www.gw-unterricht.at – ISSN: 2077-1517 Druckversion – ISSN: 2414-4169 Onlineversion – https://dx.doi.org/10.1553/gw-unterricht144s57

Service Gerhard Karl Lieb

Mariazell und Umgebung – kartengestützte Analyse regiona- ler Mensch-Mitwelt-Beziehungen gerhard.lieb@uni-.at, Institut für Geographie und Raumforschung, Universität Graz eingereicht am: 01.08.2016, akzeptiert am: 15.10.2016

Dieser Beitrag beruht auf der Interpretation eines beigegebenen Ausschnitts der Wander-, Rad- und Freizeitkarte WK 031 von Freytag & Berndt, die das Gebiet um Mariazell (Steiermark) und Teile des „Ötscherlandes“ (Niederösterreich) zeigt. Die Karteninterpretation folgt konzeptionell einem nicht-dualistischen integrativen Ansatz und möchte dadurch einen Beitrag zur Umsetzung des Basiskonzeptes „Mensch-Umwelt-Beziehungen“ leisten. Methodisch wird dies durch eine Spurensuche und die Betrachtung „sozio-naturaler Schauplätze“ erreicht, die bei Schüler/innen einen Reflexionsprozess darüber auslösen sollen, wie Angehörige sozialer Gruppen Lösungen für regionale Problemstellungen – hier speziell verschiedene Facetten lang andauernder Peripherisierung – entwickeln können.

Keywords: Karteninterpretation, Mensch-Umwelt-Beziehungen, sozio-naturale Schauplätze, Peripherräume, Mariazeller Land

Mariazell and surroundings – a map-based analysis of regional man-environment interactions

The article is based on the interpretation of the attached part of the Freytag & Berndt hiking map WK 031 showing the surroundings of Mariazell () and parts of the Ötscherland area (Lower ). Conceptually the interpretation of the map uses a non-dualistic integrative approach aimed at supporting the implementation of the key concept man-environ- ment-interactions. In terms of methods the students are asked to search for traces in the map and to look at socio-natural sites. In this way they will start to reflect on how members of social groups develop solutions for regional problems, in this case different aspects of a long-standing peripheral situation.

Keywords: map interpretation, man-environment-interactions, socio-natural sites, peripheral regions, Mariazeller Land

1 Konzeptioneller Zugang (z. B. Hüttermann 2011). Als Interpretationsziel de- finiert dieser Beitrag die im Titel genannten „regiona- Wie in der losen Folge an Gebietsportraits im Service- len Mensch-Mitwelt-Beziehungen“ und versteht sich teil dieser Zeitschrift üblich, wird ein Ausschnitt aus somit als möglicher Beitrag zur Implementierung des einer Wander-, Rad- und Freizeitkarte 1:50 000 von Basiskonzepts Mensch-Umwelt-Beziehungen im neu- Freytag und Berndt, hier Blatt WK 031 „Ötscherland, en Lehrplan für die SII an AHS in Österreich (Bun- Mariazell, Erlauftal, Lunzer See, Scheibbs, Melker Al- desgesetzblatt 2016). penvorland“, in den Mittelpunkt der Betrachtungen Die Bezeichnung „Mensch-Mitwelt-Beziehungen“ gestellt. Ein solcher Kartenausschnitt stellt eine Mo- beruht auf dem Konzept einer „transdisziplinären mentaufnahme von in einem rechteckigen Contai- Geographie der Mitwelt“, das Steiner (2014) auf nerraum verorteten materiellen Objekten dar, ergänzt Grundlage der philosophischen Strömung des Prag- durch einige funktionale Attribute, die dem Karten- matismus entwickelt hat. Hierbei handelt es sich um zweck entsprechend touristisch relevant sind (z. B. ein Denkgebäude, das sich klar nicht-dualistisch posi- Straßen- und Wegnummern, Signaturen für Radrou- tioniert, d. h. die Welt nicht – wie in den meisten wis- ten). Die Art und Anordnung dieser Objekte nicht senschaftlichen Diskursen üblich – als in Materielles nur zu beschreiben, sondern in ihrem Zustandekom- (Natur, Körper, Welt der Dinge o. ä.) und Immateriel- men zu hinterfragen, ist Zweck der als geographische les (Kultur, Geist, Welt der Gedanken o. ä.) aufgespal- Fachmethode wohl etablierten Karteninterpretation ten, sondern sie als Einheit sieht. Wirklichkeiten ent-

