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Mit Micky und Donald Geschichte lernen Geschichteunterricht unter Verwendung von Comics der Lustigen Taschenbuch-Reihe von Walt Disney

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von Florian PIRKER

am Institut für Geschichte Begutachter: Mag. Dr. phil. Marschnig

Graz, 2021 Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre hiermit ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet und die den benützten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Graz, April 2021

Danksagung

Danken möchte ich Herrn Mag. Dr.phil. Marschnig für die Betreuung der Diplomarbeit und Herrn Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr.phil. Reisinger für die zwischenzeitliche Übernahme dieser Betreuung. Die pandemischen Umstände haben für alle die natürlichen Vorgänge und Abläufe ein wenig erschwert, weswegen ich speziell dankbar für das elektronische Entgegenkommen während dieser Zeit bin. Besonderer Dank gebührt meinen Eltern: Hans und Evelin Unterweger. Ihre Unterstützung in jedweder Art und Weise hat es mir ermöglicht, meinen Weg schlussendlich doch noch zu einem Studienabschluss zu finden und damit in ein Berufsleben einzusteigen, das ich wirklich gerne bestreite und in dem ich mich wohl fühle. Ich möchte auch Erika Fuchs und Walter Elias Disney danken. Ihnen verdanke ich die Grundlage meiner Diplomarbeit und viele schöne Lesestunden, die mein Leben bereichert haben und auch noch weiter bereichern werden. Abschließend möchte ich meiner Frau Anna danken, dass sie mich unterstützt und bestärkt hat und immer an meiner Seite ist.

Inhalt 1. Vorwort ...... 1 2. Einleitung ...... 2 3. Begriffserklärung und Entwicklung des Comics international ...... 6 3.1. Begriffserklärung ...... 7 3.2. Aufbau und Funktion ...... 8 3.2.1. Bild ...... 9 3.2.2. Text ...... 10 3.2.3. Symbol ...... 11 3.2.4. Panel ...... 12 3.2.5. Habitus ...... 13 3.2.6. Hiatus ...... 13 3.2.7. Sequenz ...... 14 3.3. Von Höhlenmalereien bis Bildgeschichten – Geschichte ...... 15 3.4. Comic heute – Kultur, Industrie, Varianten und Bedeutung für die Gesellschaft ...... 18 4. Lustige Taschenbücher – Micky Maus und Donald Duck ...... 19 4.1. Disney ...... 20 4.2. Walt Disney – Es begann mit einer Maus … ...... 20 4.2.1. Walter Disney, Ub Iwerks und Oswald the Lucky Rabbit ...... 21 4.2.2. Kapitalismus, Moral und Animationsfilme ...... 22 4.2.3. Walters Tod und Vermächtnis ...... 25 4.3. Ente und Maus ...... 25 4.3.1. Micky Maus ...... 26 4.3.2. Donald Duck ...... 28 4.4. Aus Duckburg wird Entenhausen – Erika Fuchs ...... 29 4.5. Lustige Taschenbücher und ihre Beschäftigung mit Wissenschaft, Literatur und Pädagogik33 4.6. Sonderreihe: LTB History ...... 36 4.6.1. LTB HISTORY 1 – Geheimnisse der Frühgeschichte ...... 37 4.6.2. LTB HISTORY 2 – Abenteuer der Antike ...... 38 4.6.3. LTB HISTORY 3 – Gefahren im Mittelalter ...... 40 4.6.4. LTB HISTORY 4 – Geschichten der Renaissance ...... 41 4.6.5. LTB HISTORY 5 – Reisen in die Neue Welt ...... 43 4.6.6. LTB HISTORY 6 – Ereignisse der Moderne ...... 44 5. Geschichteunterricht mit Comics ...... 46 5.1. Geschichtsdidaktische Grundlagen ...... 46 5.2. Der Wert des Bildes – Graphisches Erzählen ...... 51 5.3. Comic als Medium historischen Lernens ...... 56 5.4. Bearbeitung von Comics im Unterricht - Beispiele ...... 62 5.5. SchülerInnen erschaffen Comics ...... 65 6. Empirischer Versuch zum Unterricht ...... 66 6.1. Vorstellung des Unterrichtsmaterials...... 67 6.2. Durchführung der Einheiten ...... 68 6.2.1. NMS ...... 68 6.2.2. AHS ...... 69 6.3. Auswertung des Fragebogens und des Tests ...... 69 6.4. Vergleich NMS und AHS-Klasse ...... 72 6.5. Fazit zum Unterrichtsversuch ...... 73 7. Schlussbemerkung ...... 73 8. Literaturverzeichnis ...... 77 8.1. Primärliteratur ...... 77 8.2. Sekundärliteratur ...... 77 8.3. In Zitaten erwähnte Literatur ...... 83 8.4. Online Quellen ...... 83 8.5. Abbildungen ...... 85 8.6. Erwähnte Comics in Kapitel 5.4...... 85 9. Anhang...... 86

