jdru cksachen-inhalte

Wechselhaft Jährli ch gibt die FDP eine Argumentations­ hilfe für ihre Funktionäre heraus. Eine Ge­ genüberstellung einiger Beispiele aus den Broschüren 1982 und 1983 dokumentiert alles andere als Kontinuität. Die Union be- ,__....- v-...- gnügt sich im Wahlkampf nicht auf Abgren­ zung von ihrem Koalitionspartner. lnsbe- 1----:i...... !-\\\ \-~~ sondere Strauß besteht auf e iner Demüti• gung der FDP-Minister. Seiten 8 u. 11

Titelbild: Die Telefonzellen in Bonn foto­ Der Liberalismus braucht eine Partei grafierte Heidrun Schmitt Michael Staack begründet aus seiner Sicht die Notwendigkeit der Liberalen Demokra­ nachdrucksachen: FDP-Argumente vor ten. Er widerspricht der Argumentation, mit der Marainne Hochgeschurz in der Ja­ und nach der Wende Seite 8 nuarausgabe der liberalen drucksachen die Notwendigkeit einer liberalen Partei ver­ 6. März: Die BVG-Entscheidung machte neint hatte. SPD und Grüne vertreten wichtige liberale Positionen nicht mit dem den Wahlterrpi n perfekt Seite 9 Nachdruck, den sie angesichts autoritärer Gesellschaftsentwicklungen bedürfen. Ohne Wechsel-Wirkung: Den Freidemokraten Liberale gibt es in der Bundesrepublik keine fortschrittliche Mehrheit. Seite 13 wird ihre Ohnmacht demonstriert Seite 11 ·Grüne: Friedhelm Wachs begründet, wa­ rum der schwarz-rote Filz eines grünen • Herausforderung Stachels bedarf Seite 12 Daseinsberechtigung: ld-Redakteur Mi ­ Dieter Noth kommt im Ver­ chael Staack belegt: Wir brauchen die gleich zwischen den beiden Liberalen Demokraten Seite 13 Kanzlerkandidaten zu dem Duell: Dieter Noth stellt die Kanzlerkan­ Ergebnis, daß Vogel nicht didaten gegenüber Seite 13 das kleinere Übel, sondern die größere Hoffnung ist. Friedenserziehung: Manfred Wörner will den Wehrwillen stärken Seite 15 Seite 13 Kabel: Neue Übertragungstechniken ge­ fährden Arbeitsplätze und den Rechts­ staat Seite 17 Das Kabel als gesellschaftliches Strick Privat-TV: Die Gefahr von Kommerzfunk wächst Seite 20 Die Einführung neuer Medien in der Bun­ Widerstand: Bürgerinitiativen wehren sich desrepublik wird eine Reihe von gesell­ gegen Verkabelung Se'ite 22 schaftlichen Folgen mit sich bringen, deren Dahrendorf I: Der kritische Rational is­ Brisanz weitgehend unterschätzt wird. Aus­ mus belebte einst die Programmdiskus­ wirkungen auf die Wegrationalisierung von sion der FDP Seite 24 Arbeitsplätzen oder die Gefahr hierüber Dahrendorf II : Der Politiker sollte 1969 einen Schritt näher auf die Realisierung Liberale in die SPD führen Seite 25 des gläsernden Untertanen zu kommen, Dokument: Teil 1 der Robinsohn-Denk­ werden häufig übersehen Seite 17 - 23 schrift Seite 26 Rückblick: Dietmar W. Alt schildert die Entstehungsgeschichte der Freiburger Thesen Seite 30 Zeitgeschichte: Gerhard Zwerenz zur Goethepreisverleihung an ErnstJünger Das Ende in Freiburg Seite 31 Nach dem Koalitionsbruch 1966 geriet die FDP Preisrätsel: Zur Bundestagswahl ein in eine Ident itätskrise. Von der APO und aus an­ Kreuzworträtsel zum Um-die-Ecke-den­ deren intellektuellen Kreisen stießen Leute zur ken Seite 32 FDP, die mit der Idee des Liberalismus fort­ schrittliche Inhalte verbanden. Parteipragmatiker wie Genscher und Mischnik paßten sich dem Rubriken neuen Kurs an, weil d ie Partei neue Kräfte drin­ d~ucksachen-herausgeber Seite 3 gend benötigte. Die Ve ra bschiedung der Freibur­ brief-drucksachen Seite 4 ger Thesen bedeutete - was heute nur noch weni­ nachrichtliches in kürze Seite 6 gen bewußt ist - einen Sieg des rechten Flügels. in eigener Sache Seite 33 Dietmar W. Alt erinnert an die Entwicklung bis personelles Seite 34 zum Freiburger Parteitag. Seite 30 der-die-das-letzte Seite 35

2 drucksachen-herausgeber:

Hanspeter Knirsch

"Die Freie Demokratische Partei und die Fraktion der FDP, auf deren politi· sehe Unterstützung der Bundeskanzler an­ gewiesen war, da eine große Koalition nach den festen übereinstimmenden Be· kundungen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD nicht in Frage kam, gerieten im Zusammenhang mit der Beendigung der sozial-liberalen Koalition in tiefgreifende Richtungskämpfe; dies durfte der Bundes· kanzlerdahin bewerten, daß sie ernsthaf­ te Zweifel an einer beständigen politi· sehen Unterstützung des Bundeskanzlers im 9. Deutschen begründeten."

Staatsräson vor Recht

Nun wissen wir es also: Nicht die Grü· hat, nach dieser Norm die Auflösung des kräftig finanziell von Flick gefördert worden nen haben diese Republik unregierbar ge­ Bundestages anstrebt, ein leitet und er­ sind. So plump hat sich nicht einmal Marx macht, sondern die "Freie Demokratische. reicht. die Herrschaft des Großkapitals vorgestellt. Partei und die Fraktion der FDP". So hat Der Kanzler Kohl hat Artikel 68 GG miß· Die "innerparteilichen Richtungs· braucht und das Verfassungsgericht stellt es das höchste deutsche Gericht entschie· Staatsräson vor Verfassungstext. Das große den. Und deshalb muß am 6. März neu kämpfe in der FDP", die ja zum Zeit· punkt der Entscheidung des Gerichts Geld fließt nach wie vor für die FDP, wie gewählt werden. Weil aber auf die FDP man an ·der aufwendigen Wahlwerbekam· kein Verlaß ist, nicht einmal auf deren nachweislich infolge der Massenaustritte pagne ablesen kann. Unzuverlässigkeit, machte Kanzler Kohl praktisch nicht mehr stattfinden (siehe Wer den Marsch der Bundesrepublik Freiburger Bundesparteitag), sind als ver­ Deutschland in die Restauration aufhalten gleich einen Tag nach der Verkündung fassungsrechtliche Kategorie ein Novum. will, wer die Aufstellung neuer Raketen ver· des Karlsruher Urteils die Ankündigung, Parteipolitischen Minderheiten von hindern will, wer den Ausstieg aus der das Grundgesetz ändern zu wollen mit Nutzung der Atomenergie anstrebt, wer auf Regierungsparteien wird man nun künftig dem Ziel, das Selbstauflösungsrecht des eine Weiterentwicklung der Entspannungs­ diese Entscheidung des Gerichts vorhalten politik setzt, wer die Sicherung und Erwei· Bundestages in die Verfassung einzufüh· und so damit zum Schweigen bringen, terung liberaler Freiheitsrechte will, kann ren - eine indirekte Ohrfeige für die weil sie sonst die Regierbarkeit der Re­ dies am 6. März nur durch eine Stimmab­ Karlsruher Richter, die ja gerade . die de gabe gegen Kohl, Strauß und Genscher tun. publik gefährden. Ein bemerkenswerter facto-Auflösung mehrheitlich bestätigt Der 6. März stellt Liberale vor die Qual der und damit Herrn Kohl und Herrn Car· Beitrag zur Entwicklung der parlamenta· Wahl, weil keine liberale Partei auf dem stens eine Blamage erspart hatten. rischen Demokratie! Stimmzettel steht. Die 3 Millionen von Flick sind angesichts des Steuerverzichts je­ Mit Hilfe von 3 Millionen DM wurden 10 doch gut genug verzinst. Wer nicht wählt, Verfassungsrichter Justus Rinck hat · Millionen Wählerstimmen mißbraucht. Seit· läßt andere über sein Schicksal bestimmen mit seinem Minderheitenvotum natürlich her mißbraucht die FDP das Wort Liberalis­ und begünstigt die Stärksten. Deshalb wird Recht: Schon der Wortlaut des Artikels mus und ein paar Feigenblätter lassen sich den Liberalen diesmal nichts anderes übrig 68 GG schließt es aus, daß ein Bundes· mißbrauchen. bleiben, als SPD oder GRÜNE zu wählen - Nun weiß man auch, daß die "Richtungs· auch wenn es schwer fällt. e kanzler, der sichtli ch das Vertrauen der kämpfer" und Wendebetreiber in der FDP Mehrheit der Mitglieder des Bundestages (u.a. Möllemann, Cronenberg, Gattermann) 3 brief-drucksachen

OhneJudos Betrifft: Marianne Hochgeschurz' Plädoyers keine Zukunft? Der Beitrag von Werner Lutz hat mich Alternative "rot"oder grün? sehr nachdenklich gestimmt. Die Zukunft Vorab - ich finde es gut, wenn in ei­ Nullwachstum) erst in die breite Öffent• der Jungdemokraten ist mir eine iu wich­ ner liberalen Zeitschrift jeder offen seine lichkeit getragen? Doch eine Bürgerinitia• tige Sache, und daher kann sie nicht mit Meinung sagen kann. Aber - tut Frau tivenbewegung, die nun erstmals als eine, einer falschinterpretierten oder falschen Hochgeschurz, Redakteurin dieser libera· wenn auch sicherlich nicht geschlossene Aussage verbunden werden. . len Zeitschrift, dem Liberalismus in der Gruppe in den Bundestag einziehen kann. Auch ich bin älteres LD-Mitglied und Bundesrepublik einen guten Dienst, wenn Sicherlich begeistern mich nicht alle stelle mir immer wieder die Frage nach sie, die sich (noch?} keiner anderen Partei dort diskutierten Lösungsvorschläge; der Zukunft des Liberalismus. Ohne eine angeschlossen hat, so schlicht behauptet, mich fasziniert aber, daß nach vielen J ah­ engagierte und politisch denkende Jugend "auf eine liberale Partei kann sie (unsere ren wieder die realistische Möglichkeit be­ ist eine Zukunft nicht möglich. ln den Republik) eher verzichten". Gibt es in der steht, das politische Spektrum des Bun­ DJ D habe ich immer, das ist vielen DJ D­ Parteiengeschichte Beispiele, die das bele­ destages einmal entscheidend zu verbrei­ Mitgliedern bekannt, eine Organisation gen? Was sollen diese Betrachtungen? tern, - und zwar an einer grundsätzlich gesehen, in der d lese Jugend zu finden ist. Will man uns Liberale Demokraten, durchaus sympathischen Stelle. 1 Auf dem II. Bundesparteitag ist von ei­ die wir diesen Schritt bewußt und nicht Heinrich Böll reagiert da genau richtig: nem älteren Parteifreund ein Antrag be­ aus Leichtsinn getan haben, verunsichern? Wer am 6. März grün wählt, handelt damit gründet worden, mit den DJ D eine ge­ Oder soll es nur Wahlhilfe ftir die SPD nicht gegen die SPD, er vertraut eben nur meinsame organisatorische Lösung zu fin­ sein? Keine Angst, die meisten Partei­ nicht allein auf einen oppositionellen Vo­ den. Mit überwältigender Mehrheit wurde freunde werden diese Partei, deren Part­ gel, sondern liest gleichzeitig auch, daß er angenommen. ner wir einmal sein können, am 6. März einige Gewerkschafts-MdB's schon über Prof. Dr. Kar/-Heinz Freytag ohnehin wählen. Und noch eins: Basisbe­ eine mögliche Große Koalition spekulie­ 5090 Leverkusen zogen wollen wir bestimmt bleiben. ren; daß die bayerische SPD noch einmal Renate Schimmelpfennig ihre volle Zustimmung zum Rhein-Main­ ------······------·---·-··------·--- 5300 Bann Donau-Kanal bestätigte; daß die hessi­ sche SPD, kaum daß sie einen ersten ·* * * . · · Haushaltskompromiß mit den Grünen erstellt hat, schon wieder ein echtes Be­ Wo liegt, so fragte Marianne H~chge­ TABAK ton-Protzobjekt in Eltville unterstützt; für schurz in der letzten Ausgabe der hbera· len drucksachen, die politische Altern'ati­ er sieht schließlich auch personell eine ve zu einer Stimmabgabe für die SPD am SPD, in der Eppler im Abseits steht, in Pfeile 6. März? Die einfache Antwort: in einer der Lattmann resignierte, die Hansen kräftigen (Zweit-)Stimme für die Grünen. rausschmiß, aus der sich Coppik aus­ Die Begründung zunächst für reine grenzen lassen mußte, die Meinike jetzt erst gar nicht· wieder autstellte und Zahlenstrategen: Eine Zweitstimme für Ziaäiene schließlich Thüsing auf einen aussichts­ die Grünen schadet in gar keinem Fall. Wir liefern: praktisch alle Die Grün-Alternativen haben inzwischen losen Listenplatz verdammte; die die Pfeifentabake sowie spezielle eine feste Stammwählerschaft von ca. 3,5 Jusos nur noch als Plakatekleber kennt. Nein, wer sich langfristig auch etwas Angebote nur für unsere Ver­ Prozent, die sich, vielleicht zu Re~ht, sandkunden. Z .B.: durch keinerlei Gerede mehr vom "kleme· von der SPD erhofft (sich angesichts der Pfeifentabak ren Übel" zu einer SPD-Stimmabgabe politischen Kräfteverhältnisse in der Bun­ "HOLLAND BLEND" verleiten läßt. Also können zusät?liche desrepublik sogar erhoffen muß!), gerade mild, aromatisch, duftend Stimmen doch nur dazu verhelfen, die der muß am 6. März erst einmal seine Zweitstimme den Grünen geben. 250 g. NUR DM 13,50 DM Grünen dann tatsächlich auch über die fünf Prozent zu hieven. Klappt das wider Vielleicht stehen die Grünen ja 1987 SOO g. NUR DM 22,-- DM schon gar nicht mehr auf dem Stimmzet­ Solange der Vorrat reicht! Erwarten nicht, dann hätten diese ein bis zwei Prozent auch der SPD nicht zur ab· tel, haben sich bis dahin längst heillos Und auf Dauer: zerstritten. Vielleicht haben sie bis dahin soluten Mehrheit verhelfen können. Nein, "Echte Hollandse Sigaretten­ doch zumindest die wirklichen Konflikt­ die SPD hat überhaupt nur dann nach tabak", Halfzwaar, American, stellen auch einmal in die beiden Volks­ dem 6. März eine kleine Regierungschan· oder Lichte parteien hineingetragen: ln einem sol­ ce, wenn die Grünen tatsächlich in den chen, dann zersplitterten Parteienspek­ 250 g. NUR DM 14.90 Bundestag gelangen. trum hätte dann vielleicht auch eine links­ 500 Zigarettenhülsen Doch auch einige inhaltliche Bemer· NUR DM 9,50 liberale Partei einen sinnvollen Platz. kungen dazu: Marianne Hochgeschurz hat Richard Finger TABAKVERSAND HILLE Recht darauf verwiesen, daß sich in zu 5000 Köln 4459 Getelo 124 den letzten Jahren "Konfliktfelder und Bestellungen bis 50,-- DM DM 2,50 Versandkostenanteil, über SO,·· Gefahrenquellen" unserer Gesellschaft *** frei. verändert haben. Wer aber hat denn über• Ich halte \1arianne Hochgeschurz' Lieferung gegen V -Scheck oder haupt die meisten der sich daraus erge­ Auffassung, die SPD all ein kön ne die Re­ per Nachnahme {plus Gebühr) benden Diskussionen (z.B. über Rüstung, publik auf den wünschenswerten gesell­ Umwelt, aber auch Verteilungsfragen bei schaftspolitischen Kurs bringen, für eine

4 Illusion. Auch halte ich diese Auffassung in den letzten dreizehn Jahren für histo­ risch widerlegt. Carl von Ossietzky hat schon Ende der zwanziger Jahre in der "Weltbühne" geschrieben: Was haben die Parlamentspolitiker, die Strategen der Opportunität, eig~ntlich er­ reicht? Die Gleichgültigkeit der breiten Massen am politischen Betrieb ist unbe­ schreiblich. Und was wäre das bißchen Konsolidierung, auf das immer so stolz gepocht wird, oh~e die spornende Kraft verhöhnter, gemiedener Außenseiter? Kei­ ne der später verwirklichten Ideen ist aus der Mitte der großen Parteien gekom, men." , Dies gilt erst recht und in besonderem bereits bestens aufgehoben? Hält sie So­ beit zu beginnen, obwohl zu diesem Zeit· Maße für die große Volkspartei SPD, da­ zialdemokraten und/oder Grüne mehr­ punktersteinmal die Luft raus ist aus der mals wie heute. heitlich wirklich für verkappte Liberale? öffentlichen Diskussion. Wir haben noch· Dietmar Porten Ich furchte, dies würde sich schon sehr mals ganz von vorn anzufangen! 4100 Duisburg bald als verhängnisvoller Irrtum erweisen. Dieser Neubeginn erfordert eine ein­ *** Und schließlich: Warum sollten siCh heitliche Partei. Ich selbst als ein Unterle­ Frau Hochgeschurz belegt mit ihren - auch längerfristig - ausgerechnet dieje­ gener des Nichtteilnahme-Beschlusses Ausft.ihrungen, daß eine wichtige Aufgabe nigen nicht mehr offen zur Wahl stellen, hoffe, daß alle anderen schnell ihre Ent· der Liberalen darin besteht, die bürgerli· die als einzige nicht nur einzelne Sympto­ täuschung überwinden werden und die ge­ chen Basisbewegungen mit der Arbeiter­ me politischer Fehlentwicklungen be­ samte Organisation mit ihren vollen Kräf· bewegung zusammenzuführen. D,iese Er­ kämpfen, sondern die diesen gemeinsame ten unterstützen, um die Kontinuität ei­ kenntnis ist allerdings nicht neu. Sie ist Ursache? nes deutschen Liberalismus' nachhaltig zu so alt wie die Bewegungen, die sie zusam­ Unsere Republik und darüberhinaus sichern. Ulrich Beem menführen will. Und sie gilt ganz be­ gerade wir Deutschen können auf eine li­ 4190 Kleve 1 stimmt nicht nur "in der aktuellen gesell­ berale Partei zu allerJetzt verzichten! schaftspolitischen Situation unserer Re­ Hartmut Heinscher .. Schnapsgläschen• publik". 3500 Kassel Wer dieser aktuellen Situation gerecht parteien" werden will, muß weiter denken und sich Die Bandbreite der (links-) liberalen Arbeits· und Strategiemöglichkeiten war der Frage zuwenden, wie Liberale denn Nochmals von vorn am Ende der Weimarer Republik doch nun - jetzt und in Zukunft - dem für Eine politische Partei, die sich absicht­ größer, als gemeinhin angenommen wird, richtig erkannten Ziel wirksam dienen lich nicht an Wahlen zu einem Parlament und auch nach 1945 gab es andere Wege können. Und da scheint mir nicht die beteiligt? Es hört sich schon etwas merk­ ·als nur zur Demokratischen Volkspartei schlechteste Antwort di~;, sich zunächst würdig an, doch nun ist eingetreten, was oder zur LDPD oder zur FDP. einmal zu einer politisch handlungsfähi­ sich schon auf dem NRW-Landesparteitag gen, unzweideutig auf die direkte Mitwir­ andeutete: Die LD nehmen nicht an den Z.B. traten bereits Ende der zwanziger kung an der politischen Willensbildung Bundestagswahlen teil, die unverbesserli­ Jahre führende Gewerkschafter aus den bedachten, einigenden Kraft, eben einer chen Formalisten haben die Oberhand be­ Reihen der DDP zur SPD über, andere Partei, zusammenzufinden. Erst dann halten. Linksliberale schlossen sich - nicht wie kann überzeugend die Meinung der Mehr· Und dies mit zum Teil widersprüchli• die Nationalisten und nicht wie die Pazifi· heit der politisch aktiven Liberalen festge­ chen Argumenten. Da hat man auf der ei­ sten - zum aktiven Kampf für die Repub­ stellt und fortentwickelt und nur auf die­ nen Seite Angst, sich mit ein paar Pro­ lik dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold sem Weg kann der durch die FDP in Miß• zentanteilen lächerlich zu machen, zum an. kredit gebrachte Liberalismus in der Bun· anderen wird befürchtet, daß man zwar Und nach 1945 ging der ehemalige desrepublik rehabilitiert werden. dennoch knapp an der 5-%-Hürde schei­ DStP-Reichstagsabgeordnete Heinrich Ohne eine solche Rehabilitation müßte tert, jedoch dadurch den Grünen und der Landahl in Harnburg gleich zur SPD (er den liberalen Einzelgängern bei SPD, · SPD mögliche Wähler wegnimmt und so wurde später Schulsenator der Hanse­ GRÜNEN, Bürgerinitiativen und anders­ einem CDU-Staat Vorschub leistet. stach), denn er war der Meinung, die SPD wo, von persönlichen Erfolgen abgesehen, Solange die Wahl nicht stattgefunden dürfe man nicht den Marxisten überlassen, ein entscheidender Einfluß auf Bürger­ hat, sind keine der Überlegungen auch sie müsse stattdessen eine große linke und/oder Arbeiterbewegung immer ver­ nur annähernd gesichert. Im Falle einer Volkspartei werden, die auch das fort· sagt bleiben. Oder glaubt Frau Hochge­ Beteiligung _aber hätte sich dieses überprü• schrittliehe Bürgertum umfassen müsse. schurz etwa, das für echte Demokratie fen lassen. Letzteres war u.a. eine klare Absage an und echten Frieden existentielle, zentrale Fehlt den Wahlgegnern einfach nur der die "Schnapsgläschenparteien ", wie sie Anliegen der Liberalen, auch in der Mut, sich den Wählern zu stellen? jeden· die Liberalen von der Größe her nach durchorganisierten Massengesellschaft des falls geht die Partei jetzt auf Nummer si· 1928 darstellten und auch in der BRD Elektronenzeitalters die Freiheit des ein­ eher. Aufgabe der verschiedenen Gliede­ wieder darzustellen droh(t)en. zelnen zu wahren und nach Möglichkeit rungen der LD ist es nun, nach den Wah­ Dietmar W. Alt auszubauen, sei bei SPD und GRÜNEN len mit konkreter politischer Aufbauar- 4000 Düsseidorf

5 nachrichtlich

Sozialliberale im Genscher Wahlkreis · 3o. 1 . 19 33 30.1 .1983 NIE WIEDER FASCHI~~ros - NIE WIEDER KRIEG! Wir ehren dia !-!ildener Kommunisten Es wäre auch zu sozial-liberalen Zeiten H e r m a n n •; 1 e m e n s und W i 1 h e J. 10 S c h m 1 t t, eine Meldung wert gewesen: lngrid Mat· die von den Nazis ermordet wurden; thäus, Helga Schuchardt und Friedrich J u 1 i u s K a u ~ e , der in Spanien im Kampf gegen die Franco- und Hitlerfaschisten fiel? Hölscher gemeinsam im Wahlkreis Gen­ die s i e b e n B ü r g e r j U d i s c h e n C 1 a u b e n s, schers. Im Januar 83 treten die drei er­ die in der Progromnacht vom 9. 11.1938 in Hi.l.d'en umgebx:acht wurden klärt. Sozial-Liberalen in Wuppertal an, 1ind die viel en Hildener Bürger, die !..n den KZ und Cef:J.ngnissen der Hitlerfaschisten .ihr Leben und ihre Gesundheit ließen. um zu belegen, daß ein Unterschied be­ Wir rufen auf zur Tellnehme an den Veranstal tt.lllgen der steht zwischen "Liberalen" und "Freien :..NTIFASCP. ISTISCHEN WOCHE in HiJ.den. Demokraten". W.D..aer,C.CelAler,M.BUokal,•.Joet~,C.Joet1A&,I.L1eren!el4, Sie machen Wahlkampf ftir die SPD ­ S.M~,S.N.ait&,E . O.Rubl &D4,H.S te1Akrüeer ,S.L.aaer ,J ,Lemmer, aber mit individuellen Unterschieden: r . varca ,z.wol~ · Friedrich Hölscher, partei· und fraktions­ loser Abgeordneter, als engagierter Red­ ner ftir die sozialdemokratische Wähler­ Diese Anze ige von 14 Hildener Bür­ nige Tage zuvor in einem eigenen Beitrag initiative; seine Kollegin Helga Schu­ gern wurde von der Rheinischen Post ab­ die gleichen Angaben über die Hi ldener chardt, ebenso partei- und fraktionslos, gelehnt- aus "politischen Gründen", wie Opfer des Faschismus veröffentlicht. als designierte Kultur-Chefin in Hamburgs man den Unterzeichnern beschied. Was also kann gegen die Anzeige ge­ SPD-Senat; lngrid Matthäus (gewandelt Im Anzeigenteil der Rheinisyhen Post sprochen haben? Wohl einzig, daß unter von der "sozialliberalen Demokratin" zur befindet sich regelmäßig folgende Mit· den 14 · Unterzeichnern sich tatsächlich "liberalen Sozialdemokratin") als Mit· teilung in eigener Sache: "Parteien, Regie­ auch einige, lokal bekannte, Mitglieder glied und Wahlkreiskandidatin der SPD. rung, politische Gruppen und Persönlich· der DKP befanden. Gemeinsamkeit herrschte im Ziel: Ge­ keiten. nehmen zur Darstellung ihrer An­ Ein WDR-Redakteur, der sich der An­ genmacht sammeln, fllr die Konzentration sichten und Argumente den Anzeigenteil gelegenheit annahm und bei der Düssel• der Kräfte "in der Mitte und links davon" der Tageszeitungen in Anspruch ", und dorfer Anzeigenleitung nachhakte, bekam sorgen. Daneben war Abrechnung das Ge­ weiter: "Die RP veröffentlicht Anzeigen zu hören, daß Rundfunk und Fernsehen bot der Stunde. Friedrich Hölscher ("~in im Rahmen des presserechtlich Verant· eh zu viel Aufhebens um diesen Jahrestag gewisser Reiz, im Wahlkreis des nicht­ wortbaren." (30.1.33) machten, und da wolle man mehr-Freundes anzutreten!") sprach star­ Konnte an dem Anzeigentext der Hil· wenigstens den Anzeigenmarkt "sauber" ke und bittere Sätze: D'ie neue Regierung dener Bürger etwas presserechtlich nicht halten ... mache aus Zivildienstleistenden "Strafba­ zu verantworten sein? Schließlich hatte Auch eine Form von Vergangenheits· taillone an der Sozialfront" und die be­ die Hildener Lokalredaktion der RP we- bewältigung. triebene "Krisenbewältigung (sei) Sozial· darwinismus". Aber auch Skepsis war zu vernehmen: "Ich hoffe, daß die SPD das FDP-Veto verhindert liberale Erbe ernsthaft antritt. Der SPD LD-Aufnahme in Liberale Internationale tut liberaler Wind ganz gut." Helga Schuchardt gab der Skepsis Die FDP nutzte eine Gelegenheit, ihre und reaktionäre Parteien anzusehen sind, nicht mehr so viel Raum: " Ich kann ·als liberale und tolerante Grundeinstellung zeigt das eingelegte Veto den Kleingeist Liberale guten Gewissens SPD wählen." unter Beweis zu stellen. Auf einer Sitzung der Genscher-Partei. Die Liberalen Demo­ Auch hier frontale Angriffe auf die Per­ des Exekutivkomittees der Liberalen ln· krater1 bewerteten dies denn auch als ein spektivlosigkeit, die bornierte Ei.näugig• ternationale Ende Januar in Bonn wurde Zeichen, daß die FDP auf ihrem unauf­ keit und daher falsche Zielsetzung der dem schriftlich eingebrachten Interesse haltsamen Weg zur Splitterpartei die LD neuen Regierung: "Was nützt uns Schul­ der liberalen Demokraten, Mitglied der als Konkurrenz ernst zu nehmen schei­ denfreiheit, wenn wi r noch mehr Arbeits· liberalen Weltorganisation zu werden, ein ne. lose haben und keine Blätter mehr an den Riegel vorgeschoben. Nur dem Einspruch des Vorsitzenden Bäumen?" Der amtierende Präsident, der Italiener der Deutschen Gruppe der LI, Hermann lngrid Matthäus begann ihre Rede na­ Malagodi, wollte es sich einfach machen Kleinstück aus Hessen, dem nicht gerade hezu kommentarlos mit Zitaten: "Die und verwies auf einen von der FDP vor­ der Ruf eines Fortschrittlers vorauseilt, Auffassung, daß Liberalismus und Privat­ sorglich eingebrachten Einspruch gegen ist es zu verdanken, daß die Frage der eigentum in jedem Fall identisch seien, eine evetuelle Mitgliedschaft der LD in Mitgliedschaft noch nicht endgültig ent­ gehört zu den Grundirrtümern der jüng• der Liberalen Internationale. Formal ist · schieden ist. Auf seinen Vorschlag hin sten Geschichte" und "Liberalismus for­ dies möglich, da die Satzu(lg besagt, daß sollen erst einmal Diskusssionen innerhalb dert Reform des Kapitalismus". Worte, eine zweite Partei aus einem Land, das in der Deutschen Gruppe und bilaterale Ge­ die man in ihrer FDP-Zeit von ihr nicht der LI bereits mit einer Organisation ver- spräche zwischen LD und FDP stattfin­ mehr oft gehört hatte. Zum politischen . treten ist, nur mit deran Zustimmung auf­ den. Kfeinstück hat bei seiner Interven­ Heimatverlust: " Das sind die neuen genommen .w~rden kann. Angesichts der tion wohl daran gedacht, daß sein Stell­ Freunde der FDP: Die Deutsche National· Tatsache, daß mehrere Länder, darunter vertreter schließlich das LD-Landesvor­ Zeitung hat eine Zweitstimmenkampagne auch Israel (!), mit zwei Parteien in der standmitglied Cordes Koch-Mehrin aus für die FDP gestartet. ln dieser Partei ha­ LI vertreten sind, und einige der Mit· Köln ist. be ich nichts mehr zu suchen." • gliedsverbände eher als rechtskonservative

