlossen haben – das endlich beim Klimaschutz handelt und kein Pillepalle begrüßen wir, und ich begrüße auch, dass sich die Kol- mehr macht. legen Gädechens und Schwarz gegen die Plastikvermül- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lung einsetzen –, Sie aber gleichzeitig jedes Jahr die Plastikindustrie, also Plastikverpackungen und Plastik- Wir brauchen eine Regierung, die Klimaschutz und so- produkte, mit 780 Millionen Euro Steuergeld ziale Gerechtigkeit verbindet. subventionieren. 780 Millionen Euro! Frau Schulze, Sie (Stephan Brandner [AfD]: Das ist eine revolu- feiern sich hier für ein Plastiktütenverbot, und gleichzei- tionäre Forderung!) tig schmeißen Sie der Plastikindustrie Millionen an Sub- ventionen in den Rachen. Das kann wirklich nicht wahr Der CO2-Preis führt aber nicht dazu. Ihr Konzept kann sein! Das ist scheinheilig. eigentlich gar nichts. Ökonomisch wie ökologisch ist es nicht wirksam und zudem auch noch unsozial. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16207

Sven-Christian Kindler (A) Es ginge natürlich anders – das haben wir als Grüne in Steuermilliarden zum Plattmachen der Indust- (C) den Haushaltsberatungen konkret gezeigt –: Man kann rie!]) jetzt klimaschädliche Subventionen abbauen, konkret beim Diesel, konkret bei der Flugindustrie, konkret bei Es ist übrigens auch ein starker Impuls für Innovatio- Plastiktüten. Man kann jetzt die Niedrigzinsphase nutzen nen, für eine dauerhaft gute wirtschaftliche Entwicklung und neue Kredite aufnehmen, um in den nächsten vier in Deutschland. Von einer ehrgeizigen Klima- und Um- Jahren 100 Milliarden Euro in den Klimaschutz zu inves- weltpolitik profitieren nicht erst die kommenden Genera- tieren, für den Wald, für die Verkehrswende, für interna- tionen. Wir alle profitieren schon heute, tionalen Klimaschutz und für Klimaforschung. (Karsten Hilse [AfD]: Genau! Wir haben im- (Dr. Rainer Kraft [AfD]: Ich dachte, Sie wissen mer mehr Geld in der Tasche! Immer mehr!) schon alles!) wenn die Luft sauberer wird, wenn die Städte lebenswer- All das muss man jetzt machen. Man muss jetzt klotzen ter werden, wenn die Natur mit vielfältigen Landschaften und darf nicht kleckern; denn Zukunft gibt es nicht zum intakter wird. Klimaschutz sichert in Deutschland Wett- Nulltarif. Die Bundesregierung darf nicht weiter an der bewerbsfähigkeit. Er sichert Wertschöpfung. Er sichert schwarzen Null klammern. Arbeitsplätze in Deutschland. Die Ansiedlung von Tesla in Brandenburg ist ein ganz aktuelles Beispiel. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Karsten Hilse [AfD]: Ganz genau!) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Tesla ist dahin gegangen, wo die sauberen Energien sind. Ich erteile das Wort der Bundesministerin Svenja (Dr. Rainer Kraft [AfD]: Wo 300 Millionen Schulze. – Frau Ministerin. fließen!) (Beifall bei der SPD) Dem werden weitere folgen. Saubere Energie, zukunfts- sichere Infrastruktur, nachhaltige Mobilität – das sind Svenja Schulze, Bundesministerin für Umwelt, Na- Dinge, die inzwischen international zu Wettbewerbsvor- turschutz und nukleare Sicherheit: teilen werden. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe Anfang des Jahres gesagt: 2019 muss das Jahr des (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Handelns im Klimaschutz werden. – Auch wenn das Jahr Viele Akteure auf dem Weltmarkt haben das verstan- noch ein paar Wochen andauert, glaube ich, kann man den. Viele Bürgerinnen und Bürger haben das auch ver- (B) jetzt sagen: 2019 ist das Jahr des Handelns im Klima- standen. Immer mehr von ihnen engagieren sich für den (D) schutz. Klimaschutz, für eine saubere und gesunde Umwelt, für (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der den Erhalt der Artenvielfalt, für den Ressourcenschutz. CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/ Wir sehen das bei den Jugendlichen von Fridays for Fu- DIE GRÜNEN]: Aber nicht wegen der Bundes- ture genauso wie bei ganz vielen Unternehmen, die ihre regierung!) Produkte, die ihre Wertschöpfungsketten auf Nachhaltig- keit ausrichten. Wir sehen das bei Kommunen, die nach- Wir haben jetzt ein Klimaschutzgesetz, wir haben ein haltig investieren, genauso wie bei denjenigen in der Fi- Emissionshandelsgesetz, wir haben umfangreiche Ände- nanzwirtschaft, die sich inzwischen für nachhaltige rungen im Steuerrecht, und wir haben nicht zuletzt diesen Geschäftsmodelle einsetzen. Wir sehen das auch bei al- Haushalt. Das sind alles Schritte, die Deutschland jetzt im len, die unsere deutsche Exportwirtschaft als Chance zur Bereich Klima auf Kurs bringen. Es geht natürlich darum, Verbreitung grüner Technologien begreifen und diese das 2030-Ziel zu erreichen. Wir wollen 2050 klimaneutral nutzen. Das Umweltministerium unterstützt dieses viel- sein. Dazu hat der Bundestag bereits ganz wichtige Be- fältige Engagement mit der Nationalen, mit der Europä- schlüsse gefasst. Jetzt ist der Bundesrat am Zug. ischen, mit der Internationalen Klimaschutzinitiative und mit der „Exportinitiative Umwelttechnologien“. Die Grundlinien des Klimapakets sind vollkommen klar: Klimafreundliches Verhalten wird einfacher und Meine Damen und Herren, all das habe ich, haben wir billiger, klimaschädliches Verhalten wird jetzt Schritt im Gepäck, wenn wir jetzt zur Weltklimakonferenz nach für Schritt teurer und weniger attraktiv. Dafür nimmt Madrid fahren, die in der kommenden Woche beginnt. Ich die Bundesregierung richtig viel Geld in die Hand: kann dort berichten, dass Deutschland die Weichen für 54 Milliarden Euro in vier Jahren – 54 Milliarden Euro! –, mehr Klimaschutz stellt. Das ist deshalb so wichtig, weil ich in Madrid bei den großen Verursachern von Treib- (Stephan Brandner [AfD]: Steuergeld! Steuer- hausgasen – bei China, bei Indien, bei Russland und nach zahlergeld! – Karsten Hilse [AfD]: Vom deut- wie vor auch bei den USA – dafür werben will, dass sie schen Arbeitnehmer!) sich zu mehr Klimaschutz verpflichten. allein 1 Milliarde davon für die Dekarbonisierung der Industrie. Bei allem Respekt, das ist kein Pillepalle. Das (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Anja ist ein wirklicher Beitrag. Weisgerber [CDU/CSU] – Karsten Hilse [AfD]: Ja, das machen die! – Weiterer Zuruf (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten von der AfD: Die machen das nach, was wir der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: machen!) 16208 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Bundesministerin Svenja Schulze (A) Alle UN-Staaten sind aufgefordert, im nächsten Jahr sind hier „Umgang mit Gülle und mit Pflanzenschutzmit- (C) verbesserte Klimaschutzbeiträge vorzulegen. Mehr Am- teln“ sowie „Einsatz von EU-Fördergeldern“. bition – das ist das wichtigste Ziel für die Weltklimakon- ferenz im nächsten Jahr. Die Konferenz jetzt in Madrid ist (Zuruf von der FDP: Das hat ja super geklappt!) ein ganz wichtiger Schritt dahin. Ich will die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Natürlich spielt die EU, spielt die Europäische Union Jahr 2020 nutzen, um eine neue Dynamik im europä- da eine Schlüsselrolle. Ich habe mich deshalb sehr ge- ischen Klima- und Umweltschutz auszulösen und die freut, dass die designierte EU-Kommissionspräsidentin nachhaltige Digitalisierung voranzubringen. Das ist ein das europäische Klimaziel für 2030 erhöhen will. ganz wichtiges Thema, das auf der Tagesordnung steht. Deutschland muss sie bei diesem wichtigen Vorhaben Nicht zuletzt will ich, dass wir gemeinsam die Umset- unterstützen. Dafür setze ich mich innerhalb der Bundes- zung des Klimapaketes auch wirklich erfolgreich ab- regierung ein. Das ist einfach auch ein Weg schierer Ver- schließen: mit einem Kohleausstiegsgesetz und mit Re- nunft. Wer 2050 treibhausgasneutral sein will – das wol- gelungen für die erneuerbaren Energien. Hier ringen wir len wir –, der kann nicht bei einer Minderung um nur noch um Lösungen; ja, das stimmt. Wir wollen das 65- 40 Prozent in 2030 verharren. Dann müssten wir in den Prozent-Ziel auf jeden Fall erreichen. Wir werden den folgenden beiden Dekaden je 30 Prozent reduzieren. Das Kompromiss der Kohlekommission umsetzen. wird wahrscheinlich sehr schwierig werden. Daher bin ich sehr dafür, dass wir das Ganze stetiger angehen und (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Anja schon 2030 ein höheres Minderungsziel vorsehen. Weisgerber [CDU/CSU]) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Karsten Hilse [AfD]: Noch Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: mehr Ausplünderung, ganz genau!) Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der FDP-Fraktion? Meine Damen und Herren, wir haben aber nicht nur beim Klimaschutz viel erreicht. Auch auf den anderen Gebieten des Umwelt- und Naturschutzes haben wir in Svenja Schulze, Bundesministerin für Umwelt, Na- 2019 das Jahr des Handelns, zum Beispiel im Naturschutz turschutz und nukleare Sicherheit: mit dem Aktionsprogramm Insektenschutz, mit dem Aus- Nein, ich würde das gerne im Zusammenhang vortra- stiegsplan für Glyphosat und andere Agrargifte, mit dem gen. Danach! Masterplan Stadtnatur, mit dem Wildnisfonds, der im (Karsten Hilse [AfD]: Sie haben neun Minuten (B) nächsten Jahr aufgestockt werden soll. Das alles sind (D) wichtige Signale. Im Kampf gegen überflüssigen Verpa- Redezeit! – Stephan Brandner [AfD]: Neun Mi- ckungsmüll handeln wir mit dem Verbot der Plastiktüte, nuten Phrase an Phrase!) dem europaweiten Verbot von Einwegplastik, mit dem Herzstück des Klimapakets ist das Klimaschutzgesetz. neuen Verpackungsgesetz und dem Förderprogramm für Das ist genau darauf ausgelegt, jedes Jahr zu überprüfen Technologien gegen die Vermüllung der Meere. Auch und nachzusteuern. Das ist die Qualität, die wir jetzt ha- dafür soll es in den kommenden Jahren mehr Geld geben. ben. Klimaschutz ist jetzt Gesetz, und es wird jedes Jahr (Beifall bei der SPD – Stephan Brandner überprüft werden, ob wir die Ziele denn auch wirklich [AfD]: Ist das alles kleinkariert! Mein Gott!) einhalten. Auf diesen Erfolgen werde ich mich aber nicht aus- (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Karsten ruhen und werden wir uns nicht ausruhen. Es gibt in der Hilse [AfD]: Ganz genau, jedes Jahr die Steuer- nächsten Zeit noch eine Menge zu tun. Ich werbe weiter schraube anziehen! Jedes Jahr mehr Ausplün- für meinen 5-Punkte-Plan gegen die Wegwerfgesell- derung!) schaft. Ich will diesen Plan umsetzen. Dafür will ich Das ist eine wirklich neue Weichenstellung, die wir hier das Kreislaufwirtschaftsgesetz reformieren, um die Her- vornehmen. steller von Coffee-to-go-Bechern, Zigarettenkippen und anderen Einwegartikeln an den Reinigungs- und Entsor- Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem gungskosten zu beteiligen. Haushalt legen wir eine wirklich gute Grundlage dafür, dass künftig jedes Jahr zum Jahr des Handelns im Klima- (Stephan Brandner [AfD]: Alle einsperren!) schutz wird. Ich danke noch mal den Mitgliedern des Ich will mit dem Handel vereinbaren, die Plastikflut in Haushaltsausschusses, den Obleuten und natürlich insbe- den Supermärkten einzudämmen, und eine gesetzliche sondere den Berichterstatterinnen und Berichterstattern Obhutspflicht einführen, um die systematische Vernich- für den Haushalt für die gute Zusammenarbeit. Das waren tung von Neuwaren aus dem Onlinehandel und aus dem sehr viele Stunden, aber ich finde, es hat sich wirklich stationären Handel zu unterbinden. gelohnt. Wir haben etwas Gutes vorangebracht. (Beifall bei der SPD) Ich bitte um die Zustimmung zu diesem Einzelplan und sage noch mal ganz herzlich Danke schön. Ich will Umweltschutz und Landwirtschaft mit Regeln zusammenbringen, die gut für die Natur und gleichzeitig (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten gut für die Landwirtinnen und Landwirte sind. Stichworte der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16209

(A) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: (Beifall bei der AfD) (C) Vielen Dank, Frau Ministerin. – Der nächste Redner ist Jeder vierte Steuer-Euro, über den wir hier heute reden, für die AfD-Fraktion der Kollege Dr. Rainer Kraft. wird von den Frauen und Männern der Automobilbranche (Beifall bei der AfD – Stephan Brandner [AfD]: erwirtschaftet. Wir reden hier also von echtem Mehrwert Endlich! – Karsten Hilse [AfD]: Endlich mal statt von nutzloser sozialistischer Geldverbrennung. was mit Substanz! – Gegenruf des Abg. Ingo (Beifall bei der AfD) Gädechens [CDU/CSU]: Das wäre das erste Mal aus den Reihen!) Aber genau diesem Zugpferd der deutschen Industrie hat das BMU den Kampf angesagt. Dr. Rainer Kraft (AfD): Frau Ministerin, haben Sie denn eigentlich im Kabinett Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Ab- Ihre Kollegen von Verteidigung, Arbeit und Soziales etc. geordnete! Verehrte Gäste! Dem Bundesministerium für schon darüber aufgeklärt, dass sie ihr Budget in Zukunft Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit – kurz um 25 Prozent kürzen müssen, wenn jeder vierte Euro des BMU – untersteht auch das Umweltbundesamt. Dieses Haushaltes weg ist, wenn Sie und Ihr Haus mit aufge- hat 1 600 Beschäftigte. Gleichwohl ist das BMU nicht blasenen Stickoxidkampagnen und größenwahnsinnigen in der Lage, seine Pflichten mit seinen Mitarbeitern und Weltrettungsfantasien die Axt an diese extrem erfolgrei- denen seiner Ämter ausreichend zu erfüllen, und es hat che Industrie Deutschlands gelegt haben? daher Bedarf an externen Beratungsdienstleistungen. (Beifall bei der AfD – Zuruf von der LINKEN) (Zuruf von der AfD: Ein Skandal ist das!) Wohl eher nicht. Warum diese Dienstleistungen außer Haus vergeben werden, kann das BMU allerdings nicht begründen. Auch Aber wofür das alles? Dafür, dass Ihre Maßnahmen existieren keine Aufzeichnungen, die den Umfang der komplett nutzlos sind. Um wie viel wird denn nun die erbrachten Dienstleistungen festhalten. „Solche seien ent- prognostizierte Temperaturerhöhung für diese Hunderte behrlich“, wird das BMU zitiert. Anscheinend genießt von Milliarden von Euro reduziert werden? Sagen Sie es also das hauseigene Umweltbundesamt entweder kein uns! Sie wissen es nicht, okay. Hunderttausende produk- Vertrauen des BMU, diese Aufgaben lösen zu können, tive, mehrwertschaffende Arbeitsplätze werden in oder aber das BMU zweifelt an der Kompetenz des Um- Deutschland, ohne mit der Wimper zu zucken, einem weltbundesamtes, diese sachlich in seinen Bereich fallen- Endzeitkult geopfert für eine Politik, die nicht in der Lage den Ausarbeitungen anzufertigen oder Aufzeichnungen oder nicht willens ist, das Ergebnis zu quantifizieren. darüber zu führen, wie viel Arbeit von welchem Externen (B) Wo sind die Ergebnisse? (D) wann und in welchem Umfang zugearbeitet worden ist. Die AfD beantragt daher eine Stellenstreichung im offen- (Beifall bei der AfD – Marianne Schieder bar überforderten oder aber kein Vertrauen des BMU ge- [SPD]: Wo ist der Sinn Ihrer Rede?) nießenden Umweltbundesamt. Wo ist die Gegenleistung für Hunderte Milliarden Euro, (Beifall bei der AfD) die den Bürgern des Landes für die längst gescheiterte Bleiben wir beim Personal. In der letzten Sitzungswo- Energiewende abgepresst werden? Seit zwei Jahren ist che wurde über den drohenden Verlust von circa 3 000 Ar- die Ministerin diese Antwort schuldig. Aber es ist nicht beitsplätzen in der deutschen Windbranche diskutiert. so, dass sie es nicht sagt. Sie weiß es einfach selbst nicht. Nach eigenen Angaben waren in 2016 circa 160 000 Men- Wenn aber die Autobauer das Rückgrat der Republik schen dort beschäftigt. Seit Beginn der Energiewende sind, dann sind die Landwirte die Basis des Landes. Diese wurden 100 Milliarden Euro für Strom aus Wind ausge- Basis zeigt Ihnen gerade da draußen, was sie von Ihrer geben – aus der EEG-Umlage. Das bedeutet, dass jeder Politik hält, nämlich gar nichts. dieser Arbeitsplätze in der Windbranche mit sage und schreibe 627 000 Euro an Zwangsentgelten der Bürger (Beifall bei der AfD) Deutschlands bezuschusst worden ist. Beenden Sie also Ihre gesellschaftsfeindliche Politik! (Stephan Brandner [AfD]: Unglaublich!) Beenden Sie Ihre Experimente am sozialen Herzen der Republik! Es kann sonst nämlich passieren, dass nach den Das Ergebnis: Diese Branche ist nicht lebens- und nicht Landwirten eines Tages die Autobauer hier vor den Toren marktfähig. Auch nach 20 Jahren ist keine Trendwende stehen. erkennbar. Die Windenergie ist ein totes Pferd. Steigen Sie endlich ab! (Zuruf von der AfD: Schon bald!) (Beifall bei der AfD) Dann werden es zehnmal so viele sein. Apropos Ab- und Aussteigen: Das wollen Sie ja auch Vielen Dank. mit der Technologie des Verbrennungsmotors. Da reden (Beifall bei der AfD) wir aber nicht über 160 000 Arbeitsplätze; da reden wir über 1,8 Millionen Arbeitsplätze. Diese Branche kostet den Steuerzahler nicht 100 Milliarden Euro; diese Bran- Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: che erwirtschaftet und setzt 426 Milliarden Euro um – pro Die nächste Rednerin: für die CDU/CSU-Fraktion die Jahr, jedes Jahr. Kollegin Marie-Luise Dött. 16210 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich (A) (Beifall bei der CDU/CSU) tragsparteien auf der anstehenden UN-Klimakonferenz in (C) Madrid die letzten Details zur Umsetzung des Pariser Marie-Luise Dött (CDU/CSU): Klimaübereinkommens beschließen. Dabei geht es vor Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- allen Dingen um Marktmechanismen. In einem Drittland ren! Wir haben drei zentrale umweltpolitische Herausfor- angestoßene und finanziell unterstützte CO2-Reduktio- derungen: die Umsetzung einer konsequenten Klimapo- nen sollten seriös auf die eigene Klimabilanz verbucht litik, die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft und werden können, ohne dass es dabei zu Doppelanrechnun- den Schutz der Biodiversität. Der Umwelthaushalt 2020 gen kommt. Auch die EU sollte die internationalen spiegelt genau diese Prioritäten wider. Kooperationsmechanismen in Anspruch nehmen, zumin- dest wenn es zu einer Zielerhöhung auf EU-Ebene Meine Damen und Herren, wir alle hier im Hohen Haus kommt. sowie die Bundesregierung haben den Auftrag und die Verantwortung, der globalen Herausforderung des Klima- Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wünscht allen Ver- wandels zu begegnen. Deshalb war es richtig und wichtig, antwortlichen für die Verhandlungen in Madrid schon dass sich die Bundesrepublik aktiv in die Erarbeitung des jetzt viel Erfolg und gutes Gelingen. Pariser Klimaübereinkommens von 2015 eingebracht hat. Für die Unionsfraktion kann ich sagen: Wir stehen zu den (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- internationalen Verpflichtungen, die wir eingegangen ordneten der FDP) sind, und wir sind vertragstreu. Die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft ist Die Bundesregierung und die sie tragenden Bundes- dringend geboten. Wir haben in der vergangenen Woche tagsfraktionen haben in der Klimafrage Verantwortung beispielsweise zur Kenntnis nehmen müssen, dass die übernommen. Wir haben ein Klimapaket geschnürt, das Menge der Verpackungsabfälle im Jahr 2017 erneut ge- es in seiner Größe bisher noch nicht gegeben hat. Bis stiegen ist. Es geht darum, den Rechtsrahmen weiter- 2023 werden Maßnahmen in Höhe von 54,4 Milliarden zuentwickeln und damit das Aufkommen an Verpa- Euro vorgenommen. Der Energie- und Klimafonds ckungsabfall zu reduzieren und die Nutzung von wächst von derzeit rund 6 Milliarden Euro auf rund Rezyclaten zu verbessern. Dieser Rechtsrahmen muss si- 11,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 an. cherstellen, dass wir die ökologisch beste und vor allem nachhaltigste Lösung umsetzen. Was immer gerne vergessen wird: Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe und berührt die Verantwortung ver- Es war uns in den Haushaltsberatungen deshalb ein schiedener Bundesressorts. Die Ausgaben für den Klima- wichtiges Anliegen, dass wir die Einweg-/Mehrwegdis- schutz sind deshalb in verschiedenen Einzelplänen veran- kussion bei Getränkeverpackungen endlich auf eine wis- (B) schlagt. Wir gehen beim Klimaschutz konsequent, aber senschaftliche Grundlage stellen können. Dafür stehen im (D) vor allem sozial gerecht vor. Das sollte endlich auch die Haushalt 2020 dem Umweltbundesamt jetzt Mittel in Hö- Opposition zur Kenntnis nehmen. he von 400 000 Euro für die Erarbeitung einer Ökobilanz Getränkeverpackungen zur Verfügung. Ich erwarte, dass Die Union steht für eine nachhaltige Klimapolitik. Eine die Arbeiten vom Umweltbundesamt jetzt zügig gestartet Klimapolitik, die wirtschaftlich vernünftig ist, die Ar- werden. beitsplätze im Land hält, die auf Innovationen setzt. Eine Klimapolitik, die die Bedürfnisse in der Stadt und vor Meine Damen und Herren, wir wollen auch die inter- allem auf dem Land gleichermaßen im Blick behält. nationale Zusammenarbeit bei der Kreislaufwirtschaft Wir haben die Aufgabe, all die verschiedenen Facetten stärken. Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass die Mittel von Nachhaltigkeit und vor allem die Wechselwirkungen für den Export von Technologien gegen die Vermüllung zwischen den verschiedenen Zielen zu beachten. Die der Meere im Vergleich zum Regierungsansatz ab dem Union setzt das konsequent um, wie man am Beispiel Jahr 2021 um weitere 5 Millionen Euro jährlich erhöht des in der letzten Sitzungswoche verabschiedeten Brenn- werden. Das ist gut angelegtes Geld für den globalen stoffemissionshandelsgesetzes sehen kann. Umwelt- und Ressourcenschutz und auch für den Export von Technologie made in . Die Tonne CO2, die von fossilen Brennstoffen emittiert wird, kostet im Jahr 2021 10 Euro. Das ist in den Augen Meine Damen und Herren, wir haben beim Schutz der der Kritiker viel zu wenig. Aber wir haben dies im Sinne Biodiversität eine ganze Reihe von Herausforderungen. der Nachhaltigkeit ganz bewusst so entschieden. Wir sor- Ein Handlungsfeld ist die Umsetzung des Aktionspro- gen nämlich dafür, dass Klimaschutz nicht zur neuen so- gramms Insektenschutz. Es handelt sich um das bisher zialen Frage wird. Die Politik hat daher zuerst die Auf- umfangreichste Maßnahmenpaket der Bundesregierung gabe, Alternativen anzubieten, sprich: den Umstieg auf zum Schutz von Insekten und ihrer Artenvielfalt. Um eine umweltfreundlichere Heizungsanlage oder auf ein die Umsetzung des Aktionsprogramms zu ermöglichen, emissionsärmeres Fahrzeug anzureizen. Erst dann wird werden wir hierfür 2020 zusätzlich 2 Millionen Euro be- der CO2-Preis steigen. reitstellen. Damit stehen im Jahr 2020 fast 45 Millionen Euro allein im Einzelplan 16 zur Verfügung. Maßnahmen gegen den Klimawandel sind eine inter- nationale Herausforderung. Internationale Verpflichtun- Hier, meine Damen und Herren, ist mir noch eine An- gen müssen immer in einzelne nationale Beiträge herun- merkung wichtig, besonders am heutigen Tag. Das Ak- tergebrochen werden. Das ist klar. Klar ist aber auch, dass tionsprogramm wird eine ganze Reihe von Änderungen wir den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur der aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen zur Folge nicht alleine stoppen können. Deshalb müssen die Ver- haben, die gerade die Unterstützung unserer Landwirte Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16211

Marie-Luise Dött (A) erforderlich machen. Wir brauchen Lösungen, die den mit dem Zug, mit dem Auto oder mit dem Fahrrad, nein, (C) Insekten helfen und gleichzeitig unseren Landwirten ein er ist extra mit seinem Trecker hierhergekommen – einträgliches Wirtschaften ermöglichen. 20 Stunden Fahrt, 1 000 Kilometer –, um gegen Ihre Umweltpolitik, Frau Schulze, gegen Ihre Landwirt- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- schaftspolitik zu protestieren. ordneten der SPD) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Unsere Landwirte sind nicht unsere Gegner; sie sind un- der AfD) sere Partner – auch beim Insektenschutz. Dabei ist er erst vor Kurzem in den Familienbetrieb Meine Damen und Herren, mit dem Bundesprogramm eingestiegen. Dieser Betrieb betreibt eine Schweinezucht. „Blaues Band Deutschland“ entwickeln wir durch Ge- Er hat Agrarwirtschaft studiert. Er hat viele tolle Ideen, wässerumbau und Auenrenaturierung einen Biotopver- wie er weiter nachhaltig produzieren kann, was er für das bund, der wichtige Beiträge leisten kann, unsere Ziele Tierwohl machen möchte und wie er seinen Betrieb wei- zum Erhalt der Biodiversität zu erreichen. Das Bundes- terentwickeln möchte. Diesen Ideen, die mein ehemaliger programm ist ein Beispiel dafür, wie Umweltschutz, Re- Mitarbeiter, der Landwirt ist und die er mit vielen seiner gionalentwicklung und wirtschaftliche Chancen gemein- landwirtschaftlichen Kollegen teilt, entziehen Sie die sam umgesetzt werden können. Wir haben im ökonomische Grundlage für ein eigenständiges Erwerbs- parlamentarischen Verfahren für eine Aufstockung der leben. Verpflichtungsermächtigungen für eine Erhöhung und Verstetigung der Mittelausstattung gesorgt. Insgesamt (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten stehen für die Umsetzung der Maßnahmen in den nächs- der AfD) ten vier Jahren 19,2 Millionen Euro zur Verfügung. Die Dabei wissen wir doch alle hier im Haus: Umwelt- Aufstockung der Mittel ist übrigens auch ein Zeichen der schutz ist nur mit den Verbrauchern und mit der Land- Anerkennung der Arbeit aller Beteiligten, auch vieler Eh- wirtschaft zu schaffen. renamtlichen, an den einzelnen Vorhaben. Meine Damen und Herren, wir werden im Einzel- (Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Aber nicht mit plan 16 Mittel in Höhe von jährlich 400 000 Euro für einem Freihandelsabkommen!) den Zukunftsfonds Morsleben bereitstellen. Damit erfolgt Nur wenn wir alle Ideen unter einen Hut bringen, dann eine mit den Standorten Schachtanlage Asse II und End- schaffen wir es, dass unsere Landwirtschaft, die schon lager Schacht Konrad vergleichbare Unterstützung der heute sehr nachhaltig agiert, auf diesem Weg unterstützt Region Morsleben. Regionen, die gesamtstaatliche Ver- wird und in eine noch ökologischere Zukunft gebracht (B) antwortung für die Endlagerung radioaktiver Abfälle wird. Dazu brauchen wir die Landwirte. Sehen Sie die (D) übernehmen, verdienen unsere Unterstützung. Proteste als eine Handreichung! Strecken Sie auch Ihre Hand aus, und machen Sie eine bessere Politik für Um- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- welt und für Landwirtschaft! ordneten der SPD) (Beifall bei der FDP) Meine Damen und Herren, der Umwelthaushalt 2020 ist eine hervorragende Basis für die Fortsetzung unserer Aber während die Landwirte jeden Euro zweimal um- Arbeiten in der Umwelt- und Klimapolitik. Ich freue mich drehen müssen, ist es so, dass das Umweltministerium sehr, dass wir im parlamentarischen Verfahren wichtige mit seinen Geldern deutlich anders umgeht. An dieser Impulse für den Umwelthaushalt setzen konnten. Ich be- Stelle möchte ich noch mal auf den Bericht des Bundes- danke mich bei allen Beteiligten, die in den vergangenen rechnungshofs hinweisen, bei dem es um 600 Millionen Wochen hart gearbeitet haben, insbesondere bei unseren Euro geht. Da hat mich doch die Reaktion des Umwelt- Haushältern. ministeriums ein Stück weit erstaunt. Die Gutachter stel- len fest, dass Gutachtenvergaben ohne Ausschreibungen Vielen Dank. erfolgen, dass Ausgaben falsch deklariert wurden und (Beifall bei der CDU/CSU) dass das Parlament vorsätzlich getäuscht wird. Die Reaktion des Umweltministeriums, das sagt: „Nun Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: ja, kann ja mal passieren“, ist eine schallende Ohrfeige für Vielen Dank, Frau Kollegin Dött. – Die nächste Red- alle Kommunen in Deutschland, die mit dem Vergabe- nerin: für die FDP-Fraktion die Kollegin Judith Skudelny. recht jeden Tag zu kämpfen haben. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD) Judith Skudelny (FDP): Es ist eine schallende Ohrfeige für die Bürger in Deutsch- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute land, die strafbewehrt für ihre Steuererklärung haften, kommt mich hier in Berlin ein ehemaliger Mitarbeiter und es ist eine schallende Ohrfeige für die Firmen, die besuchen. Ich habe mich zunächst einmal gefreut. Dann sich an Compliance-Regeln halten müssen. Die Regeln, habe ich gefragt: Mensch, schön, wann sehen wir uns? Da die wir den Menschen da draußen geben, und die dahin- hat er gesagt: Eigentlich komme ich ja nicht Sie besu- terstehenden Werte müssen wir auch bei uns anwenden. chen. – Frau Schulze, eigentlich kommt mein Mitarbeiter Deswegen ist es Ihre Aufgabe, das, was vom Bundesrech- Sie besuchen. Er kommt auch nicht mit dem Flugzeug, nungshof auf den Tisch gelegt wurde, rückhaltlos aufzu- 16212 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Judith Skudelny (A) klären – mit allen Konsequenzen, die damit verbunden tüten durch Papiertüten ersetzt werden, am Ende negativ (C) sein können. auf die Umwelt auswirken wird. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Die deutsche Nationalmannschaft hat im Spiel gegen der AfD) Nordirland gezeigt, dass wir Fußball können. Zeigen Sie bitte, dass wir auch Umweltschutz können, und zwar Als am 18. Juni dieses Jahres der EuGH die Maut der nachhaltig. Das ist ökologisch, aber auch ökonomisch Großen Koalition kassiert hat und als EU-rechtswidrig und sozial. Wenn Sie Ideen brauchen, lesen Sie unsere deklariert hat, waren die Einzigen, die wirklich erstaunt Anträge. waren, die Mitglieder der Großen Koalition. Alle anderen hatten schon so einen Verdacht, dass das Ganze eventuell (Beifall bei der FDP) EU-rechtswidrig sein könnte. Der Verdacht gründete sich darauf, dass es schon ein Gutachten des Wissenschaftli- chen Dienstes und Aussagen zahlreicher Rechtsgelehrter Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: in Deutschland gab. Also, überraschend war das Aus für Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege die Maut nicht. Marc Bernhard.

Was mich persönlich überrascht hat, ist, dass die Große Marc Bernhard (AfD): Koalition daraus so gar nichts gelernt hat. Wenn wir uns Frau Kollegin Skudelny, jetzt haben Sie gerade zu anschauen, wie Ihre CO2-Steuer – ich nenne sie CO2- Recht angesprochen, dass im Bundesumweltministerium Steuer; denn genau das ist es – umgesetzt wird, dann in höchstem Maße Steuergeld – 600 Millionen Euro – für wissen wir schon heute, weil der Wissenschaftliche Berater verschwendet wurde, ohne dass das Ministerium Dienst ein Gutachten vorgelegt hat: Eine CO2-Steuer ist darüber wirklich Rechenschaft ablegen möchte. Die AfD- nicht verfassungskonform. Wenn Sie also wissen, dass Bundestagsfraktion hat ja einen Antrag auf Einsetzung ein Gesetz später kassiert wird, warum beschließen Sie eines Untersuchungsausschusses gestellt, um diese Bera- es dann erst mal hier im Bundestag? teraffäre lückenlos aufzuklären. Dafür haben auch Sie (Beifall bei der FDP – Dr. Anja Weisgerber gerade eben plädiert. Werden Sie unseren Antrag auf Ein- [CDU/CSU]: Der Preis ergibt sich am Markt, setzung eines Untersuchungsausschusses unterstützen und genau das hat die FDP gefordert!) oder nicht?

