DIE FLUCH UND NUTZEN FÜR EIN TAL Anna Benedek und Wolfgang Steiger ALLGEMEINES ZUM VERLAUF Vorwort Inhaltsverzeichnis und Danksagung Benedek Willi

as „70er Haus der Geschichte“ erzählt in einer Allgemeines zum Verlauf 3 D Ausstellung vom 27. Mai bis Ende August 2017 über die Wulka. Zur Orientierung 4 Alte Ansichten und Relikte 6 Bäche und Flüsse sind Lebensadern für ein Land. Sie beeinflussen Klima, Vegetation und Bodenbeschaf- Besiedelung 10 fung, ihre Nutzbarmachung durch die Menschen prägen Wirtschaft und Kultur. Die Wulka ist der Die Mühlen 12 zweitwichtigste Fluss neben der Leitha im Nordbur- Überschwemmungen 20 Wulka noch als Rinnsal im Quellbereich im Rosaliengebirge Eine besonders schöne Stelle in (Otava) genland und hat große Bedeutung für das Leben im gesamten Gebiet. In der Ausstellung wollen wir Hochwasserschutz 23 diese Bedeutung speziell für und seine Umgebung anschaulich machen. Was hat die Wulka Kampf der Verschmutzung 25 der Bevölkerung in ihrer jahrhundertealten Ge- Fiala Mag. Manfred Erholung- und Naturschutzgebiet 27 schichte gebracht und wie haben die Menschen auf den Fluss eingewirkt, um ihn für ihre Bedürfnisse zu Schwimmbäder in Mattersburg 29 nutzen, zu gestalten und sich vor den Gefahren, die er mit sich bringt, zu schützen? Quellen 31

Die Verfasser Anna Benedek und Wolfgang Steiger bedanken sich an dieser Stelle für die die Unterstüt- zung, Anregungen und Hinweise, Fotospenden und Erzählungen besonders bei Amtsleiter Karl Aufner, Willi Bauer, Johann Gallis, Michael Hanbauer, Sepp Herzog, GF Hubert Lang, Kläranlage Wulkaprod- ersdorf, Josef Weinzettl, DI Christof Giefing, WHR Helmut Rojacz, Referatsleiter Wasserwirtschaftliche Wulka Mündungsgebiet Wulkaniederung bei Oslip (Uzlop) Planung, Amt der Bgld. Landesregierung, Zivilinge- nieur Gabriel Bodi sowie Mag.a Magdalena Kadnar. ie Wulka (altungarisch Seeleg und kroa- Die Landschaft besteht hauptsächlich aus landwirt- tisch Vulka) entspringt im Rosaliengebir- schaftlichen Flächen, aber auch aus Waldflächen und Besonderer Dank geht auch an den Wiener Grafiker ge bei und mündet in den Dauergrünland. Patricio Handl, der mit viel Geschick und Verstand D Neusiedler See. Ihre Fließlänge beträgt die Gestaltung der Broschüre und Infotafeln 38 km. Linke Zubringer der Wulka sind der Gaisgra- Das Flüsschen fließt durch die Orte Forchtenstein, übernommen hat. benbach, der Hirmerbach und der Eisbach. Rechte Mattersburg, Pöttelsdorf, Zemendorf-Stöttera, Antau Nebenflüsse sind der Haidbach, der Marzer Bach (Otava), (Vulkaprodrstof), Traus- Foto auf der Titelseite: Aus Sammlung Wolfgang Steiger, Mattersburg und der Nodbach. Das Wulkatal und die Wulkaebe- dorf (Trajstof), Oslip (Uzlop) und Schützen am Ge- Ortszentrum mit noch nicht abgedeckter Wulka, 1920er Jahre ne erstrecken sich zwischen der Zillingdorfer Platte birge. Dort mündet die Wulka als einziger nennens- und dem Leithagebirge im Norden, dem Rosalien- werter oberirdischer Zufluss in den Neusiedler See. Impressum: Für den Inhalt verantwortlich: Verein 70er Haus der Geschichten, Anna Mayer-Benedek gebirge im Westen und dem Ruster Höhenzug im Damit hat sie einen bedeutenden Anteil an dessen Druck: Online Druck GmbH, 2351 Wr. Neudorf. Grafik: Patricio Handl, Wien Osten. Wasserqualität.

3 ZUR ORIENTIERUNG Bundesamt für Eich und Vermessungswesen Bundesamt

4 5 ALTE ANSICHTEN UND ERINNERUNGEN

or einigen Jahrzehnten schlängelte sich die Wulka noch sichtbar durch Forchtenstein und Mattersburg. Heute ist sie in Forchtenstein bis zum Friedhof nicht einsichtig und in Mattersburg ist sie im Zentrum V überdeckt. Erinnerungen an Alt Mattersdorf Anton Steiger, ein Onkel von Wolfgang Steiger berichtet in seinen Erinnerungen an Alt Mattersdorf über die Wul- ka und die Mühlen:

„Von der Kadnarmühle weg ging der Mühlbach zwischen den Häusern durch bis zur Bauermühle, wo er das große Mühlrad trieb. Hier wurde das Wasser aufgestaut und hin- über zur heutigen Schubertstraße geleitet. Durch die Schu- bertstraße – Michael Koch Straße floss der Bach einige Me- ter von den Häusern entfernt bis hinunter zur Judengasse. An der Ecke der Judengasse stand die nächste Mühle, die sich in fürstlichem Besitz befand und ebenfalls vom Mühl- bach getrieben wurde. Von hier floss das Wasser hinter der Judengasse hinunter in das Bachbett der Wulka.

Diese fürstliche Mühle stellte 1906 ihren Betrieb ein und der Mühlbach wurde trockengelegt. Noch bis zum 1. Weltkrieg konnte man das große Mühlrad von der Stra- ße aus gut sehen. Am Anfang der Judengasse war die große Judenbrücke. Unmittelbar danach war eine große Wehranlage, die das Wasser mehr als einen Meter hoch aufstaute. Im Volksmund nannte man diesen kleinen Stau- see den „Judenfloß“. Von dort wurde das Wasser wieder in einen Mühlbach umgeleitet. Es floss durch das Glase- rergassl hinterhalb der Häuser, durch die Bahnbrücke zur Reschmühle …

Diese Reschmühle war die leistungsfähigste, da sie über die stärkste Wasserkraft verfügte. Derselbe Mühlbach trieb auch noch die Roidlmühle in Walbersdorf. Die Bau- ern brachten ihr Getreide zu den Wassermühlen und tauschten dafür Mehl und Schrot ein. Diese Mühlen waren immer voll ausgelastet und der Wohlstand der Müller war sprichwörtlich. ….