6 in kürze

mit den Forum International Organisa­ im RPJ bleiben. Liederliches tionen in den Niederlanden, Belgien, Ita­ Den jungen Christen .und den jungen Sozia­ lien, Katalanien, Schweiz und Schottland listen fiel der zuvor im Zweiergespräch aus­ Das Lernen, Singen und Verstehen von steht die bundesdeutsche Organisation als gehandelte Kompromiß besonders leicht, Liedern und Balladen steht im Mittel­ Ansprechpartner für alle diejenigen zur weil auch gleich ein neuer Schlüssel fur die punkt der Sommerakademie "Deutsche Verfügung, die Interesse an in ternationa­ Verteilung der Mittel bei vier Verbänden beschlossen werden muß. Statt bisher 40 Volkslieder", die die Theodor-Heuss-Aka­ len Kontakten haben. Vorsitzender des bundesdeutschen Fo­ erhalten nun Jusos und Junge Union je­ demie auch in diesem Jahr wieder durch­ weils 42 Prozent der Förderung. Für die führt. Man will damit, so der Seminarlei­ rum International ist Michael Bleikamp Jungdemokraten verbleiben knapp die ter Heinz-Peter Katlewski, "einen kleinen aus Göttingen, vertreten durch Britta Jor­ Hälfte ihrer bisherigen Mittel : 9 Prozent. Beitrag zu einer liberalen politischen Ku l­ dan, ebenfalls Göttingen. Schriftfuhrer Die Julis, denen es weniger um das Geld als turarbeit" leisten. wurde Anja Thomschewski, Melsungen, um das Prinzip ging, waren entsetzt, daß Seminardozenten sind Gernot von und als Beisitzer stellten sich J örg Zint­ die Junge Union zustimmte, daß der Koali­ Baer, der in seiner Freizeit deutsche graf (Wolfenbüttel), Heinz-Hermann tionspartner im Jugendbereich mit sieben Volkslieder sammelt und singt, und der Storck (Marburg) und Thomas Stein Prozent abgespeist wurde. Duisburger Liedermacher Helmut Meier (Bonn) zur Verfügung. Junge Union und Jungsozialisten machten Im ersten Halbjahr werden folgende auch bei einer Nachfrage der Julis über den ("Liedermeier"). Schlüssel fur das nächste Jahr unmißver­ Die Sommerakademie findet vom 12. Seminare angeboten: 18.-20.3.: Ausländer in der 'BRD ständlich deutlich, wie sie ihn 1984 sehen: bis 20. August in der THA in Gummers­ F ifty - Fifty. bach statt; die Kursgebühr beträgt ein­ (Situation in Schule und Be­ schließlich Verpflegung und Unterkunft trieb/ Ausländerfeind IiC h keit) 250 DM, für Studenten und Auszubilden­ 31.3.-5.4. lnternationaie Woche 1983 Sozial & demokratisch de 150 DM. Anmeldeschluß ist der 3. J u­ "Global 2000" ni 1983. 5.-7.4. Studienfahrt in die DDR (rechtzeitig anmelden) 22.-24.4. Die Rolle der Frau in beiden deutschen Staaten (in Zusammenarbeit mit dem Gesamtdeutschen Institut) 11.-13.5. Stadtmarginalitäten: Land­ flucht und Stadtverelendung in der Dritten Welt (in Zusammenarbeit mit FNS­ Außen) 3.-5.6. "Wachstum und Arbeitsmarkt" Perspektiven des Arbeitsmark­ tes bis 2000 (in Zusammenarbeit mit dem zur politisch-kulturellen BuMi Arbeit und Soziales) · SOMMERAKAD~MI~ Die J urigsozialisten werden in diesem Jahr eine Bundeskonferenz abhalten, bei der es Schlüsselwechsel kein Theater bei der Wahl des Vorsitzenden ~eutsc~ Der Ring Politischer Jugend (RPJ) hat die gibt. Die Wahl fällt einfach aus. Vorsitzen­ Jungen Liberalen als Mitglied aufgenom­ de werden ab sofort für zwei Jahre gewählt. ~J~slieder men . Bisher waren im RPJ Jungsozialisten, Dies gilt auch fur Rudolf Hartung, der im j unge Union und j ungdemokraten vereint. letzten Jahr erst im zweiten Wahlgang die erforderlichen Stimmen zusammenbrachte. 12.-20. August Die Verhandlungen über die weitere Zu­ sammensetzung dieses vorallem finanziell Die Jusos hatten ihrem langjährigen Sekre­ in der interesanten Vereins erwiesen sich als aus­ tär Hartung zuviel Parteihörigkeit vorge­ gesprochen schwierig. Die Junge Union ver­ worfen. Theodor-Heuss-Akademie trat den Standpunkt, daß der RPJ ein Zu­ Jetzt wird Hartung Nutznießer der Tat­ der Friedrich-.Naumann-Stiftung sammenschluß der Jugendorganisationen sache, daß die Jusos kein selbständiger Ver­ der im Bundestag vertretenen Parteien sei, band sind, sondern nur eine Arbeitsgemein­ Gummersbach die Julis also die Jungdemokraten ersetzen schaft in der SPD, die fur ihre größeren sollten. Die RPJ - Satzung sprach gegen die­ Arbeitsgemeinschaften den zweijährigen se Auffassung. Sie erwähnt die Bundestags­ Wahlturnus festgelegt hat. Ein Opfer der p\arteien nur in Klammern hinter den Na­ Parteiabhängigkeit der j usos wurde nun Internationales Forum men der drei Jugendorganisationen. rehabiltiert: Klaus Uwe Benneter war vor fünf Jahren aus der SPD ausgeschlossen Was bisher als "Schattenorganisation" Schließlich eingten sich die Beteiligten, da­ rauf, die Geschäftsordnungsbestimmung und damit als Juso-Vorsitzender abgesetzt im Rahmen des Forum Kari-Hermann nicht anzuwenden, die vorschreibt, daß für worden. Seit einigen Wochen ist er wieder Flach e.V. mitlief, steht nunmehr auf ei­ eine Aufnahme in den Bundesring, d ie Mit­ ordentlicher Sozialdemokrat. genständigen Beinen: gliedschaft in fünf Bundesringen erforder­ Die Jungssozialisten ersparen sich in diesem Am 5. Februar wurde in Bonn äas Fo­ lich ist. Die Julis konnten also sofort Mit­ Jahr ihr nahezu traditionelles Theater, bei rum lnternatiooal gegründet. Im Verein glied werden und die Jungdemokraten der Wahl des Vorsitzenden.

7 nach-drucksachen Argumente hin -Argumente her Schon im Bundestagswahlkampf 1980 waren sie dabei, die blau-gelben ARGUMENTE im praktischen Westenta­ schenformat zum Wegstecken. Und auch diesmal dürfen sie nicht fehlen, damit die Wahlkämpfer immer die richti­ gen Argumente parat haben. Wir haben die beiden Ausgaben, laut Impressum jeweils von 1982, nämlich: ARGU­ MENTE und ARGUMENTE '83 miteinander verglichen. Große Erkenntnisse sind uns dabei nicht zuteil geworden, sind doch die Sachargumente sowohl für die Bildung einer sozial-liberalen Koalition als auch zur Bildung einer christlich-liberalen Koalition fast identisch. Aufschlußreicher ist es, die sogenannten "Contra", die fast jedes Ar­ gumentationsfeld abschließen, einander gegenüberzustellen:

Marktwirtschaft 1 : Marktwirtschaft 2: Marktwirtschaft mußte auch gegen Widerstand der CDU durch­ SPD-Parteitagsbeschlüsse zu Investitionslenkung und Verstaatli­ gesetzt werden (Ahlener Programme). Nach Versprechungen der chung einzelner Bereiche höhlen Marktwirtschaft aus. Die sozia­ CDU/CSU (alles für jeden) viel mehr Schulden. Keine Alternati­ listisch-dirigistischen Vorschläge der SPD zur Lösung der ökono• ve zur Regierungspolitik. SPD-Parteitagsbeschlüsse zu I nvesti· mischen Probleme haben letztlich zum Bruch der sozialliberalen tionslenkung und Verstaatlichung einzelner Bereiche höhlen Koalition geführt. FDP als einzige Partei von Anfang an für So­ Marktwirtschaft aus. ziale Marktwirtschaft eingetreten. Beschäftigungspolitik 1: Beschäftigungspolitik 2: Ausgabenprogramme wie von SPD und DGB gefordert lehnt Ausgabenprogramme wie von SPD und DGB gefordert lehnt FDP ab, weil sie Strukturprobleme ni<;ht lösen helfen. CDU ver­ FDP ab, weil sie die Strukturprobleme nicht lösen helfen und fugt über keine geschlossenes Konzept zur Überwindung der Be· die Staatsverschuldung erhöhen. FDP lehnt Wochenarbeitszeit· ·schäftigungsprob leme und lehnt trotz 2 Millionen Arbeitsloser verkürzungen generell ab, weil sie die betriebliche Flexibilität die zur Finanzieru ng der Beschlüsse vom 3.2.82 erforderliche einschränken, die Kosten erhöhen und nicht zu Mehreinsteilun­ Mehrwertsteuererhöhung ab. gen führen. Innere Sicherheit 1: Innere Sicherheit 2: CDU/CSU propagieren den autoritären Sraat. Bei der Entschei­ CDU/CSU propagieren den autoritären Staat. Bei der Entschei­ dung zwischen Freiheit und Sicherheit hat die Union stets der dung zwischen Freiheit und Sicherheit gibt die Union einseitig Sicherheit den Vorrang gegeben. Für sie ist Sicherheit nicht Mit· der Sicherheit den Vorrang. Für sie ist Sicherheit nicht Mittel tel zum Zweck (des Erhalts der Freiheit}, sondern vielfach zum Zweck (des Erhalts der Freiheit), sondern vielfach Selbst· Selbstzweck (ohne Überprüfung von Sinn und Nutzen; Beispiel: zweck (ohne Überprüfung von Sinn und Nutzen; Beispiel: An· Anti-Terror-Gesetze). ti-Terror-Gesetze). Aber auch die SPD ist der FDP stets nur zö• gernd und in vielen Punkten gar nicht in den zentralen Fragen der Rechts- und Innenpolitik gefolgt. Die jetzt mit der Union getroffenen Koalitionsvereinbarungen zeigen, daß die FDP auch in der neuen Partnerschaft ihren liberalen Kurs halten kann. Sie hat durchgesetzt, daß nichts zurückgenommen werden muß. Bundeswehr 1 : Und sie hat z.B. mit der Forderung nach Novellierung des Kon­ ln der Doppelstrategie von Verteidigung und Entspannung über· taktsperregesetzes etwas mit der Union in Gang setzen können, betonen CDU-Politiker einseitig die Rolle der militärischen Ver- was mit der SPD nicht verwirklicht werden konnte. 1 teidigung. Sie stellen übermäßige Ausrüstungsforderungen, de· Bundeswehr 2: nen von ihrer Seite keinerlei entsprechende Deckungsvorschläge ln der Doppelstrategie von Verteidigung und Entspannung über· im Bundeshaushalt entsprechen. Dregger und Wörner wollen ei · betonen CDU/CSU-Politiker häufig die Rolle der militärischen nen Einsatz. der Bundeswehr im Persischen Golf zulassen. Teile Verteidigung. Teile der SPD verabsolutieren demgegenüber oft der SPD überbetonen gelegentlich die Entspannungskomponente einseitig die Entspannungskomponente unserer Sicherheitspoli­ unserser Sicherheitspolitik und sehen (Bremen) die Bundeswehr tik und sehen (Bremen) die Bundeswehr selbst heute noch mit mit Vorbehalten. sozialistisch-klassenkämpferischen Vorbehalten.

Deutschland 1: Deutschland 2: CDU folgt dieser Politik der menschlichen Erleichterungen und Teile der SPD verfolgen zunehmend eine Politik, die zur angebli­ des geregelten Miteinander nicht. Sie gefährdet damit den inne­ chen Wahrung des nationalen Zusammenhalts eine Neutralisie­ ren Zusammenhalt der deutschen Nation. rung Deutschlands in Kauf nimmt. Damit knüpft sie an ihre Po­ litik in den ersten Jahren des Eestehens der Bundesrepublik an, also an die Zeit vor Godesberg 1958. Grundorientierungen der SPD in der Deutschland- und Ostpolitik sind z.Z. nicht zuverläs• sig. Schule 1: CDU und CSU sind gegen ein offenes Schulsystem, sie treten fUr eine "3-Kiassen-Bildung" ein. Sie verhindern die Fortschreibung Schule 2: des Bildungsgesamtplans. · (fehlt)

8 Am 6. März kann d ie FDP die Rolle spielen, die 1969 bei der Bundestagswahl der NPD zukam. Wenn sie an der Fünf-Prozent• Klausel scheitert, kann sie gegen die Mehrheit der abgegebenen Stimmen eine Mehrheit an Bundestagssitzen links von der Union ermöglichen. Hierzu müßte a llerdings den Grünen der Einzug in das Bonner Parlament glücken. Alles spricht zur Zeit dafür, daß die Parlamentsneulinge dann nicht Feste feiern, sondern feste aneinandergeraten. Dies wäre dann ihre größte Gemeinsamkeit mit der SPD. Die Wahl der Qual . Bei einer Mehrheit links von der Union SPD - Mehrheit nicht fortschrittlicher ist Parteien auch hier neue Maßstäbe setzen. würde noch am Wahlabend die sich jetzt so als der Abgeordnete Schmidt (Hamburg). Parlamentarismuskritische Alternative und geschlossen verkaufende SPD in erbitterte Die SPD - Führung plant deshalb schon für eher konservative Naturschützer könnten Flügelkämpfe stürzen. Ob bei der Nach- alle Fälle die Dramaturgie, mit der die Grü• sich dann heiße Fraktionsauseiandersetzun­ rüstung, der Energie- oder Wirtschaftspoli- nen dann vorgeführt werden sollen. Die An­ gen liefern. tik, in fast allen wichtigen politischen Fra- gebote an die Grünen sollen so aussehen, Sollte sich in der SPD eine Mehrheit für ei­ gen würde der fortschrittliche Teil der SPD daß die Konflikte aus der SPD heraus in ne Zusammenarbeit mit den Grünen fin­ darauf hoffen, nun das durchzusetzen, was die Grünen hineingetragen werden. den und bei den Grünen eine Mehrheit nach Angaben der Parteiführung nur des- Die abselibare Zusammensetzung einer grü• für eine Unterstützung einer SPD Regie­ halb in den vergangen Jahren verhindert n~n Fraktion im Bundestag dUrfte an Hete- rung, dürfte das Klima zwischen diesen bei­ wurde, weil die FDP alles blockierte. rogenität und damit an interner Kampfbe- den Parteien durchaus mit dem vergleich­ Bald wUrde sich jedoch erweisen, daß die reitschaft im Vergleich mit den etablierten bar sein, was sich die jetzigen Koalitions­ partner liefern. Es ·vergeht kaum eine Kabi­ nettssitzung, auf der die FDP Minister nicht überstimmt werden. Ein Teil des Schauspiels gehört sicherlich zur Wahl­ kampfstrategie: Lambsdorff verspricht die Rückzahlung der Ergänzungsabgabe, Strauß erklärt, daß nun auch Lambsdorff vom freidemokratischen Größenwahn ange­ steckt sei. Dort wo es allerdings nicht um Wortgefechte, sondern um reale Entschei­ dungen geht, erlebt die FDP, wie wenig sie noch zu melden hat. Die Union macht derweil deutlich, was zu erwarten ist, wenn die Regierungszeit Kohl keine kurze Episode bleibt. Etliches kann niemanden überraschen: Der Ausbau des Rhein-Main-Donau-Kanals, der forcierte Ausbau der Atomenergie, der Sozialabbau für Bafögempfänger, Kranke oder Sozialhil­ feempfänger, die Verschärfung des §218, die Verkabelung des Landes, die weitere Diskriminierung von Kriegsdienstverwei­ gerern, Ausländern oder anderer Randgrup­ pen, die Verschärfung des Demonstrations­ rechtes oder die blinde Gefolgschaft hinter der Aufrüstungspolitik der USA, dies alles Werner Vogel, grüner Spitzenkandidat aus NRW, würde Alterspräsident im Bu~destag sind Punkte, die absehbar waren. Doch die

9 Schläge unter die liberale Gürtellinie Nach dem großen Umfall folgen viele kleine

"Immer werde ich mif Zimmermann eine Schülerförderung geben werde. Doch konfrontiert, wundert sich FDP-Wahl­ wer läßt sich schon gern auf eine solche kämpfer Gerhart Rudolf Baum beim Mit­ Wette ein, ~enn bis dahin ist es noch weit tagessen in Bochum, und er gesteht: "Ich und niemand weiß, ob Adam-Schwätzer ·weiß wirklich nicht, was ich den Leuten dann noch über ein Generalsekretärsge• darauf noch sagen soll." Das ist auch gar halt oder Abgeordnetendiäten zur Finan­ nicht so einfach, denn bei dem Versuch zierung d.er verlorenen Wette verfügt. der FDP, liberales Profil in der Innen- und Die Niederlage· auf diesem Feld kann Rechtspolitik zu zeigen, tun sich abgrund­ nicht allen FDP-Politikern in der Führung tiefe Glaubwürdigkeitsslücken auf. Und der Partei angelastet werden, denn die so beschränkt sich der um sein Bundes­ meisten haben gar nicht erst gekämpft. tagsmandat und die Finanzierung seines Dem Wirtschaftsflügel war das Ergebnis Domizils bangende Freidemokrat Baum von vornherein willkommen. Die noch in auch darauf, immer wieder auf die allge· der FDP verbliebenen Bildungspolitiker meine Versicherung, die FDP werde um können sich ausmalen, was sie auf ihrem liberale Grundsätze kämpfen, die Hand Gebiet noch erwartet, wenn Bundeswirt­ nicht zu einer konservativen Ge8enrefor­ schaftsminister im mation reichen und bei den Freiheits- und Wahlkämpfer Baum Wahlkampf bereits das System der Ge­ Bürgerrechten keine Abstriche dulden. Schwäche, in die der FDP-Vorsitzende samtschule als solches aufs Korn nimmt. Solche Abstriche hat die FDP aller­ Genscher seine Partei aus einer starken Ihnen ergeht es nicht schlechter als jenen, dings schon haufenweise machen müssen, Position herausmanövriert hat, bekamen die in der FDP über Jahre hinweg für die denn der Koalitionspartner CDU/CSU die Freidemokraten auf nahezu allen Fel­ Abschaffung der Gewissensprüfung der läßt kaum eine Gelegenheit aus, dem Klei­ dern zu spüren, die bislang als von ihnen Kriegsdienstverweigerer gefochten haben. neren deutlich zu machen, welch geringen besetzt galten. Zum Auftakt erhielt die Wie muß der FDP-Bundestagsfraktion zu­ Stellenwert er ihm einräumt. Was das FDP den wohl kräftigsten Schlag unter­ mute sein, wenn ausgerechnet die "jun­ Spielen mit den Muskeln angeht, be­ halb der liberalen Gürtellinie bei der Aus­ gen Lib~ralen" als Mitgift in die neue nimmt sich d~ Union gegenüber der FDP hebeJung des Bafög-Systems, denn der Verbindung in die Partei die Forderung nun etwa so wie die Freidemokraten· ln­ Rotstift beim Schüler-Bafög eröffnete der einbringen, dem CDU/CSU/FDP-Gesetz­ der früheren Verbindung gegenüber der Union den Einstieg in die gesellsc~aftspo­ entwurf dürfe 'die Fraktion nicht zustim­ SPD. Der Unterschied liegt nur darin, daß litische Gegenreformation. Am abendli­ men? Schon jetzt läßt sich erahnen, wel­ die CDU/CSU aufgrund ihrer prozentua­ chen Biertisch wettet FDP-Generalsekre­ ches Schicksal auch dem "ureigenen" len Überlegenheit eine Legitimation ftir tärin lrmgard Adam-Schwätzer zwar gern FDP-Anliegen nach Änderung des Kon­ einen solchen Kraftakt vorweisen kann. um eine Flasche Champagner der Marke taktsperregesetzes von 1977 blüht, von Diese Unions-Kraft und die eigene "Veuve Cliquot", daß es ab 1984 wieder denen die FDP-Rechtspolitiker im Wahl­ kampf erklären, nur aus Zeitmangel sei es in dieser Frage nicht mehr zu einem Kom­ promiß mit der CDU/CSU gekommen. Die FDP-Führung hatte die Chancen rea­ listisch eingeschätzt, als sie die im Wahl­ programm 1980 noch enthaltene Forde­ rung nach Aufhebung des in der Terrori­ stenhysterie geborenen Gesetzes in den Entwurf des Wahlprogramms gar nicht mehr aufnahm. Erst der Freiburger Par­ teitag erinnerte an diese Position aus so­ zialliberalen Tagen. Die geschlossene Ab­ lehnu ng der führenden FDP-Politiker - einschließlich Rudolf Baum und Burk­ hard Hirsch - zeigte bereits im Januar, daß dies schwerlich zum Knackpunkt in den Verhandlungen mit der CDU/CSU \llerden wird. Franz-josef Strauß scheint nun der FDP die Rechnung dafür zu präsentieren, daß sie ihn 1980 mit ihrer Kampagne "mit Schmidt gegen Strauß" vom Einzug ins Kanzleramt abgehalten hat. Um ihr die Chance zu nehmen, sich im Wahl­ kampf als Hüter liberaler Positionen in­ nerhalb einer konservativen Regierung zu profilieren, setzte er CSU-Positionen noch Baum-Nachfolger Zimmermann bei Schießübungen

