Shahsavan, Die Nomaden Des Nordwest-Iran
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DAS TEPPICHMAGAZIN Shahsavan, 2/99 die Nomaden des Nordwest-Iran EDITORIAL Neue Beiträge im Teppichmagazin «torba» Seit dem April 1993 erscheint nun das Teppichmagazin «torba». In 14 Folgen berichteten wir im Gefäss «Auf den Spuren der Nomaden» über das Leben, die Sitten, die Bräuche, die Nöte und Sorgen der Nomaden. Wir begleiteten die Nomaden von der Geburt bis zum Tod. In verschiedenen Ausgaben präsentierten wir die verschiedenen Zeltformen mit ihren Inneneinrichtungen. Sicher gäbe es noch viel Interessantes und Nennenswertes über diese Hirtenvölker zu berichten. Trotzdem verlassen wir dieses Thema und berichten ab der Ausgabe 1/2000 auf den Seiten 22 und 23 über «orientalische Basare und Märkte». Wir wollen einen Einblick in das fremdartige, geheimnisvolle Leben des Geschäftsalltags im Morgenland, in die exotisch bunte Verkaufswelt vermitteln. Das farbige Bild der Basare bestimmen die Händler, die Kunsthandwerker und ihre Waren. Jeder Basar hat seine Eigenart, seine Spezialität, die wir erläutern. Wir möchten Ihnen Geräusche, Farben und Gerüche aufzeigen. Ich freue mich darauf. Die Mitglieder des Verbandes hatten die Gelegenheit, in der «Galerie» spezielle Stücke zu präsentieren. Leider wurde diese Möglichkeit zu wenig genutzt. Ab dieser Ausgabe finden Sie das neue Gefäss «Schaufenster». Der Orientteppichmarkt ist im steten Wandel. Die Hersteller sind bemüht, sich dem Markt zu stellen. Neue Qualitäten und Muster erwarten uns an den internationalen Messen. Kaum ist ein neuer und guter Teppich auf dem Markt, wird er auch schon von Nachknüpfländern oder Mitkonkurrenten in minderer Qualität kopiert. Wir als Vermittler sind gefordert und versuchen das Beste vom grossen Angebot auszulesen. Mit der neuen zweiseitigen Reportage präsentieren wir Ihnen das aktuell Neue und Gute. Edi Kistler 2 I N H A L T DAS TEPPICHMAGAZIN 2/99 7. Jahrgang Eine Publikation der SOV (Schweizerische Orientteppich- händler Vereinigung/Association suisse des commerçants en tapis d'orient) Herausgeberin: SOV Erscheint zweimal jährlich in deutscher und französischer Sprache. Erhältlich in allen SOV- Fachgeschäften oder über die Redaktion im Abonnement. PC Konto 80-28167-7 (Fr. 20.– für vier Ausgaben) Redaktionsadresse: Postfach 361, 3250 Lyss e-mail: [email protected] Redaktionsteam: R. J. Gans, M. Fischer, E. Kistler, A. König, J. Linsi, R. Nicole Redaktionelle Beratung RUBRIKEN ARCHITEKTUR und Lektorat: 4 Werkstatt 17 Chehel Sotun-Palast in Isfahan Alice Baumann, Journalistin BR, 14 Schaufenster Bern 16 Ausstellungen Gestaltung: 18 Geschichte Oliver Salchli, Biel 18 Gericht Lithografie: 21 Service Ruma Foto und Litho AG, Biel GEGENSTAND Druck: Farbendruck Weber AG, Biel 5 Der unersetzbare Zählrahmen Autoren «Chortgeh» und Fotografen dieser Ausgabe: J. Gans, E. Kistler, A. König, torba REPORT F O K U S R. Nicole 6 Shahsavan 19 Ein Heriz von der besten Sorte (die dem Schah dienen) INTERIEUR Das Copyright der Texte und 20 Attika-Wohnung Fotos liegt bei den Autoren und auf dem Gipfel eines Hügels Fotografen. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit deren REPORTAGE Genehmigung gestattet (Kontakt über die Redaktion). «torba» bedeutet im Türkischen «Tasche». Im möbellosen Haus- halt der Nomaden enthält sie Vorräte und Gebrauchsgegenstän- de; sie wird im Zelt aufgehängt und ist auf der Vorderseite kunst- 22 Auf den Spuren der Nomaden: voll geknüpft oder gewebt. Das halbkugelförmige «Die Hand der Fatima», das Signet Filzzelt «Alachiq» der SOV, ist ein Schutz- und der Shahsavan Nomaden Glücksymbol mit magischen Kräf- ten: Es soll Böses abwenden und seinem Besitzer Glück bringen. Titelbild: Moghan Chanteh, 25 x 25 cm. torba 2/99 3 WERKSTATT Die Welt der Teppichherstellung (Teil 14) Farben und Färben die Bedeutung des natürlichen Pro- und Oxidationsverfahren gewann dukts sehr schnell abnahm. man den Küpenfarbstoff Indigo, oder man legte die zu färbenden Garne Färberwaid einfach in einen Blätterbrei, bis die Der Färberwaid, ein Kreuzblütler, ist natürlichen Reduktions- und Oxida- eine zweijährige Pflanze, die im ersten tionsprozesse zu einer Ausfällung Farbstoffe in Blau Jahr nur eine Blattrosette bildet und des blauen Farbstoffes Indigo auf der Alle Blaufärbungen enthalten entwe- im zweiten einen etwa zwei Meter Faser führten. der Indigo oder ein Derivat des Indi- hohen Stengel entwickelt. Zum go, die Indigo-Disulfonsäure. Sie Färben wurden die Blätter verwendet, Indigostrauch entsteht durch Behandlung des Indi- die den nicht färbenden Stoff Indican Die in Indien seit mehr als 4000 Jah- go mit konzentrierter Schwefelsäure enthalten. In komplizierten Gärungs- ren kultivierte Pflanze Indigotera und ist im Gegensatz zum Indigo tinctoria ist ein Schmetterlingsblüt- ein wasserlöslicher Farbstoff, der auf ler, der 30 mal mehr Indigo liefert als Alaunbeize auch direkt blau färbt; der Färberwaid. Der blaue Farbstoff dabei werden allerdings nur hellblaue aus Indien war schon im alten Ägyp- bis mittelblaue Töne erreicht. Diese ten bekannt. Die Römer nannten ihn Blaufärbungen haben den Nachteil, indicum, die Araber anil (Chemiker nicht immer waschecht zu sein. Die nannten dann l826 einen aus Indigo tiefblauen Färbungen sind dagegen hergestellten chemischen Stoff Ani- stets Indigofärbungen. lin). Die Araber versuchten l320 bei Der Färberwaid «Isatis tinctoria» Jericho Indigofera tinctoria anzubau- wurde in Europa bis ins 17. Jh. en, aber ohne Erfolg: Die Pflanze kultiviert. Dann wurde er jedoch braucht ein tropisches Klima. durch importiertes Indigo namens Wir können annehmen, dass in den «Indigofera tinctoria» verdrängt, osmanischen Manufakturen der teure da Indigofera-Arten bis zu 30 mal Indigo aus Indien verwendet wurde. mehr Indigo enthalten. Im dörflichen Bereich dürfte sich aber Die technische Synthese des Indigo – wie in Mitteleuropa – der Färber- durch Bayer 1897 erlaubte eine wirt- waid noch bis ins l9. Jahrhundert schaftlichere Herstellung, so dass behauptet haben. Färbeversuch Deren gelbe bis bräunliche Färbung Wolle ca. 5 Min. in der «Küpe» 2 g feingepulvertes Indigo, 4 g NaOH- ist die des Indigophenolats. In die- lassen (Bild 4). Plätzchen (Natronhydroxid) und 4 g se «Leikoindigo»-Lösung zusätzlich Die Wolle nimmt beim Herausneh- Natriumdithionit und etwa 2 dl Was- ca. 1 l warmes Wasser geben. Diese men an der Luft rasch eine Blau- ser auf etwa 70° erwärmen (Bild 1). «Küpe» ca. 100° erhitzen (Bild 2). färbung an, die im Verlauf des Das wasserunlösliche Indigopulver, Die «Küpe» ist nun bereit zur «Verhängens» zunehmend intensi- die Plätzchen, lösen sich allmählich Aufnahme der zur färbenden Wolle ver wird (Bild 5). auf zu einer klaren Flüssigkeit. (Bild 3). 