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naturaler Schauplätze erzählbar, was hier an drei bei- spielhaften „Schauplätzen“ versucht wird. Da der Karteninhalt Träger „versteckter“ Informa- tionen ist, bietet sich als Herangehensweise an die Karteninterpretation eine Abwandlung der meist in der Realbegegnung, z. B. auf Exkursionen, verwende- ten Spurensuche an: Schüler/innen suchen eigenstän- dig Indikatoren geographischer Erscheinungen und Prozesse (Haversath 2013, 260 f.), hier eben nicht „vor Ort“, sondern in der Karte. Dem liegt die These zugrunde, dass auch dies den Schülerinnen und Schü- lern „das Nachdenken über ‚Raum‘“ (Dickel & Schar- Abb. 1: Der Erlaufsee, ein typischer eiszeitlicher Zungenbeckensee. vogel 2013, 57) ermöglicht. Blick von Westen, im Hintergrund die Mariazeller Bürgeralpe und Teile der östlichen Kalkalpen (Foto: Lieb) 2 Erste Zugänge stehen darin aus Handlungen, die unauflösbar stets 2.1 Spurensuche im Namensgut eine immaterielle und materielle Komponente enthal- ten und als tätliche und / oder denkerische Problemlö- Der wohl einfachste Zugang an den Karteninhalt ist, sung in zweifelhaft gewordenen Situationen gedeutet da er nicht einmal kartographische Grundkenntnisse werden. Dieses „transaktionistische“ Handlungskon- erfordert, der Blick auf die Kartennamen. Der Kar- zept („In-der-Welt-Agieren“) öffnet zum einen den tenausschnitt enthält eine große Fülle von diesen, Blick auf die enge Verwobenheit von Einzelindividu- weshalb es für Schüler/innen wohl hilfreich ist, einen en oder sozialen Gruppen mit einer „Mitwelt“, die eingeschränkten Arbeitsauftrag für die Spurensuche im Unterschied zum Begriff „Umwelt“ stets auf den im Namensgut zu bekommen (wenngleich auch eine Menschen wirkt und gleichzeitig von ihm gestaltet völlig freie „Entdeckungsreise“ durch das Namensgut wird. Zum anderen macht es verständlich, dass sich didaktisch rechtfertigbar erscheint). Eine solche Ein- Wirklichkeiten stets verändern und verändert werden schränkung kann etwa auf die beiden folgenden Arten und Wandel als Normalfall angesehen werden muss, erfolgen: die Welt also als eine Abfolge von Ereignissen aufge- • Die Suche nach (nicht) erklärbaren Berg-, Tal- fasst werden kann. und Ortsnamen erlaubt den Schülerinnen und Für den vorliegenden Zweck einer Kartenin- Schülern nebenbei zu lernen bzw. zu üben, wie terpretation bietet es sich an, die Momentaufnahme Berge, Täler und Orte in der Karte zu erkennen des Karteninhalts als ein solches Ereignis aufzufassen. sind. Der Versuch, die Namen zu erklären, könn- Von diesem ausgehend ist es möglich, das regionale te zu dem Ergebnis führen, dass (i) so gut wie alle „In-der-Welt-Agieren“ zumindest partiell (in den As- Namen deutsch „klingen“, (ii) viele von ihnen se- pekten, die sich im Karteninhalt widerspiegeln – das mantisch selbsterklärend sind (z. B. Brunnkogel) sind im Wesentlichen bestimmte sozioökonomische und (iii) vielfach topographische Eigenschaften Tätigkeiten) zu rekonstruieren. Da die „Welt“ des (z. B. Sieben Felsen), das Vorkommen von Pflan- Karteninhalts voller Ergebnisse früherer transaktio- zen bzw. Tieren (z. B. Hirschhöhe) oder bestimm- nistischer Handlungen ist (die wir in der Geographie te örtlich gebundene Tätigkeiten (z. B. Mühlgra- meist Persistenzen nennen), ist daraus auch erkenn- ben) bezeichnen. bar, wie sich im Laufe der Zeit Handlungen als Ant- • Eine andere Möglichkeit ist die gezielte Suche wort auf sich wandelnde Problemstellungen verändert nach Mensch-Mitwelt-Beziehungen, die durch haben. Diese Überlegung ist sehr nahe an dem in der Schriftzüge in der Karte repräsentiert sind. Hier- Umweltgeschichte verwendeten Konzept „sozio-natu- bei ist zwischen (i) den selbsterklärenden (in raler Schauplätze“ (z. B. Winiwarter 2013; Winiwarter ihrer Lage an den betreffenden Stellen jedoch et al. 2013). Diese entstehen aus dem Zusammenspiel keineswegs selbstverständlichen) touristischen von Praktiken (entsprechend den transaktionistischen Hinweisen, häufig in violetter Schrift (z. B. zwei- Handlungen) und Arrangements (entsprechen den mal Hochseilgarten), und (ii) jenen „Botschaften“ Mitwelten), wobei diese beiden Begriffe weder der zu unterscheiden, die sich hinter den alteingeses- Natur noch der Kultur eindeutig zugewiesen werden senen Toponymen verbergen. Hierin darf in einer können. Sie beeinflussen einander wechselseitig und Spurensuche in Kauf genommen werden, dass machen Geschichte als laufende Veränderung sozio- Schüler/innen falsche (aitiologische) Deutungen