1. Vorwort Warum schreibe ich diese Arbeit? Einerseits bin ich selbst durch Comics und fantastische Literatur stark beeinflusst worden und lese/schreibe/zeichne immer noch gerne. Bereits meine Familie las die Lustigen Taschenbücher1 aus dem Hause Disney und wir hatten immer eine regelrechte (aber keinesfalls geordnete oder gesammelte) Masse an LTB-Comics zu Hause. Mein Vater las sogar kurz vor der Geburt meines kleinen Bruders in einem LTB. LTBs, und speziell die Themen, welche in diesen angerissen/angesprochen wurden, waren für mich als Kind und Jugendlicher immer wieder Anreiz zu eigener Recherche und Fragen zu wichtigen Themen wie Geld, Umwelt, Gesellschaft, Geschichte und zahlreichen anderen. Außerdem war die Aufbereitung in Bild und Text mit überschaubaren Handlungslängen und Szenensprüngen nicht überfordernd und sowohl anregend als auch entspannend. Andererseits habe ich in meinen Praktika beobachten können, dass auch die heutige Generation noch gerne Comics, teilweise auch mittlerweile Graphic Novels, liest und diese nicht nur privat, sondern auch in der Schule, beispielsweise in Pausen oder als Entspannungsbelohnung während des Unterrichts (wenn sie besonders schnell oder effektiv gearbeitet haben), konsumiert werden. Ein weiterer Grund für die genauere Betrachtung von Comics für den Unterricht ist die steigende Popularität und Medienpräsenz derselben und der gesamten Industrie, welche mit ihnen in Verbindung steht. Der Konzern Disney wird immer mächtiger und Comicproduzenten wie Marvel und DC haben eine starke Präsenz in Film, Fernsehen, Computerspielen und Comics bzw. Graphic Novels. Auch ist der Comic längst nicht mehr nur ein amerikanisches Phänomen, denn zahlreiche Weltregionen präsentieren ihre Form der mehr oder weniger fantastischen Bildergeschichten und auch diese feiern durschlagende Erfolge bei unterschiedlichsten Zielgruppen. Comic Conventions in Amerika, und mittlerweile auch weltweit, zählen für viele Menschen zu den Highlights ihrer Freizeit. Fans verfassen Novellen, zeichnen Bilder und kostümieren sich wie ihre Helden aus Comics oder japanischen Mangas bzw. Animes und koreanischen Manhwas. Die Beschäftigung mit Comicwelten und den in ihnen präsentierten Kulturen ist längst über ein Hobby hinausgewachsen und für viele bereits ein eigener Lebensstil geworden.

1 Lustiges Taschenbuch wird im weiteren Verlauf der Arbeit mit LTB abgekürzt. 1

Auch in der Pädagogik und Didaktik hat in den letzten Jahrzehnten das Thema Comic und mehr und mehr Beachtung bekommen, allerdings fokussierte sich die Geschichtsdidaktik bisher meist auf wenige Szenen und Bilder aus den Asterix Comics oder spezifisch und direkt auf themenbezogene Graphic Novels wie beispielsweise „Maus“ oder „Persepolis“. Diese thematische Fokussierung will ich nicht kritisieren, allerdings bin ich der Meinung, dass auch andere Comicsparten ähnliche Beachtung verdienen und durchaus im Unterricht verwendet werden können. Während für mich persönlich viele Geschichten der LTB Serien wissenschaftliches Interesse an unterschiedlichsten Themen geweckt haben, möchte ich mich in dieser Arbeit auf eine neue Serie konzentrieren, deren Fokus auf dem Themenbereich Weltgeschichte liegt: LTB HISTORY aus dem Jahr 2014. In den 6 Bänden der Reihe werden chronologisch geordnet beispielhafte Geschichten aus beinahe der gesamten Menschheitsgeschichte gezeigt und verschiede Epochen, Kulturen, Ereignisse und Schauplätze vorgestellt.

2. Einleitung Hans-Jürgen Pandel weist darauf hin, dass Comics in den letzten Jahrzehnten weder von Pädagogen noch von Didaktikern richtig eingeschätzt wurden. Comics besitzen die formalen Mittel, um Historizität auszudrücken, aber historische Themen benötigen einen gewissen Umfang, um ihre Geschichte entfalten zu können. Die Einbindung des Kontexts sowie der richtige Umgang mit historischen Comicquellen ist deshalb schwierig und aufwendig. Doch die Geschichtsdidaktik kann insofern von Comics profitieren, als dass diese die Dimensionen der Ästhetik und Rhetorik auf einfache Art und Weise in den Unterricht einbringen können und Kreativität und Motivation bei SchülerInnen fördern.2 Um die geschichtsdidaktische Signifikanz von Comics zu erforschen, beschäftigt sich die folgende Arbeit mit Comics in der gegenwärtigen Gesellschaft und dem Einsatz von Comics im Geschichteunterricht. Spezifisch geht es dabei um eine Reihe von Comic-Sammelbänden, welche unter dem Titel Lustiges Taschenbuch HISTORY 2014 erschienen sind und von der deutschen Abteilung des Multimediakonzerns Disney vertrieben werden.