Das Wasser des Wulkabaches war früher eine Lebensader des Dorfes. Wenn er aber durch Unwetter zum Wildbach wurde, richtete er großen Schaden an. 1883 war das größte Hochwasser seit Menschengedenken. Dieses Hochwasser riss sämtliche Brücken und Stege weg, auch die Wehran- lage unterhalb der Judenbrücke wurde total zerstört. Drei Tage lang war es nicht möglich von einer Seite des Baches zur anderen zu gelangen. Nur über das Eisenbahnviadukt konnte man den reißenden Bach überqueren.“ Die Aufnahmen wurden von Johann Herzog (Forchtenstein) und Wolfgang Steiger (Mattersburg) aus ihren persönlichen Sammlungen zur Verfügung gestellt.

6 7 Beim Viadukt an der Wulka befand sich ein Häuschen mit einer Wasserpumpe zur Versorgung der Dampflokomo- tiven. Fundamentreste des Pumpenhäuschens sind noch bei genauem Hinschauen zu erkennen.

Bei diesem Viaduktbogen befand sich die Pumpstation Wulka entlang der Weidenbachgasse Die Rossschwemme in der Weidenbach- gasse ist noch voll erhalten und erkenn- bar. Bis in die 1950er Jahre wurden hier die Pferde, die in Mattersburg lange als Arbeitstiere genutzt wurden, gekühlt und gewaschen. Die Wul- ka wurde hier früher auch Weidenbach genannt.

Rampe der Ross- schwemme bei der Wulka entlang der Weidenbachgasse, heute auch beliebte Spazierzeile

8 9 BESIEDELUNG DES WULKATALS

as Wulkatal gehört zu den frucht- barsten Gebieten des Burgenlands. Österreichisches Staatsarchiv Österreichisches D Durch seine reichhaltigen und leicht zu bearbeitenden Böden eignet es sich seit jeher für den Ackerbau. Diverse archäologi- sche Funde geben Zeugnis von Menschen- ansiedlung seit der Steinzeit von ca. 5000 - 1800 v. Chr. Die ersten Völkerstämme ka- Burgenländisches Landesarchiv Landesarchiv Burgenländisches men höchstwahrscheinlich aus dem fernen Osten in das Gebiet und brachten Kenntnisse der Töpferei, Weberei und Steinbearbeitung mit, die spätere Kulturen übernahmen und weiterentwickelten. Die Träger der „Badener Kultur“ (3500 – 2800 v. Chr.) waren vermut- lich aus dem Norden Europas eingewanderte indogermanische Stämme.

Einige Funde stammen aus der Bronzezeit (1800-700 v.Ch.). Fundstellen von Behausun- gen und Gräberfeldern sowie einzelne Aus- grabungsgegenstände belegen Ansiedlun- gen an der Wulka in der Eisenzeit (700 v.Ch. Bronzedolch bis Chr. Geb.). Sehr ergiebige Funde stam- Josefinische Landesaufnahme, 1763-1787. Habsburger Monarchie, Ungarn. Komitat Ödenburg men aus der Zeit der römischen Provinz Pan- nonia (von Chr. Geb. – 378 n. Ch.). Es folgten die Hunnen, Goten, Alanen und Quaden, die Langobarden und Awaren, die 250 Jahre bis ins 9. Jahrhundert herrschten.

ach dem Niedergang des Awarenreiches Nsiedelten sich die Sla- Aufzeichnungen mit Erwähnung wen an. Im Zuge der erbittert der Wulka sind erstmals durch geführten Kriege von Karl dem die Regensburger Traditionsnotiz Großen (768-814) entstand aus dem Stift St. Emmeran von eine dichte deutsche Besie- 808 bekannt. Die Urkunde belegt delung. Die aus Westsibirien die Schenkung eines Besitzes immer weiter nach Westen der Geschwister Wirut, Gisilmar abgedrängten Magyren erober- und Wentilmar und deren Vater ten 907 Pannonien, wurden Elis aus dem Raum des heutigen aber 955 von den Ostfranken Mattersburg an das Regensburger in die Verteidigung gedrängt. Kloster. Das Dokument verweist Um ihre Herrschaft zu behaup- auf Awarendörfer. Mattersburg ten, traten sie zum Christen- und die Wulka werden Wolfsbach tum über und entsagten dem genannt. Nomadenleben. Das Land wurde in Komitate nach frän- kisch-deutschem Muster einge- teilt. Der Mattersburger Bezirk Karte aus „50 Jahre Stadtgemeinde Mattersburg“: Forchtenau bis Mattersburg nach der Darstellung der Regensburger Traditionsnotiz aus dem Kloster St. Emmeram, 808 wurde dem Komitat Sopron/ Ödenburg zugeordnet.

10 11 DIE MÜHLEN

Waltersche Karte, 18. Jahrhundert Karte, Waltersche Hamstöcke Die Hamstöcken zeigten an, wie hoch der Wasserstand im aufgestauten Bach sein durfte

In der Chronik von Jakob Wittmann ist zu lesen (Transkription von Wolfgang Steiger):