Dabei macht Ihre CO2-Steuer alles nur teurer und den Klimaschutz nicht besser. Wenn wir das Klima schützen Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: wollen, dann müssen wir die CO2-Emissionen deckeln. Frau Kollegin, bitte. (B) Dazu gibt es einen verfassungskonformen Vorschlag der (D) FDP-Fraktion. Wenn also Ihr Konzept vom Gericht kas- Judith Skudelny (FDP): siert wurde, raten wir Ihnen, unser Konzept einfach um- Ich weiß nicht, ob Sie bei der Debatte, bei der wir ge- zusetzen. Das geht dann schnell, bürokratiearm und vor nau das besprochen haben, da waren. Tatsächlich ist Ihr allem effizient. Wir sind in diesem Punkt eine Serviceop- Antrag handwerklich so schlecht gemacht, dass wir ihn position. nicht unterstützen können. (Beifall bei der FDP) (Lachen bei der AfD – [AfD]: Wie peinlich ist diese Antwort! Ehrlich!) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: der AfD-Fraktion? Vielen Dank. – Jetzt kommt als nächster Redner der Kollege Ralph Lenkert für die Fraktion Die Linke. Judith Skudelny (FDP): Am Ende, bitte. – Frau Schulze, Ihre Halbzeitbilanz (Beifall bei der LINKEN) fällt ein bisschen so aus wie die Teilnahme der deutschen Nationalmannschaft an der letzten WM. Streit in der Koa- Ralph Lenkert (DIE LINKE): lition bringt keine guten Lösungen. Tausende Dieselfah- Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle- rer werden weiterhin kalt enteignet. gen! Jeder 120. Euro des Bundesetats wird für Umwelt, Klimaschutz oder die sichere Verwahrung des Atommülls (Carsten Träger [SPD]: So, wie die National- ausgegeben, jeder 7. Euro für Militär, Waffen und Kriegs- spieler alle enteignet wurden?) einsätze. Es wird Sie nicht überraschen, dass wir als Lin- Übrigens betrifft das nicht nur Euro-4- und Euro-5-Fahr- ke Aufrüstung und Krieg ablehnen. zeuge, sondern mittlerweile droht die DUH auch Fahrver- (Beifall bei der LINKEN) bote für Euro-6-Fahrzeuge an, die gerichtlich durchge- setzt werden sollen. Und bevor Sie fragen, was das mit dem Umweltetat zu tun hat: viel, sehr viel. (Carsten Träger [SPD]: Wo ist jetzt der Ver- gleich?) (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig, sehr viel! Genau!) Symptomatisch für Ihre Politik ist das Plastiktütenver- bot – ein großes Symbol –, das sich aber, weil die Plastik- Kriege töten, zerstören Städte und Natur. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16213

Ralph Lenkert (A) (Stephan Brandner [AfD]: Umwelt tötet auch! Städten, der stetig wachsende Verkehr auf unseren Stra- (C) Eigentlich tötet alles!) ßen und natürlich auch die Landwirtschaft. Waffen verschwenden sinnlos Rohstoffe. Rüstungsfor- (Stephan Brandner [AfD]: Alle Insekten ster- schung perfektioniert Zerstörung. ben irgendwann!) Ich finde es beschämend, wie viel Energie die Koali- Und da hat die Union versagt. Verkehrsvermeidung: Fehl- tion in die Erreichung des 2-Prozent-Rüstungsziels der anzeige! Lichtschutzgesetz: Verschlafen! Beim Flächen- NATO steckt im Gegensatz zur Erreichung der Klima- verbrauch: Ziele verfehlt! Nur die Landwirte sollen das ziele. Insektensterben aufhalten; Verdienstausfälle werden – im Gegensatz zu denen der Kohlelobby – nicht kompensiert. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Das ist ein Versagen insbesondere der Union. neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens Ich finde es zynisch, dass Sie Klimaschutz zur Hauptauf- [CDU/CSU]: Ach was!) gabe erklären und dann 2,9 Milliarden Euro für Umwelt- schutz, aber 50 Milliarden Euro für Militär einstellen. Mehr Tiere auf der Weide heißt auch mehr Insekten. Eine Weidetierprämie würde da echt helfen. Wer lehnt sie ab? (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wo haben wir Die Union. Und draußen erklärt die Union den Landwir- denn 50 Milliarden Euro?) ten, Insektenschutz sei nicht finanzierbar. Das finde ich Die Union hat eine Haltung, die ich nicht verstehen kann. verlogen. (Stephan Brandner [AfD]: Die Union hat keine (Beifall bei der LINKEN) Haltung!) Die Linke fordert 50 Millionen Euro für die Beseiti- gung der Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee sowie in Sie verschwenden Geld für Aufrüstung. Aber sobald es den Wäldern Ostdeutschlands. um Umweltschutz, Gesundheit oder Renten geht, ist kein Geld vorhanden; dann sparen Sie. Es fehlt nicht an Geld – (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Aha!) Sie setzen die falschen Prioritäten! Es ist egal, ob die Granaten, Patronen oder Bomben aus (Beifall bei der LINKEN) alliierten oder deutschen Waffen stammen. Diese Kriegs- reste müssen beseitigt werden, und zwar schleunigst, da- Aber selbst bei diesem niedrigen Umweltetat würde mit zukünftig weniger Wald durch Waldbrände verloren Die Linke andere Schwerpunkte setzen. geht. (B) (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Aha!) (Beifall bei der LINKEN) (D) Wir fordern Totalschutzzonen in Nord- und Ostsee, Der Kreis schließt sich: Waffen, Armeen und Kriege zerstören die Umwelt. Wer die Umwelt und das Klima (Stephan Brandner [AfD]: Mit Schutzzonen ernsthaft retten will, muss auch konsequent für Frieden kennen Sie sich aus! Ein paar Tretmienen hin- eintreten. legen, Selbstschussanlagen, Stacheldrahtzaun – Schutzzone! Vielen Dank. damit Dorsch, Makrele und Hering sich erholen können, (Beifall bei der LINKEN) und 50 Millionen Euro, damit auch die Fischer überleben. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort der Kollege Wir fordern 50 Millionen Euro für kommunalen Lärm- Gerhard Zickenheiner. schutz, damit Anwohnerinnen und Anwohner gut schlafen können. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

110 000 Hektar des deutschen Waldes wurden in den Gerhard Zickenheiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- letzten zwei Jahren Opfer von Stürmen, Dürren und Bor- NEN): kenkäfern. Die Forstbetriebe brauchen dringend 200 Mil- Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin- lionen Euro Soforthilfe zur Schadholzaufarbeitung und nen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Schulze! Über zehn zur Wiederaufforstung. Jahre hat es gedauert, erster Anlauf im Frühjahr kläglich (Beifall bei der LINKEN) gescheitert, aber: Wir haben ein Klimagesetz. Dieses Sammelsurium an unkoordinierten Einzelmaßnahmen Das Insektensterben bedroht Vögel, Fische, Säugetiere und die fast schon zynischen 10 Euro pro Tonne CO2 und letztlich uns Menschen. Draußen demonstrieren die verkaufen Sie uns nun als die Steinchen der Weisen. Landwirte. Sie demonstrieren für ihre Zukunft. Sie legen Das war für die 1,4 Millionen Menschen bei Fridays for Blühstreifen an. Landwirte wissen, dass sie Insekten Future am 20. September 2019 und alle anderen, die sich brauchen, und wollen sie schützen. Dafür fehlen ihnen halbwegs ernsthaft mit unserem Klima und unserer Um- aber schlicht die Mittel; denn sie müssen überleben. welt auseinandersetzen, ein Schlag ins Gesicht. Wir müssen uns erst einmal die Frage stellen, was alles Ursachen des Insektensterbens sind: die Zersiedlung der (Karsten Hilse [AfD]: Ganz genau! Ein Schlag Landschaft, die zunehmende Beleuchtung in unseren ins Gesicht der Grünen!) 16214 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Gerhard Zickenheiner (A) Es muss Sie doch erschrecken, dass die Fachwelt Ihr chen Mitteln, die Sie ihnen zur Verfügung stellen. Ihre (C) Klimapäckchen geschlossen ablehnt und aussagt, dass Leute vor Ort überholen Sie, ohne dass Sie es merken. damit das 1,5- oder 2-Grad-Ziel nicht zu erreichen ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Die kapitulieren vor dem staatlichen Nichthandeln und Karsten Hilse [AfD]: Wundert nicht! – Stefan sagen sich: „Wir müssen es selber versuchen“, und rufen Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sehr merkwür- auf einmal mit uns Grünen zusammen den Klimanotstand dig! Sonst hören Sie auch nicht auf die Wissen- aus. Ich rede von Ihrer Basis. Da, wo die Menschen le- schaft!) ben – in den Kommunen, in den Dörfern –, zeigt sich Mit so viel Ablehnung aus der Wissenschaft müssen sich nämlich am deutlichsten, dass das, was Sie hier tun, nir- ja sonst nur notorische Klimaleugner von rechts außen gends hinreicht und zudem Verlierer zurücklässt. herumschlagen. Wir müssten zwei- bis dreimal so viele Busse in die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dörfer schicken, um den Menschen dort berechtigte Karsten Hilse [AfD]: 100 Prozent sind der Mei- Hoffnung zu machen, dass es irgendwann auch einmal nung!) ohne Auto geht oder zumindest mit einem. Wir müssten vier- oder fünfmal so viele Bestandsgebäude jährlich 54 Milliarden Euro soll es geben; leider sind im Haus- dämmen, um überhaupt die Teilziele von Paris in dem halt nur rund 25 Milliarden zu finden. Der Rest ist seit Segment zu erreichen. Stattdessen fördert Herr Scheuer Jahren im Energie- und Klimafonds eingeplant gewesen. hauptsächlich Elektroautos, am stärksten die Modelle, die (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE definitiv nicht umweltfreundlich sind: die großen und GRÜNEN]: So ist es!) schweren Boliden, Wenn Sie gleichzeitig knausern wollen und Klima retten, (Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD]) dann gibt es einen sinnvollen Weg, und der heißt: Bauen frei nach dem Motto: Wir verbrennen jetzt Geld statt Sie endlich die 57 Milliarden Euro umweltschädlicher Diesel; das stinkt dann weniger, wenn wir morgens wie- Subventionen ab, der alle im gleichen Stau sitzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und wenn Sie clever sein wollen, dann reinvestieren Sie Das wird Antriebswende und nicht Mobilitätswende. dieses Geld in den Umweltschutz! In Klimaschutz, Umweltschutz und Nachhaltigkeit se- (B) (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Aha!) hen Sie auf der Regierungsbank immer noch die Bedro- (D) Erlauben Sie mir einen Satz zur Düngemittelverord- hung Ihres Wertesystems. Dabei liegt genau darin – und nung, zum Aktionsprogramm Insektenschutz und zu zwar untrennbar damit zusammenhängend – die Antwort den Traktoren in Berlin. Man muss den betroffenen Land- auf die Bedrohung dieses Planeten. wirten auch realistische und wirtschaftliche Wege aufzei- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gen, wie sie zu Umwelt- und Klimaschutz beitragen kön- nen. Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Der nächste Redner: für die SPD-Fraktion der Kollege SES 90/DIE GRÜNEN) Michael Thews. Das würde bedeuten: (Beifall bei der SPD) (Karsten Hilse [AfD]: Verbieten!) Michael Thews (SPD): weniger ökologisch unwirksames Geld für Flächenzah- lungen, aber deutlich mehr Geld für ökologische Leistun- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- gen. ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Beschäftigung mit Fragen des Klimaschutzes, über die wir heute ja schon (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) viel gehört haben und in die wir jetzt mit dem Klima- schutzgesetz einsteigen, gehören auch – ich will das noch Das käme den Landwirten und der Allgemeinheit zugute. mal sagen – viele andere Initiativen. Man muss das ganze Reden Sie mit Frau Klöckner! Was sie in der EU bei den Paket sehen. Wenn ich jetzt teilweise höre, wie schon am GAP-Verhandlungen durchsetzen will, verlängert sonst Anfang viele Dinge schlechtgeredet werden, kann ich nur nämlich dieses elende Ausspielen der Umwelt gegen sagen: Ich würde mir mehr Optimismus wünschen, die die Landwirtschaft um weitere sieben Jahre. Dinge anzugehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Die Leistungsträger in Sachen Klima, Artenschutz und Denn wir werden die ganze Gesellschaft brauchen, um Umwelt finden sich statt beim Bund eher bei den Ländern bei diesem Thema alle mitzunehmen. und insbesondere bei den Kommunen. Ihre eigenen Par- teigänger, Stadt- und Kreisräte sind ja schon oft mit dabei, Neben diesen Fragen ist die Vermüllung der Weltmeere wenn Bäche revitalisiert werden, Klimakonzepte und natürlich ein Riesenproblem. Ich will darauf eingehen, Radverkehrspläne geschmiedet werden mit den spärli- dass wir es im letzten Haushalt schon geschafft haben, Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16215

Michael Thews (A) 50 Millionen Euro zur Lösung dieses Riesenproblems bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung geschaffen (C) einzustellen. Vielen Dank noch mal an Andreas Schwarz, werden. der sich dafür massiv eingesetzt hat. In diesem Haushalt können wir diese Mittel noch mal um 15 Millionen Euro (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten verstärken. Geld ist immer das eine, aber, Frau Ministe- der CDU/CSU) rin, das Geld muss nachher ja auch in Projekte umgewan- Das kann man an dieser Stelle auch mal sagen. Da geht es delt werden. darum, dass ökologische Ziele aus der Wasserrahmen- Ich war letzte Woche auf der Konferenz der Kreislauf- richtlinie wirklich umgesetzt werden. Das geht nur mit wirtschaft gegen die Meeresvermüllung. Eine sehr span- den entsprechenden Planungsressourcen vor Ort, die wir nende Geschichte, weil da wirklich die Akteure vor Ort bereitstellen müssen. Deswegen schaffen wir 29 neue waren, weil da die Projekte mal vorgestellt wurden und Stellen für den Natur- und Umweltschutz. In meiner Re- weil da auch die Marschrichtung klar geworden ist. Man gion im Ruhrgebiet werden 25 neue Stellen für die Was- muss an der Stelle das Ministerium dafür loben, dass es ser- und Schifffahrtsverwaltung geschaffen. In meinem erkannt hat, dass wir an der Wurzel ansetzen müssen. Wir Wahlkreis gibt es in Hamm den zweitgrößten öffentlichen wissen, weil der Müll in Asien und in Afrika durch die Kanalhafen Deutschlands. Alleine dort werden jedes Jahr Flüsse und durch die Küstenregion in die Meere getragen 1,6 Millionen Tonnen Schifffahrtsgüter und rund 500 000 wird, dass wir dort ganz am Anfang ansetzen müssen, Bahngüter umgeschlagen. wenn wir eine weitere Vermüllung verhindern wollen. (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Nicht auf der Wir müssen Projekte fördern, die von den Regionen aus- Straße!) gehen und die Regionen mitnehmen, um dort mehr zu erreichen. Dafür braucht man Partner. Wenn die Infrastruktur, die wir im Bereich der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung haben, also unsere Kanäle, Es war sehr interessant, zu erfahren, dass der WWF in Flüsse und Schleusen, nicht instandgehalten wird und einer dieser Regionen, am Mekong, schon über Jahre ein dort etwas passiert, was den Schifffahrtsverkehr beein- Projekt betreut, das jetzt mit den Geldern, die wir freige- trächtigt, dann haben wir dieses große Verkehrsaufkom- macht haben, verstärkt werden kann. Nur 14 Prozent des men auf den Straßen; das muss man sich mal überlegen. Plastikmülls werden in dieser Region überhaupt gesam- Das ist weder im Hinblick auf Arbeitsplätze und Industrie melt. Das heißt, der größte Teil, 86 Prozent, gehen auf in meiner Region sinnvoll noch im Sinne des Umwelt- mehr oder weniger geordnete Deponien und landen bei schutzes. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir hier inves- jedem Starkregenereignis gegebenenfalls in den Flüssen tieren und weiter vorankommen. und dann im Meer. Ich finde es gut, sage ich mal, dass wir (B) die Dinge so angehen. Ich glaube, dass wir mit diesen Vielen Dank. (D) Lösungen einen wichtigen Beitrag leisten können. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) der CDU/CSU) Die Reduzierung des Plastikmülls ist aber nicht nur in Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: anderen Ländern, sondern natürlich auch bei uns ein An- Für die AfD-Fraktion hat das Wort der Kollege Martin liegen. Die Zahlen haben es gezeigt: Wir haben 2017 Hohmann. beim Verpackungsmüll noch einen Anstieg um 3 Prozent gehabt. Ich hoffe, dass wir jetzt bald den Return schaffen (Beifall bei der AfD) und eine Senkung erreichen. Die Diskussionen, die wir zurzeit in der Gesellschaft, aber auch im Handel, im Ge- Martin Hohmann (AfD): werbe, in der Industrie haben, setzen teilweise die richti- Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Frau Ministe- gen Akzente. Aber wir müssen natürlich dafür sorgen, rin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen mit dass das, was wir mit dem Verpackungsgesetz angefan- diesem Haushalt des Umweltministeriums an einer Weg- gen haben, jetzt wirklich auch ein Erfolg wird. Deswegen scheide, an einer ganz entscheidenden Gabelung. Wenn müssen wir darüber nachdenken, ob wir zum Beispiel wir der vorgeschlagenen Richtung der Umweltpolitik fol- auch Rezyklate wieder stärker einsetzen. Eine Mindest- gen, drohen unserem Land schwerste Schäden. rezyklatquote könnte ich mir sehr gut vorstellen, um das verbindlicher zu gestalten und hier Planungssicherheit für (Beifall bei der AfD) alle zu erreichen, die an diesen Themen arbeiten. Das bedeutet dann nämlich das Ende von Deutschland, Ich möchte als weiteres Thema auf Investitionen in wie wir es kennen. intakte Ökosysteme eingehen. Wir investieren 6,8 Millio- nen Euro in die Finanzierung und Verfestigung des Ein erstes Wetterleuchten ist der Rückgang in der deut- Blauen Bands. Ich finde dieses Projekt sehr wichtig und schen Automobilindustrie mit ihrer Spitzentechnologie; richtig. Wir investieren in intakte ökologische Gewässer, Kollege Dr. Kraft hat es benannt. Uns droht Absturz mit in Auengebiete. Ich bin sehr froh, dass wir es geschafft allen Konsequenzen für das soziale Gefüge, mit unbere- haben, diese Mittel zu verstetigen. chenbaren Auswirkungen auf den inneren Frieden. Ja, der innere Friede steht auf dem Spiel. Das liegt am Grund- Man muss aber auch ein bisschen nach rechts und nach dogma dieses Haushalts und Ihrer Umweltpolitik, Frau links schauen. Ich freue mich darüber, dass neue Stellen Ministerin. 16216 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Martin Hohmann (A) ( [SPD]: Das liegt eher an der drei kleine Quadrate. Wir haben also einen Anstieg um (C) AfD!) ein Quadrat oder um 0,01 Prozent in etwa 170 Jahren. Und das Dogma lautet: Kohlendioxid ist der Klimakiller; (Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD]) der von uns allen zu beobachtende Klimawandel sei men- schengemacht, durch Industrialisierung und dem daraus Und durch die Industrialisierung haben wir einen welt- weiten segensreichen Wohlstandsanstieg und die Mög- resultierenden Anstieg von CO2 in der Atmosphäre. – Wer diesem Dogma nicht huldigt, gilt als Klimaleugner. lichkeit, heute 7,7 Milliarden Menschen zu ernähren. Er hat damit den Status eines Verstockten, eines Ignoran- Für die AfD stelle ich abschließend drei Forderungen. ten Erstens: sparsamer Umgang mit Ressourcen. Zweitens: (Michael Thews [SPD]: Selbstbeschreibung!) Erforschung neuer Technologien, auch der Kernkraft. und als solcher natürlich auch kein Recht – jedenfalls aus (Timon Gremmels [SPD]: Also, die Kernkraft Sicht zum Beispiel der Studentenvertretung der Universi- ist nicht neu!) tät Frankfurt –, dort Vorträge zu halten oder an Diskus- Drittens: Schluss mit dem Klimawahn. sionen teilzunehmen. Angewandte Meinungsfreiheit heu- te. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der AfD) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Wir als AfD nehmen den Paria-Status auf uns. Warum? Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort die Kollegin Weil wir die Vernunft, den gesunden Menschenverstand Dr. Anja Weisgerber. und die Wissenschaft auf unserer Seite wissen. (Beifall bei der CDU/CSU – Karsten Hilse (Beifall bei der AfD – Lachen des Abg. Sven- [AfD]: Was sind das für Schreihälse von der Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- SPD! Das ist ja nicht auszuhalten hier!) NEN] – Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Müssen Sie da nicht selber lachen?) Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Oft frage ich bei Gesprächen über den Klimawandel den Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Gesprächspartner nach dem CO2-Anteil in der Atemluft. Kollegen! Intensive und arbeitsreiche Wochen liegen hin- Es kommen abenteuerliche Fehleinschätzungen: 20 Pro- ter uns, nicht nur hinter den Haushältern, sondern auch zent, 30 Prozent. – Nein! CO2 ist ein Spurengas. hinter den Umwelt- und Klimapolitikern der Union. (B) (D) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE In der letzten Woche haben wir ein umfassendes Kli- GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selber mapaket verabschiedet. Das Klimapaket besteht erstens nicht!) aus einem umfassenden Maßnahmenpaket mit über Sein Anteil in der Atmosphäre beträgt 0,038 Prozent. Da- 60 Maßnahmen und Anreizen, auch zur Förderung von rüber hinaus ist es ein unbestreitbar lebensnotwendiges Forschung und Innovation. Es sieht zweitens ein Moni- Lebensmittel für all unsere Grünpflanzen. toring, einen Kontrollmechanismus, vor, der auch von der Opposition immer wieder gefordert wurde, der uns Fort- (Timon Gremmels [SPD]: Es kommt auf die schritte bringen wird, weil wir in allen Sektoren regel- Dosis an!) mäßig überprüfen werden, ob wir auf Kurs sind. Das Klimapaket sieht drittens eine CO -Bepreisung vor. Wenn die Dekarbonisierung mit aller Konsequenz umge- 2 setzt würde, wenn also alles CO2 aus der Atmosphäre Ja, und ich bin stolz darauf, dass wir diesen Weg in die verschwände, dann würde alles pflanzliche Leben und CO2-Bepreisung gehen. Ich möchte dazu sagen: Schauen damit alles Leben überhaupt sterben. Sie sich das Gesetz doch mal genauer an! Nach einer Einstiegsphase bildet sich der Preis am Markt. Der Preis (Beifall bei der AfD – Steffi Lemke [BÜND- kann auch deutlich ansteigen und dann auch weit über NIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird es aber rich- dem Einstiegspreis liegen. Ich möchte in die Richtung tig blöd! Haben Sie in der Schule etwas ver- der FDP sagen: Wenn Sie fordern, dass von Anfang an passt?) ein Deckel vorhanden sein soll und sich der Preis, Frau Zur Veranschaulichung des CO2-Anstieges: Stellen Sie Skudelny, komplett am Markt bilden soll, dann frage ich sich ein Quadrat mit 100 Millimetern Kantenlänge vor. mich, wie die FDP es dann politisch aushält, dass zu Dieses Quadrat enthält insgesamt 10 000 kleine Quadrate einem Zeitpunkt, zu dem die Bürger noch gar nicht die mit 1 Millimeter Kantenlänge. Diese 10 000 Quadrate Möglichkeit hatten, durch Anreize unterstützt auf klima- sollen für die Atemluft stehen. 7 800 wären Stickstoff, freundliche Technologien umzusteigen, der Preis schon 2 100 kleine Quadrate wären Sauerstoff, 100 Quadrate sehr hoch liegt. Ich frage mich, wie die FDP das politisch wären Edelgase aushalten würde. Wir machen es anders; (Timon Gremmels [SPD]: Das ist ganz kleines (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Karo da vorne!) der SPD)

und sonstige. 4 von 10 000 Quadraten wären CO2. Um wir unterstützen die Menschen zunächst dabei, auf diese 1850, also bei Beginn der Industrialisierung, waren es klimafreundlichen Technologien umzusteigen, Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16217

Dr. Anja Weisgerber (A) (Frank Sitta [FDP]: Entscheiden Sie es oder der Die Politik muss aber auch die Rahmenbedingungen (C) Markt?) schaffen, dass die Industrie dabei unterstützt wird. Des- und dann steigt auch der Preis auf einem glaubwürdigen wegen bin ich froh, dass ein Dekarbonisierungspro- Anstiegspfad. gramm im Bereich der Industrie vorgesehen ist, für das anfangs 70 Millionen Euro bereitgestellt werden. Diese Noch einmal: Ein solch umfassendes Paket hat es in Mittel werden auf über 600 Millionen Euro anwachsen. Deutschland noch nie gegeben – auch nicht unter Rot- Grün. Die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sehr gut!) haben jetzt aber auch eine Verantwortung; denn sie müs- Das ist ein wichtiges Förderprogramm für Investitionen sen dafür Sorge tragen, dass dieses Paket den Bundesrat in CO2-arme Industrieprozesse. passiert, Ebenso wichtig ist mir das Programm zur Förderung (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: von Wasserstoff; denn das ist eine Riesenchance zur CO2- Nein, müssen die Grünen nicht!) Vermeidung und zur Nutzung von CO2 in der Rohstoff- dass zum Beispiel die steuerliche Förderung der energe- industrie. Das sind die Technologien der Zukunft, meine tischen Gebäudesanierung durch den Bundesrat geht. Ich Damen und Herren. muss an dieser Stelle sagen: Ich finde es unglaubwürdig, dass der Bundesrat im Zweifel immer dann wenig Geld (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) hat, wenn es um Klimaschutz geht, und ansonsten aber Deutschland verfügt über exzellentes Ingenieurs- immer predigt, dass wir etwas tun müssen. Wir tun etwas; Know-how, um das uns eigentlich die ganze Welt benei- jetzt sind Sie am Zug. det. Diesen Trumpf, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir noch viel stärker ausspielen; denn (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Klimaschutz kann auch die Konjunktur beleben. Klima- der SPD) schutz kann auch riesige Vorteile für die Wirtschaft, für Meine Damen und Herren, ich kann es nicht oft genug die Arbeitsplätze bringen. sagen: Klimaschutz funktioniert nur mit den Menschen, nicht gegen sie. Deshalb ist es ein Riesenschritt nach vor- Deutschland hat auch international eine Verantwor- ne, dass der vorliegende Haushaltsentwurf Mittel in Mil- tung. Als großes Industrie- und Wirtschaftsland müssen liardenhöhe für den Klimaschutz enthält. Insgesamt wir den anderen Ländern in der Welt zeigen, dass im 54 Milliarden Euro werden wir in den nächsten Jahren Klimaschutz Chancen stecken, dass man Wachstum und in den Klimaschutz investieren. Damit, meine sehr ver- den CO2-Ausstoß entkoppeln kann. Wir müssen die Ent- wicklungs- und Schwellenländer dabei mitnehmen. Des- (B) ehrten Damen und Herren, treiben wir den Klimaschutz (D) voran – national und auch international. wegen ist es richtig, dass Entwicklungshilfeminister Müller hier viele wirkungsvolle Projekte auf den Weg Die Einnahmen aus dem Emissionshandel geben uns gebracht hat, dass wir jetzt 100 Millionen Euro mehr die Möglichkeit, Gelder in den Energie- und Klimafonds für den internationalen Klimaschutz investieren. fließen zu lassen und daraus wieder in Maßnahmen für mehr Klimaschutz zu investieren. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Ende. Ökonomie und Ökologie sind miteinander (Karsten Hilse [AfD]: So ein Quatsch!) vereinbar. Das spiegelt auch der Haushalt wider. 7 Milliarden Euro aus dem Energie- und Klimafonds wer- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und den eingesetzt für Förderprogramme zur CO2-Minde- der SPD) rung, unter anderem für die eben schon angesprochene energetische Gebäudesanierung. In Zukunft können die Wir machen hier einen großen Schritt voran. Eines habe Bürgerinnen und Bürger neben den bestehenden Zu- ich mir für das Ende aufgehoben: Mit dem Haushalt 2020 schussprogrammen, die weitergeführt werden, die attrak- werden wir für den CO2-Ausgleich für die Dienstreisen tiver gemacht werden, auch Steuern sparen, wenn sie ihr von Bundestagsabgeordneten 300 000 Euro vorsehen. Sie Haus energetisch sanieren. Darüber hinaus wird es Aus- werden in Maßnahmen zur Aufforstung gesteckt. Darüber tauschprogramme geben bezüglich alter Heizungsanla- sollten sich vor allem die Kolleginnen und Kollegen der gen, und es wird zum Beispiel auch der Ausbau der Elekt- Grünen freuen; denn wie kürzlich bekannt wurde, fliegen roladesäulen gefördert. die grünen Bundestagsabgeordneten auf Dienstreisen pro Kopf am häufigsten. Wir machen einiges für die Batterie- und Wasserstoff- förderung. Der Einzelplan des BMU enthält hier 24 Mil- Vielen Dank. lionen Euro für alternative Antriebe, bei Bussen zum Bei- spiel. Wir fördern Innovation und Technologie für mehr (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klimaschutz. Wir stehen zu unseren Klimazielen 2030, Klaus Mindrup [SPD]) und wir haben das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050. Dafür ist ein umfassender Wandel notwendig, vor Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: allem im produzierenden Gewerbe, aber auch in der In- Vielen Dank, Frau Kollegin. – Der letzte Redner zu dustrie. Unsere Industrie kann Wandel. Das hat sie bewie- diesem Einzelplan ist der Kollege Rüdiger Kruse, CDU/ sen. Das beweist sie zum Beispiel auch beim Thema Di- CSU-Fraktion. gitalisierung, und sie wird auch das Thema Klimaschutz positiv meistern; davon bin ich überzeugt. (Beifall bei der CDU/CSU) 16218 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

(A) Rüdiger Kruse (CDU/CSU): (Gerhard Zickenheiner [BÜNDNIS 90/DIE (C) Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- GRÜNEN]: Was?) ren! Wir sind in der Haushaltsdebatte, und wir sind bei Das ist ein großer Erfolg. Aber das reicht natürlich nicht. jedem Etat gleichzeitig noch in einer anderen Debatte. Wenn es nur um Zuwächse geht, wird das nicht ausrei- Die Haushaltsdebatte ist ziemlich klar. Sie geht nach chen, um einen so großen Tanker umzusteuern. Das heißt, ziemlich logischen Regeln vonstatten. Wir haben einen wir müssen uns bemühen, in Zukunft nicht nur eine Haus- Gesamthaushalt. Wir haben eine gesetzliche Vorgabe, das haltsdebatte, sondern immer auch eine Nachhaltigkeits- ist die Schuldenbremse, und wir haben zusätzlich die Ver- debatte zu führen. Dafür müssen wir ein Berichtssystem pflichtung dieser Koalition, dass wir keine neuen entwickeln, Kriterien entwickeln, an die sich die Bundes- Schulden machen, die berühmte schwarze Null. Das steht regierung halten muss, die wir kontrollieren können und über allem, und daran muss sich jedes Haus halten. Das wo es dann wiederum eine Prüfinstanz gibt; das könnte heißt, in der Zusammenfassung muss das Ergebnis stim- auch der Bundesrechnungshof machen. Auf dieser men. Wenn es noch nicht stimmt, muss es nachjustiert Grundlage müssen wir diese Debatte führen. werden. Das ist unter anderem eine Aufgabe des Haus- Andernfalls werden wir uns immer mit singulären The- haltsausschusses. Dann gibt es daneben eine fachlich ge- men beschäftigen, ohne die Auswirkungen auf etwas an- prägte Debatte in jedem einzelnen Ressort, in der dann deres feststellen oder überprüfen zu können. Natürlich hat auch immer wieder gefragt wird: Welche Auswirkung hat niemand die Absicht, die deutsche Automobilindustrie denn zum Beispiel eine Maßnahme im Umweltschutz auf lahmzulegen, noch hat jemand die Absicht – wir, die den Bereich Wirtschaft? die Regierung tragen, jedenfalls nicht –, Windenergie aus diesem Land zu vertreiben. Aber natürlich muss Im Bereich Wirtschaft kann man genau umgekehrt fra- man sehen, was man mit einer Regelung, die gut gemeint gen. Und Dinge, die man bei Umwelt inhaltlich vermisst, ist, auf der anderen Seite auch bewirkt. sind vielleicht im Bereich Verkehr geregelt. Manchmal wird ja auch das angesprochen, was wir dort machen. Wir sind hier alle deutsche Staatsbürger; sonst könnten Aber dafür haben wir keine klaren Regeln, wir haben wir nicht Abgeordnete im Parlament sein. Es gibt etwas, keine Möglichkeiten, so etwas festzustellen. Beim Haus- was sehr, sehr deutsch ist: Das ist der kategorische Impe- halt, beim finanziellen Aufwand haben wir dann auch rativ. Wir sollten uns darauf verständigen, dass zukünftig noch den Bundesrechnungshof, der uns kritisch begleitet. Nachhaltigkeit zum kategorischen Imperativ der deut- Das heißt, wir haben immer eine Prüfinstanz. schen Politik wird. Die zweite Debatte betrifft die Nachhaltigkeit. Wirt- Herzlichen Dank. (B) schaft, Umwelt, Soziales, die verschiedenen Auswirkun- (D) gen darauf und der Anspruch, Einzelthemen miteinander (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und in Einklang zu bringen, das sind die Nachhaltigkeitsziele. der SPD) Gibt es dort denn keine feststehenden Regeln, gibt es dort nicht so etwas wie die Schuldenbremse? Doch, natürlich: Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: 2015 – nicht in Deutschland allein, sondern weltweit – Vielen Dank, Herr Kollege Kruse. – Ich schließe die wurden sie beschlossen, die 17 Nachhaltigkeitsziele. Das Aussprache zu Einzelplan 16. sind keine 17 Ziele, die sich irgendeine NGO ausgedacht hat, wo dann die Opposition eines Landes der Regierung Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 16 des Landes vorhalten könnte, dass sie diese Ziele verfehlt, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und und die Regierung sagen kann, dass das nicht ihre Ziele nukleare Sicherheit, und zwar in der Ausschussfassung. seien. Das sind die Ziele dieser Regierung und auch der Es liegen dazu zwei Änderungsanträge der Fraktion der zukünftigen Regierungen, das sind die Ziele von allen AfD vor. Zu einem Änderungsantrag verlangt die Frak- europäischen Regierungen, das sind die Ziele, auf die tion der AfD namentliche Abstimmung. man sich weltweit geeinigt hat. Wir beginnen zunächst mit der einfachen Abstimmung. Aber wir haben weder eine Debatte dazu, noch haben Änderungsantrag auf Drucksache 19/15463: Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Das ist die AfD-Fraktion. wir ein Berichtssystem, das eine solche Möglichkeit er- Wer stimmt dagegen? – Das sind alle übrigen Fraktionen. öffnet. Ralph Brinkhaus, der Vorsitzende der CDU/CSU- Fraktion, hat es schon postuliert: Wir brauchen ein Be- Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt. richtssystem, das auch diese Kriterien erfasst. Wir müs- Wir stimmen nun über den Änderungsantrag auf sen in die Lage versetzt werden, zu sehen, welche Aus- Drucksache 19/15464 auf Verlangen der AfD-Fraktion wirkungen eine Maßnahme, die wir zum Beispiel im namentlich ab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Landwirtschaftsbereich machen, wiederum im Umwelt- Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. bereich hat – um dann zu sehen, ob das im Einklang mit Sind die Plätze an den Urnen alle besetzt? – Das ist der allen 17 Nachhaltigkeitszielen ist. Fall. Ich eröffne die Abstimmung über den Änderungs- antrag der AfD auf Drucksache 19/15464. Wir können feststellen, dass sich das Parlament und federführend der Haushaltsausschuss intensiv damit be- Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine schäftigt hat. Die Veränderungen, die wir in den einzelnen Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Haushalten vorgenommen haben, sind alle kongruent mit Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift- den 17 Nachhaltigkeitszielen. führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu be- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16219

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich (A) ginnen. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der nament- Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Än- (C) lichen Abstimmung unterbreche ich die Sitzung. derungsantrag der AfD auf Drucksache 19/15464 be- kannt: abgegebene Stimmkarten 624. Mit Ja haben ge- (Unterbrechung von 15.23 bis 15.30 Uhr) stimmt 83, mit Nein haben gestimmt 541. Der Änderungsantrag auf Drucksache 19/15464 ist damit ab- Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: gelehnt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte

Endgültiges Ergebnis Nein Dr. Abgegebene Stimmen: 623; Dr. CDU/CSU Alois Gerig davon Dr. ja: 83 nein: 540 Norbert Kleinwächter Hermann Gröhe Norbert Maria Altenkamp Enrico Komning Klaus-Dieter Gröhler Ja Peter Altmaier Jörn König Michael Grosse-Brömer AfD Steffen Kotré Astrid Grotelüschen Markus Grübel Dr. Dr. Rainer Kraft Dorothee Bär Marc Bernhard Rüdiger Lucassen Thomas Bareiß Peter Boehringer Christian Haase Stephan Brandner Dr. (Börde) Jürgen Braun Dr. Birgit Malsack- Winkemann Jürgen Hardt Marcus Bühl Dr. André Berghegger Matthias Büttner Andreas Mrosek Dr. Hansjörg Müller Volker Münz (B) (D) Dr. Sebastian Münzenmaier (Chemnitz) Jan Ralf Nolte Mark Helfrich Thomas Ehrhorn Michael Brand (Fulda) Berengar Elsner von Dr. Gronow Dr. Dr. Tobias Matthias Peterka Paul Viktor Podolay Stephan Protschka Dr. Dr. Ralph Brinkhaus Alexander Hoffmann Martin Erwin Renner Dr. Dr. Götz Frömming Roman Johannes Reusch Gitta Connemann Dr. Ulrike Schielke-Ziesing Albrecht Glaser Hans-Jürgen Irmer Dr. Alexander Dobrindt Andreas Jung Jörg Schneider Wilhelm von Gottberg Marie-Luise Dött Mariana Iris Harder-Kühnel Dr. Roland Hartwig Hermann Färber Torbjörn Kartes Udo Theodor Hemmelgarn Dr. Dirk Spaniel Dr. Stefan Kaufmann René Springer Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Beatrix von Storch Dr. Heiko Heßenkemper Dr. Dr. Karsten Hilse Michael Kießling Nicole Höchst Dr. Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Martin Hohmann Wolfgang Wiehle (Hof) Dr. Bruno Hollnagel Dr. Leif-Erik Holm Dr. Christian Wirth Hans-Joachim Fuchtel Ingo Gädechens Carsten Körber 16220 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

(A) Alexander Krauß Dr. Johann David Wadephul (C) Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Alexander Radwan Alois Rainer Dr. Roy Kühne Dr. (Hamburg) Dr. Dr. h. c. Karl A. Lamers Eckhardt Rehberg Dr. Anja Weisgerber Dr. Barbara Hendricks Andreas G. Lämmel Peter Weiß (Emmendingen) Gustav Herzog Sabine Weiss (Wesel I) Gabriele Hiller-Ohm Ulrich Lange Johannes Röring Dr. Eva Högl Dr. Dr. Norbert Röttgen Paul Lehrieder Erwin Rüddel Annette Widmann-Mauz Thomas Jurk Dr. Bettina Margarethe Wiesmann Dr. Anita Schäfer (Saalstadt) Johannes Kahrs Klaus-Peter Willsch Dr. Wolfgang Schäuble Andreas Scheuer Elisabeth Winkelmeier- Becker Gabriele Katzmarek Dr. Tankred Schipanski Christian Schmidt (Fürth) Arno Klare Nikolas Löbel Dr. Dr. Dr. Jan-Marco Luczak Nadine Schön Dr. Bärbel Kofler SPD Dr. Klaus-Peter Schulze -Emre Ingrid Arndt-Brauer Dr. Heike Baehrens Christian Lange (Backnang) Dr. (B) Hans-Georg von der Reinhold Sendker (D) Marwitz Dr. Kirsten Lühmann Andreas Mattfeldt Dr. Isabel Mackensen (Altötting) Björn Simon Sören Bartol Jan Metzler Bärbel Bas Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Michelbach Dr. (Heidelberg) Dr. Dr. Dr. Matthias Miersch Dr. Karl-Heinz Brunner Klaus Mindrup Karsten Möring (Rostock) Susanne Mittag Axel Müller Dr. Falko Mohrs Sepp Müller Johannes Steiniger Dr. Carsten Müller Christian Frhr. von Stetten Siemtje Möller (Braunschweig) Detlef Müller (Chemnitz) Stefan Müller (Erlangen) Dr. Michelle Müntefering Dr. Dr. Rolf Mützenich Dr. Hermann-Josef Tebroke Hans-Jürgen Thies Dr. Ulli Nissen Dr. Georg Nüßlein Dr. Dr. Dr. Mahmut Özdemir Florian Oßner Antje Tillmann Ulrich Freese (Duisburg) Aydan Özoğuz Dr. Volker Ullrich Angelika Glöckner Timon Gremmels Dr. (Kleinsaara) Michael Groß Bettina Hagedorn (Minden) Dr. Christoph Ploß Rita Hagl-Kehl Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16221

(A) Dr. Dr. Dr. Eva-Maria Schreiber (C) Karlheinz Busen Dr. Petra Sitte Sönke Rix Carl-Julius Cronenberg Johannes Vogel (Olpe) Helin Britta Katharina Dassler Dr. Christian Dürr Dr. René Röspel Dr. Dr. Michael Roth (Heringen) Daniel Föst DIE LINKE Andreas Wagner Susann Rüthrich Otto Fricke Bernd Rützel Gökay Akbulut Johann Saathoff Dr. Dietmar Bartsch Axel Schäfer (Bochum) Katrin Helling-Plahr Sabine Zimmermann Lorenz Gösta Beutin Dr. (Zwickau) Matthias W. Birkwald Marianne Schieder Heidrun Bluhm-Förster BÜNDNIS 90/ Dr. Dr. Gero Clemens Hocker DIE GRÜNEN Uwe Schmidt Dr. Christoph Hoffmann Dr. Birke Bull-Bischoff (Aachen) Jörg Cezanne (Wetzlar) Ulla Ihnen Dr. Sevim Dağdelen Carsten Schneider (Erfurt) Fabio De Masi Dr. Christian Jung Dr. Dr. Diether Dehm Karsten Klein Klaus Ernst Dr. Dr. Ekin Deligöz Swen Schulz (Spandau) Katja Dörner Dr. André Hahn Dr. Lukas Köhler Katharina Dröge Heike Hänsel Carina Konrad Harald Ebner Matthias Höhn (B) Andreas Schwarz (D) Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Kerstin Kassner Katrin Göring-Eckardt Dr. Sonja Amalie Steffen Dr. Jürgen Martens Anja Hajduk Christoph Meyer Britta Haßelmann Alexander Müller Dr. Bettina Hoffmann Michael Thews Roman Müller-Böhm Dr. Markus Töns Dr. Carsten Träger (Lausitz) Ralph Lenkert Dr. Kirsten Kappert- Marja-Liisa Völlers Gonther Dirk Vöpel Dr. Dr. Dr. Gesine Lötzsch Gülistan Yüksel Christian Sauter Thomas Lutze Sven-Christian Kindler Frank Schäffler Sylvia Kotting-Uhl Dr. Amira Mohamed Ali Stephan Kühn (Dresden) Dr. Jens Zimmermann Matthias Seestern-Pauly Cornelia Möhring Christian Kühn (Tübingen) Frank Sitta Renate Künast Norbert Müller (Potsdam) FDP Judith Skudelny Markus Kurth Dr. Zaklin Nastic Grigorios Aggelidis Bettina Stark-Watzinger Dr. Alexander S. Neu Steffi Lemke Christine Aschenberg- Dr. Tobias Lindner Dugnus Dr. Marie-Agnes Strack- Zimmermann Claudia Müller Sören Pellmann Beate Müller-Gemmeke Victor Perli Dr. Dr. (Rhein-Neckar) Michael Theurer Tobias Pflüger Dr. (Südpfalz) 16222 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

(A) Cem Özdemir Fraktionslos (C) Dr. Markus Tressel Stefan Schmidt Jürgen Trittin Marco Bülow Tabea Rößner Charlotte Schneidewind- Daniela Wagner Claudia Roth (Augsburg) Hartnagel Beate Walter-Rosenheimer Corinna Rüffer Kordula Schulz-Asche Gerhard Zickenheiner

