Semper! Magazin 2014 / 15 Oper, Ballett, Staatskapelle, Junge Szene

6 Semper! Editorial 3 Aaron S. Watkin, Ballettdirektor Semperoper Ballett

Ob Wohnung, Haus oder Turm: Editorial Haushaltshilfen müssen angemeldet werden.

Denn wenn Ihrer Haushaltshilfe beim Rapunzeln jäten oder Turmzimmer Nicht nur den »Czar« beeindrucken wischen ein Unfall passiert, klettern die Unfallkosten schnell in die Höhe. Da hilft Ihnen auch kein Prinz mehr. Und wer auf Steuervorteile verzichtet, lebt sowieso hinterm Turm. Melden Sie Ihre Haushaltshilfe daher lieber an. Die Spielzeit 2014 / 15 brachte bereits viele aufregende Momente für das Semperoper Ballett mit sich: Im Februar dieses Jahres Märchenhaft einfach unter www.minijob-zentrale.de wurde die eigens für meine Company geschaffene Neukreation oder telefonisch unter 0355 2902 70799. »Tristan + Isolde« des britischen Choreografen David Dawson von Publikum und Presse mit Begeisterung aufgenommen. Und Begeisterung spürten wir auch während unserer internationalen Tournee, die uns in dieser Saison nach New York, St. Pölten, Paris, Barcelona und Antwerpen führte – im Gepäck: vier Werke des weltberühmten Choreografen William Forsythe. Mit einem weiteren Juwel aus dem Repertoire William Forsythes wollen wir Sie im Mai auch in Dresden beeindrucken. Unsere zweite Premiere dieser Spielzeit wird seine bahnbrech­ ende Choreografie »Impressing the Czar« sein, ein opulentes Handlungsballett ohne Handlung im eigentlichen Sinne, ein mit Witz und Ironie gespicktes Spiel mit den Konventionen des klassischen Balletts. Der Zar hätte sich »beeindruckt« gezeigt. Im Zentrum dieses Meisterwerkes, das wir am 22. Mai auf der Bühne der Semperoper zur Premiere bringen werden, steht »In the Middle, Somewhat Elevated« – eine Choreografie, die wir bereits seit 2006 im Repertoire des Semperoper Ballett haben. Ich bin sehr stolz, dass wir Ihnen nun den ganzen »Czar« präsentieren können und dass ich damit dem Profil meiner Company einen weiteren wichtigen Feinschliff geben kann, denn neben den Neukreationen einer jungen Choreografengene­ ration liegt mir die Pflege des Repertoires und der richtungs­ weisenden Choreografien des 20. Jahrhunderts besonders am Herzen. So dürfen Sie auch gespannt sein auf unsere Premieren der kommenden Saison, die wir Ihnen bereits Ende März vorgestellt haben. Neben der Uraufführung »3 by Ekman« des jungen Alexander Ekman wird »Manon« von Kenneth MacMillan auf unserem Programm stehen, ein Ballettklassiker, der in keinem Repertoire fehlen darf. Repertoirepflege ist uns auch in der Oper besonders wichtig. Erst vor wenigen Tagen feierte Axel Köhlers Neuinszenierung des »Freischütz« Premiere – ein Werk, das für die Geschichte der Semperoper von besonderer Bedeutung ist. Beim »Semper Open Air« auf dem Theaterplatz konnten Sie alle dieses Ereignis live miterleben, ein beeindruckender Abend in und vor der Semper­ oper, der lange in Erinnerung bleiben wird. Christian Thielemann dirigierte Carl Maria von Webers Romantische Oper – und mit Anton Bruckners 4. Symphonie, der »Romantischen«, wird er im Mai auch im 9. Symphoniekonzert am Pult der Sächsischen Staatskapelle Dresden stehen. Unter dem Titel »Romantische Seelenwelten« singt Weltklassebariton Christian Gerhaher außerdem Auszüge aus Bühnenwerken von Schubert und Wagner. Lassen Sie sich erneut von uns beeindrucken, wir freuen uns PARTNER DER SEMPEROPER UND auf Sie! DER STAATSKAPELLE DRESDEN Semper! Inhalt 5

Kultur beginnt im Herzen Inhalt jedes Einzelnen.

Semperoper Partner

Partner der Semperoper und Seite 6 Seite 30 der Sächsischen Staatskapelle Dresden semper secco Staatskapelle Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden Eine musiktheatralische Kolumne 9. & 10. Symphoniekonzert, PREMIUM PARTNER 6. Internationale Schostakowitsch A. Lange & Söhne Tage Gohrisch Seite 8 Projekt Partner Aktuelles Sparkassen-Finanzgruppe Sachsen Seite 38 Ostsächsische Sparkasse Dresden Neuigkeiten und Interessantes Kosmos Oper Sparkassen-Versicherung Sachsen aus der Semperoper LBBW Sachsen Bank Die Tischlerei oper.de Erhardt (Sponsoring) Erhardt

- Junges Ensemble Partner Seite 10 Radeberger Exportbierbrauerei GmbH Ballettpremiere Seite 41 Rätsel Ausstattungspartner »Impressing the Czar« Elena Vostrotina Rudolf Wöhrl AG »Kapelle für Kids«

646 sponsoring@semper Semperoper Junge Szene Partner Seite 16 Mitten hinein in die Dresdner Neustadt 11 Rudolf Wöhrl AG Partnerschaft führte uns der Fototermin für das Cover Seite 42 Die besonderen … Euroimmun AG Lübeck / Rennersdorf unseres neuen Semper!-Magazins. Ge- SCHAULUST Optik Choreografie der Zutaten und Aromen meinsam mit Elena Vostrotina, Erste Solis­ tin des Semperoper Ballett, warfen wir Kerzen in »Tosca« 645 F 0351 49 Semper Open Air Partner einen frischen Blick auf eine der Sehens­ 11

Falkenberg & Kakies GmbH + Co. Immobilien Seite 19 würdigkeiten der Stadt und wagten einen Semper Soiree Perspektivwechsel: Über dem Eingang des Seite 43 Nickel Fenster GmbH & Co. KG Szeneclubs Ostpol in der Königsbrücker GrüSSe aus … T 0351 49 Familienbande – Familienfehde Straße ziert – 2006 als Diplomarbeit der Platin Partner Dresdner Künstlerin Annekatrin Härtel ent­ Hongkong Ricola AG Werden Sie Partner! Informieren Sie sich bei Andrea Scheithe Sie sich bei Andrea Informieren Sie Partner! Werden standen – eine Kopie des Bogenschützen Seite 20 am Elbufer von Ernst Moritz Geyger das Silber Partner Wiederaufnahme bunte Neustadtleben. Einen Bruch mit dem Seite 44 Linde Engineering Dresden GmbH Bekannten und neue Perspektiven auf den Semper! Menschen Novaled GmbH »Nordic Lights« Tanz verspricht auch die nächste Premiere des Semperoper Ballett: Mit »Impressing Zehn Fragen an Tomislav Mužek Bronze Partner the Czar« hebt sich am 22. Mai 2015 in der KW BAUFINANZIERUNG GmbH Seite 24 Semperoper der Vorhang für eines der Prüssing & Köll Herrenausstatter Erinnerungen Meisterwerke William Forsythes, das die Seite 50 G.U.B. Ingenieur AG klassische Balletttradition kräftig durch­ Rezension eines Gastes Ein Operntagebuch hilft dem Gedächtnis schüttelt und förmlich kopfstehen lässt. Lederwaren Exclusiv Dresden GmbH Förderer Junges Ensemble auf die Sprünge »Die Brüder Löwenherz« IBH IT-Service GmbH compact tours GmbH Seite 28 Semperoper Ballett Partner Draufgeschaut Pomellato und Klassische Uhren Kretzschmar »Mise en abyme / Widerspiegelung« Exklusiver kulinarischer Partner bean&beluga Semper! Eine musiktheatralische Kolumne 6 Ralph Bollmann, Autor Eine fotografische Kolumne Matthias Creutziger, Fotograf Technischer Test verschiedener Lichtstimmungen für die aktuelle Produktion »Der Freischütz«

Geht es nach manchen Puristen, dann dass sich Oskar Lafontaine einst mit seiner nimmt in den Sommermonaten das Ver­ Hilfe an die SPD-Spitze putschte. hängnis wieder seinen Lauf. Landauf, Und natürlich hilft auch ein repräsenta­ landab beginnt die Festivalsaison. Es gibt tives Gebäude dabei, jeden Opernabend in Leute, die bringt schon das Wort »Fest­ ein Ereignis zu verwandeln – ganz gleich, spiele« in Wallung. Stadttheater, Staats­ ob es sich um ein historisches Haus han­ orchester, Landesbühne: Das ist für sie semper delt oder um moderne Architektur. Wer seriöse Kultur, das ganze Jahr über und einen nötigen Theaterneubau jahrzehnte­ mit festem Abonnement. Wozu braucht es lang verschleppt wie die Kommunalpoliti­ da, was für diese Kritiker das schlimmste secco ker im mecklenburgischen Rostock, der aller Schimpfworte ist: ein »Event«? produziert seine Opernkrise selbst. Machen wir uns nichts vor: Dieser Sorte Leute ähnlichen Zuschnitts lästern auch von Kunstfreunden kann es niemand recht gern über die Semperoper, das sei doch machen. Sie nörgeln einerseits, dass bei das Haus aus der Bier-Reklame. Ja, und? den Festspielen in Salzburg oder Bayreuth Wenn die Leute dann mit dem Bus nach nur die Schickeria unter sich sei. Sie Dresden fahren und hier in die Oper gehen, schimpfen andererseits, dass bei den vie­ weil der Werbeblock im Fernsehen sie ver­ len populären Sommerfestivals von führt hat: Dann hat davon niemand einen Schleswig-Holstein bis zum Rheingau nur könnte die Hochkultur gut verzichten. Schaden, weder die Touristen noch die Hinz und Kunz in die Konzerte kommt. Wenn es für den klassischen Musikbetrieb Dresdner – und erst recht nicht die Oper Man stelle sich vor: Es soll schon vorge­ wirklich eine Gefahr gibt, dann ist es die als Gattung. Die Pracht des äußeren Rah­ kommen sein, dass dort jemand zwischen Innova­tionsfeindschaft der Miesepeter. mens genügt dafür nicht, aber sie kann den Sätzen einer Symphonie geklatscht Das Wort »Event« ist ihnen ein Graus, nützlich sein. Damit aus jeder Vorstellung hat! dabei bedeutet es auf Deutsch schlicht wird, was sie im besten Fall immer sein Mal abgesehen von dem Widerspruch, »Ereignis«. Und was anderes als ein soll: ein Fest, ein Ereignis, ein »Event«. der sich zwischen den beiden Einwänden Ereignis sollte jeder Opern- oder Konzert­ auftut: Selbst wenn die Hypothesen abend im besten Fall denn sein? Wer den stimmten, was wäre daran schlimm? Festspielen ihren Eventcharakter vorwirft, Warum sollen nicht auch Leute mit viel der erklärt damit die Arbeit an den Stadt- Geld, die sonst eher selten in die Oper und Staatstheatern für grau – was sie oder ins Konzert gehen, im Sommer ihr natürlich überhaupt nicht ist. Ihr Erfolg Kunstverständnis schärfen – mit geringeren wächst mit der Fähigkeit, aus jedem Subventionen als im durchschnittlichen Abend etwas Besonderes zu machen. Das Stadttheater? Und was spricht dagegen, gilt nicht nur für Dresden und es gilt nicht den Handwerksmeister aus Pinneberg zu nur für die populären Stücke. In Stuttgart Mozart zu verführen, weil die Klavier­ war eine der begehrtesten Produktionen sonate am lauen Sommerabend in der der letzten Jahrzehnte Luigi Nonos »Al Scheune zur Aufführung kommt statt im Gran Sole«, in Berlin Darius Milhauds steifen Ambiente der Hamburger Musik­ »Christophe Colomb«. halle – auf die er womöglich gerade da- Öde Routine gibt es nicht, man macht durch Appetit bekommt? sie sich allenfalls selber. Wer jeden einzel­ Ralph Bollmann besuchte in einem Zeitraum Die Antwort, Sie werden es ahnen, lau­ nen Abend wie eine Premiere behandelt, von zwölf Jahren alle achtzig deutschen Opernhäuser und schrieb über seine Erlebnisse das viel gelobte tet: nichts. So wenig wie die Traditions­ wird vom Publikum dafür belohnt. Das Deutschlandbuch »Walküre in Detmold. Eine Entde- festivals in Bayreuth und Salzburg haben Publikum spürt die Wertschätzung, die ein ckungsreise durch die deutsche Provinz«. Der die jüngeren Festspiele den regulären Haus seiner eigenen Arbeit entgegenbringt studierte Historiker besuchte die Deutsche Journalis- tenschule in München. Danach arbeitete er viele Kulturbetrieb kaputtgemacht – ein Vor­ – und damit auch den Besuchern. »Nur Jahre für die »taz«, zuletzt als Leiter des Parlaments- wurf, den der westdeutsche Musikrat in wenn wir selbst begeistert sind, können büros. Seit 2011 ist er wirtschaftspolitischer den achtziger Jahren allen Ernstes erhob. wir auch andere begeistern«: Es tut der Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonn- tagszeitung mit Sitz in Berlin. Auf derlei selbsternannten Gralshüter Wahrheit dieses Satzes keinen Abbruch, Semper! Aktuelles 8

