5 Eike Amthauer Haltung und Zucht von Chiropterotriton orculus (Cope, 1865)

9 Wolf-Rüdiger Grosse, Alice Petzold & Frank Mutschmann Erkrankung beim Barren-Tigersalamander (Ambystoma mavortium)

12 Daniel Reinacher Erfahrungen mit der Haltung und Zucht von Ranitomeya benedicta

16 Sandy Reinhard, Sebastian Voitel & Alexander Kupfer Haltung und Vermehrung des kleinen Armmolchs intermedia mit Berichten zum Fortpflanzungs- und Brutpflegeverhalten

25 Joachim Nerz Echinotriton andersoni, ein uriger aus dem Süden Japans

32 Wolf-Rüdiger Grosse amphibia – Literatur – Magazin

amphibia, 14(1), 2015 3 Editorial

Liebe Leser der „amphibia“,

ich begrüße Sie wieder herzlich auf den ser Hobby, aber auch um den Natur- und Seiten des neuen Jahrganges der „amphibia“. Artenschutz. Die digitale „Infopost für die Ein großer Bogen spannt sich um unser Ho- Mitglieder der DGHT“ ist dabei ein gutes bby und so standen im vergangenen Herbst Medium zur aktuellen Information. Die Jubiläen an, derer es sich lohnt zu erinnern. DGHT hat dem Umweltministerium in 25 Jahre AG Urodela und etliche Beiträge NRW eine Stellungnahme zum geplanten auf der Jahrestagung 2014 in Gersfeld be- Gefahrtiergesetz übermittelt. Wir sehen schäftigten sich mit diesem Thema. Auf der das Gesetzesvorhaben außerordentlich kri- Tagung vom 27. bis 29. Oktober 1989 im Fo- tisch. Die DGHT zeigt Schwachstellen des rellenhof in Altenfeld in der Rhön wurde die Entwurfs auf und liefert vernünftige Gegen- Gründung der AG Urodela in der DGHT vorschläge (s.a. Infopost 5/2014). Hier sind beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt bestand sicher auch Aktivitäten der AG`s gefragt. im Ostteil Deutschlands zwar schon seit 25 In Gersfeld haben wir das Konzept zu dem Jahren eine ZAG Amphibien, aber im Ok- geplanten zweiten Teil unseres sehr erfolg- tober 1989 hatten die Terrarienfreunde dort reich aufgenommenen Mertensiella-Bandes andere Sorgen. Doch es kam schon 1992 zu „Gefährdete Molch- und Salamanderarten, einem Treffen der AG Urodela und der ZAG Richtlinien für Erhaltungszuchten“ vorge- Amphibien bei den Frühjahrstagungen in stellt, wozu wir auch noch Mitstreiter su- Halle/Saale. Referenten auf der Tagung am chen (s.a. ag-urodela.de). Und wie modern 11.4.1992 waren die Freunde Fleck, Rimpp, unsere Hobbyarbeit ist, haben Forscher aus Mudrack, Koepernik, Große, Markert und Dresden herausgefunden: Die Zellen des Masurat. Beide AG’s trafen sich dann noch Axolotls verhalten sich bei der Reparatur einmal auf der Tagung anlässlich des 50. To- von Geweben wie Säugetier-Zellen (s.a. Na- destages von Willy Wolterstorff im Jahre ture 2009). Aber auch unsere europäischen 1993 in Magdeburg. Und es sind viele Ter- Molche und Salamander sind durch einen rarienfreunde der ersten Stunde auch heu- neuen pathogenen Pilz stark bedroht, wie te noch in unserer AG Urodela aktiv! In kürzlich bekannt wurde. Auch hier müssen 2014 sind als erfreuliche Jubiläen der 90. wir wachsam sein. Geburtstag unseres Ehrenmitgliedes Fritz Ich wünsche allen Lesern der Hefte 1 und Rehberg und der 80. Geburtstag von Jürgen 2 vom Jahrgang 2015 viel Freude beim Lesen Kühn zu nennen – Beiden alles Gute wei- und rechne auch im neuen Jahr wieder auf terhin. Ihre bewährte Mitarbeit. Die DGHT leistete im vergangenen Jahr wieder Schwerstarbeit im Kampf um un- Wolf-Rüdiger Große

4 amphibia, 14(1), 2015 Eike Amthauer

Haltung und Zucht von Chiropterotriton orculus (Cope, 1865)

Chiropterotriton orculus (Cope’s Flat- liche aber geringe jahreszeitliche Schwan- footed Salamander, Cope’s Plattfuß-Sal- kungen auszeichnet. C. orculus kommt in amander) ist ein kleiner Salamander der unterschiedlichen Farbvarianten vor. Die Familie der Plethodontidae (Lungenlose Tiere können in schwarz, grau, verschie- Salamander) aus dem zentralen Hoch- denen Brauntönen sowie kupferfarben land von Mexico. Bekannte Fundorte lie- auftreten. Die Maximalgröße beträgt etwa gen am Popocatepetl und bei Rio Frio im 10 cm. westlichen Puebla. Die Art bewohnt dort Haltung Pinien-Eichen - Wälder in einer Höhe um Ich halte die Art seit 1996 und konnte 3000 m ü NN. Der Salamander ist ein ty- sie in diesem Zeitraum bisher zweimal ver- pischer Totholzbewohner und wird fast mehren. Mein ältestes Tier erreichte ein immer unter Rinde, in morschen Stubben Alter von 16 Jahren. Die Haltungsbedin- oder unter Holzstapeln gefunden. In ge- gungen sind denkbar einfach. Ein festge- eigneten Habitaten können die Tiere sehr stampfter Lehmboden, der immer so feucht häufig sein. Wir konnten einmal zu dritt auf einer Fläche von ca. 1000 m² über 100 Individuen fin- den. Sympatrisch kommt Pseudoeurycea lepro- sa vor. Darüber hinaus konnten in der näheren Umgebung Populationen von Sceleoporus aeneus, Barisia imbricata und Eumeces spec. gefunden werden. Das Hochland von Mexiko ist ein Som- merregengebiet, das sich durch große tageszeit-

Abb. 1: Der Vulkan Popocate- petl (ca. 3000 m ü NN), Lebensraum von Chiropterotriton orculus und Pseudo- eurycea leprosa. Foto: E. Amthauer

amphibia, 14(1), 2015 5 Eike Amthauer

gehalten wird, dass er keine Risse bildet, schwänze wurden (von adulten Tiere) nicht wird bedeckt mit einer Schicht aus Eichen- beachtet. Die Becken stehen in einem küh- laub und Moos. Darauf kommen gestapelte len Keller in dem die Luftfeuchtigkeit nie Rindenstücke unterschiedlicher Laubbäu- unter 60% fällt und in dem die Temperatur me. Bei mir leben die Tiere in Aquarien, zwischen 8°C und 25°C variiert. Unter 11°C deren Deckel zu mindestens 50% aus Gaze und über 22°C fressen die Tiere nicht mehr. besteht (40x30x30 cm LBH) ohne jegliche Fortpflanzung Technik und nur mit indirekter Beleuch- Paarungsverhalten konnte ich nur sel- tung. In einem solchen Behälter halte ich ten beobachten und nie fotografieren, da bis zu sieben Tiere. Sicherlich wäre es mög- es beim Einschalten jedweder Lichtquelle lich ein größeres bepflanztes Terrarium zu sofort abgebrochen wird. Wie bei Pletho- verwenden, aber dann wären die notwen- dontiden üblich, verfolgt das Männchen digen Kontrollen der Tiere stark erschwert. das Weibchen und versucht es durch Rei- Es wäre nicht möglich zu erkennen, ob alle ben der Kinndrüse über den Rücken und Tiere genug Futter bekommen. Die Sala- die Schwanzwurzel in Paarungsstimmung mander lassen sich in einem unbeleuchte- zu bringen. Die Eiablage erfolgt in der Na- ten Terrarium häufiger sehen. Bei mir fres- tur im Winter, d.h. während der dortigen sen die Tiere kleine Heimchen und Grillen, Trockenzeit. Auch im Terrarium konnte ich Ofenfischchen, kleine Drosophila, Bohnen- Gelege am 22.12.10 (I), 28.3.11 (II), 29.12.11 käfer, weiße Asseln sowie Larven vom Ge- (III) und 19.2.12 (IV) beobachten. Die Weib- treideschimmelkäfer und Wiesenplankton chen betreiben Brutpflege und verbringen entsprechender Größe. Große Drosophila die meiste Zeit eng um das Gelege geringelt. (D. hydei) wurden abgelehnt und Spring- Die Nahrungsaufnahme wird in dieser Zeit nicht eingestellt, allerdings habe ich nie erlebt, dass die Weibchen aktiv auf Nah- rungssuche gingen. Die Gelege bestanden jeweils aus 6-10 Eiern. Allerdings wagte ich nicht die Tiere über Gebühr zu stören, so dass eine gewisse Un- sicherheit besteht, was die Eizahl angeht. Die Gelege schlüpften um den 15.5.11 (Gelege I), 22.5.12 (III) und 2.7.12 (IV). Gelege II wur- de leider gefressen. Der Schlupf der Jungtiere zog

Abb. 2: Unterschiedliche Farb- formen von C. orculus. Foto: E. Amthauer

6 amphibia, 14(1), 2015 Haltung und Zucht von Chiropterotriton orculus (Cope, 1865)

Abb. 3: Unterschiedliche Farb- formen von C. orculus. Foto: E. Amthauer

Abb. 4: Ein Weibchen mit Gelege. Foto: E. Amthauer

Abb. 5: Oft befinden sich die Gelege in unmittel- barer Nachbarschaft zueinander. Foto: E. Amthauer

amphibia, 14(1), 2015 7 Eike Amthauer

Abb. 6: Frisch geschlüpftes Jungtier. Foto: E. Amthauer

sich jeweils über 5 Tage hin. Wie aus den Literatur Bildern hervorgeht „brüteten“ die Weib- Darda, D.A. (1994): Allozyme Variation chen beide Male in unmittelbarer Nachbar- and Morphological Evolution among Mex- schaft zu einander. Auffallend war, dass ich ican of the Genus Chiroptero- nie Anzeichen von Territorialität beobachte triton (Caudata: Plethodontidae). - Herpe- konnte (in einer Gruppe aus 2,5 Männ- tologica 50(2): 164-187. chen,Weibchen), mit Ausnahme der Brut- Raffaëlli, J. (2007): LES URODÈLES zeit in der die beiden Weibchen keine ande- DU MONDE. - Edition Penclen, Paris. ren Tiere unter demselben Rindenstück to- Wake, D. B. & J. F. Lynch (1976): The dis- lerierten. Die Jungtiere entfernten sich sehr tribution, ecology, and evolutionary histo- rasch nach dem Schlupf und wurden unter ry of plethodontid salamanders in tropical den gleichen Bedingungen wie die Adulten America. - Sci. Bull. Nat. Hist. Mus. Los An- aufgezogen. Dazu verwendete ich eine Pla- geles Co. 25: 1-65. stikdose (16x16x11 cm, LBH) und fütterte mit Springschwänzen, kleinsten weißen As- Eingangsdatum: 23.3.2014 seln, gesiebtem Wiesenplankton sowie klei- Lektorat: I. Kraushaar nen Arthropoden aus einer Berlese-Appara- tur. Von Gelege I überlebten vier bis ins er- Autor wachsene Alter. 10 Jungtiere aus Gelege III Dipl. Biol. Eike Amthauer und IV wurden im Alter von sechs Monaten Häggemåla 302 abgegeben. Im Jahr 2012 zogen die Tiere in S - 38493 Ålem. ein neues Terrarium um und ein Männchen Schweden starb. Seitdem wurden leider keine neuen Email: [email protected] Gelege produziert.