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Einzel- Ihre jahrelangen Bemühungen insbesondere in den plan 16. Wer stimmt für den Einzelplan 16 in der Aus- Kommunen, Parkplätze in den Städten abzuschaffen, zei- schussfassung? – Das ist die Koalition. Wer stimmt da- gen Wirkung. Je nach Studie sind circa 20 bis 40 Prozent gegen? – Geschlossen die Opposition. Enthaltungen? – des innerstädtischen Verkehrs Parkplatzsuchverkehr. Das Keine. Der Einzelplan 16 ist damit angenommen. ist politisch generierter Verkehr, um den Anschein zu er- wecken, die Städte wären zu voll. Ich rufe Tagesordnungspunkt I.7 auf: Einzelplan 12 (Zuruf von der LINKEN: Können Sie auch Bundesministerium für Verkehr und digitale Inhalte?) Infrastruktur – Ja, da können Sie protestieren. – Diese innerstädtischen Drucksachen 19/13912, 19/13924 Staus könnte man durch die Schaffung von mehr Park- raum in den Städten sofort beheben. Berichterstatter sind die Abgeordneten Rüdiger Kruse, Thomas Jurk, Marcus Bühl, Christoph Meyer, Victor (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Perli und Sven-Christian Kindler. GRÜNEN]: Keine Ahnung von gar nichts! – Interfraktionell sind auch hier 90 Minuten Aussprache Ulli Nissen [SPD]: Unfug! – Sören Bartol vorgesehen. – Es gibt keinen Widerspruch. Dann ist das [SPD]: Sie sind so einfach strukturiert! Sie ha- so beschlossen. ben doch irgendwas genommen!) Ich eröffnete die Aussprache, und es beginnt für die Sie wollen aber gar keine pragmatischen, technisch sinn- AfD-Fraktion der Kollege Dirk Spaniel. vollen Lösungen. Sie wollen Umerziehung. (Beifall bei der AfD) (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE (B) GRÜNEN]: Da lachen Sie ja selber! Den (D) Dr. Dirk Spaniel (AfD): Scheiß glauben Sie selber nicht!) Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch in dem aktuellen Gesetzentwurf zum Haus- Übrigens: Fragen Sie doch einmal Frauen, wie sie die halt 2020 zeigt sich wieder der ideologische Kampf gegen Sicherheitslage im ÖPNV subjektiv einschätzen, insbe- den motorisierten Individualverkehr. sondere an Bahnhöfen, wo Drogenhandel allgegenwärtig ist und man Angst haben muss, vor den nächsten Zug (Ulli Nissen [SPD]: Genau! – Gustav Herzog gestoßen zu werden. Da wundert es doch keinen, dass [SPD]: Wenn Sie von Ideologie reden, kriege man Akzeptanzprobleme im Bereich ÖPNV hat. ich graue Haare!) (Beifall bei der AfD – Zuruf von der LINKEN: Man könnte glauben, die Grünen seien schon an der Re- Haben Sie zu viel geraucht, oder was?) gierung. Grob gesagt: Sie planen eine weitere Umschich- tung des Budgets vom Straßenbau zur Schiene. Auch wenn Sie hier immer das Gegenteil behaupten: In- ternationale Studien zeigen den ungebremsten Wunsch (Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE nach einem eigenen Auto, gerade auch von Jugendlichen. GRÜNEN]: Schön wär’s!) Wir von der AfD wollen ja einen pragmatischen Ausbau Ihre Grundannahme, dass Sie durch etwas mehr Ange- des ÖPNV. bot im ÖPNV das Auto als Verkehrsmittel ersetzen kön- nen, ist völlig illusorisch. (Johannes Kahrs [SPD]: Sie sind rechtsradikal! Sie wollen überhaupt nichts!) (Beifall bei der AfD) Der ÖPNV muss sicher und komfortabel sein, aber die Über 80 Prozent des Personenverkehrs in diesem Land Wahl des Verkehrsmittels darf nicht durch Schikanen ge- werden durch Fahrten mit dem Auto abgewickelt, und das gen das Auto verzerrt werden. hat gute Gründe. Die meisten Menschen in diesem Land wollen möglichst bezahlbar, komfortabel, schnell und si- (Ulli Nissen [SPD]: Ihre Wahrheit kennen wir, cher von einem Ort zum anderen kommen, und wenn Sie Herr Dr. Daimler-Spaniel!) nicht ständig Schikanemaßnahmen wie Fahrradspuren er- finden würden, wäre das auch möglich. Wer ständig versucht, das Auto niederzureden, zeigt nur, wie sehr er sich von der Lebenswirklichkeit der Men- (Beifall bei der AfD – Lachen der Abg. schen in diesem Land entfernt hat. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Beifall bei der AfD) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16223

Dr. Dirk Spaniel (A) Liebe Kollegen von der CSU, nach der Anbiederung Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: (C) von Herrn Söder an die Grünen sind wir die letzte Interes- Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort der Kollege senvertretung der Autofahrer in diesem Land. Rüdiger Kruse. (Beifall bei der AfD – Lachen der Abg. Helin (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Evrim Sommer [DIE LINKE] – Sören Bartol des Abg. Johannes Kahrs [SPD]) [SPD]: Gibt das Schmerzensgeld? – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Witz des Ta- ges!) Rüdiger Kruse (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- Die AfD ist die Autofahrerpartei. ren! Wir sind eben dafür kritisiert worden, dass wir nur Werfen wir doch mal einen Blick auf den Luftverkehr. Dinge für die Schiene tun. Ich denke, andere Redner wer- Die Bundeskanzlerin hat angekündigt: Deutschland soll den uns heute noch dafür kritisieren, dass wir nur Dinge Vorreiter für klimaverträgliches Fliegen werden. für das Auto tun. Da weiß ich als Mitglied der Union, wo ich stehe: Wir sind Deutschlands starke Mitte. (Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD]) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Resultat: Die Luftverkehrsteuer – über 1,3 Milliarden Eu- ro Einnahmen – soll noch mal um 40 Prozent erhöht Wenn Sie feststellen, dass wir seit 14 Jahren regieren, werden. – Die Lösung für sogenanntes klimaverträgliches dann sage ich: Ja, und das ist auch gut so. Deswegen geht Fliegen liegt wahrscheinlich auch in der Verwendung es diesem Land so gut, und wir wollen auch gerne noch 14 synthetischer Kraftstoffe. Für die Umstellung und Erfor- weitere Jahre regieren, weil man dieses Land noch besser schung dieser Kraftstoffe hat die Bundesregierung aber machen kann. nur 100 Millionen Euro pro Jahr übrig. Erklären Sie doch mal den Flugreisenden, wo der Rest Ihrer Luftverkehr- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) steuer bleibt. Die AfD fordert, diese Steuererhöhung bis Dieser Haushalt dient genau diesem Ziel. Wir haben in Ende 2020 auszusetzen. Alle anderen Fraktionen haben der Debatte über den Umwelthaushalt eben auch über sich gegen unseren Antrag ausgesprochen. Wir sind die Themen gesprochen, die in den Verkehrsbereich gehören. Einzigen, die die Luftverkehrsteuer wieder abschaffen Wenn Sie sich anschauen, was wir tun, dann stellen Sie wollen. fest, dass wir in der Tat sehr viel für die Schiene tun. Das (Beifall bei der AfD) ist ja auch konsequent. Die Bahn dient und nutzt jedem Bürger. Bevor man sich selber lobt, schaut man auf seine (B) Schauen wir uns zu guter Letzt doch mal die prokla- Kritiker: Wir werden seit Langem von der Allianz pro (D) mierte Planungs- und Beschleunigungsinitiative der Schiene kritisch begleitet. Diese hat in einer Presseerklä- Union an. Ein solches Gesetz ist mehr als überfällig an- rung nach der Bereinigungssitzung erklärt: Dieser Haus- gesichts der Schikanierungen von Autofahrern, halt ist für die umweltfreundliche Schiene der beste Haus- halt seit langer, langer Zeit. (Ulli Nissen [SPD]: Oh!) die sich durch unzählige und häufig über 10 Kilometer (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und lange Autobahnbaustellen quälen müssen. Außerdem der SPD) stellen marode Brücken eine Gefahr für die Verkehrsteil- Nun stellt sich die Frage: Wie kommt man zu so einem nehmer, aber auch für den gesamten Wirtschaftsstandort Lob? NGOs loben einen normalerweise nicht; Deutschland dar. Man braucht einen besonderen Sinn für Ironie, um zu verstehen, dass Sie sich jetzt für diese Inf- (Konstantin Kuhle [FDP]: Das sollte euch zu rastrukturinitiative feiern. Falls Sie es noch nicht gemerkt denken geben!) haben, liebe Kollegen von der Union: Sie sind seit 14 Jah- ren an der Regierung, wenn sie zufrieden sind, dann sind sie ruhig. Wir haben zum Beispiel eine neue Leistungs- und Finanzierungsver- (Alois Rainer [CDU/CSU]: Gute Jahre! Richtig einbarung auf die Beine gestellt oder auf die Schiene ge- gute Jahre waren das!) bracht. Wesentlich ist nicht nur, dass wir wesentlich mehr und Sie sind verantwortlich für die Infrastruktur in die- Geld in diesem Bereich ausgeben, sondern auch, dass wir sem Land, die verrottet und zusammenfällt. den Zeitraum verlängert haben. Wir hatten bisher immer Fünfjahreszeiträume, jetzt haben wir Planungssicherheit (Beifall bei der AfD) für zehn Jahre. Das ist nicht in erster Linie für uns wichtig oder für die Beamten des Eisenbahn-Bundesamtes, son- Die AfD fordert seit Tag eins hier im Bundestag eine dern das ist wichtig für die mittelständische Wirtschaft. grundlegende und echte Modernisierung unserer kom- Wenn Sie Millionenbeträge in neue Maschinen investie- pletten Infrastruktur. Unsere Anträge sind dazu ein erster ren oder neue Mitarbeiter ausbilden, dann ist das nichts, Schritt. was sich innerhalb von zwei, drei Jahren rechnet. Das Vielen Dank. heißt, die Unternehmen brauchen die Sicherheit, dass wir es ernst meinen mit dem Investitionshochlauf. Des- (Beifall bei der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: wegen sehen wir zehn Jahre vor. Wir müssen diese neuen Rechtsradikaler Unsinn! – Helin Evrim Kapazitäten schaffen und dürfen nicht in Preiserhöhun- Sommer [DIE LINKE]: Verschonen Sie uns!) gen investieren. 16224 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Rüdiger Kruse (A) Ich weiß, dass Wolfgang Schäuble früher immer den und der Endpunkt sind festgelegt. Das heißt, ich kann mir (C) kleinen Scherz auf Lager hatte, dem Verkehrsminister zu die Infrastruktur fürs Tanken genau ausdenken. Der Zug sagen: Du kannst 1 Milliarde Euro mehr bekommen, verlässt seine Schiene in der Regel nicht. musst sie aber dieses Jahr ausgeben. – Das kann man nicht. Aber wenn wir mit diesen Milliarden mehr in den Ähnlich ist es beim Schiffsverkehr. Dort wissen Sie im folgenden Jahren planen, dann kann man das sehr wohl, Großen und Ganzen auch, wie die Strecken verlaufen. Sie und dann werden wir diese Infrastruktur deutlich nach können die Bebunkerung ganz gut organisieren. vorne bringen. Mit unserer Wasserstoffstrategie verlassen wir den Silo Wir investieren aber auch in das geliebte Auto der des Verkehrs. Ich habe eben im Umweltbereich ja auch Deutschen, nämlich in alternative Antriebstechnologien. schon gesagt, dass es schwierig ist, wenn man immer nur Wir sind da ergebnisoffen. Das heißt, wir haben unsere in diesen Einzelsilos – Wirtschaft, Verkehr, Umwelt etc. – Wasserstoffstrategie ausgebaut. Wir wollen mit dem denkt, vielmehr muss man natürlich darüber hinaus- Überschussstrom alternative Kraftstoffe produzieren. schauen. Die Wasserstoffstrategie ist eine Industriestrate- Vorhin in der Debatte hat die FDP den Slogan, Wasser- gie. Das bedeutet eben, dass wir damit die Möglichkeit stoff sei das neue Öl, für sich reklamiert. Na ja, Google is schaffen, unsere Industrielandschaft zu erhalten und um- your friend! Das hatte kurz davor das Blockheizkraft- zustellen. werk-Infozentrum auch so geschrieben; das ist circa fünf Ich darf Sie daran erinnern: Wir haben umweltpolitisch Monate her. Sie finden diesen Slogan auch in einer Aus- schon mal ein herausforderndes Thema gehabt. Da ging gabe der „Zeit“ von 2012, und da die Elektrolyse im es um den deutschen Wald, sozusagen um unsere Seele. 19. Jahrhundert erfunden worden ist, könnte ich mir sogar Es wurde ja immer gelästert, dass das Waldsterben an der vorstellen, dass man noch weiter – vielleicht bis Jules deutsch-französischen Grenze aufhört. Wir haben eine Verne – zurückgehen kann. Trotzdem haben Sie recht, andere Befindlichkeit dazu – zu Recht. und wir wollen an dieser Möglichkeit mitarbeiten. Das können Sie auch ganz klar an diesem Haushalt ablesen. Wir haben das Problem des Waldsterbens damals kon- Das ist zum Beispiel ein Grund dafür, warum wir im kret gelöst, aber nicht, indem wir die Industrie abge- maritimen Sektor auf LNG setzen. Man kann jetzt natür- schafft haben, und wir werden auch die Herausforderun- lich sagen: Moment, LNG ist fossil. – Ja, das ist richtig, gen des Klimaschutzes lösen, aber nicht, indem wir die aber Schiffe, die mit LNG fahren, können morgen auch Industrie und unser Wirtschaftswachstum abschaffen. mit aus Wasserstoff methanisiertem LNG fahren. Das ist die gleiche Technik; Sie brauchen die gleiche Infrastruk- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – (B) tur. Christoph Meyer [FDP]: Aber das ist ja eine (D) Rede zum Einzelplan 12!) Wenn wir das auf Pkws ummünzen, synthetische Kraftstoffe produzieren und uns vorstellen, dass dadurch Ganz im Gegenteil: Wir werden die Zukunftstechnolo- 10 Prozent der Fahrzeuge mit erneuerbaren Energien an- gien entwickeln; denn das, was damals zum Beispiel getrieben werden, dann hätten wir bei 40 Millionen Fahr- mehr Aufwand und mehr Kosten verursacht hat, ist heute State of the Art; das ist die Technik, die die ganze Welt zeugen, die wir haben, auf einen Schlag 4 Millionen CO2- neutrale Fahrzeuge. Deswegen lohnt es sich, diese Strate- haben will. gie fortzusetzen, und deswegen investieren wir dort. Wir gehen in diese Richtung, bedenken dabei aber auch Natürlich machen wir das auch im Bereich der Schiene. immer, dass es bei allem auch Negativseiten gibt. Das Bisher war es so: Wenn es nicht Diesel sein sollte, dann gehört im Bereich der Nachhaltigkeit dazu. Es gibt Zu- musste die Strecke elektrifiziert sein, und eine Elektrifi- mutbarkeiten, die okay sind, und welche, die nicht okay zierung bedeutete, dass eine Oberleitung notwendig war. sind. Das ist nicht für jede Strecke kostendeckend möglich, weil das sehr teuer ist. Da, wo es keinen schweren Güter- Weil wir hier über Verkehr reden: Wenn wir zum Bei- verkehr gibt und wo kein ICE fährt, lohnt sich das eigent- spiel den Schienenausbau vorantreiben, dann finden das lich nicht. sehr viele gut. Aber derjenige, der an einer neuen Güter- zugtrasse wohnt, der muss das nicht automatisch gut fin- Aber muss man deshalb auf eine Elektrifizierung ver- den. Deswegen haben wir übergesetzlichen Lärmschutz zichten? Nein, das muss man nicht. Wir sorgen für eine beschlossen. Deswegen machen wir eine Bürgerbeteili- Elektrifizierung beim Zug, indem wir ihn mit Wasserstoff gung an vielen Stellen, wo wir sehr konkret und sehr und mit einer Brennstoffzelle fahren lassen. Das haben detailliert darüber reden, was wir tun können, um die wir ausprobiert, und wir haben festgestellt, dass das funk- Akzeptanz zu fördern. Das ist mühsam. Am Ende kostet tioniert. Das wollen wir fortsetzen. das Geld. Aber genau das ist der richtige Weg.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Sie haben recht: 14 Jahre in der Regierung waren schon gut. Weitere 14 Jahre wären hilfreich. Wir sind dazu be- Gestatten Sie eine Zwischenfrage? reit.

Rüdiger Kruse (CDU/CSU): Herzlichen Dank. Nein, danke. – Hier sehen wir natürlich eine Berechen- barkeit. Der Vorteil von solchen Zügen ist: Der Anfang- (Beifall bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16225

(A) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: tion schon mal zum Zustand der Bahn hatte. Auch das (C) Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Kollege ließe sich beliebig verlängern: Der Netzausbau geht nicht Christoph Meyer. weiter. (Beifall bei der FDP) Auch hier hat der Bundesrechnungshof sehr, sehr deut- liche Formulierungen gefunden: Bahnpolitische Leit- Christoph Meyer (FDP): linien: Fehlanzeige! Ein Vierteljahrhundert nach der letzten großen Bahnreform sollte das Bundeseisenbahn- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst vermögen endlich aufgelöst werden: Fehlanzeige! Wenn einmal: Herr Kruse, Ihnen als Hauptberichterstatter ein jetzt noch die Mittel aus dem Klimapaket dazukommen, herzlicher Dank, auch wenn Ihre Rede hier, würde ich dann befürchten wir, dass angesichts des Zustandes, den sagen, nur zu einem Drittel zum Einzelplan 12 ging und die Deutsche Bahn momentan nach 14 Jahren Ihrer Re- ansonsten eher eine Tour dʼHorizon durch Wirtschafts- gierungsbeteiligung zu beklagen hat, eher die Gefahr be- politik, Industriepolitik und Umweltpolitik war. Mein steht, dass die Geldmittel ineffizient ausgegeben werden. Dank geht auch an meine anderen Kollegen Berichterstat- ter. (Beifall bei der FDP – Sören Bartol [SPD]: Die Politik von Andreas Scheuer erinnert zumindest Man kann auch alles kaputtreden!) mich häufiger an den Titel eines heute weniger bekannten In der Bereinigungssitzung gab es dann noch 175 Mil- Films: „Die Faszination des Grauens“. lionen Euro mehr. Der Etat hat jetzt ein Volumen von 30 Milliarden Euro – der haushaltspolitische Sprecher (Beifall bei der FDP) der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg, ist ja hier – bei Das war 1996 der erste vielgelobte Langfilm des Regis- Ausgaberesten von über 4 Milliarden Euro. seurs Alejandro Amenábar. Bei Andreas Scheuer gibt es Wenn Herr Rehberg zu Beginn dieses Sitzungstages leider nur Grauen und ganz, ganz wenig Lob. darauf hingewiesen hat, dass die Regionalisierungsmittel Vielmehr versagt Herr Scheuer bei allem, was er an- nicht abfließen und hier Ausgabereste gebunkert werden, fasst: Pkw-Maut, Bahn, Bundeseisenbahnvermögen, Mit- dann ist das eigentlich ein Fingerzeig für Sie und für Ihr telabfluss, Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“. Die Haus: Hier ist das Problem nämlich genau dasselbe. Es ist Liste ließe sich beliebig verlängern. Der Rechnungshof- schon bezeichnend, dass Sie sich anders als zu Beginn der bericht zum Einzelplan 12 liest sich wie ein Tal der Trä- Legislaturperiode, als Sie vollmundig versprachen, sich nen. an dem Mittelabfluss messen lassen zu wollen, nun genau daran nicht mehr messen lassen wollen, weil Sie offen- (B) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten sichtlich verstanden haben, dass Sie auch hier nicht vo- (D) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sören rankommen, dass Sie hier versagen. Bartol [SPD]: Alles schlechtreden!) (Beifall bei der FDP) Pkw-Maut: Da lassen Sie filmreif Ihre Aktenordner durch den Bundestag schieben. Aber bei den richtig DigitalPakt Schule: Der Alleingang, den Sie hier bei schmutzigen Themen, bei den heimlichen Absprachen, der Stundung der 5G-Veräußerungserlöse zusammen mit die jetzt rauskamen, bei den windigen Deals, bei den Be- dem Finanzministerium gemacht haben, hat nicht nur Ihre raterkosten, da schalten Sie die Scheinwerfer aus. Da geht Fraktionskollegin Frau Karliczek im Regen stehen lassen, es ums Verschleiern. Der Bundesrechnungshof attestiert sondern offenbar auch die Schülerinnen und Schüler in Ihnen eine Verletzung des Vergaberechts, eine Verletzung unserem Land. Sie haben in der Bereinigungssitzung des Haushaltsrechts, einen fahrlässigen Umgang mit noch 200 Millionen Euro obendrauf gelegt, weil offen- Steuermitteln. Deswegen ist der Untersuchungsausschuss sichtlich in der Tat in dem Bereich mehr Mittel für die genau richtig und wird dies aufklären. Schulen und von den Bundesländern abgefragt werden. Auch das ist ein Armutszeugnis für Ihre Politik. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Bei dieser Bilanz, Herr Scheuer, kann man eigentlich des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nur hoffen, dass die Bundeskanzlerin Ihnen endlich ihr Der Titel zum Bahngrauen müsste eigentlich einge- vollstes Vertrauen ausspricht, damit wir vielleicht zu ei- grenzt werden, fallen doch zu viele Beispiele heraus. nem wirklichen Neustart in der Verkehrspolitik kommen. Nur mit Buchhaltungs- und Auslegungstricks wird die Verschuldungsgrenze der Deutschen Bahn AG gehalten. (Beifall bei der FDP) Der Verkauf von Arriva wackelt. Das übrige Beteili- Man sollte auch loben – damit komme ich zum Ende –: gungsportfolio vom Fischkutter bis zum umfangreichen Die Laufzeit der Computerspielförderung, die vielleicht Busfuhrpark der Bahn ist offensichtlich vollkommen nicht ganz sachlogisch in Ihrem Etat angesiedelt ist, wur- steuerungslos. de jetzt verlängert. Das ist ein kleiner Lichtblick. Ein Wort zur LuFV III, die hier gelobt wurde: Leider Ansonsten haben wir Ihnen in den Haushaltsberatun- hat die Koalition den Maßgabebeschluss aus dem gen gezeigt, wie es geht. Wir sind Serviceopposition. Jahr 2018 wieder kassiert. Eine aussagefähige Qualitäts- kennzahl scheint offensichtlich nicht gefunden zu wer- (Sören Bartol [SPD]: Ihr seid den. Rückforderungsmöglichkeiten werden doch nicht Schlechtredeopposition!) so ausgebaut, wie es ursprünglich beabsichtigt war. All Sie haben an der einen oder anderen Ecke von uns abge- das ist weniger als der Erkenntnisgewinn, den Ihre Koali- schrieben. Das ist gut. Schreiben Sie weiter und mehr von 16226 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Christoph Meyer (A) uns ab! Dann wird aus dem Horrorstreifen Ihrer Verkehrs- sche Herausforderung. Wir wollen nicht weniger Mobili- (C) politik vielleicht endlich ein Blockbuster. tät, sondern eine andere Art von Verkehr. Wir wollen keine Verbote, sondern schaffen Anreize und bauen Al- Ich bin gespannt – bisher ist in jedem Haushaltsjahr ternativen aus. Ich will drei Beispiele dafür nennen. noch ein Klopfer draufgekommen –, was im nächsten Jahr passiert. Vielleicht überraschen Sie uns mal positiv. Erstens. Bei der Schiene sorgen wir mit dem größten Investitionspaket aller Zeiten für einen Modernisierungs- Ich danke Ihnen. schub, wie es ihn in der Geschichte der Bahn noch nicht (Beifall bei der FDP) gegeben hat. Die neue Leistungs- und Finanzierungsver- einbarung über 54 Milliarden Euro gibt Investitions- und Planungssicherheit über zehn Jahre. Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Kollege Sören (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Bartol. der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD – Christoph Meyer [FDP]: Gleichzeitig stärken wir deutlich und langfristig den Nah- Der Verteidiger von Andi Scheuer!) verkehr. (Zuruf von der SPD: Sehr gut!) Sören Bartol (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Wir verdoppeln die Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfi- Kollegen! Lieber Kollege Meyer! Dieser Haushalt ist für nanzierungsgesetz. Die Regionalisierungsmittel werden den Infrastrukturbereich eine große Freude und eine He- von 2020 bis 2031 um insgesamt über 5 Milliarden Euro rausforderung zugleich. Die Mobilitätswende ist ein zent- erhöht. raler Baustein der Klimapolitik der Großen Koalition. Mit (Ulli Nissen [SPD]: 5 Milliarden Euro!) diesem Etat schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass der Umbau unseres Verkehrssystems nachhaltig, sozial Wir investieren insgesamt rund 300 Millionen Euro in und ökonomisch gelingt. die Attraktivitätssteigerung und Barrierefreiheit der Bahnhöfe, und mit der Senkung der Mehrwertsteuer für (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Zugreisende im Fernverkehr sowie der Eigenkapitalerhö- Wir machen es möglich, dass Deutschland bei der Di- hung der DB AG um insgesamt 11 Milliarden Euro geben gitalisierung endlich aufholt. Wir modernisieren unsere wir einen zusätzlichen Push für die Schiene. Infrastruktur für Millionen Menschen, die jeden Tag da- rauf angewiesen sind, gut und zuverlässig von A nach B (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (B) (D) zu kommen. Das ist auch gut für den Standort und eine der CDU/CSU) leistungsfähige Wirtschaft. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP und den Grünen, so viele Investitionen gab es noch nie. Immer Dieser Etat setzt auf die richtige Mischung aus Inves- noch einfach mehr zu fordern, ist angesichts der Summen titionen, Innovationen und sozialem Ausgleich. Aber die in diesem Haushalt schlicht unseriös. Das ist keine Politik Arbeit ist noch nicht getan. Denn jetzt geht es ans Um- mehr, sondern das ist Ratlosigkeit bei Ihnen. setzen. Ich erwarte von der Bundesregierung und den Ländern, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten dass die Investitionen jetzt zügig in Projekte umgesetzt der CDU/CSU – Christoph Meyer [FDP]: Ver- werden, und ich erwarte von den Unternehmen, dass sie baut das erst einmal!) die guten Rahmenbedingungen nutzen, um nachhaltig Machen wir uns ehrlich: Es steht genug Geld zur Ver- Mobilität wettbewerbsfähig und bezahlbar zu machen. fügung. Die Herausforderung liegt darin, es jetzt vor al- lem auch zu verbauen. Wir brauchen keine theoretischen Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir zeigen, dass wir Debatten um die schwarze Null. Die Investitionen müs- Klimaschutz ökologisch, ökonomisch und sozial zusam- sen jetzt umgesetzt werden: in Straßen, Schienen, Wag- mendenken. Dafür ist der Verkehrsbereich zentral wich- gons und Ladesäulen. Das ist die Herausforderung der tig. Mobilität bedeutet Teilhabe. Das Auto und die Bahn kommenden Jahre. sind soziale Integrationsmaschinen. Es braucht vor allen Dingen Ruhe bei der DB AG. Ich (Beifall bei Abgeordneten der SPD) erwarte, dass der Vorstand der Deutschen Bahn AG seiner Sie stehen für Hunderttausende Arbeitsplätze und welt- Verantwortung nachkommt und jetzt konzentriert um- weit exzellentes Know-how. setzt, was hier in diesem Parlament beschlossen wird. Wir fördern umweltfreundliche Mobilität und moder- (Beifall bei der SPD) nisieren die Verkehrsträger, die bisher klimaschädlich Dieser Haushalt zeigt, dass wir, die SPD-Bundestagsfrak- waren. Das ist aktive Strukturpolitik für eine innovations- tion und die Koalition in Gänze, die Schiene als Rückgrat starke Industrie, für Arbeit und gute Einkommen und für der Mobilitätswende in der Stadt und auf dem Land mas- eine moderne, leistungsfähige Infrastruktur. siv stärken. (Beifall bei der SPD) Zweitens. Bei der Elektromobilität gilt das Gleiche: Der Strukturwandel im Verkehrsbereich ist nicht nur Auch hier haben wir am Ende eine dreifache Modernisie- auf einzelne Verkehrsträger bezogen, er ist eine systemi- rungsrendite: klimagerechte, bezahlbare Mobilität, eine Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16227

Sören Bartol (A) wettbewerbsfähige Industrie mit guten Arbeitsplätzen Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: (C) und soziale Teilhabe. Die Förderung von Ladesäulen, Für Die Linke hat das Wort der Kollege Victor Perli. die Verlängerung der Anreize für Bezieher mittlerer Ein- kommen, also gerade für den Massenmarktbereich, zum (Beifall bei der LINKEN) Kauf von Elektroautos, der Ausbau der Batteriefor- schung – das sind alles Punkte, die diese Koalition be- Victor Perli (DIE LINKE): schlossen hat. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir brau- chen ein großes Zukunftsinvestitionsprogramm. Dafür Mein letztes Beispiel ist die Digitalisierung. Für ein kämpft Die Linke; denn wir wollen deutlich mehr in die leistungsfähiges Verkehrssystem und für die Mobilitäts- Bahn, in den öffentlichen Nahverkehr, in gute Rad- und wende ist die Digitalisierung entscheidend. Mit der För- Fußwege investieren. derung des Breitbandausbaus und der Mobilfunkstrategie forcieren wir, dass Deutschland seine digitale Infrastruk- (Beifall bei der LINKEN – Sören Bartol [SPD]: tur endlich auf ein wettbewerbsfähiges Niveau bringt. Genau das machen wir doch!) Zugleich geben wir mehr Geld für die Strategie „auto- Das ist auch dringend nötig, weil die Politik der letzten matisiertes und vernetztes Fahren“. Wir fördern die Digi- 20 Jahre dieses Land kaputtgespart hat. Bei der Schiene talisierung der Schiene und bauen digitale Testfelder an gibt es einen Investitionsstau von über 50 Milliarden Eu- Häfen, Wasserstraßen und Bahnstrecken auf. ro. Zehntausende marode Brücken und Straßen müssen saniert werden. Das kostet den Bund mindestens 20 Mil- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten liarden Euro. Die Wasserstraßen sind jahrzehntelang ver- der CDU/CSU – Johannes Kahrs [SPD]: Sehr nachlässigt worden, und beim Breitbandausbau und der gut!) Digitalisierung kommt das Geld überhaupt nicht vor Ort Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das zeigt unseren an. Das alles sind Schulden, die diese Regierung der heu- Anspruch: Wir wollen eine der modernsten Infrastruktu- tigen und vor allem den künftigen Generationen hinter- ren in Europa aufbauen, und wir wollen, dass Deutsch- lässt. Die Linke ist damit nicht einverstanden. land als Technologie- und Industriestandort weltweit (Beifall bei der LINKEN) Spitze bleibt. Dazu gehört, dass der Strukturwandel, in dem wir längst stecken, gerecht vonstattengeht und dass Wie konnte es eigentlich zu diesen Problemen kom- wir den sozialen Frieden wahren. Wir schaffen Alternati- men? Eine ganz große Koalition aller Parteien außer der ven für ein modernes und umweltfreundliches und vor Linken hat die Weichen falsch gestellt. Sie haben die allem bezahlbares Mobilitätsangebot in Stadt und Land. schwarze Null und das Kreditverbot zur heiligen Kuh er- klärt. Sie glauben, dass der freie Markt alle Probleme löst. (B) Ich bin zuversichtlich, dass wir so nicht nur die Klima- (D) ziele erreichen, sondern dass das auch der richtige Weg ist Das Ergebnis sind eine kaputtgesparte Infrastruktur, un- für einen starken Wirtschafts- und Technologiestandort. zufriedene Bürger, und inzwischen klagt sogar die Mehr- heit der kleinen und mittleren Unternehmen über die ne- (Beifall bei der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: gativen Folgen. Wenn Sie öfter auf Die Linke hören Großartig!) würden, wäre das nicht passiert. Wir müssen die Klimaziele erreichen, und wir müssen (Beifall bei der LINKEN – Martin Reichardt gleichzeitig darauf achten, wie wir sie erreichen. Dafür ist [AfD]: Nein, dann wäre das nicht passiert! der Verkehrsbereich ein zentraler Baustein. Ich erwarte Dann hätten wir die Mauer wieder!) auch, dass das zuständige Ministerium diese Haltung ver- Drei aktuelle Beispiele: innerlicht und einen Gang hochschaltet. Manche Debat- ten der letzten Monate zum Thema Klima hätten wir uns Deutschland ist nicht nur sozial, sondern auch digital einfach sparen können. gespalten. In ländlichen Regionen haben nur drei von zehn Haushalten schnelles Internet. Über 4 600 Gemein- (Beifall bei der SPD) den in diesem Land haben keine flächendeckende LTE- Am Ende musste sogar die Kanzlerin ein Machtwort spre- Versorgung. chen, um die Blockade zu überwinden, die in dem Haus Woran liegt das? Wenn die Politik keine Regeln auf- herrschte. Ich erwarte, dass in Zukunft nicht reagiert und stellt, dann bauen Netzbetreiber natürlich Breitband- und abgewartet wird, sondern dass aktiv Ideen und Initiativen Handymasten nur dort auf, wo man damit Geld verdienen kommen. kann, nämlich in den Ballungsräumen. Auf dem Land gibt es dann nur Festnetztelefon statt 5G. Jetzt gründet Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Modernisierung die Koalition aus Panik eine staatliche Gesellschaft, die der Infrastruktur und des Mobilitätsbereiches ist eine der mit viel Steuergeld das machen muss, was die Betreiber größten Umbauaufgaben der kommenden Jahre. Dieser längst hätten machen sollen. Das darf doch alles nicht Haushalt steht dafür. Die Koalition hat ihre Hausaufgaben wahr sein. gemacht, und jetzt geht es gemeinsam ans Umsetzen. (Beifall bei der LINKEN) Vielen Dank. Letzte Woche stand nach unserer Anfrage in vielen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Zeitungen: Die Steuerzahler müssen jetzt über 3 Milliar- der CDU/CSU – Johannes Kahrs [SPD]: Groß- den Euro an Mehrkosten blechen, weil die Kosten für fast artig!) alle privaten Autobahnprojekte aus dem Ruder laufen. – 16228 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Victor Perli (A) Die Linke sagt: Schluss mit diesen Experimenten! Stra- Beachten Sie deswegen zwei Dinge: Erstens. 73 Pro- (C) ßen, Schienen und Wasserwege gehören uns allen. Sie zent der Bürgerinnen und Bürger wollen laut Umfragen, dürfen nicht privatisiert werden. dass Herr Scheuer zurücktritt. Zweitens. Damit hier Schwung reinkommt, haben Fabio De Masi und ich Straf- (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulli anzeige gegen den Minister erstattet. Das muss jetzt ein Nissen [SPD]) Fall für die Justiz werden; das kann so nicht weitergehen. Und nun zur Bahn, die uns allen sehr am Herzen liegt. Vielen Dank. 6 Millionen Menschen fahren täglich mit ihr, und es sol- len noch viel mehr werden. Aber jeder vierte Zug ist ver- (Beifall bei der LINKEN) spätet. Über 6 500 Kilometer Schiene sind seit 1994 ab- gebaut worden. Weil die Bahn an die Börse sollte, wurden viele Regionen abgehängt, und die Tickets sind viel zu Vizepräsident : teuer. Vielen Dank. – Als Nächster spricht der Kollege Stephan Kühn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. (Kirsten Lühmann [SPD]: 19,90 Euro durch ganz Deutschland!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Güterverkehr könnte das Herzstück einer nachhalti- Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen Verkehrspolitik sein. NEN): (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Verkehrsbereich hat die größte Bring- Ein Güterzug ersetzt 60 Lkw, die uns allen die Straße schuld beim Klimaschutz. Der CO2-Ausstoß muss bis verstopfen. 2030 um mindestens 40 Prozent reduziert werden. Das (Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE ist eine gewaltige, aber zugleich machbare Herausforde- LINKE]) rung. Mit diesem Haushalt kommen wir dem Thema aber nicht näher. Doch 80 Prozent aller Gleisanschlüsse von Unternehmen sind in den letzten 25 Jahren abgebaut worden. Deshalb (Sören Bartol [SPD]: Doch!) gibt es immer mehr statt weniger Laster. Union und SPD vermitteln den Eindruck, wir könnten im Die Koalition feiert sich heute für die Summen, die ins Wesentlichen so weitermachen wie bisher, nur müssten Schienennetz fließen sollen. wir hier und da etwas mehr Geld in die Hand nehmen. Das, meine Damen und Herren, ist ein Trugschluss. (B) (Thomas Jurk [SPD]: Zu Recht!) (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dabei fehlt immer noch Geld, um das bestehende Netz wieder in Ordnung zu bringen. Ich zitiere die Eisenbahn- Ihnen fehlt der Mut, klimaschädliche Subventionen gewerkschaft EVG: abzubauen. Im Gegenteil: Sie schaffen sogar neue. Jetzt soll Regionalflughäfen ein Teil der Flugsicherungsgebüh- Die ... Bundesmittel ... reichen nicht aus, um den ren erlassen werden. Das ist nichts anderes als ein indi- riesigen Investitionsrückstau im Schienennetz abzu- rektes Förderprogramm für Billigairlines. Das ist doch bauen. ... die Probleme der Infrastruktur werden sich unglaublich. stattdessen weiter erhöhen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – So die EVG. – Das kann man überall bei den Experten Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Blödsinn! nachlesen. Das schreiben die Ihnen ins Stammbuch. Für Kompletter Blödsinn! – Sören Bartol [SPD]: Die Linke ist glasklar: Die Bahn muss deutlich ausgebaut Quatsch!) und unschlagbar günstig werden. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit und des Klimaschutzes. Die jährlichen milliardenschweren Subventionen für Dieselkraftstoffe liegen unverändert ein Vielfaches über (Beifall bei der LINKEN) den Geldern für die Förderung alternativer Antriebe mit Meine Damen und Herren, zur Pkw-Maut. Verkehrs- erneuerbaren Energien. Wie sollen sich alternative und minister Scheuer hat über eine halbe Milliarde Euro in klimafreundliche Technologien durchsetzen, wenn Diesel den Sand gesetzt. Das Parlament wurde getäuscht. Der weiter mit Steuerrabatten bezuschusst wird? Bundesrechnungshof hat schwere Verstöße gegen das Vergabe- und Haushaltsrecht festgestellt. Jeder normale (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Arbeitnehmer wäre schon längst entlassen worden. Die Sie ändern nichts an den Strukturen. Die Abgaben- und Bürger dieses Landes erwarten jetzt Konsequenzen von Steuerlast für die umweltfreundliche Eisenbahn ist trotz Union und SPD. Mehrwertsteuersenkung im Vergleich zu anderen Ver- kehrsmitteln extrem hoch. Der Stromsteuersatz ist der (Beifall bei der LINKEN) zweithöchste in ganz Europa. Deshalb, meine Damen Viele Minister sind schon für weit weniger zurückgetre- und Herren, muss der Stromsteuersatz auf das europä- ten. Es kann doch nicht sein, dass dieser Skandal folgen- ische Minimum von 0,1 Cent gesenkt werden. Das würde los bleibt, meine Damen und Herren. die Bahn stärken. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16229

