C&D Bluegrass | Er brennt

Bei diesem Namen schwingt ja bei mir so viel an Gefühlen und Assoziationen mit. Ich halte die kleine blau, weiss, schwarze Blechdose in Händen auf der eine stilisierte Mandoline und der Name in schwarz in einem klassischen Saloon-Font abgebildet sind und lasse meine Gedanken schweifen.

Für die erste Füllung habe ich eine zarte, filterlose Poker von Foundation by Musico vorgesehen. Da ich weder Mandoline noch besitze, erscheint mir eine Westerngitarre noch am geeignetsten für ein gemeinsames Foto. Ich knipse mit dem Handy wild herum, alle Fotos werden irgendwie schief, ich sollte mir etwas mehr Mühe geben und eine Kamera und ein Stativ verwenden, ausserdem wäre eine Fotoleuchte eine Bereicherung. Aber ich will den Tabak probieren und habe keine Lust.

„Wieso erwähnt er jetzt eigentlich schon wieder diese bescheuerte Mandoline?“, denkt sich vielleicht der eine oder andere Leser. „Was ist überhaupt eine Mandarine Mandoline und was hat die mit einem Tabak zu tun, der blaues Gras heisst.“

Nein, natürlich fragen sich unsere Leser so etwas nicht, schliesslich sind sie umfassend gebildet, weltoffen und in sämtlichen Musikstilen der Welt zuhause. Ich erkläre es trotzdem, nur um mich wichtig zu machen und mit meinem Wissen zu prahlen. „Bluegrass“ nennt man eine Musikrichtung aus der amerikanischen Volksmusik – Country- Music. Benannt ist diese Mischung aus Hillbilly- Country, und Swing nach der ersten Band, welche sich nach ihrem Heimatstaat Kentucky – dem Bluegrass State – „ and his Blue Grass Boys“ nannten.

Wikipedia erklärt mir, dass mit Bluegrass das von den nährstoffreichen Böden Kentuckys gesättigte, bläulich wirkende Gras gemeint ist. Soviel zum blauen Gras. Die vorherrschenden Instrumente des Bluegrass sind die Mandoline, die Fidel und das Banjo. Interessanterweise wird meist auf das Schlagzeug verzichtet, dafür schlagen die Begleitinstrumente einen sehr eingängigen und typischen Rhythmus.

Jetzt stürmen die Assoziationen oder? Das Kopfkino beginnt: Die Soggy-Botton-Boys singen in eine Blechdose, die Smokey- Mountains, der Appalachian Trail, selbstgebrannter Rye- Whiskey, Landwirte in karierten Hemden ohne nennenswerte Schulbildung, Allison Krauss, Earl Scruggs und die Grand Ole Opry … Na, also geht doch und jetzt schnell die Dose öffnen:

„Ketchup und Grass!“

Na ja, der Ketchup Geruch wird wieder vergehen, der ist halt typisch für die amerikanische Tabak Einweck-Methode, der Grasgeruch wird bleiben. Virginias hell und rot, eine kräftige Prise Perique und Dark Fired Kentucky verspricht der Hersteller Cornell & Diehl.

Ich höre etwas Alison Krauss, den Soundtrack von „Brother where are thou“, Dolly Partons legendäre Live-Show „Heartsongs“ aus ihrer Smokey Mountain Heimat und rauche dabei.

Ich geniesse diese Stunde der Muße und die gedanklichen Reise durch den Bluegrass State, aber der Tabak, ich bin etwas ratlos, nach was hat er noch gleich geschmeckt? Ich weiss es nicht.

Am nächsten Tag trifft sich wieder der Münchner Pfeifenclub in den Räumen am Gollierplatz, dorthin werde ich ihn mitnehmen, sollen sich doch die anderen mal dazu äussern.

Und das haben sie dann auch. Vier weitere Herren fanden sich neugierig auf diesen, nur in den USA erhältlichen Tabak, und wir kamen zu einem einstimmigen und eindeutigen Ergebnis: „Er brennt“.

Musiktipp: Pokey LaFarge: „Pokey LaFarge“ Pokey LaFarge – Vinyl

Pokey LaFarge geboren 1983 in Illinois könnte man etwas bösartig als eine Art Hill-Billy Max Raabe bezeichnen. Auch er scheint ganz in der Musik und dem Lebensstil der 20er Jahre aufzugehen, nur eben irgendwie Middle-West. Stets topp gekleidet ob in Raw Denim oder Anzug, schrille Krawatten, Einstecktuch und Hut, wie direkt aus HBO Serie Boardwalk Empire für die er tatsächlich einmal mit seiner Version des “Lovesick Blues” den Soundtrack beigesteuert hat.

Die musikalische Richtung bewegt sich zwischen , , Country Blues und auch eine Prise Swing. Für sein Album „Pokey LaFarge“ konnte er (ehem. Whitestripes) als Förderer und Produzent gewinnen. Diese oftmals auch „Root“s genannte Musikrichtung bekommt drüben über dem Teich gerade einige Fahrt. Piano, Gitarre, Schlagwerk, Bläser, Bass, Banjo und die unverwechselbare Stimme von Pokey machen diese Platte zu einem absoluten Hörgenuss, da wippt der Fuß im schwarz/weißen Spectator. Pokey LaFarge – Vinyl

Diese Platte ist definitiv nur auf Vinyl zu hören, alles andere wäre ein Frevel und dann sollten noch ein paar olle Röhren zwischen dem Plattenteller und den Boxen schön warm herumbrummeln. Für digitale Menschen liegt der Vinyl ein Download-Code bei, mit dem man 320 kBit/s mp3 Files herunterladen kann.

Bourbon IW Harper

Wer keine PuM Poker von 2014 ergattern konntet, könnte sich zur Not mit einer anderen Pfeife dieses Shapes behelfen, gefüllt sollte sie mit Virginia, Dark Fired Kentucky und Burley werden. Meine besondere Empfehlung wäre Peter Heinrichs Nr.110, das sind die kleinen, elegant gestreiften Flake Scheiben, die mit eine wenig Süße, aber auch einer ordentlichen zigarrigkeit aufwarten. Dazu ein Glas Bourbon oder besser noch Rye-Whiskey. Ich trinke in Ermangelung eines anderen Amerikaners meinen letzten I.W. HARPER 12 Jahre und zwar mit Eis und wer mich dafür rechts und links mit Watschen eindecken möchte und von Münchner Dekandez spricht, dem sage ich, dass er diesmal ausnahmsweise Recht hat.

Viel Spass beim Hören, Trinken und Rauchen