Liskor – Erinnern 013 Jahrgang, März 2019, Adar 1 5779 .4 לזכור Liskor –Erinnern Magazin Derhamburger Gesellschaftfürjüdischegenealogiee.V
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
לזכור Liskor – Erinnern Magazin der Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie e.V. Nr. 013 4. Jahrgang, März 2019, Adar 1 5779 4. Jahrgang, לזכור Benjamin Wedeles (1806 – 1865) Vom Zuwanderer zum Hamburger Großkaufmann – Seite 3 Liskor – Erinnern Impressum / Editorial Impressum Liebe Leserinnen und Leser, Herausgeber Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie e.V. Siegfried Wedells, der in Hamburg unvergessene Kunstmäzen und Stifter, gehörte zu den prominenten Persönlichkeiten, Redaktion L: Jürgen Sielemann die ihren Eltern besonders viel zu verdanken hatten. Ohne die K B: Begabung, den Fleiß und das Geschick von Wedells Vater Dr. Jutta Braden, Benjamin Joseph Wedeles wäre sein Sohn Siegfried wohl kaum Dr. Beate-Christine Fiedler ein steinreicher Mann geworden. Deshalb erschien es angebracht, L: Christian Wöhrl Wedeles’ Leben in den Quellen des Staatsarchivs Hamburg D: Frick, Krumbach nachzugehen. Sein beruflicher Aufstieg begann in einer Zeit, Redaktionsadresse als die rechtliche Gleichstellung der Hamburger Juden noch auf Hamburger Gesellschaft für sich warten ließ. Die kämpferische Bittschrift seiner Ehefrau, jüdische Genealogie e.V., c/o Jüdi- die sich beim Hamburger Senat um die Freilassung ihres inhaf- sche Gemeinde in Hamburg, Grindelhof 30, 20146 Hamburg tierten Ehemanns bemühte, flößt Respekt ein. E-Mail: hgjg2011@googlemail. Sylvia Steckmest berichtet von Jenny Lind, der gefeierten com Sängerin. Sie gehörte zu den Weltstars ihrer Zeit und wurde von der Männerwelt angehimmelt. Welcher Junggeselle hätte sie Preis nicht heiraten wollen? Das Rennen machte ein Hamburger 10,00 €. Verkaufspreis durch Mitgliedsbeitrag abgegolten. – Otto Goldschmidt aus alter jüdischer Familie. Michael Studemund-Halevys Beitrag behandelt das lange Vereinskonto Warten von Hamburger Brautpaaren unterschiedlicher Hamburger Gesellschaft für Konfession auf die Zivilehe. Bevor es dazu kam, hatten sich jüdische Genealogie e.V. Hamburger Sparkasse einige Liebende schon im Ausland trauen lassen. IBAN: DE24 2005 0550 1010 2116 29 Sie haben einen Artikel zur Geschichte jüdischer Familien BIC: HASPDEHHXXX Hamburgs geschrieben und möchten ihn ohne Kosten veröffentlichen? Unsere Redaktion würde sich über Ihr Angebot Eingabe von Artikeln Unsere Leser sind eingeladen, sehr freuen. Artikel zur Veröff entlichung zu senden. Die Beiträge ver pfl ichten ausschließlich die Verfasser. Abdrucke aus dieser Zeitschrift Mit herzlichem Gruß sind nur mit dem Einverständnis der Redaktion gestattet. Jürgen Sielemann Copyright © Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie e.V. Liskor – Erinnern. Titelbild Benjamin Joseph Wedeles, Ab- bildung aus dem „Buch der alten Firmen der Freien und Hansestadt Hamburg“, Leipzig um 1930, S. 25 ISSN 2509-4491 2 Liskor – Erinnern J S Die Hamburger Familie Wedeles Kaufl eute und Kunstliebhaber Der Name des Kaufmanns, Kunstsammlers und war,4 kann eine verwandtschaftliche Verbin- Stifters Siegfried Wedells ist in Hamburg nicht dung der Familie Wedeles zur Familie des vergessen. Seit 2003 lautet die Adresse seines