Aktuelles Rotes Sofa mit Gottfried Wagner Neues und interessantes aus der Semperoper Beim nächsten Kulturgespräch »Rotes Sofa« in den Richard-Wagner-Stätten Graupa wird der Musikwissen­ schaftler und Historiker Gottfried Wagner zu Gast sein und mit Moderator Michael Ernst über sein Buch »Du sollst Fotoausstellung keine anderen Götter haben neben mir. – Ein Minenfeld« sprechen. Der 1947 geborene Urenkel zum »Freischütz« im von Richard Wagner und Ururenkel von Franz Liszt rech­ Weber-Museum net darin mit unkritischem Wagner-Kult ab. Dieses nicht nur für Wagnerianer spannende Thema wird musikalisch von Céline Moinet, der Solo-Oboistin der Sächsischen Anlässlich der Neuinszenierung von Carl Maria Staatskapelle Dresden, begleitet. Am 24. Mai 2015 um 16 von Webers »Der Freischütz« an der Semperoper Uhr im Jagdschloss Graupa, rotes-sofa.org werden Fotos der Produktion in einer Ausstellung Scharf geschnitten, im Weber-Museum in Dresden-Hosterwitz gezeigt. Matthias Creutziger hält die atmosphärischen cool gezoomt Momente, die das Team um Regisseur Axel Köhler, Bühnenbildner Arne Walther und Kostümbildne­ rin Katharina Weissenborn kreiert hat, in seinen Seine Filmerfahrung merkt man Philipp Bildern fest. Die Ausstellung wird am 11. Juni Stölzls Inszenierung an: In Koproduktion mit 2015 um 18 Uhr mit einer Vernissage eröffnet, zu Internationales den Osterfestspielen Salzburg brachte der Junge Szene: der neben dem Fotografen auch Axel Köhler Regisseur, der unter anderem die Spielfilme erwartet wird. Bis zum 17. September sind die Tanzfestival Dresden »Der Medicus« und »Nordwand« drehte, die Das neue Jahresheft Fotos zu den regulären Öffnungszeiten und Ein­ veristischen Opern »Cavalleria rusticana« und ist da! trittspreisen des Museums zu besichtigen. »Pagliacci« als Doppelabend auf die Breit­ Matthias Creutziger, seit 2003 als Theaterfoto­ Vom 19. Juni bis 8. Juli 2015 findet in der Semper­ wandbühne des Festspielhauses in Salzburg. graf an der Semperoper engagiert, ist seit 1983 oper Dresden, in HELLERAU – Europäisches Zen­ Blenden vor aufeinander gestapelten Guck­ Begeistern, erläutern, diskutieren, verzaubern – mit der Staatskapelle Dresden verbunden und trum der Künste und im Staatsschauspiel Dresden kästen gingen auf und zu, Kameras zoomten dies und noch viel mehr will die Semperoper legt den Schwerpunkt seiner Arbeit auf Theater-, ein Internationales Tanzfestival statt, bei dem einzelne Handlungsstränge und Gesichter Junge Szene mit ihren speziell für junge Konzert- und Jazzfotografie. Dabei rückt er den renommierte Ensembles zu erleben sein werden. heran und erzählten mit dieser Schnitttechnik Zu­schauer, Eltern, Lehrer und Erzieher zuge­ Blick des Betrachters stets in die intime Nähe des Mit dabei sind neben dem Semperoper Ballett mit die Eifersuchtstragödien beider Stücke auf schnittenen Angeboten. Nun ist das Jahresheft für Betrachteten. Seine Fotografien werden regelmä­ den Produktionen »Schwanensee«, »Impressing mehreren Ebenen gleichzeitig. »Das bewegte die Saison 2015 / 16 der Jungen Szene erschie­ ßig ausgestellt und in internationalen Büchern, the Czar«, »Tristan + Isolde« und »Nordic Lights« Bild und das inszenierte Tableau erweisen nen, das Auskunft über die Premieren gibt und Zeitschriften und Zeitungen sowie Kalendern ver­ unter anderem die Batsheva Dance Company aus sich als kongeniale Mittel, um den Verismus über das umfangreiche musiktheaterpädagogi­ öffentlicht. Tel Aviv, die Company Rosas der belgischen der Handlung, der prinzipiell im Widerspruch sche Programm. Mitmachangebote für Kinder, Choreo gr­ afin Anne Teresa De Keersmaeker und steht zum schönen Schein der Oper, mit Jugendliche, Familien und Lehrer finden sich in der belgische Choreograf Alain Platel mit seiner bedrängender Unmittelbarkeit abzubilden dem liebevoll gestalteten Heft ebenso wie inter­ Choreografie »Tauberbach«. und dennoch künstlerisch zu überformen«, aktive Formate und natürlich Beschreibungen der Für das Internationale Tanzfestival hat die urteilte die Neue Zürcher Zeitung. »Virtuos ist Premieren und der Repertoire-Stücke der Jungen Semperoper­ Dresden ein spezielles Tanz-Abonne­ das von Stölzl durchgearbeitet, hochpräzise, Szene. Das Jahresheft liegt ab sofort in der ment aufgelegt, mit dem bei Buchung von vier dicht, staunenerregend in seiner Wirkung«, Schinkel­wache am Theaterplatz aus und ist auf Vorstellungen in der Semperoper innerhalb des befand auch der Münchner Merkur. 2016 semperoper.de einzusehen. Terminänderung Tanzfestivals die Karten für diese Vorstellungen kommt die gefeierte Produktion an die Semper­ mit rund 50 Prozent Ermäßigung erworben wer­ oper Dresden, Premiere ist am 16. Januar. Lehrerinformationstag den können. Darüber hinaus bietet ein spezielles Christoph Pohl, Veronica Cangemi, Sonia Festivalangebot in Kooperation mit HELLERAU Ganassi, Valdimir Galouzine und Teodor Ilincai weitere Ermäßigungen. werden unter anderen in Dresden zu hören sein. Achtung! Der Lehrerinformationstag für die Spielzeit 2015 / 16 wurde vorverlegt und findet Detaillierte Informationen zum Tanzfestival nun bereits am 5. Juni 2015 um 16 Uhr statt. Eine inklusive aller Angaben zum Ticketverkauf finden sich in einem Programmflyer und auf den vorherige Anmeldung ist erforderlich. jeweiligen Websites der beteiligten Bühnen.

Informationen und Anmeldung unter: [email protected] Semper! Premiere »Impressing the Czar« 11 Stefan Ulrich, Autor Johan Persson / ArenaPAL, Fotograf

Was auch den Zaren beeindruckt hätte

William Forsythes »Impressing the Czar« – exklusiv in Dresden, getanzt vom Semperoper Ballett

Karina Jäger-von Stülpnagel, Jim De Block und Helen Pickett in »Impressing the Czar« Semper! Premiere »Impressing the Czar« 12 Stefan Ulrich, Autor Angela Sterling, Fotografin

Zu klassisch-bewegten Klängen aus Ludwig van Beethovens Auf den Spuren des Zaren Streichquartett Nr. 14 öffnet sich die Bühne – opulente Kostüme, goldprunkende Requisiten, historische Bilder im Hintergrund, Einer der Hauptrepräsentanten inmitten des Transformations­ gestenreiche Interaktionen zwischen Tänzern; dieser Abend prozesses, der Ballett zur »dynamischen Kunstform« werden verspricht ein stolzes Handlungsballett zu werden, das noch den ließ, findet sich in »Impressing the Czar«: Vieles scheint wie Atem seiner vitalen Tradition des 19. Jahrhunderts verströmt. früher, Elemente der »guten alten Zeit« tauchen auf, doch nichts Aber wo bleibt die Handlung, die uns bitte erzählt werden will? ist mehr, wie es war, dem Handlungsballett fehlt die Handlung Uns dämmert es langsam. Der anfängliche Schein trügt. Es und die thematisierte Kunst- und Ballettgeschichte nimmt sich hätte doch alles so schön werden können … Wirklich keine nur noch ernst, indem sie mit sich selbst Scherze treibt. Geschichte? Mehr als das: Denn was wir sehen, ist alles Der 1. Teil »Potemkins Unterschrift« sieht nach tiefer Bedeutung Geschichte – nämlich die Historie des Abendlandes, die uns aus, aber schnell entpuppt sich alles als Show, als Oberfläche: wie durch magische Spots erhellt im Zeitraffer durcheinander­ das Spiel, die Gesten, die Posen der Tänzer, die Kostüme, das gewürfelt, ironisch gebrochen und mit Komik versetzt präsen­ ganze Setting. Alles wird Fassade, die so tut, als sei sie Drama. tiert wird. Und auch das klassisch-zaristische Handlungsballett So, wie dies wie ein ironischer Bezug zum 1. Akt eines klassi­ scheint sein Fett wegzubekommen, die elitäre Großform, die sches Handlungsballetts wirkt, scheint sich auch der 2. Teil »In bis heute gerne als Maß aller ballettösen Dinge herangezogen the Middle, Somewhat Elevated« mit einem weißen, aktions­ wird. »Eine Persiflage jagt die andere. Zuerst soll das klassi­ armen Akt eines zaristischen Balletts in Beziehung zu setzen. In sche Renaissance-Ballett, das gewohnt ist, würdevoll in absoluter Konzentration auf den reinen Tanz basiert dieser rauschenden Seidenkostümen vor dem Zaren aufzutreten, in Teil auf einem gleichnamigen Ballett, das Forsythe ein Jahr vor seinen tänzerischen Bewegungen zu Beethovens Musik kritisch »Impressing the Czar« zu Thom Willems’ kraftvoll-elektronischen aufs Korn genommen werden, dann sind es die renommierten Klängen im Auftrag von Rudolf Nurejew für das Ballett der lebenden Figuren von klassischen Brettspielen, die sich Pariser Opéra schuf. Es machte den Choreografen weltberühmt. selbsttätig bewegen und aus den ihnen zugeordneten Rollen Mit dem 3. Teil »La Maison de Mezzo-Prezzo« scheint der fallen. Alles scheint in Bewegung und nichts ist so, wie es nichtexistente Handlungsfaden wiederaufgenommen zu sein. sein sollte. Jedoch genau dies will das moderne Publikum von Spielte der Beginn von »Impressing the Czar« mit der Kultur­ einem modernen Tanz-Ensemble. Die Revolution des Tanzes geschichte, so werden nun deren kümmerliche Reste in einer frisst ihre Kinder!« Was Eva Riebler in ihrer Kritik zum Gast­ Auktion versteigert – zum halben Preis: mezzo-prezzo eben. spiel des Koninklijk Ballet van Vlaanderen in St. Pölten im Jahr Überflüssiges wird einfach eliminiert. Es wird also aufgeräumt 2011 über William Forsythes »Impressing the Czar« mit und Platz gemacht: Auf den Trümmern der alten Geschichte »Zerstör­ en wir das Klischee« übertitelte, dokumentiert Forsy­ lässt sich Neues entwickeln. Alles, was Arme und Beine hat, thes Rolle, geliebte Balletttraditionen über den Haufen zu versammelt sich zum 4. Teil »Bongo Bongo Nageela«, uniformiert werfen. wie englische Collegegirls, zu einem MTV-Clip-artigen Reigen – rasant und doch in choreografisch strenger Formation. Dies William Forsythe, alles scheint unverschämt neu. Doch könnte der verblichene der Spieler mit Geschichte Zar heimlich aus seiner Loge das Spektakel verfolgen, so würde er sich vielleicht denken, dass die Bezüge zu seiner alten Seit Beginn der Ära von Aaron S. Watkin als Ballettdirektor geliebten Ballett-Zeit immer noch deutlich durchschimmern. des Semperoper Ballett vor über neun Jahren ist der Ballett­ Denn so wild und modern der letzte Akt auch ist, ein »weißer revolutio­när William Forsythe eng mit der Company ver­ Akt« des klassischen Handlungsballetts scheint hier Pate bunden: Fast jede Spielzeit kamen seine Werke neu auf den gestanden zu haben. Spielplan, so dass das Forsythe-Repertoire über die Jahre anwuchs – bislang bekrönt von »Ein William Forsythe Ballett­ Wie es gemacht wird – abend«, der ausschließlich Werke des choreografischen Über den Humor, der nicht ins Ausnahmetalentes vereint. Der Wanderer zwischen den Welten Lächerliche umschlagen darf wuchs in New York auf, tanzte mit dem Joffrey Ballet und wechselte ans Stuttgarter Ballett, dessen Hauschoreograf er »Impressing the Czar« kommt ans Semperoper Ballett. Zwischen 1976 wurde. 1984 begann seine zwanzigjährige Tätigkeit als technischen Einrichtungen und Beleuchtungsproben findet Direktor des Ballett Frankfurt. In diese Zeit fällt auch »Impressing Kathryn Bennetts, Produktionsdirektorin von »Impressing the the Czar« (Uraufführung Frankfurt 1988). Nach Auflösung der Czar«, Zeit, über ihre langjährigen Erfahrungen mit diesem Company im Jahr 2004 formierte Forsythe ein neues, unabhän­ ganz speziellen Werk zu sprechen. Nach ihrer Tänzerkarriere giges Ensemble: The Forsythe Company GmbH mit festen in Australien und beim Stuttgarter Ballett war Kathryn Bennetts Spielstätten in Dresden und Frankfurt am Main sowie internatio­ für fünfzehn Jahre Ballettmeisterin des Ballett Frankfurt bei nalen Gastspielen. William Forsythe, bis sie im Jahre 2005 für sieben Jahre Ballett­ Forsythes Werke sind dafür bekannt, die Praxis des Balletts direktorin des Koninklijk Ballet van Vlaanderen in Antwerpen aus der Identifikation mit dem klassischen Repertoire gelöst wurde. Nach Frankfurt war die dortige Company die erste, die und zu einer dynamischen Kunstform des 21. Jahrhunderts »Impressing the Czar« tanzte, wie sich Kathryn Bennetts transformiert zu haben. Sein tiefgreifendes Interesse an erinnert: »Kaum in Antwerpen begonnen, brachte ich schon im organisatorischen Grundprinzipien hat ihn dazu geführt, ein Dezember 2005 ›Impressing the Czar‹ mit meiner Company breites Spektrum von Projekten in den Bereichen Installation, heraus. Es wurde ein riesiger Erfolg. Mit diesem Ballett wurden Film und internetbasierte Wissensentwicklung zu realisieren. wir über die nächsten sieben Jahre, die ich in Antwerpen Ballettdirektorin war, immer wieder eingeladen. Und so tourten Elena Vostrotina und Raphaël Coumes-Marquet in »In the Middle, Somewhat Elevated«, 2. Teil von »Impressing the Czar« Semper! Premiere »Impressing the Czar« 14 Stefan Ulrich, Autor Semper! Premiere »Impressing the Czar« 15 Carolin Ströbel, Interview Johan Persson / ArenaPAL, Fotograf Ian Whalen, Fotograf

Auf dem Gerade standen Sie noch als Odette / Odile in »Schwanensee« und als Myrtha in »Giselle« auf der Bühne der Semperoper. Auch Forsythes »Czar« William Forsythe wird als Handlungsballett bezeichnet, doch es fehlt IMPRESSING THE CZAR die klassische Geschichte. Ermöglicht Ihnen die Cover aktuelle Probenarbeit einen neuen Blick auf die Ballett in vier Teilen bekannten Ballettstoffe?