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Abb. 2: Das Flussnetz in der weiteren Umgebung von Mariazell Abb. 3: Das Verkehrsnetz in der weiteren Umgebung von Mariazell (Zeichnung: V. Damm) (Zeichnung: V. Damm)

entwickeln (z. B. wenn der Hutgraben mit der chende Aktivitäten hier – im Gegensatz zu den Kopfbedeckung anstatt mit der Tätigkeit des Be- westlich benachbarten Gebieten – auch nie sehr aufsichtigens von Weidetieren in Verbindung ge- bedeutend waren. bracht wird). Es sollte jedoch darauf hingewiesen • Tourismus: Wegen der touristischen Funktion werden, dass wissenschaftliche Namensdeutung der Karte sind Eintragungen hierzu sehr häufig. (Onomastik) auf der Grundlage ältester Nennun- Der Tourismus spielt im Kartengebiet seit lan- gen und spezieller Methoden erfolgt (vgl. etwa gem eine große Rolle, wobei die (zweimal unter Lochner v. Hüttenbach 2008). diesem Begriff aufscheinende) Wallfahrt mit dem Zielort Mariazell dessen älteste Erscheinungsform Unter den zuvor genannten sprachwissenschaftlichen darstellt. Mariazell gilt als bedeutendste Destina- Einschränkungen lassen sich im Kartenausschnitt al- tion dieser Art in Mitteleuropa (Jülg & Hofmayer lein aus dem Namensgut bzw. der Schrift einige, für die 2009, 263) und erhält auch aus den Nachbarlän- Region typische Wirtschaftstätigkeiten (Bätzing 2014, dern starken Besuch. Bruckmüller 2015) – oder allgemeiner – Handlungs- felder von Menschen in ihrer Mitwelt identifizieren: 2.2 Spurensuche im Gewässernetz • Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd (z. B. Reh- sattel, Holzknechtland) als Widerspiegelung der Die Gewässer sind im Kartenausschnitt mit Ausnahme traditionell hohen Bedeutung der Ressource Holz des Erlaufsees eher unscheinbar, es empfiehlt sich deren (die sich auch beim Blick auf die Bodenbede- Bearbeitung mithilfe des folgenden Arbeitsauftrages: ckung zeigt, wenigstens ¾ des Kartenausschnittes • Zeichne das Gewässernetz und die Wasserschei- werden von Wald eingenommen). den auf Transparentfolie heraus! (mögliche Lö- • Industrie und Gewerbe: Vor allem das Dorf sung ähnlich Abb. 2, worin jedoch ein größeres Gußwerk am Südrand des Kartenausschnittes Gebiet gezeigt wird) lässt im Namen mehrerer seiner Ortsteile (z. B. • Beurteile die Seen danach, ob sie ohne oder durch Bohrwerk) erkennen, dass es sich dabei um einen menschliches Zutun bzw. zu welchem Zweck sie Ausläufer der „Eisenwurzen“ handelt; sonst sind entstanden sind! (Lösung: Erlauf- und Hechten- Bezeichnungen dieser Art selten, weil entspre- see natürlich, alle übrigen künstlich entstanden)

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Abb. 4: Eine neue Garnitur der Mariazellerbahn („Himmelstrep- pe“) im Bahnhof Wienerbruck-Josefsberg, davor die aufgestaute Lassing (Foto: Lieb)