8 amphibia, 14(1), 2015 Wolf-Rüdiger Grosse, Alice Petzold & Frank Mutschmann

Erkrankung beim Barren-Tigersalamander (Ambystoma mavortium)

Barren-Tigersalamander (Ambystoma Terrarien (100 cm lang, 45 cm breit und 40 mavortium) gehören mit zu den größten cm hoch) mit sicherer Abdeckung und Lüf- an Land lebenden Salamandern überhaupt tungsschlitzen (Grosse & Schultschik (Petranka 1998). Der Barren-Tigersala- 2013). Außerhalb der Fortpflanzungs- mander (engl. Barred Tiger Salamander) zeit werden die Tiere in einem Terrarium wird zwischen 15 bis 35 cm groß, der Durch- für Landsalamander gehalten. Den Unter- schnitt liegt bei 22 cm. Die Körpergrundfar- grund bildet eine gute Drainageschicht in be des Barren-Tigersalamanders ist schwarz Form von grobkörnigem Kies. Als Substrat bis schwarzgrau mit gelben „barrenför- wird ein feuchtes Gemisch aus Lauberde, migen“ Zeichnungselementen. Die vom Er- Torf, Laub und Moos ins Terrarium einge- stautor gehaltenen Tiere haben eine Länge bracht. Die Substrathöhe beträgt 10-15 cm. von 26-28 cm. Barren-Tigersalamander leben in selbst ge- grabenen Gängen. Sie erscheinen nur für Haltung die Nahrungssuche an der Oberfläche oder Auf Grund ihrer Größe benötigen Bar- wenn Paarungszeit ist. Für eine gute Durch- ren-Tigersalamander sehr großräumige lüftung ist zu sorgen, ebenso für eine ausrei-

Abb. 1: Barren-Tigersalamander im Aquaterrarium. Foto: W.-R. Grosse amphibia, 14(1), 2015 9 Wolf-Rüdiger Grosse, Alice Petzold & Frank Mutschmann

chend gute Abdeckung des Terrariums. Bar- ren-Tigersalamander regelmäßig und kom- ren-Tigersalamander sind sehr kräftige Sal- plett zu wechseln. In der aquatischen Le- amander und öffnen die Behälter. Auf eine bensphase heißt das, einmal wöchentlich zusätzliche Beleuchtung und Beheizung das Aquaterrarium zur Hälfte der Höhe zu wurde verzichtet. fluten und das schmutzige Wasser danach Etwa im März verwandelt sich der Behäl- abzusaugen. Die Salamander schwimmen ter in ein Aquaterrarium mit großkamm- dabei „scheinbar fröhlich“ herum. Vielleicht rigen Hohlziegeln, Rindenscheiben und ei- stimuliert der wöchentliche Temperatur- ner dicken Kiesschicht (Abb. 1). Der sehr und Wasserwechsel die Tiere auch zur Paa- grobe Kies wird randständig geschoben, so rung. dass eine 10 cm tiefe Mulde entsteht, wo sich das Wasser sammelt. In diesem Fortpflan- Erkrankung zungsbecken leben die Salamander etwa Da sich in der Zuchtgruppe des Erstau- sechs Monate (März bis Ende August) und tors kein adäquat großes Männchen befand, legen ihre Eier an den Kieselsteinen ab. wurde im April 2014 ein Männchen aus ei- Barren-Tigersalamander sind sehr ge- ner anderen Haltung zugesetzt. Alle Tiere fräßig, haben einen ausgezeichneten Stoff- bekamen einmal wöchentlich einen Tau- wechsel und damit auch reichlich Ausschei- wurm und 1-2 Wanderheuschrecken von dungen. Da die Körperausscheidungen wie der Pinzette. Auffällig vergrößerte sich nach Urin und Exkremente in ihrem unmittel- 3-4 Wochen bei dem zugesetzten Männ- baren Lebensraum im Substrat erfolgen, chen der Leibesumfang (Hydrocoelom) bis ist es unabdingbar das Substrat im Terra- zur Bewegungsunfähigkeit. Das Tier wur- rium wie auch im Aquaterrarium des Bar- de nach sechs Wochen wieder separiert und erhielt eine dreiwöchige Salzbad-Kur. Hierbei wur- de der Salamander täglich für 2-3 Stunden aus dem Quarantäne-Aquaterrari- um in ein Behältnis mit 2% Salzlösung überführt, das heißt 2 g Meersalz auf 1 Li- ter Wasser. Dadurch redu- zierte sich der Leibesum- fang wieder bis zum Nor- malzustand. Leider ist er jedoch nach weiteren zwei Wochen verstorben.

Abb. 2: Lebergranulom mit Mykobakterien, Ziehl-Neelsen-Fär- bung. Foto: F. Mutschmann

10 amphibia, 14(1), 2015 Erkrankung beim Barren-Tigersalamander (Ambystoma mavortium)

Die veterinärmedizinische Unter- Literatur suchung zeigte eine sehr kleine Leber Grosse, W.-R. & G. Schultschik (2013): von bis zu hirsekorngroßen Abszes- Allgemeine Hinweise zur Haltung von Mol- sen durchsetzt (granulomatöse Hepati- chen und Salamandern (Amphibia: Urode- tis mit Nachweis säurefester Stäbchen la). – Mertensiella 20d: 157-166. in der Ziehl-Neelsen-Färbung). Weiter- Mutschmann, F (2010): Erkrankungen hin wurden eine Darminfektion (Ente- der Amphibien. – Enke Verlag Stuttgart. ritis mit Ablösung der Schleimhaut und Petranka, J. W. (1998): Salamanders of the säurefesten Stäbchen in der Propria mu- United States and Canada. - Smithsonian cosae) und ein Lungenödem (interstiti- Institution Press, Washington and London. ell) festgestellt. Im Ergebnis ist das Tier an einer Mykobakterieninfektion ver- Internetadressen: storben Bei Amphibien auftretende http://www.tierdoku.com/index.php?tit- Mykobakterien sind in der Regel Ver- le=Barren-Tigersalamander treter des Nicht-Mycobacterium tuber- http://www.caudata.org/cc/species/Am- culosis-Komplexes, dennoch muss von bystoma/A_tigrinum.shtml einem gewissen zoonotischen Potential http://www.npwrc.usgs.gov/resource/ der Erreger ausgegangen werden. Des- herps/amphibid/pics/range1.gif halb muss ein hygienischer Umgang mit den Tieren erfolgen um eine Infektion Eingangsdatum: 14.7.2014 des Menschen auszuschließen Eine Be- Lektorat: I Kraushaar handlung erkrankter Tiere sollte nicht erfolgen, da sie einer weiteren Verbrei- Autoren tung der Erreger und einer Resistenz- PD Dr. Wolf-Rüdiger Grosse, Master entwicklung Vorschub leistet und in der Alice Petzold, Martin-Luther-Universität Regel nicht erfolgreich verläuft, wie das Halle-Wittenberg, Zentralmagazin Natur- Scheitern unserer Versuche auch zeigte. wissenschaftlicher Sammlungen, Domplatz Eine gründliche Reinigung der Terrari- 4, D-06099 Halle(Saale), en und eine Desinfektion mit Mykobak- Email: [email protected], terien-abtötenden Desinfektionsmitteln [email protected] sollten unbedingt erfolgen. Nicht desin- www.zoologische-sammlung.uni-halle.de/ fizierbare Einrichtungsgegenstände oder grosse.index.html. Pflanzen müssen schadlos beseitigt wer- den. Besser ist für einige Monate auf ei- Dr. med. vet. Frank Mutschmann, nen Neubesatz zu verzichten, da die Er- Exomed reger in der Umgebung lange infektiös Erich- Kurz- Str. 7, D-10319 Berlin bleiben können (Mutschmann 2010). Email: [email protected]

amphibia, 14(1), 2015 11 Daniel Reinacher

Erfahrungen mit der Haltung und Zucht von Ranitomeya benedicta

Einleitung Männchen. Sein leuchtend roter Kopf mit Mit diesem Bericht möchte ich meine den zwei schwarzen Flecken über den Au- Erfahrungen mit der Haltung und Zucht gen setzt sich deutlich von dem schwarzen von Ranitomeya benedicta schildern und Körper ab, der mit einer blauen Netzzei- Interesse an diesen sehr schönen Fröschen chnung überzogen ist (Abb. 1). Diese blaue wecken. Ranitomeya benedicta ist aus dem Musterung erstreckt sich auch über die Bei- Regenwald des Amazonas-Beckens in Peru ne und die gesamte Bauchseite des Frosches. bekannt. Im Jahr 2008 wurde R. benedicta Die Kehle hingegen ist wieder leuchtend aus dem Artenkomplex der Rotkopf-Baum- rot gefärbt. Bisher sind zwei Populationen steiger (bekannt als Ranitomeya fantasti- bekannt die sich in ihrer blauen Muste- ca) als eigenständige Art ausgegliedert. Der rung unterscheiden. Es gibt eine Populati- Baumsteiger gehört mit seinen ca. 20 mm on in der Umgebung von Shucushuyacu die Kopf-Rumpf-Länge zu den kleineren Ver- auch zur Erstbeschreibung diente (Brown, tretern der Pfeilgiftfrösche, wobei die Weib- Twomey, Pepper & Rodriguez 2008). Eine chen etwas größer und kräftiger sind als die weitere Population soll es in der Gegend von Pampas Hermosa ge- ben, bei der das Netzmu- ster nicht so deutlich aus- geprägt ist (Abb. 2). Haltung Ich halte ein Pär- chen der Tiere in einem 40x40x50 cm (LxBxH) großen Terrarium, das mit Bromelien und eini- gen Ranken bepflanzt ist. Als Bodengrund verwende ich eine Schicht Blähton, etwas Kokoshumus und Eichenlaub. Ich verkleide immer alle drei Wände des