Den Müllern sind bei ihren Ablass Hamstöcke (Haimstöcke) geschlagen worden

Anno 1815 den 13-ten August sind hier denen Müllnern in ihren Ablässen die Hamstöcke ge- schlagen worden im Beisein der hoch löblichen Mühlen in Forchtenstein im oberen Teil der Karte zu sehen Komitats- und Herrschaftsbeamten und weil der Hamstock welcher unter dem Judensteg bei der Wehr ist geschlagen worden, mit der Zeit möchte gesucht werden, so will ich schrei- ben wo selber zu finden ist. Dieser Hamstock Mühlen Mattersburg und Walbersdorf. Eingearbeitet in die Josephinische Landesaufnahme 1763-1787 ist 4 – 5 Schuh lang, viereckig und eine hal- be Schuh dick, der Spitz ist gut mit Eisen be- ie Entstehungsgeschichte vieler schlagen, über den Kopf sind zwei Eisenspan- Wulkamühlen lässt sich bis ins 12. gen kreuzweise abgebogen, wovon auf jeder D Jahrhundert zurückverfolgen, als Seite eines hinunter geht und mit zwei Ringe das Gebiet von deutschen Bauern besiedelt verfestigt sind, oben drauf ist noch ein eisener wurde. Im 16. Jahrhundert gab es an der Knopf eingeschlagen. Er ist zu finden von der Wulka 30 Mühlen, um 1900 waren es 36 Säule wo der her obere Fallladen angehängt und 1953 noch immer 22 Wassermühlen. ist gerade hinüber mitten im Bach /: es ist vor Die Mühlen waren im Agrarland Ungarn vielen Jahren bei meines Gedenken dort einer lange Zeit ein bedeutender Industriezweig. gesucht worden aber es wurde keiner gefun- Die meisten der vielen kleinen Mühlen Aus dem Meister, Knecht- (Gesellen) und Schuldenbuch den :/ was diesen belangt, so ist er nach der der Müllerinnung (19. Jahrhundert) arbeiteten für den lokalen Bedarf Tiefe des vorigen Wehrbaumes /: oder wie er genannt wird :/ geschlagen worden, da aber Das Wasser für die Mühlen in Mattersburg Zunftkrug aus damals der Wehrbaum schon 1 bis 2 Schuh kam über den Mühlbach. Er diente als Zunftlade dem Jahre 1702 mit Sand verschüttet gewesen ist, so ist auch Kanal, an dem die Mühlen lagen. Am Ort- der Hamstock so tief im Sand eingeschlagen sende befanden sich zwei Mühlen (Kad- worden, es wird dieser Hamstock auch dem narmühle und Bauermühle), beim Meierhof Markt wenig Nutzen verschaffen ob er gleich eine dritte, die Hofmühle. Der Kanal führte tief geschlagen ist, weil der Sand unter der dann durch das Judenviertel zur Paumgart- Wehr eben so hoch ist als ober der Wehr, es mühle (Reschmühle) zwischen Mattersburg sei denn, dass sich der Wasserlauf verändert, und Walbersdorf gelegen, von dort über zu den Ende hat auch die Herrschaft bei der die Roidlmühle 2 wieder zur Wulka. Es wird Paumgartwiese einen ordentlichen Wasser- vermutet, dass der Kanal schon im 13. Jahr- lauf graben lassen. Die Unkosten wegen des hundert zur Füllung des Burggrabens der In den Orth haben sie 4 Mühlen, worauf aber sie nur an Regenzeiten mahlen können, ansonsten aber müssen sie zur Vermahlung ihrer Früchten in andere, Hamstöcke – schlagen haben die Müller tra- Mattersdorfer Burg verwendet wurde. doch nicht weit entlegenen Mühlen fahren. Ihre Sachen könnten sie auch leicht gen müssen. Den oberen zwei Müller wurde in Geld machen, wenn sie etwas hätten, wegen Nähe der Stadt Neustadt. der Hamstock bei ihren Ablässen im Bach ge- In Mattersburg werden vier Mühlen für die Ungemach hingegen leyden sie von dem vorbeyfließenden Bach in ihren Häu- Seit dem 17. Jahrhundert bilden sich Müllerzünfte („Zechen“). schlagen, der Herrschaftsmühle wurde aber Jahre 1589, 1784 und 1900 gezählt, 1953 sern, Ackern und Wüsen, so ihnen zur Zeit eines … Regens Früchten und Häuser Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestanden im Wulkabecken keiner geschlagen noch zwei. runiert, und verschwemmt. (Transkription von Wolfgang Steiger) zwei Müllerzünfte, an deren Spitze „Zechmeister“ standen.

12 13 KADNARMÜHLE BAUERMÜHLE

ie Mühle wird bereits 1526 erwähnt. Im 17. und 18. Jahrhundert wechselte sie häufig D die Besitzer bis sie Mitte des 19. Jahrhun- derts von Anton Bauer gekauft wurde, dessen Na- men sie heute noch trägt.

Die Geschichte der Mühle ist seit 1888 eng mit dem Namen Hermine Bauer verknüpft. Hermine Bauer wurde am 19. 3. 1866 in Sigleß als Tochter eines Land- wirtes geboren. Im Jahr Hermine Bauer mit ihren Enkelkindern Karl, Olga und Hermine Mörz 1888 heiratete sie Christof Christof und Hermine Bauer hatten drei Kinder, aber Johann Kadnar, ca. 1910 Bauer, den Besitzer der nur die Tochter Pulcheria überlebte das Kindesalter. Mühle, die damals noch Pulcheria heiratet den Sägewerksbesitzer und Holz- sehr klein war. Sie wurde händler Karl Mörz, der nach dem Tod von Hermine von einem großen Wasserrad Bauer die Mühle weiterführte. Er eröffnete einen Lan- angetrieben. Christof Bauer be- desproduktenhandel und erzeugte auch Mischfutter. Mahl- trieb auch einen Kaufmannsladen und ging einigen karte Von Karl Mörz ging die Mühle an seine Tochter Olga 1948 Ämtern nach, sodass er für die Mühle nur wenig Zeit und ihren Mann Oskar Schobert über. Sie wurde aber hatte. Die Hauptlast des Mühlenbetriebes lang also nach einigen Jahren geschlossen. hauptsächlich auf den Schultern von Hermine Bau- er. Nach achtzehnjähriger Ehe starb ihr Mann. Dank Aquarell des Mühleninnenhofes, vom Sohn des Johann Kadnar gemalt Die Stadtgemeinde Mattersburg erwarb 1972 das ihrer Beliebtheit und ihrer umsichtigen Geschäftsfüh- Mühlengebäude und richtete dort ein vielbesuchtes rung konnte Frau Bauer den Mühlenbetrieb mehr und ie Kadnarmühle wird schon im Urbar aus 1500 Kultur - und Veranstaltungszentrum ein. Kadnar die Mühle, die damals mit zwei Steinpaaren mehr ausbauen. 1888 wurde die Mühle zur Kunst- erwähnt. 1675 gehörte die Mühle Hans Paczl, und einem Beutelkasten noch recht einfach einge- mühle, sie entsprach damit einem besonderen tech- der jährlich 15 Metzen Korn an Mühlzins der D richtet war. Er ließ sie noch im selben Jahr renovieren. nischen Standard. Herrschaft abzuliefern hatte. Die Mühle wurde von 1903 brannte ein Teil des Gebäudes ab, der Betriebs- den Geschwistern Hans und Elias Päczl sowie Anna raum blieb aber vom Feuer verschont. Johann Kadnar (Stöberin) 1708 an den Meister Hans Feltkhürcher um baute neben der Mühle ein Schwimmbad zur privaten Lkw der Kunstmühle 1.000 fl (Florentiner Gulden) verkauft. Der Vorbesit- Nutzung. Später wurde es zum öffentlichen Bad. Bauer zer war ihr Bruder Caspar Päzel gewesen. (Die unter- schiedliche Schreibweise des Namens entspricht den Karl Kadnar, der Sohn von Johann Kadnar, übernahm jeweils vorliegenden Dokumenten) nach dem Tod des Vaters im Jahr 1919 die Mühle. Er baute sie allmählich aus und erneuerte die Einrich- Durch die Kuruzen wurde die Mühle in Schutt und tung. Sie wurde nach dem 2. Weltkrieg mit einem Asche gelegt und musste neu aufgebaut werden. oberschlächtigen Wasserrad und einem Elektromotor 1785 war Josef Leopold der Besitzer. 1817 scheint betrieben und verfügte über eine Kapazität von 20 q Mathias Simmel als Meister auf, der aus Schlägl, OÖ. (Quintel = 1 Dezitonne [dz] = 100 kg) in 24 Stunden. nach Mattersdorf zugewandert war. Mathias Simmel Der Betrieb arbeitete als Lohnmühle für Mattersburg Die Bevölkerung von Mattersburg wartet zu Ostern 1920 in der war früher Wirt gewesen und wechselte zum Beruf und die Umgebung. Von der Quelle bis zur Einmün- Bauermühle darauf, Mehl zu bekommen. des Müllers. dung des Marzerbaches war die Kadnarmühle nach 1945 die einzige Mühle, die noch mit Wasserkraft be- Im Jahre 1928 wurde die Mühle stark vergrößert. 20 In der 2. Hälfte des 19. Jhdt. übernehmen Johann trieben wurde. Jahre später begann die schon 82-jährige Frau Bau- Krems und Johann Strobl die Mühle. 1889 wurde dem er mit dem Bau eines Getreidesilos mit 40 Waggons Müller Johann Strobl der Bier- und 1890 auch der Der letzte Müller auf der Mühle war der Sohn von Karl, Fassungsraum. Am 12. September 1952 starb Hermi- Weinausschank genehmigt. Die Mühle wurde angeb- Hans Kadnar. In den 90er Jahren des 20. Jhdt. wurde ne Bauer, eine Frau, die den größten Mühlenbetrieben Die Bauermühle, 2017 lich auch als Wirtshaus betrieben. 1896 kauft Johann die Mühle stillgelegt. des Burgenlandes aufgebaut hatte.