Choreografie William Forsythe Ich glaube nicht, dass ich dadurch eine besondere Musik Thom Willems, Elena Vostrotina oder andere Sicht auf die bekannten Ballettstoffe Leslie Stuck, Eva Crossman-Hecht, bekomme. Es sind einfach völlig unterschiedliche Ludwig van Beethoven Geschichten. William Forsythe erzählt zwar keine klas­ Bühnenbild & Licht Michael Simon, sische Handlung im eigentlichen Sinn, wie wir sie in William Forsythe »Schwanensee« oder »Giselle« erleben, aber er erzeugt Kostüme William Forsythe, trotzdem beim Zuschauer – und bei mir als Tänzerin – Férial Münnich (Teil 1,3 & 4) sehr starke Emotionen und berührt unmittelbar. Er Text William Forsythe, erzählt in seinen Werken so viel mehr als eine einfache Richard Fein, Geschichte, er erzählt vom Leben selbst … Kathleen Fitzgerald Produktionsdirektion Kathryn Bennetts Was bedeutet das für Sie beim Tanzen? Assistenz der Produktionsdirektion Rebecca Gladstone Ob ich nun in Forsythes Werken oder in klassischen Einstudierung (Teil 1, 3 & 4) Kathryn Bennetts, Partien auf der Bühne stehe, ob ich »Impressing the Alan Barnes, David Kern, Helen Pickett, Czar« tanze oder Schwan bin, es bin immer ich, die Ana Catalina Roman als Tänzerin auf der Bühne steht. Ich fülle die jewei­ Einstudierung (Teil 2) Laura Graham lige Partie mit Leben, ich denke, das ist das Wich­ Jim De Block und Helen Pickett in »Impressing the Czar« tigste. Semperoper Ballett Musik vom Tonträger Sehen Sie durch die Beschäftigung mit einer bestimmten Partie – ob nun klassisch oder modern – wir damit durch die Länder dieser Erde, waren in Paris, London, Premiere Dinge in Ihrem Alltag aus einem anderen Blick­ Moskau, New York und Shanghai, um nur einige Stationen zu 22. Mai 2015 winkel? nennen. Der Erfolg war phänomenal. Insgesamt haben wir ›Czar‹ bestimmt 160 bis 180 Mal gezeigt.« Entsprechend umfassend Vorstellungen Als Tänzerin nimmt man immer einen Teil seiner ist die Kenntnis über dieses Forsythe-Ballett. Höchst charmant, 25., 27., 28. Mai, 5., 8. Juni, Arbeit mit nach Hause. Wenn von mir in einer für mit einem souveränen Lächeln, macht die Australierin darauf 5. Juli & 9., 11., 17. September 2015 mich neuen Choreografie beispielweise etwas ver­ aufmerksam, worin die Tücken des Werkes liegen: »Ich kenne Karten ab 8 Euro langt wird, das ich so noch nie zuvor gemacht habe, dieses Stück nach den vielen Jahren von allen Seiten. Es ist etwas, das mich richtig fordert, dann suche ich in empfindlicher, als es vielleicht scheinen mag. Meine Aufgabe Kostenlose Werkeinführung meinem Alltag nach Beispielen. Forsythes Werke sind ist es, stets daran zu arbeiten und aufzupassen, dass es seine jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn immer eine besondere Herausforderung. Um seine im Foyer des 3. Ranges dramaturgische Form wahrt. Der 1. Teil zum Beispiel besticht Partien ausfüllen zu können, muss man auch im täg­ durch seinen humorvollen Charakter. Die Aufgabe ist es, lichen Leben stets die Augen nach Beispielen offen dem Lustigen seine Leichtigkeit zu bewahren, es aber nicht zu Projekt Partner: halten – das hilft sehr. Andererseits ist es aber auch veralbern – darauf passe ich auf. Auch der 3. Teil ist ›tricky‹: Sparkassen-Finanzgruppe Sachsen so, dass man den eigenen Alltag immer auch ein Ostsächsische Sparkasse Dresden Eigentlich handelt es sich um ein Schauspiel. Die Tänzer sind Sparkassen-Versicherung Sachsen Stück weit mit auf die Bühne nimmt. Objekte, die versteigert werden … Man muss sehr aufpassen, LBBW Sachsen Bank dass der Bogen des Humors nicht überspannt wird. Und auch Ein Handlungsballett ohne Handlung, ist das Sie kamen 2006 mit dem von Aaron S. Watkin neu der letzte Teil ist sehr komplex. Die tanzenden ›katholischen Mit freundlicher möglich? Forsythes »Impressing the Czar« entpuppt sich formierten Semperoper Ballett nach Dresden. Haben Schulmädchen‹ vereinen eine Frechheit in sich, die aber nicht Unterstützung der Stiftung zur Sie eine ganz persönliche Perspektive auf die Stadt? Förderung der Semperoper ins Lächerliche umschlagen darf. Witz auf der Bühne muss als freches Spiel mit Tanzkonventionen und neuen einfach sitzen, sonst wird er flach.« Blicken auf das klassische Ballett: Witz und Ironie bahnen Meine Wohnung hier in Dresden ist im 4. Stock unter Nach der Premiere des Semperoper Ballett wird Kathryn dem Dach. Von dort habe ich einen wunderbaren Bennetts regelmäßig zu den Vorstellungen nach Dresden sich ihren Weg und schütteln die Balletttradition Blick über die Stadt, der ganz persönlich ist und mir kommen, um die Energie und das Spezifische der einzelnen einmal kräftig durch … sehr viel bedeutet. Wenn ich von meinem Fenster Teile in den Tänzern wachzuhalten, damit der »Czar« seine über die Dächer blicke und die Spitzen der Kirch­ Richtung behält – eine Produktionsdirektorin, die den Odem des türme sehe, scheint es so, als würde sich Dresden für »Czar« aufgesogen hat und ihn mit Leidenschaft weitergibt. mich öffnen. Semper! Partnerschaft 16 Carolin Ströbel, Interview Matthias Creutziger, Fotograf Choreografie der Zutaten und Aromen

Kulinarisch Beeindruckendes für den »Czar«

Herr Watkin, die Werke von William unterschiedlich. Leichte Kost ist sehr gut: war sehr inspirierend. Ich notiere mir Forsythe sind ein wichtiger Bestandteil im viel Gemüse, Fisch, Hühnchen … Ich per­ diese Anregungen aber nie, denn was gut Repertoire des Semperoper Ballett. Wie sönlich esse wenig Fleisch, aber sehr ist, das bleibt im Gedächtnis. Irgendwann eine wichtige Zutat in Ihrem künstlerischen gerne Fisch. kommt dann die Zeit, in der wir eine neue Konzept. Warum haben Sie nun »Impres­ Speisekarte schreiben. Da erinnere ich sing the Czar« für Dresden ausgewählt? Kochen Sie gerne, Herr Watkin? mich wieder und setze die Inspirationen in meinem Restaurant um. Außerdem komme Aaron S. Watkin Ich glaube, das ist eine Ent­ Aaron S. Watkin Ja, ich liebe es zu kochen, vor ich aus einer sehr klassischen Schule und wicklung, die sehr natürlich ist. Forsythe allem für Freunde. Das ist unglaublich ent­ habe jahrelang im Schwarzwald bei Harald choreografierte zuerst den Mittelteil »In spannend. Eines meiner nächsten Ziele Wohlfahrt gearbeitet. Dort wurde ich sehr the Middle, Somewhat Elevated« für das wird es auf jeden Fall sein, mehr über das stark geprägt, was den Geschmackssinn Ballett der Pariser Oper. Zurück in Frank­ Kochen zu lernen, zum Beispiel über die und die Harmonie der verschiedenen Pro­ furt hat er dann den gesamten Abend für orientalische, die indische und die thailän­ dukte betrifft. Das ist meine Grundlage. seine Company kreiert. Auch wir haben dische Küche. Aber mein Favorit ist die 2006 zuerst mit dem Einzelteil angefangen. italienische Küche. Das hat sicher auch mit Das Ballett basiert auf den klassischen Der »Czar« ist eines der größten Ballette meinem Teil der Familie in Sizilien zu tun, Grundpositionen, die in einer Choreografie von Forsythe – Tanz, Schauspiel und wo gutes Essen eine sehr große Rolle variiert und interpretiert werden. Gibt es Gesang verschmelzen darin zu einem gro­ spielt. auch in der Sterneküche solche Grundre­ ßen Theaterstück. Ein Ensemble muss sich geln, die bei der Zusammenstellung eines erst entwickeln, um solch ein enormes Und gibt es auch den Tänzer in Ihnen, Herr Gerichtes immer beachtet werden müssen? Werk meistern zu können. Meine Company Hermann? hat in den vergangenen Jahren sehr viel Stefan Hermann Ja, man spricht eigentlich Erfahrung mit Forsythe-Werken gesam­ Stefan Hermann Leider nicht, nein. Ich bin ein immer von einer Hauptkomponente, um melt und ist nun bereit dazu. schlechter Tänzer. Aber was mir wirklich die sich alles dreht. Auf diese Basis baut gefällt, ist der Tanz auf der Bühne. Wenn man dann auf, oft mit drei weiteren Neben­ Wir haben Sie, Herr Hermann, gebeten, ich ins Theater gehe, wähle ich meistens komponenten. »Impressing the Czar« als Inspirations­ Ballettvorstellungen aus, das ist einfach quelle für Ihr Gericht zu nehmen. Wie superschön. Ich könnte mir »Schwanen­ Es wird ja häufig der Begriff der beeindrucken Sie den »Czar« heute? see« jedes Jahr mehrmals anschauen, und Geschmackskomposition verwendet. »Der Nussknacker« gehört für mich zu Könnte man auch von einer Choreografie Stefan Hermann Ich habe etwas Frühsommer­ Weihnachten einfach dazu. beim Kochen sprechen? lich-Leichtes kreiert, denn mir war es Kreative Zusammenarbeit: Sternekoch Stefan Hermann und Ballettdirektor Aaron S. Watkin in der Küche des »bean & beluga« wichtig, das Opulente und die Schwere des Wenn nicht gerade ein Ballett Pate steht, Aaron S. Watkin Ich finde das sehr passend – Stückes nicht zu betonen, sondern in die wovon lassen Sie sich sonst inspirieren? eine Choreografie der Zutaten und Aro­ aktuelle Saison zu transportieren. Es gibt men! einen Saibling aus der Region, mariniert Stefan Hermann Es ist ein gesunder Mix aus mit Wodka, um die russische Thematik auf­ verschiedenen Dingen: Wenn ich essen Stefan Hermann Ich auch. Neben dem Seit 2006 ist Aaron S. Watkin Ballettdirektor des Semperoper Ballett, das sich unter seiner zugreifen. Dazu einen leichten Salat aus gehe und etwas Neues sehe, das mir Geschmack ist die Optik sehr wichtig, und Leitung zu einer Company von Weltformat entwickelt hat und internationales Ansehen saisonalen Wildkräutern mit Kalamansi, gefällt, dann behalte ich das natürlich gerade das Anrichten auf dem Teller hat Brunnenkressepürée und Sauerrahm. Per­ immer im Hinterkopf für meine eigenen viel mit Choreografie zu tun. genießt. Ein Jahr später eröffnete Stefan Hermann sein Gourmetrestaurant »bean & beluga« in fekt für Tänzer! Saiblingskaviar wäre even­ Kreationen. Aber die meisten Inspirationen Dresden. Bereits im ersten Jahr wurde er mit einem Michelin-Stern und 17 Punkten im Gault- tuell noch eine gute Ergänzung, um das bekomme ich im Urlaub. Man schaltet run­ Das Gericht wird von »bean & beluga« als Russische weiter zu unterstreichen. ter, lernt Neues und Fremdes kennen, läuft Pausenarrangement in der Semperoper bei allen Vorstellungen von »Impressing the Czar« im Mai, Millau ausgezeichnet. Spitzenqualität, Perfektion und Kreativität sind für den Küchenchef und über tolle Märkte auf der ganzen Welt, Juni und Juli 2015 angeboten. den Ballettchef das A und O ihrer täglichen Arbeit – in der Sterneküche und im Ballettsaal der Wie wichtig ist frische und gute Küche für riecht und schmeckt neue Gewürze, lernt Tänzerinnen und Tänzer? unbekannte Gemüse- und Obst-Sorten Semperoper. Von der bevorstehenden Ballettpremiere »Impressing the Czar« ließ sich Stefan oder generell Zutaten kennen, die das Hermann zu einem Gericht inspirieren und lud Aaron S. Watkin in seine Küche ein. Aaron S. Watkin Sehr wichtig! Aber wie sich Bekannte enorm bereichern … Ich war jeder Tänzer im Einzelnen ernährt, ist völlig kürzlich in Kambodscha und Vietnam, das Semper! Partnerschaft 18 Semper! Soiree 19 Valeska Stern, Autorin

Rezept Familienbande – Familienfehde Impressing the Czar: Saibling · Kalamansi · Brunnenkresse

Der etwas andere Familien- ausflug IN DIE SEMPEROPER

Saibling Es ist Pfingstsonntag. Die Frühstücks­ seln ähnelnde Mädchen, deren gleiche auch in die verschiedensten Blickwinkel 1 kg Saibling croissants sind verspachtelt, die Zeitung Gesinnung schließlich sogar bis zum Lieb­ und musikalischen Interpretationen der 35 g Kalamansipüree zur Genüge gelesen, das Radioprogramm haber reicht. Sein Förderer und Kontrahent dehnbaren Familienbande versetzt. Frei 60 ml Geflügelfond erschöpft – kurz: Nichts trennt einen noch wiederum war es, der nach dem kindlichen Rollenspiel: Vater, 50 ml Champagneressig von dem Feiertagsausflug mit der Familie. mit dem »Familiengemälde« ein Mutter, Kind – wer willst Du heute sein? 5 Wach­olderbeeren Doch wohin soll es gehen, nachdem durch typisches Generationenporträt zeichnete: 1 Lorbeerblatt das noch nicht so weit zurückliegende »Großvater und Großmutter, / Die saßen im 3 Thymianzweige Osterfest und den gerade erst absolvierten Gartenhag, / Es lächelte still ihr Antlitz, / 2 Zehen Knoblauch Mutter- und Vatertag die beliebtesten Wie sonn’ger Wintertag. / Die Arme ver­ 3 Stangen Zitronengras Ziele bereits erschöpft sind? Die Oper ver­ schlungen, ruhten / Ich und der Geliebte 3 Schalotten fein geschnitten schafft Abhilfe und lockt passend zum dabei, / Uns blühten und klangen die Her­ 50 g Sauerrahm Familienfest mit einer thematischen zen / Wie Blumenhaine im Mai.« 100 ml Limonenöl Punktlandung: der Semper Matinee Den Schumann’schen Gedanken der kleiner Bund Schnittlauch »Familienbande – Familienfehde«. Anstatt Generationengegenüberstellung aufgrei­ 80 g brauner Zucker mit den eigenen Onkeln und Tanten die fend, verbindet auch die Semper Matinee Einladung Salz Probleme von Cousine X oder die Erfolge die unterschiedlichen Positionen einer Zum 2 cl Wodka von Schwester Y durchzukauen, bieten Familie. So wie wir im Laufe des Lebens Familienausflug zu Pfingsten Richard Strauss, und schneller als erwartet vom umsorgten Den Saibling filetieren, entgräten, zurecht­ Hugo Wolf spannende Einblicke in ihre Kleinkind zum Partner, zu Eltern und schneiden und in gleich große Stücke por­ bucklige Verwandtschaft. schließlich zum Stammesältesten werden, tionieren. Das Kalamansipüree, den Geflü­ Wussten Sie zum Beispiel, dass Leonard nimmt auch der Zuschauer unter der musi­ gelfond und den Champagneressig mit den Bernsteins Tochter Jamie ihren Vater »eine kalischen Leitung von Clemens Posselt Schalotten und den angedrückten Gewürzen schier unerträgliche Nervensäge« nannte beständig variierende Perspektiven ein. Im sowie dem Zitronengras aufkochen und oder Pauline de Ahnas Eltern mit ihrem einen Moment sieht er mit Bernsteins 30 Minuten ziehen lassen. Danach passieren erwählten Ehemann Richard Strauss kei­ Zyklus­ »I hate music« die Welt noch aus und mit Sauerrahm und Limonenöl emul­ neswegs einverstanden gewesen waren? den Augen eines Kindes, nur um sich im gieren. Nach Belieben mit Wodka aromati­ »Sein Vater sitzt ja noch im Orchester!«, nächsten Augenblick schon in »Bonne cui­ sieren. Schnittlauch in sehr feine Röllchen Wildkräutersalat Brunnenkressepürée soll Paulines Vater, ein bayerischer Gene­ sine« kochlöffelschwingend am Herd wie­ SEMPER SOIREE (als Matinee) schneiden. Saibling mit einem Teil der 300 g gemischte Wildkräuter 250 g Brunnenkresse blanchiert ral, geschimpft haben – anscheinend galt derzufinden. In Schumanns »Liedern der Familienbande – Familienfehde Vi naigr­ ette marinieren und lauwarm stellen (z.B. Vogelmiere 75 g Brunnenkresse roh ein Orchestermusiker in seinen Augen Braut« bereitet er sich auf seine Hochzeit Zu Besuch bei der buckligen (15 Minuten bei 70 °C). Die restliche Vinai­ Giersch 200 g Knollensellerie gerade einmal als besserer Lakai. Doch vor, bevor er in einer Reihe von Wiegenlie­ Verwandtschaft grette mit dem Schnittlauch mischen und Wildkerbel 110 g Sauerrahm Pauline ließ sich nicht beirren, hielt an dern singend am Bett des Kindes sitzt oder beiseite stellen. Ackerhellerkraut 150 g Blattspinat ihrem Bräutigam fest und wurde mit den der plötzlich erdrückenden familiären Musikalische Leitung und Klavier Rauke Salz Meisterliedern Opus 39 als Hochzeitsgabe Enge mit Ralph Vaughan Williams’ »Songs Clemens Posselt Taubnessel weißer Pfeffer belohnt – ein Zyklus, dessen Hits wie of Travel« entflieht. Moderation Valeska Stern Brennnessel 1 Mesp. Xanthan (z.B. über Bos Food) »Befreit« unsterblich geworden sind. Weni­ Zusammen mit den Ensemblemitglie­ Sauerrahm weiße Melde ger Glück in Sachen Familie dagegen hatte dern Christina Bock, Emily Dorn, Carolina Mit Christina Bock, Emily Dorn, 150 ml Sauerrahm Ackerveilchen) Brunnenkresse, Sellerie, Sauerrahm und Johannes Brahms, dessen gar nicht so Ullrich, Timothy Oliver, Christoph Pohl und Carolina Ullrich; Timothy Oliver, etwas frisch gepresster Zitronensaft Spinat in einem Mixer kräftig mixen und heimliche Liebe zu Clara Schumann uner­ Sebastian Wartig begibt sich der feiertäg­ Christoph Pohl, Sebastian Wartig* Salz und Pfeffer Die Wildkräuter gut waschen und evtl. durch ein Haarsieb streichen. Mit Salz und widert blieb. Vielleicht widmete er deshalb liche Besucher so auf einen Familienaus­ grobe Stiele entfernen. Auf ein Tuch zum Pfeffer würzen und mit dem Xanthan bin­ seine familiären Gedanken lieber der flug der ganz anderen Art, der ihn nicht 24. Mai 2015, 11 Uhr Alle Zutaten mit dem Schneebesen oder Trocknen legen und kurz vor dem Anrich­ den. Geschwisterliebe – mit seinem Duett »Die nur zu den unterschiedlichsten Komponis­ Karten zu 12 Euro (Jugendliche 6 Euro) Handmixer kräftig aufschlagen. ten mit der restlichen Vinaigrette mischen. Schwestern« über zwei sich zum Verwech­ ten und ihren Geschichten führt, sondern * Mitglied im Jungen Ensemble Semper! »Nordic Lights« 20 21 Stefan Ulrich, Autor Ian Whalen, Fotograf Nordic Lights – so klar wie geheimnisvoll