Abb. 1: Ranitomeya benedicta. Foto: D. Reinacher

12 amphibia, 14(1), 2015 Erfahrungen mit der Haltung und Zucht von Ranitomeya benedicta

Terrariums mit Styropor welches ich dann zung immer etwas feuchtere Stellen, an die mit 2-K PU Parkett-Kleber bestreiche und sie sich zurückziehen können. Natürlich mit getrocknetem Humus beschichte. Ich sollte die Luftfeuchtigkeit anfangs schon finde es eine recht schöne und gut zu ver- kontrolliert werden aber irgendwann be- arbeitende Lösung. Wichtig erscheint, dass kommt man da schon selbst den Dreh raus. es nach der Herstellung gut getrocknet und Beobachten lassen sich Ranitomeya bene- danach gespült wird. Auch Kletterpflanzen dicta Fröschchen meist in den Morgen- und wie verschieden Ficus-Arten können da- Abendstunden, an denen sie auch auf Fut- nach dort gut anwachsen und sich ausbrei- tersuche sind. Am Tage ziehen sie sich mei- ten. Je nach Geschmack kann man auch stens in die Blattachseln der Bromelien zu- Strukturen in das Styropor einarbeiten. Als rück. Klettermöglichkeiten verwende ich Lianen- Ich füttere 4-5mal in der Woche klei- stücke, Wurzeln, Schwarztorfsoden oder ne und große Drosophila, Springschwän- auch Xaximstücke (Abb. 3). Die Temperatur ze, Erbsenblattläuse und tropische Asseln. im Becken liegt bei 24-27°C fällt aber nachts Bevor das Futter ins Terrarium geschüttet ca. 3-4°C ab. Beleuchtet werden die Becken wird, bestäube ich es mit einem Vitamin- mit T5-Leuchtstoffröhren in den Lichtfar- pulver, um die Futtertiere etwas „aufzu- ben Nr. 845 und Nr. 860, was sich meiner werten“. Man braucht sich auch keine Sor- Meinung nach positiv auf das Wachstum gen zu machen, wenn man mal keine Fut- der Pflanzen auswirkt. Da ich mit dieser Be- tertiere im Terrarium sehen kann. Es ist ei- leuchtung bei den Fröschen auch noch kei- gentlich immer Kleinstfutter in der Laub- ne schlechten Erfahrungen gemacht habe, schicht, welches die Frösche finden und ist es für mich eine gute Lösung. Um die re- fressen können. Wie die meisten Froschhal- lativ hohe Luftfeuchtigkeit zu erreichen, sprühe ich 1-2mal am Tag. Zur Luft- feuchtigkeit kann ich kei- ne genauen messgenauen Angaben machen. Ge- schätzt liegt sie im Mit- tel bei ca. 70%. Man sollte auch immer im Hinterkopf haben, dass in der Natur auch nicht immer alles nach dem Lehrbuch läuft. Wenn es den Fröschen im Terrarium mal zu trocken wird, finden sie unter dem Laub oder in der Bepflan-

Lima Abb. 2: Derzeit bekannte Vorkommen von Ranitomeya benedicta bei Shucushuyacu und Pampas Hermosa in Peru.

amphibia, 14(1), 2015 13 Daniel Reinacher

ter auch, züchte ich meine Futtertiere selbst, nige Zeit durch das ganze Terrarium folgt, was eigentlich auch kein Problem ist. Man bis ein geeigneter Brutplatz gefunden ist. muss sich nur im Klaren sein, dass es einige Das kann durchaus einige Stunden dauern. Zeit in Anspruch nimmt immer für genü- Zur Ablage des Geleges, welches bei mir im- gend Futternachschub zu sorgen. Deshalb mer aus 3-5 Eiern besteht, werden mit et- sollte man auch nie mehr Frösche halten, als was Wasser gefüllte Filmdöschen sehr gerne man auch gut ernähren kann. angenommen (Abb. 4). Allerdings hab ich Vermehrung die Erfahrung gemacht, dass mein Pärchen Wenn die Tiere dann gut im Futter ste- lieber der Länge nach halbierte Filmdosen hen und auch sonst alles passt, sollte es auch annimmt, als komplette. Natürlich legen mit der Zucht dieser kleinen Frösche klap- sie auch gerne mal in eine Blattachsel der pen. Es ist aber durchaus möglich, dass die Bromelien. Ich lasse das Gelege auch mei- ersten Gelege nicht befruchtet sind oder stens einige Tage im Terrarium und kon- verpilzen. Ich hatte sogar „Gelege“ die nur trolliere es ab und zu. Kurz vor dem Schlupf aus Gallerte bestanden, was ich vorher noch entnehme ich das Gelege und überführe es von keinen anderen Dendrobaten kann- in eine mit Wasser gefüllte Petrischale, in te. Man darf sich auch von solchen kleinen der die Quappen dann auch schlüpfen. Vom Rückschlägen nicht entmutigen lassen. Ir- Ablaichen bis zum Schlupf der Quappen gendwann sind die Gelege befruchtet und vergehen etwa 12 Tage. entwickeln sich ganz normal. Der Ruf des Wenn die Quappen dann aus der Gal- Männchens ist ein sogenannter „Summ lerte geschlüpft sind, setze ich sie getrennt Ruf“, der recht leise ist. Ich konnte beobach- in ein Gläschen mit Wasser. Um die Was- ten, dass das Weibchen dem Männchen ei- serqualität zu erhalten, kann man etwas „Quappentee/Erlenzapf- tee“ oder Eichenlaub mit ins Wasser geben. Gefüt- tert wird bei mir mit einer Mischung aus fein gemah- lenen Fischfutterflocken und Spirulinapulver, was von den Quappen sehr gerne genommen wird. Man sollte aber nicht zu viel, sondern lieber öfter füttern, da sonst das ver- dorbene Futter die Was- serqualität beeinträchti- gen kann. Im Gegensatz zu verschiedenen anderen

Abb. 3: Regenwaldterrarium. Foto: D. Reinacher

14 amphibia, 14(1), 2015 Erfahrungen mit der Haltung und Zucht von Ranitomeya benedicta

Abb. 4: Gelege im Filmdöschen. Foto: D. Reinacher

Pfeilgiftfroscharten, wie z.B. beim Gold- Alles in allem muss man sagen, dass Ra- baumsteiger Dendrobates auratus, färben nitomeya benedicta ein toller Frosch ist, der sich die anfangs noch schwarzen Quappen sich auch recht gut im Terrarium halten und recht früh um. Der rote Kopf ist also schon vermehren lässt. Dass Ranitomeya benedicta am Anfang der Metamorphose gut zu er- sich nicht sehr oft zeigt und sehr scheu wäre, kennen. Nach einiger Zeit kann man auch kann ich nicht bestätigen. schon die Hinterbeine der zukünftigen Frö- Ich hoffe ich konnte mit diesem kleinen sche erkennen. Später erkennt man dann Bericht das Interesse an diesem Tier bei auch die in den Hauttaschen liegenden Vor- einigen Lesern wecken. Vielleicht konn- derbeine, welche dann auch bald durchbre- te ich auch einige Fragen beantworten. Es chen. Jetzt dauert es nicht mehr lange bis wäre schön wenn man diesen „Hingucker“ der Schwanz vollkommen resorbiert ist und bald öfter in unseren Terrarien bewundern der Jungfrosch an Land geht. Ab dem Zeit- könnte. punkt, an dem der Schwanz resorbiert wird, Literatur füttere ich auch nicht mehr. Dieser ganze Brown, J.L., Twomey, E., Pepper, M. & Prozess der Metamorphose dauert zwischen M. Sanchez Rodriguez (2008): A revision 2 und 3 Monaten. Wenn der Jungfrosch of the Ranitomeya fantastica com- dann an Land gegangen ist, kommt er bei plex and two new species of poison frogs mir in ein kleines Aufzuchtbecken ohne (Anura: Dendrobatidae) from the Rio Hual- eine dichte Bepflanzung, was mir die Kon- laga drainage in central Peru. - Zootaxa trolle der Jungtiere vereinfacht. Anfangs 1832: 1-24. bekommen sie Springschwänze zu fressen, wenn sie dann etwas größer sind kann man Eingangsdatum: 1.10.2014 auch Erbsenblattläuse oder kleine Droso- Lektorat: P. Janzen phila anbieten. Gerade bei Jungfröschen Autor finde ich wichtig, dass sie immer genug Fut- Daniel Reinacher ter finden können, da sie in der Wachstum- 76831 Billigheim-Ingenheim sphase anfälliger sind als ein gut im Futter [email protected] stehender älterer Frosch. www.froscharium.de amphibia, 14(1), 2015 15 Sandy Reinhard, Sebastian Voitel & Alexander Kupfer

Haltung und Vermehrung des kleinen Armmolchs Siren intermedia mit Berichten zum Fortpflan- zungs- und Brutpflegeverhalten

Innerhalb der Schwanzlurch-Familie Paleoamphiuma tetradactylum zu den Si- der sind aktuell zwei rezente Gat- renidae aufgrund von Wirbelmerkmalen tungen mit jeweils zwei permanent aqua- diskutiert (Holman 2006). Die Arm- und tischen Arten beschrieben. Dazu gehören Zwergarmmolche sind heute im Osten der die Zwergarmmolche der Gattung Pseudo- USA und im Nordosten Mexikos verbrei- branchus (P. axanthus und P. striatus) und tet, wobei der Kleine Armmolch S. inter- die Armmolche der Gattung Siren (S. in- media das größte Verbreitungsgebiet bean- termedia und S. lacertina). Im Fossilbericht sprucht und als einzige Art auch in Mexiko der Sireniden finden sich noch weitere Ar- vorkommt (vgl. Petranka 1998). Die Sire- ten (Siren dunni, S. hesterna, S. miotexana, niden sind sogenannte perennibranchiate S. simpsoni, Pseudobranchus vetustus, P. ro - Salamander (lat. perennis = dauernd, biol. bustus) und zudem eine weitere Gattung branchi = Kiemen), was ihre obligate Neo- (), welche jedoch als ausgestor- tenie beschreibt. Sie zeigen zeitlebens lar- ben gelten (siehe Gardner 2003, Holman vale Merkmale, wobei die Außenkiemen 2006). Ebenso wird die Zugehörigkeit von am prägnantesten erscheinen. Ihnen feh-