• Ordne die Flüsse mithilfe des Schulatlas in über- geordnete Flusseinzugsgebiete ein! (Lösung: , Erlauf, Pielach, Traisen fließen direkt in die Do- nau, die Salza in die Enns, die Mürz in die Mur). Abb. 5: Die Basilika Mariazell mit ihrer unverwechselbaren, aus Das Flussnetz zeichnet sich durch bemerkenswerte drei Türmen (von denen der mittlere noch vom gotischen Bau Verläufe aus, die Bätzing (2014, 246) zu Recht als stammt) bestehenden Fassade (Foto: Lieb) für die Orientierung verwirrend bezeichnet. In der geomorphologischen Literatur (zuletzt Nagl 2004) wird dies durch junge Flussumlenkungen erklärt. So links der Erlauf als Grieblerkogel, 877 m, erkennba- etwa wurde der einzige als geräumiger Talboden er- ren) Geländerücken sind die zugehörigen Ufer- und scheinende Geländeteil zwischen Mariazell und Mit- Endmoränenwälle (Bauer & Schnabel 1997). Der See terbach (heute Teil der Wasserscheide zwischen Salza hat historisch für den Holztransport auf Floßen und und Erlauf) von einem Fluss aufgeschüttet, der heute für den Fischfang eine Rolle gespielt, aktuell wird er nicht mehr existiert (nach Bauer & Schnabel 1997, touristisch genutzt, wie die Karte zeigt. risszeitliche Kiese). Die drei in der Karte sichtbaren künstlichen Seen Demgegenüber verlaufen die Haupttäler – insbe- entlang der Erlauf und ihres östlichen Zubringers sondere jenes der Erlauf unterhalb von Mitterbach – Lassing sind Stauseen (zwei davon auch so gekenn- in tief eingeschnittenen Schluchten. Der Vergleich der zeichnet), die zur Stromerzeugung errichtet wurden. Abb. 2 und 3 lässt erkennen, dass aus diesem Grund Dies erfolgte bereits 1911 / 12 bei der Elektrifizierung die Hauptverkehrswege vielfach abseits der Talgrün- der Mariazellerbahn (Kap. 2.3). Die Kraftwerke, von de verlaufen, eine im Gebirge eher seltene Situation denen eines (westl. vom Lassingfall nahe dem nördl. (Kap. 2.3). Bei der Kartierung des Flussnetzes aus der Kartenrand) eingetragen ist, erfüllen immer noch ih- Karte sollte den Schülerinnen und Schülern auch auf- ren ursprünglichen Zweck. Der mehr als 2 km lange fallen, dass manche Berge (z. B. der Rasingberg westl. Stausee bei der Erlaufklause hatte schon einen älteren, Mariazell oder die Gemeindealpe bei Mitterbach) kei- kleineren Vorgänger, woran die Bezeichnung „Klause“ ne oberirdischen Gewässer besitzen – ein Hinweis auf erinnert: Klausen waren Stauvorrichtungen, aus de- wasserdurchlässiges Karbonatgestein, wie es in den nen bei Bedarf Wasser abgelassen werden konnte, um Nördlichen Kalkalpen ja zu erwarten ist. mit dem so erzeugten Wasserschwall Holz im Fluss zu Der Erlaufsee (Abb. 1) weist eine Fläche von 58 ha, transportieren (= zu triften). Diese Technik und die eine mittl. Tiefe von 21,2 m, eine max. Tiefe von Holzgewinnung hatten hier ihren Höhepunkt zwi- 38 m und ein Volumen von 12,3 Mio. m3 (Wikipedia schen den Mitten des 18. und des 19. Jhs. (Kap. 3.2). 2015) auf und verdankt seine Entstehung einer würm- Der leicht zu übersehende Teich nahe dem Gipfel zeitlichen Gletscherzunge, die aus den Hochflächen der Mariazeller Bürgeralpe ist eine junge Anlage, de- der Brunnsteinalm (westl. der Gemeindealpe knapp ren Lage sie als Speicherteich für die künstliche Be- außerhalb des Kartenausschnittes) genährt wurde schneiung des dortigen Schigebietes (und im Sommer (Rekonstruktion bei: van Husen 1987). Die den See als Seebühne und Wassersportfläche) zu erkennen um einige Zehnermeter überragenden (in der Karte gibt. Die übrigen kleinen Teiche (z. B. südöstl. Maria-