»Im anderen Raum« von Pontus Lidberg, »Walking Mad« von Johan Inger und »Cacti« von Alexander Ekman

Endlich: Mit den länger werdenden Tagen doch scheint sie aktueller denn je zu sein, Pontus Lidberg / Johan Inger / kehrt das Licht zurück – es klart auf und wie es Pontus Lidberg verdeutlicht: »Er ist Alexander Ekman vertrieben werden dunkle Gedanken allein ein Meister, der Verehrung und Bewunde­ NORDIC LIGHTS durch die natürliche Kraft der Strahlen; rung nahelegt und nach dessen Meinung einmal mehr vergegenwärtigen wir uns der individuelle Weg der richtige ist, den es Im anderen Raum den Kreislauf der Jahreszeiten. Zurück zu finden gilt – die Alternative. Rumi mag Choreografie Pontus Lidberg kehrt auch der Ballettabend »Nordic Moslem und Sufi gewesen sein, doch seine Musik Max Richter Lights«, der in der vergangenen Spielzeit Texte sprechen in einer universellen Spra­ Premiere hatte. Es ist ein Dreiteiler, der che eine über alle Religiosität erhabene Walking Mad eigentümlich schimmernde Werke von den Menschlichkeit an, die zeitlos und damit Choreografie Johan Inger allesamt aus Schweden stammenden Cho­ existenziell ist – etwas, was ich in meiner Musik Maurice Ravel, Arvo Pärt reografen Pontus Lidberg, Johan Inger und Arbeit thematisieren musste.« Alexander Ekman vereint. Cacti Johan Inger Choreografie Alexander Ekman Pontus Lidberg und sein zeitloser Musik , und die universelle Klassiker , Ludwig van Beethoven Sprache Rumis Mehr als 13 Jahre alt ist das Werk und Semperoper Ballett Eindrucksvoll gelang die Eröffnung des Pre­ immer noch ist es frisch wie ein kühler Streichquartett (live) und mierenabends mit der Uraufführung von Nordwind: Mit »Walking Mad« nimmt uns Musik vom Tonträger Pontus Lidbergs »Im anderen Raum«. Vor Johan Inger auf eine Reise in menschliche den Augen der Zuschauer entspinnt sich ein Abgründe. Über der immer mehr an Vorstellungen hochpoetisches Werk, das, inspiriert von Dominanz gewinnenden Musik von Mau­ 12., 17., 19. Juni & 3., 7. Juli 2015 den Gedanken des persischen Mystikers rice Ravels »Boléro« werfen sich emotio­ Karten ab 8 Euro Rumi, die Figuren wie traumverloren agie­ nale Höhen und Tiefen auf, die die Figu­ ren lässt – dies zu projizierten Textbaustei­ ren des Stückes durchleben. Dazu schafft Kostenlose Werkeinführung nen aus Rumis Gedichten und über der von eine bewegliche Wand auf der Bühne als jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Foyer des 3. Ranges Mustern strukturierten Musik für Streich­ raumdefinierendes Element Weite, engt quintett und Klavier von Max Richter. Zwar die Figuren ein, bedroht, lässt frei und Mit freundlicher Unterstützung ist Rumis Philosophie über 800 Jahre alt, animiert sie zum Überwinden. Die drei der Stiftung zur Förderung der Semperoper Claudio Cangialosi, Jón Vallejo und Francesco Pio Ricci in Lidbergs »Im anderen Raum« Semper! »Nordic Lights« 22

bewegt und die Grenzen zwischen Musik und Tanz sprengt. So werden einerseits die sechzehn Tänzer zu Musikern, indem »Mit dem ihre bewegten Körper durch Klatschen Schlösserland und Atmen Musik machen, andererseits « werden die Musiker als Teil des Bühnen­ auf Tour! geschehens zum Bestandteil der Choreo­ grafie. Entsprechend »performen« sie alle auf der Bühne gemeinsam. Alexander Ekman erläutert hierzu: »Ich wollte ein sehr kompliziertes Spiel zwischen Tänzern und Musikern kreieren – ein menschliches Orchester. Neben den choreografischen Aspekten war es auch meine Idee, etwas zu schaffen, was wie die Musik einer Partitur anzuhören ist. Der Weg zum Resultat war von vielen Versuchen und Verwerfungen begleitet. Aber schließlich wurde meines Erachtens ›Cacti‹ das kompletteste Werk, das ich bislang geschaffen habe.«

Sarah Hay und Johannes Schmidt in »Cacti« Es scheint, als seien choreografische Kraft­ felder des Nordens bei diesem Ballett­ abend am Wirken gewesen. Wie Polarlich­ Ausgangselemente von Musik, Bühne und ter durchleuchten die Werke den Abend – so Figuren ließen Johan Inger einen Prozess grundverschieden wie hell und geheimnis­ in Gang setzen, der sich eigenen Aussa­ voll. Jede Choreografie ist so anziehend gen nach wie folgt konkretisierte: »Ich wie jene Naturerscheinung am nördlichen Entdecken Sie Ihr hatte die Musik und ich hatte die Wand, Himmel, es sind Phänomene, denen sich Königreich die den Minimalismus des ›Boléro‹ in ver­ kaum einer entziehen kann. schiedene räumliche Konstellationen auf­

brechen konnte. Und schließlich hatte ich Barockgarten Großsedlitz vier Charaktere: einen Mann, der durch das gesamte Stück geht, und drei Frauen, schlösserland die wir als Zuschauer auf einer Reise KARTE begleiten. Drei Frauen, die wiederum auf ihre eigene Weise in sich selbst gefangen sind.« Gegensätze begegnen sich: Die Entdecken GültiG 1 Jahr | 10 taGe Bewegtheit, der Wunsch nach Verände­ rung und die Isolation, die Angst vor dem nächsten Schritt – und auch die Leichtig­ Sie Ihr Königreich mit keit bahnt sich ihren Weg, die kleine Ver­ rücktheit am Rande des Zusammentref­ fens der Figuren. der schlösserlandKARTE Alexander Ekman und sein Einmal bezahlen, viel erleben. Ein Jahr lang für 40 € und zehn Tage lang für 20 € erhalten Sie freien Kakteen-Ballett Eintritt in über 50 Schlössern, Burgen, Gärten und Klöstern in Sachsen. Als Karteninhaber profitieren Riesig war der Erfolg für Alexander Ekman, Sie von vielen weiteren Vorteilen und Vergünstigungen. als er sein »Cacti« erstmals in Dresden zeigte; so groß, dass Ballettdirektor Aaron S. Watkin beschloss, ihn für die Spielzeit Mit der Karte erhalten zusätzlich zwei Kinder bis 15 Jahre freien Eintritt. Sie sind zu Zweit? 2015 / 16 einzuladen, einen gesamten Bal­ lettabend zu kreieren. Wir dürfen gespannt Dann nutzen Sie unseren Familienvorteil und sparen Sie 10 € bzw. 5 € ! sein, womit uns der junge Verführer der aktuellen Tanzwelt überraschen wird. Mit Film schlösserlandKARTE »Cacti« tat er dies bereits, ein Werk voll Originalität, schwarzem Humor und getrie­ Mehr Informationen und Bestellung unter ben von perfektem Timing. Es ist ein Werk, www.schloesserland-sachsen.de das sich zwischen Unterhaltung und Ernst facebook.com/schloesserland.sachsen Anna Merkulova in »Walking Mad« Semper! Erinnerungen 24 Christine Diller, Interview Matthias Creutziger und privat, Fotografien

Eva-Maria Gottlöber Ja, und wir hatten die Möglichkeit, Freikarten oder günstige Kaufkarten zu bekommen. Denn wir waren Und in der als Färberei Auftragnehmer der Kostüm­ werkstätten der Oper und hatten damals einen entsprechenden Ausweis. Mit mei­ nen Geschwistern war ich mehrfach in der Woche im Theater, in der Komödie oder im Semperoper 501 … Konzert. Und warum haben Sie begonnen, die Opernbesuche zu dokumentieren?

Eva-Maria Gottlöber Auch über meine anderen Die persönliche Chronik einer Theaterbegeisterten Theaterbesuche habe ich Tagebuch geführt – weil ich ein so schlechtes Gedächtnis habe! Schon in der Schule kam ich nur mit Spickzetteln über die Runden. Und so habe ich die Stücke und Konzerte mit den jewei­ ligen Besetzungen aufgeschrieben.

Kürzlich war es das 500. Mal: Eva-Maria Haben Sie auch notiert, welche Eindrücke Gottlöber besuchte eine Vorstellung in der Sie hatten? Semperoper. Dass sie das so genau weiß, verdankt sie ihrem Opern-Tagebuch. Die Eva-Maria Gottlöber Das nicht. Ich habe noch ersten eingetragenen Opernbesuche, noch manche Erinnerung, wie mich etwa mein undatiert, müssen um 1930 gewesen sein: Vater bei einer Aufführung rügte – es muss Eva-Maria Gottlöber zu Besuch in der Semperoper »Hänsel und Gretel«, »Undine« sowie an Strauss gewesen sein –, dass ich nicht still einem Abend »Xerxes« in Kombination mit genug saß. Oder wie baff die Sänger bei »Gianni Schicchi«. Zu diesem Zeitpunkt einer Lortzing-Oper waren, als der Vor­ war Eva-Maria Gottlöber etwa neun Jahre hang aufging und sie in ein fast leeres alt. Geboren wurde sie im Mai 1921. Ihre Haus sahen – da herrschte schon Krieg Eltern betrieben eine Färberei und chemi­ und die Leute leisteten sich nicht mehr so sche Reinigung in der nahen Friedrich­ viele Opernbesuche. straße. Erich Kästner, dessen Mutter den meinem Bruder die Meisterprüfung abge­ Bauers, wie Eva-Maria Gottlöber gebürtig Zwischen 1945 und 1985 klafft eine Lücke legt – dass wir das zu zweit machten, hat hieß, regelmäßig die Haare schnitt, setzte in Ihrem Tagebuch. den Prüfern gefallen. Offenbar hat unsere »der Frau des Wäschereibesitzers Bauer« Färberei gut gearbeitet, denn wir haben in seinen Erinnerungen »Als ich ein kleiner Eva-Maria Gottlöber In dieser Zeit, in der die viele Aufträge von der Oper bekommen. Es Junge war« ein kleines Denkmal. Wobei es Semperoper zerstört und noch nicht wie­ kam immer eine kleine Stoffprobe zu uns, sich mitnichten um eine Wäscherei, son­ der errichtet war, habe ich in einem ande­ exakt diesen Farbton mussten wir treffen. dern um eine Färberei handelte, wie Gott­ ren Buch weiter notiert. Nach der letzten Der sah bei Tageslicht mitunter wieder löber anmerkt, die zum Gespräch in die Vorstellung vor der kriegsbedingten anders aus als abends. Semperoper gekommen ist. Schließung der Semperoper habe ich »Finis« geschrieben, zusammen mit der Können Sie sich noch an von Ihnen Wie hat Ihnen denn gestern Ihre Notiz, dass sie nun zerstört ist. gefärbte Stoffe aus dem Wiedereröffnungs- Jubiläums­vorstellung gefallen, »Simon »Freischütz« von 1985 erinnern? Boccanegra«? Haben Sie denn die bei Ihnen gefärbten Kostüme auf der Bühne wiederentdeckt bei Eva-Maria Gottlöber Die Eröffnungspremiere Eva-Maria Gottlöber Sie hat mir sehr gut gefal­ Ihren Besuchen? habe ich leider nicht gesehen, sondern als len! Es ist tolle Musik. In einem satirischen erstes »Lohengrin«. Unser Geschäft war Büchlein habe ich gelesen, die Handlung Eva-Maria Gottlöber Wir haben meist zunächst zwischenzeitlich verstaatlicht worden, und des »Troubadour« sei quasi unverständlich. die Stoffbahnen gefärbt. Aber auch kleine ungefähr ab 1970 hatte die Oper eine Aber mit »Simon Boccanegra« ist es Stücke oder Schals. Einmal war der dama­ eigene Färberei. Sie ist geprüfte Meisterin in schlimmer. Derselbe Komponist, ähnlich lige Kostümdirektor Panzer bei uns, weil er der Färberei und chemischen Reinigung: Eva-Maria Gottlöber in jungen Jahren. verworrene Handlung, aber eine ebenso wollte, dass Magarete Teschemacher ganz Und was wird Ihre 501. Vorstellung in der großartige Komposition! besonders schön aussieht. Wir hatten recht Semperoper sein? viel Kontakt auch zu Künstlern, Staatska­ Laut Ihren Aufzeichnungen waren Sie pellmusikern etwa, die bei uns färben lie­ Eva-Maria Gottlöber Vielleicht Lortzings »Wild­ bereits als Kind ständig im Theater. Waren ßen. 1939 hatte ich eine Lehre in unserem schütz«? Aber zuerst möchte ich mir neue Ihre Eltern so kulturbegeistert? Betrieb begonnen und dann zusammen mit Hörgeräte anschaffen (lacht herzlich). Die Tagebücher von Eva-Maria Gottlöber Matthias Creutziger, Fotograf

Unbeirrt geht Prinz Bussel alias Josofus seinen Träumen nach. »Prinz Bussel« mit Gala El Hadidi und Tilmann Rönnebeck ist wieder am 10., 11., 13., 15., 17. & 21. Juni 2015 zu erleben. Semper! Draufgeschaut 28 Anne Gerber, Autorin Daniel Koch, Fotograf Facettenhafte Theaterfantasien

Wie herausgebrochen aus dem eigentlichen Rahmen ragen die Aufbauten über die Szenerie – rausgerissen und in die Gegenwart verpflanzt. Was einst eine barocke Gassenbühne komplettierte, platzt nun wie ein freches Fragment ins Opernleben des 21. Jahrhunderts. Denn die sich schemenhaft im Halbdunkel abzeichnenden Musiker und ihre Instrumente gehören eindeutig ins Hier und Heute. Doch woher kommen die befremdlich gekleideten und maskierten Figuren auf der Bühne? Sind sie Relikte einer fernen (Theater-)Epoche? Seltsame Wesen, die einer überbordenden Fantasie entsprungen sind? Was lässt den kreidebleichen Herrn mit Pudelfrisur, der verdächtig an den großen barocken Operndichter Metastasio erinnert, wie vom Donner gerührt auf den schrägen Vogel starren, der mit einem unermüdlichen Geplapper dahergeflattert kam und es sich da auf sei­ ner Bühne bequem gemacht hat? Versucht er etwa sogar, das Orchester zu dirigieren? Was hat er zu erzählen, dass er sich dafür so bedeutsam in Positur setzt? Vielleicht die Geschichte eines bedeutenden Theaters, das in einem fernen Land errichtet werden soll. Stücke fehlen dafür noch; eine leichte, unterhalt­ same Komödie, die das Publikum zum Lachen und die Geldbeutel zum Klimpern bringt. Ob da der seriöse Herr Dichter der Richtige ist, um mit seiner Kunst aus­ zuhelfen? Die weißgewandeten und mit kalligrafischen Sprüchen verzierten Gestalten in seinem Rücken wer­ den ihm sicher andere Ratschläge zuraunen. Doch ob der Künstler standhaft bleibt, seine Kunst über den schnöden Mammon zu setzen? Finden Sie es heraus, wenn in Lucia Ronchettis »Mise en abyme / Widerspie­ gelung« Theaterspiel und Realität, Barock und Gegen­ wart verschmelzen.