Abb. 1: Siren intermedia, Weibchen. Foto: Reinhard

16 amphibia, 14(1), 2015 Haltung und Vermehrung des kleinen Armmolchs Siren intermedia len Augenlider. Kiemenöffnungen sowie & Wake 2009). Aktuell verfestigt sich die ein Seitenliniensystem sind jedoch vorhan- Position der Sirenidae innerhalb ihrer eige- den und die Nahrungsaufnahme wird mit- nen Unterordnung, den Sirenoidea, welche tels Saugschnappen bewerkstelligt, wie es die Schwestergruppe zu den modernen Sa- für viele aquatische Arten üblich ist. Ihre lamandern, den Salamandroidea, darstellt. Körperform ist langgestreckt, wobei die Als basalste Salamander werden die Cryp- Hinterextremitäten sowie der gesamte Be- tobranchoidea, zu denen die Hynobiiden ckengürtel fehlen und die Arme nur sehr und die Cryptobranchiden zählen, angese- reduziert vorhanden sind. Anstelle von pre- hen, wobei die Hynobiiden wohl dem ge- maxillaren Zähnen besitzen die Sireniden meinsamen Vorfahren aller Salamander am verhornte Leisten, die einen kräftigen Biss ähnlichsten sind (Zhang et al. 2006). und sogar ein Zerkleinern der Beute er- Das Paarungsverhalten der Sirenidae ist möglichen (Duellman & Trueb 1994, Pe- bislang nur selten oder gar nicht beschrie- tranka 1998, Wells 2007). Diese Merk- ben. Nur für Pseudobranchus gibt es einige male führten dazu, dass die Sireniden zeit- Beobachtungen im Aquarium (siehe Ko- weise sogar in eine eigene Ordnung gestellt walski 2004). Freilandbeobachtungen des wurden (Trachystomata, siehe Cope 1889, Fortpflanzungsverhaltens existieren sowohl Goin & Goin 1962, Cochran & Goin 1970, für Siren als auch für Pseudobranchus nicht. Duellman & Trueb 1994). Generell ist Desweiteren war die Form der Befruch- ihre phylogenetische Position die Grundla- tung, extern oder intern, ein Grund für Dis- ge langanhaltender Debatten, wobei ihnen kussionen. Für eine externe Befruchtung bereits diverse Positionen im Stammbaum sprach die Tatsache, dass den weiblichen der Schwanzlurche zugeschrieben wur- Tieren Spermatheken fehlen, die eine in- den (Cope 1889, Goin & Goin 1962, Wi- terne Befruchtung ermöglichen würden. ens et al. 2005, Frost et al. 2006, Zhang Die Männchen verfügen zudem nicht über

Abb. 2: Siren intermedia, Männchen. Foto: Reinhard amphibia, 14(1), 2015 17 Sandy Reinhard, Sebastian Voitel & Alexander Kupfer

spezielle Kloakendrüsen, welche für die unter den Männchen am ausgeprägtesten Spermatophorenproduktion benötigt wer- ist. Beobachtet man wiederholt aggressi- den (Salthe 1967, Sever et al. 1996, Sever ves Verhalten unter den Tieren einer Grup- 2003). Als Gegensatz dazu stehen Beobach- pe, sollte diese getrennt werden. Die beige- tungen, welche zeigen dass beispielsweise P. brachten Verletzungen reichen von leichten striatus Eier einzeln oder in kleinen Grup- Abschürfungen bis zu Quetschungen und pen ablegt und dies zudem über einen län- tiefen Wunden, die sogar Todesfolge haben geren Zeitraum (Goin & Goin 1962). Eine können. Eine gute Observation der Tiere ist externe Befruchtung erscheint hier schwie- stets nötig - vor allem während der Fütte- rig, wobei Kowalski (2004) berichtet, dass rung. Nur so kann vermieden werden, dass vom Weibchen einzeln abgelegte Eier vom ein Tier das Futter monopolisiert und alle Männchen mit dessen Kloake berührt wer- anderen wehrhaft vertreibt. Vorsicht ist den, nachdem es die Eier aufgespürt hat. auch bei Reinigungsarbeiten im Becken ge- Für Siren kann man ältere Berichte fin- boten, da die Armmolche auch ihrem Hal- den, in denen beschrieben wird, dass sich ter schmerzhafte Bisse zufügen können. Elterntiere bei den Gelegen aufhalten, wes- Der Wasserstand kann bis zu 40 cm be- halb hieraus auf ein Brutpflegeverhalten ge- tragen, wobei sich eine gut wirksame Filte- schlossen wurde. Das Geschlecht des brut- rung, zum Beispiel über einen Hamburger bewachenden Tieres war dabei jedoch nicht Mattenfilter empfiehlt. Als Bodengrund klar, beziehungsweise finden sich unter- eignet sich Sand oder grober Kies. Kleiner schiedliche Angaben (u.a. Godley 1983). bis mittelgrober Kies birgt dagegen die Ge- Bei Pseudobranchus scheint es dagegen kein fahr des Verschluckens, was zu Problemen derartiges Verhalten zu geben. im Verdauungstrakt führen kann. Als Be- pflanzung empfiehlt sich Hornkraut und Haltung von Siren intermedia im Aqua- vor allem reichlich Javamoos (später mehr rium dazu). Die Temperaturen sollten im Som- Im Versuch unter anderem Klarheit in mer 25°C nicht übersteigen, ab dem späten die Diskussion über das Verhalten der Si- Herbst empfiehlt sich eine stetige Abküh- reniden zu bringen, begannen wir mit der lung bis auf 15/12°C im Winter. Kurzzei- Aquarienhaltung des Kleinen Armmolchs tig vertragen die Tiere aber auch höhere Siren intermedia. Für ein Pärchen sollten Temperaturen ohne Probleme. Ein jahres- Beckengrößen ab 1 m Länge gewählt wer- zeitlich angepasster Tag/Nacht-Rhythmus den. Besser ist es jedoch, die Becken so sollte ebenfalls eingehalten werden. Gefüt- großzügig wie möglich zu wählen, da die tert wird mit dem für aquatische Schwanz- Tiere mit maximal 70 cm sehr groß wer- lurche üblichen Futter, zum Beispiel Wür- den können und gelegentlich auch sehr ak- mern (auch große Tauwürmer können von tiv schwimmen. Zudem muss gewährleistet adulten Tieren bewältigt werden), Mücken- sein, dass sie sich leicht aus dem Weg ge- larven, zerkleinertem Süßwasserfisch und hen können und auch Sichtbarrieren vor- Garnelen oder auch Pellets aus der Axolotl- handen sind, da eine gewisse Aggressivität haltung. zu beobachten ist, die sich im Jahresverlauf Um die Gruppen zusammensetzen zu steigern kann. Welche Tiere sich am be- können, muss eine sichere Geschlechter- sten vertragen, sollte ausprobiert werden. unterscheidung gewährleistet sein. Dies ge- Es empfiehlt sich dabei, stets ein Ersatz- staltet sich bei Siren recht einfach, da die becken bereit zu halten, für den Fall, dass adulten Männchen deutlich größer werden Tiere getrennt werden müssen, um Bissver- als die Weibchen und zudem durch ihre ex- letzungen zu vermeiden. Eine Gruppenhal- trem vergrößerte Kiefermuskulatur auffal- tung ist nur in sehr großen Becken möglich len, die sich auf der Stirn durch Wölbungen und man sollte hierbei nur ein Männchen abzeichnet (siehe auch Godley 1983, Fauth in jeder Gruppe halten, da die Aggressivität & Resetarits 1999). Ihre Köpfe wirken ge-

18 amphibia, 14(1), 2015 Haltung und Vermehrung des kleinen Armmolchs Siren intermedia nerell auch gedrungener, die der Weibchen setzt sich aus mehreren sich wiederho- sind schlank und langgestreckt (siehe Ab- lenden Mustern zusammen, die über meh- bildungen 1 und 2). Die Unterschiede in der rere Stunden anhaltend wiederholt werden. Kopfform werden bei subadulten Tieren Das paarungswillige Weibchen befindet sich ab etwa 15 cm Gesamtlänge nach und nach dazu zusammen mit dem Männchen in der sichtbar. vom Männchen vorher besetzten Bruthöhle (siehe Abbildung 3). Beide Partner drehen Beobachtungen zum Fortpflanzungs- sich stetig umeinander und um das im Nest und Brutpflegeverhalten befindliche Pflanzenmaterial. Das Männ- Nachdem die Armmolche in unserer chen verfolgt das Weibchen, wobei es seinen Haltung ein Alter von etwa sechs Jahren Kopf immer wieder gegen dessen Flanken erreicht hatten, konnte 2010 erstmals ein reibt oder leicht vibrierende Bewegungen verstärktes Territorialverhalten der Männ- mit dem Kopf ausführt. Beide Partner fä- chen beobachtet werden. Von November cheln immer wieder mit ihren Schwanzflos- bis Januar wurden dabei geeignete Höhlen sen. Während der Eiablage drehte sich das besetzt und bewacht, welche zudem aktiv Weibchen auf den Rücken, wobei die Eier mit dem im Becken befindlichen Javamoos einzeln in das Pflanzenmaterial abgelegt ausgestattet wurden. Störende Artgenos- wurden. Darauffolgend zeigte das Männ- sen werden von den Männchen von ihren chen das gleiche Verhalten, um die Eier zu Höhlen durch Beißen vertrieben. Im späten befruchten. Ein direkter Kloakenkontakt Januar konnte dann die erste Paarung be- konnte nicht beobachtet werden. Die Be- obachtet werden. Das Paarungsverhalten fruchtung erfolgt bei Siren demnach tat-