10 vor der Wahl selbst in solchen Bereichen durch, in denen gegenwärtig überhaupt kein Entscheidungsbedarf besteht. Beim Ausbau des Rhein-Main-Donau-Kanals etwa, den der Freiburger FDP-Parteitag gerade vollmundig abgelehnt hatte, er­ zwang er einen aberwitzigen Regierungs­ beschluß, der frühestens 1984 haushalts­ technisch wirksam werden kann. Um sich die Blamage einer Niederlage zu ersparen, blieben die Minister Genscher und Lambs­ dorff der Abstimmung im Kabinett fern. stimmte zu und HansA. Engel­ hard meldete bedächtigen Protest an. Wie gering der Einfluß der FDP selbst im Umweltbereich ist, zeigt die Tatsache, daß sie bei der "Technischen Anleitung Luft" zuließ, daß Innenminister Zimmer­ mann selbst jene Teile der Verordnung als eigenen Erfolg verbuchen konnte, die noch auf seinen Vorgänger Baum zurück• reichen. Die FDP unternahm auch nichts dagegen, daß sich die Energiewirtschaft in den übrigen Bereichen der "TA Luft" Deutsch-deutsche Grenze, bald wieder Eisener Vorhang? durchsetzen konnte. Für die Immissions­ Restauration des CDU-Staates soll noch er- nen. Die Abrüstungsvorschläge von Andro- grenzwerte beim Schwefeldioxid, der heblich tiefgreifender erfolgen. Eine autori- pow und die positive Reaktion der DDR Hauptquelle für den sauren Regen, gelten täre Gesellschaftsstruktur wird formiert, auf die schwedische Initiative für eine nach wie vor die alten Grenzwerte von die die geeigneten Rahmenbedingungen für atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa, ma- 1974, an denen unsere Wälder erkrankt die Bewältigung der ökonomischen Krise chen es Reagan, Thatcher und Kohl immer sind. ln dieses Konzept eines Rückzugs im Interesse der Industrie gegen die lnteres- schwerer, die westlichen Rüstungsanstren- liberaler Umweltpolitik paßt nun im sen der Bevölkerung ermöglicht. gungen mit der Bedrohung aus dem Osten Nachhinein der von Hans-Dietrich Gen­ Wenn Innenminister Zimmermann die zu verkaufen. scher akzeptierte und von dem beamte­ Oder-Neiße~renze in Frage stellt, dann ist Die Friedensbewegung in allen westlicHen ten FDP-Hartkopf mitinitiierte Rauswurf dies ein Symptom dafür, wie weit das Rad Ländern wächst weiter an. Die größte Be- des FDP-Umweltpolitikers Menke­ der Geschichte in einem drohenden CDU/ deutung erhält dabei die amerikanische Op- Giückert aus dem Bundesinnenministe­ CSU - Staat zurückgedreht werden soll. position gegen die von Reagan betriebene rium. Genscher und Lambsdorff spielen nicht Hochrüstung. Die gesellschaftlichen Kräfte, Angesichts einer solchen "Haltung" in­ Bremser sondern Heizer auf diesem Zug in die die Freeze-Bewegung in den USA tra- nerhalb der Koalition kann sich die FDP Richtung Vergangenheit. Die Begleitmusik gen, haben mittlerweile ein innenpoliti- im Wahlkampf nicht wundern, wenn zur ideologischen Absicherung des Unter- sches Gewicht erreicht, von dem die euro- FDP-Politikern wie Baum Gelächter oder nehmens stammt aus dem Repertoire des päischen Friedensbewegungen auf absehba- Empörung entgegenschlägt, wenn sie er­ kalten Krieges. Töne des blinden Antikom- re Zeit nur träumen können. klären, die FDP habe sich nicht gewan­ munismus, wie sie Genscher zur Zeit ver- Die Entscheidung über die Stationierung delt, ihre Rolle als Bewahrer liberaler Tra- . wendet, hat es vergleichbar von keinem der Pershings und Cruise Missiles in Mittel- ditionen sei nun mehr notwendiger denn seiner Vorgänger im Amt des FDP-Vor- europa wird zweifelsohne weder am 6. je. "Halten Sie den Arbeiter für so doof, sitzenden gegeben. März in der Bundesrepublik noch am Ver- daß er das nicht merkt?", fragte ein Ruhr­ Ronneburgers Versuch, .mit seiner Visite in handlungstisch in Genf entschieden. Wenn kumpel in Bochum den ehemaligen Bun­ Ostberlin die FDP - Tradition in der Reagan die Stationierung 'innenpolitisch desinnenminister und spielte dabei auf die Deutschlandpolitik zu beschwören, ist be- durchsetzen kann, wird sie vollzogen. Die Tatsache an, daß. die von der SPD gefor­ merkenswert, doch ohne Auswirkungen auf politischen Entwicklungen in Europa ha­ derte Ergänzungsabgabe von Genscher die Politik ·der Bundesregierung. Seine Ge- ben einen nicht unbedeutenden aber doch und Lambsdorff einst ftir "töter als tot" sprächspartner in der DDR haben ihm aller- insgesamt nur mittelbaren Einfluß auf die­ erklärt worden war, nun aber trotz marki­ dingsmit auf den-Weg gegeben, welche Fol- se Europa unmittelbar betreffende Ent­ ger Sprüche unter anderem Namen in der gen die Stationierung der Mittelstreckenra- scheidung. Koalition wieder Auferstehung feiert. Da keten und eine Abwendung von der Ent- Eine Mehrheit im nächsten Deutschen Bun­ fragt sich mancher, welchen Bestand denn spannungspolitik für das Verhältnis zwi- destag ,die links von der Union säße, würde die kernige Feststellung des FDP-Vorsit­ sehen den deutschen Staaten hat. die Stationierung zumindest hinauszögern zenden nach dem 6. März haben wird, das Trotz der beträchtlichen beiderseitigen können. Ein Vierteljahr Opposition haben Rad der Geschichte werde in Bezug auf wirtschaftlichen Interessen an guten Bezie- gereicht, um die Kräfteverhältnisse in der die Oder-Neisse~renze nicht zurückge• hungen, dürfte eine Fortsetzung der Kohl - SPD so zu verlagern, daß Helmut Schmidts dreht. , Urheber Regierung auch das Ende des Normalisie- Doppelbeschluß in der eigenen Partei nicht dieser unseligen Diskussion, sieht es ver­ rungsprozesses in Mitteleuropa bedeuten. mehr mehrheitsfähig ist. Und mit Rück• mutlich auch hier realistisch: nach den Die innenpolitischen Abgrenzungszwänge tritt kann er seine Partei auch nicht mehr . FDP-ParteitagsbeschiUssen gebe es zwar würden sich in außenpolitischer Konfron- erpressen. "fast keine gemeinsame Basis mehr", tation niederschlagen. Die gemeinsame Ablehnung der Stationle­ doch sei das letzte Wort in der FDP noch Im Stand der Auseinandersetzung der Sy- rung der Mittelstreckenraketen könnte für nicht gesprochen und an einer Fortset­ steme hat der Osten in den vergangeneo die ersten Monate die Klammer bilden, die zung der Koalition sei nicht zu zweifeln. Wochen erheblich Punkte sammeln kön- ein rot- grünes Bündnis dringend bräuchte.o

11 Angst vorm 2-Parteien-Staat auf die Probleme in der Bundesrepublik hinweist: Die GRÜNEN. Man darf sich keiner Illusion hingeben. Die Grünen machen es in _diesem Staat Grüne - Stachel im nicht einfacher zu regieren, so oder so nicht. Sie sind ein Stachel im schwarz-ro­ ten Filz, der uns zu überziehen droht. In­ schwarz-roten Filz? haltlich kann man sich in den wesentli­ chen Fragen mit den Grünen identifizie­ liberale sind in verschiedenen earteien Jochen :Vogel, ein Kanzlerkandidat, ren: in unserem land zu finden. Aber auch ihr der mit den Alternativen in Berlin Erfah­ Der sofortige Ausstieg aus der Kern­ Einfluß auf die Politik ihrer Parteien ist rungen sammeln konnte, ist zweifelsohne energie macht Liberalen sowenig Schwie­ verschieden. So müssen sie sich auch un­ einer der Mehrheit links von der CDU/ rigkeiten wie die ersten Maßnahmen zum abhängig von ihrer Parteizugehörigkeit CSU und deren Schwesterpartei FDP. Schutz von Wäldern und Flüssen. Ebenso klar we rden, welches Wahlergebnis am 6. Doch kann ein Vogel eine ganze Bundes­ kann sich jeder Liberale hinter die Forde­ März zu welcher Politik fuhrt. tagsfraktion umkrempeln, oder zumindest rungen der Grünen zum Abbau der Mas­ Die Wende in unserer Gesellschaft den Tei l, der, als unbeweglicher Block, als senvernichtungsmittel stellen. Auch die greift. In wichtigen sozialen Bereichen "Kanaler" wieder die Mehrheit in der Vorschläge zu innenpol itischen Frage n, wird gespart, während die Rüstungsindu• nächsten Bundestagsfraktion der SPD wie dem KDV -Recht, dem Datenschutz strie durch immer mehr Aufträge gefüt• stellen wird? Unter dem Druck dieser und zur Medienpolitik, sind durchaus tert wird. ln der Bildungspolitik wird ein­ Gruppe äußert sich Vogel denn auch sehr liberale Forderungen. kommensschwachen Fa.milien durch die verhalten zur Zusammenarbeit mit den Es gilt, eine von den Grünen tolerierte Veränderungen bei"; BAFÖG die Gele­ Grünen. Eher, so Vogel, könne man sich SPD-Regierung zu bilden, wenn die Grü• genheit genommen, ihren Kindern eine die Tolerierung einer CDU-Minderheitsre­ nen schon nicht bereit sind, Regierungs­ Ausbildung zu ermöglichen, die den Fä• gierung vorstellen. verantwortung zu übernehmen. higkeiten ihrer Kinder entspricht. Die Fortschrittliche Kräfte müssen sich al­ Hans Jochen Vogel muß Bundeskanz­ Lüge von der "sozialen Hängematte" so bei ihrer Wahlentscheidung darüber im ler werden, wenn man den Rüstungswahn- macht die Runde. lnnnenpolitisch wird die Ruhe im Lan­ de den Bürgerrechten vorgezogen. Der Da­ tenschutz ist plötzlich ein rotes Tuch, weil man der wachsenden Kriminalität vorgreifen will. Da die Kassen leer sind, muß eben auch das Demonstrationsrecht dadurch ausgehöhlt werden, daß Demon­ stranten ihren "Polizeischutz" selbst be­ iahlen. ln der Außenpolitik macht die neue Regierung auch gleich Geschenke. Die Türkei, wichtiger strategischer Faktor in der NATO, muß in ihren Demokrati­ sierungsmaßnahmen gestützt werden, also verbietet man in der Bundesrepublik linke türkische Oppositionsbewegungen. Gleichzeitig läßt man aber rechtsextreme Gruppen, wie die "Grauen Wölfe", we i­ terhin ihr Unwesen treiben. Friedliche Alternative zur Staatsgewalt: Hessische Grüne Welche Alternative gibt es aber zur derzeitigen Regierung? Reicht es, aus Klaren sein, daß sie eine CDU-Regierung sinn beenden will, wenn man eine weitere Angst vor einer rechtskonservativen Re­ billigend in Kauf nehmen, wenn sie SPD verantwortungslose Zerstörung der Um­ gierung nun den Kampf in der SPD zu wählen. welt verhindern und dem Sozialstaat eine predigen, mit dem Hinweis auf Rosa Lu­ Das Argument, man könne dann Chance geben will. Aber eben dieser muß xemburg: " Die SPD will den Soziali s­ Druck auf die CDU machen und die eine von außen gegen die konservativen Abge­ mus nicht"? Doch eine liberale Gesell­ oder andere Forderung durchsetzen, zer­ ordneten mit SPD-Parteibuch gestützt schaft will sie auch nicht. fällt schnell, wenn man an die Mehrheit in werden, muß sich auf den Druck von au­ Ist nicht gerade auch die SPD eine der Bundestagsfraktion denkt. ßen berufen können und gleichzeitig von konservative Kraft in dieser Republik, Unter dem Vorwand der Arbeitsplatz­ einer Fraktion ko ntrolliert werden die wenn auch mit einem sozialen Anspruch? beschaffung würden nicht nur Geschenke die F'unktion der Liberalen überni~mt: Ist die SPD nicht die Partei, die den Über• an Unternehmer gemacht, sondern auch den Grünen. . wachungsstaateingeführt hat und den Da­ erhebliche Umweltbelastungen in Kauf Will man der Demokratie in der Bun­ tenschutzbeauftragten nur unter Druck genommen. desrepublik eine Chance geben, will man zur lnsititution gemacht hat? Denkt man Können wir es uns aber leisten, unse­ der Freiheit in unserem Land eine Chance an die bevorstehende Volkszählung und re Umwelt solange zu ruinieren, bis wir geben, müssen die Grünen im nächsten die Fragen, die jeder Bürger dabei zu be­ an den Folgen selbst gesundheitlichen Bundestag sitzen. antworten hat, sträuben sich einem die Schaden nehmen? Am 6. März müssen wir eine Mehrheit Haare. Auch die SPÖ-Führung hat nichts Da wir das nicht können, müssen wir links von der jetzigen Regierung bilden gegen den gläsernen Menschen, auch nicht sicherstellen, daß eine Kraft in den 10. die den sozialen und demokratische~ nach dem 6. März, wenn sie vielleicht die Deutschen Bundestag einzieht, die noch Bundesstaat sicherstellt, dessen Grundlage Regierung stellt. nicht korrumpiert ist, die immer wieder eine intakte Umwelt ist. Friedhelm Wachs

12 Argumente für eine eigenständige liberale Partei ,,Ohne Liberale wird die Herrschaft der Rechten von Dauer sein'' Am 6. März gibt es für überzeugte Liberale nur die unerfreuliche Alternative zwi­ ergibt. Und auch die neuen sozialen Be­ schen zwei Parteien,' die jedenfalls in der Substanz als nicht-liberal bezeichnet werden wegungen, der erfreulichste Zuwachs un· müssen: obwohl beide einzelne sozial-liberale (so die SPD) oder einzelne radikal-demo­ serer politischen Kultur, wollen sich kei· kratische Forderungen (so vor allem die Grünen) aufgenommen haben. Hat die Führung neswegs gleichsetzen lassen mit der grü• der FDP neben der eigenen Partei gleichzeitig auch die grundsätzliche Organisation der nen Partei. Die neuen Liberalen können liberalen Ideen in einer eigenständigen Partei überflüssig gemacht? ·von den Grünen allerdings lernen, daß Stil Eine liberale Alternative in der politi- scher Kontinuität. Die Einheit der organi- und Inhalt, Reden und Handeln, überein· schen Struktur unseres Landes bleibt sierten Liberalen in der FDP war, histo- stimmen müssen. Innerparteiliche Demo­ nicht nur notwendig und sinnvoll, son- risch betrachtet, eher ein Zwischenspiel, kratie ist der Gradmesser für die Glaub­ dern auch Uberlebensfähig. Nicht aiiein ein im Ergebnis inhaltlich fehlgeschlage- würdigkeit jeder liberalen Politik. wegen der erschre·ckenden Liberalitäts- nes Experiment. Auch darum erscheint Das Thema, Mehrheiten diesseits der Defizite der Sozialdemokraten wie der der wiederhergestellte Normalzustand Rechten zu schaffen, ist nicht neu, im Ge­ Grünen. Und nicht allein, weil es Liberale ehrlicher: Freisinn und Manchester haben genteil: Diese Frage war und ist zentraler gibt, die auf eigenen Füßen stehen wollen, gewissermaßen zu ihren Wurzeln zurück- Gegenstand der deutschen Parlamentaris­ statt in andere Lager zu wandern. gefunden. musgeschichte im 20. Jahrhundert. Ob im Ein eigenständiger Liberalismus bleibt William Borm hat recht, wenn er 'for- Kaiserreich,' in Weimar oder durch die so­ vor allem erforderlich, weil zu viele libe- muliert: "Die prinzipiell vorhandene zial-liberale Koalition in unserem Staat: rale Inhalte auf der Straße liegen, die nir- Mehrheit ftir demokratische, soziale und Immer wieder wurde dieser Versuch un­ gendwo vernünftig vertreten sind. Zum liberale Politik zusammen· und zu realer ternommen. Daß dieses Bemühen oft Beispiel: Freiheitserweiterung, die Ver­ scheiterte, hat den Deutschen bislang wirklichung des ganzen Grundgesetzes, Si­ nicht gut getan. cherung und Ausbau der Rechtsstaatlich­ Friedrich Naumann schrieb 1910 drei keit erfordern ständig eine Bürgerrechts• Maximen nieder, denen auch heute nichts partei, besonders aber, wenn die Zeiten hinzuzuftigen ist: härter werden. Oder: Schon bald könnte 1. "Wenn wir an Zahl gering sind, so sich erweisen, wie unvorstellbar schnell sagt dieser Umstand noch nichts gegen ein bloß formaler Minderheitenschutz be­ unsere grundsätzliche Haltung. Alles seitigt werden kann, wenn dafür nur der Wichtige war einmal in der Minorität. Wir. geistige Nährboden bereitet ist. Wer außer Liberalen protestieren gegen die falsche den konsequenten Liberalen wäre dann Politik der Sozialdemokratie, nicht gegen bereit, in jeder denkbaren Situation die den Sozialismus. Wir protestieren nicht Rechte jeder Minderheit zu sichern und vom Standpunkt der besitzenden Klassen zu verteidigen? aus, sondern vom Standpunkt der sozia· Und: Sogar mancher Liberale hat len Bewegung." durch die regierungsamtliche Vokabel 2. "Wenn es in Deutschland zwischen "liberale Friedenspolitik" zur ameri kahö• Sozialdemokratie und ihren Gegnern kei­ rigen Aufrüstungspolitik vergessen, daß SPD-beschirmt: Matthäus, Schuchardt ne freiheitliche bürgerliche Mittelgruppe die Völkerbundsidee als früher Ansatz mit Johannes Rau am 30.9.82 iri Bonn mehr gibt, dann wird die Herrschaft der friedlicher Konfliktregelung liberalen Ur­ Rechten von Dauer sein .... Die liberale sprungs ist. Liberale bleiben auch außen• politischer Wirksamkeit hinzuftihren, da­ Tradition haben wir aufrechtzuerhalten politisch notwendig, weil sie an der Rich­ rin liegt die hervorragende Herausforde­ bis auf bessere Zeiten und zu sättigen mit tigkeit der Entspannungspolitik festhal­ rung für die achtziger Jahre." Wer eigent· dem Gedanken, daß der Liberalismus ten, auch wenn diese von Grünen und lieh außer einigen Sozialdemokraten nicht aufhört, wenn jemand weniger als Union in seltenem Einklang abgelehnt glaubt, daß es für die Zeit nach der näch· 1 .200 Mark Jahreseinkommen hat, daß wird. Ebenso sind sie zu ersten Vorlei­ sten Bundestagswahl gelingen kann, ohne der Liberalismus nur schwach geworden stungen der eigenen Seite bereit, auch eine liberale Partei jene republikanische ist am Mangel an Liberalismus." wenn die SPD von der Schimäre des nu­ Mehrheit links von der CDU zu schaffen, 3. "Es herrscht die Rechte so lange, merischen Gleichgewichts immer noch die arithmetisch durchaus erreichbar ist? bis die Linke sich so weit diszipliniert und nicht Abschied genommen hat. Es gibt in der Bundesrepublik Deutsch· organisiert, daß sie eine politische Einheit Schließlich: Die von Naumann zuerst land nach wie vor keinen dauerhaften wird." geforderte, in Freiburg weitgehend fol­ Trend zum Zwei-Parteien-System. Die · Ob bessere Zeiten kommen, liegt auch genlos postulierte Demokratisierung der SPD allein schafft keine Mehrheitsbildung an uns. Heute geht es um ein neues Re­ Wirtschaft im Interesse größtmöglicher gegen die Konservativen. formbündnis für eine inhaltlich erneuerte Freiheit des einzelnen wird gerade jetzt Und die Grünen? Gewiß, sie werden Reformpolitik. Ohne liberale Inhalte und zu einer eminent wichtigen Gegenwarts­ Bestand haben in den nächsten Jahren. ohne liberale Wähler wird es daftir Mehr­ aufgabe. An der Industriefeudalität hat Aber nach allen bislang gesammelten Er­ heiten nicht geben. Da sich beide in den sich wenig geändert, aber auch aus Indu­ fahrungen muß mit guten Gründen daran Reihen der SPD wie der Grünen weder strieuntertanen ist eine aktive Industrie­ gezweifelt werden, daß sich aus der Sum­ ausreichend finden .noch dauerhaft und bürgerschaft noch nicht erwachsen! me ihrer Forderungen wirklich ein vom mit Aussicht auf Erfolg integrieren lassen, . Die Gründer der Liberalen Demokra: ökologischen Grundgedanken zusammen­ bedarf es auch in der Zukunft einer libe­ ten befinden sich zudem in guter histori- gehaltenes, in sich stimmiges Programm ralen Partei. Michael Staack

13 Kanzler Kandidaten Kohl und Vogel: innerparteiliche Gegner überlebt ist. Ein zweites Manko, das vielleicht heu­ te schon deutlicher ist, ist der Verlust Die größere Hoffnung wählen oder die Überschätzung, die seine Rolle als "Generalist" erfahren hat. Kohl - der immer auf's Generelle schauend, nie Res· Dem unvoreingenommenen Betrachter scheint es so, als habe die Rep ublik zwei Kan z­ sortminister war - soll, so geht die Sage, ler: einen, der die Kleider des Kanzlers trägt, und einen, der - nach eigenem Bekunden mit der Fähigkeit gesegnet sein, die rich­ -"jetzt schon die Richtlinien der Politik" bestimmt. tigen Leute um sich zu scharen. Im Kabi­ Die Presseberichterstattung über di~ nett sieht man nicht viel von dieser Fähig• Reisen der beiden Kanzler zu Beginn des keit. Jahres zeigen den einen als freu ndlichen Zu viele Kabinettsmitglieder sind nicht Menschen, der im Kreis der Mächtigen sei· seine Wahl, all en voran Zimmermann, der ne Aufwartung macht, höflich um Auf· sich zwischen der Rivalität von Kohl und nahme bittet und zu diesem Zweck seine Strauß emporgehangelt hat. Deutlich Gutwilligkeit und Bereitwilligkeit zur wurde Kohls Auswahlschwäche auch bei · Zusammenarbeit fast um jeden Preis be­ der Bestellung und Beibehaltung des Post­ ku ndet. Er ist eher der Kanzler-Lehrling ministers Schwarz-Schilling. Hier kommt und macht keinen Hehl daraus. Kohls Harmoniebedürfnis zum Tragen: Der andere - ohne die Kleider des durch dick und dünn, auch wenn es ohne Kanzlers - tritt auf und verkündet, was inhaltlichen Zweck ist. Nibelungentreue seiner Ansicht nach zu geschehen habe, eben. erhebt Forderungen und demonstriert, Daß er Figuren wie Justizmister Engel­ daß er nicht nur mitreden, sondern auch hard im Kabinett hat, wirft ein Licht mitagieren wi ll. Mag sein, daß es an dem nicht nur auf die dünne Personaldecke sei­ Bild liegt, welches das Ausland sich in den : lächelndes Mittelmaß ner eigenen Partei, sondern auch seines letzten 13 Jahren von einem Kanzler der Koalitionspartners. BRD gemacht hat, daß dieser andere - oder negative} bislang vergeblich in Kohls Seine Regierung steht unter keinem Vogel also - als der eigentliche Chef im Karriere: Auffä lligkeiten sind nicht zu guten Stern: Daß er Kanzler wurde, ver­ Ring der deutschen Politik angesehen vermelden. Mittelmaß, Unauffälligkeit dankt er dem Winkeladvokatenturn Freier wird. wären die negativen Beurteilungen, vor­ Demokraten; um es zu bleiben, muß er Kohl ergeht sich lieber in Repräsenta· sichtige Konsequenz und ein großes Maß seinen Kettenhunden in eine widerwärtige tion. Ob es der tiefe Diener vor dem ato· an Ausdauer und Geduld mögen die posi· Wahlschlacht folgen. Lügner, Verbrecher, maren Western-Helden Reagan ist oder ob tiven sein. Seine Art von Zähigkeit war unanständige Menschen, Kandidaten Mos­ es die touristischen Attraktionen in Mos· föderlich flir seine Karrieren, für die kaus - das machen Strauß, Geißler & Co. kau sind: Das ist sein Stil. Politik mögen Kanzler-Aufgabe ist sie eher hinderlich. aus den Wählern und Politikern des politi­ andere machen. ln Moskau war es sein Denn Kohl hat immer lange gebraucht, schen Gegners. So kann Kohl seine "gei­ Staatsminister Mertes, der die Arbeit tat. um sein Ziel zu erreichen (dies wider­ stig moralische Erneuerung" nicht ge­ Das ist vielleicht auch gut so: jeder tut spricht nicht seiner Fähigkeit, immer der meint haben ... das, was er am besten kann. Und man jüngste zu sein), und er hat die Knicke Die SPD glaubt, den Herausforderer kann sich Kohl nun wirklich nicht als har· seiner Karriere durch Sitzfleisch glattge­ gefunden zu haben: Die Geschlossenheit ten Verhandlungspartner ausgefuchster bügelt. der SPD, mit der sie sich hinter Jochen sowjetischer Diplomaten vorstellen. Nur: Ein Kanzler aber hat für seine Aufga­ Vogel stellt, ist umso erstaunlicher, be- · Immer ist ein Mertes fürs Grobe nicht bei ben nicht unbegrenzt Zeit. Er muß sein trachtet man dessen Partei-Karriere. Vom der Hand ... Ziel auch bei Gegenwind in absehbarer Münchner sonny-boy, der mit 34 Jahren Koh.l, der nette Mensch aus der Pfalz, Zeit erreichen. Abrüstungsprobleme, Um­ OB wurde, zum Verlierer der Links­ stand immer etwas im Abseits, wenn har­ weltfragen und Massenarbeitslosigkeit las· Rechts-Querelen der regionalen Parteiglie­ te Bandagen angelegt wurden. Man rieb sen sich nicht bis auf den Sankt-Nimmer· derung. Dann wieder der Aufstieg, als ihn sich lieber an Strauß und schlug sich lie­ Ieins-Tag verschieben, bis auch der letzte 1972 nach Bonn holte: Be· ber mit Geißler. Attacken auf Kohl gerie· ten immer etwas mitleidig. Selbst als er sich in der Frage der Rückzahlung oder Nicht-Rückzahl ung der Zwangsanleihe zwischen Kabinetts/Koalitions-Beschluß und CDU/CSU-Beschluß heillos verhed· derte, geriet die öffentliche Kritk nur zu einem mitleidig lächelnden "na ja". · Vieleicht ist diese Rücksichtnahme ge· rade der Grund für Kohls Karriere. Er ist einer der typischen Senkrechtstarter der Nachkriegspolitiker-Generation, unbela· · stet sowohl von Nazi-Vergangenheit (ein eher biologisches denn politisches Ver­ dienst} als auch von ideologischer Starr­ heit. Eine Politiker-Karriere aus der Re­ torte: jüngster Landtagsabgeordneter, jüngster Fraktionschef im Landtag, jüng· ster Parteichef und nun jüngster Kanzler. Hans-Jochen Vogel mit Bruder Bernhard: " Einer der auftritt und verkündet, was zu Allerdings sucht man high-lights (positive geschehen habe"