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Ähnliche Motive leiteten auch die Errichtung der Mariazellerbahn, wenngleich bei dieser geplant war, sie zur Alpentransversale auszubauen – wegen des Ersten Weltkriegs wurde das fehlende Stück zwi- schen Gußwerk und Turnau jedoch nie realisiert. Die 1907 eröffnete Bahnlinie galt als technische Meister- leistung und wurde schon nach kurzer Zeit so stark frequentiert, dass man sie zur Kapazitätserhöhung bereits 1911 / 12 elektrifizieren musste, wozu die in Kap. 2.2 erwähnten Kraftwerke gebaut wurden (Mö- cker in Bruckmüller 2015, 215 ff.). 1988 wurde das Teilstück Mariazell-Gußwerk stillgelegt, und wie alle Abb. 6: Das Dorfzentrum von Mitterbach am Erlaufsee mit der Nebenbahnen stand auch die Mariazellerbahn mehr- katholischen Kirche (Mitte) und der älteren evangelischen (im Hin- fach vor dem Aus, bevor sie 2010 von der Nieder- tergrund links). (Foto Lieb) österreichischen Verkehrsorganisationsgesellschaft NÖVOG (2016) übernommen wurde. Damit ver- bunden war ein umfangreiches Investitionsprogramm zell) sind Fischteiche. Der Blick auf die Gewässer lässt mit Erneuerung des Fuhrparks (Abb. 4) sowie dem somit verschiedene Formen des „mit-dem-Wasser- Ausbau des Bahnhofs Laubenbachmühle (nördl. au- Agierens“ erkennen. ßerhalb des Kartenausschnitts) zur Nahverkehrs- und Wartungszentrale. Dies muss auch als Beitrag zur von 2.3 Spurensuche im Verkehrsnetz der Niederösterreichischen Landesausstellung 2015 intendierten nachhaltigen Aufwertung der „Ötscher- Grundsätzlich kann der Arbeitsauftrag an die Schüler/ Region“ (Bätzing 2014, 2015) gesehen werden. innen ähnlich wie beim Gewässernetz lauten, wobei es beim Straßennetz reicht, die Hauptstraßen (gelbe Si- gnatur) herauszuzeichnen. Dabei darf auf keinen Fall 3 Analyse beispielhafter Schauplätze die Mariazellerbahn als von Norden in das Kartenge- biet hereinführende Eisenbahnlinie übersehen werden. 3.1 Mariazell und die Bürgeralpe Die Einbindung in das überregionale Verkehrsnetz sollte wieder aus Atlaskarten herausgearbeitet und ähn- Die Dichte der Gebäudesignaturen und die Schrift- lich wie in Abb. 3 dargestellt werden, wobei darauf zu größe machen Mariazell schon bei flüchtiger Be- achten ist, dass die Darstellungen des Fluss- und Ver- trachtung der Karte als bedeutendste Bevölkerungs- kehrsnetzes dasselbe Gebiet im selben Maßstab zeigen, konzentration des Gebietes erkennbar. Die im Kern um die beiden Karten übereinanderlegen zu können. städtische verbaute Siedlung (Stadtrecht seit 1948) Das Ergebnis dieser Analyse ist, dass Mariazell nach gruppiert sich um die Wallfahrtsbasilika in ihrer Mit- allen Richtungen in sehr großer Distanz zu bedeuten- te (Abb. 5). Was die Karte kaum zeigt, sind die für den Hauptverkehrslinien (Autobahnen, Hauptbahn- die städtischen Baustrukturen ungünstigen topogra- strecken) liegt. Dasselbe gilt auch für bedeutende phischen Bedingungen, die den aus Maßstabsgründen Siedlungs- und Arbeitsmarktzentren – die nächst gele- nur schlecht erkennbaren Grundriss der Stadt mit drei genen sind St. Pölten (80 Straßenkilometer) und Kap- Hauptachsen vorgeben. Es war die Lage der Kirche, fenberg (54 Straßenkilometer), die jeweils über die die die bautechnisch schwierige Anlage der Siedlung Mariazeller Straße (B 20) zu erreichen sind. Diese ist erzwang: Diese entstand an dieser Stelle im 12. Jh. in beiden Richtungen zwar gut ausgebaut, aber wegen im Zuge der über den Seeberg von Süden her in das der klein gekammerten Formenwelt der Kalkalpen Gebiet übergreifenden hochmittelalterlichen Koloni- kurvenreich und führt jeweils über Pässe (Süden: See- sierungstätigkeit des Stiftes St. Lambrecht (Liebmann berg 1 254 m; Norden: Josefsberg 1 012 m und Anna- 2007), womit auch die Zugehörigkeit von Mariazell berg 967 m). Die Strecke war daher nie ein wichtiger zur Steiermark zu erklären ist. Die schon ins Mittel- Alpenübergang, sondern das Gebiet wurde und wird alter zurückgehende Aufwertung zur Wallfahrtsstätte, in der Regel großräumig umfahren. Allein das Wall- in der Neuzeit – wie schon erwähnt – als solche von fahrtswesen war Motivation, die Straße von Nordos- den Habsburgern stark gefördert, war seit jeher und ten her bereits um 1845 als „Kunststraße“ auszubauen ist noch heute die entscheidende sozioökonomische (Krug 2014, 164), galt es doch, die (für die Habsbur- Grundlage der Stadt. ger gleichsam staatstragende) Wallfahrt auf der „Via Die Wallfahrtsfunktion selbst kommt in der Karte Sacra“ von Wien nach Mariazell zu erleichtern. nur durch indirekte Hinweise (z. B. „Wiener Wallfah-

