ten Monat schwanger, sie sagt, dass sie deshalb von älteren Herren noch seltener Bisschen Glitzer drauf respektiert werde. Sie habe sich mittler - weile einen Panzer zugelegt. Auf herab - Parteien Die FDP-Bundestagsabgeordnete Gyde Jensen lassende Bemerkungen antwortet sie bissig und schlagfertig. kämpft für mehr Macht von Frauen in ihrer Partei und stößt Am 15. März hatte sie ihre erste Stern - auf Widerstände – bei den Frauen. stunde: Die Abgeordneten im debattierten über den Internationalen Frauentag. Eigentlich war Jensen als Red - yde Jensen schaut, als hätte man wenn sie nicht mehr Frauen für sich nerin nicht vorgesehen. Doch sie hatte eine ihr einen Kübel kaltes Wasser ins gewinnen könne. Doch dafür müssten Kollegin gebeten, ihr drei Minuten Rede - G Gesicht gekippt. Sie sitzt in einer erst mal Frauen in der Partei Karriere zeit abzugeben, und legte am Pult los: »Es Gesprächsrunde von FDP-Mitgliedern in machen und sich für politische Ämter inte - gibt für mich keinen wirklichen Grund, Husum, es geht um die Frage, wie die Par - ressieren. keine Feministin zu sein«, wetterte sie tei für Frauen attraktiver werden könnte. Der Frauenmangel beschäftigt derzeit und erklärte, dass es immer noch Frauen Eine Teilnehmerin erklärt, sie habe die die meisten Parteien im Bundestag. Des - gebe, die Männer als Vormund ertragen Lösung: »Bisschen Glitzer drauf, dann halb gibt es fraktionsübergreifende Frauen - müssten, und dass Frauen in einigen Län - kommen sie schon.« Gemeint sind die netzwerke; auch Gyde Jensen trifft sich re - dern nichts von ihren Menschenrechten Frauen. Gyde Jensen schiebt ungläubig gelmäßig mit anderen weiblichen Abge - wüssten. den Kopf nach vorn. Glitzer? Aber ja, er - ordneten, um zu beraten, wie man die Daraufhin bekam sie E-Mails, viele von klärt die blonde Dame, die schon länger Zahl der Frauen im Deutschen Bundestag jungen Menschen aus der Partei, die aller - Parteimitglied ist, Glitzer stehe für die An - erhöhen kann. meisten positiv. Aber es habe auch Ableh - sprache, man solle politische Themen ein - Die FDP, die sich als progressive Partei nung gegeben: Ältere Männer schickten fach öfter mit »guten Gefühlen« verbin - versteht, ist bislang auch in ihrer Außen - wütende Kommentare, die FDP-Bundes - den. Dann würden Frauen die FDP schon wirkung stark auf Männer fixiert: So ließ tagsabgeordnete sagte zuvor wählen – und sich auch politisch engagie - sich zum Beispiel , der in einer Rede, das Label »feministisch« sei ren. Jensen schaut entgeis - die Partei wieder in den »überflüssig, manchmal sogar kontrapro - tert, zieht die Augenbrauen Bundestag brachte, in den duktiv«. Ab diesem Zeitpunkt war partei - hoch und greift zu einem Wahlkämpfen im Unter - intern klar: Jensen ist die neue Galions - Papier, um sich Luft zuzu - hemd fotografieren. Gyde figur der Feministinnen in der FDP und fächeln. Jensen glaubt, viele junge damit hoch umstritten. Der Gedanke, dass man Männer träten in die Partei Jahrelang galt in der Partei die Formel: Frauen nur über positive wegen Lindner ein. Sie Wer es nach oben schaffen will, muss es Emotionen für Politik be - wollten so aussehen und so selbst erreichen – und nicht mithilfe struk - geistern könne, macht reden wie er. Die Abgeord - tureller Regelungen. Jensen sieht das ganz Gyde Jensen wütend. Die nete sagt deshalb: »Wir anders. Sie kämpfte mit einigen Mitstrei - 29-Jährige, FDP-Mitglied, brauchen eben auch mehr tern für die sogenannten Zielvereinbarun - jüngste weibliche Abge - weibliche Vorbilder in der gen, die im April auf einem FDP-Parteitag ordnete des Deutschen Partei.« beschlossen wurden: Jeder Landesver - Bundestags, Vorsitzende Die 29-Jährige wuchs an band muss mit dem Bundesvorstand eine des Menschenrechtsaus - der Küste in Schleswig-Hol - Quote aushandeln, die bestimmt, wie viele schusses, ist die Vorkämp - stein auf, studierte Anglis - Frauen in Führungspositionen kommen ferin für Feminismus in ih - tik und Politikwissenschaft sollen. Für die Liberalen ist der Schritt eine rer Partei. Es gibt niemanden, der so vehe - in Kiel. Mit 20 Jahren trat sie in die FDP Zäsur, und für Jensen ihr bislang größter ment für mehr Macht der Frauen eintritt ein, im Alter von 22 Jahren wurde sie stell - Triumph. und zugleich auf so vehementen Wider - vertretende Vorsitzende der Jungen Libe - »Die Zielvereinbarungen sind ein Schritt stand stößt – bei einigen Männern in der ralen in Schleswig-Holstein. Weil Bernd in die richtige Richtung«, sagt die Ab - Partei, aber auch bei den Frauen. »Wir ha - Buchholz in diesem Bundesland 2017 Wirt - geordnete. »Wenn sie nicht fruchten, müs - ben beim Thema Gleichstellung noch viel schaftsminister wurde und kurz darauf sen wir über weitere Maßnahmen disku - Luft nach oben«, sagt Jensen. Sie kennt sein Bundestagsmandat nicht annahm, tieren – auch über eine Frauenquote.