Lucia Ronchetti MISE EN ABYME / WIDERSPIEGELUNG

Vorstellungen 3., 5. & 7. Juni 2015 Karten zu 12 Euro (Jugendliche 6 Euro) Semper 2

Kostenlose Werkeinführung jeweils 30 Minuten vor Vorstellungs- beginn in Semper 2

Zwischen Barock und Heute: Lucia Ronchettis »Mise en abyme / Widerspiegelung« Semper! Staatskapelle 30 Axel Brüggemann, Gespräch Jim Rakete, Fotograf

Meine Position ist ziemlich klar. Mir ist es Blick zurück wohl oder übel der Blick aus der ein Rätsel, warum die Menschen, wenn es Gegenwart in die Vergangenheit ist – und heißt, dass eine Aufführung »museal« sei, damit immer von unserer Zeit geprägt ist? Panik bekommen. »Museal« ist zu einem Ihr Lehrer Dietrich Fischer-Dieskau hat doch Schimpfwort in der Klassik geworden. Und auch ganz anders gesungen als Sie heute. ich frage mich, warum? Vielleicht, weil wir 9. Symphoniekonzert Was haben Sie verlernt haben, den Menschen als histo­ Aber glauben Sie, dass Fischer-Dieskau risch empfindendes Wesen zu begreifen. sich hingesetzt, erst einmal seine Gegen­ Sonntag, 17. Mai 2015, 20 Uhr Dabei sind Museen doch wundervolle Orte, wart befragt hat und dann überlegte, wie Montag, 18. Mai 2015, 20 Uhr an denen Dinge aus der Vergangenheit in er die »« nun unter allen Semperoper Dresden ihrem historischen Kontext präsentiert Umständen aktualisieren kann? Natürlich werden. Und warum, bitteschön, sollen wir nicht! Dietrich Fischer-Dieskau hat die Christian Thielemann Dirigent gegen Museen? ein derartiges Museum nicht auch in der Musik aus den unglaublich genialen Mög­ Christian Gerhaher Bariton Musik errichten? Eine Aufführung ist lichkeiten seiner Stimme heraus interpre­ »museal«? Na und! Warum können wir uns tiert. Deshalb glaube ich, dass es eher das Richard Wagner nicht darüber freuen, Wagner oder Schu­ vokale Vermögen und die eigene Künst­ »Blick’ ich umher in diesem edlen Kreise« bert in ihren Kontexten auf die Bühne zu lernatur sind, durch die eine Interpreta­ aus »Tannhäuser« bringen und zu interpretieren? tion bestimmt wird. Sie sind größer und Franz Schubert Christian Gerhaher ist nicht nur einer der besten unserer Zeit. wahrhaftiger als ein aufgesetztes und ver­ »Der Jäger ruhte hingegossen« Er ist auch ein Künstler mit Haltung. Aktualisierungen von Musik findet er unnötig – Vielleicht, weil es keine gesicherte Geschichte quastes Bemühen der unbedingten Aktu­ aus »Alfonso und Estrella« D 732 aus der Gegenwart geben kann? Weil der alisierung. Richard Wagner er plädiert für den Menschen im historischen Kontext. Ein Streitgespräch. »Wie duftet doch der Flieder« aus »Die Meistersinger von Nürnberg« Franz Schubert »Sei mir gegrüßt, o Sonne« aus »Alfonso und Estrella« D 732 Anton Bruckner Symphonie Nr. 4 Es-Dur »Romantische«

Herr Gerhaher, Sie werden in Dresden im der Naturverbundenheit, dem träumerischen wie wir sie aufhängen, neben welche Bilder Kostenlose Einführungen 9. Symphoniekonzert der Sächsischen Ausdruck? Was macht das Romantische so und in welchem Kontext wir sie stellen. So jeweils 45 Minuten vor Beginn Staatskapelle mit Wagner und Schumann aktuell? tot wie das Bild scheint, ist es nicht. Aber im Foyer des 3. Ranges zwei romantische Komponisten interpre­ grundsätzlich haben Sie natürlich Recht, tieren. Beide sind grundverschieden, was Um ehrlich zu sein, interessieren mich der­ dass die Musik wesentlich mehr auf den nahelegt, dass es »die Romantik« so gar artige Fragen nicht. Ich halte sie für ein zweiten Schöpfungsakt angewiesen ist. nicht gibt ... Ablenkungsmanöver. Fragen nach Aktuali­ Trotzdem finde ich, dass er überbewertet sierungen, danach, wie ein Meisterwerk wird. Sowohl wenn ein Künstler behaup­ Gastkonzerte in Wien und Gerade zwischen diesen beiden Komponis­ aus der Vergangenheit in unsere Zeit tet, in seiner Interpretation genau den Baden-Baden ten liegen Welten. Da ist zum einen Wag­ geholt werden kann, oder dieser unsägliche Sinn Wagners wiederzugeben, als auch, ners Romantik der großen, ausufernden Satz, wie das »Publikum dort abzuholen wenn er die »Meistersinger« mit Rollkof­ Mittwoch, 20. Mai 2015 Deklamation. Bei Schubert verhält sich ist, wo es steht«, halte ich für eine Krank­ fern und Pistolen aufführen lässt. Beides Donnerstag, 21. Mai 2015 das anders. Gerade in seiner viel zu selten heit unseres modernen Klassik-Betriebes. ist Anmaßung. Musikverein Wien aufgeführten Oper »Alfonso und Estrella« Seine Ausartungen findet all das im soge­ geht es ja um eine Art Strindberg’sches nannten »Regietheater«. Für mich eine Wie sollte ein Künstler Ihrer Meinung nach Samstag, 23. Mai 2015 Seelendrama, in dem die Gegensätzlich­ absolut unnötige Erfindung. diese zweite Schöpfung angehen? Sonntag, 24. Mai 2015 keit der Hauptcharaktere eher in subkuta­ Festspielhaus Baden-Baden nen Regionen stattfindet. Bei Schubert Das sind harte Worte. Aber ist es nicht so, Vielleicht mit dem Bewusstsein, dass der trumpft nichts auf, nichts deklamiert. dass Musik stets automatisch Aktualität Wille des Künstlers, den Willen eines Christian Thielemann Dirigent Seine Opern orientieren sich eher an der haben muss? Die Mona Lisa hängt seit Komponisten zu fassen, immer ein Wille Christian Gerhaher Bariton italienischen Tradition. Seine leichten, hunderten von Jahren an der Wand – und bleiben wird. Es ist einfach unmöglich, Gidon Kremer Violine schwebenden Ensembles kommen mir sieht immer gleich aus. Aber Wagner den gesamten Willen von Wagner oder manchmal vor wie der junge Verdi. Aber braucht Sie, Christian Gerhaher, den Schubert zu greifen und in seiner Interpre­ Programm 1: es gibt noch einen weiteren romantischen Sänger, damit Menschen aus unserer Zeit tation umzusetzen. Der hehre Wunsch Sofia Gubaidulina Strang, den wir nicht vernachlässigen dür­ die »Meistersinger« überhaupt hören eines Künstlers, den kompletten Willen Violinkonzert Nr. 2 »In tempus praesens« fen: Robert Schumanns ungeheure und können. Die Musik hat wohl oder übel eines Komponisten nachzuweisen, ist Anton Bruckner wunderbare Kleinteiligkeit – für mich der zwei Schöpfungsakte: einen in der Ver- immer zum Scheitern verurteilt. Symphonie Nr. 9 d-Moll wahre Gegenpol zu Wagners ergreifender gangen­heit und einen in der Gegenwart ... Epik. Okay, da folge ich Ihnen. Und dennoch Programm 2: Da machen Sie es sich nun etwas einfach. bleibt die Frage, mit welchem Anspruch an siehe 9. Symphoniekonzert Was fasziniert uns heute noch an diesem Es spielt schon eine Rolle, wie wir die die Gegenwart wir eine alte Partitur im Mythos der Romantik, an der Seelensuche, Mona Lisa in unserer Zeit präsentieren, Heute beleben ... Christian Gerhaher Semper! Staatskapelle 32 Rüdiger Stolzenburg, Autor Matthias Creutziger, Fotograf

Was für ein Wurf! Welches Feuer! Selbst­ um in ein Scherzo zu münden (kein Menuett mündet »In gemächlicher Bewegung. Ohne bewusst mit Entschiedenheit und absolutem mehr!), das nachgerade als Freudentanz Hast« – in typisch mahlerischer Satzbe­ Sendungsdrang. Überwältigende Themen­ anhebt und lustvolle Vitalität über das allzu zeichnung – in das »Ruhevoll« des dritten folgen, eine klare, dennoch höchst span­ begründete Zweifeln erhebt. Noch im Satzes. Und trifft damit zielsicher den nende Dramaturgie, emotional packend, Schlusssatz resümiert dieses Opus des Schlusspunkt dieser letzten von Mahlers Himmel mitreißend auch in den lyrischen Momen­ 32-Jährigen ein musikalisches Feuerwerk, drei »Wunderhorn-Symphonien«. Denn mit ten. In Verhaltenheit fragend, im Expressi­ gipfelt geradezu malerisch in einem Reich­ der Fünften hören wir einen anderen ven behauptend, teils sogar dialogisch ver­ tum an Einfällen, von denen kein einziger Klangma(h)ler. Einen, der sich zwischen mittelnd. Die zweite Symphonie von unbegründeter Mode nachheischt. Gerade existenziellem Schöpfertum und kraftrau­ Ludwig van Beethoven ist vor 212 Jahren die Wechsel zwischen Dur und Moll mögen benden Positionen – schon als Kapellmeis­ uraufgeführt worden, sie hat nichts an als Fragestellungen gehört werden und ter in Hamburg, vor allem als Direktor der und Hölle ihrer lichten Fülle verloren, gibt sich leicht­ unterstreichen noch heute die Gültigkeit Wiener Hofoper und schlussendlich an der füßig tänzelnd, blickt noch einmal zurück dieser im Theater an der Wien unter des Metropolitan Opera New York – sowie an auf die Wiener Klassik von Haydn und Meisters Dirigat uraufgeführten Symphonie. persönlichen Schicksalsschlägen geradezu Mozart, öffnet sich aber deutlich in die Im 10. Symphoniekonzert erklingt das aufreibt. Der frühe Revolutionär und der späte Romantiker: symphonische Weite des eben beginnen­ Werk einmal mehr in einem Theaterbau Nur wenig davon ist in der Vierten zu Im 10. Symphoniekonzert lässt Myung-Whun Chung den 19. Jahrhunderts. und wird mit dem Ersten Gastdirigenten hören, dem einzigen Werk, das Gustav Ludwig van Beethoven, der Neuerer die­ der Staatskapelle Myung-Whun Chung von Mahler nach einer längeren Schaffens­ Beethovens Zweite und Mahlers Vierte aufeinandertreffen. ses orchestralen Genres, er zeigt sich schon einem bekennenden Symphoniker geleitet. pause komponiert hat. Alles andere ent­ in seiner Zweiten als Revolutionär. Zwar Dieses Faible wird der in Seoul geborene strömte ihm wie in einem anhaltenden noch an der Formensprache seiner Vorzeit Kulturbotschafter auch in der Fortsetzung Rausch, der mit dem Tod des nur fünfzig­ geschult, erweist er sich doch visio­när mit seiner Dresdner Mahler-Pflege unter Beweis jährigen Meisters viel zu früh endete. eigenen Gedankenwegen, stoisch mit stellen. Mit der 1901 in München uraufge­ Zukunftsblick, und begibt sich auf eine führten Vierten von wech­ Reise, deren Radius erst ausgeschritten ist, selt der Maestro vehement vom (frühen) 10. Symphoniekonzert als alle neun Symphonien in die Welt Revolutionär Beethoven zum wohl wiene­ gesetzt sind. rischsten Reformer unter den (späten) Sonntag, 31. Mai 2015, 11 Uhr Die Anfang des Jahres 1802 vollendete Romantikern. Als Solistin steht ihm die aus Montag, 1. Juni 2015, 20 Uhr D-Dur-Symphonie op. 36 ist ein Meilen­ Belgien stammende Sopranistin Sophie Dienstag, 2. Juni 2015, 20 Uhr stein, der über die Dritte (»Eroica«) zur Karthäuser sowohl in Dresden als auch bei Semperoper Dresden Fünften und schließlich zur Neunten hin­ den folgenden Gastspielen in Wien und führt. Mit seiner Vehemenz schon im ersten Udine zur Seite. Myung-Whun Chung Dirigent Satz beansprucht dieses Werk ein Maß an Sophie Karthäuser Sopran Wahrhaftigkeit, das auch ohne biografi­ sches Hintergrundwissen plausibel ist. Symphonischer Ludwig van Beethoven Lange Zeit wurde diese nur gut halbstün­ Blick aus dem Inneren Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 36 dige Komposition in die schöpferische Gustav Mahler Nähe des »Heiligenstädter Testaments« heraus in die Welt Symphonie Nr. 4 G-Dur gesetzt, das allerdings wohl erst später ent­ standen sein dürfte. Beethovens fortschrei­ Kostenlose Einführungen jeweils tende Ertaubung – für einen Musiker das Mahlers Symphonie Nr. 4 ist ein verlo­ 45 Minuten vor Beginn im Foyer gewiss größte Dilemma – rückte ihn in die­ ckendes Spiel zwischen ernsthafter Humo­ des 3. Ranges ser Schaffensperiode von der Hoffnung auf reske und leichtfüßigem Hintersinn. Da dür­ Heilung in eine Phase von Verzweiflung fen schon mal ganz abrupt die Tempi und Trübsal. brechen, um Stimmungsumschwung zu sug­ Seine Symphonie Nr. 2 klingt jedoch gerieren und sich durchs wechselvolle Kalei­ noch deutlich nach Aufbruch und Zuver­ doskop menschlicher Empfindungen hin­ Gastkonzerte in Wien und Udine sicht. Sie beinhaltet Wagnisse und ist durch­ durchzuhören, da lasten die Holzbläser den gängig von einer positiven, hier und da Streichern mancherlei witzige Umschwünge­ Donnerstag, 4. Juni 2015 nachdenklich überschatteten Stimmung auf, in denen sie von flirrenden Violinen Musikverein Wien grundiert. Ein Werk aus der Binnensicht begleitet werden und dennoch spielerisch heraus in die Welt. Wenig später folgt mit die Oberhand behalten. Da werden die Kon­ Samstag, 6. Juni 2015 der »Eroica« ein – bekanntermaßen umge­ trabässe gezupft, singen die Celli – und Teatro Nuovo Udine schriebener – Kommentar auf das kriege­ dann sticht blitzend das Blech hervor, sorgt risch-imperiale Weltgeschehen. Hier aber für ein Überdenken der so elegischen Myung-Whun Chung Dirigent überwiegen die tief aus dem Inneren kom­ Momente, macht Platz für solistische Pas­ Sophie Karthäuser Sopran menden Tonfolgen. Im ersten Satz sind dies sagen – bis schließlich im vierten Satz das euphorische Klänge, ist es ein optimisti­ orchestral umrankte Sopran-Solo »Sehr Programm siehe 10. Symphoniekonzert sches Fest. Allerdings keine fraglose Feier. behaglich« als Ziel dieser symphonischen Das Larghetto des zweiten Satzes klingt Reise ertönt. Alles führt darauf hin, das verhaltener, ist tänzerisch locker geprägt, bedächtige »Nicht eilen« des ersten Satzes Myung-Whun Chung Semper! Staatskapelle 34 Rüdiger Stolzenburg, Interview