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Abb. 7: Das Terzerhaus auf dem Gipfel der Gemeindealpe besticht Abb. 8: Die „Ötscher-Basis“ in Wienerbruck wurde anlässlich der sowohl durch seine Architektur als auch durch seine ausgezeichnete Niederösterreichischen Landesausstellung 2015 errichtet und lädt Aussichtslage (Foto: Lieb) zum Besuch des Naturparks Ötscher-Tormäuer ein. (Foto: Lieb) rerweg“, eventuell Zahl der Parkplätze) zur Geltung. die Besuchszahl mit 700 000 Personen geschätzt (Ös- Jedoch ist die touristische Funktion unübersehbar, terreich Werbung 2016). etwa durch Eintragungen wie Kneippkuranstalt oder ein Hotel (von denen es im Stadtgebiet aber selbst- 3.2 Mitterbach und die Gemeindealpe verständlich mehrere gibt) und besonders durch die Erschließung der Bürgeralpe (1 266 m) im Nordosten Mitterbach gehört zu jenen Orten, die sich aus Grün- der Stadt – man erkennt eine Seilbahn und vier nur den des Tourismusmarketings einen See als Beina- im Winter im Betrieb stehende Lifte (blaue Signatu- men gegeben haben, hier „am Erlaufsee“ trotz des- ren), eine Aussichtswarte, Einkehrstätten, Aussichts- sen rund 3 km Distanz vom Ortszentrum. In ihm punkte, eine „Erlebniswelt Holzknechtland“, eine fällt die Existenz zweier Kirchen auf (Abb. 6), was an Rodelbahn sowie markierte Wander- und Mountain- die besondere historische Entwicklung des Dorfes in bikestrecken. Zusammenhang mit der Holzwirtschaft erinnert: Als Da im 19. Jh. das Gebiet um Mariazell im dama- im 18. Jh. der Brennholzbedarf der Stadt Wien stark ligen Zeitgeist zunehmend als ästhetische Landschaft zunahm, wurden viele bis dahin noch unerschlossene konstruiert wurde (Krug 2014), kam allmählich ade- Waldgebiete im Einzugsgebiet der Donau oberhalb liger, später bürgerlicher Sommerfrischetourismus von Wien, aus denen das Holz auf Flüssen dorthin auf. So erhielt der Gipfel der Bürgeralpe bereits 1856 gebracht werden konnte, abgeholzt. Organisiert wur- eine Aussichtswarte (Brundjak 2014, 222 ff.), 1891 de das über die Vergabe von Nutzungsrechten an eine Schutzhütte (heute Edelweißhütte) und 1927 Unternehmen. Um die schwer zugänglichen Gebie- eine Seilbahn (Möcker in Bruckmüller 2015, 225). te – hier konkret die im Nordwesten des Kartenaus- Die Tatsache, dass die 2002 erneuerte Seilbahn zu schnittes noch teilweise erkennbaren Ötschergräben den ältesten Österreichs gehört (und die älteste der – forstwirtschaftlich nutzen zu können, wurden Spe- Steiermark ist), verdeutlicht die damalige Stellung zialisten hierfür aus dem inneren Salzkammergut und Mariazells als überregional wichtiger Tourismusort – dem Gebiet um den Dachstein geholt, weil man dort nicht zuletzt dank der 1907 eröffneten Mariazeller- bereits über die entsprechenden Technologien (z. B. bahn (Kap. 2.3). Allerdings waren Mariazell und die Bau von Klausen; Kap. 2.3) verfügte. Diese Personen Bürgeralpe beim nachkriegszeitlichen Take-off des bekannten sich zum Protestantismus, der bis zum To- Wintertourismus der Konkurrenz der westösterrei- leranzpatent Josefs II. 1781 nur als Geheimprotestan- chischen Destinationen nicht gewachsen (Ursachen tismus gelebt werden konnte. In Mitterbach wurde hierfür wie etwa die Unterschiede in Schneesicherheit sofort nach Erlass des Patents das erste „Toleranz- oder Erreichbarkeit könnten Schüler/innen selbst er- Bethaus“ errichtet und 1785 geweiht. Die katholi- arbeiten). Da auch der Sommertourismus wie überall sche Kirche entstand demgegenüber erst 1914 / 15, in den Alpen stark zurückging, hat Mariazell heute Mitterbach war also nie ein bedeutender Stützpunkt eine jährliche Zahl an Gästeübernachtungen, die nur an der „Via Sacra“. etwa die Hälfte des Niveaus der 1960er Jahre erreicht Die in der Karte in ähnlicher Weise wie bei Ma- (Daten bei Jülg & Hofmayer 2009, 285; Graphik bei riazell erkennbare touristische Prägung verdankt das Lieb 2016). Nach wie vor bedeutend jedoch ist der Dorf der Mariazellerbahn, der Tourismus setzte hier Tagestourismus – allein für die Basilika wurde 2014 deutlich später als in Mariazell ein. Eine dynamische