Stephan Kühn (Dresden) (A) Denn die Bahn ist das ökologische Rückgrat für die Ver- einen Verkehrsminister, der eine öffentlichkeitswirksame (C) kehrswende. Doch der Verkehrsminister baut lieber Stra- Brieffreundschaft mit dem Bahnchef pflegt. Das alles löst ßen, als ob es keine Klimakrise gäbe, als ob Digitalisie- keine Probleme, das ist reine Showpolitik. rung und Automatisierung keine Alternativen zum Zubetonieren von Landschaften wären. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) In den letzten zwei Jahren ist der Straßenbauetat um 1 Milliarde Euro gestiegen. Ebenfalls ausgeweitet wur- Wir müssen den Investitionsstau – das ist schon gesagt den die für die Steuerzahler teuren ÖPP-Projekte. Man worden – bei der Bahn endlich abbauen. Das System der stärkt aber nicht die umweltfreundliche Schiene, indem Verkehrsfinanzierung muss deshalb geändert werden. man neue Straßen baut. Derzeit gilt die Regel „Straße finanziert Straße“. Steigen- de Einnahmen aus der Erhöhung und Ausweitung der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Lkw-Maut führen zu zusätzlichen Investitionen in Stra- sowie des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE]) ßenneubau. Wir brauchen aber eine Abkehr von diesem Viele Straßenaus- und -neubauprojekte gehören auf den Prinzip. Notwendig sind zusätzliche Investitionen in die Prüfstand. Der Umweltbericht zum Bundesverkehrswe- Schiene, beispielsweise auch in die Reaktivierung von geplan spricht eine klare Sprache: Sollten alle Projekte, Bahnstrecken. Deshalb muss künftig gelten: Verkehr fi- die dort aufgeführt sind, umgesetzt werden, steigt der nanziert Verkehrswende. CO2-Ausstoß. Das ist das Gegenteil von dem, was wir (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier politisch verabredet haben. Deshalb brauchen wir sowie bei Abgeordneten der LINKEN) ein klimapolitisches Straßenbaumoratorium. Meine Damen und Herren, wirksamer Klimaschutz (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – braucht mutige Entscheidungen. Dieser Haushalt doku- Sören Bartol [SPD]: Und die Elektroautos fah- mentiert den fehlenden Willen und das Versagen der ren über den Mond, oder was?) Großen Koalition in der Klimaschutzpolitik. Ein richtiges Ziel ist es – ich glaube, das eint uns hier –, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – bis 2030 die Fahrgastzahlen der Bahn zu verdoppeln. Thomas Jurk [SPD]: So ein Blödsinn!) Doch dafür müssten endlich die Investitionen in Aus- und Neubau verdoppelt werden, sonst funktioniert das nicht. 3 Milliarden Euro bräuchten wir jährlich, um die Vizepräsident Thomas Oppermann: im Bundesverkehrswegeplan beschlossenen Projekte um- Vielen Dank. – Als Nächster hat das Wort der Bundes- zusetzen, minister Andreas Scheuer. (B) (D) (Sören Bartol [SPD]: Ihr verhindert doch jedes (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Projekt!) neten der SPD – Dr. Diether Dehm [DIE LIN- KE]: Noch-Bundesminister! – Dr. Franziska aber nur die Hälfte, nämlich 1,5 Milliarden Euro, steht im Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Haushalt zur Verfügung. So wird es nichts mit der Um- der noch da ist! Wahnsinn, dass der sich das setzung des Deutschland-Takts, und so wird es auch traut! – Gegenruf des Abg. Eckhardt Rehberg nichts mit der Verdopplung der Fahrgastzahlen. [CDU/CSU]: Ein bisschen zurückhaltend bit- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) te!) Die Mittel wurden im Vergleich zum Haushaltsentwurf sogar gekürzt, etwa bei den Investitionen in Lärmsanie- Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und rung an Schienenwegen. Für die Elektrifizierung regiona- digitale Infrastruktur: ler Bahnstrecken stehen im nächsten Jahr nur 10 Millio- Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! nen Euro zur Verfügung, Jeden Tag in Deutschland nehmen Menschen das Auto, die Bahn, den Bus, das Rad oder das Flugzeug. Deutsch- (Kirsten Lühmann [SPD]: Es gibt Haushalts- land ist mobil und digital in Stadt und Land. Das Ziel reste, und das weißt du auch!) dieser Großen Koalition ist die Gleichwertigkeit der Le- für die Sanierung kleiner Bahnhöfe 35 Millionen Euro, bensverhältnisse, und das erreichen wir mit dem Haushalt und das bei einem Gesamtetat von 30 Milliarden Euro. 2020 weiterhin. Das ist keine Investitionsoffensive für die Verkehrswen- (Beifall bei der CDU/CSU) de, das ist reine Kosmetik. Die Bürger telefonieren mobil, schreiben SMS, surfen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- im Internet. Jeden Tag werden Einkäufe getätigt, Bestel- wie des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]) lungen aufgegeben und Pakete zugestellt. Die Bahn braucht mehr Geld, aber nicht ohne eine (Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE grundlegende Strukturreform des Konzerns und eine Fo- LINKE]) kussierung auf das Kerngeschäft. Wir wissen bis heute nicht, was eigentlich die Bedingungen für die jährliche Millionen Bürger arbeiten in den Verkehrsbetrieben, in Kapitalerhöhung in Höhe von 1 Milliarde Euro bei der der Logistik, in der Automobilbranche, in den Häfen oder Bahn sind. Stattdessen erleben wir einen öffentlich aus- in den Behörden, die sich jeden Tag mit Mobilität be- getragenen Machtkampf in der Chefetage der Bahn und schäftigen. Dafür, dass vieles funktioniert und vieles 16230 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Bundesminister Andreas Scheuer (A) klappt, brauchen wir uns nicht zu entschuldigen; denn das die Bahn, das ich im Haushaltsausschuss vorgelegt habe, (C) ist die Basis unseres Wohlstands in Deutschland. zugestimmt. Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- neten der SPD – Sylvia Kotting-Uhl [BÜND- ordneten der SPD) NIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit dem, was Sie führen die Rede des Kollegen Kühn ad absurdum; er nicht klappt?) hat sich im Verkehrsausschuss enthalten – nicht einmal Diese Große Koalition nimmt die mit diesem Haushalt dagegengestimmt, sondern enthalten. Von daher: Für die- verbundenen Herausforderungen an, etwa dass sich die se Unterstützung der Grünen für eine gute Bahnpolitik Zeiten des Wohlstands nicht automatisch verlängern und dieses Verkehrsministeriums meinen herzlichen Dank. wir vielmehr einen riesigen Umbau unserer Volkswirt- (Beifall bei der CDU/CSU) schaft brauchen. Die Infrastruktur ist dafür die Basis. Dafür ist dieser Haushalt eine wirklich ausgezeichnete Basis, und deswegen möchte ich mich sehr herzlich bei Vizepräsident Thomas Oppermann: den Berichterstattern im Haushaltsausschuss, bei den Herr Scheuer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Fachpolitikern im Verkehrsausschuss, bei den Kollegin- Kollegen Kindler? nen und Kollegen der Bundesregierung und besonders beim Bundesfinanzministerium für diesen Haushalt be- Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und danken; denn dieser Haushalt ist Beweis dafür, dass das digitale Infrastruktur: Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit Nein. einem Etat von 19,5 Milliarden Euro ein wahres Investi- tionsministerium ist. (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Zuruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE Er kann gleich eine Kurzintervention machen. Dazu lade LINKE]) ich Sie herzlich ein. Wir sind das Mobilitätsministerium. Wir sind 30 Jahre (Zuruf des Abg. Stefan Gelbhaar [BÜND- nach dem Mauerfall – das sage ich ganz bewusst – ein NIS 90/DIE GRÜNEN]) Wiedervereinigungsministerium; denn von den 17 Projek- ten aus dem Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ ist ein Herr Kollege Meyer, wenn Sie bemängeln, dass die Teil abgeschlossen, wenige befinden sich vor dem Ab- Infrastruktur so schlecht ist, dann freue ich mich auf die schluss. Wir sind das Ministerium für die digitale Infra- Rückmeldungen des Ministers Wissing aus Rheinland- (B) struktur. Wir sind ein Technologieministerium. Und wir Pfalz, der mit mir zusammen an der Fertigstellung der (D) sind ein Serviceministerium für die Abgeordneten und die Hochmoselbrücke gearbeitet hat, einem großen Infra- Anliegen der Regionen. strukturprojekt der Region. (Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Zuruf des Abg. Christoph Meyer [FDP]) NEN]: Ankündigungsministerium!) Da muss ich sagen: Ich bekomme Dank von den Mini- Und wir investieren kräftig. Wir reformieren kräftig. Wir stern. Da fließt wirklich Geld. Einen Gruß an den Kol- legen Wissing in Rheinland-Pfalz. fördern, und wir beschleunigen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE neten der FDP – Gustav Herzog [SPD]: Das ist GRÜNEN]: Das Mautministerium!) der Unterschied zur FDP in Rheinland-Pfalz! – Und wir machen einen Riesenumbau für den Fortschritt. Zurufe der Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU] und Oliver Luksic [FDP]) Meine Damen und Herren, wenn ich mir die Reden anschaue, stelle ich fest, dass dieses Haus wirklich ganz Im Übrigen – damit man sich erinnert; auch die, die breit aufgestellt ist, jeden Tag Bericht erstatten –: Am 9. September 2010 hat die damalige Fraktionschefin Künast von der Grünen- (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE Bundestagsfraktion den Stopp des Projekts Hochmosel- GRÜNEN]: Uiuiui! – Zuruf der Abg. übergang gefordert. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]) (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vor allem in der Opposition. Die einen kritisieren, dass NEN]: Ja, bravo!) wir nicht genug für die Straße machen, was wir aber tun. Am 17. November 2019 lauten Zitate aus den Überschrif- (Zuruf von der AfD: Zu wenig!) ten: „Tausende Bürger feiern Fertigstellung der Hochmo- selbrücke“, „Party in 160 Meter Höhe“, „Jobmotor an der Und die anderen kritisieren, dass wir für die Bahn zu Mosel“. Das ist Infrastrukturpolitik: nicht dagegen sein, wenig machen. sondern Projekte umsetzen. Und das ist die Politik dieser Großen Koalition. Da möchte ich den Mut des Kollegen von den Grünen im Haushaltsausschuss hervorheben. Herr Kollege (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Kindler, Sie haben der Leistungs- und Finanzierungsver- neten der SPD – Zuruf der Abg. Daniela einbarung, dem größten Modernisierungsprogramm für Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16231

(A) Vizepräsident Thomas Oppermann: tur, eine KI-Strategie, 5G-Förderung, Wasserstoffstrate- (C) Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin, die Sie gie, Planungsbeschleunigung, Deutschland-Takt, Natio- gerade angesprochen haben? nale Plattform „Zukunft der Mobilität“, Bündnis für moderne Mobilität, Klimapaket und die größte Reform Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und in der Geschichte der Autobahnen mit 15 000 Beschäftig- digitale Infrastruktur: ten, die wir auf den Weg bringen. Das sind die Groß- Die kann auch eine Kurzintervention machen. projekte, die diese Koalition anschiebt und nichts ande- res, meine Damen und Herren. (Heiterkeit bei der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Renate (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Feig- Zu funktionieren, ist in Deutschland selbstverständlich ling!) geworden. Die Bürger haben einen hohen Anspruch, zu Im August 2017 – bei Herrn Perli und Herrn Kühn hat Recht. Es gibt viel Mobilität jeden Tag, und ja, es gibt das Thema ÖPP eine Rolle gespielt – hat Toni Hofreiter in täglich auch viel Verärgerung über Mobilität. Dessen bin der „Berliner Morgenpost“ zu dem Thema gesagt: ich mir bewusst. Wir müssen eine Mobilität nachzeich- nen, bei der völlig klar ist: Wenn eine Pendlerin auf das Die Pleite der A1-Betreiber ist eine kräftige Watsche Rad steigt, dann braucht sie einen durchgängig gesicher- für Minister Dobrindt … Dobrindt und die A1 zei- ten Radweg. Dafür haben wir Mittel in Rekordhöhe zur gen: So drohen zusätzliche Belastungen für Steuer- Verfügung gestellt. Sie braucht eine moderne Abstellan- zahlerinnen und Steuerzahler. lage am Bahnhof; das wird vom Bund gefördert. Sie Heute, am 26. November 2019, ist die Millionenklage braucht einen barrierefreien Bahnhof; das wird vom Bund vom Autobahnbetreiber A1 mobil abgewiesen worden, gefördert. Sie braucht eine gute Mobilfunkinfrastruktur. und wir haben in allen Punkten recht bekommen – damals Ich sehe, wie viel Widerstand es in den entsprechenden und heute. Regionen gibt, vor allem von Parteien, die hier im Deut- (Beifall bei der CDU/CSU – Reinhold Sendker schen Bundestag sitzen. Das lassen wir nicht mehr zu. [CDU/CSU]: Unser Reden! – Stefan Müller Hier eine gute Schiene fordern und draußen dann dagegen [Erlangen] [CDU/CSU]: Vielleicht ist das doch sein; hier flächendeckenden Mobilfunk fordern und drau- nicht so gut, wie sie immer denken!) ßen gegen den Bau von Sendeanlagen sein; hier große Projekte für eine gute Infrastruktur fordern und draußen Wo ist eigentlich der Kollege Krischer? Der ist normal dagegen sein. immer da, aber heute ist er nicht da. Trotzdem hat er der (B) „Berliner Morgenpost“ ein Interview gegeben, in dem er Meine Damen und Herren, wir brauchen einen nationa- (D) mich scharf angreift: len Kraftakt, vor allem bei der Bahn. Ich biete Ihnen an, und ich lade Sie dazu ein, dass wir der Bahn im nächsten Der Verkehrspolitiker Jahr Grundsatzfragen stellen, dass wir uns als Politiker – Krischer - zusammensetzen und fragen, wie wir die Bahn in Auf- trag, Ziel, Struktur und Organisation zukunftsfähig auf- warf Scheuer vor, zu viel Geld für Straßen und Auto- stellen, ohne Denkverbote. Denn ich glaube, dass in Zei- bahnen auszugeben, „während die Schiene unterfi- ten von Klimaschutz und Klimazielen jede Fraktion dafür nanziert bleibt kämpfen will, dass die Bahn ein gutes Angebot ist. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Wir stellen so viel Geld wie nie zuvor für die Bahn zur SES 90/DIE GRÜNEN) Verfügung. Ich lasse auch nicht zu, dass aufgrund eigener – im Haushaltsausschuss zugestimmt - Interessen von allen Seiten an unserem Konzern gezerrt und gezurrt wird zum Schaden der 320 000 Mitarbeiter- und Radwege bestenfalls ein Nischendasein genie- innen und Mitarbeiter, zum Schaden unserer Bahn. Des- ßen“. wegen müssen wir das System Schiene besser machen. Ich lade Sie ein, diese Grundsatzfragen gemeinsam zu Meine Damen und Herren, wir stellen bis 2023 für den beantworten. Radverkehr so viel Geld wie nie zuvor zur Verfügung: 1,45 Milliarden Euro. Und wir werden ein Fahrradland (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE Deutschland organisieren. GRÜNEN]: Welche Fragen denn?) (Beifall bei der CDU/CSU) Denn die Bürger wollen eines: schnelle Züge, bessere Umstiege, mehr Pünktlichkeit und vor allem eine bessere Denn Fahrradfahren hat Zukunft und ist hochmodern und Preisstruktur. klimafreundlich. (Christoph Meyer [FDP]: Kriegen sie aber (Beifall des Abg. Thomas Jurk [SPD]) nicht!) Meine Damen und Herren, ich darf nur einen Überblick Lassen Sie uns daran arbeiten, neben den Organisations- geben. Wir haben im Verkehrsministerium eine Block- und Strukturthemen. Dazu lade ich Sie ein. chain-Strategie, eine Klimaanpassungsstrategie für den Rhein, einen Masterplan Binnenschifffahrt, Zukunfts- Ich bedanke mich für die guten Beratungen für den bündnis Schiene, Innovationsprogramm Logistik 2030, Haushalt 2020. Wir können stolz sein; denn wir können Gesamtstrategie Mobilfunk, Masterplan Ladeinfrastruk- den Bürgerinnen und Bürgern sagen: Wir reinvestieren 16232 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Bundesminister Andreas Scheuer (A) ihr Steuergeld in die Regionen, damit auch die Mobilität den über die Bahn zu halten und draußen, wenn es um (C) von morgen sichergestellt ist. konkrete Projekte geht, dagegen zu sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der AfD – Dr. Franziska Brantner Vizepräsident Thomas Oppermann: [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geben Sie ein Beispiel!) Bevor wir in der Rednerliste fortfahren, erteile ich dem Kollegen Kindler das Wort für eine Kurzintervention. Erst beantragen die Grünen in der letzten Sitzungswo- che für freitagfrüh, um 8 Uhr, eine Sondersitzung, und Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dann ist neben dem Vorsitzenden Cem Özdemir ein Ab- NEN): geordneter der Grünen da. Die anderen Fraktionen waren Sehr geehrter Herr Präsident! – Herr Minister Scheuer, komplett anwesend. Das ist die Wahrheit. ich finde es sehr schade, dass Sie meine Zwischenfrage (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- nicht zugelassen haben, obwohl Sie mich direkt ange- ordneten der SPD und der AfD) sprochen haben und hier leider falsch behauptet haben, dass ich und meine Fraktion im Haushaltsausschuss der Das sollen die Bürgerinnen und Bürger draußen wissen. Leistungsfinanzierungsvereinbarung III zugestimmt hät- ten. Ihre Erinnerung aus dem Ausschuss ist anscheinend (Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- falsch. Ich bedaure, dass Sie das falsch in Erinnerung NEN]: Thema!) haben. Wir haben uns bei der Leistungsfinanzierungsver- Sie als Grüne können zum Beispiel auch dem ganzen einbarung III im Haushaltsausschuss wie im Verkehrsaus- Paket der Mehrwertsteuerreduzierung für die Fernver- schuss enthalten. Wir haben gesagt: Die Systematik und kehrsverbindungen der Bahn im Bundesrat in allen Punk- auch das Finanzvolumen sind nicht ausreichend, um die ten zustimmen. Da stehen Sie momentan auf der Bremse. Schiene für die nächsten zehn Jahre fit zu machen. So Da blockieren Sie momentan, dass es günstigere Preise haben wir uns im Haushaltsausschuss verhalten. für die Bahn gibt. Das ist die Wahrheit, und die sollen die Bürger schon erfahren. Aber anscheinend ist es ja eine Methode von Ihnen, hier im Bundestag falsche Behauptungen aufzustellen, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- damit Stimmung zu machen. Wir haben bei der Maut neten der SPD und der FDP – Stefan Gelbhaar erlebt, wie Sie mit falschen Behauptungen den Bundestag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst war es getäuscht haben. Ich bitte Sie also, hier nicht weiter sol- eine falsche Behauptung, jetzt ist es eine Lüge!) che Fake News zu verbreiten, sondern Ihre Aussage zu- (B) (D) rückzunehmen und zur Wahrheit zurückzukehren. Vizepräsident Thomas Oppermann: Vielen Dank. Vielen Dank. – Als Nächste erhält die Kollegin Renate Künast das Wort für eine Kurzintervention. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vizepräsident Thomas Oppermann: Danke, Herr Präsident. – Herr Scheuer, ich wundere Herr Scheuer. mich schon, warum Sie an dieser Stelle nicht über Bayern geredet haben. Ich glaube, in Bayern gibt es die meisten Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und Bürgerinitiativen, auch mit CSU-lern, die gegen Netzaus- digitale Infrastruktur: bau und andere Aktivitäten sind, oder? Also, Herr Kollege Kindler, ich habe mich beim Spre- cher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Haushalts- (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- ausschuss während dieser Sitzung vergewissert, ob Sie SES 90/DIE GRÜNEN) bei der Zustimmung die Hand oben gehabt haben. Ihre Zur Moselbrücke: Sie haben ja so schön gesagt, dass Hand war oben. Tausende Menschen die Moselbrücke gefeiert haben. Ich will Sie auf eines hinweisen: Es gab mal in Koalitions- (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- verhandlungen – da waren Sie natürlich nicht dabei – eine NEN]: Er wird es ja wohl wissen! – Sven- Debatte darüber, die Mosel- oder die Rheinbrücke zu Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- bauen. Das Ergebnis damals war, dass nicht die Rhein- NEN]: Das stimmt einfach nicht!) brücke, aber die Moselbrücke gebaut werden sollte. Ich Ich saß neben dem Mitarbeiter, der protokolliert hat. fürchte, die Rheinbrücke wäre sinnvoller gewesen. Wenn Sie das im Nachhinein korrigiert haben, ist das auch okay. (Gustav Herzog [SPD]: Falsch!) – Wie immer ihr es seht. Ich weiß, du warst dafür; ich war (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE nicht dafür. – Sie feiern jetzt Tausende Leute, die gefeiert GRÜNEN]: Hören Sie auf zu lügen! – Michael haben. Ich frage Sie aber, weil Sie diese Infrastruktur so Theurer [FDP]: War die Sitzung öffentlich?) loben: Haben Sie sich eigentlich mal Gedanken über die Herr Kollege Kindler, was mich stört – davon waren Winzerinnen und Winzer gemacht, die dieses Projekt zum Sie nicht betroffen, aber die Kollegen Fachpolitiker im großen Teil ablehnen, die zum Teil Sorge um ihre Hänge Verkehrsausschuss – ist, im Plenarsaal hier Sonntagsre- an dieser Stelle haben? Haben Sie mal festgestellt und Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16233

Renate Künast (A) können sagen, wie viele Arbeitsplätze diese Moselbrücke chen haben, Stichwort „Sendeanlagen“ und „Klimaan- (C) denn eigentlich so bringt? Damit meine ich nicht die Ar- passung“. beitsplätze im Baugewerbe während des Baus des Gan- Ich lade Sie, Frau Künast, und Ihre Parteifreunde ein, zen. Haben Sie sich mal gefragt, wohin man da auf dieser dass Sie jetzt Ja sagen zu flächendeckendem Mobilfunk Moselbrücke eigentlich fährt? Sie können zum Beispiel – in Deutschland ohne Protest gegen Sendeanlagen, zu flä- es ist ja der Wahnsinn solcher Infrastrukturprojekte, dass chendeckender Infrastruktur mit Klimaanpassung am Sie sie nicht in ein logisches Konzept für infrastrukturel- Rhein usw. Sie stehen auf der Bremse. Wir gestalten. le, für wirtschaftlich-regionale Entwicklung unter Be- Das ist der Unterschied. rücksichtigung des CO2-Ausstoßes mit einbinden – zum Nürburgring fahren. Das ist eine CO2-Schleuder. Man (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- kann zu einem Vergnügungspark fahren, dessen Hotelle- ordneten der SPD) rie am Ende die mittelständische Hotellerie kaputtmacht. Man kann zum Flughafen Frankfurt-Hahn fahren. Wir wissen alle, dass diese kleinen regionalen Flughäfen hoch Vizepräsident Thomas Oppermann: subventioniert sind, Herr Scheuer. Vielleicht können Sie sich ja auf eine gemeinsame Radtour über die Moselbrücke verständigen. (Björn Simon [CDU/CSU]: Wie lang ist eine Kurzintervention?) (Heiterkeit – Dr. Franziska Brantner [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht ja nicht! Die ist ja nicht für Fahrräder!) Vizepräsident Thomas Oppermann: Wir fahren fort, meine Damen und Herren. Das Wort Jetzt müssen Sie zum Schluss kommen. hat als Nächster der Kollege Wolfgang Wiehle für die Fraktion der AfD. Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – Ja. – Das wissen Sie vielleicht nicht: Dieser Flug- (Beifall bei der AfD) hafen und die Arbeitsplätze dort gehören zu den höchst subventionierten Arbeitsplätzen in der ganzen Republik. Wolfgang Wiehle (AfD): Ich muss wirklich sagen: Wer so eine Moselbrücke lobt, Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle- hat seine Infrastrukturvorstellungen irgendwie nicht, zu- gen! Rund um das Brandenburger Tor, direkt hier vor dem mindest nicht im 21. Jahrhundert, sortiert. Haus, demonstrieren heute Tausende Landwirte. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Nein!) (B) wie des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]) Sie fühlen sich als Prügelknaben einer Politik, die mit (D) dem moralischen Zeigefinger und mit immer neuen Vor- Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und schriften die Welt verbessern will und dabei die Wirklich- digitale Infrastruktur: keit aus dem Blick verliert. Frau Kollegin Künast, ich bin sehr erfreut, dass Sie (Beifall bei der AfD) jetzt zur Verkehrsexpertin der Grünenfraktion werden. Sie haben gerade ein paar Projekte angesprochen, die in Machen wir uns nichts vor: Die Autofahrer werden die Rheinland-Pfalz verortet sind. Da sind Sie mit in der Nächsten sein, die auf die Straße gehen; denn mit ihnen Koalition. Der Nürburgring ist nicht Sache des Bundes. wird ganz genauso umgegangen. Zur Hochmoselbrücke: Ich sage Danke an die 25 000 (Beifall bei der AfD) Menschen, die beim Bürgerfest an der Hochmoselbrücke Sie werden nur dann auf die Bahn umsteigen, wenn diese waren und sich ein ganzes Wochenende lang ein Inge- eine wirklich gute Alternative ist. Bei der Bahn wurde nieursbauwerk angesehen haben und sehr froh sind, dass aber in den letzten Jahrzehnten viel versäumt, kaputtges- es diese Infrastruktur gibt. part und auch für den gewollten Börsengang kaputtsa- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie niert. Da haben wir jetzt gewaltigen Nachholbedarf. bei Abgeordneten der AfD) Die Wirklichkeit ist aber auch – und das werden wir Anders als Sie waren die Bürgerinnen und Bürger da. von der AfD immer im Auge behalten –: Die Bahn ist kein Anders als Sie war der Kollege Peter Bleser da und hat Allheilmittel. Sie ist stark beim Nahverkehr in großen mit den Leuten geredet, und anders als Sie waren wir vom Städten, bei schnellen Fernverbindungen und bei großen BMVI da und haben mit den Bürgern gesprochen. Gütermengen. Aber sie wird niemals zu jeder Ortschaft auf dem Land fahren und jedes Haus beliefern. Deshalb Eines ist ganz klar: Ich mache seit 15 Jahren Verkehrs- dürfen wir den Straßenverkehr mit Auto und Lkw nicht politik. Ich weiß, dass es viel Kritik an der Hochmosel- verteufeln. brücke gegeben hat. Aber es ist schön, dass selbst die Gegner zu mir gekommen sind und gesagt haben: Könn- (Beifall bei der AfD) ten wir denn an dieser Hochmoselbrücke nicht noch ein Es ist richtig, dass jetzt mehr Geld für die Schiene Tourist-Informationscenter einrichten; denn das ist wirk- eingesetzt wird. Engpässe müssen beseitigt werden, Män- lich ein Infrastrukturupgrade, ein Vitaminstoß für den gel ausgebessert. Die Bahn muss ins elektronische Zeit- Aufschwung der Region. – Das ist Ausbau von Infra- alter gebracht werden. So wird sie wieder zuverlässig und struktur, Frau Künast, und nicht das, was Sie angespro- attraktiv. 16234 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Wolfgang Wiehle (A) (Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Ihr müsst Meine Damen und Herren, werfen Sie also den ideo- (C) mal sagen, was ihr wollt!) logischen Ballast der sogenannten Verkehrswende ab, Die Deutsche Bahn soll jetzt jedes Jahr 1 Milliarde Euro (Gustav Herzog [SPD]: Die AfD redet von Zuschuss als Kapitalerhöhung bekommen. Auch für die ideologischem Ballast! Mir stehen die Haare Instandhaltung des Netzes gibt es in den nächsten zehn zu Berge!) Jahren viele zusätzliche Milliarden. und kümmern Sie sich um die Dinge, die für die Bürger Wenn so viel Geld ausgegeben wird, dann sind Klarheit wirklich gut und wichtig sind. und Transparenz das oberste Gebot. Das beginnt damit, dass die Kapitalerhöhung wirklich komplett in die Infra- (Beifall bei Abgeordneten der AfD) struktur fließen muss. An der neuen Leistungs- und Fi- nanzierungsvereinbarung für die Instandhaltung der Vizepräsident Thomas Oppermann: Bahnstrecken hat der Rechnungshof scharfe Kritik ge- Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist für äußert. Es ist unklar, ob die Regulierung wirklich funk- die Fraktion der SPD der Kollege Thomas Jurk. tioniert, aber das Ganze wird jetzt für zehn Jahre festge- schrieben. Die kleine Nachbesserung, die im letzten (Beifall bei der SPD) Moment im Haushaltsausschuss beschlossen wurde, löst das Problem in unseren Augen nicht. Für die AfD-Frak- Thomas Jurk (SPD): tion ist es deshalb Zeit, an einer mutigen Gesamtlösung zu Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten arbeiten, an einem Bahninfrastrukturfonds nach Schwei- Damen und Herren! Während der Haushaltsplanberatun- zer Vorbild. gen zum Einzelplan des Bundesministeriums für Verkehr (Beifall bei der AfD) und digitale Infrastruktur haben wir über 80 Änderungen im Haushaltsplan vorgenommen. Wenn ich mich recht Geld aus allen Quellen wird dort gesammelt, Geld für alle erinnere, waren viele dieser Änderungen auch begleitet Projekte dort entnommen, egal ob für die Staatsbahnen von der Zustimmung der Opposition. Das wirft, glaube oder für andere. ich, ein anderes Licht auf das, was wir heute an Debatten Es liegt aber nicht nur an der Finanzierung, wenn der hier gehört haben. Ausbau der Infrastruktur stockt. Unendlich lange Pla- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des nungsverfahren sind ein anderes Problem, und oft sind Abg. Reinhold Sendker [CDU/CSU]) es die Grünen und ihre Freunde, die hier im Bundestag am lautesten den Bahnausbau fordern und vor Ort am Es ist sicher besonders wichtig, darauf hinzuweisen, (B) lautesten dagegen protestieren. dass wir einen Rekordwert beschlossen haben, nämlich (D) Ausgaben in Höhe von rund 31 Milliarden Euro, und (Beifall bei der AfD) selbst das sind 175 Millionen Euro mehr, als noch in Jetzt soll ein Gesetz für beschleunigte Planungen kom- der Ergänzungsvorlage des Herbstes vorgesehen waren. men. Und Sie von der Regierungsbank haben das gleich (Beifall bei Abgeordneten der SPD) wieder gebremst und Riesenenttäuschungen vor Ort pro- duziert. Ich fordere die Bundesregierung an dieser Stelle Bei all diesen Änderungen wird eines klar: Der Schie- auf, insbesondere die Marschbahn nach Sylt wieder in die nenverkehr bleibt der Gewinner im Einzelplan 12. Liste der Pilotprojekte aufzunehmen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des (Beifall bei der AfD) Abg. Reinhold Sendker [CDU/CSU]) Riesenenttäuschungen erleben auch viele Bürger, de- Bereits mit der Ergänzungsvorlage wurde die Deutsche nen die Telekom ihre ISDN-Leitung auf neue Technik Bahn mit rund 1 Milliarde Euro Eigenkapital ausgestattet. umstellt. Manche haben nämlich danach kein Internet Fortsetzung folgt, nämlich jährlich 1 Milliarde Euro bis mehr. Das kann in einem hoch technisierten Land wie 2030. Außerdem wurden zusätzliche Mittel in Höhe von Deutschland einfach nicht sein. Die schlechte Mobilfunk- 114 Millionen Euro für den Schienengüterverkehr bereit- versorgung auf dem Land macht das dann noch viel gestellt. schlimmer. Viele können nicht auf LTE ausweichen, weil es dort auf allen Kanälen nur Funklöcher gibt. Bevor die In den Haushaltsplanberatungen haben wir außerdem Regierung also großspurig den 5G-Ausbau verkündet – für die Förderinitiative zur Attraktivitätssteigerung und und das vielleicht auch noch mit Technik eines chinesi- Barrierefreiheit von Bahnhöfen weitere Mittel im Um- schen Staatskonzerns in den Netzknoten –, sollte sie erst fang von 300 Millionen Euro veranschlagt. Damit kann einmal dafür sorgen, dass alle LTE haben. die vollständige Umsetzung der zweiten Säule dieses Pro- grammes und die fast vollständige Finanzierung der drit- (Beifall bei der AfD) ten Säule vorgenommen werden. Darüber hinaus ist das Jetzt soll auch der Staat Funkmasten aufstellen, dort, wo so wichtige Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsfor- es sonst mangels Umsatz nicht passiert. Das ist richtig, schung mit zusätzlich knapp 60 Millionen Euro finanziell aber um Jahre zu spät. Offensichtlich hat die Regierung es deutlich besser ausgestattet worden. Bei dem im letzten einfach verschlafen. Ein leistungsfähiger Internetzugang Jahr geschaffenen Titel zur Förderung alternativer An- gehört heute zur Grundversorgung. triebe im Schienenverkehr wurden Verpflichtungser- mächtigungen in Höhe von 60 Millionen Euro bereitge- (Beifall bei Abgeordneten der AfD) stellt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16235

Thomas Jurk (A) Was mir besonders wichtig ist: Auch im Personalhaus- Erstens. Mit der Bereinigungsvorlage hat Bundesmi- (C) halt des Bundesverkehrsministeriums ist die Schiene der nister Olaf Scholz 50 Millionen Euro zur Förderung der Gewinner. So erhält das Eisenbahn-Bundesamt im Entwicklung hochwertiger digitaler Spiele zur Verfügung kommenden Jahr zusätzlich 109 Planstellen. Warum er- gestellt. Dazu gibt es auch Verpflichtungsermächtigun- hält es diese Planstellen? Damit werden die Umsetzung gen. Damit wird auch der Entwicklerstandort für diesen des Planungsbeschleunigungsgesetzes abgesichert, die Bereich in Deutschland gestärkt und international wett- Erhöhung der Investitionen bei den Schienenwegen per- bewerbsfähig gemacht. sonell untersetzt und auch die Schienenverkehrsfor- schung verstärkt. Zweitens – was mir auch besonders wichtig ist-: Für den Radverkehr wurden mit dem Ergänzungshaushalt in (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der diesem Einzelplan bereits 125 Millionen Euro zusätzlich CDU/CSU) zur Verfügung gestellt. Nicht zuletzt hat der Haushaltsauschuss in seiner Be- (Beifall bei der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Su- reinigungssitzung der neuen Leistungs- und Finan- per!) zierungsvereinbarung mit der Bahn zur Erhaltung der Schienenwege, der bekannten LuFV III, zugestimmt. Im- – Nicht zu zeitig klatschen, es kommt doch noch, Ulli. – merhin reden wir über ein Gesamtvolumen von 86 Millio- Der Haushaltsausschuss hat jetzt für das Sonderpro- nen Euro. Der Bundesanteil aus dem Haushalt liegt ja gramm „Stadt und Land“ noch einmal 637 Millionen Eu- bekanntermaßen bei über 50 Milliarden Euro, von denen ro draufgelegt. Damit stehen allein im Etat des BMVI allerdings 5 Milliarden Euro in den Jahren 2025 bis 2029 mehr als 760 Millionen Euro zusätzlich für die Förderung qualifiziert gesperrt werden. Wir haben in einem Maß- des Radverkehrs bereit. Das ist doch wohl ein wirksamer gabebeschluss festgelegt, welche Hausaufgaben Ver- Beitrag, kehrsministerium und Bahn zu erledigen haben, damit (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der Restbetrag entsperrt werden kann. der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD]: Super!) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte es um klimaschonende Mobilität in Deutschland voranzu- für eine kluge Lösung, auf der einen Seite die Planungs- bringen. sicherheit bei den Geldern bis zum Jahre 2029 nicht zu gefährden, auf der anderen Seite aber auch deutlich zu Ich glaube schon: Die haushaltspolitischen Weichen- machen, dass wir als Politiker genau hinschauen wollen, stellungen sind erfolgt. Nun gilt es, die Mittel zügig in wofür dieses Geld eingesetzt wird. Deshalb war der Maß- unsere Infrastruktur zu investieren. gabebeschluss, glaube ich, sehr richtig. (B) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (D) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der der CDU/CSU) CDU/CSU) Im Übrigen, Herr Kollege von der FDP, will ich darauf Vizepräsident Thomas Oppermann: hinweisen: Ich hatte auch den Eindruck, dass der Bundes- Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege rechnungshof darüber nicht unbedingt unzufrieden war, Dr. Christian Jung für die Fraktion der FDP. sondern gesagt hat, dass wir weite Teile seiner Kritik auf- greifen. Deshalb ist dieser Maßgabebeschluss, finde ich, (Beifall bei der FDP) genau die richtige Dosis, um sicherzustellen, dass die LuFV III ihre Zwecke erfüllt. Dr. Christian Jung (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Herren! Mit diesem Haushalt versucht die Bundesregie- CDU/CSU) rung, die wahren Probleme im Bundesministerium für Im Zusammenhang mit der Bahn möchte ich noch ein- Verkehr und digitale Infrastruktur zu verschleiern. mal daran erinnern, dass wir die Mittel für das Bundes- (Gustav Herzog [SPD]: So ein Quatsch!) programm nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsge- setz wie geplant 2020 auf über 665 Millionen Euro In der Realität ist die Substanz der Infrastruktur auf dem verdoppeln, ab 2021 auf 1 Milliarde Euro verdreifachen, absteigenden Ast, genauso wie Sie, Herr Minister und ab 2025 werden dann 2 Milliarden Euro zur Verfü- Scheuer. gung gestellt. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das Bereits erwähnt wurde auch die Erhöhung der Regio- stimmt! – Zurufe von der CDU/CSU: Ah!) nalisierungsmittel, die ja an die Bundesländer gehen. Wir Wir haben einen Finanzierungshochlauf, aber die Brü- sind gemeinsam daran interessiert, dass keine Bugwelle cken auf unseren Autobahnen, Bundesstraßen und bei der entsteht, sondern dass diese Mittel zweckentsprechend Bahn werden dennoch im Schnitt immer schlechter. Das eingesetzt werden. Aber es ist auch unsere klare Ansage: aktuelle Beispiel der Hochstraße in Ludwigshafen am Wir unterstützen Länder und Kommunen bei der Auswei- Rhein sollte uns ein allerletzter Warnschuss für unsere tung der Schienenverkehrsangebote. marode Infrastruktur insgesamt sein. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der FDP – Gustav Herzog [SPD]: Da die Zeit rinnt, will ich noch auf zwei Punkte auf- Das ist eine kommunale Straße! Das ist keine merksam machen: Straße in der Trägerschaft des Bundes!) 16236 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Dr. Christian Jung (A) Infrastruktur darf kein Alptraum sein. Da müssen wir dass dem deutschen Steuerzahler fahrlässig Schaden zu- (C) aufpassen. gefügt wurde. Der Abruf der Straßenbaumittel hat sich ebenso ver- (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE schlechtert. Das Geld kommt nur zum Teil auf die Straße. GRÜNEN]: Ja!) Im nächsten Jahr gibt es rund 92 Millionen Euro weniger für die Bundesfernstraßen. Kümmern Sie sich deshalb lieber mit uns gemeinsam um die wichtigen Dinge, zum Beispiel die Planbeschleu- Die einseitige Förderung der Elektromobilität und die nigung für bedeutende Infrastrukturprojekte, Ideologie gegen die individuelle Mobilität und den Ver- brennungsmotor werden schon im Frühjahr zu Kurzarbeit (Beifall bei der FDP) und zur Streichung von Arbeitsplätzen in der Automobil- schnellere Bauarbeiten auf Autobahnen, eine präzise und industrie und vor allem bei den Zulieferern führen. unaufgeregte Förderung des Radverkehrs ohne Sonntags- (Beifall bei der FDP) reden, eine unideologische Förderung des Luftverkehrs, auch von kleinen Flughäfen wie Baden-Baden/Rastatt in Herr Minister Scheuer, Sie schütten unterdessen die meinem Wahlkreis, Deutsche Bahn teilweise unkontrolliert mit Milliarden zu, und es kommt dennoch nichts Besseres heraus als (Gustav Herzog [SPD]: Aha!) ein für die Bahn unwürdiger Intrigenstadel um die Vor- gezieltere und mehr Fördermaßnahmen für Sicherheits- standsmacht mit , Dr. Richard Lutz und systeme beim Lkw und eine durchgängige Rheinvertie- Andreas Scheuer als Hauptdarsteller. fung sowie funktionierende und elektrifizierte Ausweich- (Beifall bei der FDP) strecken für die Bahn, um ein Desaster wie die Tunnelhavarie 2017 in Rastatt nicht zu wiederholen. Die Affäre um die illegalen Beraterverträge bei der Bahn ist nicht aufgeklärt, wenn man nur an den bedeuten- Das Bundesministerium hat einen Haushalt vorgelegt, den Bahnexperten Jürgen Rüttgers denkt. Selbst dem se- der eine vermeintlich tolle Außenwirkung verspricht, der riösen und zum Glück völlig unabhängigen Bundesrech- in der Substanz aber nicht viel bringt. Wir als Freie De- nungshof wurde es nun zu bunt. Der Rechnungshof mokraten lehnen deshalb diesen Haushalt ab. kritisiert Sie besorgniserregend präzise am laufenden (Beifall bei der FDP) Band.