Gulag wollte. Das Thema hat mich sofort Fakt ist aber, Vsevolod Zaderatsky war sehr interessiert. Im russischen Internet ein großartiger Pianist und konnte sehr gut Eine Entdeckung: bin ich dann auf Zaderatsky gestoßen. Den für Klavier schreiben, denn er beherrschte Namen kannte ich vorher auch nicht und die Möglichkeiten seines Instruments. Sein habe seitdem alles recherchiert, was irgend­ Werk ist technisch sehr anspruchsvoll, wie zu erreichen war. Ich fand heraus, dass doch das ist nicht so ungewöhnlich, son­ ein Sohn von ihm am Moskauer Konserva­ dern bei anderen Komponisten ähnlich. Vsevolod Zaderatsky torium tätig war, durch den privaten Kontakt Was ihn auszeichnet, ist seine sehr origi­ zu diesem Professor Zaderatsky erhielt ich nelle Musiksprache. Sie ist nicht extrem Zugang zu sehr viel Material über den modernistisch, sondern macht aus relativ Komponisten. gewöhnlichen Elementen etwas ganz Eige­ nes. Zaderatsky stand als Schüler von Warum ist er so wenig bekannt? Sergej Tanejew, dem wohl wichtigsten rus­ sischen Meister der Polyphonie seiner Zeit, Man kann nicht genau sagen, welche Fak­ sehr in der Tradition seiner Heimat. toren da alle eine Rolle spielen. Schon seine adlige Abstammung war ein großer Ein solch polyphoner Zyklus wie die Die Schostakowitsch-Tage finden Minuspunkt in der Sowjetunion. Dann Vsevolod Zaderatsky 24 Präludien und Fugen hat aber gewiss dieses Jahr bereits im Juni statt. hatte er engen Kontakt zur Zarenfamilie, noch andere Bezugspunkte? war deren letzter Musiklehrer. Bekanntlich Der Pianist Jascha Nemtsov – sind fast alle Personen, die mit dieser Wer solch einen Zyklus schreibt, kommt im vorigen Jahr in Gohrisch Familie zu tun hatten, in den 1920er-Jah­ Bei Zaderatskys Festnahme wurde sein natürlich an Bach nicht vorbei. Diese Prä­ ren vernichtet worden. Obendrein hatte gesamtes Schaffen vernichtet. Wie haben gung taucht zwölf Jahre später ja bei Schos­ ge­meinsam mit Isabel Karajan Zaderatsky als Offizier in der Weißen die Präludien und Fugen überlebt? takowitsch in dessen Zyklus auch wieder und dem Dresdner Streichquar­ Armee gekämpft – er war also derart belas­ auf, stilistisch in einer anderen Richtung. tet, da ist es ein Wunder, dass er alle Ver­ Dieser Zyklus entstand erst im Gulag. Aber Zaderatsky war der Erste im 20. Jahr­ tett im Projekt »Fräulein Tod folgungen überlebt hat und eines relativ Zaderatsky hatte dort nicht nur keine hundert, der sich damit beschäftigte. trifft Herrn Schostakowitsch« zu natürlichen Todes gestorben ist. Aufführungsaussicht, er hatte nicht mal Seine Herzkrankheit stammt zwar auch eine Lebensaussicht. Und hat trotzdem erleben – bringt diesmal als Solist von all den Auseinandersetzungen mit geschrieben. Das ist ziemlich einmalig, unter anderem die 24 Präludien Behörden und seiner schlechten Behand­ ich kenne nichts Vergleichbares. Unter lung durch den Komponistenverband, doch diesen Bedingungen, von solchem For­ 6. Internationale Schostakowitsch und Fugen von Vsevolod zumindest ist er nicht erschossen worden, mat! Es war eine unglaubliche Ausnahme, Tage Gohrisch Zaderats­ky (1891 – 1953) als sondern in seinem Bett gestorben. dass er dort überhaupt irgendeine Art von Papier bekam, das war den Gefangenen 19. bis 21. Juni 2015 Uraufführung heraus. Welchen Stellenwert hat Zaderatskys verboten. Er bekam dieses Privileg, nach­ Kurort Gohrisch, Musik? dem er versprach, keine Buchstaben, son­ Sächsische Schweiz dern nur Noten zu schreiben. Auf einzelnen Herr Nemtsov, muss sich schämen, wer Davon bin ich absolut fasziniert. Denn in Papierzetteln und Telegrammformularen, Mit den Komponisten Vsevolod Zaderatsky erster Linie interessiert mich als Künstler nur mit einem Bleistift. Er hatte nicht mal Andreas Scholl, nicht kennt? natürlich die musikalische Substanz. einen Radiergummi, und im Umkreis von Borodin Quartett, Vladimir Jurowski, Sicher, wenn man es bei einem Komponis­ 1000 Kilometern dürfte es kein einziges Isabel Karajan, Isang Enders, Nein, überhaupt nicht. Er hatte ein ziem­ ten mit totalem Aufführungsverbot zu tun Klavier gegeben haben. Zum Glück wur­ Jascha Nemtsov, lich tragisches Schicksal. Nicht nur sein hat, kommt der biografische Hintergrund den die Originale bewahrt, über Jahre hat Matthias Wollong, Paul Rivinius, Leben, auch sein posthumes Schicksal war hinzu. Das kann man nicht abschalten und Zaderatskys Sohn auf dieser Grundlage – Maria Gortsevskaya, tragisch. Er hatte erst gar nicht die Gele­ denkt daran. Ich würde diesem Komponis­ viele Zettel mit immer nur ein paar Takten Tangente Quattro, genheit, in die Musikgeschichte einzuge­ ten aber nicht so viele Jahre meines Lebens – eine Computerausgabe erstellt. Sächsische Staatskapelle hen. Sein kompositorisches Werk war zu widmen, wenn ich nicht überzeugt wäre, Dresden Sowjetzeiten komplett verboten. Daher dass wir es hier wirklich mit Musik höchs­ Der Sohn und weitere Nachkommen u.v.a. kann man nicht mal sagen, dass er jetzt ter Qualität zu tun haben. Ich betrachte ihn Zaderatskys kommen zu den Schosta- wiederentdeckt würde, nein, er wird jetzt als einen genialen Komponisten, als einen kowitsch-Tagen nach Gohrisch. Was In Kooperation mit der Sächsischen erst entdeckt. der ganz großen des 20. Jahrhunderts. hat er Ihnen vom Leben seines Vaters Staatskapelle Dresden Aber mein Urteil ist gar nicht maßge­ berichtet? In Gohrisch werden Sie die 24 Präludien bend, das müssen die Zuhörer und die Detailliertes Programm und Fugen von Zaderatsky herausbringen. Fachleute entscheiden. Unser bisheriges Sein Vater hat ihm nur wenig erzählt. Er ist auf schostakowitsch-tage.de Wie sind Sie darauf gestoßen? Feedback war jedenfalls überwältigend. ein paar Wochen vor Stalin gestorben, hat Sowohl in Russland als auch international. also sein Leben im Stalinismus verbracht. Es gab eine Anfrage der Zeitschrift »Osteu­ Daher bin ich guter Dinge, dass auch die Damals war es zu gefährlich, über solche ropa«, die zum 100. Geburtstag des Gulag- Aufführung in Gohrisch ihren Zuspruch Dinge zu reden. Der Sohn war 16, als sein Schriftstellers Warlam Schalamow einen erhält. Vater starb, das meiste, was er jetzt weiß, Beitrag von mir über Komponisten im ist aus zweiter Hand von seiner Mutter. Jascha Nemtsov Semper! Staatskapelle 36

Thielemanns Bruckner und Chungs Mahler

Die KONZERTE im Mai und Juni

Christian Gerhaher Vladimir Jurowski

9. Symphoniekonzert 6. Internationale Schostakowitsch Tage Gohrisch Sonntag, 17. Mai 2015, 20 Uhr Montag, 18. Mai 2015, 20 Uhr 19. bis 21. Juni 2015 Semperoper Dresden Sophie Karthäuser Kurort Gohrisch, Sächsische Schweiz

Christian Thielemann Dirigent 10. Symphoniekonzert Mit Andreas Scholl, Borodin Quartett, Christian Gerhaher Bariton Vladimir Jurowski, Isabel Karajan, Sonntag, 31. Mai 2015, 11 Uhr Isang Enders, Jascha Nemtsov, Richard Wagner Montag, 1. Juni 2015, 20 Uhr Matthias Wollong, Paul Rivinius, »Blick’ ich umher in diesem edlen Kreise« Dienstag, 2. Juni 2015, 20 Uhr Maria Gortsevskaya, Tangente Quattro, aus »Tannhäuser« Semperoper Dresden Sächsische Staatskapelle Dresden Franz Schubert u.v.a. »Der Jäger ruhte hingegossen« Myung-Whun Chung Dirigent aus »Alfonso und Estrella« D 732 Sophie Karthäuser Sopran Detailliertes Programm Richard Wagner auf schostakowitsch-tage.de »Wie duftet doch der Flieder« Ludwig van Beethoven aus »Die Meistersinger von Nürnberg« Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 36 Karten unter anderem in der Franz Schubert Gustav Mahler Schinkelwache am Theaterplatz »Sei mir gegrüßt, o Sonne« Symphonie Nr. 4 G-Dur aus »Alfonso und Estrella« D 732 Anton Bruckner Kostenlose Einführungen jeweils Symphonie Nr. 4 Es-Dur »Romantische« 45 Minuten vor Beginn im Foyer des 3. Ranges Kostenlose Einführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn im Foyer des 3. Ranges 8. Kammerabend PARTNER DER Dienstag, 16. Juni 2015, 20 Uhr STAATSKAPELLE DRESDEN Semperoper Dresden

Programm und Mitwirkende werden auf staatskapelle-dresden.de bekannt gegeben.

RZ_511_Semperoper_210x280_20150327.indd 2 27.03.15 09:12 Semper! Kosmos Oper 39 Anne Gerber, Autorin Matthias Creutziger, Fotograf Kosmos Oper Haltbarkeit, Stabilität, Leichtigkeit lauten die Zau­ berworte, in denen die Arbeit der Theatertischler in gewisser Weise über die »Alltags«-Tischlerei in der Produktion hinausgeht. Soll der halbe Chor auf einem Auf Holz geklopft: Die überdimensionalen Tisch tanzen, kann kein Möbel­ Tischlerei der Semperoper haus-Produkt mithalten, werden Stühle zu jeder Vor­ stellung wieder quer über die Bühne geschleudert, müssen sie extra versteift sein. Für den aktuellen »Freischütz« wird ein besonderer, die Akustik begüns­ tigender Plafond eingezogen, eine überdimensionale, schwebende Konstruktion, bei der das Gewicht mög­ lichst gering gehalten werden soll: »Dafür verwenden wir spezielle Schichtplatten mit einem Styroporkern, der oben und unten mit vier Millimeter dicken Pappel­ sperrholzplatten verkleidet ist.« Diese werden im Maschinenraum auf die richtigen Maße gesägt. Etwas furchteinflößend wirken sie schon, die sirrende Kreis­ säge, die Bandsäge, die Fräsmaschine, die Abrichtho­ belmaschine. »Furcht? Nein, Furcht darf man nicht haben. Aber Respekt ist wichtig«, gibt Lothar Punzl ernst zu. Der erleichterte Blick auf seine Hände zeigt: Alle Finger haben noch ihre natürliche Länge. »Bei mir waren es zum Glück nur kleinere Verletzungen«, lacht Man riecht sie, noch bevor man ihre Hallen betritt: der Tischlermeister schon wieder – dem Arbeitsschutz Schon durch die schwere Tür, die zur Tischlerei der sei Dank, der in dieser Abteilung selbstredend beson­ Sächsischen Staatstheater führt, dringt wohliger Holz­ ders groß geschrieben wird. Ebenso wie der Brand­ geruch. »Zum Tag der offenen Oper sägen wir hier schutz, denn jeder Holzspan kann eine Feuerquelle extra Kiefern- oder Fichtenholz, damit es noch stärker sein. Deswegen ist die Tischlerei mit einer imposan­ nach Holz duftet«, sagt Tischlermeister Lothar Punzl ten, zum Teil unter dem Boden verlaufenden Absaug­ mit verschmitztem Lächeln. Die Leidenschaft für seine anlage ausgestattet, über deren dicke Rohre und Abteilung blitzt aus seinen Augen, wenn er durch sein Schläuche Sägemehl, Holzstaub und Späne direkt von Reich führt, in dem »alles entsteht, das auf den sechs den Maschinen in einen Spänewagen im Hof der Bühnen der Semperoper und des Staatsschauspiels Theater­werkstätten geleitet werden. aus Holz gefertigt ist«. Lothar Punzl durchquert den großen, hellen Bankraum, in dem sich mehrere Tisch­ ler mit Hobel und Akkuschrauber an langen Brettern Extra leichte Holz-Äxte, zu schaffen machen, und betritt den Maschinenraum Holz-Hanteln und ein am Ende des Gebäudes, an dessen Wänden sich alles Holz stapelt, das das Tischlerherz begehrt: die soge­ Holz-Fernglas für das Ballett nannten »Theaterlatten« aus Fichtenholz, die in stan­ dardisierten Maßen aufbaufertig geliefert werden, daneben rohe Massivholz-Bretter aus Fichte und Rot­ Vorbei an einem weiteren Holzlager geht es in den buche, gegenüber Sperrholzplatten aus Pappel und ersten Stock in die Möbeltischlerei. Hier wird es fili­ Birke. Je nach bühnentechnischen und szenischen graner. Ein Tischler steht an der Drechselmaschine Anforderungen sucht Lothar Punzl das geeignete und gibt einem rotierenden Stück Holz die Form eines Material aus: »Bei großen Dekorationswänden kommt Fernrohrs, das in wenigen Wochen für das Forsythe- es auf Stabilität, gleichzeitig aber auch geringes Ballett »Impressing the Czar« von Tänzern durch die Gewicht an. Besucher staunen immer, dass unsere Luft gewirbelt werden soll. »Gerade fürs Ballett wer­ Aufbauten nicht nur aus Sperrholz und Pappe herge­ den sehr leichte Requisiten benötigt, die die Tänzer stellt sind wie am Filmset. Aber schließlich sollen nicht behindern«, erklärt Punzl und zieht ein paar unsere Inszenierungen unter Umständen mehrere Holz-Äxte, Holz-Hanteln und ein weiteres, vergoldetes Jahrzehnte überdauern.« Holz-Fernglas hervor. Semper! Kosmos Oper 40 Anne Gerber, Autorin Semper! Rätsel 41 Matthias Creutziger, Fotograf