14 währung als Wohnungsbauminister, Neue Friedenserziehung: schließlich J ustizminister. Sein Karriere­ meisterstück vollbrachte er, als er sich für die unlösbare Berliner Aufgabe opferte. Wehrkunde durch die Hintertür? Solche Opferbereitschaft weiß eine Partei wie die SPD allemal zu schätzen. Ein Linker war Vogel nicht gerade. Eine "neue Friedenserziehung" soll bracht werden, "wie sehr die von ihnen in Vielleicht muß man in der SPD vom rech· Schülern und Lehrern Verunsicherung Anspruch genommene Freiheit von der ten Flügel kommen, um dann als abge­ und Angst ne hmen. Bereitschaft abhängt, sie zu verteidigen." klärter Mann von allen akzeptiert zu wer­ Der "Friedensbewegtheit", der "Frie­ den. Ein Konservativer war er schon eher: Der Parlamentarische Staatssekretär densverstiegenheit" (FAZ), dem "Frie­ 1975 erklärte er in der Schrift "Godes­ im Bundesbildungsministerium, Anton densamok" (Die Welt) weiter Teile unse­ berg und die Gegenwart", daß "die Be­ Pfeifer (CDU). setzte im Januar vor der wahrung des Erreichten ... (die) ... unmit­ rer Gesellschaft will die CDU/CSU nun Presse in Bonn nach: Friedenssicherung endlich an der Wurzel, sprich: in der telbare Aufgabe" sei. und Auftrag der Bundeswehr müßten schulischen Erziehung, begegnet sehen. Konservative Ängste werden hier sieht· dringend wieder eingehender an unseren bar: Schwerpunkt politischen Handeins Denn in die Grundeinstellung von Leh­ Schu len erörtert werden. "Es ist höchste rern und Schülern, so stellte der bildungs- ist die Abwehr von Bedrohungen gegen Zeit, daß die Kultusministerkonferenz das Erreichte, die vom Bestehenden aus­ gehen. sah das damals schon anders: Er hält die Änderung be­ stehender Machtstrukturen in Wirtschaft, Bürokratie und in den internationale Be· ziehungen für unerläßlich, wenn die Wer­ te, die für das Leben der Menschen we- . sentlich sind, bewahrt werden sollen. Vogel würde sicher seinen Satz von 1975 heute nicht mehr so schreiben. Den Eppler-Satz aber auch nicht. Er muß in­ tegrieren, Mehrheiten beschaffen. Deshalb kann man auf diesen konservativen, ver­ trauenerweckenden Mann auch einen Slo­ gan zuschneidern, der sonst bei Linken auf laute Kritik und harsche Ablehnung stoßen würde: " Im deutschen Interesse". Ganz ungeniert und ohne schlechtes Ge­ wissen wird hier Nationalismus auf links · gestrickt und linker Patriotismus aus der Taufe gehoben. Als wäre das gemeinsame Interesse an Abrüstung, Umweltschutz, Arbeitsplätzen nur gültig zwischen Werra, Eibe und Rhein, zwischen Nordsee und Bodensee. Als gäbe es zwischen Holland Verteidigungsminister Wörner im Gespräch mit Offizieren: bei der Formulierung von und Westfalen nicht ebenso viel Gemein­ Texten über die Bundeswehr ist er "gerne behilflich" sames (oder Trennendes) wje zwischen Bayern und Hamburg. Deutsches Interes­ politische Sprecher der Hamburger CDU (KMK) sich auf eine gemeinsame Empfeh­ se. Haben die Krupps und die Krauses fest; seien richtige und aufklärende Ge­ lung verständigt, um die Ursache der im­ denn wirklich ein gemeinsames Interesse? danken zu unserem verteidigungswerten mer weiter um sich greifenden Unsicher­ Rodenstock, Wolffund Flick haben eines, Staat noch nicht befriedigend genug ein­ heit in den Schulen, bei den Jugendlichen die arbeitslosen Stahlwerker und· Bauar­ gedrungen. Und der Grund dafür lag für und ihren Lehrern zu beseitigen." beiter haben eines - aber der Wahlkampf ihn klar auf der Hand: "einseitige Erzie­ Seit zwei Jahren streiten sich nunmehr zeigt doch deutlich (lnvestitionsstreik, hung der Schüler in Friedensfragen." die Kultusminister der Länder (zur Zeit Lohnabbau, etc.), daß Gemeinsamkeiten CDU-Verteidigungsminister Manfred sieben von der CDU und vier von der doch woh l eher nur in den Köpfen von Wörner appellierte bereits unmittelbar SPD) darüber, was in einer solchen ge­ wahlkämpfenden Werbeagenturen vorhan- nach seinem Amtsantritt - auch im Na­ meinsamen Empfehlung enthalten sein den sind. · men seiner Truppe - an die "Kollegen" dürfe bzw. müsse. Nach Auskunft eines Man mag der SPD diesen Mißgriff übel• Kultusminister, die "friedenssichernde Mitarbeiters der KMK war bis heute eine nehmen - dem Kandidaten und Bürger Rolle der Bundeswehr" nun endlich und Einigung nicht möglich, weil sich "leider Jochen Vogel gesteht man die Ernsthaf­ einheitlich in allen elf Bundesländern zum nur die CDU-regierten Länder bei ihren tigkeit und Seriosität zu, die auch eine Unterrichtsstoff zu machen. Bei der For­ Vorlagen an die vorgegebene Themenstel­ solche Aussage relativieren. mulierung von Texten sei er und sein Mi­ lung hielten." Die SPO-regierten Länder Ist es wieder mal die Wahl zwischen nisterium gerne behilflich. gingen dagegen immer noch von "einem zwei Übeln, einem großen .und einem klei­ Die Tatsache, daß mancherorts schon zu umfassenden Verständnis von Frie­ neren? Klaus Staeck, der nicht. gerade in ganze Jahrgänge von achtzehn-, neun­ denserziehung" aus, wie es "längst in all­ unkritischer Solidarität der SPD zugeta· zehnjährigen .Jugendlichen von ihrem ver­ gemeinen Richtlinien und Verfassungen ne Grafiker und Wahlagitator, hat es auf fassungsmäßgigen Recht auf Kriegsdienst­ niedergelegt" sei. Darüberhinaus solle einen anderen Nenner gebracht: Die SPD verweigerung Gebrauch machen, bringt nach dem Wunsch der SPD "auch noch ist nicht das kleinere Übel, sondern die den Verteidigungsminister zu der Forde­ Konflikterziehung miteinbezogen wer­ grö~ere Hoffnung. • rung: Den Schülern müsse wieder beige- den".

15 .------~·····-·-·-·-·------., Namhat:te Pädagogen, Politologen und Friedensforscher trugen seitdem dazu bei, "Habe keine Angst vor der Angst, habe Mut zur Angst. Auch den Mut. Angst zu ma- • daß Friedenserziehung zu einer anerkann­ chen. A.'ngstige deinen Nachbarn wie dich selbst. - Freilich muß diese unsere Angst I ten gesellschaftlichen Aufgabe wurde. eine von ganz besonderer Art sein: 1. Eine furchtlose Angst, da sie jede Angst vor Daß diese nur anti-imperialistisch, anti-fa­ denen, die uns als Angsthasen verhöhnen könnten, ausschließt. 2. Eine furchtlose schistisch und anti-militaristisch sein Angst, da sie uns statt in die Stubenecken hinein in die Straßen hinaus treiben soll. könne, verstand sich damals ftir alle Betei­ 3. Eine liebende Angst, die sich um die Welt ängstigen soll, nicht nur vor dem, was ligten von selbst. Der damalige Bundes­ uns zustoßen könnte." G. Ander!> präsident übernahm die Schirmherrschaft über die Arbeit der Deutschen Gesellschaft für Friedens- und Die vorgegebenen Themenstellungen tik". Vor dem Hintergrund dieser Ein­ Konfliktforschung; sein Amtsnachfolger heißen: "Friedenssicherung, Verteidigung sicht müsse die Schule "jungen Männern, blieb dabei, wenn auch mit und Bundeswehr im Unterricht". Termin die vor der Aufgabe stünden, ihren Wehr­ weniger persönlichem Engagement. Bun­ der nächsten gemeinsamen Sitzung der dienst oder Zivildienst zu leisten, in der despräsident Carstens lehnte von vornhe­ Kultusministerkonferenz ist der 17./18. lebendigen Diskussion Informationen, Zu­ rein die Übernahme dieser Schirmherr­ Februar. sammenhänge und Argumente vermit­ schaft ab. Er machte damit den Weg frei Rechtzeitig vorher hat nun auch ein teln". zur finanziellen "Aussperrung" der Deut- einflußreicher "Betroffenen"-Verband seine Forderungen öffentlich gemacht. Der Deutsche Lehrerverband (Dachver­ band von: Deutscher Philologenverband, Bundesverband der Lehrer an beruflichen Schulen, Verband deutscher Realschul­ lehrer, .Bundesverband der Lehrer an Wirt­ schaftsschulen) legte in Bonn "1 0 Thesen zur Friedenserziehung" vor, um so noch positiv auf die KMK-Entscheidung einwir­ ken zu können. Zwar sei man sich be­ wußt, daß die Chancen für eine Einigung . der Kultusminister aufgrund des laufen­ den Wahlkampfs nicht gerade günstig sei­ en. Die zuständigen Politiker müßten je­ doch erkennen, daß die Unsicherheit in den Schulen in dieser lebenswichtigen Frage zunehmend um sich greife und wachse, erklärte der Verbandsvorsitzende, Clemens Christians. Christians kritisier.te damit keineswegs, daß der Bundesforschungsminister Hei nz Riesenhuber {CSU) der (1970 auf Anre­ gung des damaligen Bundespräsidenten Demonstration der Friedensbewegung: Viele Fried.ensforscher und -pädagogen flihlen Gustav Heinemann gegründeten) Deut­ sich ihr zugehörig schen Gesellschaft für Friedens- und Kon­ fliktforschung die Finanzmittel spen:en Einen "Wehrkundeunterricht", wie in sehen Gesellschaft für Friedens- und Kon- will. Denn nach dem Willen des Deut­ der DDR, lehne der Deutsche lehrerver­ fliktforschung. . schen Lehrerverbandes geht es weniger band allerdings ab, stellte Christians klar. Carstens hat Weitsicht bewiesen. Denn um Ursachen und Hintergründe von Rü­ Gerade dies aber erscheint einigen ftir die nun von CDU/CSU und Deut­ stung und Kriegsgefahren. Kreisverbänden der Gewerkschaft Erzie­ schem Lehrerverband geforderte "neue Hier ist "die Angst vor dem Krieg~· ge­ hung und Wissenschaft (GEW) mit der an­ Friedenserziehung" würde die Arbeit d.er meint, mit der sich der Unterricht ausein­ gestrebten "neuen Friedenserziehung" Friedensforscher und Friedenspädagogen andersetzen müsse. Dabei sei zweierlei er­ nicht gesichert .. Etwa 500 namentlich auf­ - nämlich die Aufklärung der gesell­ forderlich: Zum einen "verbiete es sich, geführte Pädagogen lehnten in einer Zei­ schaftlichen Ursachen von Friedlosigkeit daß Lehrer im Schulunterricht persönli• tungsanzeige eine " Friedenserziehung", und Krieg - eher hinderlich sein. Außer• che Emotionen und Ängste ausbreiten die vom Grundgedanken der "Sicherheit dem fühlen sich die meisten von ih nen und kultivieren". Geäußerte Ängste sollen durch Abschreckung" ausgehe und die auch der Friedensbewegung zugehörig. ernst genommen, eigene Ängste jedoch Einführung eines Wehrkundeunterrichts Während die Friedensbewegung aber soweit wie möglich zurückgestellt werden, an den Schulen ab. gegen die Bedrohung durch Militarismus "die Aufarbeitung von Angst kann in der Das Bemühen um Friedenserziehung und Atomwaffen kämpft, soll die "neue Schule ... nur durch Einbeziehung ratio­ hat es an unseren Schulen, dem Auftrag Friedenserziehung" ja gerade die Angst naler Argumentation geschehen ". der Verfassung entsprechend ("dem Frie­ vor dieser Bedrohung nehmen. Zum anderen son die friedenssichern­ den der Welt zu dienen") in der Nach­ Der Psychoanalytiker Horst Eberhard de Rolle der Bundeswehr herausgestellt kriegszeit immer gegeben. Als späte Re­ Richter mei.nt dazu: "Die Angst vor· der werden: "Die Bundeswehr als ein Organ aktion der Intellektuellen auf die interna­ atomaren Aufrüstung ist richtig, weil sie der Bundesrepublik Deutschland dient tionale Anti-Atom- und Friedensbewe­ eine echte Gefahr anzeigt, die stetig an­ der Erhaltung des Friedens und der Ver­ gung der ftinfziger und sechziger Jahre wächst. Diese Angst müssen wir solange teidigung der Freiheit. Sie ist nur denkbar entstand mit Beginn der siebziger Jahre aushalten, bis wir mit ihrer Hilfe die Poli­ und akzeptabel im Rahmen einer überna• eine ganze Wissenschaftsdisziplin, die sich tik da.zu gedrängt haben, mit echter Ab­ tionalen Sicherheits- und Friedenspoli- "Kritische Friedenserziehung" nannte. rüstung zu beginnen." ·•

16 Kupfer-und Glasfaser~erkabelung: Ko111111erz,Co111puter und totale Kontrolle Gefahr für Arbeitsplätze und den Rechtsstaat

Das Szenario erinnerte an die Hamsterei nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Als die 30-kanaliges und für Rückkanal vorberei­ sozialliberale Koalition auseinanderbrach, begann an der Börse von wahrem Heißhunger tetes, ein fü"r Satelliten-TV empfangberei­ getrieben ein Wettlauf um Atom- und Kabelaktien. Als am 26. September aber Alfred tes (Parabol-Spiegel-Antennen, ca. 1500 Dregger (CDU) nach Ausgang der Hessenwahl nur noch rot sah und zurücktrat, sahen bis 2000 Mark) Fernsehgerät kommt mo­ die Börsianer für ihre gerade erworbenen Wertpapiere schwarz. ln-wie ausländ ische Ka­ mentan noch den Käufer mit 2.500 bis pitalanleger harten "bombensicher" auf eine konservative Regierung gesetzt und muß• 3.500 Mark zu stehen. Ein neuer Decoder ten nun nach dem Wählervotum das Schlimmste befürchten - die Aktienpakete der für das alte Fernsehgerät, um Bildschirm­ Atom-, Bau- und Kommunikations_industrie wurden abgestoßen wie wertloses Inflations­ text optimal empfangbar zu machen, ko­ geld. Die Kurse sanken ins Bodenlose. Doch alle Aufregung war umsonst. Schon ein stet heute noch 3.000 Mark und soll erst Vierteljahr später inserierte in der Hamburger Illustrierten "Stern" der Fernsehhersteller · Mitte der achtziger Jahre durch Serienfer­ Loewe aus Kronach: "Die neue Medien-Politik aus Sonn steigert die Chancen der Fern­ tigung billiger werden. Bei einer bundes­ seher, die mehr können. Kabel- und Satelliten-Fernsehen werden so intensiv vorbereitet weiten Sättigung bei Farbfernsehern von wie nie zuvor. Privat-TV ist in Niedersachsen schon bald Realität. Bildschirmtext läuft 79 % Ende 1981 wird klar, warum sich ab Herbst '83 bundesweit." die Industrie um die mediale Zukunft Überlagert bisher von der Diskussion überstünde. Fazit der Schweizer: "Das kümmern muß. um Privatfernsehen und Programmver­ verfügbare Kaufkraftpotential der Privat- : Kapazitäten sieht Dr. Wolfgang Peters, · mehrung schleicht sich aber in bundes­ haushalte würde gerade ausreichen, um Vertriebsleiter Geschäftsbereich Post (!) deutsche Stuben eine (technische) Revo­ eine nahezu hundertprozentige Sättigung "der Standard Elektrik Lorenz (SEL) - ei­ lution ganz anderer Art ein: Es geht um mit Videorekordern und Videokameras ner Tochtergesellschaft des Mulits ITT - einen umfassenden Abbau von Arbeits­ sowie eine durchschnittliche Nachfrage auch bei einem anderen Zweig der Indu­ plätzen genauso wie die perfekte Einfüh• nach unbespielten und bespielten Video­ strie freiwerden. Unter dem Druck der rung des totalen Überwachungsstaates. kassetten zu realisieren." Nachfrage in den letzten zehn Jahren Der Trierer Betriebswirtschaftsprofessor Zwischen 21.000 und 25.000 Mark nämlich hätten die Betriebe auf dem Tele­ Herbert Kubicek warnte auf dem "Me­ würde heute eine komplette Medienaus­ fon -Sektor ihre Produktionsmöglichkei­ dientag '82" des DGB in Rheinland-Pfalz stattung kommen, für deren Nutzung zu­ ten erheblich ausgeweitet, während nun vor der "Eiektronisierung der privaten sätzlich· pro Monat etwa 230 bis 250 bei einer Sättigung des Marktes von 90% Haushalte". Kubicek: "Der Zusammen­ Mark ausgegeben werden müßten. Ein eine "deutliche Beruhigung'' zu erwarten hang zwischen Unterhaltungselektrorrik bildschirmtext-taugliches und für den sei. Und dies, obwohl die Posf"intensiv" und rechnergesteuerten Computersyste­ Empfang von Videotext ausgerüstetes, ein bemüht sei, "durch gezielte Gebührenpo• men wird immer enger. Das bedeutet, daß litik, Einführung neuer Dienste, verschie­ die Käufer elektronischer Geräte in Wirk­ dene Werbemaßnahmen und exportun­ lichkeit die komplette Ausstattung für terstützende Maßnahmen dazu beizutra- elektronische Heimarbeitsplätze, wie sie . gen, rückläufige Investitionen zu kompen­ die Industrie anstrebt, mit finanzieren." sieren". So wirbt die Bundespost mit Slo­ Der Markt der unbegrenzten Möglich• gans, die noch unter einem SPD-Minister keiten für die Industrie verspricht Verhei­ ausgedacht wurden: "telefon,bequem'' ßungsvolles: Die Vollverkabelung der Kommun•kations- mit dem Familientelefon oder "Telefon Bundesrepublik mit Kupfer wird auf 60 mit Köpfchen" für das "Comfort-Telefon . bis 100 Milliarden, mit der wesentlich lei­ '''' :{~ alpha" ("Knöpfchen mit Köpfchen"). Die stungsfähigeren Glasfaser auf 100 bis 200 "uneingeschränkte interne Kommunika­ Miiliarden Mark geschätzt. 1980 hatten '~Of" h·,,., tion" als "überzeugende Erweiterung be­ die Ministerpräsidenten der Länder sich stehender Telefone" wird so angepriesen: geeinigt, für die vier Pilotprojekte in Ber­ ~ "Macht das 'Telefon mit Familienan­ lin, Dortmund, Ludwigshafen und Mün• LÜJ schluß' nicht Schluß mit der Familie? Be­ '•rtt~elll l''•'~" chen 60 Millionen an Investitionen, für I I'U' ~'!J" stimmt nicht. Niemand will, daß Gesprä­ den dreijährigen Betrieb höchstens 80 che in der Familie nur noch per Draht Millionen und für eine Medienkommission stattfinden." zehn Millionen Mark auszugeben; zehn Daß ein heißer Draht zwischen Post ~l t'>.... · '•· Millionen wollte der Bundesverband und Industrie besteht, zeigen Berechnun­ Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) für gen des Deutschen Instituts flir Wirt­ das Projekt Ludwigshafen bereitstellen. schaftsforschung (DIW), nach denen von Für das Pilotprojekt München setzte die 0 41t'f\ den 1980 getätigten F ernmeldeinvestitio­ -Dt.tboe~li

17 innerhalb des Produktionsprozesses ge­ schehen. Der Ausbau solch dialogfähiger Ar­ beitsplätze wird es nach Ansicht der Ge­ werkschaften ermöglichen, die "räumli• che Anbindung der Bildschirmarbeitsplät• ze an die Geschäftsräume des Betriebs aufzuheben, da die Umstellung auf elek­ tronische Heimarbeit keine zusätzlichen Kosten bringen wird", ist erst überall ein An5chluß an das Kabelnetz im Haus. Pro­ fessor Axel Zerdick· auf dem "Medientag 82" des DGB in Rheinland-Pfalz: "Diese neue Form von Heimarbeit wird zunächst in attraktiven Formen angeboten werden: als Modellprojekte für Behindertenarbeit als Beschäftigung für Frauen, die der Kin~ der wegen an die Wohnung gebunden sind." Neben den Gewerkschaften hat- auch das Stuttgarter Sozialministerium er­ kannt, was das fur Folgen hätte: "Es be­ steht die -Gefahr, daß wir durch die Hin­ TV-Kabel-Verlegung, Kupferkabel: Mehr Arbeitsplätze ... tertür wieder die alte Heimarbeit mit al­ len sozial- und tarifrechtliehen Risiken zahl der Erwerbstätigen entsprechen wür• müssen, als J1e.ue geschaffen werden . . bekommen." Die Stuttgarter untersuchen de. "Die Analyse des DIW hat ergeben, So rechnet die Gewerkschaft Handel, derzeit ein englisches Modell von Rank daß sich die Wirkungen der Fernmeldein­ Banken und Versicherungen (H BV} fur Xerox, bei dem 15 Manager ihre Arbeit vestitionen auf dem Arbeitsmarkt in den westdeutschen Groß- und Einzelhan­ nicht mehr in der Londoner Zentrale er­ Grenzen halten." Über die'Schwarz-Schil­ del bis 1Q90 mit El}tlassungen von ledigen, sondern via. Bildschirm von zu lingsche Kabel-Milliarde könnten 22.000 300.000 Beschäftigten; kommt eine Stu-· Hause aus. Darüberhinaus kann eine Ent­ Personen neu beschäftigt werden, meint die der Firma Siemens zu dem Ergebnis, Sol~darisierung und Vereinzelung eintre­ das DIW. Aber: "Nach Ansicht der Gut­ ten mit weniger Schutz vor Ausbeutung, achter werden in Zukunft wesentliche ja sogar das Sozial- und Rentensystem Veränderungen in den Beschäftigungsef­ kann in Gefah r geraten. Daß dies auch in fekten von der Technologieentwicklung · der Bundesrepublik keine Utopie ist, zeig­ ausgehen. Die Einführung der Elektronik te die IG Druck und Papier bereits 1981 wird im Produktionsprozeß erhebliche an einem Beispiel aus dem Raum Wiesba­ Arbeitsplätze freisetzen", so der Gutach­ den auf. Dort waren von einer Druckerei ter-Jargon fur Entlassungen. Während die aus Schv.~arzarbeiter mit Setzcomputern . Verlegung von Kabeln weiterhin arbeits­ bestückt worden, was bei immer stärker intensiv sein soll, erwartet das DIW aber, sinkenden Preisen für die Computer auch daß "mit zunehmender Produktivität in kein Problem zu sein scheint. ln den USA der Volkswirtschaft die durch Fernmelde­ erledigen 60 Programmierer von zu Hause investitionen direkt geschaffenen Arbeits­ daß bundesweit die Arbeitsplätze von drei aus und an den Großrechner angeschlos­ plätze reduziert werden". Millionen Menschen bis 1990 verlorengin­ sen ihren Job, eine Ban~ rief fertigge­ Die Folgen der Verkabelung gehen gen, denen nur etwa 100.000 stark· auto­ schriebene Diktate .von einer Zentrale aus über die direkt von den Postinvestitionen matisierte Plätze in der Elektronikindu. von den "Basen" in den Wohnvierteln profitierenden Wirtschaftszweige weit hF strie entgegenstehen; nannte Prof. Dr. über eine Telefonleitung ab, und eine naus. "Kurzfristig", erklärte Hendrik Ralf Reichwald (Bundeswehrhochschule Computerfirma ließ vier Techniker von. Schmidt, Redakteur von Kirche und München} auf einer Fachtagung der Evan­ Rundfunk (epd), in der Akademie Bad gelischen Akademie in Tutzing Ende Soll schon 1980, "werden durch die 1982 eine Zahl von acht Millionen "be- . neuen Medien sicherlich einige Arbeits­ troffenen Arbeitnehmern" durch ein plätze geschaffen, langfristig aber wird weitverzweigtes Kommunikationsnetz (3 1 hier ein erheblicher Rationalisierungsef­ . Prozent aller Erwerbstätigen) und · sagte fekt eintreten." Und in der 1at erscheint eine steigende Zahl von Entlassungen im es angesichts der vielfältigen Möglichkei• Bürobereich voraus; befürchtet die IG ten, die Kupfer- wie Glasfaserverkabelung Metall, daß bis zum Ende dieses Jahr­ zusammen mit immer weitergehendem zehnts zwischen 200.000 und 300.000 Einsatz von Mikrochips bieten sollen, nur Metaller die Arbeit von Robotern buch­ logisch, daß beim Eintippen .von Reise­ stäblich aus der Hand gerissen wird. Aus wünschen, Bestellungen von Theaterkar­ den heimeligen, eigenen vier Wänden her­ ten oder Banküberweisungen von Waren­ aus kann dann das Programmieren· der hausartikeln oder Lottozahlen, von Roboter auf verschiedene Verrichtungen Glückwünschen fur Verwandte oder beim ...... ·...... durch Kabel?* Abrufen vielfältiger Informationsdienste "' "Die Kabeltrommel trägt SOO m Koaxialkabel mit einem Gewicht von annähernd von A wie Arbeitsmarkt bis Z wie Zeitan­ 2.200 kg. Die junge Dame hat mit einem S.OO-m-Glasfaserkabel keine Probleme. Es wiegt sag~ mehr Arbeitsplätze verloren gehen knapp 22 kg ." (Bundespost)

18 zu Hause defekte EDV-Anlagen reparie­ ren . Auch tragbare (Kiein-}Terminals wer­ den . schön eifrig benutzt- Anschluß ans . Telefonnetz genügt. Und in diese Reihe paßt, was der ehemalige SPD-Bundespost· ministerKurt Gscheidle meinte: Mit Bild­ telefonieren würde viel Geld . für Ge­ schäftsreisen und -konferenzen gespart, was in den USA bereits gang und gäbe ist. Kein Wunder also, daß bei diesen Per­ spektiven .in den Funktionärsetagen der · Gewerkschaftshäuser inzwischen die Alarmglocken schrillen. Hart ging auf dem "Medientag '82" Herbert Kubicek mit der SPD ins Gericht, die statt der "rausgeschmissenen Milliarden für die ver- _ altete Kupfertechnologie" (Bundesge­ schäftsführer } lieber ein lei­ stungsfähigeres und ZUkunftsträchtigeres Glasfasernetz verlegt sehen will. Und der rheinland-pfalzische DGB-Landesvorsit· zende julius Lehlbach meinte in Richtung SPD, um die Acbeitnehmer vor "CDU­ Fernsehen" zu schützen, gehe die Partei den Verlust von Arbeitsplätzen ein. Lehl· bach: "Mit der Einführung der Glasfaser­ Technik wird dieser Prozeß noch be­ schleunigt." Der DGB fordere die "soziale Beherrschbarkeil der neuen Technologien Farbfernsehgerät als zentrales Video-Terminal im Haushalt "durch bessere Mitbestimmung oder . . durch eine verbindlich festgelegte Arbeits­ t~rview vor Btx, weil "einmal Datenmen­ . sten ein ·"größtes Interesse". Was Ruth · zeitverkürzung." Detlev Hensche von der gen bisher unbekannten riesigen Ausma­ Leutze 1980 als Gefahren bis hin zur "te­ IG Druck und Papier: "Diese Form der ßes sehr schnell an eine Vielzahl von lekratischen Einflußnahme" auf -die De­ Rationalisierung ist sonst Flächenbrand." Empfangern übermittelt, dort unmittelbar mokratie in einem etwa 30-Punkte-Pro­ Darüberhinaus wird in den Betrieben erfaßt und aufbewahrt werden können, gramm ausgeschaltet wissen wollte, um· durch die verkabelten Kommunikations· andererseits aber bisherige Kontrollme­ schrieb der ehemalige BKAChef Horst wege der "gläserne Mensch" möglich. Was chanismen nicht oder nicht vollständig Herold im gleichen j ahr so: "Die·Gefah­ die. Gewerkschaften kategorisch mit greifen". Ruth Leutze, enga,gierte Daten­ ren des 'großen Bruders' sind nicht bloß "Nein" ablehnen, beschrieben Experten schützerin aus Baden-Württemberg, sieht Literatur. Sie sind nach dem heutigen auf der Tut7.inger Fachtagung so: " jeder mit Einführung neuer Medien wie Kabel­ Stand der Technik real." Und General­ Tastendruck einer Sekretärin kann nun und Bildschirmtext oder dem Kabelfern· bundesanwalt Kurt Rebmann gab die Lo· von der Chefetage aus nach Zeit; Umfang sehen mit Rückkanal zwangsläufig "um-. sung aus: "Sicherheit geht vor Daten- und Arbeitsleistung überwacht und kon­ fangreiche Sammlungen personenbezoge­ schutz, nicht umgekehrt." · trolliert werden." Hinter solch nach ner Daten" verbunden, wie sie in einem Nadis (Nachrichtendienstliches lnfor­ harmlosen Kosenamen klingenden Abkür· . elfseitigen Bericht an die "Expertenkom­ mationssystem), PIZ (Personenidentifizie­ zungen wie DAZUSY, MOPPS; ISA, IVIP mission Neue Medien" (EKM) feststellte. rungszentrale} oder lnpol sind Stichworte oder PSI verbergen sich Personalinfon:na­ "Datenschutzrechtlich besonders bedeut­ auf dem Weg in den Überwachungsstaat. tionssysteme in Unternehmen und Betrie­ sam ist dabei, daß aus diesen Datensamm­ Bestimmte Personenkennzeichen können ben, die mit 50 bis 1.000 Daten über je­ lungen nicht nur eine Vielzahl von für in Sekundenschnelle mit gespeicherten den Mitarbeiter gefüttert werden (vgl. ld sich genommen möglicherweise .harmlo­ Daten überpr~ft werden, womit dem Zu­ 1/83}. Auch dies ist keine Utopie mehr: sen Einzelinformationen gewonnen wer­ fall der Aufnahme in ein solches System 50 der umsatzstärksten bundesdeutschen den kann, sondern die Daten ohne in doppelter Hinsicht wiederum Tür und Unternehmen ar:beiten mit ihnen.Tech­ Schwierigkeiten zusammengefaßt werden Tor geöffnet ist. Doch sc.heinen dies nach nisch möglich über ein Kabelnetz: ein können und damit die Erstellung umfas­ jüngsten Spiegel-Berichten (1/2-1983) die schneller Austausch. Denn außer schwam­ sender Interessen- und Persönlichkeitspro• Polizeibehörden durch fast vollständige migen "Generalklauseln" gibt es für die file für die Benutzer ermöglicht wird", Observierung verkleinern zu wollen, in· private Datenverarbeitung - anders als im schreibt sie. dem der "gr:oße Bruder" tatsächlich an öffentlichen Bereich - kaum Schutzvor­ Privatwirtschaft ("je transparanter das jeder Ecke in Gestalt von Video-Kameras schriften für die Beschäftigten. Das ba­ Verbraucherverhalten wird, desto effi· steht - das vieldiskutierte vierte Pro- den-württembergische Innenministerium zienter können Verkaufsstrategien sein"), . gramm? als Aufsichtsbehörde über Private bei der öffentliche Verwaltungen ("Polizei und Über bestehende Telefonkabel - so Vorlage des zweiten Datenschutzberichts: Nachrichtendienste können aus der Inan­ - seien Video-Signale von "Die moderne Datenverarbeitung kann spruchnahme z.B. ablesen, wer sich wann Fahndungseinsätzen an die Zentrale wei­ Persönlichkeitsrechte des Bürgers beein· wo aufgehalten hat oder wer wann in wel­ tergegeben worden. "Richtig abrunden trächtigen.'' chen Bibliotheken welche Bücher ausge­ läßt sich das Werk der totalen Überwa• Und hier schließt sich der Kreis mit liehen ·hat"} und Politik ("Daraus, wer chung aller Bürger mit dem Ausbau des der Einführung des Bildschirmtextes wann . welches Fernsehprogramm einge­ Kabel-Kommun ikationssystems." Mit ( Btx} . Bundesdatenschutzbeauftragter schaltet hat, können u.U. Rückschlüsse weniger Personal und fast nur mit techni­ Hans Peter Bull warnte in einem epd-ln- gezogen werden·") hätten an diesen Dien· scher Hilfe kö111ne die "Rasterfahndung" ·