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Ötscher-Tormäuer zu besuchen. Dieser war zuvor im Zuge der nachhaltigkeitsorientierten Entwicklung der Region auf eine neue organisatorische Grundla- ge (Bätzing 2014, 252 f.) gestellt worden. Die von hier zugänglichen Hauptattraktion sind die meist klammartig ausgeformten Ötschergräben mit zahlrei- chen Wasserfällen, die auf einem z. T. auf die Zeit der Holztrift zurückgehenden Wegenetz zugänglich sind. Der Schluchtcharakter des Tales der Erlauf und ihrer Zubringer hängt mit der jungen Zerschneidung einer oberhalb der Schluchten noch gut erhaltenen Altland- schaft zusammen. Die spektakulären Landschaftsbil- Abb. 9: Josefsberg entwickelte sich als Wallfahrtsstation an der „Via der resultieren einerseits aus dem Aufbau der Talhän- Sacra“ auf einem früher Saurüssel genannten Sattel – Blick nach ge aus Trias-Dolomit (Bauer & Schnabel 1997) und Nordwesten zum Ötscher (Foto: Lieb) andererseits aus der auf die meisten Besucher/innen eindrucksvoll wirkenden Kulisse des aus Dachstein- kalk bestehenden Ötscher (1 893 m; knapp nordwestl. Entwicklung nahm Mitterbach jedoch erst mit der außerhalb der Karte; Abb. 9). Erschließung der Gemeindealpe (1 626 m): Wegen Die touristische Weginfrastruktur entstand suk- der schönen Aussicht, die mit der isolierten Lage und zessive nach dem Bau der Mariazellerbahn, der Na- großen Höhe des Berges in Verbindung steht, wur- turpark als einer der ersten Niederösterreichs bereits de 1913 eine Schutzhütte am Gipfel und zu dieser 1970. Es liegt hier also der Versuch vor, bewährte tou- schließlich 1956 ein Sessellift erbaut. Das so erschlos- ristische Angebote, in neuen Kontexten und auf zeit- sene Schigebiet war und ist anspruchsvoller als die gemäße Art inszeniert, wiederzubeleben. Dass diese übrigen der Umgebung, konnte aber ebenso wie die Landschaftsbilder bereits im frühen 19. Jh. Reisende Bürgeralpe nur mit Mühe der Konkurrenz der gro- begeisterten, sieht man indirekt am Namen des Aus- ßen Schigebiete widerstehen und wäre um ein Haar sichtspunktes „Kaiserthron“: Dieser erinnert an kai- stillgelegt worden (Lieb 2016, 31). Aktuell hat die serlichen Besuch bzw. an die auch an anderen Stellen Gemeindealpe nach der Übernahme durch die NÖ- der Karte ersichtliche Rolle von Adeligen als Trendset- VOG (Kap. 2.3) einen massiven Investitionsschub ter im frühen Tourismus. hinter sich, der in der Karte nur im Element der Im Gegensatz dazu liegt die alte, durch die Ein- „Rollerbahn“ indirekt sichtbar wird: So etwa sind tragung Wallfahrtskirche als solche erkennbare Wall- alle Schipisten nunmehr voll beschneit, am Gipfel ist fahrtsstation Josefsberg (1 012 m, Abb. 9) seit Jahren ein Panorama-Rundweg angelegt und das Terzerhaus im Dornröschenschlaf. Die Karte zeigt dies daran, dass (Abb. 7) wurde in zeitgemäßer Architektur mit um- nur ein Gasthof (der jedoch im Dezember 2015 auch weltfreundlichem Betrieb neu errichtet. Mit Schü- nicht mehr bestand) und die Liftanlagen als außer lerinnen und Schülern kann die Frage thematisiert Betrieb eingetragen sind. Hier liegt also ein Beispiel werden, warum die „Rettung“ einer solchen Destina- vor, dass die in den Kap. 3.1 und 3.2 schon angedeu- tion offenbar nur durch ein halböffentliches Unter- teten Krisen in der touristischen Entwicklung nicht nehmen möglich ist – bzw. welchen Sinn es machen überwunden werden konnten. Schüler/innen können könnte, dass das geschieht. die Gründe für den Niedergang dieses Schigebietes (geringe Größe, Konkurrenz, mangelnde Schneesi- 3.3 Wienerbruck und Josefsberg cherheit wegen geringer Höhenlage) selbst erarbeiten, interessant wäre aber auch, sie Ideen für eine Wieder- In Wienerbruck – der Name leitet sich von einer inwertsetzung von Josefsberg entwickeln zu lassen. Brücke an der „Via Sacra“ über die Lassing ab (Krug Hierzu ist anzumerken, dass zwei möglicherweise 2014, 171) – sticht im Kartenbild vor allem die Ein- genannte Lösungen nicht in Frage kommen: (i) Eine tragung „Naturparkzentrum Ötscher-Basis“ (samt Ausweitung des Schigebietes scheitert an den Besitz- Parkplatz und Informationsstelle) hervor. Hierbei verhältnissen (für das östliche Österreich typischer pri- handelt es sich um einen Gebäudekomplex (Abb. 8), vater Großwaldbesitz) und (ii) eine technische Lösung der erst im Vorfeld der Niederösterreichischen Lan- durch künstliche Beschneiung am Wassermangel im desausstellung 2015 errichtet worden war und bei die- Karst (Fehlen von Bächen; Kap. 2.3), der nur durch ser als einer von drei Hauptstandorten gedient hatte. unrealistische Investitionen behoben werden könnte. Die Besucher/innen bekamen hier nichts Museales zu sehen, sondern wurden animiert, den Naturpark