14 15 HOFMÜHLE

m Urbar aus 1526 wird die Mühle beim Meierhof als Besitz von Hanns Langseil ausgewiesen. 1621 wurde sie von den Aufständischen um Gabriel Bethlen ausgeraubt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde sie auch mehr- Imals durch Brände zerstört. Die Mühle stand neben den Meierhof in der Hauergasse. Der damalige Besitzer war Hans Höfer.

Diese herrschaftliche Mühle verkaufte Paul Esterhazy 1677 seinem Amtsschreiber Hans Hoyer um 600 fl. Um 1690 war Adam Paur Hofmüller. 1785 und 1815 wird sie im Hotterbuch und im Denkbuch der Gemeinde Matt- ersdorf als Herrschaftsmühle geführt. 1855 scheint Nikolaus Lebinger als Pächter auf.

Am 12. Dezember 1906 wurde von der Marktgemeinde beschlossen, den Mühlkanal von der Bauermühle bis zur Hofmühle zuschütten zu lassen. Daher war ein Mühlbetrieb nicht mehr möglich. 1945 wurde das zerstörte Gebäude abgetragen.

PAUMGARTMÜHLE (RESCHMÜHLE) ie Mühle lag an der Hottergrenze zwischen Mattersdorf und Walbersdorf. 1589 bewirt- D schaftet Christoph Graffensteiner eine Mühle die dem Pfarrer von Mattersdorf gehört. Er zahlt da- her nur 3 Schilling 6 Kreuzer Robotgeld.

1609 war Karl Zaipitz Besitzer des Freihofs Stainhof, zu dem auch die Paumgartmühle gehörte. 1622 ging der Besitz Stainhof und die dazu gehörige Paumgart- mühle an Johann Jacob Rueff. Von der Mühle mussten jährlich 4 1/2 fl. an den Pfarrer von Mattersdorf, 1/2 fl. dem dortigen Schulmeister und 25 kr. an Walbersdorf bezahlt werden. 1649 kaufte Dr. Adam Werner den Das Haus der Hofmühle in der Judengasse, ca. 1930 Edelhof samt der Paumgartmühle. Schon nach einem Jahr verkaufte dieser den Freihof und die Mühle an Freiherrn Nicolaus Joó de Kazaháza. Dieser bezahlte 1653 der Forchtensteiner Müllerzunft für seine Mühle die Herrentax und wurde dadurch berechtigt Müller- 1741 wurde die Mühleneinrichtung erneuert. 1785 war meister, Gesellen und Lehrlinge aufzunehmen. 1659 Maria Leitgeb Besitzerin der „Pongart Mühl“. erfolgte eine Kirchenvisitation, wonach der Pfarrer von der Kirchenmühle Abgaben erhält. 1661 war Mül- Im 19. Jh. war die Mühle Eigentum der Familie Jung- lermeister Mörth Zerowitsch auf der Paumgartmühle. mann. 1890 erwarb Josef Resch die Mühle, sein Sohn Joò vererbte seine Besitzungen dem Grafen Paul Es- Josef hat im Jahre 1925 den letzten Umbau durchge- terhazy gegen eine Bezahlung von 5.000.-- fl. an sei- führt. Den Antrieb besorgten damals ein oberschläch- ne Tochter. So kamen 1666 der Freihof und die Mühle tiges Wasserrad und als Zusatzkraft ein Dieselmotor. wieder in den Besitz der Grafschaft Forchtenstein. Die Tagesleistung betrug etwa 10 q. Die Mühle wurde 1673 kaufte Andre Pleyer die Paumgartmühle um in den letzten Jahrzehnten ihres Bestandes durch- 1.000.-- fl. vom Grafen Esterhazy. Er musste Mühlzins wegs von Pächtern betrieben. Nach der im Jahre 1937 Kauf und Schutzbrief wegen der zu Mattersdorf an die Herrschaft, die Pfarre, an den Schulmeister erfolgten Bachregulierung wurde der Mühlenbetrieb Ansicht des Meierhofes, im Vordergrund die 3-gängige Hofmühle. gewesten Hofmühle vom 22. 4. 1677 und nach Walbersdorf bezahlen. aufgegeben.

16 17 ROIDLMÜHLE 1, WALBERSDORF

ie Pergmühle an der Wulka wurde 1670 von Peter Roidl nach dem Paul Esterhazy an den Edlen Tobias Schaaff Tod seines Vaters die D von Habelsee, als freies Eigengut übertragen. Mühle. Der Witwer Tobias Schaaff von Habelsee war kaiserlicher Diener Peter Roidl heiratet und Rittmeister zu Ross und musste als jährliche Ab- am 19. 8. 1900 The- gabe 20 fl. bezahlen resia Prost.