19 eingesetzt werden: "Der Gesamtstrom al­ Magazin zu dem Schluß: "Der Plan zur nalstatistik. ln Los Angeles knackte ein ler Informationen läuft dann sozusagen Verkabelung der Republik mit einem Computeranalytiker den Rechner der Se­ über ein Sieb - mit bequemen Zugriffs­ 'Breitbandigen Integrierten Glasfaser­ curity Pacific National Bank. Zehn Millio­ möglichkeiten für die Polizei." Sprache Fernmelde-ürtsnetz' {Bigfon), · vorange­ nen Dollar waren sein. Als er von der und Bilder digitalisiert - in Zahlencodie­ trieben vom christdemokratischeQ. Post­ Union Bank auch noch 50 Millionen ve~­ rungen zerlegt - schließt die letzte Lük• m.inister Schwarz-Schilling im Verein. mit suchte "abzubuchen", wurde er ge­ ke im System: "Auf eine beliebige Men­ seinem CSU-Kollegen Zimmermann als schnappt. Ein Wissenschaftler, der im schenansammlu ng gerichtet, gleicht diese · obersten Dienstherrn flir Bundespolizei Auftrag einer südwestdeutschen Groß• Kamera die Impulse mit den gespeicher­ und Verfassungsschutz, ist jedenfalls ein stadtverwaltung ein Programm flir die Be­ ten Suchbildern ab, sortiert die Zielperso­ Progra171m, das auch die Vorausetzungen hörde erstellte·, lieferte nur ein Torso. nen heraus und alarmiert sekundenschnell zur totalen Überwachung dieser Republik Den Rest - den entscheidenden Teil des die laufenden Observanten." Verkehrs­ bereitstellt." Und Autor Hans-Wolfgang Programms - wollte er erst herausrücken, überwachungskameras beispielsweise - Sternsdorff gibt guten Rat: " Ich weiß wenn bezahlt sei. Keine Unmöglichkeit: technisch dazu noch aufgerüstet - wer­ jetzt jedenfalls, daß ich kein Videogerät der Wissenschaftler könnte sich ein ko­ den so schnell zu Spionen des täglichen hal?en will und mich nie an ein Kabelnetz diertes Hintertürchen offenhalten, um Lebens umfunktionierbar. anschließen werde. Aber dann gerät man sich später mehr oder weniger unbemerkt in die Behördeper Draht einschleichen zu Angesichts der ausbaufahigen techni­ womöglich schon deshalb unter Ver­ dacht." können. schen Möglichkeiten, vor deren totalen Die Abhängigkeit des einfachen Bür• Umsetzung laut dem Spiegelbericht kein Und was ebenso futuristisch und den gers teilt sich dann in die schlecht zu kon­ "Macher" ohne Überlegen der sozialen Hirnen von Science-Fiction-Autoren ent­ trollierende Gutwilligkeit von Ämtern so­ Konsequenzen mehr Hemmschwellen zu sprungen zu sein scheint, ist ebenfalls wie seine und deren Abhängigkeit wiede­ haben scheint, kommt das Hamburger schon Wirklichkeit: die Computer-Krimi- rum von Computerfachleuten. · • ------•••••••••.. •••••••••---••••• ... .._n-.•••••• ...... ••••••••••••-----• ••••••••--••••••••• ..... Elektrohandwerk, in der elektrotechn i­ schen Industrie und in einigen Medien­ konzernen großes Interesse an den neuen Kommunikationstechnologien besteht." Geradezu widersinnig sind demnach die Empfehlungen für Pilotprojekte und Ver· suchsmodelle - vor allem. wenn die EKM schreibt: "Wichtiger als die Ausweitung medialer Angebote erscheint die Pflege und Förderung der persönlichen Kom­ munikation als Grundlage der gesell­ schaftlichen Integration." Lothar Späth mag aus diesem Ergebnis wohl nur den Schluß gezogen haben, daß das Interesse der Wirtschaft befriedigt . werden muß. Er legte als erster ein Lan- . desmediengesetz vor. Ernst Albrecht folg­ te. Die hessische CDU - ihres Wahlsieges · noch sicher - zog drei Wochen vor der Zeichnung: Musil Wahlschlappe nach. Allen gemeinsam: die Einführung von Privatfunk, um durch Konkurrenz ein "besseres" Programm zu ,,Betäubend auf das Gehirn'' verbreiten. Gewehr bei Fuß warten schon Wie die CDU Privatfernsehen einführt Zeitungsverleger trotz zahlreicher schwer­ wiegender pressepolitischer Vorbehalte, Springers Hör Zu klagt: "Was ist bloß produzieren, das in Lokalen gezeigt wur­ um' durchstarten zu können. los? Noch nie war das Spielfilmangebot de. Auch sonst wird Video schon gerne Nachdem nun Anfang Februar die Mi­ im Fernsehen so langweilig. Keine Hits, von Konservativen als das "Vierte Pro­ nisterpräsidenten der Länder sich zwar keine Knüller! Zum Gähnen!" und zitiert gramm" bezeichnet, an dessen Resonanz über Bildschirmtext {Btx) einig wurden, "große Filmverleihfirmen": "Die Situa­ sich die private Resonanz zum "öffentlich nicht aber über die sonstige Medienord­ tion wird sich ändern, wenn es auch bei recht! ichen Monopol" herleiten .läßt. nung, und der Deutsche Industrie- und uns Privat-Fernsehen gibt." Genauestens . Weder die von der Bundesregierung Handelstag besorgt fragte, ,ob es zu me­ über die Stimmungslage ist auch Nieder­ eingesetzte "Kommission für den Ausbau dienpolitischer Kleinstäaterei komme, sachsens CDU-Ministerpräsident Ernst Al­ des technischen Kommunikationssy­ scheint Ministerpräsident. Späth seine brecht informiert: "Ich· bin allerdings ge­ stems" {KtK), noch die von Lothar Späth Drohung vom baden-württembergischen gen das heutige Überangebot an gesell­ {CDU) berufene "Expertenkommission Alleingang wahrmachen zu wollen: Er tat schaftspolitischem Quark {im Fernsehen), Neue Medien" {EKM) haben einen Bedarf einen ersten Schritt mit der Gründung ei­ weil den immer weniger Bürger sehen für mehr Fernsehprogramme festgestellt. ner privaten "Telekabei-GrnbH". GestUtzt wollen." . Und Anfang 1982 machte sich Bei der KtK heißt es schlicht: Ein ausge­ wird sich dabei auf den Postminister Chri­ der CDU-Medienexperte aus Hessen, Die­ prägter und drängender Bedarf fehlt. Bei stian Schwarz-Schilling, der dafür Sorge ter Weirich, noch Hoffnung auf den Re­ der EKM liest sich das so: Das geringe In­ tragen will, daß unter t?estimmten' Be­ gierungswechsel, äen er mit einem "Pri­ teresse bei Verbänden, Organisationen dingungen auch das Postmonopol als Trä• vatfernsehen durch die Hintertür" herbei­ und Institutionen dürfe nicht darüber hin­ ger von Kabelnetzen "aufgelockert" wird. fuhren wollte: Er ließ für den Kreis Lim­ wegtäuschen, "daß in der Wirtschaft, ins­ Mit dieser Ansicht begründete Schwarz­ burg-Weilburg ein lokales Videoprogramm besondere in- der Werbewirtschaft, im Schilling bereits sein Engagement in der

20 "Die Stoppuhren zeigen das ganze Ausmaß roter Unterwanderung: Union 10,3 und SPD 1 O,S Sekunden!" · gezeichnet von Eckart Muriz "Projektgesellschaft für Kabei-Kommuni- · derhoheit "mit allen Mitteln zur Wehr set­ gramm "mit dem kleinsten gemeinsamen kation mbH" (PKK). nachdem bekannt zen" zu wollen, was den Postminister zu Nenner des Geschmacks und der I nteres­ geworden war, daß er erst wenige Stun­ der Erwiderung veranlaßte, dieser Vor­ sen, im Regelfall ein massenattraktives den vor seiner Vereidigung als Minister wurf gehe ins Leere. Die Kabelnetze wür• Unterhaltungsprogramm. Mit hoher Wahr­ seine Anteile an der PKK verkauft hatte. den nur auf Wunsch der Länder verlegt, scheinlichkeit wird ein werbefinanziertes Solange er aber Vorsitzender der Enque­ dafur stünden diejenigen in der Prioritä• Fernsehen daher Gleichartigkeit, nicht te-Kommission des Bundestages ("Neue tenliste vorne, die bereits in eigenen Me­ aber Vielfalt des konkurrierenden Ange­ Informations- und Kommunikationstech­ dienordnungen den rechtlichen Rahmen bots fördern." niken") gewesen war und damit auch an geschaffen hätten. Einen Vorgeschmack auf solch ein wichtige Post-lnternas herankam, hatte Neben dem lukrativen Geschäft, das mögliches Programm von Morgen könnte ihn die Bete.iligung nicht gestört. Privatfernsehen sichert, will die Union vor ein Angebot bieten, "das sich endlich an Gleich zu Beginn seiner Amtszeit ließ allem das ihr zu linkslastige, sprich kriti­ den Wünschen des Endverbrauchers orien­ der neue Postminister seine Vorstellungen sche und engagierte Programm u'nterlau­ tiert": Zwölfmal im Jah r werden 60 Mi­ und die seiner politischen Freunde in die fen {Strauß über die AR D: Rote Reichs­ nuten "Action und Sensationen", "Ko­ Tat umsetzen. Stolz verkündete er, daß rundfunkkammer). Als eindeutige Indi­ mik" und "Erotik flir Ästheten und Ge­ statt läppischen 410 Millionen Mark nun zien für eine konzertierte Aktion stehen nießer" - unterteilt in Magazinteile von eine Milliarde .Mark zur Verkabelung auf­ neben der forcierten Verkabelung und der fünf bis sieben Minuten und fünf Minuten gewendet werden soll. Betonte er in ei- . Erarbeitung von Mediengesetzen in einzel­ Werbung - jetzt noch umständlich per nem Interview mit der "feder", dem Ver­ nen Ländern der jüngste Angriff des (DU­ Video-Kassette ins Haus geliefert. Abge­ bandsorgan der Deutschen Journalisten Generalsekretärs Heiner Geißler auf Fern­ schottet von der Umwelt, da Bildschirm­ Union, daß die Post eine "auf dem neue­ sehjournalisten, die Absetzung von Kaba­ text geradezu auffordert, die Wohnung sten Stand befindliche Netzinfrastruktur rettsendungen vor Wahlen durch den nicht mehr zu verlassen, entstehen dann bereitzustellen" habe, aber "Programm­ NDR-Intendanten Räuker {CDU) oder die Wunschbilder, denen die Grundlage fehlt: fragen eindeutig in die Kompetenz der Änderung von Gremienmehrheiten zugun­ "Unrealistische Erwartungen von unzäh• Länder fallen" würden, ließ er gebenüber sten der CDU wie in Berlin. ligen seichten Unterhaltungsprogrammen "Bild und Funk" die Katze aus dem Die ARD reagierte prompt: mit mehr . genährt, wurden besonders häufig bei Sack: Das öffentlich-rechtliche Rund­ Unterhaltungssendungen, verstärkter Mädchen registriert. Sie erwarten zwar funksystem sei ohnehin nicht mehr zu Liveberichterstattung und einem mit dem eine Karriere, wünschen sich aber gleich­ retten, und wenn es glaube, sich unter al­ ZDF abgestimmten Programmschema will zeitig einen gutverdienenden Ehemann, len Umständen das Monopol erhalten zu sie gegen "pri vate Konkurrenz" vorgehen. Kinder und einen warnweiblichen All tag können. Er sei der Auffasung, daß es Der "Medienkulturpessimismus" - Vor­ im eigenen Heim", fanden amerikanische "neue verantwortliche Programmträger" wurf der CDU gegen Kritiker privaten Wissenschaftler heraus. Und auf beide geben werde. Der nordrheinwestfalische Fernsehens - ist also gerechtfertigt, weil Geschlechter gemünzt: "Der ständige Ministerpräsident Rau kündigte daraufhin er eine Annahme von Professor Wolfgang Strom von Eindrücken wirkt betäubend an, s.ich gegen diese Aushöhlung der Län- Hoffmann-Riem stützt: Es reiche ein Pro- auf das Gehirn." Wende a Ia CDU? •

21 Widerstand tut not: Mit Bürgerinitiativen gegen Kabelfernsehen Probleme,Versuche, Erfolge und Aussichten

"Widerstand gegen ein integriertes Glasfasernetz wäre töricht und unrealistisch", ließ Tempo) ein lokales Rundfunk- und Fern­ die Zentralstelle Medien der Deutschen Bischofskonferenz wissen. Dies gefiel dem sehprogramm bekommen. Hier hat sich christdemokratischen Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling, der Ende ver­ schon vor Jahren ein Arbeitskreis an der gangeneo Jahres weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit eine wichtige Verfü• örtlichen Volkshochschule gebildet, der gung erlassen hat. Sie legt den Oberpostdirektionen auf, ihre bisherige Abstinenz beim über Veranstaltungen, Diskussionen bis Verbreiten "fremder" Fernsehprogramme aufzugeben. Ob Bayern 3 oder DDR 1 - die hin zu einer Gemeinderatsdebatte, von Bürger sollen auf das vorbereitet werden, was die neue Bundesregierung als Beendigung ihm initiiert, dafür sorgte, daß nicht aus­ "der politischen Blockade des Ausbaus moderner Kommunikationstechnologien" be­ schließlich hinter verschlossenen Türen zeichnete: die schnelle Einführung neuer Bildschirmangebote wie Privatfernsehen oder verhandelt wurde. So bietet das noch Bildschirmtext. Ermöglicht durch eine möglichst flächendeckende Verkabelung. Was ist nicht verabschiedete Landesmediengesetz zu tun? von Baden-Württemberg auch eine Hand­ In Bremen beispielsweise haben sich neuert und die Straßen sowieso aufgeris­ habe. Dort heißt es: "Gemeinden, ftir de­ Universitätsmitarbeiter mit der Humani­ sen werden. ren Gebiet ein Kabelnetz vorgesehen stischen Union zu einem Arbeitskreis Trotzdem ist ftir überschwengliche Eu­ . wird, sollen zuvor Gelegenheit zur Stel­ "Neue Medien" ·zusammengeschlossen, phorie kein Platz - zu weit ist die Verka­ lungnahme erhalten." der eine Broschüre herausgab, um den Wi­ belung vorangeschritten, zu lange ist ge­ Auch der Technische Ausschuß des derstand gegen die Verkabelung zu wek­ schlafen. worden. Doch der Zug, der an­ Gemeinderats von Kornwestheim bei ken. In Bremen-Nord - einer "Stadt in gebl ich schon abgefahren sein. soll; wird Stuttgart machte von dieser Möglichkeit der Stadt" mit über 100.000 Einwohnern gerade erst unter Dampf gesetzt. "Bevor Gebrauch. Dort wollte die Post erst den - rührt sich bereits erster Widerstand: Da das technisch Mögliche zu einigermaßen Rathausturm als Antennenmast benutzen dieser Stadtteil von einer einzigen Anten­ erschwinglichen Preisen zur Verfugung oder wie in Bremen-Nord einen separaten ne aus versorgt werden soll, ist eine Ver­ stehen wird, dürften zehn bis 15 Jahre Masten errichten, um eine Voraussetzung kabelung unumgänglich. Die Bewohner vergehen", meint der eher konservative zu haben, die Stadt vollständig zu verka­ der Gemeinnützigen Wohnungs- und Sied­ Kommunikationswissenschaftler Franz beln. Sogar eine große Koalition aus SPD lungsgesellschaft sollen den Anfang ma­ chen - die Gemeinschaftsantennen kön• nen dann "verschrottet" werden, schrieb die lokale Presse. Entgegengekommen war der Post das Bundesbaugesetz, nach dem die Errich­ tung von Bauwerken, die im "öffentli-. chen. Interesse" liegen und vom Bund oder den Ländern selbst geplant oder aus­ geführt werden, lediglich der Zustim­ mung, nicht aber einer umfangreichen Prüfung und Genehmigung der Baubehör• den bedarf. Trotzdem waren aber einigen Bürgern anderer Wohnungsanlagen als den oben genannten 17 Rundfunk- und sechs Ronneberger. Und selbst wenn diese Zeit· und CDU bildete sich, die sich einig war, Fernsehprogramme ftir eine Ansch lußge­ spanne zu hoch gegriffen sein sollte, auch die "Sache vorsichtig zu behandeln". bühr von 400 Mark zuviel. Auf einer die Industrie hat Schwierigkeiten. Zehn­ Andere Gruppen bildeten sich in Ba­ Blockversammlung· beschlossen sie, sich tausend-Mann-Jahre würden für die Ent­ den-Württemberg nach dem Ulmer Vor­ zu weigern, vom grauen Übergabekasten wicklung aller Teile des geplanten Fern­ bild. Aber auch in anderen Städten und der Post bis in ihre Wohnung Strippen zie­ meldenetzes vom Glasfaserkabel bis .zur Kreisen der Republik schlossen sich hen zu lassen. Ob mit Erfolg, ist noch of­ Mikroelektronik benötigt, um rasch vor· Bürger zusammen. Ende Juni trafen sich fen - denn über das Baureclit ("Anten­ anzukommen, wie Gerhard Zeidler, Vor­ acht Anti-Kabel-Gruppen in Schwerte, nenwaldverbot") könnte die Post doch standsmitglied von SEL in Stuttgart, aus­ die aus "Pilotprojekt-Städten" oder aus Sieger bleiben. rechnete. Um die von der Bundespost aus­ Gebieten kamen, wo die neuen Medien Im benachbarten Ritterhude fanden gesetzten 100 Milliarden Mark für die ohne "Scheinerprobung" eingeftihrt wer­ mehrere Bürger einer 40-köpfigen SPD­ nächsten 10 Jahre optimal nutzen zu kön• de.n sollen, um ihre Erfahrungen auszu­ Versammlung, auf der der örtliche Bun­ nen, schlug er im September letzten Jah­ tauschen und Aktionsformen festzulegen. destagsabgeordnete die Vorzüge der Glas­ res vor, daß die Industrie ihre Kräfte in Ein drittes bundesweites Treffen fand in fasr pries, dessen Darstellung als viel zu einem Chips- und Netz-Kartell bündeln Hornberg/Württ. statt. Der sogenannte einseitig. Es gehe nicht um die Alternati­ und sich abstimmen solle. Zwei Monate "Hornberger Baukasten e. V." hat ein ve Kupfer ~der Glasfaser, sondern um den ·später verlautete als J ahresresumee der In­ "Med ienkarussell - Informationen zur grundsätzlichen Sinn der Verkabelung. dustrie: "Die Mikroelektronik hat die in Medienzukunft" mit Overheadfolien, Auch Tricks der Post werden immer mehr sie gesetzten Wachstumserwartungen Dias, Vortragsmanuskript, anderen durchschaut: So erscheint es nur im er­ nicht erftillt." schriftlichen Unterlagen und Tonauf­ sten Moment sinnvoll, daß die Post ihre Als eine der ersten Städte in der Bun­ zeichnungen herausgebracht, der . u.a. Kabel verlegt, obwohl keine Nachfrage desrepublik könnte Ulm in Baden-Würt• beim "Referat Medien" der Evangelischen besteht, wenn Gas- oder Wasserrohre· er- temberg (bei dem zur Zeit vorgelegten Akademie Bad Boll angefordert werden

22 kann. Über die Bürgerinitiativen hinaus scheinen sich der Deutsche Gewerk­ schaftsbund und die am stärksten betrof­ fenen Einzelgewerkschaften verstärkt der Konsequenzen einer bundesweiten Verka­ belung anzunehmen. ln einem großen Teil der Republik hat auch die evangelische Kirche ihre zumindest a8wartende, wenn nicht sogar ablehnende Haltung zu erken­ nen gegeben. In Baden-Württemberg hat inzwischen auch die katholische Kirche aufgemuckt: Das Kooperationsmodell zwischen öffentlich-rechtlichen Rund­ funkanstalten und Zeitungsverlergern ver­ hindere anzustrebende Chancengleichheit im lokalen Bereich. Das Landesmedienge­ setz samt · der vorgesehenen privaten An­ bieter wü rden eine "tiefgreifende Verän· derung der sozialen Kommunikation und der Medienlandschaft" bewirken. Die SPD brachte im Landtag einen "Gesetz­ entwurf zur Sicherung der Rundfunkfrei­ heit" ein. Die Evangelische Akademie Bad Boll oder gewerkschaftliche Weiterbildungsin­ stitutionen bieten zum Thema Neue Me­ dien kritische Seminare an. Eventuell bil· fitisehe Perspektive nicht vergessen wer­ Thesen umfassendes Papier zur "Regiona­ den sich - falls Regelungen wie "Kabel­ den. Über die Kritik an den geplanten Pi­ lisierung" des Rundfunks. groschen" beschlossen werden- ähnliche lotprojekten hinaus (1981) haben etwa ln allen Länderverfassungen - so der Verweigerungsformen heraus wie beim die Jungdemokraten schon frühzeitig ver­ Beschluß von 1979-sollte darüberhinaus Strqmteilzahlungsboykott gegen Atom­ sucht, umsetzungsfähige Vorschläge für das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem strom oder Steue.rverweigerung gegen Rü• die "Demokratisierung des öffentlich· verankert werden. Schon einmal, 1972, stungsausgaben. Auch erscheint eine kol­ rechtlichen Rundfunks" (1979) und war ein Volksbegehren in dieser Richtung lektive Verweigerung eines Anschlusses gleichzeitig bürgernahe, öffentlich-rechtli­ erfolgreich: Ausgerechnet in Bayern wur­ als ein möglicher Weg, da in der Regel che kommunale Kabelanstalten und deren de in der Verfassung qua Volksbegehren kein Zwang zum Anschluß ans Kabelnetz Programme zu beschreiben (1979). Ge­ ("Rundfunkfreiheit") das von CDU/CSU besteht. wissermaßen als Erg~nzung dieser Kon­ so oft beschworene wie beschimpfte "öf• Neben solchen Aktionen sollte die po- zeption verabschiedeten sie 1982 ein 20 fentlich-rechtliche Monopol" zementierte

Jeder Probelauf ist schon das fertige Ergebnis

Um die Auswirkungen der Elektronik ncn, daß Versuche und Pilotprojekte die Versuchsphase noch bis 1983 dauern auf den Arbeitsalltag in den Griff zu be- nicht unbedingt rückholbar sein sollten. sollte. Das " Handelsblatt" schrieb unwi- kommen, gab die sozialliberale Koalition Noch zu Amtszeiten eines SPD-Postmi ni- dersprechen 1981: " Die politische Dis- noch einen Tag vor ih rem Auseinander- sters wurden Terminpläne bekanntgege- kussion um Btx läuft darauf hinaus, daß brechen - nach den Worten von Albrecht ben , in welcher Stadt wann Bildschi rm- Btx als geschäftliches Kommunikations- Müller, unter Bundeskanzler Schmidt Lei- text {Btx) angeboten werden soll, obwohl mittel unabhängig vom Ausgang der Ver- ter der Planungsabteilung im Bundeskanz- r-----:--~;;;;;;;~;------suche (i n Berl in und Düsseldorf, Anm.) le rmat und für Medien zuständig, soll bei 1 1983 bundesweit eingeführt wird." Ähn- de r FDP auch die Frage der neuen Me- li ches gil t für die Pi lotprojekte: Minister- dien eine Rolle gespielt haben - noch ei- präsident Bernhard Vogel (CDU) will nen Bericht in Auftrag, de r im Frühjahr . nicht mehr wissen, ob Kabelfe rnsehen 1983 erscheinen so ll te. Ob er kommt und überhaupteingeführt werden soll, sondern mit welchen In halten, erscheint fraglich. durch den Versuch in Ludwigshafen "fun- Sicher ist nur, daß die Enquete-Kommis- dierte Kenn tnisse erhalten, was bei einer sion "Neue Informations- und Kommuni- grundlegenden Neuorganisation der . Me- kationstechniken" des Bundestages "kei- die zu beac hten ist". Professor Eberhard ne politischen Empfehlungen " geben Witte, Leiter der Begfeitkommission im wird, sondern nur Standpunkte dokumen- Münchner Pilotprojekt, hielt Bürgerzwei- tieren will, was bei der rigorosen medien- fe in entgegen : "Wenn Neuperlach gegen politischen Haltung dieser Bundesregie- das Pilotprojekt ist, dann verkabeln wir rung nicht verwundert. halt einfach einen anderen Stadtteil, wo Bereits die alte aber ließ noch erken- man uns will. " •