Abb. 3: Paarung und Eiablage. Foto Reinhard amphibia, 14(1), 2015 19 Sandy Reinhard, Sebastian Voitel & Alexander Kupfer

sächlich extern, wobei das abwechselnde pflege übernimmt (Assoziations-Hypothe- Eiablage-Befruchtungs-Verhalten und das se, siehe Gross & Shine 1981, Nussbaum Einwickeln der einzelnen Eier in ein kom- 2003). paktes Gelege mithilfe von Pflanzenmaterial Die Brutpflege des Männchens ist sehr die externe Befruchtung erleichtert. Mit zu- intensiv und setzt sich aus mehreren Teilen nehmender Dauer der Paarung kann es vor- zusammen. Im Vordergrund steht das Be- kommen, dass das Weibchen versucht, das wachen der Eier, was mitunter sehr aggres- Nest zu verlassen, wodurch es vom Männ- siv durchgesetzt wird. Das Männchen hält chen mit Bissen gehindert wird. Auch wäh- nahen Körperkontakt zum Gelege, das aus rend der Paarung setzt das Männchen im- etwa 120 - 130 Eiern besteht, und schlingt mer wieder Bisse, vor allem in die Flanken sich meist darum. Sollte das Gelege aus dem des Weibchens, diese sind jedoch nur leicht Nest verrutschen, so folgt das Männchen und scheinen eher stimulierend auf das ebenso. Sich nähernde Artgenossen oder Weibchen zu wirken. andere Störenfriede werden sofort vertrie- Ist die Eiablage beendet, verlässt das ben (auch der Halter oder Pinzetten beim Weibchen das Nest beziehungsweise wird Füttern werden angegriffen). Es empfiehlt vom Männchen vertrieben. Dieses verbleibt sich deshalb, ein brütendes Männchen al- zusammen mit dem Gelege im Nest (siehe leine im Becken zu belassen und alle an- Abbildung 4). Durch das Territorialverhal- deren Tiere aus dem Becken zu entfernen, ten und die externe Befruchtung der Eier ist um die Brutpflege auch möglichst nicht zu das Männchen mit dem Gelege stärker as- stören. Auch Futter wird mitunter weniger soziiert, weshalb es im Folgendem die Brut- angenommen während dieser Phase. Neben

Abb. 4: Männchen bei der Brutpflege. Foto Reinhard

20 amphibia, 14(1), 2015 Haltung und Vermehrung des kleinen Armmolchs Siren intermedia dem Bewachen kümmert sich das Männ- Hynobiiden, wobei dieses Verhalten eher chen aktiv um das Gelege, indem es dieses als Rangelei um die vorrangige Befruch- öfters dreht und bewegt. Desweiteren fä- tung der Eisäcke anzusehen ist und nach er- chelt es einen stetigen Wasserstrom mit der folgter Befruchtung ebenso schnell wieder Schwanzflosse in Richtung Gelege, um die beendet wird. Versorgung mit Sauerstoff möglichst hoch Die Beobachtungen des Paarungsver- zu halten, da die Eier mit etwa 3 mm recht haltens bestätigen die bisherige Annahme, groß sind und die benötigte Sauerstoffmen- dass Sireniden ihre Eier extern befruchten. ge somit erhöht ist. Der Bodengrund unter Durch das Einwickeln der einzelnen Eier in und um das Gelege wird ebenso akribisch geeignetes Pflanzenmaterial wird ein kom- sauber gehalten, indem das Männchen die- paktes Gelege erzeugt, welches von Männ- sen verschluckt und durch die Kiemenspal- chen leicht befruchtet werden kann. Durch ten wieder entlässt. In unseren Becken be- verstärktes Fächeln mit der Schwanzflos- findet sich wie bereits erwähnt sandiger se wird die Verbreitung der Spermien be- Boden, was aus diesem Grund auch bevor- günstigt. Zudem zeichnen sich Sireniden zugt werden sollte, wenn eine Zucht in Er- durch eine im Vergleich zu allen anderen wägung gezogen wird. All diese Verhaltens- Salamandern abweichende Spermienmor- weisen erhöhen die Überlebenschancen der phologie aus, da deren Spermatozooen zwei Embryonen. Die Entwicklung der Larven bewegungsfördernde Flagellen und eine zu- im Ei ist mit etwa 35 Tagen abgeschlossen, sätzliche undulierende Membran besitzen. woraufhin deren Schlupf mit einer Grö- Diese Morphologie findet sich sonst nur bei ße von etwa 15 mm erfolgt. Überraschend einigen Anuren wieder (Sever 2003) und war dabei, dass das Armmolch-Männchen könnte die Befruchtungsrate während der die Brutpflege auch nach dem Schlupf nicht externen Befruchtung erhöhen. einstellt und weiterhin die Larven bewacht Das männliche Territorialverhalten be- (siehe Abbildung 5). Diese Form von Brut- günstigt die Assoziation des Männchens mit pflege-Verhalten ist innerhalb der Urodelen dem Gelege ebenfalls, da das Weibchen für sehr selten und wurde bisher nur bei eini- die Eiablage in das Territorium des Männ- gen Plethodontiden beobachtet. Die Assozi- chens kommt und dieses dann wieder ver- ation des Männchen mit den Larven dauert lässt (vgl. auch Ridley 1978). noch etwa eine Woche nach dem Schlupf Wie bereits erwähnt lassen sich die Ge- an. Sowohl Larven als auch das Männchen schlechter gut durch den auffälligen Sexual- verlassen innerhalb dieser Phase gelegent- dimorphismus auseinander halten. Die ge- lich kurz das Nest, kehren aber stets wieder nerelle Größe des Männchens und dessen zueinander zurück. Die Larven von Siren in- stark vergrößerte Kiefermuskulatur sorgen termedia zeigen eine sehr schöne, charakte- dafür, dass es über eine effektive Verteidi- ristische Färbung (siehe Abbildung 6). gungswaffe verfügt, mit der Territorium, Für weiteres Material und Videos zum Eier und Larven verteidigt werden können. Paarungsverhalten und der Brutpflege sie- Dieser Dimorphismus wird dabei durch na- he Onlineversion von Reinhard et al. 2013. türliche Selektion gefördert. Die Gattung Pseudobranchus zeigt diesen Sexualdimor- Diskussion phismus nicht. Auch Berichte zu einem Die Form der Brutpflege, wie man sie bei eventuellen Brutpflegeverhalten fehlen. Das Siren intermedia beobachten kann, ist in- Paarungsverhalten erscheint zwar in Teilen nerhalb der Urodela nur selten zu finden. ähnlich zu Siren, jedoch werden die Eier Nur die Cryptobranchidae zeigen männ- stärker verteilt (siehe Kowalski 2004). liches Brutpflegeverhalten ähnlich Siren, Das Brutpflegeverhalten von Siren ist un- wobei den Larven nach dem Schlupf keine ter dem Hintergrund, dass im Freiland ar- Pflege beigebracht wird. Ebenso gibt es eini- teigene Eier häufig auf dem Speiseplan ste- ge Berichte über männliche Brutpflege von hen, eine sinnvolle Verteidigung. Durch- amphibia, 14(1), 2015 21 Sandy Reinhard, Sebastian Voitel & Alexander Kupfer

Abb. 5: Männchen und Larven. Foto Reinhard

22 amphibia, 14(1), 2015 Haltung und Vermehrung des kleinen Armmolchs Siren intermedia

Abb. 6: Larve ca. eine Woche alt. Foto Reinhard.

schnittlich kommen etwa 2,17 Tiere in be- Finanzielle Unterstützung des Projektes stimmten Regionen auf einen Quadrat- (SR) bestand durch eine Promotionsförde- meter, wodurch der Prädationsdruck für rung der Graduierten-Akademie der Fried- die Eier sehr hoch ist (siehe Scroggins & rich-Schiller-Universität Jena. Davis 1956, Collette & Gehlbach 1961, Frese et al. 2003, Hampton 2009). Zudem Literatur kommt durch deren Größe eine verlänger- Cochran, D.M. & Goin, C.J. (1970): The te Embryonalentwicklungszeit, was die Ge- new field book of reptiles and . - fährdungsdauer erhöht. Größere Eier brin- G.P. Putnam’s Sons, USA. gen größere Schlüpflinge hervor, was deren Collette, B.B. & Gehlbach, F.R. (1961): Überlebenschancen steigert. Im Fall von The salamander Siren intermedia intermedia Siren lohnt sich dieser erhöhte mütterliche LeConte in North Carolina. - Herpetologica Einsatz in größere Eier jedoch nur durch die 17: 203-204. effektive Sicherung durch das Männchen. Cope, E.D. (1889): The Batrachia of Nor- Die aktuelle Position der Sireniden als th America. - United States National Muse- Schwestergruppe der Salamandroidea auf um, Bulletin 34. Government Printing Of- dem Stammbaum der Urodela lässt sich fice, Washington, D.C. durch die Beobachtung des Paarungs- und Duellman, W.E. & Trueb, L. (1994): Bi- Brutpflegeverhaltens sowie dem direkten ology of amphibians. - Johns Hopkins Uni- Hinweis auf externe Befruchtung auch aus versity Press, Baltimore. ethologischer Sicht bestätigen. Dennoch Fauth, J.E. & Resetarits, Jr., W.J. sind weitere Zuchtversuche und Beobach- (1999): Biting in the salamander Siren inter- tungen nötig, um die Verhaltensweisen, vor media intermedia: courtship component or allem auch in Bezug auf die Schwestergat- agonistic behavior? - Journal of Herpetolo- tung Pseudobranchus zu klären. gy 33: 493-496. Frese, P.W., Mathis, A., Wilkinson, R. Danksagung (2003): Population characteristics, growth, Ein besonderer Dank gilt Hendrik Mül- and spatial activity of Siren intermedia in an ler und René Köhler für die große Hilfe intensively managed wetland. - The South- während der Zuchtversuche und Lennart western Naturalist 48: 534-542. Olsson für weiteren logistischen Support. Frost, D.R., T. Grant, J. Faivovich, Außerdem danken wir Benny Trapp für die R.H. Bain, A. Haas, C.F.B. Haddad, R.O. wunderschönen Aufnahmen unserer Tiere. De Sá, A.Channing, M. Wilkinson, S.C. amphibia, 14(1), 2015 23 Sandy Reinhard, Sebastian Voitel & Alexander Kupfer