« Es die Zahlen, sie kennt das Problem. rückte Jensen für ihn ins Parlament nach. wäre der nächste, noch härtere Schnitt. Nur 21,6 Prozent der FDP-Mitglieder Sie sei eine Art Quotenfrau, sagt sie über Umso erstaunlicher ist, dass Gyde Jensen sind Frauen, die Zahl ist auf dem nied - sich selbst. Wäre sie ein alter weißer Mann, einen Mann als ihr politisches Vorbild rigsten Stand seit 20 Jahren. Sogar nur hätte sie sich wohl nicht gegen die anderen bezeichnet, der bislang nicht gerade als 18,5 Prozent der Neumitglieder sind weib - Kandidaten bei der Aufstellung der Liste feministischer Vorkämpfer in Erscheinung lich. Im Präsidium der Partei sitzen 16 Män - durchgesetzt. getreten ist: , der stell - ner – und 3 Frauen. Im Bundestag vertre - Die Nachteile dieses schnellen Aufstiegs vertretende Parteivorsitzende, der wie Jen - ten 61 Männer und 19 Frauen die FDP. Nur spürt sie nun jeden Tag in der Arbeit als sen aus Schleswig-Holstein kommt. Sie bei der Union und der AfD ist das Un - Abgeordnete. Im Bundestag, sagt Jensen, sagt, sie bewundere an ihm die Art, Politik gleichgewicht der Geschlechter noch grö - werde sie von vielen ihrer Kollegen bis zu machen, sich durchzusetzen, egal was ßer. Die Schieflage gibt es auch unter den heute nicht ernst genommen. Eines komme. Wählern der Partei: Deutlich mehr Män - Abends habe sie einem CDU-Kollegen er - Kubicki sitzt an einem heißen Tag in ner als Frauen haben bei der vergangenen zählt, sie müsse noch eine Rede schreiben. Berlin in seinem Bundestagsbüro, lehnt Bundestagswahl für die FDP gestimmt. Der habe sie wohl für eine Praktikantin sich zurück, verschränkt die Arme und Gyde Jensen glaubt, dass die FDP keine gehalten und gefragt: »Macht das der Chef sagt: »Über Zielvereinbarungen hinaus Zukunft für größere Wählerschichten habe, nicht selbst?« Derzeit ist Jensen im sechs - sollten wir keine strukturelle Förderung ansetzen.« Er glaubt, das werde sich schon alles von allein regeln. Von Gyde Jensen hält er aber viel: »Ich denke, sie hat eine große Zukunft vor sich«, er werde sie im Landesverband immer unterstützen. Wie Jensen für die neue Generation der FDP steht, steht Kubicki für die alte. Die Fronten sind verhärtet, einer aus dem Füh - rungszirkel der Partei, der Jensen unter - stützt, erklärt: »Wir kämpfen gegen die Taliban«, und meint damit die radikalen Quotengegner, wie Kubicki einer ist und auch viele Frauen in der Partei. , 30, der innenpolitische Sprecher der FDP im Bundestag, ist einer von Jen - sens Unterstützern. »Die FDP soll nicht nur die Partei der alten weißen Männer sein. Gyde Jensen ist das beste Beispiel: An ihr kann man sehen, dass sich in der Partei manches verändert«, sagt Kuhle. Jensens prominenteste Mitstreiterin ist aber . Die neue General - sekretärin forderte bereits auf dem Partei - tag im April, es dürfe »keinen Zweifel« mehr geben, dass es der Partei mit der Frauenförderung ernst sei. Die 38-Jährige hat selbst erlebt, wie groß in der FDP die Widerstände gegen Frauen in politischen Ämtern sein können. Ihr eigener Landes - verband versagte ihr 2013 die Unterstüt - zung bei der Wahl zum Bundesvorstand. Sie kämpfte dennoch weiter und erreichte 2017 den ersten Listenplatz für die Bun - destagswahl. Ein Mittwoch in Berlin, Gyde Jensen begrüßt eine Besuchergruppe aus ihrem Wahlkreis: Sie führt die Gäste in den Frak - tionssaal der Partei, dort hängen riesige gelbe Dreiecke an der Wand. Jensen lehnt sich gegen ein Rednerpult, erzählt von ih - rer Wahl in den Bundestag und von ihrer Arbeit als Vorsitzende im Ausschuss. Dort hätten die Männer, die »Anzugträger«, die Mehrheit. Dabei seien es gerade die Frau - en, die oft zum Gelingen beitrügen. Be - sonders in der Außenpolitik lasse sich das gut beobachten, das habe sie bei ihrer Ar - beit im Ausschuss gemerkt: »Es werden nachhaltigere Ergebnisse erzielt, wenn Frauen mit am Tisch sitzen und Vielfalt mitgedacht wird.« Gyde Jensen setzt ihre Hoffnung in den Nachwuchs. Es gehe nun darum, bewusst junge Frauen auszusuchen, die Potenzial haben: »Man muss Frauen gezielt an - sprechen, auch wenn manche am Anfang etwas zurückhaltend sind.« In ihrem Landesverband hat Jensen eine junge Frau ermutigt, sich als Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen wählen zu lassen. Die 21-Jährige habe große Zweifel gehabt, ob sie geeignet für die Position sei, erzählt Jensen. Nun übt die Nachwuchspolitikerin das Amt schon seit vier Monaten aus. Und inzwischen, sagt Jensen, würden alle er - Feministin Jensen kennen: Sie kann es ja. Tim Kummert »Noch viel Luft nach oben«