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4 Regionale Mensch-Mitwelt-Beziehungen (Bürger- und Gemeindealpe) ist vollzogen und an der Schwelle zur Zukunft ein zeitgemäßes Angebot für weitere Aktivitäten (von der Mountainbikestrecke bis zum Hoch- Unter Rückbezug auf das in Kap. 1 vorgestellte inte- seilgarten) wurde geschaffen; (iii) zumindest auf grative Konzept können als Synthese aus den in den niederösterreichischer Seite ist eine umfassende, Kap. 2 und 3 getätigten Interpretationen der Karte und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Regionalent- den hierzu gegebenen Hintergrundinformationen die wicklung im Vor- und Umfeld der Landesausstel- in Kap. 2.1 angesprochenen Wirtschaftsbereiche als lung 2015 eingeleitet worden (Details hierzu bei Handlungsfelder genannt werden, in denen die vor Ort Bätzing 2015). lebenden Menschen „in-der-Welt-agieren“. Aus der Sicht des Kompetenzmodells GW (BMBF 2012) bietet Hierin liegen aber auch Stolpersteine versteckt, etwa es sich an, diese mit Schülerinnen und Schülern unter jener Aspekt, auf den Jülg & Hofmayer (2009, 284) dem Aspekt von Zukunftsorientierung zu hinterfragen. mit Nachdruck aufmerksam gemacht haben: Die • Land- und Forstwirtschaft: Die in diesem Beitrag mangelnde Kooperation über die Landesgrenze zwi- nicht näher thematisierte Landwirtschaft hatte schen Niederösterreich und der Steiermark hinweg, seit jeher sowohl wegen des höhenbedingt nied- wie sie in einem föderal verfassten Staat wie Öster- rigen Temperaturniveaus und des überwiegend reich geradezu eine Notwendigkeit darstellt, ist einer steilen Geländes als auch – und vor allem – wegen dringend gebotenen gemeinsamen Lösung der anste- des daran nicht interessierten Großgrundbesitzes henden Probleme nicht eben förderlich – zumal das eine nur geringe Bedeutung. Demgegenüber kann Gebiet für beide Länder „am entferntesten Rande die Ressource Holz zu jenen Stärken des Gebietes ihres Verwaltungsgebietes“ liegt (Jülg & Hofmay- gerechnet werden, die seit Jahrhunderten relevant er 2009, 284). Immerhin: Das steirische Mariazell sind und dies auch in Zukunft bleiben dürften. profitiert von den Innovationen der Mariazellerbahn Die moderne Forstwirtschaft definiert sich zu- und hat als eine Außenstation auch an der Niederös- mindest in Europa stark über Nachhaltigkeit und terreichischen Landesausstellung teilgenommen, und Holz hat ein gutes Image, sodass hierin Zukunfts- Mitterbach in Niederösterreich kooperiert mit dem chancen liegen, jedoch unter der Einschränkung steirischen „Mariazellerland“ im Tourismus. einer nur geringen Zahl an daran gebundenen Die Herausforderungen für die Regionalentwick- Arbeitsplätzen. lung sind also mannigfaltig und werden mit dem hier • Industrie und Gewerbe: Darin waren und sind vorgestellten Konzept einer Karteninterpretation im die Möglichkeiten limitiert, was vor allem an den Lichte von „Mensch-Mitwelt-Beziehungen“ auch für für moderne Ansprüche ungünstigen Verkehrs- Schüler/innen der SII zumindest partiell erfahrbar. verhältnissen liegt. Spezialisierte Klein- und Mit- Die antidualistische Herangehensweise, speziell in telbetriebe, etwa in der Lebens- und Genussmit- Form der Betrachtung von „Schauplätzen“ (Kap. 3), telbranche (z. B. Lebkuchenproduktion, die in sollte sowohl im Sinne der Zukunftsorientierung als Mariazell wegen der Notwendigkeit zur Versor- auch des Basiskonzepts Mensch-Umwelt-Beziehun- gung wallfahrender Personen eine lange Tradition gen die Schüler/innen dabei unterstützen, „Lösungs- hat), werden aber auch in Zukunft ihre regiona- ansätze für die Sicherung und den Erhalt von Lebens- len Produkte erfolgreich vermarkten können. räumen, für die raumbezogene Planung und für die • Dienstleistungen: Wie in den meisten periphe- Politik“ (Bahr 2013, 23) zu identifizieren. ren Gebieten, so stellt auch in Mariazell und seiner weiteren Umgebung der Tourismus jenen Wirtschaftsbereich dar, an den sich die meisten 5 Literatur Hoffnungen der Bevölkerung knüpfen. Die Ver- gangenheit hat gezeigt, dass die Zahl der Gäste Bahr, M. (2013): Bildung für nachhaltige Entwicklung im Gebiet schon wesentlich größer als heute war (BNE). In: Rolfes M. & A. Uhlenwinkel (Hrsg.): Metz- und dass durch veränderte Nachfrage die aktuel- ler Handbuch 2.0 – Geographieunterricht: ein Leitfaden le Situation – in der Terminologie eines auf den für Praxis und Ausbildung. Braunschweig: Westermann, Tourismus angewandten Produktlebenszyklus 17–23. (Jülg 2001, 152 f.) – einem „Decline“ entspricht, Bätzing, W. (2014): Die Ötscherregion in den Nördlichen bei dem noch keineswegs sicher ist, ob die „Reju- Kalkalpen. Eine Landesausstellung als Initiator für die venation“ gelingen wird. Eine solche könnte sich dezentrale Aufwertung einer peripheren Alpenregion. auf folgende Säulen stützen: (i) Wallfahrts- und In: Berg 2015 (Alpenvereinsjahrbuch Zeitschrift 139), Pilgerwesen nehmen aktuell an Bedeutung zu; 244–253. (ii) der Relaunch zumindest zweier Schigebiete

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