23 Ralf Dahrendorf-Fiash-back in timeI: Das Prinzip Offenheit

Ralf Dahrendorf, einer der Wegbereiter der Erneuerung der FDP vor 1969, hat im Koali­ stellt und damit gleichermaßen die pro­ tionswechsel seiner Partei keinen Anlaß gesehen, ihr den Rücken zu kehren. Im Gegen­ grammatische Perspektive der Liberalen teil: Er scheint entschlossen, sich stärker für sie zu engagieren. Viele sehen in ihm gar die für die Bundestagswahl von 1969 gege­ neue Führungsfigur, sollte die FDP am 6. März scheitern. ben. Dahrendorfs Verdienst ist es sicherlich, die Grundlinien des Freiburger Programms der ln seinem Grundsatzreferat fordert FDP von 1971 mitgestaltet zu haben. Er ist es auch gewesen, der dabei die Grundgedan­ Dahrendorf eine rationalere Politik in ~er ken der Wissenschaftstheorie des kritischen Rationalismus Karl Poppers in die program­ Bundesrepublik Deutschland, die die Lust matische Diskussion der Partei hat einfließen lassen. Die Einflußnahme des kritischen der Politiker an der Entscheidung "um ge­ Rationalismus auf die programmatische Entwicklung der sogenannten "staatstragenden" nau diesselbe dezidierte Vernunft er­ Parteien hat Udo Schlitzberger in seinem Beitrag "Kritischer Rationalismus un

24 Ralf Dahrendorf-Fiash-back in time II:

"Die FDP ist weder gesund, noch schäftsstelle, damals noch im Bonner Tal­ Dahrendorf, der bereits bekannt hatte: macht sie sich energisch ans Überleben." weg, war die Rede, so hieß es z.B. über "Es gibt ftir mich keine Politik als Kampf Diese Zustandsbeschreibung könnte von den heutigen FDP-Bundesgeschäftsftihrer, gegen die Fünf-Prozent-Klausel." Dahren­ heute sein, doch sie stammt aus einem Dr. Fritz Fliszar, er verhandele mit Zei· dorf verschloß sich diesen Hoffnungen Spiegel-Beitrag vom Dezember 1969. Er tungsverlagen. Und die damals jungen Li· der Linken, doch er kündigte, wie dem beschreibt die Situation der FDP nach der beralen im FDP-Establishment sollen sich Spiegel zu entnehmen war, seinerzeit et­ Wahl Heinemanns zum Bundespräsiden• unter Führung von Wolfgang Lüder ange­ was an, was wohl nach dem 6. März zur ten und nach dem ."Eilmarsch in die Al· sichts der unsicheren Lage der Partei ge­ Umsetzung anstehen dürfte: Sollte die lianz mit den Sozialdemokraten". Wie die sammelt und Absatzbewegungen zur SPD FDP zerbrechen, so wolle er seine Freun­ Zeiten sich doch gleichen. Der Spiegel überdacht haben, "wie der progessive Teil de in "einer Art liberalen Klub" sammeln, wußte vom Verdruß über die Aufwertung einer möglichen FDP-Konkursmasse am wobei es ftir ihn nicht das Wesentliche sei, der Rechten nach der Wahlniederlage und sinnvollsten in die SPD eingebracht wer­ welche politische Bedeutung dieser Klub "fehlender Polit-Programmierung" durch den könne". dabei quantitativ habe. Da scheint sich al­ die Parteiführung zu berichten. Gar von Als Führer der Bewegung erhoffte man so Verstärkung für die Arbeit der Libera­ einem "Exodus" aus der fDP-Bundesge- sich das ehemalige $PD-Mitglied Ralf len Vereinigungen abzuzeichnen? •

zurückführen läßt, wurde zur programma­ eben diese Individualität und Pluralität unübersehbar. Dort heißt es: "Liberalis· tischen Grundlage der FDP-Wahlplatt· ihr durch Erfahrung-gesichertes Vertrauen mus nimmt Partei für Fortschritt durch form von 1969. Zu ihr bemerkt Dahren­ in die Kraft des Widerstreits und Wett­ Vernunft. Er tritt ein für die Befreiung dorf: "Die Wahlplattform ist die Grundla­ streits der Freiheit, der aus der Konfron· .der Person aus Unmündigkeit und Abhän- ge unseres Handelns; es wird auf unsere tation und Konkurrenz menschlicher Ent­ gigkeit... · Überzeugungskraft auch in diesem Wahl­ deckungen und Erfindungen, Vorstellun- Erste Voraussetzung einer auf die För• kampf an.kommen, ob wir morgen in ei· . genund Überzeugungen, Zwecke und Zie­ derung solcher Emanzipation des Men­ ner offenen Gesellschaft leben." le, Ideen u.nd Ideale hervorgeht". Maiha­ schen und damit Evolution der Mensch­ Die Wahlplattform wiederum, in der fers Liberalismusbegriff, der die "Prinzi· heit gerichteten Iiberalen Gesellschaftspo­ "die Erneuerung der Bundesrepublik zu pien der Toleranz und der Konkurrenz litik sind geistige Freiheit und die Prinzi­ einer offenen Gesellschaft" als strategi­ als die ersten Vorausetzungen einer freien pien der Toleranz und der Konkurrenz. . sches Ziel der FDP-Politik proklamiert und offenen Gesellschaft" impliziert, Nur auf dieser Grundlage ist eine freie wird, wurde zum "Konzept der FDP für kann ebensowenig wie der "Soziale Libe­ und offene Gesellschaft möglich, in der die kommende Legislaturperiode". ralismus" Flachs, der sich bemüht, "die Wahrheit und Gerechtigkeit nicht als fer· Da die FDP in dieser 6. Legislaturpe­ anspruchsvolle Haltung kritischer Ratio­ tige Antworten überliefert und hingenom· riode als Koalitionspartner der SPD Re­ nalität durchzusetzen", die enge Bezie­ men, sondern angesichts des Wandels der gierungsverantwortung trug, hat das auf hung zur Konzeption Poppers leugnen. Verhältnisse stets als neu sich stellende Poppers Gesellschaftsphilosophie fußen• Nicht zuletzt ihre Theorie des gesell­ Fragen an den Menschen aufgeworfen de programmatische Konzept einer "of­ schaftlichen Fortschritts vermag die prin­ und erörtert werden." fenen Gesellschaft" zumindest ansatzwei­ zipielle Übereinstimmung mit Poppers Retrospektiv kann man sageri, daß die se auch Bedeutung für die politische Pra-' kritisch-rationalem Ansatz augenfällig zu Rezeption des kritischen Rationalismus in xis in der Bundesrepublik Deutschland dokumentieren. Jede politische und ge­ der FDP mit der Annahme der "Freibur­ erlangt. -sellschaftliche Weiterentwicklung beginnt ger Thesen" als Grundsatzprogramm ih­ Bestimmenden Einfluß auf die Politik nach Flachs Meinung als "Abweichung ren Höhepunkt erreichte. Doch obwohl der Liberalen behielt der kritische Ratio­ von der herrschenden Lehre. Wer abwei­ . die "Freiburger Thesen" nach wie vor gül­ nalismus auch noch, als Dahrendorfs chende Ideen als Häresie verbietet und tiges Programm der Freien Demokraten Stern als "Chefideologe" des 111.odernen kritisches Leugnen des Gültigen als Ket­ sind, stellt sich angesichts eines unüber• deutschen Liberalismus zu verblasSen be­ zerei verfolgt, behindert nach liberaler . sehbaren "Rechtsrucks" der FDP in den gann und stattdessen Kari-Hermann Flach Auffassung den gesellschaftlichen und po­ letzten Jahren die Frage, inwieweit der und zu Protagonisten· litischen Fortschritt". Und Maihofers · dort manifestierte kritisch-rationale An­ der Programmdiskussion avancierten. "Parteinahme ftir Fortschritt durch Ver­ satz mittlerweile nur noch programmati­ Zwar wurden von diesen beiden Sozialli­ nunft" beinhaltet dementsprechend eine sche Makulatur einer sozialliberalen Fas­ beralen verstärkt soziale Akzente in der Haltung, die "durch die ständige öffent· sade darstellt, die verdecken soll, daß die • Programmdiskussion gesetzt, doch kann liehe Infragestellung und Überholung der FDP sich mehr und mehr zu einer wirt- dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß bestehenden Verhältnisse und der vor­ schaftsfreu nd Ii chen Bürgerblock-Partei letztlich auch die Konzeption Flachs und herrschenden Meinungen" gekennzeich· zurückentwickelt. • Maihöfers auf der Gesellschaftsphiloso­ net ist. phie des ~ritischen Rationalismus fußt. Wie der kritische Rationalismus· infol­ ln der März-Ausgabe werden sich .die . Im Mittelpunkt der Überlegungen steht 'ge des Dahrendorfschen Einflusses die liberalen drucksachen mit den beiden nach wie vor als gesellschaftspolitische FDP-Wahlplattform von 1969 beein­ letzten Büchern Dahrendorfs beschäfti· Zielprojektion eine "offene G~sellschaft". flußte, so konnte er über die Vorstel­ gen, dem 1975 erschienenen Beitrag S9 ist ftir Maihofer d!e. "freie und offene lungen Flachs und Maihafers Eingang "Die neue Freiheit. Oberleben und Ge­ Gesellschaft, die wir heute als pluralisti· in die "Freiburger Thesen der Liberalen" rechtigkeit in einer veränderten Welt" sehe Gesellschaft zu bezeichnen pflegen, von 1972 finden. Insbesondere in These und dem 1979 erschienenen Band "Le· ... nicht einfach eine Notlösung, ange­ 2 des einleitenden Kapitels über "Libera­ benschancen" sichts der Eigenheit und Mannigfaltigkeit le Gesellschaftspolitik" ist die geistige Pa- · der Menschen. Sie baut im Gegenteil auf tenschaft des kritischen Rationalismus

25 unter den vielen Gefuhlen, die der Dikta­ Robinsohn-Denkschrift: tur entgegengebracht werden, das der in­ nerlichen Loyalität sehr selten ist, und das der Opferbereitschaft im Sinn einer Dokument des Widerstands bewußten Hinnahme von Risiken wirt· ln der Januar-Ausgabe berichteten die liberalendrucksachenüber eine in der Öffentlich• schaftlicher und persönlicher Art dürfte keit weithin unbekannte liberale Oppositionsgruppe während des Faschismus. Einer der die ganz große Ausnahme sein. Gleich­ führenden Köpfe dieser Gruppe, Hans Robinsohn, schrieb zwischen März und Septem­ gü l tigk~it und Haß, Verachtung und be­ ber 1939 in Kopenhagen eine Denkschrift, deren erstes Kapitel wir dokumentieren. wußte Ablehnung spielen eine weitaus "Gibt es überhaupt eine deutsche Op­ zanti.nismus leiden. Die jugendlichen, die größere Rolle und besonders die "ewig position in dem Sinn, daß sie Chance den Drill vom 10. Lebensjahr an bis "un­ schwankenden Gestalten", die heute über hat, eine Umgestaltung der deutschen absehbar" vor sich haben und übersättigt Einzelheiten schimpfen und morgen den Verhältnisse herbei zu fuhren?" Beant­ damit sind. Die Frauen, die die gestiege­ Triumphen ihres " Führers" zujubeln, wer­ wortet man diese Frage bejahend, so nen Preise und verschlechterten Waren be­ den es ablehnen, irgend ein wirkliches Ri­ stößt man im ln- und Ausland auf Un­ merken und trotzdem damit den Haushalt siko zu laufen. glauben und teils heftige, teils mitleidig zur Zufriedenheit versorgen sollen. Die Eine neue Regierung, die nicht ausge­ überlegene Ablehnung. "Eine deutsche Vielen, die das Gespenst des Krieges vor sprochen kommunistisch oder radikalso­ Opposition ist eine Utopie. )> Warum wird sich sehen. . zialistisch ist, wird sich weder über Man­ dieser Standpunkt eingenommen? Ein­ All diesem gegenüber verhält sich der gel an Anhängern noch über zu geringe mal, weil man von dem Glauben an eine Nat.-Soz. so, daß er jede einzelne Gruppe "Gleichschaltung" zu beklagen haben. allmächtige Polizeiüberwachung völlig er­ herausgreift und sie als eine ganz kleine Das Volk als große Masse gesehen, ist reif, griffen ist, zweitens weil man das deut­ Minderheit abtut und verspottet. Oben- sich auf den Boden "neuer Tatsachen" zu sche Volk oder große Teile dieses Volkes für so stark vom Wesen des National-So­ zialismus erfaßt hält, daß es zu einer Op­ position gar nicht kommen kann, und drittens, weil die Machtchancen so einsei­ tig verteilt sind, daß es selbst dann, wenn der Wunsch danach in Deutschland be­ stünde, nicht ZU einer realen Opposition kommen könnte. Man muß sich von dem blinden Glau­ ben an die Zahl frei machen. Nicht die Zahl entscheidet, sondern die aufgebrach­ te Energie und Arbeit. Wenn es anders wäre, hätte der Nat.-Soz. niemals seine Erfolge haben können, denn durch viele j ahre war er auch zahlenmäßig sehr schwach. Revolutionen sind stets Angele· genheiten von Minderheiten gewesen. Ha­ ben sie Erfolg, so finden sie nachträglich die Billigung einer Mehrzahl, - haben sie Mißerfolg, so hat es sich eben um einen "frevelhaften Mißbrauch'', um einen An­ griff auf das Vaterland oder die Verfas· sung gehandelt. Die Frage der Anzahl ist nur dann interessant, wenn es sich darum handelt, die voraussichtliche Einstellung Die Titelseite der Denkschrift von Hans Robinsohn im Original mit handschriftlichen der Massen des Volkes zu einer gelunge­ Notizen des Autors nen Umwälzung festzustellen. · drein wird eine Gruppe gegen die andere stellen. Darüber kann allerdings kein Zweifel ausgespielt, und so kann man immer wie­ Wem dieses Urteil zu hart klingt, wer sein, daß in einem solchen Fall die große der z.B. von Industriellen hören : "Was in ihm den hohen Schwung des Glaubens Mehrheit des Volkes für eine grundlegen­ wollen Sie tun? Die Arbeiterschaft ist ge­ an demokratische Ideale vermißt, der de Änderung der Verhältnisse sein wird. sch lossen für Hitler, - das Volk ist eisern denke an den entsetzlichen Zustand der Es ist ja nicht unbekannt, aus wie vie­ für das System", während die Arbeiter Vernichtung jeder Kritik und jeder unab­ len Kreisen und Schichten dem Regime und Angestellten erklären, daß das Re­ hängigen Meinungsbildung, an das ewige eine oppositionelle Stimmung entgegen­ gime leider die Unterstützung der Groß­ Trommelfeuer der Propaganda in Zeitun­ schlägt: Die Bekenntniskirche und die ka­ verdiener, der Agrarier und überhaupt der gen, Filmen, Wochenschauen, in Thea­ tholische Kirche, die altpreußischen Kon­ Kapitalisten fände. Die Abkapselung der . tern, Büchern und Versammlungen. Nie­ servativen, die Monarchisten und die süd• einzelnen Schichten der Bevölkerung mand, der nicht jahrelang in dieser At· deutschen Anhänger einer Dezentral isa­ durch Überwachung, Bespitzelung und mosphäre gelebt hat, ist berechtigt, auf tion. Die Millionen von Arbeitern und durch Einorganisieren in "kontrollierte" diese Menschen herabzusehen, die, zur Angestellten, die ihrer demokratischen Verbände ist so stark, daß sehr häufig ei· amorphen Masse verdammt und ver­ oder sozialistischen Idee oder beiden ne oppositionelle Schicht nichts von dem dummt, immerhin noch begreifen, was treu geblieben sind. Die Kapitalisten, die Vorhandensein der anderen ahnt. Recht ist und was Unrecht und die da- zu viel Steuern und zu wenig "fre.ie Wirt­ Das alles aber wird nicht verhindern, nach streben, sich irgendwie aus der Ge­ schaft" sehen. Die " Intellektuellen", d.h. daß die verachteten kleinen Minderheiten walt- und Machtatmosphäre zu befreien, alle diejenigen, die unter der erstickenden sich summieren und dann eine stattliche aber leiqer keinen Weg dazu sehen. Atmosphäre der Unfreiheit und des By- Majorität bilden. Wichtiger aber ist, daß Das nämlich ist das Schicksal der Mas-

26 se, ihr tägliches Erleben: sich immer und immer wieder als machtloses Atom einer gigantischen Ge waltmasch ine gegenüber zu sehen, herum zu irre n nach irgendwel­ chen Auswegen, um immer wieder zu ent­ decken, daß dem Einzelnen jeder Ausweg durch die entsetzlichen Risiken versperrt ist, mit denen d ie Auflehnung verbunden ist, und daß die vielleicht rettende Zusam­ menballung zur Masse wegen der Unmög­ lichkeit, diese Menge planmäßig zu len­ ken, ebenfalls in eine Sackgasse führt. Nur ein wirklichkeitsfremder Träumer wird in solcher Lage von einfachen, wirt­ schaftlich und seelisch gedrückten und verängstigten Menschen scharenweise ei­ nen isolierten Heroismus erwarten kön­ nen .. Es ist nur zu verständlich, daß sie auf die kleinen Erleichterungen des kümmerli­ chen Lebens nicht verzichten, auch wenn sie damit dem Regime in die Hand spie­ len, - in die Hand, in die sie ja so wie so schon gegeben sind. Ein Realist wird Hochachtung haben vor einem Volk, das unter solchen Umständen noch ein relativ großes, instinktives Unterscheid u ngsver­ mögen für wahr und falsch, echt und un­ echt, gemein oder edel, und vor allem, für gerecht oder ungerecht, sich erhalten hat. Daß nur noch die krassesten Unterschiede illegale Druckerei einer Widerstandsgruppe: "Was nützt es, alle paar Monate verstohlen wahrgenommen werden, daß alle subtile­ Flugblätter zu verteilen?" · ren Tricks des Regimes nicht begriffen erstrebt nicht die Gewinnung der Massen unsichtbaren Opposition, und wie beab- werden kann, - wer will sich darüber und entgeht so allen Risiken, die manche sichtigt sie, an die Macht zu kommen, wundern, wenn er die geringste Vorstel­ Oppositionsbewegungen in den ersten wenn sie weder bemerkt werden will, lung hat, wie es seit sechs Jahren · in Jahre!) des Regimes in heroischer Art auf noch eine Massenorganisation anstrebt? Deutschland aussieht. sich nahmen und die so viele Opfer ge- Der Sinn dieser Opposition und ihrer Nicht trotz dieses Zustands, sondern kostet haben. Sie ist unabhängig von alten Einstellung ist, daß sie beabsichtigt, das gerade wegen des Vorhandenseins einer Bindungen wie Parteien und Bünden und Haus von unten zu erbauen. Bevor nicht unzerstörten charakterlichen Substanz ist verbindet so den Vorteil einer in den Jah- die Grundlagen vorhanden sind, einen die Voraussetzung einer erfolgreichen Op­ ren der Republik nicht gekannten geisti- neuen Staat zu schaffen, ist es sinnlos, öf- position vorhanden. Neben der geschilder­ gen Freizügigkeit mit dem Vorteil, sich fentliche Aktionen zum Sturz des Sy- tern Grundstimmung der Bevölkerung, in ihrer Mitarbeiterschaft abseits von den stems zu veranstalten. Daher hat sie von die jede gelungene Umwälzung mit riesi­ politischen Listen der Gestapo zu halten, vornherein konsequent die Methode ver- ger Mehrheit begrüßen wird, spricht aber abseits von den vielen Namen ehemaliger folgt, Schritt für Schritt die Vorausetzun- entscheidend mit, daß die Methoden des Parteigrößen. gen für einen Umsturz und für eine Nach- Regimes, Terror und Betrug, geradezu ei­ Natürlich ergibt sich aus dieser Art der folgeregierung zu schaffen. ne Auslese der Besten und Kräftigsten des oppositionellen Arbeit, daß sie nicht Der Beantwortung der täglich in deutschen Volks erzwingen, eine Elite in sichtbar ist und daß man daher nicht ei- Deutschland tausendfach erörterten Fra- charakterlicher wie in geistiger Beziehung. nem staunendem Publikum im ln- und ge: "Wie kann es überhaupt anders wer- Nur einer derartigen Minderheit, die Ausland die Beweise einer la-funktionie- den?" kommt man näher, wenn man die schwer zu überwachen ist, und die im renden Opposition vorführen kann. Das vielfachen Hindernisse des Regimes da- Stande ist, ihr Verhalten den Notwendig­ aber ist nur ein Vorzug, denn die Unsicht- raufhin betrachtet, ob sie das Regime um- keiten des Kampfes mit der Geheimpoli­ barkeit verbürgt, - auf lange Sicht gese- stürzen können. Zwei Komplexe haben zei anzupassen, ist die oppositionelle Ar­ hen - , die Wirksamkeit, und das ist ent- in derartigen Betrachtungen stets die beit überhaupt möglich. scheidend. Was nützt es, wenn alle paar Hauptrolle gespielt; Der Eingriff durch Seit ein paar Jahren wächst, der Gesta­ Monate verstohlen Flugzettel verteilt das Ausland - u'nd die .wirtschaftlichen po unbekannt, eine ganze Reihe von Krei­ werden oder eine Wand mit regierungs- Schwierigkeiten. sen, die in planmäßiger Arbeit eine Orga­ feindlichen Symbolen versehen wird? Die Nach sechs Jahren konsequenter nisation aufbauen. In rastloser, zäher und Wirkung ist gering, das Risiko ungeheuer, . Nichteinmischung des Auslands sind viele geduldiger Tätigkeit, bei der ständig da­ und nach einer genügend großen Zahl von Menschen in Deutschland davon Über- rauf geachtet wird, sich nicht Z\.1 exponie­ Verhaftungen, die aus Mangel an Publizi- zeugt, daß es besser gewesen wäre, wenn ren, wird eine Beziehung nach der ande­ tät nicht einmal Märtyrertum entstehen zu einer Zeit, wo es noch ohne Krieg ren herges~ellt, ein Glied dem anderen lassen, sinkt die Aktion ausgeblutet in möglich gewesen wäre, das Ausland die angefügt, um die technische Grundlage für sich zusammen. Das ist die "sichtbare Abdankung des Regimes erzwungen hät- die Arbeit einer Opposition zu schaffen. Opposition", die auf Massenwirkung te. Die Deutsche Opposition steht nicht Diese Arbeit kann durch die Polizei ausgeht, ohne doch, was das Wesentli- auf diesem Standpunkt. Jede Ablösung wohl behindert, aber nicht verhindert ehe wäre, die Massen organisieren zu des Regimes auf äußeren Druck hin würde werden. Sie breitet sich ständig aus und können. nur eine Verewigung der seelischen Ursa- zwar von mehreren Seiten gleichzeitig. Sie Was ist demgegenüber der Sinn der chen mit sich bringen, die den Nat.-Soz.

27 so außerordentlich begünstigt hatten. Sie und Propagandamittel die Geduld des Aufbauwerk der Armee nicht stören. Wie würde ein unüberwindliches Hindernis für Volkes ernsthaft auf die Probe stellt. Ein ist die Situation jetzt? jede konstruktive Aufbaupolitik darstel­ Zusammenbruch dauert lange und die Zur Beantwortung dieser Frage muß len und nach manchen Umwegen doch Leidensfähigkeit der Massen ist erstaun­ daran erinnert werden, daß es in der Ar­ wieder zu ähnlichen Erscheinungen und lich groß, wenn sie unter dem Eindruck mee, genau wie überall, die verschieden­ Wirkungen fuhren, wie sie heute der Nat.-. stehen, es handle sich um das Schicksal sten Meinungen gibt, und daß man nicht Soz. verkörpert. Aus denselben Gründen von Volk und Gemeinschaft. erwarten kann, gerade bei der Armee eine lehnen wir auch den Krieg als Mittel zur Entscheidend können wirtschaftliche einheitliche Stimmung für oder gegen das Lösung der innenpolitischen Problematik Fragen für das Schicksal einer Diktatur Regime zu finden. Auch bei der Armee Deutschlands ab, von anderen Erwägun• erst dann werden, wenn die sozialen Fol­ handelt es sich darum, festzustellen, ob gen in diesem Zusammenhang ganz abge­ gen wirtschaftlicher Nöte (Senkung des eine entschiedene, aktive Minorität vor­ sehen. Le.bensstandards auf ein Hungersnotn i­ handen ist, die einen Umsturz des Sy­ veau, völlige Unstabilität des Preisgefü• stems in's Auge faßt. Zweifellos hat nun Vieles hatten sich auch oppositionelle ges und Dauerunruhe durch eine Infla­ ein großer Teil .die schwersten Bedenken Kreise von der wirtschaftlichen Entwick­ tion) derart sind, daß sie eine Lockerung gegen die nat.-soz. Diktatur und lehnt lung versprochen. Man kann von dem ver­ der sozialen Abhängigkeitsbegriffe her­ sie aus zahlreichen Gründen ab. zeihlichen Irrtum, eine baldige Wirt­ beiführen und so einer revolutionären Zwei Hauptgründe führen zu dieser schaftskatastrophe und damit zugleich Schicht die beste Unterstützung geben. Stellungnahme: Das Risiko des außenpo• auch ein Ende des Regimes zu erwarten, Auch dann aber ist eine ganz bestimmte litischen Kurses und die Rechtlosigkeit absehen. Man befand sich hier in Überein­ Beeinflussung der Massenstimmung erfor­ im lnnern. Beide Motive haben schon stimmung mit den wissenschaftlichen derlich, denn die Not vermag sowoh l zvr bei der Generalskrise im Januar 1938 Größen des l n- und Auslands. Aber poli- absoluten passiven Unterwerfung unter eine Rolle gespielt. Schon damals haben die Generäle geraten, das spanische Aben­ teuer abzubrechen, von allen Experimen­ ten nach Südosten abzusehen und die gan­ ze Kraft an die Erstarkung der Armee zu setzen, die z.B. in der Frage der trainier­ ten Reserven und des Offizierersatzes kei­ neswegs auf der Höhe war und ist. Schon damals auch prallten zwei "totalitäre" Mächte aufeinander: das Offizierkorps, das in der Armee uneingeschränkt herrr­ schen wollte und die Partei, die auch die Armee, einschließlich der Offiziere, ihrer auschließlichen politischen und seelischen Führung und ihrer polizeilichen Beauf­ sichtigung unterwerfen wollte. Daß damals die Partei im wesentlichen gesiegt hat, hat den Streit nicht beendet und den Gegensatz nur verschärft. Die außenpolitische .Entwicklung hat die Ri­ siken, die darin enthalten sind, erst recht deutlich gemacht, auch wenn es inzwi­ schen viermal gut ging (Österreich, Sude­ tenland, Spanien und Tscliecho-Siowa­ Fritz Elsas (links) und Johann Graf Bernstoff (rechts): Liberale Widerstandskämpfer, kei). Ein großer Teil des höheren Offi­ die im Zusammenhang mit dem 20. Juli von der SS ermordet wur~en zierskorps sieht mit wachseAder Angst auf das Hasardspiel von Hitler, Ribbentrop tisch durfte man sich nicht so viel von ei­ das Wirtschaftsschicksal als auch zur radi­ und Rosenberg, bei dem die Armee, die ja ner derartigen wirtschaftlich~n Entwick­ kal aktiven Bekämpfung des für sie ver­ durch ihre Passivität die Mitverantwor­ lung versprechen und daher rechnet auch antwortlichen politischen Systems zu tung trägt, geradezu alles an Gegenwart die deutsche Opposition nicht mit einer führen, je nachdem, welche Beeinflussung und Zukunft riskiert. gewissermaßen automatischen Umwäl• stärker ist, die der Opposition oder die Die jüngeren Offiziere dagegen sind zung auf Grund wi rtschaftlicher Schwie­ der Regierung. nach zahlreichen Zeugnissen recht emp­ rigkeiten. Mängel bei der Gesamtversor­ Alle diese Erwägungen fuhren dahin, findlich geworden für die außerordent• gung der Bevölkerung, Hindernisse bei die Ablösung des Systems mir im Zusam­ liche Demoralisierung, die die innere Poli­ der Finanzierung der Wünsche der regie­ menhang mit einer Aktion der Armee tik des Regimes herbeiführt. Die Entfesse­ renden Schicht, Fehlschläge auf jedem oder eines Teils der Armee zu suchen. lung der niedrigsten Instinkte, die bei den nur denkbaren wirtschaftlichen Gebiet_ Diese Schlußfolgerung aber zwingt dazu, Pogromen deutlich wurde, das Organisie­ lassen sich von jeder Diktatur mehr oder erstens zu prüfen, ob eine solche Aktion ren des Verbrecherturns als Mittel staatli­ minder leicht über,winden, weil ihr immer überhaupt erwartet werden kann und cher Politik und die tolle Verlogenheit die Abwälzung a'uf die breite.n Volks­ zweitens die Vorbedingungen einer sol­ der Regierung, die die Verantwortung fei­ schichten möglich ist. Von allen Seiten chen Aktion zu schaffen. ge von sich auf das unbeteiligte Volk ab­ kann man den Lebensstandard des Vol­ Es hat an Spekulationen über ein Ein­ zuschieben suchte, haben eine heftige kes senken und es dauert sehr lange, bis greifen der Armee nicht gefehlt und auch Empörung in Kreisen des jüngeren Offi­ man bei dem großen. Reservoir eines Viel· . nicht an Entschuldigungen, als es aus­ zierkorps hervorgerufen. So kann man sa­ millionenvolks auf den Grund kommt, blieb. Zuerst hieß es, man könne aus gen, daß zum mindestens eine beträchtli• sehr, sehr lange, bis man bei geschicktem Rücksichtnahme für Hindenburg nichts che Minderheit im gesamten Offizierkorps Vo~gehen ·und Einsatz aller Ablenkungs- tun. Nach seinem Tod durfte man das · g~gen die Regierung steht, ohne daß eine