Nach dem Tod des Maximilian Schaff von Habelsee Kurz nach dem ersten (Sohn von Tobias) 1692 überließen seine Erben die Weltkrieg ließ Peter Mühle dem Edlen Ferdinand Hiemmer kaiserlicher Roidl in die Mühle Rent- und Gegenschreiber in Wr. Neustadt (mit Ein- eine Turbine mit Ge- willigung von Paul Esterhazy) als freies Eigengut. nerator einbauen und versorgte Walbers- dorf (1921) mit elekt- Katastralkarte, 1873 Roidlmühle rischer Energie. Wal- Hochzeitsfoto Peter Roidl bersdorf wurde somit und Theresia Prost früher als Mattersdorf ROIDLMÜHLE 2 elektrifiziert. 1922 wird Josef Roidl der Eigentümer der Mühle und setzt die Arbeit seines Vaters fort. Bald gab (obere Roidlmühle), WALBERSDORF es in Walbersdorf auch eine öffentliche Beleuchtung. Josef Roidl wanderte 1937 nach Südafrika aus. Er ver- ie Mühle lag am Mühlbach wie alle Matters- kaufte die Mühle kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges. dorfer Mühlen. Nach Stilllegung des Baches Der Käufer ist nicht bekannt. Josef Fichtinger ließ die zwischen der Bauermühle und der Hofmühle D Mühle renovieren und nahm 1949 den Betrieb wieder wurde über eine Wehr im Judenviertel das Wasser auf. Die Mühle wird mit einer Turbine und einem Elek- von der Wulka wieder in den Mühlbach abgeleitet. So tromotor angetrieben und hat eine Kapazität von 20 konnten die Paumgartmühle und die obere Roidlmüh- q in 24 Stunden. Heute ist Mathias Dorfmeister Eigen- le im Betrieb bleiben. tümer, aber die Mühle ist längst nicht mehr in Betrieb. Schreiben von Paul Esterhazy Die am sogenannten Mattersdorfer Bach stehende Anmerkung: die unterschiedliche Schreibweise der Namen ent- spricht den jeweils vorliegenden Dokumenten Mühle gehörte 1767 Andreas Wograndl. (Wograndl Das zweigängige Werk gehörte 1767 (1754) Josef war eine Müllerdynastie). Sein Sohn Mathias über- Roidl (Ruhietl), einer Familie, die angeblich aus Tirol nahm die Mühle. Dieser heiratete am 8. 11. 1785 The- eingewandert war. resia Berger aus Rohrbach. Er starb im Jahr 1795 mit 34 Jahren. Seine Witwe Theresia heiratete 1796 den 1767 wird Reter (Better) Roidl als Geselle und 1769 als Müllermeister Peter Festner. Dieser war nicht nur ein Wulkawehr in Mattersburg (Aufnahme aus den 1930er Jahren) Meister. angenommen. Im selben Jahr heiratet Peter tüchtiger Müllermeister, sondern auch Marktrichter Roidl Gertrude Pfeiffer in wo er auch als von Walbersdorf in den Jahren 1801-1803, 1806-12, Nach dem Tod von Peter Roidl führte dessen Witwe mit Müllermeister tätig war. 1814-15, 1818-20 und von 1826-27. ihren Söhnen bis zum II. Weltkrieg den Betrieb weiter. 1794 war Peter Ruydl Zechmeister der Mattersdorfer Müllerzunft Nach dem Tod von Peter Festner übernahm Micha- Bis zur Wulkaregulierung im Jahr 1937 wurde die Müh- el Wograndl die Mühle. Er war Sohn von Mathias und le durch ein oberschlächtiges Wasserrad angetrieben. 1802 wird Reter Ruydl, Sohn von Peter und Gertrude Theresia Wograndl. Seine Tochter Anna war Erbin der Danach wurde der Mühlenkanal aufgelassen, als An- Roidl als Geselle in die Innung aufgenommen. Er hei- Mühle. Sie heiratet 1867 Mathias Roidl, daher wurde triebskraft diente jetzt ein Elektromotor. ratet 1809 Theresia Wograndl. 1811, am Montag nach diese Mühle eine Roidlmühle. Danach war sein Sohn Fronleichnam wurde Peter Ruidl Meister. 1816 wird die Franz Roidl auf der Mühle, der auch eine Bäckerei be- 1946 übernahm Felix Roidl die Mühle und führte diese Mühle repariert. trieb. Nach dem Tod von Franz Roidl und seiner Frau als Schrotmühle und Landesproduktenhandel bis 1967 übernahm Bruder Peter Roidl die Mühle, der auch weiter. In den 1980er Jahren wurden die Mühle, die 1847 war Josef Roidl Eigentümer. 1860 ging die Mühle Müller in der unteren Mühle (Roidlmühle 1) war. Bäckerei und die Wirtschaftsgebäude abgetragen. in den Besitz von Mathias Roidl über. 1896 übernimmt Mühlenzeichnung von Karl Sterbenz, 1965