4 torba 2/99 GEGENSTAND Der unersetzbare Zählrahmen Beim Einkauf bei einem meiner Flachgewebe- Händler im Teheraner Teppichbasar staunte «Chortgeh» ich nicht schlecht. Denn als ich den Händler fragte, ob sich der Preis dieser Stücke wohl noch etwas reduzieren liesse, nahm er seinen «Chortgeh» Zählrahmen, obschon auf dem kleinen Schreibtisch ein Taschenrechner lag. Er schob kurze Zeit die Holzperlen hin Ebenfalls von Chi- und her, nickte mit dem Kopf und na aus dürfte das nannte mir die neue Gesamtsumme. Rechenbrett nach Mein Interesse war geweckt, ich wollte Russland und in mehr über diesen Zählrahmen wissen: den Fernen Osten gekommen sein. Die Entstehung von Zahlzeichen Russlands Abakus und Zahlsystemen mit dem Namen Über Jahrhunderte hinweg bediente «Stschoty» wurde Chortgeh Zahlen auf null. Hier die Zahl 257 646. sich der Mensch zum Zählen und Rech- noch im 20. Jh. nen seiner zehn Finger. Dies erklärt erfolgreich verwendet. Mein Teppichhändler rechnete nur auch, warum alle frühgeschichtlichen Der Aufbau des «Chortgeh» unter- noch mit den rechtsliegenden 8 Reihen, Zahlensysteme die Anzahl Finger oder scheidet sich von dem des Abakus: Der und das geht immerhin bis 99 999 999 ein Vielfaches davon verwendeten. Abakus hat 13 Zahlenreihen mit einem Tuman (10 Rial), das entspricht etwa Die einfachste Rechenmaschine war Querstab. Die 5 Kugeln unterhalb des 160 000 $. der vermutlich um 3000 v. Chr. von Querstabes zählen Einheit 1 (also 1, 10, Geübte Benutzer des Zählrahmens den Babyloniern erfundene «Abakus», 100... je nach Stange), die 2 Kugeln sind bei den Grundrechenarten gleich der, von mehreren Kulturkreisen oberhalb des Querstabes zählen 5 Ein- schnell wie jemand mit dem Taschen- übernommen, als Rechenhilfe für die heiten (also 5, 50, 500...). rechner! Zwei sechsstellige Zahlen sind vier Grundrechnungsarten benutzt Der Chortgeh und der Stschoty aber sogar schneller miteinander multipli- wurde. bestehen aus 12 Reihen mit unter- ziert als wir es mit der schriftlichen Ursprünglich handelte es sich um ein schiedlicher Kugelzahl, dezimal für Methode können. Bei der schriftlichen mit Sand bestreutes Holzbrett, auf dem Tuman, Rial und Sanari und quartal für Multiplikation wird jede Ziffer des die Zahlzeichen geschrieben wurden. Abasi und Dashai: Die Reihe rechts Multiplikanden als Zwischenresultat Dann aber entwickelte sich der Abakus aussen zählt 4 Kugeln, wovon 1 weisse, hingeschrieben. Mit dem Zählrahmen zum hölzernen Rechenbrett mit frei 2 schwarze und 1 weisse. Die nächsten wird die Zwischensumme sofort zur beweglichen oder in Rillen verschieb- zwei Reihen bestehen aus je 10 Kugeln Endsumme hinzuadiert. baren Rechensteinen, von deren mit 4 weissen, 2 schwarzen und wie- Der «Chortgeh» wird trotz des Compu- Stellung ihr Zahlenwert abhing. derum 4 weissen. Die vierte Reihe terzeitalters noch einige Zeit in den ori- Von den Römern wurde das Rechen- umfasst 1 weisse, 2 schwarze und entalischen Basaren des Irans