Herr Minister Scheuer, überall werde ich auf Ihre Vizepräsident Thomas Oppermann: schlechte Performance angesprochen. (B) Vielen Dank. – Als Nächster spricht für die Fraktion (D) (Lachen des Abg. Michael Donth [CDU/CSU]) Die Linke der Kollege Jörg Cezanne. – Ja, selbstverständlich. Sprechen Sie mal mit den Leuten (Beifall bei der LINKEN) in Ihren Wahlkreisen! Wenn die Bundesregierung inklusive der CSU nicht so Jörg Cezanne (DIE LINKE): angeschlagen wäre, wären Sie schon längst nicht mehr im Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es Amt. Das wissen vor allem Markus Söder und Angela noch eines Beweises bedurft hätte, dann genügte ein Merkel. Das geben auch Ihre Kolleginnen und Kollegen Blick in den Einzelplan des Verkehrsministeriums: Mit unter vier Augen zu. Andreas Scheuer als Verkehrsminister ist eine klimaneut- rale und ressourcenschonende Verkehrswende nicht zu (Zurufe von der CDU/CSU: Ah!) machen. Sie ermöglichen nun 11 Milliarden Euro Eigenkapital- (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia erhöhung bei der Bahn bis 2030. Das bedeutet zunächst Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) einmal eine unglaubliche Wettbewerbsverzerrung gegen- über den Privatbahnen. Sie wollen erst bis 2040 flächen- Damit wir nicht aneinander vorbeireden: Herr Kruse deckend das Zugleitsystem ETCS einbauen und schaffen von der CDU hat gesagt, das sei der beste Haushalt seit es noch nicht einmal, bei den neuen Zuleitungsstrecken Langem für die Bahn. Da liegt die Latte allerdings nach für Stuttgart 21 ETCS sofort einzubauen. 25 Jahren verfehlter Bahnpolitik nicht sehr hoch. Die Bahn beweist unterdessen ihren Kunden permanent, (Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Genau! – jeden Tag, mit Verspätungen und Qualitätsmängeln, dass Michael Donth [CDU/CSU]: Aber recht hat langjährige operative Erfahrungen nicht durch Sonntags- er!) reden und Versprechungen ersetzt werden können. Die Aber die Kritik ist doch nicht, Herr Donth, dass wir ir- Zeit ist auch deshalb reif für eine Trennung von Netz gendwie noch ein bisschen mehr Geld ausgeben wollen. und Betrieb. Die Kritik ist doch, dass wir mit dem, was Herr Scheuer (Beifall bei der FDP) jetzt aufwendet und was in der LuFV III bereitgestellt wird, gerade einmal den Rückstand bei den Erhaltungs- Über die größte Geldverschwendung namens Pkw- investitionen bei der Bahn ausgleichen können. Mautdebakel werden wir im Parlamentarischen Untersu- chungsausschuss mit Ihnen und ohne Sie noch viel zu (Beifall bei der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch sprechen haben. Aber hier vorab: Es ist zu befürchten, [DIE LINKE]: Genau! Das ist der Punkt!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16237

Jörg Cezanne (A) Mit dem, was in diesem Haushalt und in der LuFV III Vizepräsident Thomas Oppermann: (C) bereitgestellt wird, kann von einer Verdoppelung der Vielen Dank. – Als Nächste spricht die Kollegin Fahrgastzahlen, die Ihr eigenes Ziel ist, gar nicht die Rede Daniela Wagner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. sein. Der angestrebte Deutschland-Takt 2030 ist damit noch nicht gesichert. Das Institut der deutschen Wirt- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schaft und das gewerkschaftsnahe Institut für Makroöko- nomie und Konjunkturforschung haben ausgerechnet, Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): dass in den nächsten zehn Jahren 60 Milliarden Euro Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! zusätzlich notwendig sind, um die gewünschten Ziele Die Verkehrspolitik des Andreas Scheuer und der Bun- zu erreichen. Da müssen Sie ansetzen. desregierung wird von ganz alten Grundsätzen geleitet, und das in einer Zeit, in der ein Aufbruch sofort ange- (Beifall bei der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch gangen werden müsste. Der Haushalt strotzt vor liebge- [DIE LINKE]: Genau! Richtig!) wonnenen Privilegien und Subventionen. Der Löwenan- Dabei lassen Sie mit dem, was Sie jetzt vorlegen, die teil des Verkehrshaushalts fließt wie gewohnt in die Schere zwischen den notwendigen Investitionen in einen Straße, und der Diesel wird wie immer mit Milliarden klimaneutralen öffentlichen Verkehr und den Mitteln für subventioniert. Eine grundsätzliche Neubewertung, Herr den Straßenbau immer weiter auseinandergehen. Die Minister, und ein entschiedenes Umsteuern in Richtung wird ja gar nicht geschlossen. Der irrsinnige Finanzie- Verkehrswende sehen wahrlich anders aus. rungskreislauf Straße sorgt dafür, dass mit immer weiter (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steigendem Straßenverkehr auch noch immer mehr Geld sowie des Abg. Jörg Cezanne [DIE LINKE]) für den Ausbau von Straßen zur Verfügung gestellt wird. 8 Milliarden Euro jährliche Einnahmen aus der Lkw- Das Gleiche gilt für die viel zu ängstlichen fiskalischen Maut dürfen ausschließlich für Straßen verwendet wer- Maßnahmen im Klimapaket. Die Erhöhung der Luftver- den. Das ist kompletter Unfug. kehrsteuer wird in diesen Tagen in der öffentlichen De- batte als Highlight des Klimapakets gehandelt. Das allein (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- sagt schon viel über den Rest des Klimapakets aus. neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie setzen damit eine 70-jährige, völlig einseitige Orien- tierung auf die Straße und den Automobilverkehr fort, Da möchte ich einiges zurechtrücken: anstatt dafür zu sorgen, dass auch Menschen im ländli- Der Luftverkehr lebt bis heute von Privilegien, die aus chen Raum ohne ein Auto mobil sein können. Der Finan- der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts stammen, und (B) (D) zierungskreislauf Straße muss aufgebrochen werden. dort gehören sie auch hin. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN [DIE LINKE]: Genau! Richtig!) sowie des Abg. Jörg Cezanne [DIE LINKE]) Ich komme zu einem anderen Problem. Der Streik der Ein erheblicher Teil der umweltschädlichen Subventio- Busfahrer bei privaten Busunternehmen in Hessen offen- nen in unserem Bundeshaushalt entfällt nach wie vor bart ja noch eine andere Seite einer verfehlten Verkehrs- auf den Luftverkehr. Das kann man nicht oft genug sagen. politik: Die Kolleginnen und Kollegen müssen allen Das Umweltbundesamt hat gerade die neuesten Zahlen Ernstes dafür streiken, dass ihnen vorgeschriebene Pau- veröffentlicht. Die Kerosinsteuer auf alle Flüge würde sen auch bezahlt werden und dass sie einen Basisstunden- bedeuten: 8 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnah- lohn von mehr als 13,50 Euro erhalten. men für die Verkehrswende. Mehrwertsteuer auf alle in- ternationale Flüge würde bedeuten: Noch einmal 4 Mil- Auch im Zuge der Vergabe an private Verkehrsunterneh- liarden Euro Steuereinnahmen zusätzlich. Das macht men muss dafür gesorgt werden, dass branchenübliche insgesamt 12 Milliarden Euro im Jahr, auf die Sie ver- Löhne gezahlt werden, bei den öffentlichen sowieso. zichten, und das, obwohl Fliegen die klimaschädlichste (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Art ist, sich fortzubewegen. Der Luftverkehr ist zusam- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) men mit der internationalen Seeschifffahrt am weitesten vom Weg zur Klimaneutralität entfernt. Inzwischen ha- Gute Arbeit ist eine wesentliche Voraussetzung, um die ben viele Menschen verstanden, dass Klimaschutz so für die Verkehrswende dringend benötigten Busfahrerin- nicht funktioniert. nen, Lokomotivführer und dergleichen überhaupt gewin- nen zu können. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörg Cezanne [DIE LINKE]) Verkehrsminister Scheuer ist offensichtlich taub und Der Druck ist mittlerweile groß geworden, sodass Sie blind für die Zeichen der Zeit. Unter dieser Regierung Ihre schützende Hand nicht mehr ganz so intensiv über kann eine fortschrittliche Verkehrspolitik im Interesse den Luftverkehr legen; sie haben sie ein bisschen wegge- der großen Mehrheit nur gegen den Verkehrsminister zogen. Aber ich sage es, wie es ist: Die umweltschäd- durchgesetzt werden. lichen Subventionen von mehr als 12 Milliarden Euro Danke sehr. stehen einer Luftverkehrsteuer gegenüber, die gerade mal 1,75 Milliarden Euro bringt, statt früher 1 Milliarde (Beifall bei der LINKEN) Euro. Das ist längst nicht ausreichend. 16238 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Daniela Wagner (A) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei der CDU/CSU) (C) sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Der Luftverkehr muss endlich die Steuern zahlen, die alle Reinhold Sendker (CDU/CSU): anderen Verkehrsteilnehmer auch zu entrichten haben. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kostenwahrheit muss dringend auch beim Fliegen herr- Koalition hält Kurs bei der Modernisierung unserer Ver- schen. kehrsanlagen und einer aktiven Klimaschutzpolitik: mit dem größten Investitionsblock im Bundeshaushalt und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mit neuerlichen Rekordinvestitionen, mit deutlich mehr Hören Sie endlich auf, Herr Minister, immer auf andere Personal im Eisenbahn-Bundesamt und in der Wasser- Staaten zu zeigen, die noch weniger tun als Sie selbst. und Schifffahrtsverwaltung sowie mit dem größten Wenn Sie es ernst meinen, dann gehen Sie die ersten Schienenmodernisierungsprogramm, das Deutschland je möglichen Schritte, und versuchen Sie, die anderen Län- erlebt hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind die der mitzuziehen, anknüpfend an die Länder, die heute richtigen Schwerpunkte; denn das bedeutet deutlich mehr schon bereit sind, mehr zu tun. Mobilität für alle in unserem Land. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Sören Bartol [SPD]: So wie ihr in der hessi- der SPD) schen Landesregierung? Mann, Mann, Mann!) In diesem Zusammenhang danke ich Ihnen, Frau Kol- Aber es ist das Gegenteil passiert. Im Haushaltsausschuss legin Lühmann, und den verehrten Kolleginnen und haben Sie beschlossen, dass es weitere indirekte Finanz- Kollegen von den Koalitionsfraktionen für eine sehr kon- spritzen für die chronisch defizitären Regionalflughäfen struktive Zusammenarbeit in den Haushaltsplanberatun- über das Vehikel DFS gibt, erst 20 Millionen Euro, dann gen. Damit sind und bleiben wir erfolgreich. Vielen Dank 50 Millionen Euro. Das fördert die Billigfliegerei, von der dafür! Sie alle behaupten, Sie wollten das endlich abstellen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der SPD) Ja, diese Subventionen braucht kein Mensch. Die EU Unsere Verkehrsanlagen sind die Lebensadern unseres wollte den Unsinn längst beenden. Sie unterlaufen das Landes und das Fundament für Wachstum und Wohl- jetzt ganz geschickt, indem Sie die Flugsicherung als Ve- stand. Natürlich wären wir gerne schon weiter bei der hikel benutzen. Anstatt auf Umwegen die hochdefizitären Ertüchtigung und beim Erhalt, beim Ausbau und bei der Regionalflughäfen in diesem Land künstlich am Leben zu Verlagerung der Verkehre von der Straße auf die Schiene (B) (D) halten, wäre es besser, Sie würden den Teil der Mehrein- und vor allem bei der flächendeckenden Versorgung mit nahmen aus der Luftverkehrsteuer für die Förderung von Glasfaser und 5G. Aber seitdem das Delta der Unterfinan- Antriebsalternativen wie Power-to-Liquid-Treibstoffen zierung im Verkehrsbereich weitgehend aufgehoben ist verwenden. und die Haushaltsmittel für den Verkehrsbereich fast ver- (Beifall bei der FDP – Sören Bartol [SPD]: Ja, doppelt werden konnten, kommen wir erheblich voran. macht ihr das in Hessen denn auch?) Genau das bestätigen uns trotz ihrer Kritik sozusagen alle Fachverbände im Verkehrsbereich. Meine Damen und Eine Verkehrs- und Antriebswende ist in diesem Einzel- Herren, diesen erfolgreichen Weg werden wir mit dem plan nicht im Entferntesten zu erkennen. Verkehrshaushalt 2020 konsequent fortsetzen. Noch etwas, Herr Minister: Über Ihre wunderbare Hochmoselbrücke, auf der Sie ein schönes Bürgerfest ge- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) feiert haben, kann man nicht mal mit dem Fahrrad auf die Die Politik der GroKo stärkt vor allem die Schienen- andere Moselseite fahren. Das ist doch absurd. So was ist verkehre. Damit das nicht vergessen wird, weise ich noch doch völlig aus der Zeit gefallen. einmal auf die Leistungs- und Finanzierungsvereinba- rung III hin: 86 Milliarden Euro, so viel Geld wie noch (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – nie für die Schieneninfrastruktur. Dieses Geld ist, wie das Gustav Herzog [SPD]: Man kann auch mit dem immer gesagt wird, nicht ausschließlich für Investitionen Fahrrad an der Mosel fahren! Man muss nicht im Jahr 2020 vorgesehen, sondern das ist für die nächsten über die Brücke!) zehn Jahre eine verlässliche Investitionsbasis. Lassen Sie mich noch eine letzte Bemerkung machen. Ihr Umgang mit der Wahrheit ist irgendwie auch ein biss- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) chen defizitär. Inzwischen wurde beim Ausschusssekre- Ferner steigen die Mittel des Bundes für den öffent- tariat angerufen; unsere Leute haben sich im Haushalts- lichen Personennahverkehr sukzessive an. Bis zum Jahr ausschuss enthalten. Hören Sie bitte auf, hier permanent, 2031 kommen – darauf ist eben vom Kollegen Bartol wieder und wieder, die Unwahrheit zu sagen. hingewiesen worden – weitere 5 Milliarden Euro dazu. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind 5 Milliar- den Euro für eine klimafreundliche Verkehrspolitik. Das muss hier mal sehr deutlich gesagt werden. Vizepräsident Thomas Oppermann: Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der (Beifall der Abg. Eckhardt Rehberg [CDU/ CDU/CSU der Kollege Reinhold Sendker. CSU] und Sören Bartol [SPD]) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16239

Reinhold Sendker (A) 316 Millionen Euro sind in den nächsten Jahren zusätz- Meine Damen und Herren, noch vor wenigen Wochen (C) lich für Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität von haben wir auf einer Delegationsreise nicht nur erfahren, Bahnhöfen und für einen barrierefreien Zugang vorgese- dass in unseren Nachbarländern Niederlande und Bel- hen. Davon profitieren vor allen Dingen viele kleinere gien – apropos Fahrradrepublik Deutschland – das Fahr- Bahnhöfe im ländlichen Raum. Diese zusätzlichen Inves- radfahren eine lange Tradition hat, sondern hier wurde titionsmittel sind dringend erforderlich. Dafür danke ich uns auch eine bemerkenswerte Fahrradinfrastruktur vor- auch im Namen meiner Fraktion unseren Haushältern gestellt. Diese zeigt Wege auf, wie in den Städten in größ- sehr herzlich und ausdrücklich. erem Umfang Verkehre verlagert werden können. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Auch ich komme nicht umhin, die hohen Investitionen, des Abg. Gustav Herzog [SPD]) die angezeigt werden – auch für die Folgejahre –, aus- drücklich zu loben und zu sagen, dass die zum Teil er- Ich weise auch auf das Programm zur Förderung von freulich hohen Verpflichtungsermächtigungen in den Batterie-, Brennstoffzellen- und Hybridfahrzeugen im nächsten Jahren neue Perspektiven für diesen Bereich er- Schienenverkehr hin, das mit 12,6 Millionen Euro ausge- öffnen. stattet ist und mit weiteren 60 Millionen Euro für die nächsten Haushaltsjahre. Der Ansatz für die Schienenver- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) kehrsforschung wird verdoppelt, und die Verpflichtungs- Aber: Im ländlichen Raum reicht das Fahrrad allein ermächtigungen für andere Schienenprogramme werden nicht aus, und da widerspreche ich Ihnen. Ohne Auto deutlich erhöht. hieße es für viele schlicht und einfach: zu Hause bleiben. Von ganz hoher Bedeutung für uns ist die personelle (Beifall bei Abgeordneten der AfD) Ausstattung des Eisenbahn-Bundesamtes, auch mit Blick Deshalb gilt für uns: Verkehrsverlagerung auf Schiene auf seine zusätzlichen Aufgaben. Wer die Schiene stärken und Wasserwege, so weit wie möglich, ausdrücklich ja, will, muss dem EBA mehr Personal geben. Eben wurde aber keine Einschränkung beim Verkehrsträger Straße bereits festgestellt, dass das Ergebnis der Beratungen lau- dort, wo die Menschen darauf angewiesen sind! tet: 109 Stellen zusätzlich. Liebe Kolleginnen und Kol- legen, das ist ein sehr eindrucksvoller Erfolg unserer Po- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) litik. Wer bei der Straße 2 Milliarden Euro einsparen will, der (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und erteilt besseren Verkehrsverhältnissen eine Absage, und der SPD) genau das lehnen wir entschieden ab. (B) Meine Damen und Herren, die Politik der GroKo stärkt Schlussendlich: Wir haben in dieser Haushaltsplande- (D) nicht nur den Schienenverkehr, sondern auch den Erhalt batte für die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland weiß und den Ausbau unserer Wasserwege; denn die Waren- Gott viel erreicht, vor allem mehr Geld für Investitionen verkehre, die weder über die Schiene noch über die Was- in 2020 und auch in den Folgejahren und schließlich er- serwege geführt werden, laufen folglich über die Straße. heblich mehr Fachpersonal für die Schienen- und Wasser- In Nordrhein-Westfalen verkehren täglich 30 Prozent der wege. Damit stärken wir die Mobilität und die nachhalti- Güterverkehre über die Wasserstraßen. Hieran wird deut- ge Entwicklung unseres Landes. lich, dass dieser Verkehrsträger schon jetzt eine unver- Wir befinden uns auf einem guten Weg und wollen ihn zichtbare Verlagerungsoption darstellt und deshalb zu- fortsetzen. künftig noch stärker gefördert werden muss. Die gute Botschaft: 165 Stellen mehr für die Wasser- und Schiff- Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. fahrtsverwaltung! (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Gustav Herzog [SPD]: Sehr gut!) ordneten der SPD)

Das ist eine Aussage und klare Ansage unserer Politik für Vizepräsident Thomas Oppermann: die Ausrichtung des Wasser- und Schifffahrtsbereiches. Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Andreas Mrosek für die Fraktion der AfD. der SPD) (Beifall bei der AfD) Es muss nicht länger auf Verschleiß gefahren werden. Die baufälligen, überalterten Schleusen, Wehre und Dü- Andreas Mrosek (AfD): ker können endlich saniert werden, und vor allen Dingen Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Kol- die Ausbauvorhaben nach dem Bundesverkehrswege- legen auf den Weltmeeren! Liebe Kollegen Binnen- plan 2030 können in Angriff genommen werden – darun- schiffer, Lotsen und Kanalsteurer auf den Revieren! Hier ter auch das westdeutsche Kanalnetz, wo eine hohe volks- spricht heute jemand von eurem Berufsstand, und ich bin wirtschaftliche Wertschöpfung stattfindet. stolz, ebenfalls zu euch zu gehören. Alles in allem: eine sehr gute Entscheidung für unsere (Beifall bei der AfD) Flüsse und Kanäle und für die Entlastung unserer Straßen, Wir dürfen die Seeschifffahrt nicht vergessen. Diese vor allem aber ein starkes Signal für eine zukunftsfähige kommt mir im Einzelplan 12, Herr Scheuer, etwas zu und klimafreundliche Verkehrspolitik. kurz; sie kommt nämlich nur auf zwei DIN-A4-Seiten 16240 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Andreas Mrosek (A) vor. Gerade im Gütertransport ist das moderne Binnen- häufig – ich habe es nachgelesen – gesagt: „Wir wer- (C) schiff immer noch die preiswerteste und umweltfreund- den …“ Heute kann ich sagen: „Wir machen …“ Wir sind lichste Transportvariante. Nach der Unfallstatistik ist die die Macher in der digitalen Infrastruktur. Zahl der Unfälle gering; sie ist niedriger als bei der Bahn oder auf der Straße. Für die Lärmemissionen und die (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Luftschadstoffe gilt das ebenso. der CDU/CSU) In diesem Jahr sind wir vom Beschleunigungsstreifen auf Zur Erinnerung – wir nannten hier CO2-Schleudern –: Der Lkw verursacht 164 Gramm CO pro Tonnenkilome- die Überholspur gewechselt. Alles, was ich Ihnen nachher 2 aufzählen werde, ist in diesem Haushalt für das nächste ter, die Bahn verursacht 48 Gramm CO2 pro Tonnenkilo- meter, das moderne Binnenschiff verursacht 33,4 Gramm Jahr abgebildet. Ich bin unseren Haushältern dafür sehr dankbar, insbesondere meinem Kollegen Thomas Jurk für CO2 pro Tonnenkilometer. Dabei ersetzt ein Binnenschiff mit einer Tragfähigkeit von 2 000 Tonnen 100 Lkws auf die tolle Zusammenarbeit in der Frage der Digitalisierung der Straße, und das ist gut so. und der digitalen Infrastruktur. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]) Wir brauchen also eine funktionierende Infrastruktur der Bundeswasserstraßen, angefangen bei der Abladeop- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die Fre- timierung am Mittelrhein hinter St. Goar bis hin zu funk- quenzen versteigert. Über 6 Milliarden Euro werden in tionierenden Schleusen und Schiffshebewerken im den Digitalfonds fließen und in der Branche bleiben. Sie ganzen Bundesgebiet. Ich erwähnte gerade die Abladeop- verschwinden nicht irgendwo im Steuersäckel. Wir wer- timierung. Von 20 Zentimeter mehr Wasser auf dem Mit- den die Glasfaser noch weiter ausbauen und auch in Bil- telrhein sind ganze Industriezweige abhängig. Ich spre- dung investieren, indem die Schulen entsprechend ange- che hier zum Beispiel auch von thyssenkrupp in bunden werden. Die nächste Förderkulisse ist unterwegs. Duisburg. Wir haben mit dem Mobilfunkgipfel und einer vertra- Wir brauchen dringend die Umsetzung des Gesamt- glichen Bindung der Unternehmen erreicht, dass nicht 98, konzeptes Elbe als Bundeswasserstraße. Hinzu kommt, sondern 99 Prozent der Haushalte versorgt werden. In der dass viele Schleusen im Bundesgebiet marode sind und Mobilfunkstrategie ist eine klare Kaskade abgezeichnet: es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann sie ausfallen. dass wir mit Versorgungsauflagen, mit der Förderung, Seit Jahrzehnten gibt es halbherzige Flickschusterei. Die aber auch mit eigenem Engagement des Bundes dafür Kollegen Lotsen auf dem NOK wissen darüber Bescheid, sorgen werden, dass Funklöcher der Vergangenheit ange- hören. (B) auch die Kanalsteuer. (D) Wir brauchen Wasserbauingenieure. Wir brauchen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten dringend Personal auf den Schleusen, und wir brauchen der CDU/CSU) an der Küste eine funktionierende Havarieleitung, Wir haben auch erreicht, dass die Mobilfunker zusam- menarbeiten, dass die Infrastruktur gemeinsam genutzt (Sören Bartol [SPD]: Aber wir brauchen keine wird: Einer baut die Funkmasten auf, die anderen nutzen AfD! Das ist der Punkt!) sie mit. Das ist vernünftige Politik. Das haben wir so eine Küstenwachleitung, der die Küstenwachschiffe so- angelegt. fort unterstellt werden, also Zoll, Fischereiaufsicht, Bun- despolizei. Was wir nicht brauchen, (Beifall bei der SPD) (Sören Bartol [SPD]: Ist die AfD!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einen kurzen Werbeblock für die Bundesnetzagentur bzw. sind 15 Prozent Kürzungen im Haushalt für die Seeschiff- ihre Funkloch-App und die Breitbandmessung machen. fahrt und Binnenschifffahrt. – Und die AfD ist wichtig; Wir brauchen gute Daten, um den Mobilfunkern zum denn die deckt das auf. Ende des Jahres/Anfang nächsten Jahres sagen zu kön- Danke. nen, wo sie ihren Versorgungsauflagen eben nicht nach- gekommen sind, und um dort entsprechende Sanktionen (Beifall bei der AfD – Sören Bartol [SPD]: Ihr greifen zu lassen. Deswegen: Schauen Sie einmal nach. seid die intellektuelle Sperrspitze!) Weisen Sie Ihre Bürgerinnen und Bürger auf die entspre- chende App hin. Vizepräsident Thomas Oppermann: Aber wir sind auch im Bereich 5G kräftig unterwegs. Vielen Dank. – Als Nächster spricht für die Fraktion Die 5G-Förderung in sechs Regionen läuft. Ich finde es der SPD der Kollege Gustav Herzog. bedauerlich, dass die FDP im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur den Antrag gestellt hat, die 20-Mil- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten lionen-Euro-Förderung zu streichen. Industriepolitik geht der CDU/CSU) anders, liebe FDP. Wir brauchen hier einen Anschub in diesen Regionen. Deswegen war es gut, dass wir Ihren Gustav Herzog (SPD): Antrag abgelehnt haben. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich im letzten Jahr – die Koalition war erst wenige Mo- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten nate an der Arbeit – hier gesprochen habe, habe ich sehr der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16241

Gustav Herzog (A) Es läuft die Ausschreibung für den Innovationswettbe- (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen beim (C) werb. Wie ich gehört habe, haben sich über 100 Kommu- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nen für die Konzeptförderung beworben. Herr Bundesmi- Lieber Kollege Perli, von Kaputtsparen kann man bei nister, es ist bald Weihnachten. Ich glaube, 50 Kommunen diesem Haushalt wirklich nicht reden. Wir haben vor würden sich freuen, wenn sie von Ihnen die Botschaft 30 Jahren eine kaputte Infrastruktur mit sozialistischen bekommen: Ihr seid dabei; ihr macht beim Innovations- Infrastrukturideen übernommen. Nehmen Sie sich an die- wettbewerb mit. – Schauen Sie noch einmal in Ihrem ser Stelle ein Beispiel an dem, was wir die letzten zehn Haus nach! Der 23. Dezember wäre ein gutes Datum Jahre mit diesem Haushalt gemacht haben! für das Vorliegen solcher Bescheide. Vielen Dank! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen für Mobi- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten lität in Stadt und Land, für Mobilität und Klimaschutz. der CDU/CSU) Das ist nämlich kein Widerspruch. Das beweist dieser Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt auch Haushalt einmal mehr ganz deutlich. Wir haben alles im die Gebührenordnung unter Dach und Fach. Die Campus- Blick, und wir wollen etwas anderes, liebe Kolleginnen netze können in Auftrag gegeben werden, und viele Un- und Kollegen der Grünen, nicht allein Ordnungsrecht, ternehmen werden hier tätig. Mit 5G werden wir die In- Regulieren, Verbieten. Wir setzen auf einen Mix aus dustrie 4.0 in einen neuen Status bringen. Ich glaube, das Maßnahmen, auf Anreize, die wir finanzieren und für ist die Politik der Zukunft, die wir brauchen. die wir Geld zur Verfügung stellen. Für nächstes Jahr haben wir die große TKG-Novelle (Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geplant. Vieles liegt vor uns. Wir müssen Regelungen für NEN]: Mehr Straßen!) Investitionen, Wettbewerb, Verbraucherschutz, aber auch – Genau, lieber Kollege Gastel: Mehr Straßen gehören Sicherheit schaffen. Das alles werden wir, denke ich, in auch dazu. – Wir wollen anders als Sie nicht ab 2025 guter Zusammenarbeit hinbekommen. keinen Bundesstraßenbau mehr. Wir wollen Bundesstra- Lassen Sie mich zum Schluss eine kleine Geschichte ßen, weil wir für die Menschen in Stadt und Land da sind, erzählen. Sie alle haben vielleicht den SWR-„Tatort“ ge- sehen, der von meiner Heimat, der Pfalz, ein irgendwie (Beifall bei der CDU/CSU) schräges Bild gezeichnet hat. Ich sage Ihnen, wie dort die weil wir für Verkehrssicherheit sind. Dazu gehört auch Wirklichkeit ist, am Samstag letzter Woche in der Lokal- der Straßenausbau. Es wird immer Menschen geben, die zeitung nachzulesen: Vor einem Jahr beantragt ein Mo- auf den Pkw angewiesen sind. Auch diese Menschen ha- bilfunker einen Standort. Der Bürgermeister und der Ge- ben ein Recht auf Mobilität und auf eine ordnungsgemäß (B) meinderat melden einen besseren Standort. Ein Jahr lang ausgebaute Straße und auf eine sanierte Brücke. Genau (D) passiert nichts. Dann kommt der Mobilfunker wieder und das tun wir auch mit diesem Haushalt. sagt: Wir würden ja gerne bauen, aber wir haben kein Unternehmen und keine Leitung, und man kann nicht (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) mit dem Lastwagen dorthin fahren. – Was macht der Bür- Wenn wir dann bei Ihrem Lieblingsthema, der Schiene, germeister? Er organisiert ein Bauunternehmen und den sind: Ja, dieser Haushalt ist ein Bahnhaushalt, ein Schie- Stromanschluss, und er sorgt dafür, dass ein Traktor da nenhaushalt. Aber legen Sie bitte diese Doppelmoral vor ist, der den Funkmast an den Standort fährt. Ort ab. Dann lassen Sie den Ausbau von Schieneninfra- So ist die Nordpfalz. So schaffen wir den Mobilfunk- struktur vor Ort auch zu, und dann kommen Sie auch ausbau. Wir sind die Macher, gut in Beton und in Bytes. geschlossen in eine Ausschusssitzung; dann darf es nicht so sein, wie der Minister Scheuer gerade erzählt hat. Es Vielen Dank. war beschämend für Sie! Wenn die Schiene für Sie wich- tig ist, dann kommen Sie, und spielen Sie nicht nur auf der (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Klaviatur der Öffentlichkeit! der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) Vizepräsident Thomas Oppermann: Wir geben Geld für die LuFV. Wir steigern die Attrak- Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der tivität von Bahnhöfen. Wir geben Geld für Barrierefrei- CDU/CSU der Kollege Ulrich Lange. heit nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Wir geben so viel Geld für die Schiene wie nie. Aber dazu (Beifall bei der CDU/CSU) gehört am Ende des Tages – das sage ich mit aller Deut- lichkeit –, dass sich vielleicht auch im DB Tower das ein Ulrich Lange (CDU/CSU): oder andere noch ändert. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist ein wirklich sehr erfolgreicher Haushalt, den wir (Beifall des Abg. Thomas Jurk [SPD]) heute hier verabschieden können, die Fortsetzung eines Es kann nicht jede kleine Maßnahme Jahre oder ein Jahr- Investitionshochlaufs, den wir vor zehn Jahren begonnen zehnt dauern, bis zwei Bahnsteige saniert und gerichtet haben, als die Union das Bundesverkehrsministerium sind. Das ist auch nicht nur Planungsrecht. übernahm, zunächst mit dem IBP I und IBP II, dann Tempo aufgenommen unter Alexander Dobrindt und jetzt (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und konstant weiter. Zehn Jahre exzellente Verkehrspolitik. der SPD) 16242 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Ulrich Lange (A) Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gehört auch der (Beifall bei der SPD) (C) Luftverkehr dazu. Auch der Luftverkehr ist Teil der Mo- bilität. Gerade Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Arno Klare (SPD): Grünen, sind ja so große Anhänger des Luftverkehrs. Ich Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her- habe gerade noch einmal nachgeschaut: Keine Fraktion ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mittlerweile – ich fliegt so viel pro Kopf wie die Fraktion der Grünen. bin der letzte Redner in dieser Debatte – habe ich meine Stichworte, glaube ich, siebenmal geändert. Ein Hinweis, (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Un- weil das Stichwort „Luftverkehr“ von Herrn Lange ge- glaublich! – Unmöglich!) rade schon einmal angesprochen worden ist: Der Luftver- Also auch hier wieder diese Doppelmoral. Wir fliegen kehr in Deutschland im Inventarbericht der Bundesregie- auch nicht nach Grönland, um zu sehen, wie die Polkap- rung schlägt mit jährlich 2,173 Millionen Tonnen CO2 zu pen schmelzen, wie Ihr Fraktionsvorsitzender. Er hätte ja Buche – 2,173 Millionen Tonnen! –, die Mitverbrennung auch segeln können. Das machen einige gerade vor. Liebe von Schmierstoffen in Zweitaktmotoren mit 6,386 Millio- Kolleginnen und Kollegen der Grünen, wir wollen Ihnen nen Tonnen. Vielleicht sollten wir einmal über die Mit- helfen. Reiselust mit Flugscham, dafür stellen wir verbrennung von Schmierstoffen in Zweitaktmotoren re- 200 Millionen Euro zur Verfügung, insbesondere für mo- den. Das ist das Dreifache des Luftverkehrs. Von daher: derne Kraftstoffe, damit auch Sie in Zukunft ohne Scham Bitte nie mehr die Mär, der Luftverkehr ruiniere alles. Das weiter am meisten fliegen können. ist einfach nicht wahr. Trotzdem jetzt noch etwas Versöhnliches. Ich werde (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) Ihnen drei Sätze vorlesen – mal schauen, wie weit die Beim Glasfaserausbau kommen noch einmal 780 Mil- Zustimmung in diesem Hause reicht –: lionen Euro dazu. Beim Mobilfunk kommen wir einen Um das ... Ziel des CO großen Schritt weiter, indem wir zunächst mit strengen 2-neutralen Fliegens zu er- Versorgungsauflagen die weißen Flecken angehen, die reichen, ist der Einsatz von alternativen nachhalti- wir tatsächlich noch haben. Das Schließen von weißen gen Kraftstoffen – insbesondere synthetischen Flecken ist eine Frage gleichwertiger Lebensverhältnisse, Power-to-Liquid-(PtL)-Kraftstoffen – erforderlich. Wir wollen die marktfähige Entwicklung von PtL- und das steht bei uns ganz oben. 1,1 Milliarden Euro wer- den wir dafür aufwenden. Kraftstoffen fördern. Hierzu müssen Energiewirt- schaft, Anlagenbauer, Luftfahrtindustrie, Luftver- Aber – das sage ich auch ganz deutlich –: Eine Mobil- kehrsunternehmen, Bund und Länder eine PtL- funkinfrastrukturgesellschaft ist eine große Chance – eine Roadmap definieren und gemeinsam umsetzen. (B) Chance vor Ort, technische und organisatorische Hürden (D) zu nehmen. Aber wir brauchen vor Ort auch die Bereit- (Zuruf von der SPD: Richtig!) schaft der Menschen, sich nicht nur über das Funkloch zu Wir werden eine entsprechende industriepolitische beklagen, sondern auch beim Aufbau der Masten mitzu- Initiative der Europäischen Union initiieren. wirken, und das geht insbesondere an die Kommunalpo- Jetzt die Frage an die Linken: Stimmen Sie dem zu? litik. (Zurufe von der LINKEN: Ja!) Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP – auch das musste ich mir noch einmal anschauen –: Sie waren ja Ja. – Die SPD stimmt zu; das weiß ich. diejenigen, insbesondere 2009 bis 2013, die bei den Ver- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) sorgungsauflagen uns erklärt haben, der Markt werde die weißen Flecken schließen und den Mobilfunkausbau ge- Die Grünen? – Die wissen es noch nicht so genau. Ich währleisten. Wenn wir heute eines gelernt haben: Der glaube, den Rest des Hauses brauche ich jetzt nicht mehr Markt führt auf dem Land ins Funkloch; er führt nicht fragen. zur Mobilfunkinfrastruktur. Hier braucht es den Staat, Das ist aus dem „Leipziger Statement für die Zukunft hier braucht es eine Gesellschaft, und hier greifen wir der Luftfahrt“, unterschrieben unter anderem von Tarek jetzt an. Al-Wazir und Kristina Vogt, Senatorin für Wirtschaft, Zehn Jahre Infrastrukturpolitik der Union sind eine Arbeit und Europa in Bremen und damals Vorsitzende Erfolgsgeschichte, sind ein Investitionshochlauf, sind der Wirtschaftsministerkonferenz, also einer Linken. ein Zeichen gegen marode Brücken, sind ein Zeichen Das heißt, die Linken haben zugestimmt, die Grünen ha- für die Straße, sind ein Zeichen für die Schiene und sind ben zugestimmt, die SPD hat zugestimmt, zwei veritable ein Zeichen dafür, dass wir auch die Herausforderungen Minister – beide sind da – haben auch zugestimmt. Genau der Digitalisierung annehmen. das müssen wir tun. Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. ist kein Widerspruch!]) Thomas Jurk [SPD]) Herr Lange hat es gerade schon erwähnt: Im EKF steht: zweimal 100 Millionen Euro für den Markthochlauf, Vizepräsident Thomas Oppermann: nicht mehr für Forschung; denn wie man das herstellt, Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist für die wissen wir. Das muss man nicht mehr beforschen; man Fraktion der SPD der Abgeordnete Arno Klare. muss es nur noch im industriellen Maßstab hochskalieren. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16243

Arno Klare (A) Noch ein Satz dazu: Es ist kein Incentive für die Luft- sion vorbei. Negative Anzeichen wie Auftragsrückgänge (C) verkehrswirtschaft; es ist der Startschuss für ein wirklich und Entlassungsanzeigen verdichten sich, werden aber großes Projekt, für eine große industriepolitische Per- erst zeitverzögert in voller Härte durchschlagen. Wir be- spektive – Stichwort: Wasserstofftechnologie –, die damit finden uns nicht nur am Beginn eines konjunkturellen angestoßen wird. Synthetische Kraftstoffe sind Kraftstof- Abschwungs, sondern in einer Strukturkrise, und diese fe der Zukunft, mit denen nicht nur Flugzeuge klimaneut- ist zum großen Teil durch eine falsche Wirtschafts- und ral fliegen werden, sondern auch Fahrzeuge fahren wer- Energiepolitik verursacht, meine Damen und Herren. den. Insofern bin ich dankbar, dass das da drinsteht. (Beifall bei der AfD) Ich bin einigen Leuten im Besonderen dankbar: Unser Haushälter Thomas Jurk hat dafür gesorgt, dass es pas- Stark betroffen ist die Automobil- und Zuliefererin- siert ist. Ich bin natürlich auch ein paar Mitstreitern dank- dustrie, die mit dem von der Bundesregierung forcierten bar. Ich fange einmal bei der Union an: Der Kollege Übergang zur Elektromobilität in die Enge getrieben Simon und der Kollege Ploß haben auch beide daran ge- wird. Zurzeit vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine arbeitet, dass das im Haushalt steht. Aus meiner Fraktion neue Hiobsbotschaft aus der Wirtschaft kommt. Gerade sind auch ein paar Leute zu nennen: , heute Nachmittag kam die Meldung, dass Audi 9 500 Matthias Miersch, Klaus Mindrup, und Stellen in Deutschland abbauen wird. Experten rechnen noch ein paar andere, die ebenfalls dafür gearbeitet haben, für die Automobilbranche mit einem Nettoverlust an Ar- dass das ein Weg ist, den wir gehen müssen. Das ist ein beitsplätzen von bis zu 20 Prozent in den nächsten zehn guter Haushalt, unter anderem, weil das da drinsteht. Jahren. Es muss jetzt darum gehen, meine Damen und Herren, unsere wichtigste Branche und mehr als 1,5 Mil- Danke. lionen direkt und indirekt betroffene Arbeitsplätze zu (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) schützen. Stattdessen aber setzt die Bundesregierung die Automobilindustrie weiter unter Druck.