18 19 DIE WULKA TRITT AUS DEN UFERN

eit einigen Jahrhunderten gibt es Auf- Teile des Berichts vom Mattersdorfer Stadtschreiber zeichnungen über Überschwemmungen (Notär) Jakob Wittmann zum Hochwasserereignis 1796 S in Mattersburg. Hier werden einige be- sonders folgenschwere dokumentiert. VON WITTERUNG, UND GROSSEN WASSER Der Winder zu Ende des 1635 44 Häuser werden durch Überschwem- 1795 ten und anfang 1796 mung zerstört, wahre so gelind und warm, daß zu H. drey - König - 1796 Starke Gewitter mit Hagelschlag verursa- Tag einig Weibsbielter im chen ein großes Hochwasser. Der Haupt- Hof Blosfüssig gesponen platz stand 1,50 m unter Wasser. Das Was- haben: aber der darauf ser drang in die Häuser, Tiere ertranken, folgende Sommer wahre Menschen gerieten in Lebensgefahr Dazu desto schlimer, wegen den strengen Wettern, dann berichtet der Stadtschreiber Jakob Witt- Anno 1796 den 27 sten May, Überschwemmung 1944 mann in seiner Chronik (siehe rechts). welches wahr der Freytag nach Framleichnams Tag, 1813 Starke Regenfälle führen zu großen Über- ist hir ein so strenges Wet- schwemmungen. Der Hauptplatz ist über- ter entstanden, und über flutet. Auch dazu ist in der Chronik von ein ganze Stund lang fast Jakob Wittmann zu lesen (siehe unten) ohne aussezen geschaurt hat, dis Steiner wahren zwar nicht grösser als eine Nuß, doch hat es auf den Feld alles zusam erschlagen: hernach 1883 Im Mai werden Äcker mit ihrer Frucht von kome ein Wasser, das in die meisten Häußer eingegangen, Eisenstadt Landesarchiv Burgenländisches einer Überschwemmung regelrecht weg- in viellen Häusern bey dem Fenster eingerohnen, auf dem gespült. Gebäude werden beschädigt, Platz wahre sein Tiefe 4 bis 5 Schue, aus dem Häusern und Brücken und Stege werden zerstört. Zimern vielle Geräthschaften und Kleitung weg getragen, vielle Schaaf sind ertruncken, vielle Leuth in Lebens - Ge- 1897 Durch Überflutung werden zwei Stege fahr aber doch niemand ertruncken, …. über die Wulka beim Hauptplatz wegge- rissen. Transkription von Wolfgang Steiger Die Bachgasse im „normalen“ Zustand Am 4. Juli 1944 kommt es zu einem besonders mas- hoben den Holzsteg aus der Verankerung, drückten alles an siven Hochwasser im Raum Matterburg. Die Wulka die Brücke und stauten den Bach auf. Die Wulka überflutete Teile des Berichts vom Mattersdorfer Stadtschreiber (Notär) Jakob Wittmann zum Hochwasserereignis 1813 überflutet die Straßen trotz der hohen Ufermauern, die Stadt, das Wasser drang in die Keller und in niedrig gele- die 1937 errichtet worden waren. gene Häuer ein. Unsere Wohnung war neben dem Bach und 1813 VOM GROSSEN WASSER wurde zwei Meter hoch überflutet. Unsere Mitbewohner im Anno 1813 wahre für alle Menschen, und fast in der ganzen Weld, auch für vielle ein Michael Hanbauer hat das Ereignis als siebenjähriges Kind Haus flüchteten auf den Dachboden und die losgebundenen unglücklicher Somer; Es hat hir und in dieser Gegend mit Anfangs des Monaths May Tiere auf den Misthaufen. Schweineställe aus Holz wurden zu Regnen angefangen und hat man wegen der schönsten Regen, auf ein Fruchtbaren erlebt und erzählt: Somer gehofet, und dieses wahre auch in der Tatt erfüllet worden /: ausgenohmen der „Wir wohnten damals in der Bachgasse 4, im Haus vom samt den Tieren mitgeschwemmt. Unser damals 16-jähriger Wein der zu viell Regen bekomen :/. Lebensmittel-Großhändler Herrn Franz Reisner. Am 4. Juli Cousin schwamm durch ein Fenster in unsere Wohnung und Dann da es Anfangs May zu Regnen angefangen so hat es imer fort geregnet daß selden 1944 waren wir mit unserer Mutter – wir waren drei Ge- wurde fast mitgerissen. Er konnte sich an einem schwim- zwey Tag nacheinander schön wahren, die Feld - Arbeiten könten also nicht verricht schwister – bei einer Tante in der Kitaiblgasse. Wir Kinder menden Kasten festhalten. Zwei Tage danach kam unser werden wie es sein solte, doch ist das Meiste Heu noch gut zu Haus gebracht worden, spielten draußen am Bach. Auf der Rosalia ging ein Wolken- Vater vom Militär auf Urlaub nach Hause. Die Möbel wurden die Ackerfrüchten haben in Garm grossen Schaden gelieden, weillen selbe wegen des bruch nieder. Wir merkten, dass das Wasser der Wulka an- zum Säubern in den Bach getragen. Danach übersiedelten überflüssigen Regnen nicht könte eingeführt werden, das Grumath ist vielles auf denen stieg. Als wir nach Hause gehen wollten, wurde uns gesagt, wir in die Schubertstraße. Das schwerbeschädigte Haus lies Wiesen verdorben, oder von der überschwemung fort getragen worden. Den 23, 24, und wir können nicht mehr nach Hause, weil sich bei der Apothe- unser Hausherr Herr Franz Reisner rasch renovieren und wir 25 Augusti hat es förchterlich geregnet und da die Erde durch die von May an angehal- kenbrücke ein Hochwasser gebildet hat. Einige Zeit vorher konnten zurück in unsere Wohnung. tene Regen voll Wasser wahr und nichts mehr einsüncken könte, so sind alle Flüsse aus wurde vor der Apothekenbrücke ein Holzsteg mit Holzram- ihren Rinsall ausgetretten, und grosse Überschwemungen verursachet ... pen unter die Bachdecke angebracht, über die sich die Be- Ein Jahr danach, am Gründonnerstag, den 29. März 1945, Transkription von Wolfgang Steiger völkerung zum Schutz vor Splitterbomben bei Luftangriffen schlug bei einem Bombenangriff eine Splitterbombe in un- in Sicherheit bringen konnte. Die reißenden Wassermassen sere Küche ein und wir mussten wieder umziehen.“

20 21 1965: Den Mai im Jahr 1965 werden viele nicht vergessen: Von Mat- MODERNER HOCHWASSERSCHUTZ tersburg bis zum Neusiedler See stand das prak- tisch unter Wasser. Schon in den 1950er Jahren waren einige harte Regulierungsmaßnahmen bei der Wulka und ihren Neben- flüssen mit viel Stein und Beton vorgenommen worden. Nach dem Hochwasser 1965 wurden weitere ernsthafte Überlegun- gen zum Hochwasserschutz angestrengt, die in den 1970er Jahren zu weitreichenden Pro- jekten führten. Hochwasser 1965, Schloßbergstraße

DI Gabriel Bodi: Hochwassergefährdung Mattersburg und Walbersdorf vor Bau des Rückhaltebeckens

Arbeiter an der Wulka, 1937 Veraltete Regulierungslösung (erbaut 1937) mit steilen Ufermau- ern, Mattersburg

n den 1950er Jahren wurden im Einzugsgebiet viel Stein und Beton, realisiert. Rücksicht auf Natur der Wulka umfangreiche Regulierungsmaß- und Umwelt war damals noch nicht im Bewusstsein nahmen realisiert. Bis zu 300 Leute waren im der Menschen verankert. Einsatz. Im Unterlauf wurden schon naturna- Ihe Lösungen wie z.B. die teilweise Bepflanzung mit Erst in den 1980 kam es zu einem Paradigmenwech- Sträuchern und Bäumen bevorzugt. sel. Zunehmend wurden sensible Maßnahmen im Einklang mit Natur- und Umweltschutz überlegt. Nach dem schweren Hochwasserereignis 1965 wur- Die EU-Wasserrahmenrichtlinie und EU-Hochwas- den in vielen Gemeinden sog. harte Regulierungs- serrichtlinie machten neue Konzepte und Methoden maßnahmen wie auch schon in den 1930er Jahren mit erforderlich.