Donnellan, C.J. Raxworthy, J.A. Camp- Sever, D.M., Rania, L.C., Krenz, J.D. bell, B.L.Blotto, P. Moler, R.C. Drewes, (1996): Reproduction of the salamander Siren R.A. Nussbaum, J.D. Lynch, D.M. Green & intermedia Le Conte with especial reference W.C. Wheeler (2006): The tree to oviducal anatomy and mode of fertilizati- of life. - Bulletin of the American Museum on. - Journal of Morphology 227: 335-348. of Natural History 297: 1-370. Sever, D.M. (2003): Courtship and ma- Gardner, J.D. (2003): Revision of ting glands. - In: Sever, D.M. (Ed.) (2003): Habrosaurus Gilmore (Caudata: Sirenidae) Reproductive biology and phylogeny of Ur- and relationships among sirenid salaman- odela. - Science Publishers, Inc., Enfield. ders. - Paleontology 46: 1089-1122. Wells, K.D. (2007): The ecology and be- Godley, J.S. (1983) Observations on the haviour of amphibians. - The University of courtship, nests and young of Siren interme- Chicago Press, Chicago. dia in Southern Florida. - American Mid- Wiens, J.J., Bonett, R.M., Chippin- land Naturalist 110: 215-219. dale, P.T. (2005): Ontogeny discombobu- Goin, C.J. & Goin, O.B. (1962): Introduc- lates phylogeny: paedomorphosis and high- tion to Herpetology. – In: W.H. Freeman, er-level salamander relationships. - System- Gross, M.R. & Shine, R. (1981): Parental atic Biology 54: 91-110. care and mode of fertilization in ectother- Zhang, P., Chen, Y.-Q. , Zhou, H., mic vertebrates. - Evolution 35: 775-793. Wang, X.-L. , Papenfuss, T. J., Wake, D. Hampton, P.M. (2009): Ecology of the B., Qu, L.-H. (2006): Phylogeny, evolution Western , Siren intermedia net- and biogeography of Asiatic salamanders tingi, in an isolated East Texas pond. - Jour- (Hynobiidae). - Proceedings of the Nation- nal of Herpetology 43: 704-709. al Academy of Sciences 103: 7360-7365. Holman, J.A. (2006): Fossil salaman- Zhang, P. & Wake, D.B. (2009): High- ders of North America. - Indiana University er-level salamander relationships and diver- Press, Bloomington. gence dates inferred from complete mito- Kowalski, E. (2004): Husbandry and chondrial genomes. - Molecular Phylogene- breeding of the Narrow-Striped Dwarf Si- tics and Evolution 53: 492-508. ren (Pseudobranchus axanthus). - Caudata. org Magazine 1: 40–43. Eingangsdatum: 1.12.2014 Nussbaum, R.A. (2003): Parental care. Lektorat: I. Kraushaar In: Sever, D.M. (Ed.) (2003): Reproductive biology and phylogeny of Urodela. - Science Autoren Publishers, Inc., Enfield. Dr. Sandy Reinhard Petranka (1998): Salamanders of the Universität Jena United States and Canada. - Smithsonian Erbertstr. 1 Institution Press, Washington and London. 07743 Jena Reinhard, S., Voitel, S., Kupfer, A. [email protected] (2013): External fertilisation and paternal care in the paedomorphic salamander Siren Sebastian Voitel intermedia Barnes, 1826 (Urodela: Sireni- Spangenbergstraße 81 dae). - Zoologischer Anzeiger 253: 1-5. 06295 Eisleben Ridley, M. (1978): Paternal care. - Ani- [email protected] mal Behaviour 26: 904-932. Salthe, S.N. (1967): Courtship patterns Dr. Alexander Kupfer and the phylogeny of the Urodeles. - Copeia Staatliches Museum für Naturkunde 1967: 100-117. Stuttgart Scroggins, J.B. & Davis, W.B. (1956): Am Rosenstein 1 Food habits of the Texas . - Her- 70191 Stuttgart petologica 12: 231-237. [email protected]

24 amphibia, 14(1), 2015 Joachim Nerz

Echinotriton andersoni, ein uriger Salamander aus dem Süden Japans

Wenn man an Japan denkt, denkt man dortigen Bewohner in Betracht zieht, kann zuerst einmal an quirlige bunte High- man sich durchaus vorstellen, daß hier die tec-Großstädte wie Tokyo und Osaka - und Phantasie aufblüht. Die Rede ist vom Japa- in der Tat: diese Städte sind unglaublich nischen Krokodilmolch Echinotriton an- groß und modern. Man denkt aber weniger dersoni, einem der bizarrsten Salamander, an abgeschiedene, prähistorisch anmutende den wir kennen. Und in der Tat, die Tier- Urwälder, gesäumt von urtümlichen Baum- chen sind ausgesprochen skurril, mit ihrem und Palmfarnen. Und doch gibt es auch gedrungenen Körper und den deutlich er- diese, auf den abgelegenen Inseln ganz im kennbaren Rippenenden. Lange Zeit um- Süden Japans, im sogenannten Ryukyu-Ar- gab diese Art auch der Nimbus des Uner- chipel. Wenn man diese subtropischen, prä- reichbaren und jedes Museum konnte sich historisch anmutenden Landschaften zum glücklich schätzen, ein Exemplar dieser Art ersten Mal sieht, kommen einem unmittel- in seiner Sammlung zu haben. Heutzuta- bar die alten Godzilla-Filme aus der Mitte ge ist die Situation nicht mehr ganz so dra- des letzten Jahrhunderts in den Sinn; das matisch. Mit dem Flugzeug sind die abge- ist natürlich Blödsinn, aber wenn man die legenen Inseln gut erreichbar, jedoch ist es

Abb. 1: Echinotriton andersoni. Foto: J. Nerz amphibia, 14(1), 2015 25 Joachim Nerz

Abb. 2: Warnschild Vorsicht Salamander im Schutzgebiet auf Okinawa. Foto: J. Nerz

26 amphibia, 14(1), 2015 Echinotriton andersoni, ein uriger Salamander aus dem Süden Japans

Abb. 3: Salamander-Schutzanlage auf Okinawa. Foto: J. Nerz nach wie vor nicht ganz einfach, diese Tiere dortige Bevölkerung wird gebeten, Echinot- in Ihrer natürlichen Umgebung zu beo- riton, die dem Straßenverkehr zum Opfer bachten. Die Tiere sind durchaus selten und gefallen sind, an die Universität zu senden, nur lokal aufzufinden, so muss man schon um dies zu dokumentieren, damit ggf. ent- ganz genau wissen, wo man nach den Tie- sprechende Maßnahmen ergriffen werden ren suchen muss. Auch die japanische Re- können. Und tatsächlich achtet man in den gierung ist sich dessen bewusst, was für ein Kernzonen der Vorkommen von Echinot- ‚Schatz‘ dort im Süden Japans existiert und riton in Japan durchaus darauf, die Morta- stellte Echinotriton andersoni unter strengen lität der Tiere auf den dortigen Straßen so Schutz. So ist es bei Strafe verboten, diese gering wie möglich zu halten. So ermahnen Tiere überhaupt auch nur zu berühren und immer wieder Schilder mit einem symbo- das ist auch gut so. Glücklicherweise existie- lisierten Echinotriton am Straßenrand zur ren in einigen Bereichen des Ryukyu-Ar- Aufmerksamkeit (Abb. 2). Wahrschein- chipels noch gut geschützte Gebiete, die lich jedoch wesentlich wirksamer bzgl. des den Fortbestand dieser Art sichern sollten, Schutzes der Tiere sind kleine Kanäle ent- zumal sich ein erheblicher Teil auf militä- lang der Straße mit in regelmäßigen Abstän- rischem Übungsgelände befindet, dessen den einbetonierten Auffangbehältern aus Zutritt strikt untersagt ist. Gefährlich für die Beton mit kleinen ‚Treppchen‘, über die die Tiere ist vor allem auch der Straßenverkehr, Tiere auf der von der Straße abgewandten jedoch sind die Wege im Kern der Schutz- Seite die Kanäle sicher wieder verlassen gebiete auf Okinawa nachts, zu der Zeit, zu können. Dies schützt nicht nur Echinotri- der die Tiere unterwegs sind, quasi über- ton, sondern auch andere seltene Bewohner haupt nicht befahren. Und doch beherbergt dieser Region, wie z.B. die nur auf Ryukuyu die Universität der Stadt Kyoto ein Glas mit vorkommende und sehr seltene Japanische Dutzenden von ‚Unfallopfern‘ dieser Art; die Zackenerdschildkröte (Geomydes japonica) amphibia, 14(1), 2015 27 Joachim Nerz

Abb. 4: Echinotriton andersoni. Foto: J. Nerz

und die anderen dort vorkommenden Am- in der Dunkelheit. So führte uns Tim am phibien und Reptilien nebst der äußerst späten Abend in das Labyrinth der kleinen seltenen Okinawa-Ralle (Gallirallus okina- Sträßchen, die das Schutzgebiet durchzo- wae), einen kleinen Laufvogel, der erst 1978 gen; noch bevor wir das Gebiet erreichten, dort entdeckt wurde (Abb. 3) machten wir an einem kleinen Bauernhof unseren ersten Halt und in der Tat erwar- Es war schon ein lange gehegter Wunsch, tete uns dort schon das erste herpetolo- diese skurrilen Burschen einmal in ihrem gische Highlight. Auf einem kleinen Mäu- ureigensten Lebensraum zu beobachten. erchen ruhten sich zwei Habu‘s (Trimeresu- Letztendlich verdanken wir es unserem gu- rus okinavensis) aus, unverkennbare Vipern, ten Freund Timothy Johnson, der sich be- mit einem sehr ausgeprägt breiten, dreie- reit erklärte, uns (Thomas Bille und mich) ckigen Kopf. Nicht ganz zu unrecht sind die im Frühjahr 2014 nach Okinawa zu beglei- Tiere bei der Landbevölkerung gefürchtet. ten, um den Lebensraum von Echinotriton Sie kommen dort relativ zahlreich vor und andersoni zu besuchen. Auf Okinawa ange- sind aufgrund Ihrer braun gewölkten Fär- kommen, konnten wir uns Zeit lassen, die bung auf dem Untergrund hervorragend wir auch brauchten, um den Mietwagen ent- getarnt, worauf sie sich auch verlassen und gegenzunehmen, das Hotel zu beziehen und erst recht spät flüchten. Allerdings sind die uns von der strapaziösen Anreise ein we- Tiere nachtaktiv, so dass tagsüber kaum eine nig zu erholen, was in subtropischer, ange- Gefahr von den Tieren ausgeht. Im Gebiet nehmer Atmosphäre nicht wirklich schwer angekommen, machten wir einen Stop an fiel. Denn wie so oft in der Herpetologie, einem kleinen aufgestauten Bachkolk, wo die einzige Aussicht auf wirklichen Erfolg wir auch recht schnell die zweite auf Ryu- hat man nach Einbruch der Dämmerung kyu endemische Schwanzlurchart erspäh-