28 positive Haltung der anderen Offiziere zum Ausgleich vorhanden ist. Die Mehr­ heit der Armee ist sicher nicht so stark mit der nat.-soz. Diktatur verbunden, daß sie für das Regime käm pfen würd·e, wenn sie auf der Gegenseite ihre "Kameraden" wüßte, selbst we nn ein kleiner Teil des Offizierkorps auf dem Standpunkt steht, daß der Kampf ftir die Regierung aufge­ nommen werden müßte. Wie steht es nun mit der Aktivität der regierungsfeindlichen Offiziere?. Kann man damit rechnen, daß, und unter wel­ chen Umständen, sich von hier aus die Diktatur der Nazis beseitigen läßt? Eine genaue Prüfung hat ergeben, daß die Stim­ mung dieser Offiziere einer Aktivität zu­ neigt, daß aber bei den entscheidenden Stellen, nämlich den Generälen und ihren nächsten Mitarbeitern Überlegungen ver­ schiedener Art jede Aktivität zunächst noch verhindern. Diese Gedankengänge bewegen sich um zwei Vo rstellungen he­ rum, - einmal um die Gefahr des politi­ schen Vakuums, zweitens um die Frage der politischen Verantwortung ftir den Umsturz und die Zeit danach. Das politische Vakuum befürchten die­ se Kreise für den "Tag danach". Sie haben nämlich das durchaus richtige Gefühl, daß es nicht genügt, negativ gegen das Regime eingestellt zu sein, sondern 'daß man auch positiv wissen müsse, was denn an die Stelle der Diktatur treten soll. ln dieser Richtung aber selbst zu planen, liegt den höheren Offizieren nicht, - in der gleich­ falls richtigen Erkenntnis, daß sie ihrer ganzen Vorbildung und Erziehung nach hierfür nicht besonders geeignet sind. Die Folge aber ist, daß sie nie zu einer Aktivi­ tät kommen werden, wenn man sie nicht davon überzeugen kann, daß eine zivile Schicht vorhanden ist, die willens und in der Lage ist, die Nachfolgeregierung zu bilden. Dann mag auch noch die Frage auf­ Eingangstor eines Konzentrationslagers (hier Theresienstadt): Endstation vieler aufrech- tauchen, in welcher Richtung diese zi­ ter Liberaler vile Gruppe denn .zu arbeiten gedenkt. Garantie, daß Deutschland nichts an daß man ihren Schritt nachträglich gut­ Aber, da das Heer im Besitz der eigent­ Macht und Sicherheit durch den Um­ heißen wird. Besser als viele andere kön• lichen Macht bleibt, und das Ideal dieser sturz einbüßt. nen sie sich auch täglich von den Gefah­ Schicht ist: Die ganze Macht ohne jede Besonders der Gedanke an einen nicht ren überzeugen, die durch die abenteuerli­ Verantwortung! - so wird eine Einigung notwendigen Krieg, der· das Risiko ent­ che Politik des völlig von Torschlußpanik über das politische Programm zu erzielen hält, für eine lange Zukunft die Armee zu beherrschten Adolf Hitler heraufbeschwo­ sein. vernichten und zugleich den Einfluß des ren werden. Eine bedeutende Hemmung bildet je­ Offizierkorps zu brechen, wirkt als Erzie­ Leichter als alle anderen Menschen in doch das Problem der Verantwortlichkeit. hung zur großen politischen Verantwor­ Deutschland werden sie in der Lage sein, Die Armee, diese kostbarste aller Einrich­ tung. Man überlegt sich doch, daß die die mit dem Umsturz verbundenen Risi­ tungen, darf um keinen Preis kompromit­ Kriegsverhinderung auch ein echtes Mittel ken nicht nur zu erkennen und abzuschät- tiert werden und daher wird erst dann mit der Landesverteidung ' sein kann. "Die zen, sondern, was ganz besonders wesent­ einer Aktivität zu rechnen sein, wenn fol ­ Armee als Deutschlands Rettung" - ,das lich ist, auch zu verkleinern. gende Überlegungen und Geftihle zusam­ ist die Parole, mit der die an sich der Re­ Was zu tun bleibt, ist, sie davon zu mentreffen: gierung feindlich gegenüberstehenden Of­ überzeugen, daß eine ftir die Übernahme Besorgnis der unmittelbaren Gefähr• fiziere zur revolutionären Befreiungstat der Regierung fähige Organisation zur dung der Armee in einem Krieg durch gelangen könnten und gelangen werden, Verfügung ist. Diese Organisation zu falsche Außenpolitik der Regierung, wenn man ihnen die angeftihrten Garan­ schaffen und so den letzten Anstoß zur kleinstes faktisches Risiko beim Um­ tien verschaffen kann. Aktion bei den Offizieren zu geben,- das sturz, Schon heute können sich die Offiziere ist die Aufgabe der deutschen Opposition Gewißheit einer nachträglichen Recht­ täglich von der Volksstimmung überzeu• von Anfang an gewesen und auf die Erftil­ fertigung durch die Volksmehrheit und gen und daraus die Gewißheit gewinnen, lung dieser Aufgabe arbeitet sie hin. •

29 Rückblick Die leichte Wirtschaftskrise von 1966, Die Entwicklung der Ziel einer freien Gesellschaft hin zu die erste ihrer Art nach der Währungsre• "größtmöglicher und gleichberechtigter form, sollte mit Hilfe neuer Privilegien für Freiburger Thesen Teilhabe aller an der durch Arbeitsteilung die Unternehmer durch die Volksgemein­ ermöglichten Befriedigung der individuel­ schaft CDU/CSU/SPD überwunden wer­ len Bedürfnisse und Entfaltung der per­ den. Die DGB-Funktionäre zogen mit. .. Ein schönes sönlichen Fähigkeiten". Altnazi Kiesinger und Altemigrant Marktwirtschaft und Privateigentum Brandt, Strauß und Schiller (Plisch und progressives Ei" an Produktionsmitteln galten nicht mehr Plum) waren plötzlich eine Einheit. Bloß als Selbstzweck, sondern als zeitbedingt die Studenten randalierten und dagegen notwendig zur bestmöglichen Befriedi­ bekam die BRD die Notstandsgesetze ver­ · Bürger nachlesen sollten, was "die Libera­ gung menschlicher Bedürfnisse und Inter­ paßt. len" - man betonte das "liberal" im Ge­ essen. "Für uns liberale Demokraten" - Die FDP fühlte sich verlassen. Ihr gensatz zu früher sehr, gab auch neue In­ wie Werner Maihofer ständig in seiner Marktwirtschaftssymbol halte hinein - wollten und waruin sie es Einb[ingungsrede der Freiburger Thesen hatte sich als po~itischer Versager erwie­ wollten. formulierte - konnte es keine vorge-. sen. Der Schock der Vertreibung von den Mitten in diese Entwicklung platzte scliriebene Gesellschaftsform geben, die Regierungsfleischtöpfen mit der CDU in die Bundestagswahll969, nachdem zuvor Freiheit garantieren konnte, sondern nur Stuttgart und Bonn saß der FDP tief in schon Gustav Heine1llann, ein engagierter .die Dialektik der Entwicklung, d.h. den den Knochen. Ihre Welt war seit der Gro­ Antifaschist und Demokrat mit SPD/FDP ständigen widersprüchlichen Kampf gegen ßen Koalition 1966 in Unordnung gera· Hilfe zum Staatsoberhaupt gewählt wor­ Ausbeutung, Unterdrückung, Entfrem­ ten, hatte sich doch die katholische Un­ den war. Die SPD sprang aus der Umar­ dung.. ternehmer- und Antiemanzipationspartei mung der CQU/CSU; die FDP wieder an Allerdings sollte das kapitalistische Sy­ CDU/CSU mit den "Kommunisten" von die Tröge der Ämter und Pöstchen; die stem bestehen bleiben, was einen Teil der der SPD um Wehner und Brandt in ein Diskussion ging weiter, die APO lebte, die Jungdemokraten und liberalen Studenten Bündnis begeben. Unruhe in der FDP blieb. · zu bitterer Kritik an diesem Programm Was nun? Was tun? Die Nationalliberale Aktion entstand, brachte, da es nur die pestehenden gesell­ Ein Teil der alten FDP jammerte, klag­ verließ die FDP, kämpfte massiv gegen schaftlichen Verhältnisse verschleiern te und verzagte, ein anderer Teil sah das sie (heute sind alle ihre "Führer" wieder . würde, obwohl tendenziell richtig "sy­ Verhalten der CDU/CSU als Provokation Parteimitglieder oder Koalitionsfreunde, stemüberwindend" formuliert worden und Verrat an, als Bruch des etablierten deshalb plakatierten die J urig<)emokraten war: "Wo die Verfügungsgewalt über Ei­ Bürgerblocks. Dieser Bürgerblock hatte in­ "Erich, du kannst wiederkommen"). An­ gentum an Produktionsmitteln zu Herr­ haltich und zum Teil auch organisatorisch dererseits begann eine Bundesprogramm­ schaft über Menschen fUhrt, ist ihre demo­ zwei Jahrzehnte lang funktioniert; er hat­ kommission unter FederfUhrung Werner kratische Kontrolle durch Mitbestimmung te auch die SPD schließlich 1959 in ein Maihofers mit ihrer Arbeit. Zwar war sie geboten." bürgerliches ( Godesberger) · Programm ge- "freihändig" zusammengewürfelt, aber sie An diesem Punkt kam dann auch die 2;Wungen (die liberalen Studenten nann­ diskutierte grundsätzlich, Grundsätzli• entscheidende Entscheidung de.s Parteita­ ten es "das Programm des modernen Li­ ches. Taktiker, Taktierer, Linksliberale ges. Zwar waren überbetriebliche Vermö• beralismus"!). Die CDU/CSU hatte rechts und Radikaldemokraten berieten lange gensfonds - Grundvoraussetzung für jede ständig Mitglieder gewonnen, zusätzlich und zum Teil. langatmig. Zum Termin des demokratische Gesellschaft zur gesel1- nun also von der SPD gedrängt. · Bundesparteitages 1971 war deshalb auch schaftlichen Planung und zur Kontrolle Die neue Konstellation im Parteienwe­ nur ein Teil fertig. wirtschaftlicher Macht - befürwortet, sen ließ nun plötzlich rechts wieder Platz. Das Fertige aber hatte es in sich, denn aber nach der Erfindung der Leitenden Die NPD konnte sich breit mac;hen, sie hier war versucht worden, alle demokrati­ Angestellten als selbständiger Interessen­ tauchte in Parlamenten auf. Ein Teil der schen und freiheitlichen Errungenschaf­ gruppe im Betrieb durch die Union Lei­ FDP wollte ebenfalls diese Lücke wieder ten der deutschen Geschichte den Libera­ tender Angestellter (ULA) und FDP wur­ schließen: wirtschaftsorientiert, deutsch­ len zuzuschanzen und den Liberalismus de stundenlang um Mitbestimmungsmo- national - wie schon 1946 bei den FDP­ als Träger und Erben der Revolution dar­ . delle gefeilscht. Schließlich setzte sich mit Gründungen. zustellen. Von der Erkenntnis Rousseaus: einer Stimme Mehrheit die Gruppe um Es gab aber auch einen dritten Teil der "Der Mensch wird frei geboren, und über• den NRW-Wirtschaftsminister Riemer FDP, der sich aus unterschiedlichen Grün• all ist er in Ketten", bis zur Forderung durch. Die Unternehmer sollten die Herr­ den ftir eine Erneuerung der FDP durch der Französischen Revolution nach "Frei­ schaft im Betrieb behalten (wer war wohl Betonung liberal-demokratischer Traditio­ heit, Gleichheit, Brüderlichkeit" sollte al­ der damalige Jungdemokraten- und heuti­ nen einsetztt'l Pragmatiker einerseits - les liberal sein. "Freiheit in Gleichheit" ge FDP-Funktionär, der bei einem Früh• wie damals Scheel, Mischnick; Genscher stand als Parole. Mancher Liberale sah stückspils die Abstimmung verschlief?) -, die ·die Wende. der Jugend weg vom den Sozialismus 'winken. Die Aufbruchstimmung in der Partei etablierten Regierungsblock erkannt hat­ Die Einzelthemen der Freiburger The­ erhielt durch diese Abstimmung einen ten und den Anschluß an die Zukunft sen wichen daher vom Denken der alten Dämpfer; die Wirtschaftsbosse traten (und neue Fleischtröge) nicht verpassen FDP-Klientel auch stark ab. Grundtenor: nicht - wie angekündigt - aus, die libera­ wollten, und Vertreter des liberal-demo­ "Demokratisierung der Gesellschaft" mit len Demokraten gaben sich mit dem Er­ kratischen Bildungsbürgertums, Linke - dem durchgängig für Liberale massivsten reichten zufrieden, die Jungdemokraten gerade Jungdemokraten eingeschlossen-, Angriff auf ihre Identität: Abbau der kritisierten, waren aber mit ihrem eigenen die aus der FDP eine kleine, schlagkräfti• Vorrechte der Eigentümer an Produk­ neuen "antikapitalistischen" . Programm ge, fortschrittliche Partei machen wollten, tionsmitteln durch Änderung des. Erb­ weitgehend programmatisch gesättigt. eine Bürgerrechts-, Emanzipations-, Tabu­ rechts, Vermögensverteilung, Eigentums­ Die FDP hatte .mit den Freiburger knacker-{ "wir schaffen die alten Zöpfe bildung, betriebliche und überbetriebliche Thesen ein schönes progressives Ei gelegt, ab")-Partei. Mitbestimmung, Umweltschutz. ausgebrütet wurde es dann nicht und seit So viel war in der FDP noch nie über Unveränderbar ständige Aufgabe der der Wirtschaftskrise 1974 und dem Team Inhalte diskutiert worden wie zu dieser Liberalen müsse es sein, Fremdbestim­ Schmidt/G-enscher ist's vergessen, abge­ Zeit. Bekannte Professoren wie Werner mung, Anpassungsdruck, Unmündigkeit heftet, sonntagsredenverunziert, Papier. Maihofer, Ralf Dahrendorf, Ulrich Klug und Abhängigkeit aufzudecken und zu Und auch von Dahrendorf nicht mehr oder Jürgen Baumann machten hier plötz• bekämpfen, ein permanenter Prozeß der entgilbbar, obwohl es weiter liberale De­ lich mit. Man formulierte Anträge. Man Selbststeuerung und Selbsterneuerung mokraten in verschiedenen Parteien gibt. forderte ein Parteiprogramm, in dem die von Individuen und Gesellschaft sei das Dietmar W. Alt "Reichlich spät ... " dürfte der eine oder andere Leser zum Abdru~k des Fernsehkom­ mentars von Gerhard Zwerenz zur Verleihung des Goethe-Preises an Ernst jünger anmer­ ,,Ich ken. Die Redaktion der liberalen drucksachen hat sich dennoch dazu entschlossen, weil ma~ ja nicht weiß, ob nach dem 6. März. derartige "parteinehmende" Beiträge noch hassedie möglich sein werden. Abwegig ist diese Beffirchtung durchaus nicht, wenn man jüngste Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesinnenministerium, Cari­ Dietrich Spranger, ernst zu nehmen hat, Frieden und Freiheit seien "auch im lnnern Demokratie wichtig, aber da in erster Linie für die Normalen, nicht flir perverse Minderheiten, Terro­ 1Nie die risten, Verbrecher und Randgruppen". Pest'' Gerhard Zwerenz zur Verleihung des Goethe-Preises an Ernst Jünger

Der nette alte Herr, der dieses Jahr den Goethepreis konsumieren darf, be­ mängelt, daß man bei uns nicht sagen darf: "Ich bin ein Faschist." Sorgen hat der noble Mann! Etwa 20.000 Nazis, organisiert, sagen es uns mit Pistolen und Bomben. Das ist die al­ te Sprache Ernst Jüngers, und flir sein ehern ahumanes Lebenswerk wird er jetzt gefeiert. Wie paßt Goethes Weltbürgertum zur Nationalbrunst des Kriegsbarden, der schon vor Goebbels die totale Mobilma­ chung erfunden hat und der so schön Ja, sagt man, aber die Freiheit der flir seinen letzten Feldgottesdienst zu dichtete: "Ich hasse die Demokratie Kunst? Und der große, hohe Stil? Nun, mißbrauchen. Wer gibt ihm die Chance wie die Pest." Für so ein Wort kann heute wer nachliest, findet schale Artistik und dazu? Wohin verkommt diese Republik, einer seinen Beruf los werden. hohles Pathos, Menschenverachtung, ihren Geist aufgebend, den Feinden ap­ Er sei nur Seismograph gewesen, er­ Hohn auf Pluralismus und auf Minderhei­ plaudierend? Sollen wir also zurück in klärt der Kriegsfetischist, und der Frank­ tenrechte. Dazu ekstatisches Lob von die alten Feuerstellungen? furter Magistrat nickt fromm dazu. Blutdurst und Mordwut. Um nicht falsch Ich erinnere mich sehr gut und Kulturdezernent Hilmar Hoffmann, verstanden zu ·werden, Ernst Jü nger ist schmerzlich genau an meineteigenen Ju­ Gott sei seiner armen SPD-Seele gnädig, · persönlich ein ehrenwerter alter Herr, der gendjahre, als ich, jüngergläubig gemacht, ist für diesen Preisträger, und Herrn Fest, alle bürgerlichen Rechte und Freiheiten durch seine kriegsglorifizierenden Schwar­ Mitherausgeber der F AZ, der schon Hitler besitzt und genießt, er wird gelesen und ten, freiwillig zur Wehrmacht mich gemel­ zum psychologischen Einzelfall stilisierte belobigt. Mit dem Goethepreis aber wird det habe und in diesen Krieg mitgezogen und den Kongreß der Weißwäscher in Sa­ er zum Politikum. bin. Aber: Man springt nicht zweimal in chen Albert Speer leitete, ist auch dafür. Die Stadt Frankfurt vergibt diese ihre den gleichen Fluß. Sein Kompagnon wird die Festrede hal­ Prämie an ein Idol von vorvorgestern, das Welch eine Welt! Hunderte von Milliar­ ten. Klarer Fall. nichts und garnichts als allein das hohe den verpulvert für eine Rüstung, die uns Herr Fest hing vor wenigen Jahren Alter mit Goethe verbindet. Der mag sich alle zu vernichten droht, und da wird von dem Filmemacher Fassbinder das böse nun im Grabe umdrehen, und mit ihm die Politikern und beamteten, unfreien Kul­ Etikett des linksfaschistischen Antisemi­ unzähligen Kriegstoten, denen in jungen turgrößen ein Mann als Goethesches Vor­ . ten an, dem rechtsrevolutionären Rassi­ Jahren das Jüngersche Kriegspathos Herz bild ausgezeichnet, der den Krieg als Va­ sten Jünger aber schenkt er den Goethe­ und Gehirn vernebelte. Ein Sohn Jüngers ter l!ller Dinge frenetisch bejubelte und preis. fiel 1944 im Kriege. Ja, die Söhne sterben bejahte. Nun, Ernst Jünger war kein Hitler-Nazi vor den Vätern, wenn die Väter den Krieg· und nur mit Nazibarden und -flihrern be­ nicht verhindern. Wolfgang Weyrauch Kurt Tucholsky, für dessen Geburts­ freundet, er selbst, der Edelfaschist mit über Jünger: "barbarisch, mörderisch, zy­ haus diese Republik keinen Pfennig übrig der Seele aus Kruppstahl, verteidigte zu­ nisch." hat, beurteilte Ernst jünger, für den diese letzt noch als Volkssturrn-Hauptmann das Dürfen wir auf Einsicht, auf ein nur Republik immerhin 50.000 DM übrig Untergangsreich und sorgte dafür, daß geringes Schuldeingeständnis dieses hoch­ hat, 1930 mit den . Worten: " ... emisg, keine weißen Fahnen gehißt wurden. geehrten Stahlhelms hoffen? Nichts be­ betriebsam ... geistig dünn, unterernährt Welch ein Widerstandskämpfer! Künftig rechtigt leider dazu. und um so mehr von gestern, als er sich kann jeder Attentäter und Bombenleger Der größte intellektuelle Versager un­ von morgen zu sein gibt." vor Gericht mit passenden Zitaten dieses ter den deutschen Dichtern ist ungescheut Ernst Jü nger lebt, und Tucholsky Goethe-Preisträgers aufwarten. unbeugsam und willens, die Paulskirche mußte sterben. •

31 Wortkreuzungen

waagerecht: 22) den Grünen nicht grün 3 7) gab's früher für die Brüder und I) Schadensverfolger 23) hoher Kamm Schwestern 6) Lieblingskneipe der Parteien 25) Grußwort der FDP 38) Sindbads sagenhafter Vogel 15) ohne Verantwortung (Abk.) 26) bewußte Form der Enthaltsamkeit 41) geknechtete Frau 17) dem Fischer sine Fru (Kurzw.) 28) größte Ohn-Macht 44) Stoff, aus dem die Münzen sind 18) typische Abgeordnetentätigkeit 29) hier darf Brandt Sozialist sein (Abk.) 19) halten das Scrucksal in Händen 30) der Stoff, aus dem alles ist 46) Wenn das Kostüm flattert, ist's mit 20) anachronistisch: Autokennzeichen 33) Sonnenenergieträger der Ruhe dahin der Wiedertäuferhochburg 34) macht aus der Trennung eine Ent­ 48) Hannoveraner Oberhirte 21) Stützpunkt portugiesischer Pfeffer­ scheidung 49) Qualitätsbegriff für die künftige Re- säcke 35) Auffangloch eines alten Umfallers gierung SI) göttlicher Zustand 53) an ihm hängt doch alles (frz.) I 2 3 4 s 6 7 8 9 10 II 12 13 14 IS 16 54) Schwanenliebhaberin 56) Vorstände haben sie 17 18 57) amerikanisches Rindvieh wäre eine unanständige Umschreibung 19 20 21 22 58) aus ihr wächst stets das Positive 60) atomar bestückte Siegesgöttin 23 24 25 2~ 27 28 62) tropischer Laubbaum in deutschen Wohnungen 29 30 31 32 33 34 65) elementares Metall (Abk.) 66) Randfigur der Suhrkamp-Kultur 35 36 37 38 39 40 41 42 43 67) birnenähnliches Gemüse 68) theoretische Parlamentsgewalt 44 45 46 47 48 49 so 70) subtraruerendes Verhältniswort 73) der Filmstern hat seinen Zenit schon SI 52 53 54 ss. 56 überschritten (Vorname) 75) aromatisches Geflügelprodukt 51 58 59 60 61 77) semantisches Bindemittel 78) stählt das Eisen (Abk.) 62 63 64 65 66 67 79) Manipulationsobjekt in der Schönen Neuen Welt 68 69- . 70 71 72 80) bald Batteriebewohner 82) lediglich ein Wort 73 74 75 76 77 78 83) 28) waagerecht regional (Abk.) 84) rezitierende Bildungsbürger heben 79 80 81 82 83 ihn hervor (Plural) 87) Untergrundwohnung 84 85 86 87 88 89 90 91 . 92 93) seltenes Sündervorwort ' 94) Wüstenkapitale abseits der Öltürme 93 94 95 96 96) leuchtet über Arabien 97) hört man in Skandinavien öfter 97 98 98) künftiger Wirkungskreis eines Außen• minsters...... senkrecht: 27) Matthäus, v. Schöler und Verheugen 69) bringt verbrauchtes Blut sofort zu­ 1) da laß dich nicht nieder blieb sie erspart rück 2) linker Vertriebenenverband 31) Feierabend-Bombenbastler (Abk.) 71) Gebiet, wo Ärzte Geld aus der Nase 3) erhellende Birne 32) Goethes König ziehen (Abk.) 4) Sonnentau und Kraken haben,sie ge­ 36) unadeliger feiner Pinkel 72) geistig-moralischer Erneuerungsrheto- meinsam (Dativ Plural) 39) fließt durch funkende Galopperstadt riker 5) Heimat derer, die vom Applaus zu le- 40) anständiger britischer Wechsel 74) Rotwildbeschäftigung ben vorgeben 42) würgt todsicher 76) gebirgiges Studienfach (i = j) 6) geflügelter Bundespräsident 43) ritterliches Umbringen 78) je nach Betonung Stimme oder Stim­ 7) männerdiskriminierender Beruf 45) Erfinder (pl.) modernen Haarschnitts mung 8) britischer Südatlantiksarg (eng!. Abk) 47) italienischer Kreuzworträtselfluß 8 I) verteidigte Arbeiter im Arbeiter-·und 9) bausteinhafte Kindheitserinnerung SO) ihr Lebenszweck: Borstenvieh und Bauernstaat 10) lernte mit den Bildern laufen (Nach­ Schweinespeck 85) antipodischer Vogel name) 52) FDP-Forderung an andere 86) verhärtetes Element 11) japanisches Potenzmittel Heinrich 55) ft.ir manchen schwer zu findende Ver­ 88) abgekürzte Freiheit Lübckes bindung (Plural) 89) geologisch gesehen, ein Zwischentief 12) Opfer Adenaueeschen Freiheitvers- 57) Mädchen, das Anrufe hört, ohne auf 90) Adria-Eiland mit Vogel-Assoziation ständnisses seinen Ruf zu achten 91) energiefressendes Modemetall 13) Hilfsmittel der Berechenbarkeit 59) mit tütü in den Tod (Kurzwort) 14) heißer Faden 61) katholisch gesehen, ein Zweckbünd- 92) weiblicher Präsidentenspitzname 15) FDP-Kampfgruppe nis auf Ewigkeit 95) Luther machte sich daranzuschaffen 16) Held oder Verräter, je nach Standort 63) besorgt es anderen (Abk.) 24) Südamerikanische Flußmetropole 64) Falschspielermetall 26). süße Arbeiterin im Matriarchat 65) halbe Krimiserie