22 23 KAMPF DER VERSCHMUTZUNG DI Gabriel Bodi

DI Gabriel Bodi: Übersichtsplan der Rückhaltebecken entlang der Luftaufnahme Hochwasserschutz Wulkaprodersdorf Wulka. Stand April 2017. Grün: bereits gebaut, Gelb: weit fortge- schrittenes Planungsstadium, Rot: generelles Projekt Willi Benedek Willi Willi Benedek Willi

Grundsteinlegung 1975 mit den damaligen Landes- räten Dr. Helmut Vogl (li.) und Josef Wiesler (re.) Renaturierte Wulka bei Wulkaprodesdorf Rückhaltebecken am Ortsende von Mattersburg, Richtung Forch- tenstein Willi Benedek Willi Ein echter Neustart setzte aber erst 2006/2007 ein: Abflussuntersuchungen wurden mit modernster Tech- nik durchgeführt, ein Geländemodell erstellt und die Überflutungsräume ermittelt. Für viele Gemeinden an Bundespräsident Kirchschläger besucht die Anlage Diese Tankfahrzeuge zum Ausbringen von Nassschlamm waren bis 2004 im Einsatz der Wulka und ihren Nebengerinnen wurde großer Handlungsbedarf attestiert. Besonders auch für Mat- tersburg. ZENTRALE ABWASSERREINIGUNGSANLAGE IN WULKAPRODERSDORF In den 60er Jahren kam es in Folge des Ausbaues der lebensmittelverarbeitenden Industrie Die Planungsphase für den Bau des Rückhaltebeckens Natürliche Rückhaltebecken an der Wulka in Pöttelsdorf (Konservenfabrik Felix in Mattersburg, Zuckerfabrik Siegendorf) zu einer hohen Abwas- in Mattersburg dauerte von 2009 bis 2011, die Bau- serbelastung der Wulka. Die Gewässergüte der Wulka und des Neusiedler Sees wurde dadurch zeit von November 2011 bis August 2012, aber schon Rückhaltebecken in anderen Gemeinden gebaut, wei- stark beeinträchtigt. beim Hochwasser im Juli 2012 wurde die erste Belas- tere Projekte sind in Planung. tungsprobe bestanden. Bei Hochwasserereignissen Um Abhilfe zu schaffen wurde 1969 der „Wasserverband Wulkatal“ gegründet und von diesem in Wulkaprod- sammelt sich das Wasser im Becken und wird danach Ziel ist es das gesamte Gebiet in allen Gemeinden vor ersdorf die größte Kläranlage im Nordburgenland errichtet. Diese Anlage steht seit 1977 im Betrieb. Hier wer- wieder der Wulka rückgeführt. Im Wulkabett selbst bis zu 100-jährigen Hochwasserereignissen zu schüt- den die Abwässer von 45.000 Einwohnern im Wulkatal sowie die in diesem Raum anfallenden gewerblichen werden keine Arbeiten durchgeführt, der Fluss bleibt zen. Die Kosten für die Baumaßnahmen werden von und industriellen Abwässer nach dem heutigen Stand der Technik gereinigt. Dadurch kann ein wesentlicher naturbelassen. Mittlerweile wurden mehrere derartige Bund, Land und Gemeinden getragen. Beitrag zur Reinhaltung des Neusiedler Sees geleistet werden.

24 25 ERHOLUNGS- UND NATURSCHUTZGEBIET Willi Benedek Willi

ABWASSERVERBAND EISENSTADT – EISBACHTAL

Der 1977 gegründete Abwasserverband Eisenstadt- 2007 auf den Stand der Technik gebracht. Gemein- Eisbachtal mit den Mitgliedsgemeinden Eisenstadt, sam mit dem Wasserverband Wulkatal wurde eine Großhöflein, Müllendorf und Trausdorf übernahm die Anlage zur Klärschlammfaulung errichtet, die Im Aufgabe, für seine Mitgliedsgemeinden die Abwäs- Mai 2015 eröffnet wurde. Die streng geregelte Klär- ser geordnet zu reinigen und über den Eisbach und schlammverwertung in der Landwirtschaft dient der die Wulka dem Neusiedlersee zuzuführen. Erhaltung und Verbesserung der Bodenfruchtbar- Die Anlage wurde laufend modernisiert und 2004- keit.

REINHALTUNGSVERBAND REGION NEUSIEDLER SEE- WESTUFER (RHV-NSW) Altes Wehr bei Wulkaprodersdorf

Durch zahlreiche Reinhalte- und Schutzmaßnahmen entwickelte sich das Wulkatal zum beliebten Erholungs- raum und der Unterlauf der Wulka wurde wieder zum beliebten Fischereigewässer.

Nach Schließung von Mühlen und Kleinkraftwerken entlang der Wulka blieben viele Wehre bestehen, die oft Hindernisse für die Fischmigration darstellen und so das Leben vieler Fischarten gefährden. In den letzten Jahr- zehnten wurden daher Wehre abgebaut oder Fischwanderhilfen errichtet, um die Fallhöhen zu überwinden.

Der von Menschenhand

unberührt Benedek Willi Josef Weinzettel gehaltene Au- bzw. „Schilfur- wald“ im Mün- dungsbereich bei Schützen am Gebirge und stellt ein Natur- juwel der beson- Der RHV-NSW wurde im Oktober 1996 gegründet neun Mischwasserbehandlungsanlagen betrieben und deren Art dar. und umfasst derzeit neun Mitgliedsgemeinden. Der zeichnet sich durch eine anerkannt hohe Reinigungs- Verband war Bauträger und ist Betreiber der im Jahre leistung aus. Damit hilft sie entscheidend bei der Ent- 2000 in Schützen am Gebirge fertiggestellten Klär- lastung des sensiblen Ökosystems des Neusiedler anlage. Sie wird mit zehn Übernahmebauwerken und Sees mit. Kopfweide am Unterlauf der Wulka Wulkaauen im Oberlauf der Wulka

26 27 SCHWIMMBÄDER IN MATTERSBURG Gemeinde Zemendorf-Stöttera

Das Kadnarbad in der Zwischenkriegszeit (Archiv Wolfgang Steiger)

rüher wurde die Wulka vor allem von Kindern Badeordnung des an den gestauten Stellen auch zum Badever- Kadnarbades aus der Zwischenkriegszeit F gnügen genutzt. Im 19. Jhdt. entstand das erste (Archiv Wolfgang Schwimmbad im Ort. Steiger)