Lothar Punzl schlängelt sich an Stichsäge, Drechsel­ bank, Teller- und Bandschleifmaschine vorbei und Rätsel bleibt schmunzelnd vor einem altertümlichen Schau­ kasten stehen. Geradezu historisch wirken die alten, abgegriffenen Hobel, die Handsäge, die hölzernen Schraubzwingen, die dunkel verfärbten Stemmeisen. »Kapelle für Kids« Auf einen Langhobel zum Fügen von Brettern deutet Lothar Punzl: »So einen habe ich noch in meiner Lehre 4,5,6,7 Schwarzes Haar, Kulleraugen und immer benutzt.« Fast fünfzig Jahre ist das nun her. 1966 1 + 3 ein freches Plappermäulchen – das ist begann Punzl seine Lehre als Bühnenfacharbeiter am Alma, die mit dem Staatskapell-Hornisten Dresdner Staatstheater, wechselte jedoch bald in die Julius Rönnebeck das junge und jüngste reine Tischlerei. »Ein Gefühl für Holz hatte ich schon Publikum der Semperoper in die beeindru­ immer, das ist ganz wichtig in unserem Beruf.« Ans ckende Welt des großen Orchesters führt. Theater wollte Punzl zu Beginn seiner Ausbildung Als quietschfidele Moderatorin von »Kapelle nicht dezidiert. Inzwischen ist er mit Leib und Seele für Kids« lässt sie ihre Gäste manchmal ein Theaterfuchs: »Ich habe das Gefühl, ich bin hier sogar vergessen, dass ihren hölzernen geboren, sage ich immer. Mir hat es immer Spaß Gliedern erst durch die Puppenspielerin gemacht – die Entwicklungen der Bühnenbilder, die Magdalene Schaefer Leben eingehaucht immer größeren Möglichkeiten, schließlich die ersten wird. 2008 löste Alma ihre »Schwester« Produktionen auf der gewaltigen Bühne der neuen Natalia aus Fleisch und Blut ab, als diese Semperoper. Am spannendsten waren und sind für buchstäblich aus den Kinderschuhen her­ mich die technisch komplizierten Aufbauten, die auf Tischlermeister Lothar Punzl in der Möbeltischlerei ausgewachsen war. Rasch war ein klang­ der Bühne abgesenkt, verschoben oder auseinander­ 6 & 7 hafter Name für die junge Dame gefunden, gebaut werden. Aber jede Inszenierung ist für sich 1&2 der die älteren Besucher des beliebten For­ besonders. Den ›Freischütz‹ habe ich in drei Inszenie­ mats an die skandalumwitterte Gattin Gustav rungen erlebt, jetzt folgt die vierte, und es ist unglaub­ Mahlers erinnern mag. Übrigens wurde lich interessant, wie unterschiedlich man dieses Stück beschaffung, die beständige Kommunikation mit den nach jener berühmten Alma eine andere, allein schon über die Dekoration erzählen kann.« technischen Produktionsleitern und natürlich für die aufsehenerregende Puppe gestaltet. Ein Obgleich er das Handwerk von der Pike auf gelernt gesamte Koordination der Arbeitsabläufe von vierzehn bedeutender Maler, der sich nicht damit hat, möchte Punzl die modernen Maschinen heute Kollegen, die bei der großen Anzahl der Neuprodukti­ abfinden wollte, dass seine Liebste ihn ver­ nicht mehr missen, auch wenn er selbst nicht mehr an onen stets mehrere Stücke parallel bearbeiten und lassen hatte, ließ ein lebensgroßes Abbild der Hobelbank steht. Seit 1975 ist er Meister der darüber hinaus noch für die Instandhaltung der laufen­ von dieser fertigen. Tischlerei und damit verantwortlich für die Material­ den Repertoirestücke sorgen. Mit dem Zollstock in der Hand geht Lothar Punzl durch die Hallen und wirft Wer war dieser leidenschaftliche Künstler einen letzten, prüfenden Blick auf die »nackigen« mit dem verstörenden Fetisch? Dekorationselemente, die nun an die Tapezierabtei­ lung, den Malsaal und die Plastik zur weiteren Gestal­ Verlosung tung abgegeben werden. Einige Wochen später wird Unter allen richtigen Einsendern ver­ losen wir zwei Freikarten der Saison 2015 / 16 Ihrer Wahl (nach Verfügbarkeit), »Ein Gefühl für Holz, 1&2 ausgenommen sind Premieren, Sym­ das ist ganz wichtig in phoniekonzerte, Sonderveranstaltungen und Gastspiele. unserem Beruf« Einsendeschluss 22. Mai 2015 er die Arbeit seiner Abteilung auf der Generalprobe in Semperoper Dresden buchstäblich neuem Bühnenlicht wiedersehen. »Das 1 Theaterplatz 2 ist noch einmal eine Überraschung«, sagt der Tisch­ 01067 Dresden lermeister, während neben ihm vier Kollegen einen [email protected] Teil des »Freischütz«-Plafonds zusammenschrauben. »Der Freischütz« wird Punzls letzte Generalprobe Vorstellung sein, denn am 1. Mai 2015 verabschiedet sich der 3,4,5 Kapelle für Kids: Ein »Haydn-Spaß« dienstälteste Mitarbeiter der Sächsischen Staatsthea­ mit der Staatskapelle Dresden ter in den Ruhestand. Ein Abschied vom Holz wird es 10. Mai 2015, 11 Uhr, Semperoper Für alle Eventualitäten gerüstet: der Arbeitsplatz des Drechslers jedoch bestimmt nicht: Den einen oder anderen Tisch und Stuhl gilt es auch daheim zu reparieren oder auf­ Lösung des Rätsels aus Heft 5 zuarbeiten. »Oder einfach nur Feuerholz für den Ofen Ich kann mit dem Zeug nichts anfangen. zu besorgen. Jedenfalls: Ganz ohne Holz geht’s nicht!« – nicht für Lothar Punzl und erst recht nicht an der Gewonnen hat Semperoper.­ Ursula Silvester, Ludwigsfelde Semper! Die besonderen ... 42 Susanne Springer, Autorin Semper! Grüße aus ... 43 Matthias Creutziger, Fotograf Die besonderen … Grüße aus … Kerzen! Hongkong

… die wie von Zauberhand immer im richtigen Augenblick verlöschen

Eigentlich sehen die Leuchter, die die setzt« wird. In vielen Proben haben die beklemmende Szene der Oper »Tosca« Requisiteurinnen herausgefunden, wie erhellen, in der Polizeichef Baron Scarpia hoch und dick die einzelnen Kerzen­ die gefeierte Sängerin Floria Tosca zum stümpfe sein müssen, um innerhalb von Nachtmahl empfängt, von Weitem ganz zehn bis zwanzig Minuten nacheinander zu normal aus. Wie aber kann es sein, dass verlöschen und damit die Szene – unter­ die Kerzen in jeder Vorstellung wie von stützt von der Beleuchtung – immer Zauberhand nacheinander verlöschen, so bedrohlicher werden zu lassen. Aus dem wie es Regisseur Johannes Schaaf für diese Zuschauerraum betrachtet, sehen die so Bühnensituation in seiner Inszenierung präparierten »Kerzen« wie aus einem Guss vorgesehen hat? Wie gelingt es, dass die aus, zumal sie auf der Bühne aus Brand­ Kerzen auf den Kandelabern ganz ohne schutzgründen von Glaszylindern gegen Grüße aus Hongkong sendete uns Carolina maus«) zu erleben. In der Eröffnungs­ Timothy Oliver: Cecil Cheshire (»The Can­ menschliches Zutun in der immer düsterer Zugluft geschützt werden. Giacomo Puccini Ullrich. Eine Konzertreise mit der Hong premiere der Saison 2015 / 16 – Albert terville Ghost«), Oper Leipzig • Aaron werdenden Szene punktgenau »mitspie­ Auf diese Eigenentwicklung, die mittler­ TOSCA Kong Sinfonietta und Gidon Kremer führte Lortzings »Der Wildschütz« – wird sie die Pegram: Monostatos (»Die Zauberflöte«), len«? Und dazu noch, ohne jemals ganz weile auch in anderen Inszenierungen ver­ sie in die chinesische Metropole, nach Partie des Gretchen singen. Houston Grand Opera • Christoph Pohl: herunterzubrennen? wendet wird, ist Elisabeth Schröter zu Vorstellungen Japan und zum Tongyeong International Im Mai gastieren außerdem u.a.: Markus Hugo Wolf »Italienisches Liederbuch«, Hier kommt ein eigentlich simpler, aber Recht stolz, ist das sukzessive Verlöschen 10., 16. Mai, 1., 6. November Music Festival in Südkorea. Unter der Lei­ Butter: Le Comte Almaviva (»La mère cou­ Stuttgart • Barbara Senator: Dorabella raffinierter Trick, den sich die Leiterin der der Kerzen doch jedes Mal wieder ein 2015, 14., 22. April & tung von Christoph Poppen sang sie das pable«), Theater an der Wien • Gala El (»Così fan tutte«), Theater Basel • Carolina Requisite, Elisabeth Schröter, gemeinsam ebenso stimmungsvoller wie überraschen­ 2., 7. Mai 2016 Sopransolo in Mahlers 4. Symphonie. Seit Hadidi: Konzerte mit dem Rundfunk- Ullrich: Hugo Wolf »Italienisches Lieder­ mit ihren Kolleginnen hat einfallen lassen, der Moment in dieser Inszenierung der Karten ab 27 Euro der Spielzeit 2010 / 11 gehört Carolina Ullrich Sinfonieorchester­ Berlin (»Daphne« und buch«, Stuttgart und Liederabend bei der zum Zuge: Der untere Teil der Kerzen in Oper »Tosca«, die in dieser Spielzeit noch zum festen Ensemble der Semperoper, wo »Elektra«) • Christiane Hossfeld: Lieder­ »Schubertiade« in Hohenems • Tichina den Leuchtern ist aus weißem Metall zweimal – am 10. und 16. Mai – in der Mit freundlicher Unterstützung sie bereits in zahlreichen Partien auf der abend in Dresden • Jürgen Müller: Sieg­ Vaughn: Ulrica (»Un ballo in maschera«), gefertigt, auf das mit Hilfe eines kleinen Semperoper zu erleben ist und auch in der der Stiftung zur Förderung der Bühne stand. Derzeit ist sie als Pamina fried (»Siegfried« und »Götterdämme­ Teatro Massimo di Palermo. Semperoper Dorns ein kurzer Kerzenstumpf »aufge­ Saison 2015 / 16 zu sehen sein wird. (»Die Zauberflöte«) und Adele (»Die Fleder­ rung«), Anhaltisches Theater Dessau • Semper! Menschen 44 Tomislav Mužek, Tenor

Mein Morgenritual ist … Zehn Fragen Mein Traum vom Glück …

Abschalten kann ich am besten …

Das Unvernünftigste, was ich je getan habe …

Schwach werde ich …

In meiner Hosentasche habe ich …

Mein letzter Lustkauf war …

Wenn ich einen anderen Beruf ausüben müsste, wäre es …

Nach seinem Studium in Wien gewann der kroatische Tenor Tomislav Mužek 1999 den 1. Preis beim inter­nationalen Ferruccio-Tagliavini-Wettbewerb in Deutschlandsberg. Zunächst als Ensemblemitglied am Bremer Theater engagiert, war er seit 2002 freischaffend und gastierte an den großen europäischen Bühnen, darunter das Teatro alla Scala di Milano, die Wenn ich einen Tag unsichtbar wäre, würde ich … Bayerische Staatsoper München, die Staatsoper Berlin, die Hamburgische Staatsoper, die Opéra Bastille Paris und das Teatro Real Madrid. 2003 debütierte er bei den Bayreuther Festspielen als Steuermann (»Der fliegende Holländer«). Mit Beginn der Saison 2014 / 15 kam Tomislav Mužek als neues Ensemblemitglied an die Semperoper Dresden, wo er sich unter anderem als Königssohn in der Neuproduktion »Königskinder« vorstellte und derzeit als Max in »Der Freischütz« und Erik in »Der fliegende Holländer« zu erleben ist. Mein Lieblingsort in Dresden … Semper! Service, Impressum, Repertoire 47

Service Repertoire

Adresse Semperoper Dresden – Besucherservice Theaterplatz 2, 01067 Dresden Die Tageskassen und das Anrechtsbüro Richard Wagner Carl Maria von Weber Giacomo Puccini Lucia Ronchetti befinden sich in der Schinkelwache.

Öffnungszeiten Mo bis Fr 10 – 18 Uhr, Sa 10 – 17 Uhr, Der fliegende Holländer Der Freischütz Tosca Die Zauberflöte Mise en abyme / So 10 – 13 Uhr Widerspiegelung Kontakt Magisches Traumspiel Dresden-Klassiker im Im Strudel der Gewalt Erleuchtung im T 0351 49 11 705, [email protected] neuen Gewand Farbenrausch Zahllose Legenden ranken sich um die »Vissi d’arte« – nur für die Kunst lebte die Ein Spiel im Spiel im Spiel … Impressum Gestalt des unsterblichen fliegenden Hol­ Aus Angst, beim Probeschuss zu versagen gefeierte Sängerin Tosca, bis politische Die bekannteste Koloraturarie trifft auf den länders, der erst Ruhe findet, wenn ihm und damit seine Braut Agathe zu verlieren, Intrigen schlagartig in das Leben der beliebtesten Vogelfänger der Opernge­ Wie viele Kompromisse darf ein Künstler eine Frau die Treue bis in den Tod hält. lässt sich der Jägerbursche Max auf einen Künstlerin und ihres Geliebten, des Malers schichte: Die Königin der Nacht befiehlt eingehen, um sich sein täglich Brot zu ver­ Herausgeber Senta, die in ihrer dörflichen Heimat auf Pakt mit dem Teufel ein – für Kugeln, die Cavaradossi, einbrechen: Als dieser den dem verliebten Prinzen Tamino, ihre Toch­ dienen, ohne dabei seine Ideale zu verra­ Sächsische Staatstheater – Semperoper Dresden ein perspektivloses Schicksal als Hausfrau nie ihr Ziel verfehlen. In Carl Maria von politischen Flüchtling Angelotti versteckt, ter Pamina aus den Händen des mächtigen ten? An dieser uralten Künstlerfrage ver­ Kaufm. Geschäftsführer und Mutter zusteuert, glaubt sich auserse­ Webers »Freischütz«, der als letzte Vorstel­ gerät er ins Visier und in die Hände des Zauberers Sarastro zu befreien. Unterstützt zweifelt auch der Dichter Metastasio: Zu UND INTENDANT (kommissarisch) Wolfgang Rothe hen, den Fluch zu brechen. Oder hofft sie lung vor der Schließung der Semperoper skrupellosen Polizeichefs Scarpia, der von einer magischen Flöte und dem dauer­ gern würde er seine Tragödie »Didone

Semper! Magazin der Semperoper Dresden Theaterplatz 2, 01067 Dresden semperoper.de

Redaktion Susanne Springer, Leitung (verantw. i.S.d.P.), Christine Diller, Anne Gerber, Carolin Ströbel (stv. Leitung), Dr. Torsten Blaich, Katrin Böhnisch, Marcus Bräunig, Axel Brüggemann, Matthias Claudi, Evelyn Kessler, Adi Luick, Anna Melcher, Valeska Stern, Stefan Ulrich, Christina Zimmermann