28 amphibia, 14(1), 2015 Echinotriton andersoni, ein uriger Salamander aus dem Süden Japans ten (Cynops ensicauda popei, vgl. Amphibia genden Nächte hatten wir an unterschied- Jahrgang 13, Heft 2). Noch während wir mit lichen Stellen im Gebiet noch 3 weitere Tiere Fotografieren dieser hübschen Kerlchen be- gefunden: 2 adulte Tiere, ein semiadultes schäftigt waren, hatte Tim an einer moosbe- Tier. Keines dieser Tiere hatte jedoch diese wachsenen Böschung auch bereits das erste ausgeprägt markante Körperform des eben Tier entdeckt: den ersehnten Echinotriton beschriebenen Tieres und sie glichen eher andersoni - das Tier war mit ca. 16 cm grö- dem Tier, welches wir zuerst gefunden hat- ßer als ich gedacht habe, einheitlich dun- ten (Abb. 5). Was beim Jungtier auffiel, dass kelbraun bis fast schwarz. Die an sich recht die Farben prägnanter waren, das Tier war charakteristischen Rippenenden bildeten weitestgehend schwarz. Die Rippenenden bei diesem Tier eher eine breite Leiste (Abb. und die obere Schwanzkante waren jedoch 4). Kurz darauf entdeckte Tim mit seinem eng abgegrenzt bräunlich-orangefarben geschulten Auge unweit vom ersten Fund- (Abb. 6), ansonsten glich das Tier weitge- ort noch ein zweites Tier - das Tier unter- hend den Adulttieren. Genau so spektakulär schied sich doch deutlich vom ersten. Es anzuschauen wie die Tiere selbst war auch war wesentlich breiter, die Rippenenden wa- das Habitat. Dies wurde uns jedoch erst am ren hier deutlich zu erkennen und was auf- nächsten Vormittag bewusst, als wir das Ge- fiel: über den meisten Rippen war eine Art biet nochmals bei Tageslicht besuchten. Ein Warze ausgebildet, so dass dorsal neben der subtropischer Regenwald (Abb. 7), der sich Rippenleiste noch eine zweite, weniger aus- weitläufig über das sanft geschwungene Hü- geprägte Anordnung von Warzen zu erken- gelland erstreckt. Spektakulär sind die dort nen ist (Abb. 6). im Vergleich zum ersten heimischen riesigen Baumfarne (Cyathea Tier war dieses Tier deutlich heller, v.a. zu lepifera)(Abb. 1), die die dortigen, dicht be- den Rippenspitzen hin fast schon schoko- wachsenen Wälder säumen und die, nebst ladenbraun. In den vielen Stunden der fol- den soeben beschriebenen urigen Kroko-

Abb. 5: Echinotriton andersoni. Foto: J. Nerz amphibia, 14(1), 2015 29 Joachim Nerz

dilmolchen der Gegend wahrhaft einen Echinotriton andersoni ist per se anhand prähistorischen Charakter verleihen. Un- seiner sehr charakteristischen Merkmale terstrichen wird dies noch durch die dort und Körperform kaum zu verwechseln; vorkommenden Alochasia-Pflanzen, die mit innerhalb der Art gibt es moderate Unter- ihren riesigen Blättern lichte Stellen an Bä- schiede zwischen den einzelnen Populati- chen und Wegen säumen. Die Temperatur onen. So ist die oben beschriebene Popula- liegt dort bereits bei ca. 20 °C im Frühjahr. tion von Okinawa in der Regel eher etwas Es kommen dort zwar schon tropische Ele- ‚schlanker‘ und nicht ganz so massig gebaut, mente vor und im Meer findet man schon die die Färbung ist meist einheitlich schokola- ersten Korallenriffe, aber der Äquator ist mit denbraun bis schwarz (Abb. 1, 4, 5). Die Po- ca. 2000 km doch noch sehr weit entfernt, pulation von Tokunoshima unterscheidet so dass wir dort nach wie vor -im Gegen- sich in der Regel durch ihre noch gedrun- satz zu den äquatornahen Tropen- ein aus- genere Körperform und die Färbung, die geprägtes Jahreszeitenklima haben. Ähnlich meist einheitlich schwarz ist. Die Zehen- wie bei uns ist dort die Laichzeit der meisten spitzen, Rippenenden und die Schwanzun- Amphibien im Frühjahr (April, Mai), aller- terkante sind jedoch in der Regel farblich dings ist Echinotriton schon etwas früher ak- deutlich abgesetzt, oftmals leuchtend oran- tiv als die anderen Amphibien dort. Der Hö- ge bishin zu cremegelb oder bräunlich (Abb. hepunkt der Laichzeit von Echinotriton an- 8). Diese auffällige Farbkombination findet dersoni ist zwischen Mitte März und Anfang man bei den Tieren auf Okinawa in der Re- April, in dieser Zeit sind die Tiere am ak- gel nicht. tivsten und am ehesten noch zu finden. Da Die Haltung und Zucht der Tiere berei- die Tiere jedoch für die Balz und um abzu- tet keine sonderlichen Schwierigkeiten, da laichen nicht ins Wasser gehen, sondern die die Tiere aus subtropischen Gefilden kom- Weibchen den Laich lediglich in Gewässer- men, fühlen sie sich auch bei Temperaturen nähe ablegen, sind adulte Tiere nie im Was- in einer normalen Wohnstube wohl. In Ja- ser zu finden, was natürlich die Suche eben- pan selbst ist man mit Erfolg bemüht, ver- falls erschwert. Sobald die Larven entwickelt schiedene Populationslinien der Inseln Oki- sind, werden diese von Regenfällen in nahe- nawa, Amami und Tokunoshima in Gefan- gelegene Tümpelchen geschwemmt, bzw. genschaft nachzuzüchten und zu erhalten. diese bewegen sich aktiv durch den weichen Die große Schwierigkeit besteht darin, über- Schlamm dorthin. Insgesamt ist Echinot- haupt erst einmal Elterntiere für die Zucht riton andersoni auf fünf Inseln des Ryu- zu bekommen. So ist es in Deutschland den kyu-Archipels zu finden. Die bekanntesten emsigen Bemühungen unseres geschätzten Populationen findet man wohl auf Okina- AG-Urodela-Mitglieds Dr. Jürgen Fleck zu wa, Tokunoshima und den Amami-Inseln. verdanken, überhaupt eine der wenigen le- Es gibt Gerüchte, daß Echinotriton anderso- gal exportierten Zuchtgruppen zu ergattern, ni möglicherweise auch in Taiwan gefunden die er bis heute bereits in der F2-Generati- wurde, dort wurden die Tiere jedoch schon on erfolgreich züchtet. Dem natürlichen Ha- seit langer Zeit nicht mehr gesichtet. Le- bitat am ehesten nachempfunden ist ein leh- diglich 3 Exemplare sind von dort bekannt miger Untergrund mit einer vitalen Moos- und wie uns berichtet wurde, handelt sich schicht und ggf. etwas Laub; Rindenstücke, sich dabei ausschließlich um Skelette, die Tontöpfe o.ä. dienen als Unterschlupf; adul- konserviert wurden. Nichtsdestotrotz ver- ten Tieren sollte man einen kleinen Wasser- suchen Forscher in Japan, aus diesem dürf- teil bieten, an dessen Rand die Weibchen tigen Material DNA zu extrahieren, um ei- ggf. ihre Eier ablegen können. Dies ist unge- nen möglichen taiwanesischen Ursprung fähr die Methode, wie die Japaner die Tiere der Tiere zu bestätigen oder zu widerlegen. erfolgreich halten und züchten. Dankens- Aufgrund der geographischen Lage ist solch werterweise habe ich von Herrn Dr. Fleck ein Vorkommen keinesfalls auszuschließen. ein paar Nachzuchttiere erhalten; aus Hygie-

30 amphibia, 14(1), 2015 Echinotriton andersoni, ein uriger Salamander aus dem Süden Japans negründen dient bei mir Quarzkies als Bo- auch das Wachstum und es dauert schon ei- dengrund, bedeckt von einer frischen Moos- nige Jahre, bis die Tiere ihre endgültige Grö- schicht, etwas Buchen- oder Eichenlaub und ße erreicht haben. einem Stück Rinde als Versteckplatz. In ei- Man ist immer wieder erstaunt, wie sich ner kleinen Vertiefung der Kiesschicht ist diese gemütliche Lebensweise in der Evolu- ein kleiner Wasserteil eingesenkt, der zu- tion durchsetzen konnte und dass die Tiere sätzlich auch zum Erhalt der Luftfeuchtig- erfolgreich sind, das zeigen Fossilfunde von keit dient. Verwandten des Echinotriton (Tylototriton Die Einrichtung ist bewusst einfach ge- primigenius), die beweisen, daß die Tiere halten, was die regelmäßige Reinigung in schon sehr lange in ähnlicher Form exi- zwei- bis vierwöchentlichem Abstand deut- stieren und zu den eher urtümlichen Sal- lich vereinfacht. Gehalten werden die Tiere amandridae gehören, die vor 12 Millionen bei Zimmertemperatur von ca. 18-24°C, je Jahren sogar in Europa verbreitet waren. nach Jahreszeit. Auch die Fütterung berei- Echinotriton andersoni ist in seiner ‚Urig- tet keine Probleme; so biete ich den Tieren keit‘ schon eine faszinierende und auch lie- auf einer kleinen Plastikschale wöchentlich benswerte Spezies. Tubifex oder aber kleine Kerbtiere wie z.B. vitaminisierte Heimchen in passender Grö- Eingangsdatum: 12.12.2014 ße. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass Lektorat: I. Kraushaar; W.-R. Grosse im Leben der Tiere, sowohl im Freiland als auch im Terrarium, ein Grundprinzip stets Autor eingehalten wird: Gemütlichkeit. Die Tiere Dr. Joachim Nerz sind in allen Lebenslagen wirklich ausge- Jägerstraße 50 sprochen träge; auch während der Fütte- 71032 Böblingen rung dauert es eine ganze Weile, bis sich die Email: [email protected] Tiere um das gereichte Futter bemühen. Dementsprechend langsam ist dann