Dichters nicht ausgeschlossen werden. Bürgerhauses an der Neuen Benjamin Joseph We- Rabenstraße „Siegfried- deles hatte fünf Geschwis- Wedells-Platz 1“, und noch ter,5 darunter einen um in jüngster Zeit haben sich 1815 geborenen Bruder na- Autoren mit der Biographie mens Moritz, der wie er des verdienten Hamburgers selbst nach Hamburg aus- beschäftigt.1 Die Mittel für wanderte.6 Wie es mit der Wedells gemeinnütziges Rechtsstellung der Juden in Wirken waren vor allem Wedeles’ böhmischem Hei- der erfolgreichen kauf- matort in jener Zeit noch männischen Tätigkeit sei- bestellt war, schilderte We- nes Vaters Benjamin Joseph deles, (der seinen ersten Wedeles zu verdanken. Aus Vornamen Benjamin erst kleinsten Anfängen heraus später führte) 1842 in ei- stieg dieser zu einem au- Benjamin Joseph Wedeles (1806 – 1865) nem Gesuch an den Ham- ßerordentlich vermögenden Abbildung aus dem „Buch der alten burger Senat, das nach der Geschäftsmann auf. Seine Firmen der Freien und Hansestadt damaligen Gepfl ogenheit Laufbahn begann zu einer Hamburg“, Leipzig um 1930, Teil III, S. 25 mit untertänigen Höfl ich- Zeit, als die rechtliche keitsfl oskeln versehen war: Gleichstellung der Juden in Hamburg noch längere Zeit auf sich warten ließ. Ihm und Magnifi ci, wohlgeborne, hochgelahrte, hoch- und seiner Hamburger Familie ist dieser Beitrag wohlweise, hochzuverehrende Herren! gewidmet. Ew. Magnifi zenzen Hoch- und Wohlweisheiten erlaube ich mir Folgendes ergebenst vorzutragen. Ich bin zu Wosseck in Böhmen geboren und steht Benjamin Joseph Wedeles’ mir als ältestem Sohne nach dortigen Landes-Ge- Lebensweg in Hamburg setzen das Recht zu, mich daselbst niederlassen Benjamin Joseph Wedeles wurde 1806 in einem und kaufmännische Geschäfte treiben zu dürfen. böhmischen Dorf namens Wosek2 als Sohn Da ich aber, wie Ew. Magnifi zenzen Hoch- und von Salomon Wedeles und Rachel geb. Bloch Wohlweisheiten aus dem sub No. 1 anliegendem geboren. Der Ort trägt heute den tschechischen Atteste der Vorsteher der hiesigen Deutsch-Israeli- Namen Osek und weist einen jüdischen Fried- tischen Gemeinde zu ersehen belieben, hier etab- hof mit den Gräbern von Franz Kafkas Groß- liert bin und die Rechte eines hiesigen Einwohners eltern auf.3 Hermann Chaim Kafka, der Vater erworben habe, so wünsche ich, meine heimatli- des Dichters, wurde hier geboren, und da Ben- chen Rechte auf einen jüngeren Bruder übertragen jamin Joseph Wedeles’ Schwester Fanny mit zu lassen. Zu dem Ende habe ich mich supplicando einem Träger des Namens Kafka verheiratet an das Oberamt zu Brenporitschen in Böhmen um 4. Jahrgang, Nr. 013 3 Die Hamburger Familie Wedeles Der jüdische Friedhof in Osek7 Beförderung meiner gänzlichen Entlassung aus Hatten die Vorsteher der Jüdischen Gemeinde dortigem Nexu gewendet und von demselben un- wie in Wedeles’ Fall der Aufnahme eines frem- ter anderem die Weisung erhalten, dass ich zuvör- den Staatsangehörigen zugestimmt, so bedurfte derst vom hochweisen Senate dieser Stadt einen es zur Begründung seines Aufenthaltsrechts in Beweis über meine hiesige Aufnahme beizubrin- Hamburg keiner zusätzlichen behördlichen Be- gen habe. stätigung. Demgemäß wurde in der Senats- Ich richte demnach mein gehorsamstes Gesuch an sitzung vom 7.2. entschieden, Ew. Magnifi zenzen Hoch- und