DAS WEDEKIND-SCHWIMMBAD Kinder erkunden Fauna und Flora im Umgehungsgerinne an der Wulka in Zemendorf-Stöttera Ing. Heinrich Wedekind, der beim Bau der Eisenbahn- Durch zahlreiche Bitten der Bevölkerung wurde es zu linie Wiener Neustadt-Ödenburg beschäftigt gewe- Beginn der 1890er Jahre auch für die Öffentlichkeit sen war, wohnte in der Michael Koch Straße Nr. 59. zugänglich gemacht. Das Becken war zunächst nur Er richtete 1891 ein Bad bei seinem Wohnhaus ein, aus Holz gebaut, nach einem Brand erhielt es eine Be- das er auch der Öffentlichkeit zugänglich machte. toneinfassung. Es war 12,5 mal 6,5 m groß und 1,2 bis Es bestand aus einem großen ca. 12 m langen und 1,8 m tief. Während der Woche gab es eigene Herren- durchschnittlich 1,50 m tiefen Schwimmbecken und und Damenstunden, der Freitag war der jüdischen Ein besonders schönes Beispiel findet man in der Gemeinde Zemendorf-Stöttera. Dort wurde ein naturnahes einem durch eine Ziegelmauer getrennten kleineren Bevölkerung vorbehalten. Nach 1945 wurde das Bad Umgehungsgerinne für die Wulka geschaffen, das zur Verbesserung des ökologischen Zustands und der Schwimmbecken für Damen und Kinder. Die beiden auch für die nachmittäglichen Turnstunden von Gym- Wasserqualität beitrug. Gleichzeit entstand ein wertvolles Naherholungsgebiet. Für dieses Projekt erhielt die Becken wurden vom Meierhofbrunnen mittels einer nasiasten benutzt. Das in der Bevölkerung beliebte Gemeinde den Neptun Wasserpreis 2015. 1891 eigens verlegten Leitung gespeist, die wohl ältes- Bad existierte bis in die 1960er Jahre. te Wasserleitung im Ort. Nach dem Zweiten Weltkrieg Mit solchen Renaturierungsprojekten, die sich im weiteren Ausbau befinden, wird auch der Fischreichtum ge- diente das Bad nur mehr als Privatbad. 1950 wurde es FREILUFTBAD MATTERSBURG fördert. Im Oberlauf der Wulka sind die Bachforelle und die Eitel anzutreffen, im Mittel- und Unterlauf findet abgerissen und das Badebecken zugeschüttet. Die Idee für ein Freiluftbad in Mattersburg stammt man zusätzlich eine große Vielfalt von Fischarten. Es besteht allerdings auch die Gefahr von Lebensüber- schon aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, konn- schneidungen durch die Besatzung von exotischen Arten auf Kosten der heimischen Fischpopulation. DAS KADNARBAD te aber erst in der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Johann Kadnar, Besitzer der Kadnar Mühle, errichtete Krieg wieder aufgegriffen werden. Zu Beginn der Ende des 19. Jhdt. ein bei der Mühle gelegenes Ba- 1950er Jahre erstellte Architekt Julius Kappel eine debecken, das nur für private Zwecke gedacht war. städtebauliche Erweiterungsplanung für das Gebiet

28 29 zu beiden Seiten der Bahnbrücke. Darin wurden der Standort der Jubiläumshauptschule, des Pappelsta- dions, die Gestaltung der neuen Ortseinfahrt und die Gartensiedlung (auch „Stalinsiedlung“ genannt) fest- gelegt. Im Anschluss an das Pappelstadion war das QUELLEN Areal für das Schwimmbad vorgesehen. Wegen finan- zieller und wirtschaftlicher Schwierigkeiten wurde der Bau eines Schwimmbades verschoben.

1958 wurden die Architekten Julius Kappel und Hans Deissl von der Stadtgemeinde beauftragt, einen Ent- wurf für ein Schwimmbad zu erstellen. Schon wenig später begann der Bau, jedoch gestalteten sich die INSTITUTIONEN notwendigen umfangreichen Erdaufschüttungen sehr Burgenländisches Landesarchiv, Eisenstadt schwierig, die Arbeiten mussten ausgesetzt werden, Bundesamt für Eich und Vermessungswesen 1962 wurden sie wieder zügig fortgesetzt. 1963 wur- Österreichisches Staatsarchiv de das 33 Meter-Becken sowie das separate Kleinkin- derbecken provisorisch eröffnet. Bald danach wurde GESPRÄCHE zusätzlich auch ein Sportbecken mit 8 Bahnen und ei- Karl Aufner, Amtsleiter Gemeinde Mattersburg ner Größe von 50 mal 20 Metern geplant und gebaut. Am 24. Juni 1967 wurde das Bad in Anwesenheit von Hubert Lang, Geschäftsführer Wasserverband Wulkatal Landeshauptmann Theodor Kery offiziell eröffnet. Die Sepp Herzog, Hobby-Historiker aus Forchtenstein Gesamt-Baukosten für das Schwimmbad betrugen Schwimmbadbau: Arbeiter der Tischlerei Wessely bei der Fertigstellung der Umkleidekabinen rund 4,3 Millionen Schilling. Das Sportbecken musste Michael Hanbauer: Zeitzeuge Hochwasser 1944, Mattersburg nach einiger Zeit zugeschüttet werden. Hallenbad angedacht. Ein Konzept dazu wurde von WHR Helmut Rojacz, Amt der Bgld. Landesregierung, Architekt Herwig Udo Graf ausgearbeitet. Das Hallen- Referatsleiter Wasserwirtschaftliche Planung Zu Beginn der 1970er Jahre wurde im Rahmen der Er- bad wäre mittels einer Brücke in funktioneller Verbin- richtung des städtebaulichen Gesamtkomplexes aus dung mit dem bestehenden Freibad gestanden. Aus fi- Dipl.-Ing. Christof Giefing, Geschäftsführer und Betriebsleiter RHV-NSW Hauptschule, Kulturzentrum und Sporthalle auch ein nanziellen Gründen wurde das Hallenbad nicht gebaut. LITERATUR Allgemeine Landestopographie des Burgenlandes. Band III / hrsg. von der Burgenländischen Landesregierung. Bearbeitet vom Burgenländischen Landesarchiv Eisenstadt

Heimatkunde des Bezirks Mattersburg im Burgenland, hrsg. von der Lehrarbeitsgemeinschaft Mattersburg. Wien; Leipzig: Dt. Verlag für Jugend und Volk, 1931

Kappel, Julius: Die städtebauliche Entwicklung von Mattersburg. In: Burgenländisches Leben. Unpolitische Monatszeitschrift für Wirtschaft und Kultur. Jg. Oktober 1952

Paul, Hans: Unser Schwimmbad. In: Mattersburger Stadtnachrichten. August 1967

Wendrinsky, Rudolf: Die Wulkamühlen geschichtlich und wirtschaftlich gesehen. Eisenstadt, Hausarbeit, 1953

50 Jahre Stadtgemeinde Mattersburg. Im Auftrag der Stadtgemeinde hrsg. und teilweise verfasst von Hans Paul. Mattersburg, 1976

FOTOGRAFIEN Diverse Ansichten aus den Sammlungen von Wolfgang Steiger, Johann Gallis und Sepp Herzog

Fotografen: Josef Weinzettel, Willi Benedek, Mag. Manfred Fiala Mag. Manfred Fiala engagiert sich für den Naturschutzbund Burgenland, ist Ranger im Nationalpark Donauauen und schreibt Bücher. Sein letzter Bildband: „Wildes Burgenland – Luftaufnahme des Schwimmbades um 1970 (Ansichtskarte – Sammlung Johann Gallis) unser Erbe an die nächste Generation

30 Mag. Manfred Fiala Manfred Mag.

DIE MÜNDUNG DER WULKA