32 Liebe Leserinnen, Liebe Leser

Wieder einmal erst auf den letzten Drücker erscheint die Februar-Ausgabe unserer Zeit­ schrift. ln den nächsten Monaten wollen wir etwas aufholen and mit dem Erscheinungs­ datum in die Mitte des Monats rücken. Diesmal war es nicht nur bequem sondern auch verlockend, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes abzuwarten. Hanspeter Knirsch, der die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes als Mitherausgeber der liberalen druck­ sächen kommentiert, hat Glück gehabt. Er hatte bis in den Januar hinein eine tausend­ Mark Wette angeboten, daß am 6. März keine Wahlen stattfinden. Niemand war darauf eingegangen. Bei unserer Suche nach neuen Gesellschaftern für die Drucksachen GmbH sind wir erst einige tausend Mark vorangekommen. Es wäre für die nun finanziell arg gerupften Jung­ demokraten schön, wenn die bisherigen Gesellschafter dort ihr Geld zur Verfügung stellen · könnten. Beteiligungen sind also nach wie vor gefragt. IMPRESSUM Der Beitrag von Marianne Hochgeschurz in der Januar-Ausgabe, mit dem sie für die SPD Herausgeber: warb und sich skeptisch über die Notwendigkeit der Liberalen Demokraten äußerte, hat Drucksachen-Verlagsgesellschaft mbH, viele Reaktionen und auch erfreulich viele Leserbriefe gebracht. Elbestr. 30, 4630 Bochum Wir hoffen, dies bleibt so. Wichtig für uns wäre auch eine Leserreaktion auf unseren Herausgeberbeirat: Versuch, ein Thema etwas ausführlich zu behandeln, wie dies in dieser Ausgabe mit dem Wil/iam Borm, Hinrich Enderlein, Sibylle Bereich "Neue Medien" geschieht. Engel, Friedrich Hö/scher, Hanspeter Der Frauenanteil in unserer Redaktion konnte um 100 Prozent gesteigert 'werden. Als Knirsch, Jürgen Koppe/in, Wolfgang Lü· neues Redaktionsmitglied arbeitet nun Heidrun Schmidt mit. Sie hat in den vergangenen der, Werner Lutz, Ingrid Matthäus· Jahren im Thomas-Dehler-Haus gearbeitet und war zwischenzeitlich Mitarbeiterfn'im Büro Maier, Christoph Strässer, Theo Schiller, von He/ga Schuchardt. · He/ga Schuchardt. Für die nächste Ausgabe haben wir uns etwas Neues ausgedacht: Es besteht die Mög­ Redaktion: Jürgen Bolz, Martin Budich, Wolfgang lichkeit, "Kieinanzeigen" aufzugeben. Pro Zeile verlangen wir 3,- DM. Natürlich suchen Froese, Marianne Hochgeschurz, Michael wir auch nach wie vor große Anzeigenaufträge. Die ganze Seite kostet 500,- DM. An­ K/eff. Dieter Noth {verantwortlich), Hei· zeigen- und Redaktionsschluß für die nächste Ausgabe ist der 10. März. Unser Lieblings­ drun Schmit(, Michael Staack. bericht in der März-Ausgabe wäre eine Bilanz der zu Ende gehenden Kohl-Ara. Redaktionsanschnft: ln diesem Sinne Elbestr. 30, 4630 Bochum Ihre "drucksachen "-Macher Tel. {0234)502197 Anzeigen und Vertrieb: Heiko Me/eher Abo-Bedingungen: Einzelheft 3,50 DM. Für ein Abonnement über 1/4 Jahr sind 10,50 DM zu zahlen, Diejenigen Leser-innen, die das Kreuzworträtsel auf der ge­ für 1/2 Jahr 21 DM und für ein Jahr 42,· DM. genüberliegenden Seite gelöst haben, können auf kleine In dem Preis ist die gesetzliche Mehrwert­ Gewinne hoffe11. Die Buchstaben in den grauen Feldern steuer enthalten. müssen nur so sortiert werden, daß sie einen Begriff erge­ Druck· und Tite/satz: ben. Der zweite und zehnte Buchstabe sollte jeweils ein 'e' Druckerei Hartmann, Ahaus sein. Neben etlichen Buchpreisen wird unter den richtigen Auflage: 6.000 Einsendungen auch eine Graphikmappe von Hcidrun Fotonachweis: dpa, Me/eher, Schmitt Schmitt verlost. Einsendeschluß: 10. März I 983. Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 1 Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt .die Meinung der Redak· tion wieder.

_._.__·••••••••••·------~ r---·-····---······-·-·-·-····-·-·-·-···--·-·--·...... -- ,----...... Einsenden an: drucksachen-Verlags-GmbH (iG), Elbestr. 30,463 Bochum Ich möchte die liberalen drucksachen abonnieren. Den Abo-Preis bezahle ich vierteljährig 0 halbjährig 0 ganzjährig 0 10,50 21,00 42,00 DM

0 Das Geld habe ich auf das Postscheckkonto Volker Perthes, 23934-431, beim Post­ scheckamt Essen, BLZ 360 100 43 überwiesen. I 'i 0 Ein Verrechnungsscheck liegt bei I I ~ Name ...... : ...... i Anschrift ...... , ...... 02/83 I =------·------f

33 personelles

Stimme eines LD-Mitglieds auf dem An· rufbeantworter des stellvertretenden Liberale Spuren F DP-Bundesvorsitzenden? Unmöglich! David Alton, liberaler Unterhausabge­ Schnell beschwerte man sich angesichts ordneter aus Liverpool, sorgte auf der dieses unhaltbaren Zustandes. letzten Sitzung des Exekutivkommittees Jetzt kann man als FDP-Mitglied wie­ der Liberalen Internationale Ende Januar der beruhigt das Büro von Gerhart Baum in Bonn für Aufregung. Der Brite, der anrufen: Eine freundliche Damenstimme schon auf dem Bochumer Gründungskon• offeriert nun die Dienste des Anrufbeant­ greß den Liberalen Demokraten seine Un­ worters. Hoffentlich hat sich noch nicht terstützung zugesagt hatte, betrat den LI­ herumgesprochen, daß auch diese Mitar­ Sitzungssaal mit einem deutlich sichtba­ beiterin bereits im vergangenen Jahr die ren LD-Button. FDP verlassen hat :.. · Auch an dem englischen Parteiführer David Steel schien ein (inoffizielles) Abendessen mit dem LD-Bundesvorsit­ Präses Schuchardt zenden Ulrich Krüger nicht spurlos vorbei Verrechnet Mit Helga Schuchardt ist die politische gegangen zu sein: Nach Auskunft von Ge­ Gerhart Baum dürfte, selbst wenn man die Exekutive in unserer Republik um eine sprächsteill')ehmern habe er nicht mehr für die FDP optimistischsten Hochrech­ Frau bereichert worden: Am 2. Februar von "my dear friend Hans-Dietrich", son­ nungen zu Grunde legt, nicht mehr dem 1983 gewählt, trat sie schon tags.darauf dern nur noch von "the Ieader of the ger­ nächsten Bundestag angehören. Der in vie­ ihr neues Amt in der Hamburger SPD· man liberal party" gesprochen. len Veröffentlichungen erweckte Eindruck, Landesregierung an; ihr neuer Titel: Prä• daß Sein Platz neun auf der NRW - Lan­ ses der Kulturbehörde, Senatorin Helga desliste ausreicht, wenn die FDP die Fünf• Schuchardt. Nützliches Material Prozent-Hürde schafft, ist falsch. Nur die Dieses Amt entspricht etwa dem, was ersten sieben Plätze können als sicher gel­ in Flächenstaaten Kultusminister heißt; . Günter Verheugen hat noch als Gene­ ten. Wenn die Grünen ebenfalls in den Bun­ in Harnburg wird die Zuständigkeit aller­ ralsekret~r der FDP ein ·interessantes destag kommen sollten, sind ca. 6,5 Pro- dings auf den eigentlich kulturellen Be­ Buch veröffentlicht:. "Eine Zukunft für reich (Kunst, Theater, Oper, Konzert, Deutschland". Auf 12.60 Seiten entwirft Literatur etc.) begrenzt, für Schule und er darin ein Zukunftsbild unserer Gesell­ Hochschule gibt es jeweils eigene Senatq­ schaft,- das von einem politischen Kon­ ren. zept aus liberaler Sicht geprägt sein soll. Hatte sie während ihrer .rund zehnjäh• Das Buch gibt eine Menge nützliches Ma­ rigen Bundestagszugehörigkeit in guten terial für die liberale Programmdiskussion Zeiten zwei Mitarbeiterinnen, so ist sie her. Ebenso wie der offizielle Autor Ver­ nun auf einen Schlag Chefin von 3.000 beugen gehören auch einige der Ghostwri­ Mitarbeiter(innen) geworden. Einbezo­ ter dieses lesenswerten Werkes mittlerwei­ gen sind dabei allerdings auch die Ange­ le nicht mehr der FDP an. Das Buch kann zent nötig, um in N RW neun der 142 Abge­ stellten ·der "nachgeordneten Institutio­ angefordert werden bei: Bundeszentrale ordneten zu stellen. nen", wie z.B. der Staatsoper. für politische Bildung, Berliner Freiheit 7, Sollten beide kleine Parteien das Wahlziel Von ihrem ebenfalls parteilosen Wis­ 5300 Bonn. Bundestag erreichen, wird es auch für ln­ senschafts-Senator Kollegen unterscheide grid Matthäus-Maier knapp. Bei den Sozial­ sie sich dadurch, daß sie sich nach wie vor demokraten sind allerdings Prognosen als Liberale fühle und auch ausdrücklich Stimmwechsel schwieriger, weil hier die Zahl der Direkt­ als Liberale in den HamburgerSPD-Senat "Hier ist das Büro des Bundestagsabge­ mandate wesentlich darüber entscheidet, eingetreten sei, betont Helga Schuchardt. ordneten Gerhart Baum. Leider ist das ob ihr Platz 32 ausreicht. Daß die Schleswig-Holsteinische FDP Büro zur Zeit nicht besetzt, aber unser nun doch von ihrer ursprünglich eindeuti­ mechanischer Freund ist gerne bereit, ei­ gen Abgrenzung gegenüber der Bundes­ ne Nachricht von Ihnen aufzunehmen ... " Neuer Verein FDP abweicht, mag der neuen Hamburger Jedem Anrufer, der außerhalb der Hanspeter Knirsch, Vorsitzender der Libe­ Senatorin willkommener Anlaß gewesen Diimstzeiten Baums Büro zu erreichen ralen Fraktion im Rat der Stadt Bochum, sein, ("sie arbeitet sich von morgens früh suchte, hat eine Stimme auf dem auto­ wurde am Rande eines kommunalpoliti­ bis in die tiefe Nacht in ihre neue Aufga­ matischen Anrufbeantworter diese Mittei­ schen Kongresses der Liberalen Demokra­ be ein", so Ehemann Wolfgang Schu­ lung gemacht. Eigentlich etwas Alltägli• ten zum Vorsitzenden des Vereins 'Liberale chardt), den ehemaligen Parteifreunden ches auf der Bonner Abgeordnetenszene, · Kommunalpolitiker' gewählt. Hierin sollen die angekündigte Wahlkampfunterstüt• sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Ei­ sich 'die Mandatsträger der Liberalen Demo­ zung zu versagen. nige besonders pfiffige FDP-Anrufer stell­ kraten organisieren. Die knapp hundert Ihre liberale Eingebundenheit will Hel­ ten fest, daß es sich bei der Stimme um Teilnehmer der Konferenz erarbeiteten in ga Schuchardt auch in Zukunft durch ihr die von Baums langjährigen Bundestags­ mehreren Arbeitskreisen Diskussionspa­ Engagement in den Liberalen Vereinigun­ mitarbeiter Michael Kleff handelte. Und piere, die das Gerüst für ein kommunalpoli­ gen sicherstellen. So lange es zeitlich mit dieser hat ja nun bekanntermaßen die tisches Programm der Liberalen Demokra­ ihrer neuen Aufgabe vereinbar sein wird, FDP im vergangenen Jahr verlassen und ten bilden sollen. Die Diskussionsergebnisse wolle sie gerne den Bundesvorsitz der Li­ gehÖrt zu den Gründungsmitgliedern werden voraussichtlich in wenigen Wochen beralen Vereini~ungen beibehalten. der Liberalen Demokraten. Also die als Broschüre veröffentlicht.

34 der- die- das -letzte

Die Auswahl fie l uns schwer, brachte der Bundestagswahlkampf doch verstärkt Bitten um Berücksichtigung auf dieser letzten Seite mit sich. Auch der FDP-Parteirag, de r sich als Kol­ lektiv beworben hatte, als er gleich zwei­ mal abstimmen mußte, bis es ihm gelang, sich der Jungdemokraten zu entledigen und die Jungen liberalen an Kindes statt anzunehmen, mußte schließlich einem '!Vichtigeren Ka ndidaten zum Opfer fallen, der sich auf den letzten Drücker meldete: das Letzte Gericht

Als Tag der Ernüchterung kam der und den niemand mehr kontrolliert. nicht ohne Vorschläge vorzugeben, die Aschermittwoch politisch wohl nur fur Und wer sollte in Deutschland dazu selbst der damaligen CDU-Opposition diejenigen Abgeordneten (vor allem der eher geeignet sein als - Juristen? (die sich zumindest nach den Buchstaben FDP), die gern noch länger auf Staats· Tatsächlich geht nichts mehr, wenn der Verfassung richtete) allein nicht in kosten Politik machen wollen und doch sie gesprochen haben. Und sie sprechen den Sinn gekommen wäre. Die Spätfolgen wissen, daß dies nach Neuwahlen nicht häufig und häufig so, daß deutlich wird, des Urteils, den Bruch des Grundgesetzar­ mehr möglich sein wird. Politische Beo­ wem sie dienen. Meist dann, wenn sie tikels 12a durch das Geißler-Stoiber• bachter konnten ernsthaft nicht erwar­ Entscheidungen, denen man ihr demo­ Schwätzer-K DV-Recht, hat der Bundestag ten, daß das Bundesverfassungsgericht kratisches Zustandekommen geradezu jüngst verabschiedet. die Koalition aus CDU-Kanzler, zwei anmerkt, höchstrichterlich verwerfen. Aber gottgleich bleiben die Verfas­ ihm das Vertrauen erbeten entziehenden · Wenn sie wieder einmal dafür sorgen, sungsrichter nicht national beschränkt. Fraktionen und dem CDU-Bundespräsi• daß sich an verkrusteten Zuständen Mit dem Urteil zum Grundlagenvertrag denten desavouieren würde. Wer dennoch nichts ändert, daß die Ideologien der setzten sie auch internationales Recht; er· allen Ernstes überzeugt war, weil es sich alten Mächte dem Zugriff im Auftrag klärten sie doch, verbindlich für Bundes· bei dem von Kohl und Konsorten gewähl­ einer möglicherweise falsch abstim­ regierung und Bundestag, was es etwa mit ten Neuwahlverfahren um eine Reihe menden Wahlbevölkerung handelnder der Grenze zwischen BRD und DDR auf von hintereinandergeschalteten Verfas­ Parteien entzogen werden. sich habe, daß sie nämlich nicht mehr be­ sungsbrüchen handelte, müsse das dem Und die Parteien sind flir ihren Miß• deute als die zwischen Bayern und Baden· Grundgesetz verpfiichtete Gericht dies erfolg bei der Umsetzung des Wähler­ Württemberg. auch filr verfassungwidrig erklären, willens dann nicht einmal zur Verant­ So hat das Bundesverfassungsgericht täuschte sich über die Funktion der sorg­ wortung zu ziehen, was sich bisweilen wiederholt gezeigt, daß es Bereiche gibt, sam ausgewählten rotberobten Juristen. glücklich fügt. die demokratisch nicht angetastet wer­ Etwas Gottgleiches haftet ihnen an. So ist es, dank Bundesverfassungsge­ den sollen. Mit dem Geist der Verfassung Wohl sind sie empirisch nachweisbare richt, in dieser Republik unmöglich, den haben solche Entscheidungen weniger zu Größen; sind auch mit reiner Ideologie­ unseligen § 218 abzuschaffen oder in ei· tun als mit den politischen Machtverhält• kritik zum Verschwinden nicht zu brin­ ner Weise zu reformieren, die demokra­ nissen, die diese Leute zu ihren roten Ro­ gen. Was sie mit Ihm vergleichbar macht, tisch, das heißt den Bedürfnissen der ben gebracht haben. Und zu entscheiden, ist, daß ihr Gericht das Letzte ist und 1\:lehrheit der Bevölkerung entsprechend daß dieser Bundeskanzler (und dazu die­ nichts mehr dagegen zu unternehmen. wäre. Die Moral der Kirchen und ihrer ser) und der Bundespräsident (für den das Auch gilt es, an sie zu glauben, zumin ­ Partei wurde 1975 durch Spruch des Ver· gleiche gilt) die Verfassung gebrochen dest an die Unbezweifelbarkeit ihrer Be­ fassungsgerichts zur Staatsmoral erklärt, hätten, das ging nun ·wirk.lich nicht. Wenn schlüsse, und schließli ch brauchen wir oder, wenn wir so wollen, zum "Geist der der hilfreiche Mohr FDP darüber stol­ doch - nachdem wir erst den Papst und Verfassung". Auch als 1977 die soziallibe­ pert, sei es drum, dessen Politik läßt sich später auch den weltlichen Kaiser aus rale Koalition versuchte, mit der Wehr­ auch mit einer CDU-AIIeinregierung um­ geschriebenen und ungeschriebenen deut­ pflichtnovelle die Benachteiligung der setzen. Über den Sorgen eines Herrn schen Verfassungen als Instanz des Letz­ Kriegsdienstverweigerer abzuschaffen, er­ Genscher, was er nach dem 6. März beruf­ ten verbannt haben - noch jemanden, klärte das Letzte Gericht, daß solches lich anfangen soll, steht der Geist der Ver· der zuletzt dann doch entscheidet, - nicht anginge und verwarf die Reform, fassu.ng nun wirklich.

35 ELZ ELZ edition 1001 1002 liberales zentrum köln Im RaJam. der Arbeit de. LiteraJen Zenlnlma Köla enc:beillen in der ~ "edllion" ill """'"•lmiliilm Ahatinden Lancspielplat· DM 18.- ~--~--~--' tm, Brotc:hiiren, Bidler und Plabt~ von Ktkaatletn uml Autoren, die Karl·H.. inz lltnae I Lif'd4-r aus Konrllll Beikireher llill(t H.C. Art· einmal iD den Blumen dea politilch·bltureUen Ouba auf&etreten eigenes- Srhtelbe - Die J"relhelt mann " med ana !IChwoazall lind. Dabei handele et lidl um Produktionen mit &eringc:r,limitierter im Stur, d ic ~erl o ren zu lhrn dlnbl" - auf die- Platte stellt Allfllce, die 1m IIaneiei nicht rilltlkh lind. Die "~ition liberalel droht, weil der Matcreahsmus, dl5 der Liedermacher Beikin:her, eut ~ k61n" 111 der Vertuch, 10zlale, lwlturdle uml politilche Duckmiusenum und Karrlereden• Sadtiroler uncl Wahlbonner, eine KOIDIIIUnibtion nicht nur verbal zu beec:hwiiren, IOndem &ende ken Immer mehr zunehmen · das Auswahl aus seinen Vertonunaen tok:hen Kiludem und Autoren dn fo"orum zu bietm, die ihre kul­ ist das Generalthema der Plane. von Texten des Lyriken H.C. Art· turellea Aktivititen neben ihrem Ben..Caalltac entwickeln. Du LZ Dabei kam etwas unv~rwtc:hselbar mann vor. Ein ''MuG" (IIJ" die Mu· Eiaenes heraus • pqlitlsehe und sikfreunde, die ein Faible fiir den l(llt lhnm tomh die Mö,lkJtk~it, Iid! eiMm arö6eren PublikiiiD .or­ phUoJOphtsche ReOexlon, Satirt Schwarzen Wi.,ner Humor haben. zaetellen. Die billher in der "todition" ~hitMn Platten bP'. Bücher und Sltuallon$komlk 10wie aub· könnea Sie aalt dem Coupon be.tf'•en. Sie unteratiitzm damit die jeklive f mpOndunacn der Weh· politiac:he und kulturelle A.-Mit der Liberalen ZmtNG.. mutund des " l rurta" E~ EU ELZ ELZ 1003 1~ 1005/6 1007

DM20.­ DM 18,- DM30.- DM 18.­ lt'4Ut 11• tf-rJ 111 Mcrry Go R.ouml I Booc II - Semmel& Hot Shot's I HeDo Cernot l'OII Baer & Karl ll.,lnt lleinz·Peter KaU•waki bi~t Die dreikoprlle Gruppe "Merry Everybody - Ob's nun New· Henae I DemokratiKhe Lieder - kl!lleder und Balladen aus Schott· Go Round" prllelntlert •uf "Booc Orluns·Jaz:r mit Swing-Einsc:btaa Gedanklicher Au11anaspunkt fUr land - Heinz-Peter Katlewtkl lt" ein Feuerwerk von ltkonnltn llit - daruber läßt sich streiten. diese Doppd LP til die Oberzeu­ sammelt und linSt ln seiner Frei­ Gesanpdarbletunaen Im Stil auJo Woruber sich nicht streiten läßt, auna. dal.\ He!Tkhaft - in welcher zelt traditionelk scbotti..sche Bel­ leklüaelter dreistemm~~r Vokal 1ft die Bombenstimmuna, die Form lUch lnsma - Sache dea laden und Volkslieder. Oie Schall· nummem der Sw~~~&·Äu, naeh Semmel's Hot Shots während Volkes bt. Und daß dwse Ober· pbtle dokumenhen seinen Aus­ dem Vorbild der Müls llrothen ihrer Auftritte becleitet. Das Er­ zeusuna länau kdn Allgemelllaut Jcllnitt aus ~einem umflltlrtichen uncl zwei ironiiiCh aufachachte folpa~heimnil der Gruppe; Spaß ist - fast 10 wonlc, wie no es im liederrepertoire. Der Titel "Fain deutsche Schnulzen - 11111 Ohren· und Spontaneitat beun Spielen 19. Jahrhundert war. Desbalb llnd would be ln the Nortb Country" schmaus fiir Freund• von Mulik, ihrer heißen Rhythmen. histomehe und aktudlc Lieder Ist eine liebeserkliruna aD Sehot· die Spaß m&eht. mireUlander verbunden worden - land - an du Land, die Leute in T e&t und Muill:. und die Gucbichte. ---r:-. .. ,.. ~ .,.."...".. ~----:==~=.-----~

DM 5,- ~ --::'E J DM5,· DM7.­ DM8,­ llermann WalmaM I Gedichte Hf'lnz Peter Katlewaki I Come all Kiaus Han.aen & Arnold Sdlmle· Kari-Helnz Hense I Texte - und 1'r011 - Hermann Wallmann yf' Trampt an Hawken - Oie S4· der I Uunwt anadal der Zweifel, Kart-Heinz Hense bat in der 95· wurde 1111 l S. Min 1948 ln seltlit' Broschüre entbilt neben dir< Vl'l"&w.,iilunc kaputt - Klaut aeitl&en Broschüre mit viel Erzähl· Rboine aeboren. Er lat Lehrer und den schollheben Originalversio­ Hanacn und Amold Seilmieder IC talent und Gestaltungslcrafr in den lebt in Münater. Der Band enthUt nen zahlreicher Volkslieder und hören dem Autorensyndikat • Kapiteln "Monster", "Eine Kno· "Naturaedic:hte", "eher ONenl· 8»11aden auch die deutseben ''Fiieaender Robert" an. "I' IW,en· belrunde", "Tagträume", "Hense· liehe Gedieh te", Gedichte tur Obcrsouunaen und kurze Er· der Robert'' i.tt eln Onl•erlaa: er Ieien" und "Erbanlagen" wie auf "Kommunikation' ', Gedlchlfl tu llutuunaen. verteat srlne Tute, Indem die aelner Platte etwas Eice~~ea se· po­ "Spr~~eha und Literatur" und Pro· Autoren ale ''Ortraaen Oie 78· schaffen. Auc:b bier herneben ... ~eitile Brotchiire mit Gedichten litische und phllosophiscbt Ober· und Prosa bt lU mit eine elnmiiiJae lcfUnfOn vor, ohne daß Satire und Ausnahme. persöoltebe Empflndun&en ver· Dlrh laaict wiltdeJl. )<'----. COUPON --~ ...... An daa ,,Libetak Zentnun•• -- Rooostr. 69 SOOOKöln l Hiemüt besteHe idt fotreale Artikel: DM7.00 DM7,­ ~ Fabiaa /lha'n kaan Wemer LanabWih f T~ebudl Zu ckn Themen der "Demokra· ick'a ja lllllll - Du ist die Oe einec l_.lleiterlf'fl Reimkehr - tildleb Litod~r" palit ein von dem viM dea Gemiiaehindlen Wllli Werner Lanlbuftlh Jt&mml aus BoMer Künatler Bernlta.rd Pawel Nattu•lt ln dea Berliner Ge­ Berlln und mu6te 1933 emiarie· Wotdte.k &e.talt~t.,t Plakat f.U aehkhten von Anne-Narie Fablan. rtlt. Ab Wanderer zwischen drei einem airtueDen Text von Karl· N~e:. ______Mauuaek tlbeqibt m!t Hlnem Spra~;h wellen sehrleb er neben lleint. Hen~e: "So mancher Staat Obet und Jemllle Joinen Kunden deutschen auch schwediSche 11nd Anlcluift: zualalch RauchiMac f\lr deren wer· enalitc:h• 8Ucher. Bekannt wurde Wh lieb eine aerectlle Ordnunc ten Lebenslauf. Er Ist unermlld er auch durch die LiebeJteSCbich· waa kollen. Zum O..bpltl dit ------lieb in der WiedetJabe VOR Ge• t• in den Briefen an " Dear Freilaelt der Bifrler." IChk:hten aus seinem Leben, aus Doosle> " der Politik, Minen f.rlebnilson.