Vizepräsident Thomas Oppermann: Was Ressourcenschonung angeht, handelt die Bundes- Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht regierung kontraproduktiv, wie die Ablehnung des soge- vor. Deshalb schließe ich die Aussprache. nannten Care-Diesels vor einigen Wochen gezeigt hat. Ein aus Altöl und Abfall hergestellter Dieselkraftstoff Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 12, könnte in jedem Diesel-Pkw eingesetzt werden, Deutsch- Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruk- land aber verhindert die Zulassung. Das Umweltbundes- tur, in der Ausschussfassung. Wer stimmt für diesen Ein- amt begründet das damit, dass mit der Elektromobilität zelplan? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt (B) bereits Alternativen für Dieselfahrzeuge zur Verfügung (D) dagegen? – Das sind alle vier Oppositionsfraktionen. Ent- stünden. haltungen habe ich nicht gesehen. Damit ist der Einzel- plan 12 angenommen. (Beifall bei der AfD) Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.8 auf: Der mit heißer Nadel gestrickte Energie- und Klima- Einzelplan 09 fonds, der für die Haushaltsberatungen noch nicht einmal Bundesministerium für Wirtschaft und Ener- rechtzeitig vorgelegt wurde, sieht nun Fördermittel für gie die Entwicklung synthetischer und regenerativer Kraft- stoffe vor. Drucksachen 19/13909, 19/13924 (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das ist Berichterstatter sind die Abgeordneten Andreas wichtig!) Mattfeldt, Thomas Jurk, Volker Münz, Karsten Klein, Heidrun Bluhm-Förster und Anja Hajduk. Gleichzeitig wird die Markteinführung bereits entwickel- ter Kraftstoffe verhindert und über Zuschüsse einseitig Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die die Elektromobilität gefördert. Wie passt das zusammen? Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Dazu höre ich kei- nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. (Zuruf von der AfD: Gar nicht! – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Was wird da einseitig Wenn Sie Ihre Plätze gefunden haben bzw. Ihre Ab- gemacht?) sicht, hinauszugehen, vollzogen haben, würde ich gern die Aussprache eröffnen. Die jetzt mit dem Klimapaket vorgesehene CO2-Ab- Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als erster gabe auf Benzin und Diesel, auf Heizöl und auf Flugrei- Redner der Kollege Volker Münz von der Fraktion der sen ist falsch, meine Damen und Herren. AfD. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der AfD) Angesichts der wirtschaftlichen Lage kann es doch nicht richtig sein, am Beginn eines Abschwungs noch die Ab- Volker Münz (AfD): gaben zu erhöhen, mit einer stärkeren Belastung für Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Altmaier! Bürger und Unternehmen. Meine Fraktion erteilt diesen Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland schramm- Plänen eine klare Absage, meine Damen und Herren. te mit einem mageren Wirtschaftswachstum von lediglich 0,1 Prozent im letzten Quartal nur knapp an einer Rezes- (Beifall bei der AfD) 16244 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Volker Münz (A) Die Einnahmen sollten dem Energie- und Klimafonds Die betriebene Energiewende ist ökologisch kontrapro- (C) zufließen. Bereits heute umfasst das Sondervermögen mit duktiv, ökonomisch gesehen Harakiri und sozial unge- etwa 8 Milliarden Euro das Volumen eines ganzen Bun- recht, meine Damen und Herren. desministeriums. Meine Fraktion schließt sich der Forde- rung des Bundesrechnungshofs an, den Energie- und Kli- (Beifall bei der AfD – Ulli Nissen [SPD]: mafonds aufzulösen und die betreffenden Haushaltstitel Kontraproduktiv wie die AfD!) in die jeweilige Ressortzuständigkeit zu überführen. Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, lieber Abge- ordnete, opfern Sie unsere Schlüsselbranche Automobil Überdies lehnen wir sämtliche Maßnahmen ab, die auf und die Stromversorgungssicherheit nicht auf dem Altar die Transformation der Wirtschaft und der Gesellschaft in der Klimahysterie. Lassen Sie Vernunft walten! Richtung einer angeblichen Klimaneutralität abzielen. Wir lehnen – übrigens im Einklang mit vielen Wissen- Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. schaftlern – die These ab, dass das menschengemachte (Beifall bei der AfD – Ulli Nissen [SPD]: Kohlendioxid das Klima maßgeblich beeinflusst. CO2 macht nur 0,038 Prozent der Luft aus. Vielen Dank für das Ende Ihrer Rede!)

(Ulli Nissen [SPD]: Immer wieder derselbe Vizepräsident Thomas Oppermann: Quatsch!) Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der Davon sind nur 5 Prozent durch den Menschen verur- CDU/CSU der Kollege Andreas Mattfeldt. sacht, davon wiederum nur 2 Prozent durch Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. (Ulli Nissen [SPD]: Immer dieselben Satzbau- Thomas Jurk [SPD]) steine! Es nervt langsam!) Andreas Mattfeldt (CDU/CSU): – Jetzt hören Sie mal gut zu! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da- (Ulli Nissen [SPD]: Nein! Schon tausendmal men und Herren! Durch die sich – ich glaube, das merken gehört!) wir alle in diesen Tagen – beruhigende Wirtschaft werden die zukünftigen finanziellen Spielräume naturgemäß en- Ottmar Edenhofer, einer der Verfechter der These vom ger ausfallen; das wissen wir alle. Das bedeutet aber, dass menschengemachten Kohlendioxid als Verursacher einer wir die Ausgaben, die wir hier im Haushalt tätigen, noch Klimakatastrophe, sagte 2010 in einem Interview mit der zielgerichteter werden ausrichten müssen, als wir das „Neuen Zürcher Zeitung“ zu den Zielen der Klimapolitik: bisher getan hatten. Gerade dies haben wir schon in Ihrem (B) Einzelplan, Herr Minister Altmaier, der in diesem Jahr (D) Man muss sich von der Illusion freimachen, dass 9 Milliarden Euro umfasst, und ganz bewusst im Energie- internationale Klimapolitik Umweltpolitik ist. und Klimafonds, den Sie ja zu einem Großteil bewirt- Und: schaften, in zahlreichen Beratungen in den letzten Wo- chen hier im Haus getan. Wir verteilen durch die Klimapolitik de facto das Weltvermögen um. Herr Minister Altmaier, ich darf Danke sagen, Danke sagen für die gute Zusammenarbeit mit Ihnen persönlich, Lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen! aber auch Danke sagen an Ihre Staatssekretärin, Frau Dörr-Voß, und das gesamte Haushaltsreferat. Ich glaube, Lassen wir uns nicht in die Irre führen: Umverteilung – das war eine gute Zusammenarbeit. Es war aber auch eine nicht Klima- oder Naturschutz – ist das wahre Ziel, meine gute Zusammenarbeit mit meinen Mitberichterstattern für Damen und Herren. den Haushalt 2020 – das sage ich ganz bewusst – aus allen (Beifall bei der AfD) Fraktionen. Wie die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kern- Meine Damen und Herren, das Thema Klima hat in den energie, den Ausstieg aus der Kohleverstromung und Haushaltsberatungen – wen mag es wundern – nicht nur gleichzeitig die Umstellung des Verkehrs auf strombetrie- bei uns im Einzelplan 09 einen besonderen Platz einge- bene Fahrzeuge bewerkstelligen will, ist bis heute nicht nommen, sondern, glaube ich, auch in allen anderen Ein- annähernd überzeugend geklärt worden. Diese Politik hat zelplänen. Zusätzlich zu den Energieausgaben, die wir im schon heute zu den höchsten Strompreisen in ganz Euro- Wirtschaftsministerium tätigen, haben wir mit dem Ener- pa geführt. Zu einer verantwortlichen Energiepolitik ge- gie- und Klimafonds das Klimaschutzgesetz mit einem hören neben der Bezahlbarkeit für die Verbraucher auch Ausgabevolumen von fast 7 Milliarden Euro in 2020 un- die Wettbewerbsfähigkeit für die Wirtschaft im interna- termauert. Bis zum Jahr 2023 wird der Energie- und Kli- tionalen Vergleich und die Versorgungssicherheit bei der mafonds dann sage und schreibe 11 Milliarden Euro um- Stromproduktion. fassen. Ich meine, das ist eine immense Summe. Ich darf aber auch sagen: Das ist zugleich eine immense Verant- Die enorme Vernichtung von Volksvermögen und die wortung. horrenden Kosten werden einen Effekt von 0,0 Grad auf die Durchschnittstemperatur haben, meine Damen und Ich bin aber nun nicht nur Politiker, ich bin auch Unter- Herren. nehmer. Ich weiß, dass wir eben nur dann – das geht häufig an die Adresse der Grünen – für Klimapolitik Geld (Beifall bei der AfD) ausgeben können, wenn wir dieses Geld vorher verdient Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16245

Andreas Mattfeldt (A) haben. Sie als Grüne und als Linke können verbal und – zusätzlich bereitgestellt, sodass dieses Programm nun (C) das stellen wir leider auch fest – in der Folge realwirt- mit 155 Millionen Euro, wie ich meine, ganz anständig schaftlich in Deutschland vieles zerschlagen. Ich sage ausgestattet ist. aber: Wenn Sie verbal zerschlagen, zerschlagen Sie damit auch die Zukunft der jungen Generation. Wir als Union (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- werden Ihnen das nicht durchgehen lassen. Nein, ich sage ordneten der SPD) ganz deutlich: Wir werden das nicht zulassen, meine Da- Wenn wir von Innovationen reden, dann müssen wir men und Herren. auch über die Luft- und Raumfahrtindustrie reden, die in Für mich als Haushaltspolitiker geht es neben dem diesem Jahr im Haushalt des Ministeriums fast 1,9 Mil- Klima auch um das finanzielle und um das wirtschaftliche liarden Euro erhält. Zur Erinnerung: 2013 waren es übri- Erbe, das wir unseren Kindern mit den Entscheidungen, gens noch 1,4 Milliarden Euro. Ich glaube, das ist ein die wir heute in diesen Haushaltsberatungen zur Energie- anständiger Aufwuchs. Ich sage das deshalb ganz deut- politik treffen, hinterlassen. lich, weil der BDI derzeit in Deutschland mit falschen Zahlen agiert. Die Luft- und Raumfahrt hat kontinuier- Wir haben den Einzelplan des Ministeriums und den lich, auch in diesem Jahr, einen Aufwuchs erfahren. Ich Energie- und Klimafonds, Herr Kollege Münz, ganz be- halte das auch für richtig und vernünftig; denn wir könn- wusst technologieoffen gestaltet. Ja, wir haben auch nicht ten zum Beispiel die Auswirkungen des Klimawandels unerhebliche Veränderungen – weg von der Forschung ohne Erdbeobachtung durch Satelliten nur schwer verste- hin zur Umsetzung – vorgenommen. Wir werden auch hen. Auch zahlreiche neue Therapieansätze für Krankhei- zukünftig noch dort forschen, wo wir es weiterhin für ten haben wir der Raumfahrt zu verdanken. Raumfahrt- notwendig halten. Wir wollen aber nun vor allem das anwendungen – das darf ich auch sagen – können gerade Erforschte in einer besonderen Geschwindigkeit in die für die Zukunft der Menschheit von ganz zentraler Be- reale Praxis umsetzen. Und, meine Damen und Herren, deutung sein. Das ist nicht Science-Fiction. Nein, hierzu wir wollen im Gegensatz zu den Grünen gerade nicht mit zählt auch, dass wir heute, wo wir die Technologie haben, der Verbotskeule agieren. Wir wollen durch Anreize die in die Asteroidenabwehr einsteigen wollen und dies mit Bürger überzeugen, dass es klug sein kann, CO2 einzu- unseren europäischen Freunden und der NASA nach der sparen. nächsten ESA-Ministerkonferenz tun werden. Wir haben in der Koalition in den letzten Wochen noch Meine Damen und Herren, schade, dass ich jetzt nicht einiges am Haushalt des EKF und des Wirtschaftsminis- mehr über die neue, zukunftsweisende Afrika-Politik teriums verändert. So haben wir zusätzlich weitere sprechen kann, die erhebliche zusätzliche Mittel erhält. 47 Millionen Euro für die Entwicklung moderner Ener- (B) Meine Redezeit ist langsam zu Ende. Deshalb darf ich als (D) gien für kleine und mittelständische Unternehmen bereit- Hauptberichterstatter für den EKF und für den Einzel- gestellt. Wir haben es für notwendig erachtet, dass wir plan 09 sagen: Wir haben wieder einen verantwortungs- endlich in das hybridelektrische Fliegen einsteigen; das bewussten, einen zukunftsweisenden Haushaltsplan auf- wollen wir mit 75 Millionen Euro unterstützen. gestellt, dem, glaube ich, wirklich jeder in diesem Hause seine Zustimmung geben könnte, wenn er das Ganze Außerdem stellen wir insgesamt 445 Millionen Euro nicht allein durch die Parteibrille betrachten würde. für den Einsatz von Wasserstoff in der Industrieproduk- tion bereit. Ich glaube, das ist enorm. Nicht vergessen Herzlichen Dank. möchte ich die rund 1,5 Milliarden Euro für die indust- rielle Fertigung von Energiespeichern. Und auch – das ist (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- das Kind und die Idee unseres Wirtschaftsministers – bei ordneten der SPD) den sich in der Umsetzung befindlichen Reallaboren der Energiewende, mit denen wir zukünftige Energietechno- Vizepräsident Thomas Oppermann: logien unter ganz praktischen Bedingungen im industrie- Vielen Dank. – Als Nächster spricht für die Fraktion llen Maßstab einsetzen und erproben wollen, haben wir der FDP der Kollege Michael Theurer. aufgesattelt. Das Programm umfasst jetzt 262 Millionen Euro. (Beifall bei der FDP) Meine Damen und Herren, das sind beeindruckende Zahlen; doch ich glaube, wir sind gut beraten, wenn wir Michael Theurer (FDP): nicht vergessen, dass wir neben dem Klima noch andere Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her- Themen in Deutschland haben, die von besonderer Be- ren! Sehr geehrter Herr Bundeswirtschaftsminister deutung sind, auch wirtschaftliche Themen. So, meine Altmaier, Sie haben am Sonntag öffentlich die Vereinig- ich, ist es erforderlich, dass wir Innovationen, dass wir ten Staaten von Amerika, immerhin einen demokrati- Firmengründungen weiter vorantreiben. Hierfür haben schen Rechtsstaat, mit einem kommunistischen Einpar- wir das Existenzgründerprogramm EXIST vor einigen teienstaat, einer Diktatur, mit der Volksrepublik China, Jahren ins Leben gerufen. Das ist ein überaus erfolgrei- gleichgesetzt. ches Programm, das gerade junge Gründer bei ihrem Weg in die Selbstständigkeit unterstützt. Ich habe bereits in der (Manfred Grund [CDU/CSU]: Hat er nicht! Zu ersten Lesung angekündigt, dass wir das EXIST-Pro- viel „Bild“-Zeitung gelesen! – Bernhard Loos gramm stärken wollen. Wir Koalitionäre haben in den [CDU/CSU]: Jetzt komm, hör auf! Alles gut! vergangenen Wochen noch einmal 23 Millionen Euro Ganz entspannt!) 16246 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Michael Theurer (A) Das ist unerhört, und ich fordere von dieser Stelle eine Wir fordern die vollständige Abschaffung des Soli. Das (C) öffentliche Entschuldigung. Peter-Prinzip hat ja eine neue Ausformung: Ankündigen, aber nicht liefern. Sie sprechen davon, Herr Minister (Beifall bei der FDP – Bernhard Loos [CDU/ Altmaier. Wann wird das aber endlich Politik der Bun- CSU]: Ist doch ein Schmarrn!) desregierung? Wer das transatlantische Verhältnis an dieser Stelle (Beifall bei der FDP) schlechtredet, der erweist uns einen Bärendienst. Wir brauchen eine Körperschaftsteuerreform. China, die (Bernhard Loos [CDU/CSU]: Gar nicht! Ganz USA, die Briten, die Franzosen und die Italiener senken im Gegenteil!) die Steuern für ihre Unternehmen. Was tun wir? Nichts. Ich erwarte, dass wir in Deutschland für dieses transat- Diese Große Koalition liefert nicht. Wir brauchen Ent- lantische Verhältnis werben; denn die Zustimmungsraten lastung. in Deutschland sind gesunken. Wer in der Frage des Frei- Wir brauchen, zweitens, Entlastung auch durch Büro- handels etwas bewegen will, der sollte die Amerikaner kratieabbau. Wir brauchen eine Investition in die Zu- nicht einseitig in die falsche Ecke rücken, sondern die kunftsfähigkeit unserer Wirtschaft durch eine Verkürzung Gesprächskontakte intensivieren. der Aufbewahrungsfristen bei den Steuerunterlagen, die (Bernhard Loos [CDU/CSU]: Das ist ja gar digitalen Register und die Vereinfachung der Ausschrei- nicht das Thema! Ganz anderes Thema!) bungsverfahren für öffentliche Aufträge – um nur drei Beispiele zu nennen. Wir jedenfalls kämpfen dafür, dass TTIP aus dem Eis- schrank geholt wird. Wir brauchen, drittens, die Vereinfachung und Verbes- serung für Start-ups, für Gründer, damit eben wieder (Beifall bei der FDP) mehr als 1 Prozent der Erwerbstätigen ein Unternehmen An dieser Stelle kann man die linke Seite des Hauses gründen. Wir brauchen ein Venture-Capital-Gesetz, einen daran erinnern, dass es völlig falsch war, dieses Freihan- Zukunftsfonds für Risikokapital, Mitarbeiterbeteiligung delsabkommen infrage zu stellen. und einen Eigenkapitalturbo. Wir brauchen, viertens, meine Damen und Herren, eine Vizepräsident Thomas Oppermann: marktwirtschaftliche und technologieoffene Energie- und Herr Theurer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Klimapolitik. Kollegen Ernst? (Beifall bei der FDP) (B) (D) Michael Theurer (FDP): Wir brauchen eine Ausweitung des Emissionshandels auf alle Sektoren; denn wo der Emissionshandel wirkt, dort Heute nicht. Ich will meinen Gedanken zu Ende brin- werden die CO -Minderungsziele erreicht. Warum nicht gen. Sie können dann ja eine Kurzintervention machen. – 2 mehr Marktwirtschaft in einem ökologischen Ordnungs- Meine sehr verehrten Damen und Herren, Politik beginnt rahmen wagen und dafür dirigistische Einzeleingriffe und mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Die Bundesregie- Verbote im Einzelfall abschaffen? rung hat ihre Wachstumsprognose in diesem Jahr immer wieder gesenkt, von 2,1 Prozent auf 2,0 Prozent, auf (Beifall bei der FDP) 1,0 Prozent und jetzt auf 0,5 Prozent. Im dritten Quartal gab es ein Minimalwachstum von 0,1 Prozent. Willkom- Wir brauchen, fünftens, einen Belastungsstopp, ein Be- men in der Wirklichkeit. lastungsmoratorium, für die deutsche Wirtschaft, solange das Wirtschaftswachstum nicht wieder bei 2 Prozent liegt. Wir haben an dieser Stelle seit Monaten vor dieser Das bedeutet: keine neuen Steuererhöhungen, keine zu- negativen Entwicklung gewarnt, aber Sie, Herr Minister sätzliche Bürokratie, keine neuen Umverteilungspro- Altmaier, haben versäumt, das Dach zu reparieren, als die gramme, keine zusätzlichen Programme für konsumtive Sonne schien. Zwecke und keine weiteren Eingriffe in die unternehmer- ische Freiheit. (Beifall bei der FDP) Und jetzt ist die Bundesregierung mit ihrer falschen Wirt- (Beifall bei der FDP) schaftspolitik selbst ein Haushaltsrisiko geworden. Wer Sechstens. Meine Damen und Herren, eine der größten die Wirtschaft links liegen lässt, braucht sich über das Wachstumsbremsen ist nach wie vor der Fachkräfteman- Erstarken auf der rechten Seite nicht zu wundern. gel. Wir brauchen eine zielgenaue Einwanderungspolitik, ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild. Wir brau- Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol- chen ein Einwanderungsgesetz und endlich auch den legen, wir Freie Demokraten fordern an dieser Stelle ein Spurwechsel. Sieben-Punkte-Zukunftsprogramm für eine starke deut- sche Wirtschaft. Erstens. Wir brauchen die steuerliche (Dr. Götz Frömming [AfD]: Haben wir zuerst Entlastung für den Mittelstand, das Handwerk und die gefordert!) Industrie sowie Selbstständige, damit diese ihre Wettbe- werbsfähigkeit erhalten können. Niemand akzeptiert, dass Menschen, die hier Deutsch lernen und in den Arbeitsmarkt integriert sind, nach Hau- (Beifall bei der FDP) se geschickt werden, während straffällig Gewordene Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16247

Michael Theurer (A) nicht zurückgeschickt werden. Das passt nicht zusam- Sicherheit sicherstellen? Jeder, der sich einmal eine Se- (C) men, meine Damen und Herren. kunde überlegt, dass die Headquarters der U.S. Army in Stuttgart, EUCOM und AFRICOM, stationiert sind, je- (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Falko der, der sich mit der NATO auseinandersetzt, der kann Mohrs [SPD]) erkennen, dass die Bundesrepublik Deutschland über- Siebtens und letztens braucht Deutschland eine echte haupt nicht in der Lage ist, ihre eigene Sicherheit ohne digitale Investitionsoffensive, ein Investitionssofortpro- die Einbindung in das Nordatlantische Bündnis sicherzu- gramm, das die degressive Abschreibung für Wirtschafts- stellen. güter grundsätzlich fördert und eine Sonderabschreibung für Digitales zusätzlich einführt. Wir brauchen einen Zu- (Beifall bei der FDP) kunftsfonds für Wagniskapital und ein Update im Wett- Deshalb stellt sich an dieser Stelle die Frage: Wenn Sie bewerbsrecht. die US-amerikanischen Überwachungsmaßnahmen zur Antiterrorbekämpfung auf eine Ebene stellen mit denen (Beifall bei der FDP) von China, Dafür stehen wir; dafür kämpfen wir. Wir sind es nicht nur unserem Kollegen Jimmy Schulz schuldig, sondern (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das ist nicht meine auch den Menschen, dass wir in der Digitalisierung end- Frage!) lich den Anschluss finden und, wie es für Deutschland stellen Sie dann auch das politische System des demo- eigentlich notwendig ist, wieder in eine Poleposition kratischen Rechtsstaats der Vereinigten Staaten auf eine kommen. Wir müssen fit werden für die Zukunft. Wir Ebene mit dem Überwachungsregime in China? Wir sa- brauchen mehr Tempo bei Reformen. Das erwarten wir gen an dieser Stelle ganz klar: Die Bundesrepublik von Ihnen, Herr Minister Altmaier. Deutschland sollte sich nicht gegen die NATO entschei- den, um sich dann in Sicherheitsfragen praktisch den (Beifall bei der FDP) Chinesen auszuliefern.

Vizepräsident Thomas Oppermann: (Klaus Ernst [DIE LINKE]: War doch nicht meine Frage!) Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist für die Fraktion der SPD der Kollege Johann Saathoff. – Halt, Wir haben den Eindruck, dass die Äußerungen des Sekunde. Ich habe eine Kurzintervention des Kollegen Bundeswirtschaftsministers außerordentlich missver- Klaus Ernst vergessen. So lange muss Herr Saathoff noch ständlich waren. Sie wurden in Washington sehr wohl warten. – Herr Ernst, Sie haben das Wort. wahrgenommen. Sie schaden deutschen Sicherheitsinte- (B) ressen und den Wirtschaftsinteressen im Freihandel. Des- (D) (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Verbraucht halb fordern wir den Bundeswirtschaftsminister an dieser Ihr Porsche zu viel?) Stelle auf, die Missverständnisse auszuräumen und klipp und klar zu erklären, dass die Vereinigten Staaten ein Klaus Ernst (DIE LINKE): demokratischer Rechtsstaat sind, während die Chinesen Herr Theurer, Sie haben ja jetzt eben dem Wirtschafts- ein Einparteiensystem haben, das einer Diktatur gleich- minister vorgeworfen, er hätte die USA mit China ver- kommt. glichen. Ich habe die Sendung gesehen. Ich konnte das so nicht erkennen. Ich konnte aber durchaus Herrn Altmaier (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten verstehen, der gesagt hat, dass natürlich auch in den USA der CDU/CSU) Abhörmaßnahmen stattfinden. Ich möchte daran erin- nern, dass es die USA waren, die unsere Kanzlerin abge- Vizepräsident Thomas Oppermann: hört haben, und nicht Huawei. Wenn es um die Frage der Vielen Dank. – Nunmehr aber endgültig Johann Sicherheit geht, sind die USA offensichtlich überhaupt Saathoff für die Fraktion der SPD. nicht zimperlich. Ich habe auch noch keine echte Ent- schuldigung der USA gehört dafür, dass sie die Kanzlerin (Beifall bei der SPD) und andere im Deutschen Bundestag überwachen und entsprechend Spionage betreiben. Würden Sie mir zu- Johann Saathoff (SPD): stimmen, dass das, was die USA in Fragen der Sicherheit Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und und der Spionage machen, in diesem Punkt offensichtlich Kollegen! In der Wirtschaftspolitik spielt die Energiepo- durchaus vergleichbar ist mit dem, was die Chinesen ma- litik derzeit eine große, ja, ich würde sagen, eine domi- chen? nierende Rolle. Mit dem Kohleausstiegsgesetz und mit dem Strukturstärkungsgesetz haben wir gerade zwei zent- Michael Theurer (FDP): rale Gesetze vor der Brust, über die wir, wenn die inter- Herr Kollege Ernst, ich stelle fest, dass die Vereinigten ministerielle Abstimmung erfolgt ist, im Parlament sicher Staaten offensichtlich alle Gespräche ihres Präsidenten, auch miteinander streiten werden, was die Zukunft der also des US-amerikanischen Präsidenten, abhören. Das Wirtschafts- und Energiepolitik angeht. Ich habe die kann man ja jetzt gerade in den Anhörungen des Kongr- Energiepolitik immer als Kombination aus Klima- und esses sehen, dass das auch eine sehr wichtige Funktion Industriepolitik gesehen. Der erste Antrieb innerhalb hat, was Checks and Balances angeht. Aber die interes- der Koalition mag ja vielleicht unterschiedlich sein, aber sante Frage ist doch: Kann die Bundesrepublik Deutsch- unser gemeinsames Verständnis in der Koalition müsste land ihre eigene Sicherheit, können wir unsere eigene sein: Klimapolitik ist Industriepolitik. 16248 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Johann Saathoff (A) (Beifall bei der SPD) (Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD]) (C) Die Situation bei der Windindustrie ist insbesondere im Dazu gehört zum Beispiel die Luft- und Raumfahrtindust- Moment sehr dramatisch. 3 000 Menschen bei Enercon in rie. Wir haben uns in der letzten Woche darüber unter- Aurich und in Magdeburg bangen nicht um ihren Arbeits- halten – und das auch beschlossen –, dass die europäische platz, sie verlieren ihn sicher. Präferenz kommen soll. Besten Dank an Thomas Jurk für die ganz tolle Unterstützung in dieser Sache. (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Daran sind wir aber nicht schuld!) (Beifall bei der SPD) Viele Familien wissen nicht, wie es weitergehen soll. Zu den Schlüsseltechnologien gehört auch noch der Industriepolitisch sehen wir gerade dabei zu, wie die Pro- Schiffbau, Überwasserschiffbau und Unterwasserschiff- duktionskapazitäten für Windenergie das Land verlassen. bau. Das wollen wir nicht. Auf die aktuelle Gesetzgebung bezogen und bei Be- (Beifall bei der SPD) trachtung der besorgniserregenden Entwicklung in der Es ist schon eine besondere Lage, wenn die Verbände Windindustrie ist nachhaltige Industriepolitik jetzt, in von DGB bis BDI gemeinsam auf die notwendigen Maß- dieser Stunde, gefragt. nahmen in der Energiepolitik für den Ausbau der erneuer- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) baren Energien drängen. Die Wirtschaft hat zu Recht, Herr Minister, immer verlässliche Rahmenbedingungen Jetzt müssen wir die erforderlichen Maßnahmen treffen, eingefordert. Der vorliegende Entwurf des Gesetzes, das um die Windindustrie zu halten – wir würden sie sonst in die Rahmenbedingungen regeln soll, damit wir das Ziel ein paar Jahren bitter vermissen. Wir müssen das Pla- der 65 Prozent in 2030 erreichen, mit anderen Worten: die nungsrecht vereinfachen, und zwar sofort. Wir müssen darin enthaltene 1000-Meter-Regelung zu fünf Häusern, das Repowering beschleunigen. Wir müssen kleine Wind- ist leider genau das Gegenteil von verlässlichen Rahmen- parks auch ohne Ausschreibung zulassen können; die EU bedingungen. lässt das zu. Und wir müssen das Problem der Flugbe- feuerung endlich lösen. Es versteht kein Mensch, dass wir (Beifall bei Abgeordneten der SPD) das nicht endlich umgesetzt haben. Wenn das so käme – davor steht zum Glück das Parla- (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Martin ment –, dann hätten wir bis Mitte der 20er-Jahre keine Neumann [FDP]: Und wir brauchen Akzep- Windindustrie mehr in Deutschland und der für 2030 er- tanz!) forderliche Zubau müsste importiert werden, wenn das (B) (D) Ziel nicht sogar aufgegeben werden müsste. Das ist nicht Ich habe am Anfang meiner Rede über Schlüssel- das sozialdemokratische Verständnis von einer erfolgrei- technologien gesprochen. Ja, auch die erneuerbaren Ener- chen Wirtschaftspolitik. gien sind Schlüsseltechnologien, die wir im Land halten müssen, genauso wie Schiffbau, genauso wie Luft- und (Beifall bei der SPD – Andreas Mattfeldt Raumfahrt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr [CDU/CSU]: Man hätte aber auch auf Export verehrten Damen und Herren, Klimapolitik ist Industrie- setzen können oder auf Offshore!) politik. Wir wollen in die Zukunft investieren und die Chancen (Beifall bei der SPD) nutzen: in der Energiewende mit ihren vielen Perspekti- ven, in der Wasserstoffindustrie, die in Zukunft eine füh- rende Rolle spielen wird, und in der Digitalisierung. Vizepräsident Thomas Oppermann: Aber: Nix, wat sük to hebben lohnt, fallt di in’t Schkoot. Vielen Dank. – Nächste Rednerin in der Debatte ist die Was brauchen wir, damit das auch gelingen kann? Wir Kollegin Heidrun Bluhm-Förster für die Fraktion Die brauchen Forschung und Entwicklung: bei Speichertech- Linke. nik, bei Übertragungstechnik, aber auch bei Grundlagen- forschung im Zusammenhang mit Energie. Wir brauchen (Beifall bei der LINKEN) Bildung und Qualifizierung, um die Menschen fit zu ma- chen und mitzunehmen bei den Veränderungen, die auf Heidrun Bluhm-Förster (DIE LINKE): sie zukommen. Wir brauchen ein Fachkräfteeinwande- Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und rungsgesetz; der Name erklärt sich ja von selbst. Und Kollegen! Es gibt so einige Punkte, die mich mit Blick auf wir brauchen gelebte Sozialpartnerschaft. Das, muss die Politik des Ministeriums für Wirtschaft und Energie man zugeben, ist bei den erneuerbaren Energien bisher immer noch in Erstaunen versetzen können. eher ein Problem gewesen als eine Chance. Wir brauchen Erstens hatten Sie, Herr Minister, offenbar Glück, dass aber Sozialpartnerschaft und Mitbestimmung und feste, Ihr Etatentwurf durch die Ausschüttung des sogenannten gute Tariflöhne. Klimakabinetts noch richtig nachgebessert werden konn- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) te und jetzt, wie Herr Mattfeldt bereits gesagt hat, circa 9 Milliarden Euro beträgt. Und wir müssen die Schlüsselindustrien stärken in Deutschland, wir müssen sie schützen – auch um Wert- Zweitens blieb Ihre Schwerpunktsetzung auf Digitali- schöpfung und Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen und zu sierung und künstliche Intelligenz weiterhin positiv in der sichern. öffentlichen Debatte, obwohl die veranschlagten Haus- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16249

Heidrun Bluhm-Förster (A) haltspositionen deutlich hinter den Anforderungen der „Woran es in den neuen Ländern mangelt, sind große (C) Wirtschaft zurückbleiben. Unternehmen mit strategischen Unternehmensfunk- tionen, also vor allem mit Forschung und Entwick- Drittens war es dem Wirtschaftsministerium gelungen, lung“, heißt es in einer Analyse des Leibniz-Instituts die Begleitung der Regierungskommission „Gleichwerti- für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Solche ge Lebensverhältnisse“ so zu kommunizieren, als würde Funktionen seien zumeist in Konzernzentralen an- wirklich etwas für die strukturschwachen Regionen, die gesiedelt – „es gibt aber in Ostdeutschland kaum ländlichen Räume und den Osten getan werden. Konzernzentralen“. Das Gegenteil ist allerdings der Fall, und das will ich Beispiele dafür sind die Jenoptik AG, Rotkäppchen- heute in meinem Redebeitrag noch einmal besprechen. Mumm oder die Lintec AG. Wie wir wissen, gibt es in Ihrem Hause, Herr Minister, einen Beauftragten für die neuen Bundesländer, der ja im Tatsächlich finden sich 30. Jahr der deutschen Einheit nicht mehr so neu ist und – so das Blatt weiter - bei dem sich viele Menschen mittlerweile fragen: Was macht der eigentlich den ganzen Tag? Das frage ich mich im Ranking ... über die 500 umsatzstärksten Unter- auch. Dieser Beauftragte, Herr Hirte, wurde am 25. Sep- nehmen Deutschlands ohne Berlin nur 16 aus den tember 2019 auf „Spiegel Online“ mit der Überschrift fünf Ost-Ländern. ... Sachsen kommt auf acht Ein- zitiert: „Der Zustand im Osten ist viel besser, als wir träge. Zum Vergleich: Baden-Württemberg ist ganze uns das alle vorgestellt hätten.“ 70-mal vertreten. Vor der deutschen Teilung waren beide Länder … gleich stark. (Lachen bei der LINKEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Hat er recht!) Die Linke fordert in ihrer Wirtschaftspolitik seit Lan- gem: ernsthafte Strukturanpassung durch Schaffung von Ich lasse an dieser Stelle einmal beiseite, wer „wir“ sein Rahmenbedingungen für eine sich selbst tragende Wert- soll und was „wir“ uns alle vorgestellt haben sollen. Man schöpfung, kann natürlich auch weiterhin Kollektivbeschimpfung betreiben. Herr Hirte sagt nämlich in diesem Artikel (Beifall bei der LINKEN) weiter, die – von ihm offenbar lediglich gefühlte – Be- Gleichstellung der Löhne, Tarifabschlüsse und Renten, nachteiligung des Ostens liege daran, „dass die Ostdeut- Wiederherstellung einer eigenständigen funktionierenden schen das Pech hatten, 40 Jahre auf der falschen Seite der kommunalen Infrastruktur und vor allem die Gleichbe- Geschichte gestanden zu haben“. Das soll heißen: Nun handlung von Ost und West in der Besetzung von Füh- meckert nicht so viel im Osten, wir geben uns Mühe, und rungspositionen. (B) gerade jetzt, wo wir ab 2021 den Soli streichen wollen, (D) erst recht. (Beifall bei der LINKEN) Stattdessen gehen wieder zwei neu zu gründende Institute Schauen wir einmal auf Tatsachen. Wem gehört der nach Geesthacht und Oldenburg, angeblich weil es dafür Osten? Ich sage: Der Osten gehört dem Westen. Es be- im Osten keine Basis gibt – sie ist wegrationalisiert wor- gann Anfang der 90er-Jahre mit der verheerenden Lö- den. sung: „Rückgabe vor Entschädigung“. Bis heute wird der Ausverkauf des Ostens als angeblich selbstgemachte (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Der Osten hat Strukturschwäche kleingeredet. Die Privatisierung kom- so viele Institute gekriegt!) munaler Aufgaben, wie Krankenhäuser, Wasser- und Ab- wasserbetriebe, tat ihr Übriges. Natürlich gehören diese Die Fraktion Die Linke muss feststellen, dass der Bereiche heute oft Westkonzernen oder internationalen Haushalt des Wirtschaftsministeriums bezüglich der Fonds. Strukturpolitik in den strukturschwachen Regionen ent- täuschend ist. Daher werden wir unsere Zustimmung heu- Wohnungen mussten privatisiert werden, um Altschul- te nicht geben können. denhilfe zu bekommen oder kommunale Haushalte zu Danke schön. sanieren. Da hat nur selten ein Ostdeutscher zuschlagen können. (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Mindestens 300 sich im Regionalmarkt Ost selbst tragen- Vizepräsident Thomas Oppermann: de Firmen haben ihren Stammsitz im Westen. Die Boden- Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Anja spekulation westdeutscher und internationaler Invest- Hajduk für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. mentfonds auf ostdeutschem Grund und Boden blüht weiterhin ungebrochen. Im „manager magazin“, und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – zwar sinnigerweise in der Onlineausgabe vom 3. Oktober Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Heute in 2019, wird aufgezählt, dass unter den 25 größten Unter- Schwarz-Rot! Sehr elegant!) nehmen in Ostdeutschland ganze zwei mit ostdeutschem kommunalen Versorgungsauftrag als originär ostdeutsch Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): angesehen werden können, der Rest aber von Konzern- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- zentralen in Westdeutschland oder aus dem Ausland ge- ren! Sehr geehrter Herr Minister, Begrifflichkeiten hin lenkt wird. und her: Die Diskussion, ob wir von einer Rezession re- 16250 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Anja Hajduk (A) den sollten oder müssten, will ich gar nicht führen. Aber Stahl oder Chemie. Wir werden viel Strom brauchen. (C) es ist festzustellen: Die wirtschaftliche Dynamik in un- Das heißt, wir werden viel erneuerbaren Strom brauchen. serem Land hat sich abgekühlt. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Aber 24 Stun- (Zuruf von der FDP: Reden Sie nicht alles den am Tag!) schlecht!) Aber – das sollte uns eine Mahnung sein – die Solarin- Das ist ein Punkt, auf den wir reagieren müssen, den dustrie ist in unserem Land kaputtgegangen. Als dies pas- wir zumindest vor Augen haben müssen. Aber das ist sierte, waren Sie, Herr Altmaier, schon in ministerieller nicht die einzige Herausforderung. Die Klimakrise, die Verantwortung; das haben Sie erlebt. marode öffentliche Infrastruktur, schlechte digitale Infra- struktur – das ist alles ein bisschen auf dem Stand von (Manfred Grund [CDU/CSU]: Schauen wir uns vorgestern. Auf einer solchen Basis wird eine abgekühlte doch mal an, warum!) Konjunktur, wird die Wirtschaft nur schwer wieder an Schauen wir einmal auf die aktuelle Lage der Wind- Dynamik gewinnen. Deswegen ist es kein Wunder, dass kraft: Wir haben einen Einbruch von 80 Prozent beim viele Wirtschaftsvertreter – ich zitiere hier den BDI-Chef Ausbau der Windkraft innerhalb von zwei Jahren erlebt. Dieter Kempf – sagen: Es geht nicht in erster Linie da- rum, möglicherweise Symptome einer Rezession zu be- (Dr. Martin Neumann [FDP]: Vor allem wegen kämpfen, sondern wir müssen an die Ursachen einer der Genehmigungen! – Markus Kurth [BÜND- Wachstumsschwäche heran. NIS 90/DIE GRÜNEN]: Arbeitsplatzvernich- tung war das!) (Bernhard Loos [CDU/CSU]: Da haben die Grünen viel dafür getan, dass es so ist!) Jetzt droht pauschal eine 1 000-Meter-Abstandsregel, die den Ausbau der Windkraft weiter beeinträchtigen wird. Obwohl Wissenschaft und Wirtschaft, Gewerkschafter oder auch Arbeitgeberverbände an die Regierung ganz (Bernhard Loos [CDU/CSU]: Die Grünen vor klar die Erwartung richten, jetzt endlich auch ihren Bei- Ort wollen sie nicht haben!) trag zu leisten, auch mehr zu investieren, stemmen sie Damit Sie mich nicht missverstehen: Das ist nicht der sich gemeinsam gegen diese Erkenntnis. einzige Grund, warum die Windkraft Probleme bekom- Im Rahmen der Beratung Ihres Etats, Herr Altmaier, men hat. komme ich auf genau diesen Punkt zurück: Wir brauchen (Bernhard Loos [CDU/CSU]: Die Grünen vor mehr öffentliche Investitionen. Wir Grüne – das will ich Ort wollen es nicht haben!) (B) hier einmal deutlich sagen – erkennen an, dass die Schul- (D) denbremse in den letzten Jahren viel Vertrauen geschaf- Was die langwierigen Genehmigungsverfahren angeht, fen hat. Das soll auch so bleiben; damit Sie uns nicht sehen wir uns auch selber in der Pflicht. missverstehen. Aber – man muss ja mal „aber“ als Diffe- renz sagen können –: (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Martin Neumann [FDP]: Dann ist ja gut!) (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sätze mit Ja, wir sind fähig zur Selbstkritik und fähig, zu überlegen, „aber“ fand ich schon immer sch…!) wo wir was tun können. Jetzt lade ich Sie einmal ein, Wenn wir aktuell fragen, ob wir nicht doch Kredite auf- dasselbe auch zu tun. Das ist aber leider immer eine Ent- nehmen können bzw. sollten, werden wir uns ganz harte täuschung. Konditionen auferlegen. Das tun wir Grüne auch, indem wir sagen: Wir haben den Schuldenstand von 80 auf (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – 60 Prozent gesenkt. Das ist eine Bedingung, wenn wir Dr. Martin Neumann [FDP]: Das reicht nicht! – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Die Grünen vor im Rahmen der Schuldenbremse Kredite aufnehmen wol- Ort wollen es aber nicht haben!) len und damit die Chance haben – dazu möchte ich Sie auffordern, Herr Altmaier –, uns für einen überjährigen, Was haben Sie denn jetzt für eine Aufgabe? Da kann mehrjährigen Bundesinvestitionsfonds einzusetzen, der ich nur sagen: Es ist verrückt, dass Sie Ansätze für ein endlich verlässlich in öffentliche Infrastruktur investiert. beschleunigtes Planungs- und Genehmigungsrecht haben Das wäre für die wirtschaftliche Belebung unseres Landes wichtig. (Dr. Martin Neumann [FDP]: Das ist richtig!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – und gleichzeitig eine Windausbaubremse mit dieser Ab- Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Auch günstige standsregelung installieren. Kredite müssen zurückgezahlt werden!) (Manfred Grund [CDU/CSU]: Die Leute auf Aber es geht nicht nur ums Geld; es geht übergeordnet dem Land sind euch im Wege!) auch um Verlässlichkeit. Ein besonders wichtiger Be- Ich habe die Hoffnung, dass die SPD das verhindert. reich, in dem dies gerade scheitert – das sage ich in Rich- tung von Herrn Saathoff –, ist aus meiner Sicht die Ener- (Bernhard Loos [CDU/CSU]: Die Grünen wol- giewende. Wir werden in Zukunft mehr Strom brauchen, len es nicht anders! – Manfred Grund [CDU/ wenn wir in Deutschland CO2-neutral industriell und CSU]: Die Leute vom Land können ja in die wirtschaftlich erfolgreich sein wollen, ob im Bereich Stadt ziehen, innerhalb des S-Bahn-Rings!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16251