Bildnachweis Cover: Ian Whalen, Inhalt: Matthias Creutziger außerdem: S. 3, 22: Ian Whalen, S. 9: Andreas J. Hirsch, S. 34, 35: Internationale Schostakowitsch Tage Gohrisch, S. 36 links: Jim Rakete, S. 36 Mitte: Alvaro Yanez, längst ein Auge auf Tosca geworfen hat. S. 36 rechts: Sheila Rock, S. 44: privat, S. 47 rechts: Daniel Koch 1944 und als erste Premiere nach deren Um den Geliebten zu retten, muss Tosca Wiedereröffnung untrennbar mit der nicht nur Angelotti verraten, sondern soll Herstellungsregie Dresdner Oper verbunden ist, werden auch sich Scarpia selbst hingeben. abbandonata« auf die Bühne bringen, aber Carolin Ströbel zum 30. Jubiläum der »dritten« Semper­ In der Titelpartie ist erstmals die russi­ der ebenso schmierige wie dilettantische Gestaltung oper wieder die Freikugeln gegossen. sche Sopranistin Tatiana Serjan an der Impresario Nibbio fordert eine schmissige Fons Hickmann M23, Berlin Bjoern Wolf, Miriam Rech Unter der musikalischen Leitung von Semperoper zu erleben, zwischen Marco Komödie, die beim Publikum gut ankommt. Peter Schneider begegnen sich Michael Vratogna als Baron Scarpia und Mikhail Zu allem Überfluss hat er sich als Protago­ Druck Druckerei Thieme Meißen GmbH vielmehr auf den Fremden, damit er sie aus König und Georg Zeppenfeld alternierend Agafonov als Mario Cavaradossi. Bereits nistin die Sängerin Dorina auserkoren, die der Enge ihres Lebens befreie? Regisseu­ mit Tomislav Mužek und Michael Eder als mehrfach mit »Tosca« am Dirigentenpult so gar nicht in Metastasios Vorstellung von Papier Lessebo design natural, 100g / Multi Art Silk, 200g rin Florentine Klepper nimmt in ihrer Inter­ Max und Kaspar in der Wolfsschlucht. Hof­ zu Gast war Julian Kovatchev, der auch in plappernden Vogelfänger Papageno macht einer seriösen Künstlerin passt … Sabine pretation von Wagners erster romantischer fend und bangend erwarten Sara Jakubiak dieser Saison Puccinis hochemotionale sich Tamino auf die gefahrvolle und Brohm als Dorina und Yosemeh Adjei als Anzeigenvertrieb EVENT MODULE DRESDEN GmbH Oper den Blickwinkel Sentas ein und bzw. Ute Selbig als Agathe und Christina Musik dirigiert, in der politische Willkür erleuchtende Suche nach der Liebe und Nibbio sorgen für skurrile Albtraumszena­ erzählt in einem magischen Traumspiel Landshamer im Wechsel mit Nadja Mchantaf auf persönliche Leidenschaften trifft und der Weisheit. Von Mozart selbst als »deut­ rien und einen amüsanten Blick hinter die Redaktionsschluss für dieses Heft: 28. April 2015 von ihrer Emanzipation von Vater, Verlob­ als Ännchen den glücklosen Schützen. die Figuren in einen Strudel der Gewalt sche Oper« bezeichnet, ist »Die Zauber­ Kulissen zu Lucia Ronchettis unverwech­ tem und den sie erstickenden gesellschaft­ reißt, aus dem es kein Entrinnen gibt. flöte« über den deutschen Sprachraum selbarer Musik zwischen Barock und 21. PARTNER DER SEMPEROPER UND Vorstellungen DER STAATSKAPELLE DRESDEN lichen Konventionen. hinaus eine der meistinszenierten Opern Jahrhundert. Unter der musikalischen Leitung von 9., 11., 14., 19., 26., 31. Mai, Vorstellungen überhaupt, deren Interpretation durch Constantin Trinks gibt es im Mai ein Wie­ 29., 31. Oktober, 2., 8., 12., 10., 16. Mai, 1., 6. November 2015, Achim Freyer der Ästhetik des Kasperl­ Vorstellungen dersehen mit Markus Marquardt als Hol­ 15. November 2015 & 14., 22. April & 2., 7. Mai 2016 theaters folgt. 3., 5. & 7. Juni 2015 länder und Marjorie Owens als Senta. 9., 15., 21. Januar 2016 Karten ab 27 Euro Karten zu 12 Euro (Jugendliche 6 Euro) Karten ab 21 Euro Vorstellungen Semper 2 Vorstellungen 23., 30. Mai, 6., 14. Juni, 13. Juli, 8., 13. Mai, 18., 21. Juni & Projekt Partner: 8., 12., 14. Oktober, 21. November 2015, Sparkassen-Finanzgruppe Sachsen 18., 21., 25. September 2015 Ostsächsische Sparkasse Dresden 10., 19., 22. Februar, 5., 6., 11., Karten ab 27 Euro Sparkassen-Versicherung Sachsen 13. März & 11. Juni 2016 LBBW Sachsen Bank Karten ab 21 Euro Ausstattungspartner: Rudolf Wöhrl AG Ausstattungspartner: Rudolf Wöhrl AG Der Stiftungsrat Das Kuratorium Wer Kunst versteht,

Joachim Hoof, Ulrich Bäurle GmbH & Co. KG Vorstandsvorsitzender der Ostsächsischen Behringer Touristik GmbH versteht es, sie zu fördern. Sparkasse Dresden, Vorsitzender des Stiftungsrates Robert Bosch GmbH Dr. Bettina E. Breitenbücher Senator h.c. Rudi Häussler, Daimler AG Über 350 Jahre Operngeschichte, kulturelle Vielfalt, künstlerische Exzellenz – Gründer und Ehrenvorsitzender des Stiftungsrates, Deutscher Sparkassen Verlag GmbH all das verkörpert die Semperoper Dresden. Damit das weltberühmte Opernhaus auch künftig diesen Kreuzlingen Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen Weg gehen kann, steht die Stiftung zur Förderung der Semperoper als verlässlicher Partner DREWAG Stadtwerke Dresden GmbH dauerhaft zur Seite und hat sich der gemeinnützigen Kulturförderung auf höchstem Niveau verschrieben. Prof. Senator E.h. Dipl.-Ing. (FH) Klaus Fischer, EADS Elbe Flugzeugwerke GmbH Die Mitglieder der Stiftung tragen maßgeblich dazu bei, die Künste an der Semperoper Dresden Inhaber und Vorsitzender der Geschäftsführung ENSO Energie Sachsen Ost AG für heutige und zukünftige Generationen erlebbar zu machen. Die Stiftung verbindet den Kreis engagierter der Unternehmensgruppe fischer, Euro-Composites S. A. Freunde der Semperoper und wirkt so aktiv daran mit, ein einzigartiges Juwel für die Waldachtal fischerwerke GmbH & Co. KG Musikstadt Dresden und die deutsche Opernlandschaft zu erhalten. Prof. Dr. Heribert Heckschen Susanne Häussler, Kreuzlingen Hilton Dresden Wir freuen uns, die Semperoper bei den Premieren der Spielzeit 2014 / 15 als Förderer zu begleiten: Hotel Schloss Eckberg Professor Dipl.-Ing. Jürgen Hubbert, Hotel Taschenbergpalais Kempinski Dresden Vorsitzender des Kuratoriums, KPMG AG Wirtschaftsprüfungs­gesellschaft Oper Sindelfingen Jürgen Preiss-Daimler, P-D Consulting Lange Uhren GmbH Leoš Janáček Engelbert Humperdinck Claude Debussy Gerhard Müller, LBBW Sachsen Bank DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN KÖNIGSKINDER PELLÉAS ET MÉLISANDE Vorstandsvorsitzender der Sparkassen-Versicherung Frank Müller, R & M GmbH Real Estate & Management Premiere am 18. Oktober 2014 Premiere am 19. Dezember 2014 Premiere am 24. Januar 2015 Sachsen, Geschäftsführer der Stiftung, Jiří Muška Dresden Ostsächsische Sparkasse Dresden Carl Maria von Weber Wolfgang Amadeus Mozart Piepenbrock Dienstleistung GmbH & Co. KG DER FREISCHÜTZ LE NOZZE DI FIGARO Dr. Eva-Maria Stange, Heinz H. Pietzsch Premiere am 1. Mai 2015 Premiere am 20. Juni 2015 Staatsministerin für Wissenschaft Radeberger Exportbierbrauerei GmbH und Kunst, Sächsisches Staatsministerium Saegeling Medizintechnik Service- und Vertriebs GmbH Ballett für Wissenschaft und Kunst, Schneider + Partner GmbH Dresden Sparkassen-Versicherung Sachsen David Dawson William Forsythe SRH Holding TRISTAN + ISOLDE IMPRESSING THE CZAR Oberbürgermeister / in der Staatliche Porzellan-Manufaktur Meißen GmbH Premiere am 15. Februar 2015 Premiere am 22. Mai 2015 Landeshauptstadt Dresden Super Illu Verlag GmbH & Co. KG UniCredit Bank AG Heinz H. Pietzsch, Vattenfall Europe Mining & Generation Berlin Juwelier Wempe Wir laden Sie herzlich zum Preisträgerkonzert der Stiftung Adolf Würth GmbH & Co. KG zur Förderung der Semperoper am 15. November 2015 um 11 Uhr ein! Dr. Andreas Sperl, Zentrum Mikroelektronik Geschäftsführer der EADS Dresden AG Elbe Flugzeugwerke GmbH, Dresden Assoziierte Mitglieder des Kuratoriums: Als Kurator der Stiftung sind Sie Teil eines anregenden Netzwerkes, das Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft im Dialog vereint. Wir garantieren Ihnen einzigartige Tilman Todenhöfer, Dr. Richard Althoff kulturelle Erlebnisse und eine exklusive Betreuung. Wir laden Sie ein, Geschäftsführender Gesellschafter Moritz Freiherr von Crailsheim Mitglied im Kuratorium der Stiftung zur Förderung der Semperoper und Teil einer lebendigen der Robert Bosch Industrietreuhand KG, Beate und Dr. Franz-Ludwig Danko Gemeinschaft zum Wohle eines berühmten Opernhauses zu werden. Gerlingen Prof. Klaus Hekking Dr. Elke und Dr. Hans-Jürgen Held Christine und Dr. Klaus Hermsdorf Peter Linder, Peter Linder Stiftung Joachim Ersing, Mercedes-Benz Niederlassung Dresden Prof. Dr. Michael Meurer Karin Meyer-Götz Dipl.-Ing. Christoph Rabe Prof. Peter Schmidt

Ehrenmitglieder:

Professor Christoph Albrecht Stiftung zur Förderung der Semperoper, An der Flutrinne 12, 01139 Dresden, Telefon 0351 423 55 98, Professor Gerd Uecker Telefax 0351 423 54 55, [email protected], www.stiftung-semperoper.de Semper! Rezension eines Gastes 50 Christiane Gamm, Grundschullehrerin aus Dresden KLASSIK PICKNICKT

8. OPEN-AIR-KONZERT MIT DER STAATSKAPELLE DRESDEN Reihe 7, Platz 23 AUF DEN WIESEN VOR DER GLÄSERNEN MANUFAKTUR

»Die Brüder Löwenherz«, VLADIMIR JUROWSKI, DIRIGENT März 2015 PER ARNE GLORVIGEN, BANDONEON 04. JULI 2015

Seit fünf Jahren besuche ich mit meinen Die Vorstellung war für die Schüler für sich selbst ihr eigenes Auftreten in der Klassen in jedem Jahr die Kinderoper an der spannend, abenteuerlich, durch die Musik Familie und Klasse zu hinterfragen. Sie Semperoper. Diese Spielzeit stand Helmut teilweise sogar unheimlich und beängsti­ freuen sich sehr auf die Theaterwerkstatt Oehrings »Die Brüder Löwenherz« auf dem gend. So traurig die Handlung auch ist, im Mai, die unter dem Thema »Angst – wie Programm. Mit den Schülern der 4. Klasse, faszinierte die Kinder der Zusammenhalt geht man mit ihr um, wie drückt sie sich die seit der 1. Klasse in jedem Jahr Theater der beiden Geschwister auf der Bühne. Sie aus, wie fühle ich sie?« steht. spielen und in diesem Jahr wieder an einer bewunderten, wie Karl und Jonathan mit Als vor Ostern das schwere Flugzeugun­ Theaterwerkstatt, diesmal eben zu den dem Tod umgehen und Jonathan es immer glück passierte und die Kinder mit mir im »Brüdern Löwenherz«, teilnehmen, saßen wieder schafft, seinen kranken Bruder auf­ Unterricht das Gespräch suchten, sagte ein schon richtige »alte Theaterhasen« im zumuntern, wie sie sich gegenseitig achten Mädchen: »Die Kinder sind jetzt auch in Publikum. In Vorbereitung auf den Opern­ und helfen, gemeinsam Ängste überwin­ Nangijala, dort geht es ihnen bestimmt besuch stellte eine Schülerin das Buch von den und so Gefahren und Abenteuer über­ gut.« Dies war die Bestätigung, dass sich Astrid Lindgren vor, und wir bekamen von stehen. meine Erwartungen erfüllt haben. Da alle Sänger gut zu verstehen waren, hatten die Schüler keine Probleme, der Der Besuch der Kinderoper Geschichte zu folgen. Zu Beginn durch die zeigte mir einmal mehr, wie Einspielungen irritiert, erkannten sie im Nachgespräch die Beziehung zur Hand­ offen sich Kinder Unbekanntem lung und konnten so auch die Wichtigkeit gegenüber zeigen, dass sie der vielen Geräusche, die in den Hand­ lungsorten zum Leben gehören, einordnen. bereit sind, sich damit aus­ Gemeinsam verglichen wir die Einspielun­ einanderzusetzen gen mit den vielen Geräuschen, die uns selbst täglich umgeben. Besonders positiv sprachen sich die Schüler über die Musiker aus. Ein Kind fasste es so zusammen: »Man den Theaterpädagogen der Semperoper konnte richtig sehen, wie sie mitgefiebert bereits ein paar Informationen zur Insze­ haben.« Die Verstärkung des instrumenta­ nierung. Dies führte unweigerlich zu Ge-­ len Spiels durch das Mitsprechen bedeut­ PARTNER DER SEMPEROPER sprächen über den Tod, ließ uns Parallelen samer Wörter erlebten die Schüler so zum zwischen der Rolle der Taubenkönigin ersten Mal; sie waren erstaunt, welche Sophia, die über Gebärdensprache kom­ Wirkung man dadurch erzielen kann. muniziert, und den hörgeschädigten Eltern Der Besuch der Kinderoper zeigte mir Christiane Gamm arbeitet seit mehr als eines Kindes finden und erinnerte uns an einmal mehr, wie offen sich Kinder Unbe­ 30 Jahren als Grundschullehrerin. Seit über fünf Jahren führt sie mit ihren Schülern den Beginn des Lesenlernens, den wir mit kanntem gegenüber zeigen, dass sie bereit Musiktheaterprojekte in Zusammenarbeit mit Lautgebärden unterstützt hatten. sind, sich damit auseinanderzusetzen, und der Semperoper Junge Szene durch.

0370_15_AZ_KP_Semper_Magazin_v2_RZic.indd 1 24.04.15 13:06 FÖRDERER DES JUNGEN ENSEMBLE

232878_RP_Semperoper_Magazine_2015_210x280.indd 1 13.01.15 16:09