Wohlweisheiten dahin: Hochdieselben wollen geneigen, die löbliche dass der Supplicant behufs Erlangung eines Attes- Stadt-Kanzlei zu beauftragen, mir ein Attest des tes dahin [zu unterrichten sei], dass derselbe, Inhalts auszufertigen, dass ich als Einwohner hier nachdem er ausweise beigebrachter Bescheinigung aufgenommen sei und in dieser Hinsicht meiner der Vorsteher der hiesigen Deutsch-Israelitischen Entlassung aus dem Verbande meines Heimat- Gemeinde in die gedachte Gemeinde aufgenom- landes nichts im Wege stehe. men worden, als im hiesigen Nexu stehend anzu- Der hochgeneigten Gewährung meines Gesuches sehen sei und in dieser Hinsicht seiner Entlassung mit Zuversicht entgegensehend, verharre ich mit aus dem Verbande seines Heimatlandes kein Hin- unbegrenzter Hochachtung dernis im Wege stehe, an die Kanzlei des Senats zu Ew. Magnifi zenzen Hoch- und Wohlweisheiten verweisen sei.9 gehorsamster Joseph Wedeles Zu diesem Zeitpunkt hatte Wedeles bereits ei- Hamburg, den 4ten Februar 1842, nige Zeit in Hamburg gelebt10 und mit Manu- selbst verfasst. 8 fakturwaren und Galanteriewaren11 gehandelt. 4 Liskor – Erinnern Im Vorstandsprotokoll der Deutsch-Israeliti- Wedells änderte und in Hamburg als Kunst- schen Gemeinde in Hamburg wurde am 8. Fe- sammler und Stifter bekannt wurde. bruar 1837 vermerkt, dass er mit seinen Steuer- Auch vor der rechtlichen Gleichstellung beiträgen von 1835 und 1836 noch immer im waren Hamburgs Juden zum Dienst im Bür- Rückstand sei. (Wedeles betrieb damals mit germilitär verpfl ichtet. Dieser Dienst war nicht einem Partner namens Levig am Graskeller sonderlich beliebt, kostete er doch viel Zeit und Nr. 17 ein Lager von französischen, schweizeri- Geld für die Anschaff ung der Ausrüstung. schen und anderen Manufakturwaren.) Die Mancher Wehrpfl ichtige schützte deshalb eine Gemeindeältesten übten keine Nachsicht und Krankheit vor, die ihm den Militärdienst un- beschlossen, „dem hochweisen Polizeiherrn möglich machen würde, oder besorgte sich ei- hiervon Anzeige zu machen und denselben zu nen Ersatzmann. Als Benjamin Joseph Wedeles ersuchen, die Quoten à 120 Mark pro Jahr bei- zum Bürgermilitärdienst aufgefordert wurde, treiben zu lassen und allenfalls die Firma dafür plagte ihn ein Fußleiden, das den Argwohn der in Anspruch zu nehmen“.12 Als Wedeles von Rekrutierungskommission erregte: Sein Antrag der Polizeibehörde zur Bezahlung seines Steu- auf Befreiung vom Dienst im Bürgermilitär errückstandes aufgefordert wurde, lenkte er ein: wurde abgelehnt. Doch Wedeles verfügte über Er habe sich nur über die Höhe seiner Steuer- ein ärztliches Attest, das keinen Zweifel an sei- quote beschwert und bäte nur um eine Ermäßi- ner Dienstunfähigkeit ließ. Erneut griff er zum gung. Das wurde abgelehnt.13 Mittel des Bittgesuchs an den Senat und Bald danach trennte sich Wedeles von schrieb am 22. August 1842 das Folgende: seinem Geschäftspartner Levig und betrieb in der Mühlenstraße 41 einen Manufakturwaren- Magnifi ci, wohlgeborne, hochgelahrte, hoch- und handel.14 Im Januar 1840 trat er in die Firma wohlweise, hochzuverehrende Herren! Meyer, Cohn & Co. ein.15 Das Unternehmen Unter dem 4ten dieses Monats ist abseiten der löb- war im Jahr davor von den Kaufl euten Johann lichen Reklamations-Deputation des Bürger-Mi-