Anja Hajduk (A) Sie von der SPD haben sich so geäußert. Sie müssen das und für die Umwelt leistet. Ich möchte mich dafür ganz (C) verhindern. Das wäre für die Windkraft und für die er- herzlich bei allen Berichterstattern dieses Parlamentes neuerbaren Energien wichtig. bedanken, vorneweg natürlich bei Andreas Mattfeldt und bei Thomas Jurk, aber auch bei allen anderen, die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) dafür gesorgt haben, dass wir Akzente für Gründerinnen Es ist eigentlich ein ganz schlechter Witz, dass Sie im und Gründer, für Innovationen, aber auch für den Struk- Kohleausstiegsgesetz, bei dem es darum geht, mit Blick turwandel in den neuen Ländern und im Rheinischen Re- auf den Strukturwandel nicht einfach hinzunehmen, dass vier setzen konnten. Arbeitsplätze abgebaut werden, genau diese Abstandsre- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und gel unterbringen. der SPD) (Bernhard Loos [CDU/CSU]: Was hat das jetzt Sehr geehrter Herr Münz, lieber Kollege Theurer, ich damit zu tun?) habe mir angehört, wie Sie über die Konjunkturlage in Da muss man ja die Frage stellen: Sind Ihnen die Arbeits- Deutschland gesprochen haben. Mit dieser Konjunktur- plätze in der Windenergie nicht genauso wichtig wie die lage ist niemand zufrieden, ganz bestimmt nicht der Arbeitsplätze, die in der Kohleregion verloren gehen? Bundeswirtschaftsminister. Ich würde mir ein stärkeres Wachstum wünschen, selbstverständlich. Wenn man (Manfred Grund [CDU/CSU]: Das dient dem Ihnen zuhört, hat man das Gefühl, dass Sie es bedauern, Schutz der Bevölkerung!) dass es durch den Einsatz von vielen kleinen und mittel- Wir wollen die Menschen nicht gegeneinander ausspie- ständischen Unternehmern, von Handwerkerinnen und len. Handwerkern, von Beschäftigten, von Betriebsräten und vielen anderen möglich war, eine Rezession zu vermei- (Manfred Grund [CDU/CSU]: Doch! Das den – wir haben nicht einmal eine technische Rezession –, macht ihr permanent!) weil Sie die Regierung so gerne kritisiert hätten. Sie soll- ten sich freuen, wenn der Aufschwung in Deutschland Sorgen Sie dafür, dass man nicht denken muss, dass Sie weitergeht und Deutschland international gut dasteht. das tun. Wer soll denn über Deutschland gut reden, wenn wir es (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – nicht tun, hier auf allen Seiten dieses Hauses. Bernhard Loos [CDU/CSU]: Die Grünen wol- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – len es nicht haben! – Gegenruf der Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sehr richtig! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Michael Theurer [FDP]: Machen wir ja!) (B) NEN]: Wie oft wollen Sie das denn noch sa- (D) gen?) Liebe Kollegin Hajduk, ich habe Ihnen gerne zugehört; denn Sie haben gesagt: Wir brauchen mehr Wachstum. – Herr Altmaier hat, was die erneuerbaren Energien an- Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie in diesem Punkt für geht, auch eine Verantwortung für diese Industrie. In die- Ihre komplette grüne Bundestagsfraktion reden könnten. sem Sinne kann ich Sie nur an die Verantwortung, die Sie Ich habe als Bundeswirtschaftsminister und schon in der haben, erinnern. Tun Sie etwas gegen den Arbeitsplatz- Zeit davor sehr viele Podiumsdiskussionen bestreiten verlust! Das können Sie nicht nur auf die Kohleregion müssen, auf denen die Grünenvertreter sagten, Null- beziehen, sondern das muss sich auch auf eine moderne wachstum sei besser für das Klima und für die Zukunft Energiepolitik beziehen. Wir werden Sie daran messen, des Planeten, und man brauche nicht unbedingt Wachs- und wir werden auch die SPD daran messen, ob die Er- tum. neuerbaren eine Zukunft haben. (Michael Theurer [FDP]: Ist ja jetzt Null- Herzlichen Dank. wachstum! Und was machen Sie?) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ich würde mir wünschen, dass die gesamte grüne Bun- Bernhard Loos [CDU/CSU]: Die Grünen! Eure destagsfraktion klarstellt, für alle zusammen, dass auch Leute!) Sie ein kontinuierliches, ein nachhaltiges und ein deutli- ches Wachstum in Deutschland in Zukunft für möglich Vizepräsident Thomas Oppermann: halten. Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist un- (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: ser Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Nachhaltiges Wachstum in Deutschland! Ja- (Beifall bei der CDU/CSU) wohl!) Das ist jedenfalls unsere Position als CDU/CSU und als Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und SPD, und dafür werden wir auch in Zukunft arbeiten. Energie: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) ren! Vor Ihnen auf dem Tisch liegt ein Haushaltsentwurf, Sehr geehrter Herr Theurer, ich war schon ein bisschen der von allen Haushaltsentwürfen, die ich in meiner enttäuscht. Ich verstehe ja, dass die Opposition versucht, Amtszeit und in meiner Zeit als Abgeordneter mit verab- Punkte zu machen. Ich bin als Minister geländegängig, schieden durfte, am meisten für Gründungen, Innovatio- und Sie können mir schon mal das eine oder andere an den nen, Strukturstärkung, für die Wirtschaft, für das Klima Kopf werfen. Sie haben behauptet, ich hätte die politi- 16252 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Bundesminister Peter Altmaier (A) schen Systeme der USA und China auf eine Stufe gestellt. (Michael Theurer [FDP]: Durch einen echten (C) Sie können sich das entsprechende Video anschauen. Sie Emissionshandel, Herr Kollege!) werden dann feststellen: Das habe ich in keiner Weise getan. – Ich habe in den letzten Jahren als Wirtschafts- Das ist doch unser gemeinsames Ziel. Ich sage Ihnen an minister bestimmt 20-mal, auch öffentlich nachvollzieh- dieser Stelle: Wir haben für die Erforschung synthetischer bar, gesagt: Europa und die USA sind eine Wertegemein- Kraftstoffe, die es möglich machen, Verbrennungsmoto- schaft; ren klimaneutral zu betreiben, weil kein fossiler Treib- stoff verbraucht wird, und für die Umrüstung von Flug- (Michael Theurer [FDP]: Sage ich doch!) zeugen auf hybrid-elektrisches Fliegen mit synthetischen Kraftstoffen zum ersten Mal Gelder bereitgestellt. Wir bei aller Kritik am Protektionismus. – Als gestern Abend investieren in Forschung. Ich würde mir wünschen, dass einzelne Zeitungen anderes berichtet haben, habe ich öf- Sie das anerkennen. fentlich klargestellt, dass ich China und die USA, was die politischen Systeme angeht, nicht verglichen habe. Das Und von meinen Grünen hätten Sie zur Kenntnis nehmen können. Sie hätten den Bundeswirtschaftsminister – nicht in meinem Interesse, (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: aber im Interesse der transatlantischen Beziehungen – in „Meinen Grünen“?) Schutz nehmen können. So haben Sie versucht, eine fal- sche Information noch zu verstärken. Das finde ich nicht – ich war ja mal Mitglied der schwarz-grünen Pizza-Con- in Ordnung. Ich hoffe, dass wir das nicht mehr erleben nection; deshalb dachte ich, ich dürfte das sagen –, von werden. Ihren Grünen würde ich mir wünschen, dass Sie endlich mal den Mut haben, zu sagen: Es geht nicht darum, das (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Fliegen als solches zu verteufeln, es geht nicht darum, das neten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ Autofahren als solches zu verteufeln, es geht nicht einmal DIE GRÜNEN – Michael Theurer [FDP]: Ent- darum, den Verbrennungsmotor als solchen zu verteufeln; schuldigung, Herr Kollege!) es geht darum, dass wir Mobilität CO2-frei und klima- Meine Damen und Herren, dass sich die Wirtschaft neutral möglich machen. – Das verdient unsere Unterstüt- trotz der Handelskrisen, trotz Protektionismus, trotz der zung und nicht die Ideologie, die von manchen von Ihnen ungelösten Brexit-Probleme und trotz der Abkühlung der verbreitet wird. Weltkonjunktur in einer starken Verfassung befindet, das verdanken wir auch den Strukturreformen der letzten (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- 20 Jahre. Wenn wir wollen, dass diese Entwicklung wei- ordneten der SPD) (B) (D) tergeht, dass dieses Erfolgsmodell weitergeht, müssen Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist kein wir auch heute über Reformen für die Zukunft reden. Gegensatz: Wir machen eine Nationale Wasserstoffstra- Wir haben in der Koalition einiges erreicht, zum Bei- tegie, und wir werden dafür sorgen, dass klimaneutraler, spiel die steuerliche Forschungsförderung, grüner Wasserstoff mit deutscher Technologie möglich wird. (Dr. Martin Neumann [FDP]: Hat lange ge- dauert! Zehn Jahre!) Aber wir setzen natürlich auch auf Elektromobilität. Herr Theurer, Sie verschweigen in jeder Ihrer Reden – gerade für kleine und mittelständische Unternehmen. Wir auch Herr Kotré, der sich immer für die Automobilindust- haben uns zum Klimaschutz auf die steuerliche Förde- rie einsetzt, sagt das nicht –, dass die deutsche Automo- rung der energetischen Gebäudesanierung verständigt. bilindustrie von Daimler bis VW, von Ford bis Audi und Wir haben uns darauf verständigt, die Beiträge zur Ar- von Opel bis BMW sagt: Es wird nicht möglich sein, die beitslosenversicherung deutlich zu senken, und wir haben Klimaziele der Europäischen Union in den nächsten Jah- es bereits getan. Wir setzen jetzt noch einen drauf, um ren einzuhalten, wenn wir nicht einen bedeutenden Anteil deutlich zu machen: Wir wollen, dass die Sozialversiche- von Fahrzeugen mit Elektroantrieben als alternative An- rungsabgaben unter 40 Prozent bleiben. – Ich habe eine triebe auf die Straße bringen. – Was spricht denn dagegen, Mittelstandsstrategie vorgelegt. Ich habe mit der Indust- dass wir den Plug-in-Hybrid fördern? riestrategie eine Diskussion ausgelöst, weil mir ganz wichtig ist, dass Industriepolitik und Mittelstandspolitik (Abg. Michael Theurer [FDP] meldet sich zu keine Gegensätze sind. Die soziale Marktwirtschaft erfor- einer Zwischenfrage) dert, dass wir auf die Bedürfnisse aller Teilnehmer am Wirtschaftsleben, auf die der Unternehmerinnen und Un- Was spricht denn dagegen, dass wir die vorhandenen ternehmer sowie die der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- 45 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor ergänzen nehmer gleichermaßen, Rücksicht nehmen, damit Markt- um neu zugelassene Autos mit Elektroantrieb, damit der wirtschaft funktionieren kann. Automobilstandort Deutschland auch in Zukunft wettbe- werbsfähig bleibt? Ich fordere Sie auf, sich an der Debatte zu beteiligen. Auch Ihr Vorsitzender ist doch für Klimaschutz. Die Fra- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und ge lautet: Wie können wir es erreichen, dass wir unsere der SPD) ehrgeizigen Klimaziele einhalten, ohne dass wir unsere wirtschaftliche Entwicklung beschädigen und die Wett- Frau Präsidentin, ich glaube, Herr Theurer will eine bewerbsfähigkeit des Landes reduzieren? Zwischenfrage stellen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16253

(A) Vizepräsidentin Petra Pau: werden. Die eigentlichen Probleme sind nämlich hausge- (C) Dazu ist es inzwischen zu spät, da Sie die Redezeit macht. schon überzogen haben. Für den Mobilfunkausbau tingeln Frau Merkel und Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Herr Altmaier durch die Lande und durch manches Fern- Energie: sehstudio, und sie versuchen ahnungs- und konzeptlos, der Nation die vermeintliche Notwendigkeit des Einsat- Mein Gott! Liebe Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau zes von Huawei-Technologie zu erklären. Wir als AfD Präsidentin, ich entschuldige mich ganz nachdrücklich lehnen Huawei in jeglicher kritischer Infrastruktur in dafür. Deutschland entschieden ab. (Heiterkeit) (Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Die NEN]: Ihr wollt die Russen!) Unternehmensteuerreform ist angesprochen worden, der Soli ist angesprochen worden. Ich habe diese Vorschläge – Nein. – Wir brauchen hier eigene Technologien, in die- gemacht. Wenn Sie vielleicht einmal bereit wären, den sem Fall auch gerne europäische. Im Wirtschaftshaushalt Bundeswirtschaftsminister dabei zu unterstützen, findet sich hierzu – wie im Übrigen auch schon in der Vergangenheit – nur herzlich wenig. Förderprogramme (Zuruf von der FDP: Machen wir doch!) dienen weiterhin fast ausschließlich dem Fass ohne Bo- statt denjenigen, der versucht, Entlastungen für die Wirt- den, das sich „Energiewende“ nennt. schaft voranzubringen, immer nur zu kritisieren, dann Auch in den Mittelstand, das Herz unserer Wirtschaft, könnten wir vielleicht das eine oder andere in den nächs- wird viel zu wenig investiert. Die gerade erst veröffent- ten Jahren erreichen. Ich habe Vorschläge für eine souve- lichte sogenannte Mittelstandsstrategie Herrn Altmaiers räne europäische Dateninfrastruktur gemacht. Wir sind verspricht zwar viel, gehalten wird ausweislich dieses dabei, dafür zu sorgen, dass mehr Unternehmensgründun- Haushaltes aber wohl kaum etwas. gen in Deutschland möglich sind. Das alles zeigt: Man muss den Mut haben, an diesen Standort zu glauben, und Der auf den Mittelstand ausgerichtete Weltmarktfüh- man muss Umweltpolitik und Klimaschutz mit Wirt- rerindex von Rödl & Partner zeichnet für den deutschen schaftspolitik versöhnen und vereinbaren. Mittelstand ein düsteres Bild. Geschäftsführer Professor Christian Rödl bringt es auf den Punkt, wenn er sagt – ich (Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zitiere –: NEN]: Sagen Sie noch was zur Windenergie!) (B) So können wir dafür sorgen, dass der Aufschwung in Seit einigen Jahren flößt die Politik der einst starken (D) Deutschland noch eine ganze Zeit lang weitergeht. deutschen Wirtschaft einen Giftcocktail aus künst- lich überteuerten Energiepreisen, Bürokratieaufbau Vielen Dank. und überhöhten Steuern in ihren Blutkreislauf. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Wie zutreffend! ordneten der SPD) (Beifall bei der AfD – Timon Gremmels [SPD]: Vizepräsidentin Petra Pau: Ein Giftcocktail für die Wirtschaft sind Sie!) Das Wort hat der Abgeordnete Enrico Komning für die Sie von der Bundesregierung lassen unsere Mittel- AfD-Fraktion. ständler nicht nur im Regen stehen; Sie legen ihnen auch fast jeden Stein in den Weg, den Sie am politischen We- (Beifall bei der AfD) gesrand finden können. Sie wollen fast 152 Millionen Enrico Komning (AfD): Euro für sogenannte Reallabore der Energiewende aus- geben – und das, obwohl ganz Deutschland durch Ihr Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her- chaotisches Vorgehen ohnehin bereits ein einziges Real- ren Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Schon labor geworden ist. ein einziger Zahlenvergleich kennzeichnet die Unzuläng- lichkeit des Teilhaushalts: Die Investitionen sinken, im- (Beifall bei der AfD) merhin um 2 Prozent. Dies zeigt den mangelnden Willen der Bundesregierung, sich den aufziehenden schwierigen Dass diese Geldausgabe hoffnungslos, nutzlos, voll- Zeiten entgegenzustellen. Dass der Wirtschaftshaushalt kommen an der Realität vorbei ist, ist für jeden ersicht- bei einem Gesamtetat von knapp 360 Milliarden Euro lich. Sie wissen das, und trotzdem machen Sie das, und ganze 9 Milliarden Euro ausmacht, ist an sich schon die- zwar in der vergeblichen Hoffnung auf Liebesbezeugun- ses Landes nicht würdig. gen dekadent großstädtischer Wohlstands-Ökos. Ich sage Ihnen was, liebe Kollegen von der Union: Die Klimasek- (Beifall bei der AfD) tierer werden sich dem Original, den grünen Hoheprie- Der Anteil der Investitionen beträgt nicht mal 1 Prozent stern, zuwenden; die vernünftigen, rational denkenden des Gesamthaushalts. Menschen werden den Weg zu uns, zur AfD, finden. Meine Damen und Herren, der zwischen den USA und (Beifall bei der AfD – Timon Gremmels [SPD]: China ausgetragene Handelskonflikt darf nicht als Aus- Im Leben nicht! – Johann Saathoff [SPD]: Die rede für die deutsche Wirtschaftsschwäche missbraucht fragen sich dann, warum ihnen das Wasser bis 16254 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Enrico Komning (A) zum Hals steht! – Dieter Janecek [BÜND- (Beifall bei der SPD – Falko Mohrs [SPD]: (C) NIS 90/DIE GRÜNEN]: Der war gut!) Jetzt kommt wieder Sachverstand in die Debat- te!) Sie dagegen, liebe Kollegen von der CDU, werden den Weg der Marginalisierung gehen, genau wie Ihr Koali- Thomas Jurk (SPD): tionspartner, die SPD. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Der Mittelstand bleibt dabei jedoch nachhaltig auf der Damen und Herren! Kein Haushalt bleibt so, wie er ein- Strecke. Das ist im Übrigen das Einzige, was an Ihrer gebracht wurde. Wir haben also zum Einzelplan 09 über Politik tatsächlich nachhaltig ist. 50 Änderungsanträge von der Koalition beraten und be- schlossen. Das führt am Ende dazu, dass das Volumen des (Beifall bei der AfD) Haushaltes um 220 Millionen Euro gegenüber dem Ent- wurf der Ergänzungsvorlage aufgewachsen ist. Wir fordern Sie auf, die für die Energiewende versenk- ten Haushaltsmittel für die Erforschung und Entwicklung Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben neuer Kernspaltungstechnologien aufzuwenden. uns natürlich den Zukunftsthemen gewidmet. Ich stelle das Thema Digitalisierung ganz nach vorne. Damit (Johann Saathoff [SPD]: Das fehlt noch!) Deutschland eben ein wettbewerbsfähiger Industrie- Schon jetzt werden weltweit neue Kernreaktortypen, wie und Produktionsstandort bleibt, werden wir die Digitali- die der sogenannten Generation IV oder die noch weiter- sierung in der Wirtschaft weiter vorantreiben. In den führenden Konzepte der Flüssigkernreaktoren, erforscht Haushaltsberatungen haben wir deshalb zusätzliche Mit- und sogar gebaut. tel zur Förderung der künstlichen Intelligenz vorgesehen: insgesamt 130 Millionen Euro, die Sie hauptsächlich in (Johann Saathoff [SPD]: Fahren Sie mal nach der Titelgruppe „Digitale Agenda“ finden können. Fukushima!) Aber auch die Verkehrs- und Luftfahrtforschung profi- Das ist eine echte Chance für eine emissionsarme und tiert von den zusätzlichen Mitteln. gefahrlose Grundlastversorgung im gesamten Energiebe- Außerdem haben wir für die Umsetzung des Projektes darfsspektrum. Aber auch hier drohen wir durch Ihre Po- einer europäischen Dateninfrastruktur der nächsten Ge- litik hoffnungslos zurückzufallen. neration, besser bekannt als „Gaia-X“, mehr als 30 Millio- (Beifall bei der AfD – Johann Saathoff [SPD]: nen Euro zur Verfügung gestellt. Sehr verehrter Herr Bun- Ihre Politik braucht keiner!) desminister, jawohl, es ist eine richtige Entscheidung, eine eigenständige europäische Cloud auf den Weg zu (B) Wir fordern Sie auf, das Zentrale Innovationspro- bringen, um uns von den Angeboten der Wettbewerber (D) gramm Mittelstand deutlich aufzustocken. Nicht einmal unabhängig zu machen. 300 Millionen Euro will die Bundesregierung in diesem für Deutschland geradezu existenziellen Bereich locker- (Beifall bei der SPD) machen. Zum Vergleich: Allein für die berufsbezogene Notwendige Schwerpunkte haben wir erneut auch im Deutschsprachförderung durch das Bundesamt für Mig- Bereich der Raumfahrt gesetzt, indem wir das Nationale ration gibt die Bundesregierung 365 Millionen Euro aus. Weltraumprogramm mit 11 Millionen Euro zusätzlich ausgestattet haben. (Gabriele Katzmarek [SPD]: Das hat jetzt noch gefehlt!) (Beifall des Abg. Johann Saathoff [SPD]) Das, Herr Minister, sind völlig falsche Prioritäten. Mit Blick auf die morgen in Sevilla beginnende ESA- Ministerratskonferenz will ich noch hinzufügen, dass in (Beifall bei der AfD) diesem Bereich sicher auch noch weitere Ausgaben an- stehen. Sie wissen, es liegt ja in der Natur solcher Ver- Meine Damen und Herren, dieser Bundeshaushalt ist handlungen, wenn es um europäische Projekte geht, dass der Spiegel einer abgewirtschafteten Bundesregierung. Er da möglicherweise weitere finanzielle Mittel bereitge- verwaltet; er gestaltet nicht. Ideen? Totale Fehlanzeige! stellt werden, um die entsprechenden Zeichnungen zu ge- Nicht einmal die Korrektur erkannter Fehlentwicklungen währleisten. der Vergangenheit wird angegangen. So wird Deutsch- land sicher nicht fit für die Zukunft gemacht. Deswegen (Johann Saathoff [SPD]: Sehr gut!) lehnen wir den Haushalt ab. Besonders wichtig erscheint mir etwas, was in der De- (Timon Gremmels [SPD]: Was für eine Über- batte bereits eine kleine Rolle gespielt hat. Um die ge- raschung!) planten Klimaschutzmaßnahmen zu administrieren, also umsetzen zu können, wurden aus dem Energie- und Kli- Vielen Dank. mafonds rund 40 MillionenEuro in den Einzelplan des BMWi umgeschichtet. Zur Umsetzung der neuen Aufga- (Beifall bei der AfD) be werden dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr- kontrolle, auch bekannt unter „BAFA“, zudem 150 neue Vizepräsidentin Petra Pau: Stellen bewilligt. Das BAFA wird nun eine neue Abtei- Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Thomas Jurk lung in der sächsischen Lausitz, sprich: in Weißwasser in das Wort. der Oberlausitz, errichten. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16255

Thomas Jurk (A) (Ulrich Freese [SPD]: Bravo!) Nach dieser Debatte sage ich Ihnen ganz ehrlich: Dabei (C) geht es mir auch darum, die Debatte nicht auf das Klein- Dies wäre nach dem Forschungs- und Entwicklungs- Klein einer Ost-West-Diskussion zu reduzieren, sondern zentrum der Bundesanstalt für Geowissenschaften und deutlich zu machen: Wir haben in ganz Deutschland Rohstoffe, das bekanntermaßen in Cottbus Einzug halten strukturschwache Räume, die es verdient haben, durch soll, der zweite Behördenstandort des BMWi in diesem unsere Unterstützung nach vorne zu kommen. Haushaltsplan für die Lausitz. Das, glaube ich, ist das richtige Signal an unsere Bergbauregionen, die im Struk- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten turwandel stehen. der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der SPD – Ulrich Freese [SPD]: Da hilft es nicht, nach irgendwelchen Himmelsrichtungen Gut gemacht, Thomas!) zu diskutieren, sondern wir müssen die Bedürftigkeiten in den Blick nehmen. Das ist, glaube ich, der richtige Ansatz Der Haushaltsausschuss hat in seiner Bereinigungssit- von Politik. zung aber auch einen wichtigen Beschluss zur künftigen Ausgestaltung des gesamtdeutschen Fördersystems für Herzlichen Dank an alle, die mitgewirkt haben: strukturschwache Regionen gefasst. Es geht dabei darum, Andreas Mattfeldt, Eckhardt Rehberg und Johannes wirksame Maßnahmen zur Unterstützung von Mittel- Kahrs. Das war eine gute Entscheidung. stand und Handwerk in den betroffenen Regionen zu er- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten greifen. Der Beschluss sieht nämlich vor, dass ab dem der CDU/CSU) Jahr 2020 die Förderpräferenzen zugunsten struktur- schwacher Regionen im Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand – Sie kennen es alle als „ZIM“ – und im neuen Vizepräsidentin Petra Pau: Investitionszuschussprogramm Digitaler Mittelstand von Das Wort hat der Kollege Karsten Klein für die FDP- 5 auf 10 Prozent verdoppelt werden. Dabei handelt es sich Fraktion. um die beiden bedeutendsten Förderprogramme des Wirt- (Beifall bei der FDP) schaftsministeriums, bei denen regional unterschiedliche Fördersätze angewendet werden. Karsten Klein (FDP): Außerdem wurde für das Förderprogramm EXIST fest- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und gelegt, dass künftig 45 Prozent der Mittel in struktur- Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, auch ich will mit schwache Regionen fließen. Damit liegt die Förderinten- einem Dank an Ihr Haus für die Unterstützung bei den sität hier rund 30 Prozent über der Förderintensität Haushaltsberatungen, bei der Beantwortung von Fragen (B) anderer Regionen. Dieses Verhältnis soll zudem dauer- und bei der Kommunikation beginnen. Ich möchte mich (D) haft beibehalten werden. natürlich auch bei dem Hauptberichterstatter bedanken. Lieber Andreas Mattfeldt, vielen Dank für deine gute (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Organisation! Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Die Mittel für EXIST wurden übrigens während der der CDU/CSU) Haushaltsplanberatungen von 80 auf 105 Millionen Euro – Endlich klatscht die Union auch mal bei einem FDP- angehoben. Das heißt, es soll eben keine Verlierer in den Abgeordneten. Regionen geben, die künftig nicht in der Höhe gefördert werden wie zukünftig die Regionen, die aufgrund ihrer (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU) Strukturschwäche besonders privilegiert werden sollen. Ich bedanke mich natürlich auch bei den Kolleginnen und Kollegen Mitberichterstattern. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Der Beschluss sieht zudem vor, nach Prüfung weitere Aber, lieber Kollege Mattfeldt, ich muss gleich an einer geeignete Förderprogramme des Bundes mit wirksamen Stelle die Hoffnung einschränken: Wir werden dem Ein- Förderpräferenzen auszustatten bzw. einen überpropor- zelplan natürlich nicht zustimmen. tionalen Mitteleinsatz zugunsten strukturschwacher Re- gionen sicherzustellen. Zudem – das ist mir auch wichtig – (Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) soll die Verteilungswirkung der neuen steuerlichen For- Wenn ich die Brille absetzen würde, lieber Herr Kollege, schungsförderung untersucht werden, um daraus Schlüs- dann wäre mein Blick unscharf, und dann könnte das se für die weitere Ausgestaltung des gesamtdeutschen vielleicht passieren. Deshalb lasse ich die Brille lieber Fördersystems zu ziehen. auf. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Be- (Heiterkeit des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/ schluss des Haushaltsausschusses geht damit deutlich CSU]) über die Vorschläge der Kommission „Gleichwertige Le- Ich muss auch sagen: Der Haushalt, der von der Regie- bensverhältnisse“ und die Entscheidung des Bundeskabi- rung eingebracht worden ist, ist im Haushaltsverfahren netts dazu hinaus. Er ist deshalb in meinen Augen ein nicht besser geworden. Meilenstein für die wirtschaftliche Förderung struktur- schwacher Regionen, der Maßstäbe setzt. (Falko Mohrs [SPD]: Klar!) 16256 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Karsten Klein (A) Denn von den Steigerungen, die der Kollege Jurk ange- keit in diesem Land, Herr Minister, sondern dazu, dass (C) sprochen hat, sind allein 200 Millionen Euro für Risi- das Wohlstandsversprechen der sozialen Marktwirtschaft koabschätzung bei der Ausfuhrkontrolle. Ich glaube immer weniger eingehalten werden kann. nicht, dass das eine Zukunftsbeschreibung für die Bun- desrepublik Deutschland ist. (Beifall bei der FDP – Johann Saathoff [SPD]: 1,5 Millionen Menschen freuen sich über die (Beifall bei der FDP) Grundrente!) Sehr geehrter Herr Minister, das Weltwirtschaftsforum Man muss auch mal darüber sprechen, wie sich diese hat festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland bei Bundesregierung zu den Leitplanken der sozialen Markt- der Wettbewerbsfähigkeit von Platz drei auf Platz sieben wirtschaft verhält. Da lohnt ein Blick auf Ihr Strukturge- abgestürzt ist. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ist setz. Wie sieht es denn da mit der Bedürftigkeitsprüfung mehr als schwierig, und die Industrie befindet sich in der aus? Sie haben dort eine Evaluation eingebaut, die über- Rezession. Sehr geehrter Herr Altmaier, das ist nicht die haupt nicht bei dem Begriff der Bedürftigkeit ansetzt. Beschreibung der FDP-Fraktion, sondern der Wirt- schaftsweisen. Ich empfehle Ihnen nicht nur an dieser Sie verstoßen auch noch gegen einen zweiten Begriff Stelle, sondern wie schon des Öfteren die Lektüre der der sozialen Marktwirtschaft, nämlich gegen den der Be- Expertise dieser Personen. darfsabdeckung. Erst haben Sie nur 500 Millionen Euro im Haushalt eingeplant – den Antrag haben Sie schnell (Beifall bei der FDP) wieder kassiert –; dann haben Sie 1 Milliarde Euro ver- Es ist auch mitnichten so, dass wir uns über diese Ent- anschlagt. Aber das ist ja nicht mal die Hälfte von dem, wicklung freuen. Vielmehr mahnen wir endlich mal Herr Minister, was Sie im Eckpunktepapier zu Ihrem Handeln von Ihnen an. Da reicht es auch nicht, liebe Strukturgesetz den Bürgerinnen und Bürgern versprochen Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie auf einem Bundes- haben. Da fehlt ja über 1 Milliarde Euro in jedem Haus- parteitag zum zigsten Mal die Abschaffung des Solidari- halt. tätszuschlages einfordern. Herr Minister, Sie hätten eines Dann möchte ich darauf hinweisen, dass Sie zwar den tun können: Ihre Fraktion davon zu überzeugen, den Än- Strukturwandel bei der Braunkohle adressieren, dass Sie derungsanträgen der Freien Demokraten zuzustimmen. ihn aber in anderen Bereichen wie der Automobilindust- Denn wir haben die Soliabschaffung gegenfinanziert. rie vernachlässigen: bei Conti Stellenstreichungen, bei (Beifall bei der FDP) Bosch Umstrukturierungen. Audi hat heute mitgeteilt, dass man über 9 000 Stellen streichen will. Wir werden Während Sie immer über Handeln reden, handeln wir. die Standortfragen auch im Hinblick auf neue Stellen nur (B) Wir reden nicht, sondern wir stellen die entsprechenden dann positiv beantworten, wenn wir wieder aktive Stand- (D) Anträge. ortpolitik betreiben. Aber wie sieht es denn in Deutschland aus? Wir haben immer noch die höchsten Belastungen weltweit und vor (Beifall bei der FDP) allem in Europa, und Sie bringen es nicht mal fertig, den Deshalb darf ich Sie noch mal auffordern: Werden Sie Solidaritätszuschlag abzuschaffen, was verfassungsmä- endlich im Bereich der Digitalisierung aktiv! Ich darf an ßig und wegen der politischen Glaubwürdigkeit geboten dieser Stelle noch mal darauf hinweisen: Noch vor weni- ist. gen Wochen hat hier ein Kollege von Ihnen gesagt, das Thema Digitalisierungsministerium sei ein Thema mit (Beifall bei der FDP) langem Bart. Aber dieses Land kann nicht ständig darauf Sie bringen es nicht mal fertig, diese kleine Abschaffung warten, dass ein Thema einen langen Bart hat, damit Sie auf den Weg zu bringen. endlich einen Beschluss zu diesem Thema fassen. Aber noch schlimmer: In den letzten Wochen haben Sie (Beifall bei der FDP) in der Koalition einen Beschluss auf den Weg gebracht zur Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung. Bringen Sie Digitalisierung nach vorne! Senken Sie die Strompreise! Die Unternehmensteuerreform hat der Kol- (Beifall der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD]) lege Theurer angesprochen. Aber sorgen Sie vor allem Ich möchte daran erinnern: Die Union hat versprochen, dafür, dass sich wieder die besten Lösungen auf dem dass es die Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung nicht Markt durchsetzen können, und da sind Sie mit Ihrer geben wird. Industriestrategie einfach auf dem Holzweg. (Beifall bei der FDP) Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gäbe noch sehr viel zu sagen. Dafür bräuchte ich sehr viel Zeit, weil – – Aber jetzt belasten Sie die Bürgerinnen und Bürger mit bis zu 1,5 Milliarden Euro. Wieder Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger! Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Klein, diese Zeit bleibt Ihnen jetzt aber nicht Auch beim Klimapaket belasten Sie über die CO2- mehr. Steuer die Bürgerinnen und Bürger: in Höhe von 13 Mil- liarden Euro in den nächsten drei Jahren. Ich möchte an der Stelle noch mal festhalten: Bei all dem, was Sie re- Karsten Klein (FDP): den – Ihr Handeln führt nicht zu mehr Wettbewerbsfähig- Das weiß ich; deshalb bin ich ja schon am Landen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16257