Abb. 6: Jungtier von Echinotri- ton andersoni. Foto: J. Nerz

amphibia, 14(1), 2015 31 Wolf-Rüdiger Grosse

amphibia – Literatur - Magazin

Aus dem Landesverband für Amphi- Arten vorgestellt und die Fossilgeschichte, bien und Reptilien-Schutz in Bayern e.V. ausführlich die aktuelle Gefährdung, der (LARS) liegt eine sehr schöne Film-DVD Schutz und die derzeit gültige Rote Liste des zum günstigen Preis von 20 € vor (www. Landes behandelt. Der Hauptteil des Buches lars-ev.de). Unter dem Titel „Amphibien in ist den Arten gewidmet. In Frankreich der Kulturlandschaft“ wird eine ganze Reihe kommen immerhin 38 Amphibien- und 44 einheimischer Arten vorgestellt. Den Rah- Reptilienarten vor, von denen insgesamt 43 men bilden die intensiv genutzte Kultur- Arten einen geringen bis keinen Gefähr- landschaft und die Möglichkeiten des Über- dungsstatus aufweisen. Dazu kommen noch lebens der Amphibien darin. Dabei werden sechs eingeschleppte Amphibien- und zwei auch Hilfsmaßnahmen für Pionierarten wie nichtheimische Reptilienarten. Im Haupt- Gelbbauchunke (Lurch des Jahres 2014) teil werden die Arten auf je einer Doppel- und Kreuzkröte vorgestellt. Die Filmema- seite beginnend mit einem durchgängig äu- cher G. Heidemeier, ßerst attraktiven 13 x 18 Großfarbfoto vor- K. Schaile und A. gestellt. Dazu folgen Textpassagen zum ta- Grau zeigen be- xonomischen Status, Verbreitung und Ha- eindruckende bitat (mit kritischen Passagen – Diskussion Bilder von – belegt mit Originalzitaten) und regional- der Paa- bezogenem Schutz. Auf der Doppelseite ist rung und rechts dann eine aktuelle Verbreitungskarte Eiablage untersetzt mit dem üblichen geografischen verschie- Höhenprofil und filigran eingefügt die poli- dener Ar- tische Verwaltungsstruktur des Landes. Die ten. Ge- Fundpunkte werden in zwei Zeitschnitten rade auch dargestellt, von 1970-1989 und aktuell nach für verein- 1990 bis März 2012. Eine beigelegte Klar- sinterne regi- sichtfolie ermöglicht dem Nutzer des Atlas onale Veranstal- die genaue Zuordnung der Rasterpunkte zu tungen kann dieses Bild- den Landeskoordina- material zur Vor- und Nachbereitung ten (IGN50). von Exkursionen und Freilandaktivitäten Ein umfang- eingesetzt werden. Nicht immer kann man reiches Litera- bei Feldbegehungen alles zeigen und ohne turverzeichnis eine aktive Öffentlichkeitsarbeit bleibt die und eine zehn- Amphibienkunde effektlos. seitige (!) Kar- Zum Thema passend liegt aus dem tiererliste las- Nachbarland Frankreich eine neue Her- sen die gewaltige petofauna vor „Atlas der Amphibien und Leistung der He- Reptilien Frankreichs“ (in Französisch). In rausgeber J. Les- einführenden Kapiteln werden die Organi- cure und J.-C. de sation und die Materialien der Landeskar- Massary gemein- tierung erläutert, eine kommentierte Liste sam mit 53 Auto- der autochthonen und der eingetragenen ren erahnen.

32 amphibia, 14(1), 2015 Die Terrarienbibliothek des Natur und nen Amphibienfreund vom Erwerb dieses Tierverlages präsentierte sich im Herbst nützlichen Buches abhalten sollte. 2014 in einer völlig neuen Form mit einer Literatur von Frank Pasmans et al. erstellten ter- Lescure, J. & J.-C. de Massary (coords.) raristischen Schwanzlurchübersicht mit (2012): Atlas des Amphibiens et Reptiles de einem kleinen Blindwühlen-Appendix. Der France. – Biotope Editions, Meze ; Museum Inhalt reicht von reinen Landbewohnern national d’Histoire naturelle, Paris (collec- bis hin zu im Was- tion Inventaires & biodiversite). 272 Seiten. ser lebenden Arten Pasmans, F., Bogaerts, S., Janssen, H. und der interes- & M. Sparreboom (2014): Molche & Sala- sierte Laie staunt mander. Halten und züchten. – Natur und über die Vielfalt Tierverlag GmbH, Münster. 247 Seiten, für die Terrari- etwa 500 farbige Abbildungen, Preis 39,80 stik erhältlicher €. ISBN 978-3-86659-259-9 Arten. Die An- kündigung „in Artenschutz - Batrachochytrium sala- diesem opulent mandrivorans bebilderten Der Chytridpilz (befällt die Hautpartien) Praxisratgeber wurde auch unter europäischen Molchen beschreibt ein und Salamandern in den Niederlanden fest- Team erfah- gestellt. Die Erkrankung wurde vermut- rener Halter lich aus Asien eingeschleppt. Das berichtet und Züch- ein internationales Forscherteam im Fach- ter ausführlich die magazin „Science“. Es kam wie bisher be- Grundlagen der erfolgreichen kannt wurde auch in Belgien mehrfach zu Pflege und verrät, wie es auch mit der Ver- Ausbrüchen der Pilzerkrankung. Als Ursa- mehrung klappt“ ist von Seiten des Verlages che des Salamandersterbens hatten bereits nicht übertrieben. Nach den üblichen Ein- vergangenes Jahr belgische Wissenschaft- führungskapiteln zur Haltung von Terra- ler den Pilz Batrachochytrium salamandri- rientieren folgen die besonders wertvollen vorans als Ursache des mysteriösen Ster- Artkapitel, gegliedert nach Kennzeichen, bens ausgemacht. In einer Studie haben sie Verbreitung, Größe und Geschlechtsunter- die Gefährlichkeit und Verbreitung des Er- schied, Behälter, Temperatur, Überwinte- regers genau untersucht (veröffentlicht am rung und Fortpflanzung. Und immer wie- 31. Oktober 2014, Science 346; www.scien- der Bilder, Bilder, Bilder – und Eines schö- cemag.org/content/346/6209/630/suppl/ ner als das Andere. Das geht allerdings stel- DC1). lenweise zu Lasten einer klaren stofflichen Zuordnung (z.B. Fremdarten bei Teich- Artenschutz - Rettung der letzten molch, bei Lykischer Salamander usw.). In Axolotl über 60 Artporträts von Molchen, Salaman- Nach einer Untersuchung der Natio- dern und sogar Blindwühlen gehen die Au- nalen Autonomen Universität von Mexi- toren, die weltweit zu den führenden Spezi- ko (UNaM) finden sich in den Gewässern alisten dieser Amphibiengruppe zu zählen von Xochimilco heute pro Quadratkilome- sind, detailliert auf die jeweiligen Beson- ter nur noch 0,3 Axolotl. 1996 waren es noch derheiten ein, die es zu beachten gilt. Eine 1000 Tiere. Biologen machen dafür die Doppelseite Literatur und eine Doppelseite schlechte Wasserqualität verantwortlich. Sie Infos zum Hobby runden die Darstellungen wird durch Abwässer der nahe gelegenen ab. Leider fehlt am Ende ein Schlagwortver- Metropole, von Pestiziden auf den Feldern zeichnis als Benutzungshilfe, was aber kei- sowie durch Abfälle der Touristen bei Ka- nalfahrten verursacht. Hinzu kommt noch, amphibia, 14(1), 2015 33 dass in den 1970er Jahren für die Fische- Ehrenmitglieder wie Wolfgang Mudrack (er rei tausende chinesische Karpfen und afri- wäre 2014 80 Jahre geworden) und Robert kanische Tilapias in die Gewässer gesetzt Thorn (verstorben am 23.11.2012) gedacht wurden. Eine Gruppe von UNaM-Wissen- wurde. Ingo Pauler, unser langjähriges Mit- schaftlern begann nun in Zusammenar- glied, verstarb im Februar 2014, 2 Monate beit mit der britischen Universität Kent vor seinem 75.Geburtstag. Mit großer Freu- ein Projekt zur Rettung des Axolotls. Die de konnten wir unserem Ehrenmitglied Fritz Wissenschaftler wollen die örtlichen Land- Rehberg zum 90. Geburtstag und Helga Mu- wirte überzeugen, den Einsatz von Pesti- drack zum 80. Geburtstag gratulieren, den ziden sowie die Aquakultur fremder Arten beide im Kreise ihrer Familien begingen – zugunsten der Öko-Zertifizierung für ihre trotzdem ein Gruß aus Gersfeld. Schön, dass Produkte aufzugeben. In drei Experimen- Jürgen Kühn, er wurde im vergangenen Jahr tier-Kanälen von Xochimilco wurden rund 80 Jahre, immer noch zu unseren Tagungen hundert Axolotl gezüchtet. Die Landwirte kommt und sein Hobby eifrig wie eh und je halten mithilfe von Wasserpflanzen die Ka- betreibt. Die Vorträge am Freitag und Sonn- näle sauber. Der Diebstahl von Axolotls für abend rundeten das Thema 25 Jahre AG Ur- den Verkauf als Haustier oder für die Her- odela (Peter Buchert) mit Wolf-R. Grosse stellung von dubiosen Zaubertränken ge- „Amphibia und 25 Jahre Mitteilungen der fährdet das Projekt (Y. Ortega, AFP). AG Urodela“, Josef.-F. Schmidtler „Von den „alten Römern“ bis zu den ersten Terraria- Artenschutz – Projekte nern - Innovationen und Curiosa in der Ge- ‚Gefährdete Molch- und Salamanderar- schichte der Amphibienforschung“ ab. Eine ten, Richtlinien für Erhaltungszuchten‘ war kleine zoologisch systematische Sensation ein Erfolgsprojekt der AG Urodela. Auf- ging bei dem Trubel der Tierbörse fast un- grund des großen Interesses werden wir das ter – es wurden die Ameisendrosophila (s. Projekt der ccm-papers weiterführen. Dazu Foto) vorgestellt, mit drei Flügeln und zum möchten wir informieren und weitere Mit- günstigen Preis von 2 € ! Allen Mitgliedern streiter suchen. Für die Beiträge in Teil 2 wurde dann zur Tagung eine Tasse mit dem konnten inzwischen 11 Autoren gewonnen Jubiläumslogo überreicht, so dass man nun werden (s. www.ag-urodela.de/neues). Es beruhigt davon ausgehen kann, dass die AG sind aber noch viele Arten der Schwanz- Urodela noch alle Tassen im Schrank hat. lurche der Paläarktis frei und wir würden uns über weitere Autoren sehr freuen. Autor PD Dr. Wolf-Rüdiger Grosse 25 Jahre AG Urodela in der DGHT Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Mit diesem stolzen Jubiläum vor Augen Zentralmagazin Naturwissenschaftliche reisten unsere Molch- und Terrarienfreunde Sammlungen im Oktober 2014 in Gersfeld an und viele Ge- Domplatz 4 spräche begannen mit „…weisst du noch…“ D-06099 Halle/Saale So kam es auch, dass unserer verstorbenen Email: [email protected]

Berichtigung Auf den Seiten 22 und 23 von amphibia H 2/2014 wurde der Goldbaumsteiger mit den falschen lateinischen Namen Phyllobates terribilis genannt. Er heißt real Dendro- bates auratus. Für den Fehler entschuldigen wir uns. R. Hoyer und die Redaktion

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