(A) Vizepräsidentin Petra Pau: zent förderfähig sein. Warum passiert das, ganz anders als (C) Sie müssen jetzt einen Punkt setzen. in China, in Südkorea, in den USA oder in Japan, nicht bei uns, liebe Kolleginnen und Kollegen? Karsten Klein (FDP): (Beifall bei der LINKEN) Die Zeit reicht nicht aus, um jeden Punkt dieses Haus- haltes wirklich kritisch zu beleuchten. Aber ich glaube, Anstatt zum Beispiel den Kauf von Batterieautos mit der kleine Eindruck, den ich vermittelt habe, hat schon bis zu 6 000 Euro zu bezuschussen, müssten diese finanz- gezeigt, Herr Minister, dass Sie an der sozialen Markt- iellen Mittel – andere natürlich auch – in zwei Bereiche wirtschaft vorbeisegeln. gehen: erstens konsequent in Forschung und Entwicklung und zweitens in Beschäftigungsgarantien für die Indust- Vielen Dank. riearbeiter. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der LINKEN) Für jeden Arbeitsplatz, der beispielsweise in der Auto- Vizepräsidentin Petra Pau: mobilbranche in Gefahr ist, muss ein neuer Arbeitsplatz Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege entstehen. Fördermittel müssen an konkrete Beschäfti- Thomas Lutze das Wort. gungszusagen gebunden werden. Konkrete Weiter- bildungs- und Schulungsangebote müssen den Beschäf- (Beifall bei der LINKEN) tigten eine nahtlose Weiterbeschäftigung ermöglichen. Thomas Lutze (DIE LINKE): Eines muss aber auch festgehalten werden: Es gibt Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin- auch zahlreiche Unternehmen und einige große Konzer- nen und Kollegen! Lieber Wirtschaftsminister Altmaier, ne, die die aktuelle Klimadebatte benutzen, um vorhan- da draußen haben nicht nur die Beschäftigten der Land- dene Arbeitsplätze ganz nebenbei wegzurationalisieren. wirtschaft Angst um ihre Zukunft; auch in der klassischen Nicht selten sind es Unternehmen und Konzerne, die or- Industrie sind offenbar die goldenen Zeiten vorbei. Im- dentliche Gewinne machen und gleichzeitig Stellen ab- mer mehr Unternehmen in der Metall- und Elektroindust- bauen. Audi hat gerade heute die Nachricht verbreitet: rie, bei Eisen und Stahl, aber gerade auch in der Auto- 7 500 Stellen gehen flöten. – Dieses Trittbrettfahren zu- mobilbranche bauen Arbeitsplätze ab. In der Regel sind lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat mit dies keine prekären Beschäftigungsverhältnisse oder Jobs sozialer Marktwirtschaft gar nichts mehr zu tun. im Niedriglohnbereich; es sind tarifgebundene Arbeits- plätze. Ich kann nicht erkennen, dass die Bundesregie- (Beifall bei der LINKEN) (B) (D) rung alles in ihrer Macht Stehende unternimmt, um Nur leider höre ich von Ihnen, lieber Wirtschaftsminister gleichzeitig diese Jobs zu erhalten und die dringend not- Peter Altmaier, kein einziges Wort dazu, geschweige wendigen klimapolitischen Ziele umzusetzen. Beides denn ein richtiges Machtwort. geht aber nur gemeinsam, liebe Kolleginnen und Kolle- gen. Und weil es heute auch in die Haushaltsdebatte gehört: Dass ausgerechnet die VVN – Bund der Antifaschistin- (Beifall bei der LINKEN) nen und Antifaschisten e. V. die Gemeinnützigkeit ent- zogen bekommt, ist einer der größten politischen Fehl- Seit Jahren halten Sie an der sogenannten schwarzen tritte seit 1945. Null fest. Der Wille, keine neuen Schulden zu machen, lässt Sie volkswirtschaftlich komplett erblinden. Heute ist Vielen Dank. das Zinsniveau im Null-Komma-Bereich. Jeder normale Politiker würde jetzt billiges Geld ausleihen und es in die (Beifall bei der LINKEN) Wirtschaft, in die Bildung und in die Infrastruktur inves- tieren. Wenn Sie schon nicht auf uns hören, dann hören Vizepräsidentin Petra Pau: Sie wenigstens auf den BDI, auf den Bundesverband der Das Wort hat die Kollegin Dr. Julia Verlinden für die Deutschen Industrie, der 450 Milliarden Euro für Inves- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. titionen einfordert – vollkommen zu Recht, liebe Kolle- ginnen und Kollegen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall bei der LINKEN – Reinhard Houben Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): [FDP]: Das ist ja interessant!) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her- Lieber Kollege Altmaier, ich hatte vor drei, vier Wo- ren! Letzte Sitzungswoche hat die GroKo ihr Klima- chen die Gelegenheit, eines unserer saarländischen Koh- schutzgesetz verabschiedet, und Sie haben uns verspro- lekraftwerke, das in Fürstenhausen, zu besuchen. Die chen, dass Sie damit sicherstellen, die Ziele einzuhalten. Leute von der STEAG wollen dort etwas aufbauen, was Jetzt zeigt sich, wie wenig ernst Sie es damit eigentlich sich „Energie aus Wasserstoff“ nennt. Damit können sie meinen. Um überhaupt auch nur den Hauch einer Chance aber zurzeit noch kein Geld verdienen. Sie stellen An- zu haben, die Klimaziele im Jahr 2030 zu schaffen, träge in Ihrem Haus, und sie werden auch gut beraten – kommt es auf den Gebäudesektor an; das wissen wir alle. zweifellos. Aber Grundlagenforschung und der Marktein- Und um dort die langen Investitionszyklen rechtzeitig in tritt sowie der Aufbau der Infrastruktur bringen selten Richtung Klimaschutz zu orientieren, müssen jetzt die Gewinne und müssen daher unter Umständen zu 100 Pro- richtigen Weichen gestellt werden. 16258 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Dr. Julia Verlinden (A) Ein Steuerbonus für Gebäudesanierung ist ja grund- So wollen Sie den Kohleausstieg bis weit in die nächste (C) sätzlich ein gutes Instrument. Wahlperiode verschieben. Das ist einfach nur verantwor- tungslos. (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Hört! Hört!) Aber warum sorgen Sie dann nicht dafür, dass wirklich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) jeder Euro steuerliche Förderung auch konsequent in Kli- Zweitens. Und wenn dann doch mal ein Kohlekraft- maschutz und echte Zukunftstechnologien fließt? Die werk vom Netz gehen sollte, dann bringt das nicht mal Bundesregierung lässt mit ihrem Vorschlag für den notwendigerweise etwas für den Klimaschutz. Denn Sie Steuerbonus die bewährte Qualitätssicherung durch zer- stellen überhaupt nicht sicher, dass die CO2-Zertifikate tifizierte Energieberaterinnen unter den Tisch fallen. Die- für stillgelegte Kraftwerke aus dem Emissionshandel he- se ist nicht nur entscheidend für die Klimawirksamkeit rausgenommen werden. Damit kann dann dieselbe Men- der Maßnahmen; sie schützt auch die Verbraucher. Denn ge CO2 munter an anderer Stelle in die Luft geblasen nur mit dieser Qualitätssicherung ist sichergestellt, dass werden. Eine echte Luftnummer, Ihr Gesetz! Hausbesitzerinnen auch das bekommen, wofür sie be- zahlt haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Zuruf von der CDU/CSU: Nur die Besitzer- Drittens. Da Sie weiter mit beiden Beinen fest in der innen!) fossilen Vergangenheit stehen, planen Sie auch noch üp- Die Bundesregierung sagt, das sei ihr völlig egal; sie pige Prämien und Förderungen für neue Erdgaskraftwer- achte nicht darauf, ob eine energetische Maßnahme auch ke. wirklich zum Gebäude passt. Gefördert wird trotzdem. Nicht nur, dass Sie den Kohleausstieg verschleppen, Auch beim Umstieg auf erneuerbare Wärme bleiben nicht nur, dass er für die Treibhausgasminderung womög- Sie auf halber Strecke stehen. Sie wollen weiter Gashei- lich unwirksam sein wird, Sie treten gleichzeitig den er- zungen fördern, sofern sie „Renewable Ready“ sind, das neuerbaren Energien die Beine weg mit Ihrer 1-Kilome- heißt, dass innerhalb von zwei Jahren ein Anteil erneuer- ter-Sperrzone für Windenergie. Das, was Sie planen, ist barer Energien nachgerüstet werden soll. Das wiederum kein Kohleausstiegsgesetz, das ist ein Windenergieauss- haben dann die Steuerbehörden zu überprüfen. Jetzt mal tiegsgesetz. Nur um einige Anti-Energiewende-Abgeord- im Ernst: Es ist richtig und wichtig, erneuerbare Energien nete in der Unionsfraktion ruhigzustellen, liefern Sie eine im Wärmesektor zu fördern; denn sie sind zukunftsfähig. Zukunftsbranche mit 135 000 Arbeitsplätzen ans Messer, Aber eine fossile Technik, die seit zig Jahren dieselbe ist, Herr Altmaier. braucht doch nun wirklich keine Subventionen mehr. (B) (Manfred Grund [CDU/CSU]: Wie macht er (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) denn das? – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Das Nur mit grüner Wärme erreichen wir einen klimaneutra- ist doch ein Schmarrn! Also, irgendwann wird len Gebäudebestand. Aber Sie fördern – auch über die es zu viel, so viel Müll auf einmal zu hören! KfW – weiter munter Klimakiller mit Steuergeldern. Irgendwann reicht es!) (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Klimakiller!) Anstatt den Standort für Zukunftstechnologien in Deutschland zu riskieren, klären Sie in Ihrer CDU doch Machen Sie endlich Schluss mit dieser desaströsen Haus- lieber mal ganz konkret die Position zum Ziel von 65 Pro- haltspolitik, und beenden Sie endlich alle Subventionen zent Erneuerbaren; denn was gewisse Kollegen – Herr für Kohle, Öl und Erdgas! Pfeiffer, Herr Koeppen usw. – hier veranstalten, ist ein fataler industriepolitischer Fehler. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Müssen Sie (Bernhard Loos [CDU/CSU]: Also, irgend- nur noch sagen: Jetzt kommt die Apokalypse!) wann reicht es nun wirklich!) Kurzfristig den größten Beitrag für den Klimaschutz kann und sollte der Stromsektor bringen. Auch dazu Sie haben es ja inzwischen sogar schwarz auf weiß vom müsste die Bundesregierung endlich mal Kohlekraftwer- BDI, vom BDEW, vom VKU und vom VDMA: Diese ke abschalten. Abstandsregelungen bringen nichts für die Energiewen- de. (Zurufe des Abg. Bernhard Loos [CDU/CSU]) (Manfred Grund [CDU/CSU]: Aber für die Seit einem Dreivierteljahr liegen jetzt die Vorschläge der Menschen! Für die Leute, die dort wohnen! Kohlekommission auf dem Tisch; aber wann das erste Die sind euch nur im Wege! Die müssen weg, Kraftwerk vom Netz geht, steht in den Sternen. Was Wirt- wenn es nach euch geht!) schaftsminister Altmaier der Bevölkerung nun präsen- tiert, das übersteigt echt alles. Sie sind ein Fetisch für einen kleinen Teil der Union. Sofern Ihnen, Herr Altmaier, und Ihnen bei der SPD noch Erstens. Sie machen den Kohlekonzernen nur ein irgendetwas an Ihrem eigenen Ziel liegt, - freundliches Angebot, ihre Kraftwerke in die Ausschrei- bung für Stilllegungsprämien zu schicken. Und falls das nicht klappt, falls zu wenig Angebote gemacht werden, Vizepräsidentin Petra Pau: was passiert dann? Nichts! Jegliches Ordnungsrecht fehlt. Kollegin Verlinden, achten Sie bitte auf die Zeit. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16259

(A) Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): strategie jetzt Stück für Stück, Punkt für Punkt abarbei- (C) – die Kapazitäten der Erneuerbaren zu erhöhen statt zu ten. senken, dann gehören diese pauschalen Windverbotszo- Meine Damen und Herren, der Einzelplan 09, den wir nen komplett aus dem Gesetz gestrichen. heute beschließen wollen, setzt genau die Impulse, die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – wir brauchen. Er setzt nämlich auf der einen Seite auf Manfred Grund [CDU/CSU]: 5,2 Prozent in Investitionen und auf der anderen Seite auf Unterstützung Thüringen!) von Forschung und Technologie. Stichwort „Investitio- nen“ – das ist noch einmal ganz interessant –: In diesem Bundeshaushalt stehen staatliche Investitionen in Höhe Vizepräsidentin Petra Pau: von 43 Milliarden Euro. Staatliche Investitionen, also Das Wort hat der Kollege Andreas Lämmel für die öffentliche Aufträge, leisten ja auch wieder einen Beitrag CDU/CSU-Fraktion. zur weiteren Entwicklung der Wirtschaft. Im Prinzip (Beifall bei der CDU/CSU – Andreas Mattfeldt wirkt dieser Haushalt also doppelt positiv für die Ent- [CDU/CSU]: Sachsenpower!) wicklung in unserem Land. Meine Damen und Herren, es sind nur 2,54 Prozent der Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Gesamtausgaben, die der Einzelplan 09 ausmacht. Das ist Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und eigentlich relativ wenig. Wenn man aber sieht, was wir Herren! Die Debatte heute ist ja ganz interessant. Keine mit dem wenigen Geld – im Vergleich zum Beispiel zu der Fraktionen, nicht mal die Opposition, hat sich heute den Ausgaben im Sozialbereich –, schultern, ist das schon Abend beklagt, dass zu wenig Geld im Einzelplan 09 des sehr effizient, was im Wirtschaftsministerium gemacht Bundeshaushaltes stehe. Das ist auch kein Wunder; denn wird. mit 362 Milliarden Euro verabschieden wir in dieser Wo- Auf einen Punkt möchte ich noch zu sprechen kom- che den größten jemals veranschlagten Haushalt in der men, weil hier eine Menge Märchen erzählt worden sind. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, meine Da- Er betrifft das Thema „Strukturwandel und Klimapoli- men und Herren. tik“. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen (Beifall bei der CDU/CSU) und auch von der SPD, es ist ja ein Witz der Geschichte, dass Sie sich hier hinstellen und die 1 000-Meter-Ab- Die Einnahmen des Staates kommen ja fast ausschließ- standsregel kritisieren. Erst im zuletzt geschlossenen lich aus Steuern. Dass wir so viel Geld ausgeben können, Koalitionsvertrag in Brandenburg haben beide, die SPD hängt also immer direkt und indirekt mit der Wirtschaft und die Grünen, die Einführung von 1 000-Meter-Ab- (B) zusammen; standsflächen für die Windenergie unterschrieben, meine (D) (Bernhard Loos [CDU/CSU]: So einfach ist es! Damen und Herren. Genau so ist es!) (Dr. Martin Neumann [FDP]: Richtig! – Zurufe denn Steuern werden nur durch erfolgreiche Unterneh- vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) men generiert und durch Arbeitnehmer, die an diesem Dann können Sie sich doch nicht hier hinstellen und sa- Erfolg teilhaben und sich so etwas kaufen können, zum gen: Das ist des Teufels. – Man muss doch noch mal ganz Beispiel Sekt kaufen können, ein Auto kaufen können, klar sagen, dann Auto fahren und tanken. Es ist eindeutig: Die gute Wirtschaftslage ermöglicht uns, hier einen solchen Haus- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) halt zu verabschieden. dass Sie hier völlig unredlich Dinge verdrehen und falsch Meine Damen und Herren, die Aufgabe der Politik ist darstellen. es auf der einen Seite, das Geld auszugeben, auf der an- Meine Damen und Herren, um noch mal zurückzukom- deren Seite aber vor allem, Rahmenbedingungen zu men auf den Einzelplan 09. Das Thema „Strukturwandel/ schaffen, damit die Unternehmen ihr Unternehmertun Strukturpolitik“, wurde ja mehrfach angesprochen. Ich auch wirklich leben können. Ich glaube, hier bietet sich möchte hier auch noch mal klar sagen, Frau Verlinden, neben dem Geldausgeben ein wichtiges Feld für weitere weil Sie gesagt haben, kein Kohlekraftwerk werde abge- Aktivitäten. Wir brauchen eben Bürokratieentlastungsge- schaltet: Sie kennen doch den Spruch des Ministers und setze jedes Jahr. Wir brauchen das vierte Bürokratieent- auch der Bundeskanzlerin: erst Strukturwandel, dann ab- lastungsgesetz in diesem Jahr, das fünfte nächstes Jahr, schalten. das sechste, siebte, achte, neunte, zehnte in den folgenden Jahren; denn die Bürokratie – das besagen alle Umfragen (Bernhard Loos [CDU/CSU]: Das ist eigentlich bei Unternehmen – ist das, was die Unternehmen in un- sehr logisch!) serem Lande als die größte Hürde empfinden. Und Sie kennen doch den Bericht der sogenannten Kohle- (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Martin kommission. Da ist das Abschalten von Kraftwerken bis Neumann [FDP]: Ein Monster!) 2038 festgelegt, und keinen Tag eher. Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat ja seine Mit- (Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- telstandsstrategie vorgelegt. Diese Mittelstandsstrategie NEN]: Dann haben Sie das nicht richtig gele- umfasst eigentlich fast alles, was der Mittelstand heute sen, wenn Sie sagen: „keinen Tag eher“, Herr so braucht. Herr Minister, wir müssen diese Mittelstands- Lämmel!) 16260 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Andreas G. Lämmel (A) Genau das werden wir so umsetzen. sprechender Verlässlichkeit aufgebaut und auch entspre- (C) chend umgesetzt werden können. Der Einzelplan 09 setzt, bevor das Strukturstärkungs- gesetz überhaupt da ist, schon erste Zeichen. Zum Ersten Und Herr Klein, Herr Kollege von der FDP, was mich sind die Soforthilfen im Haushalt veranschlagt, in ver- dann doch ein bisschen wundert, ist: Sie kritisieren die schiedenen Einzelhaushalten weitere Hilfen. Zum Zwei- Bedürftigkeitsprüfung, die bei der Grundrente ja zum ten sind die Strukturhilfen nun auf ein Maß erhöht wor- Glück nicht kommt, hier so hart und sagen, dass das Geld den – auf 1 Milliarde Euro –, dass man jetzt wirklich überhaupt nicht zur Verfügung stünde – wir reden dabei anfangen kann. über 1,5 bis 2 Milliarden Euro –, wollen aber gleichzeitig Trotzdem – das muss ich hier noch mal deutlich sagen – den Soli komplett abschaffen, und zwar offensichtlich befriedigt uns die ganze Veranschlagung der Ergebnisse ohne Bedürftigkeitsprüfung; der Kohlekommission noch nicht. Hieran müssen wir in (Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Ja!) den nächsten Jahren ganz klar weiterarbeiten. Ich nenne nur mal das Thema Sondervermögen. Was beim Klima- denn da ist es Ihnen völlig egal, dass wir gesagt haben: fonds geht, muss auch beim Strukturstärkungsgesetz, beim Kohleausstieg gehen, meine Damen und Herren. (Widerspruch bei der FDP – Dr. Martin Wir brauchen also diese Sondervermögen, um die Lasten Neumann [FDP]: Das ist ja sehr komisch!) des Strukturwandels zu schultern. Unsere Parteivorsit- Die oberen 10 Prozent sollen anteilig oder komplett den zende hat ja in Leipzig auf unserem erfolgreichen Partei- Soli weiterzahlen. – Darauf sagen Sie: Die 10 Milliarden tag gesagt: Euro hätten wir. – Das, meine Damen und Herren, ist die (Zurufe von der SPD und der LINKEN: Oh!) falsche Prioritätensetzung bei der Bedürftigkeitsprüfung. Was bei dem Steinkohleausstieg im Westen galt, das muss (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten jetzt auch beim Braunkohleausstieg im Osten gelten. – der LINKEN – Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Ers- Genau das sind die Prämissen, die wir auch in den nächs- tes Semester VWL!) ten Jahren bei den Haushaltsverhandlungen einfordern werden. Der Haushalt, der hier im Wirtschaftsbereich vorgelegt wurde, setzt aus unserer Sicht noch einen richtigen und Herzlichen Dank fürs Zuhören. wichtigen Schwerpunkt, nämlich bei der Frage des Struk- (Beifall bei der CDU/CSU) turwandels. Ich sage das als jemand, der aus einer Region kommt – Landkreis Helmstedt, ehemaliges Zonenrandge- (B) biet, Kohleausstieg –, in der wir wirklich in einem harten (D) Vizepräsidentin Petra Pau: Strukturwandel stecken. Es ist gut, dass wir durch das Das Wort hat der Kollege Falko Mohrs für die SPD- Strukturstärkungsgesetz erkämpft haben, dass wir 90 Mil- Fraktion. lionen Euro zur Bewältigung des Strukturwandels für diesen Landkreis bekommen. Das ist nämlich die Grund- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten lage, um am Ende eine konsequente und erfolgreiche der CDU/CSU) Energiewende zusammen mit den Kolleginnen und Kol- Falko Mohrs (SPD): legen vor Ort umzusetzen. Und das, meine Damen und Herren, ist eine richtige Schwerpunktsetzung. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her- ren! Vielleicht noch mal ein paar Dinge zu meinen Vor- (Beifall bei der SPD) rednerinnen und Vorrednern. Denn wenn man so man- chem zuhört, bekommt man ja den Eindruck, als ob hier Genauso ist es richtig – mein Kollege Thomas Jurk hat ein Haushalt vorgelegt worden wäre, der völlig rück- es deutlich gemacht –, dass wir in der Förderung von wärtsgewandt ist. Innovationen im Mittelstand und bei der regionalen Wirt- schaftsförderung ganz explizit den Schwerpunkt auf (Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Ja, in der Tat! – strukturschwache Regionen legen. Ich wiederhole das Dr. Martin Neumann [FDP]: Völlig richtig!) gerne noch einmal, weil es hier ganz offensichtlich von Jetzt werden Sie sagen: Na klar, das wollten wir damit ja einigen Vorrednerinnen und Vorrednern ignoriert wurde: auch sagen. Wir haben den Anteil im Bereich des Förderprogramms EXIST, also für Existenzgründer, insbesondere aus der Nehmen Sie vielleicht einfach mal zur Kenntnis, Herr Hochschule, für strukturschwache Regionen ganz deut- Klein – ich erinnere Sie gleich an noch etwas –, dass wir lich erhöht. Wir haben die GRW-Mittel auf 600 Millionen einen Haushalt vorgelegt haben, der mit 42,9 Milliarden Euro pro Jahr angehoben. Eine kleine Erinnerung an die Euro die höchsten Investitionen vorsieht, die jemals ein Kolleginnen und Kollegen der FDP: In der Debatte zum Bundeshaushalt vorgesehen hat. letzten Haushalt wollten Sie diese noch drastisch kürzen. (Beifall bei der SPD) Ich sage, das wäre die völlig falsche Methode gewesen. Es ist wichtig, dass wir in dem jetzigen Haushalt diese Damit schrauben wir die Investitionsquote auf über 600 Millionen Euro für die regionale Wirtschaftsförde- 11 Prozent – auf fast 12 Prozent – nach oben. Das, meine rung zur Verfügung stellen. Damen und Herren, ist wirklich zukunftsgerichtete Inves- titionspolitik, weil wir auch langfristig sicherstellen, dass (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten die Kapazitäten beispielsweise im Baugewerbe dank ent- der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16261

Falko Mohrs (A) Meine Damen und Herren, wir haben eine weitere Ich freue mich, dass die Touristiker aus unserer Fraktion (C) wichtige Aufgabe vor uns: die Transformation in der Au- vollzählig anwesend sind, vom Koalitionspartner sehe ich tomobilindustrie. Gerade heute, wo uns von Audi noch auch zwei Kollegen, sogar von der FDP ist der Kollege einmal vor Augen geführt wurde, unter welchem Stress- Klinge da. test die Autoindustrie eigentlich steht, ist es richtig und wichtig, dass wir beispielsweise im Rahmen des Energie- Die Tourismuswirtschaft in Deutschland ist ein oft un- und Klimafonds 454 Millionen Euro in die Hand nehmen, terschätzter Wirtschaftsfaktor und eine langfristige um den Strukturwandel durch einen Infrastrukturausbau Wachstumsbranche. Wir verzeichnen in Deutschland seit in der Elektromobilität zu stärken. Kollegen von der AfD, Jahren Rekorde bei den Gästeübernachtungen; 2018 wa- ich erinnere Sie daran, dass Sie im Wirtschaftsausschuss ren es 477 Millionen. Weltweit steht Deutschland als Rei- Anträge vorgelegt haben und diese Fördermittel in Höhe seziel auf Platz 8. In der deutschen Tourismuswirtschaft – von 454 Millionen Euro, die die Arbeitnehmerinnen und deshalb führen wir das auch mit dem entsprechenden Arbeitnehmer dringend brauchen, streichen wollten. Das Selbstbewusstsein aus – arbeiten fast 3 Millionen Be- haben Sie beantragt. schäftigte, was einem Anteil von 6,8 Prozent der Arbeits- plätze in Deutschland entspricht. Diese Arbeitsplätze sind (Gabriele Katzmarek [SPD]: Hört! Hört!) an den Standort Deutschland gebunden und nicht export- ierbar. Als personalintensive Dienstleistungsbranche bie- Ich glaube, das muss man hier in aller Deutlichkeit auch tet der Tourismus große Chancen für die Schaffung von sagen: Sie lassen die Kolleginnen und Kollegen in der Arbeitsplätzen sowie gute Einstiegs- und Aufstiegschan- Automobilindustrie völlig im Stich. cen auch für geringqualifizierte Arbeitskräfte. Damit leis- tet die Branche auch einen wichtigen Beitrag zur Integra- (Beifall bei der SPD) tion von Flüchtlingen und Migranten, die hier, besonders Eine weitere wichtige Aufgabe, die vor uns liegt, ist der im Gastgewerbe, bereits vielfach Ausbildungs- und Ar- Infrastrukturausbau im Digitalbereich; darüber haben wir beitsplätze gefunden haben. bei den Beratungen zum letzten Haushalt sehr ausführlich Vor allem für ländliche Räume ist der Tourismus oft ein gesprochen. Herr Lämmel, es liegt mir fern, Ihren Partei- Motor der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der er- tag in der Summe zu bewerten, hebliche zusätzliche Kaufkraft in Dörfer und Gemeinden (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Er war sehr bringt. Tourismus trägt zur Sicherung der kommunalen gut! – Reinhard Houben [FDP]: Sie haben Ihren und regionalen Infrastruktur bei und hat große positive Parteitag noch vor sich!) Effekte in nachgelagerten Bereichen wie Verkehr, Einzel- handel, Handwerk, Gesundheit und Kultur. (B) mir liegt es auch fern, irgendwelche Beschlüsse Ihres (D) Parteitags zu interpretieren oder zwischen Herrn Röttgen (Beifall bei der CDU/CSU) oder Herrn Altmaier zu vermitteln. Ich sage aber sehr Der Tourismus gibt darüber hinaus wichtige wirt- deutlich, dass beim Infrastrukturausbau von 5G alleine schaftliche Impulse auch für Schwellen- und Entwick- der Versuch, technische Sicherheiten einzubauen, nicht lungsländer; auch darauf sollte man hinweisen. Mit jähr- ausreichen wird. Dabei geht es nicht um einzelne Länder lich mehr als 11 Millionen Reisen in Entwicklungs- und oder Hersteller, sondern es geht darum, dass wichtige Schwellenländer sorgen deutsche Touristen im Ausland zukünftige digitale Infrastruktur in Deutschland auf Ver- für 740 000 Arbeitsplätze und damit eben auch für Blei- trauen gebaut sein muss. Das, meine Damen und Herren, beeffekte bei Arbeitskräften in diesen Regionen. ist uns als SPD wichtig. Hierfür werden wir, Herr Altmaier – ich hoffe, wir haben Sie da an unserer Seite –, Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will im Rahmen gemeinsam kämpfen. der gegenwärtigen Erarbeitung der nationalen Touris- musstrategie die Chancen der Branche noch besser aus- In diesem Sinne: Alles Gute und Glück auf! schöpfen und die positiven Effekte weiter stärken. Hier gebührt unser Dank insbesondere Herrn Thomas Bareiß, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten dem Tourismusbeauftragten der Bundesregierung. der CDU/CSU) (Dr. Marcel Klinge [FDP]: Es ist ja noch gar Vizepräsidentin Petra Pau: nichts passiert!) Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Paul – Herr Kollege Klinge, stellen Sie eine Frage, dann habe Lehrieder das Wort. ich mehr Zeit. (Beifall bei der CDU/CSU) Im Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums haben wir es in den letzten Jahren geschafft, die Mittel zur För- Paul Lehrieder (CDU/CSU): derung der deutschen Tourismuswirtschaft kontinuierlich anzuheben. Auch 2020 ist eine nochmalige Steigerung Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen vorgesehen. Herzlichen Dank, Herr Kollege Mattfeldt, und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir für die Unterstützung unserer Belange in diesem Bereich. kommen nun gegen Ende der Debatte über den Etat des Wirtschaftsministeriums zu einem der Höhepunkte, näm- (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Und Herr lich zur Beratung der Titel im Tourismusbereich. Jurk!) (Beifall bei der CDU/CSU) – Und Herrn Jurk, es geht natürlich auch ein Dank an Sie. 16262 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Paul Lehrieder (A) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Gabriele Katzmarek (SPD): (C) ordneten der SPD) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Johann Saathoff hat bereits et- Dabei geht es noch nicht einmal um vergleichsweise be- was zum Thema „Klimaschutz und Energiewende“ ge- sonders hohe Summen. sagt. Ein zentraler Punkt nicht nur für die Menschen in Deutschland. Was die meisten Menschen in diesem Land Der Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung der Aus- bewegt, ist: Unter welchen Umweltbedingungen werden landsvermarktung Deutschlands als Tourismusstandort wir, werden unsere Kinder in der Zukunft leben, leben durch die Deutsche Zentrale für Tourismus, kurz DZT. müssen? Diese Frage stelle ich mir als Politikerin, aber Diese wichtige Aufgabe fördert der Bund pro Jahr mit auch als Mutter zweier Kinder und als Oma eines kleinen 34,5 Millionen Euro. Materielle Unterstützung ist das Enkelkindes. Ich glaube, es geht vielen Menschen in die- eine, aber auch ideell wollen wir als Tourismusland natür- sem Land auch so, dass sie sich diese Frage stellen. Mit lich weltoffen, tolerant und gastfreundlich sein. Das geht den Investitionen zum Klimapaket gehen wir einen guten als Appell insbesondere an den rechten Flügel dieses Schritt in die richtige Richtung, um diese Frage zu beant- Hauses. Aus eigener Kraft würde die mittelständisch ge- worten und Ängste zu nehmen. prägte Tourismuswirtschaft es sonst kaum schaffen, sich gegenüber der weltweiten Konkurrenz langfristig zu be- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten haupten. Wir sind überzeugt: Diese Steuermittel sind gut der CDU/CSU) investiert. Sie bewirken ein Vielfaches an Umsätzen in der Wirtschaft und Steuereinnahmen in den öffentlichen Neben den Fragen zur Klimapolitik müssen wir weitere Kassen. Die DZT leistet hervorragende Arbeit, sowohl Fragen beantworten und unser Handeln danach ausrich- bei der touristischen Vermarktung als auch bei der Bera- ten. Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus? Kommen tung der Tourismuswirtschaft und der Mittelstandsförde- diejenigen, die jetzt in Arbeit sind, bei den anstehenden rung. Veränderungen noch mit? Gibt es in der Zukunft noch genug Arbeitsplätze, und können die Menschen davon (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- leben? ordneten der SPD) Ich bin fest davon überzeugt, dass uns die Arbeit nicht Der Zuwachs an Übernachtungen ausländischer Gäste ausgeht, wie einige Studien behaupten. Ich bin davon hält seit vielen Jahren an. 2018 lag die Zahl der Über- überzeugt, dass wir auch in der Zukunft gut aufgestellt nachtungen von Gästen aus dem Ausland bei 88 Millio- sein können. Das gelingt uns jedoch nicht, wie einige in nen. diesem Haus behaupten, indem wir nationalstaatliches (B) Getümmel vorantreiben, indem wir Grenzen schließen, (D) Die Tourismuswerbung im Ausland trägt außerdem da- indem wir die Klimaprobleme leugnen und am besten zu bei, ein positives und weltoffenes Deutschlandbild zu glauben, wir lassen alles bei dem, wie es jetzt ist. vermitteln. Damit wird das weltweite Ansehen Deutsch- lands als attraktiver Standort insgesamt gestärkt, wovon Auch diejenigen in diesem Hause, die immer die Posi- auch andere Wirtschaftsbereiche profitieren. tion vertreten, der Markt wird es schon richten, liegen falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Angesichts der zunehmenden internationalen Konkur- renz wollen wir diese Förderung fortsetzen. Dabei sollen (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Simone möglichst auch neue Auslandsmärkte erschlossen wer- Barrientos [DIE LINKE]) den. Unsere ausländischen Wettbewerber investieren oft Eine aktive Wirtschaftspolitik des Staates ist in Zeiten des erheblich höhere Summen, um ihr Land international Umbruchs mehr denn je gefordert. Es geht nicht darum, bekannter zu machen. dass der Staat ein besserer Unternehmer ist. Nein, es geht (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das stimmt!) uns als Sozialdemokraten darum, einzugreifen, mitzuge- stalten, Rahmenbedingungen zu setzen, um die Interessen Lassen Sie uns gemeinsam dafür eintreten, dass wir der Menschen in diesem Lande zu vertreten; denn bei uns diesen wichtigen Wirtschaftsbereich auch weiter ange- steht der Mensch im Mittelpunkt. messen fördern und auch mit der nationalen Tourismus- strategie die Tourismuswirtschaft weiter stärken, entlas- (Beifall bei der SPD) ten und noch wettbewerbsfähiger machen. Investitionen in Zukunftstechnologien sind deshalb von zentraler Bedeutung; auch darüber haben wir heute Herzlichen Dank. schon öfter diskutiert. Dabei geht es nicht, wie manche (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. immer glauben, um ein deutsches Facebook. Nein, wir Gabriele Hiller-Ohm [SPD]) müssen dort fördern und stärken, wo wir stark sind. Auch wenn von der Automobilindustrie zurzeit Nachrichten auf den Tisch kommen, die uns bei Weitem nicht freundlich Vizepräsidentin Petra Pau: stimmen, glaube ich sehr stark, dass, wenn wir dort inves- Herzlichen Dank. – Das Wort hat die Kollegin Gabriele tieren, wir eine gute Chance haben, auch in Zukunft in der Katzmarek für die SPD-Fraktion. Automobilindustrie führend zu sein.

(Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16263

Gabriele Katzmarek (A) Im Maschinenbau, meine sehr geehrten Damen und um künstliche Intelligenz, es geht um den Ausbau der (C) Herren, in der mittelständischen Industrie, dort sind wir Digitalisierung, es geht um die Förderung von Sprung- noch Marktführer. Deshalb müssen wir diesen Bereich innovationen. Es geht in der Gesamtheit darum, unsere stärken, und das tun wir mit den Investitionen im Haus- Wirtschaft fit zu machen für die Zukunft. Deswegen hat halt. dieser Haushalt einen Zukunftsanspruch, und dem wird er auch gerecht, und zwar auf Rekordniveau. Zu guter Letzt gilt das auch für den Bereich der Ge- sundheitswirtschaft, wo Forschung und Entwicklung, di- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und gitale Anwendungen in der Forschung helfen, Krankhei- der SPD) ten zu erkennen, zu bekämpfen und zu vermeiden, also Bereiche, die den Menschen nutzen, auch den Arbeits- Es gilt, das zum Abschluss noch einmal hervorzuheben. plätzen in dieser Branche. Dort liegt unsere Chance, und Zweifelsohne, im Soll-Ist-Vergleich stellen wir mit das bildet der Haushalt ab. Blick auf die Unternehmenslandschaft in Deutschland Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns fest, dass wir einen Rückgang im Bereich der Innovato- jetzt gemeinsam daran arbeiten, diese Fragen auch umzu- renquote haben, also der Unternehmen, die mit neuen setzen. Dann sind wir auf dem richtigen Weg. Ideen an den Markt gehen. Aber auch hier erfüllen wir unsere Hausaufgaben und arbeiten unser Pflichtenheft ab. Herzlichen Dank. Denn im Frühjahr 2019 ist eine Initiative gestartet wor- den, um die Förderung in einem großen Rahmen zu bün- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten deln, und zwar von der Idee zum Markterfolg, mit pass- der CDU/CSU) genauen Fördermaßnahmen, die alle Einzelbereiche gesamtheitlich integrieren, also von der Gründung bis Vizepräsidentin Petra Pau: hin zur marktnahen Forschung und Entwicklung. Das Wort hat der Kollege Jan Metzler für die CDU/ Der Kollege Mattfeldt hat zu Recht – weil es wirklich CSU-Fraktion. ein herausragendes Erfolgskonzept ist – das Programm (Beifall bei der CDU/CSU) EXIST angesprochen; darauf möchte ich noch einmal speziell eingehen. In den letzten drei bis fünf Jahren sind Jan Metzler (CDU/CSU): immer noch 75 Prozent der Unternehmensgründungen Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! am Markt geblieben. Seit Programmbeginn haben wir Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit diesem Programm 12 000 hochqualifizierte Arbeits- zum Ende dieser Debatte noch einmal auf den Haushalt plätze in Deutschland entstehen lassen können. (B) (D) im Allgemeinen, im Speziellen aber natürlich auch noch (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) einmal auf den Einzelplan 09 und insbesondere zwei kon- krete Punkte kommen. Das Ganze mündet, wenn es um die vorwettbewerbliche Forschung geht, in das Programm WIPANO. Alles baut Zunächst auf den Haushalt geblickt – der Kollege logisch aufeinander auf und setzt phasengenau, punktge- Andreas Lämmel hat es angesprochen –: In dieser Woche nau an. verabschieden wir vom Volumen her den größten Haus- halt, den es bisher in der Bundesrepublik Deutschland Lassen Sie mich einen zweiten Punkt ansprechen, und gegeben hat. Mit Blick im Speziellen auf den Einzelplan zwar die regionale Wirtschaftsförderung. Das tue ich sehr 09 möchte ich sagen, dass wir jetzt bei 9,2 Milliarden gerne, weil ich auch Mitglied des Unterausschusses für Euro Gesamtvolumen angekommen sind gegenüber, regionale Wirtschaftsförderung bin. In diesem Zusam- wenn man das Jahr 2013 als Basis nimmt, damals 6,1 Mil- menhang möchte ich noch einmal zum Ausdruck bringen, liarden Euro. In dem Zusammenhang möchte ich sagen: dass wir insgesamt 950 Millionen Euro, fast 1 Milliarde Dieses Mehr an Mitteln setzen wir zielgerichtet ein – und Euro, in diesen Gesamtbereich investieren, 600 Millionen das eben auf Rekordniveau –, in den Bereichen Techno- Euro speziell für die GRW zur Verfügung stellen. Wenn logie, digitale Agenda, für den Mittelstand, für Energie man das Ganze mit der Kofinanzierung der Länder in und Nachhaltigkeit. Falko Mohrs hat es angesprochen: Einklang bringt, stehen 1,2 Milliarden Euro zur Verfü- Wir sind mit Blick auf den gesamten Haushalt auf Re- gung. kordniveau unterwegs, wenn es um Investitionen geht. Da In die Zukunft blickend möchte ich sagen: Wir wollen sind wir ja bei 42,9 Milliarden Euro wirklich in einem in Zukunft nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern rekordverdächtigen Bereich unterwegs. nach Bedarf fördern. Wir wollen, dass bundesweit eine Ich komme nun zu zwei Dingen im Speziellen, und Möglichkeit der Bündelung der Investitionsinstrumente zwar erstens zur Innovationsförderung und zweitens zur vorhanden ist, um strukturschwache Regionen gesamt- regionalen Wirtschaftsförderung. heitlich fördern zu können. Einige Programme wollen wir in dem Zusammenhang auch neu entstehen lassen. Allein 3,4 Milliarden Euro, also ein Drittel des Ge- samthaushaltes, fließen in die Bereiche Innovation, Tech- Deswegen sage ich eines: Wir allesamt, die aktiv am nologie und neue Mobilität. Ein Schwerpunkt hierbei ist Erfolg dieses Haushalts mitgewirkt haben, sind im besten technologieoffene Förderung im Mittelstand. Der nächste Sinne des Wortes Zukunftslobbyistinnen und Zukunfts- große Teilbereich ist mit der Überschrift gekennzeichnet: lobbyisten – Lobbyisten für die Zukunft der Wirtschaft in Mittelstand – gründen, wachsen, investieren. Hier inves- diesem Land. Deswegen ist das ein guter Haushalt, der tieren wir 950 Millionen Euro, fast 1 Milliarde. Es geht Optimismus auch einmal in einem Moment trägt, in dem 16264 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019

Jan Metzler (A) einige sehr stark damit beschäftigt sind, nur noch Einzelplan 09 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktio- (C) Schatten und Dunkelheit über die Gesamtheit der Gesell- nen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen ange- schaft zu entleeren. nommen. Herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes- Vizepräsidentin Petra Pau: tages auf morgen, Mittwoch, den 27. November 2019, Ich schließe die Aussprache. 9 Uhr, ein. Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen bis 09 – Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – dahin alles Gute. in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Niemand. Der (Schluss: 19.04 Uhr)

(B) (D) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 26. November 2019 16265

(A) Anlage zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage

Entschuldigte Abgeordnete

Abgeordnete(r) Abgeordnete(r)

Brackmann, Norbert CDU/CSU Mieruch, Mario fraktionslos Breymaier, Leni SPD Mihalic, Dr. Irene BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN De Ridder, Dr. Daniela SPD Müller, Bettina SPD Gabelmann, Sylvia DIE LINKE Neumann, Christoph AfD Gerdes, Michael SPD Petry, Dr. Frauke fraktionslos Gohlke, Nicole DIE LINKE Remmers, Ingrid DIE LINKE Groden-Kranich, Ursula CDU/CSU Rottmann, Dr. Manuela BÜNDNIS 90/ Hampel, Armin-Paulus AfD DIE GRÜNEN Hartmann, Verena AfD Schnieder, Patrick CDU/CSU Hebner, Martin AfD Schüle, Dr. Manja SPD Herrmann, Lars AfD Steinke, Kersten DIE LINKE Heßenkemper, Dr. Heiko AfD Stübgen, Michael CDU/CSU Hitschler, Thomas SPD Vogler, Kathrin DIE LINKE (B) (D) Jarzombek, Thomas CDU/CSU Vogt, Ute SPD Krischer, Oliver BÜNDNIS 90/ Weber, Gabi SPD DIE GRÜNEN Weiler, Albert H. CDU/CSU Lehmann, Sven BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333