2 Vgl. Hans-Jürgen Pandel: Comics. Gezeichnete Narrativität und gedeutete Geschichte. In: Hans-Jürgen Pandel (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts.: Wochenschau 7. Erw. Aufl. 2017, S. 368f. 2

Meine Forschungsfragen für diese Arbeit lauten: Kann die LTB HISTORY-Reihe für den Geschichteunterricht verwendet werden? Werden diese Comics von SchülerInnen gerne im Unterricht verwendet? Um diese Forschungsfragen bearbeiten zu können, werden in dieser Arbeit, nachdem die aktuelle Forschungslage zu Comics geschildert wurde, erst der Begriff ‚Comic‘ und der Konzern Disney erklärt bzw. beschrieben und deren Bedeutung in unserer Gesellschaft sowie ihre Geschichte erläutert. In weiterer Folge wird auf die Signifikanz der Übersetzung von Comic-Texten eingegangen, indem die Rolle von Erika Fuchs geschildert wird. Diese Frau war essenziell für den deutschsprachigen Erfolg der ursprünglich englischen Comic Geschichten, welche in den LTBs veröffentlicht werden. Danach werden die 6 Bände der LTB HISTORY Reihe in ihrer deutschen Ausgabe vorgestellt. Abschließend wird ein Unterrichtskonzept vorgestellt, welches in einer AHS und einer NMS erprobt wurde und dieses ausgewertet, um Rückschlüsse auf die Durchführbarkeit von Unterricht mit den LTBs ziehen zu können. Außerdem wird ein Vergleich zwischen AHS und NMS Klasse durchgeführt und anhand des angehängten Fragebogens/Tests die Meinung und Leistung der SchülerInnen zur Klärung der Forschungsfragen herangezogen.

Zum aktuellen Forschungsstand rund um das Thema Comics wird in dieser Arbeit zwischen drei Bereichen unterschieden: Der internationalen Comicforschung, der deutschen Comicforschung und dem Donaldismus. Daniel Stein, Stephan Ditschke und Katerina Kroucheva fassen in ihrem Sammelband einige Aussagen und Meinungen zusammen, die den Werdegang und die Probleme der Comicforschung darstellen. Einerseits schreibt Ole Frahm 2002 noch: „Eine Comicwissenschaft existiert nicht. Obwohl Comics als Teil der Kultur des 20. Jahrhunderts zunehmend akzeptiert sind, wird ihnen keineswegs ein gleichberechtigter Platz neben Literatur, bildender Kunst oder sogar Film eingeräumt.“3. Andererseits veröffentlichen in den Jahren danach beispielsweise Stephan Packard4, Jakob F. Dittmar5 und Martin Schüwer6 „umfassende Theorien zur Informationsvermittlung und Narration im Comic-Medium“7 in denen der Comic-

3 Ole Frahm: Weird Signs. Zur parodistischen Ästhetik der Comics, in: Michael Hein/Michael Hüners/Torsten Michaelsen (Hg.): Ästhetik des Comic. Berlin: Schmidt 2002, S. 201. 4 Stephan Packard: Anatomie des Comics. Psychosemiotische Medienanalyse. Göttingen: Wallstein 2006. 5 Jakob F. Dittmar: Comic-Analyse, Konstanz: UVK 2008. 6 Martin Schüwer: Wie Comics erzählen. Grundriss einer intermedialen Erzähltheorie der grafischen Literatur, Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier 2008. 7 Daniel Stein/ Stephan Ditschke/ Katerina Kroucheva: Birth of a Notion. Comics als populärkulturelles Medium. In: Stephan Ditschke/ Katerina Kroucheva/ Daniel Stein (Hg.): Comics. Zur Geschichte und Theorie eines populärkulturellen Mediums. Bielefeld: transcript 2009, S. 7. 3

Wissenschaft im deutschen Sprachraum zumindest eine Randexistenz im Schatten anderer Wissenschaften zugesprochen wird. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts löst sich die deutschsprachige wissenschaftliche Betrachtung des Mediums Comic endlich von der evaluativen Wertediskussion, in der sie in den 1950er Jahren ihren Anfang nahm und stark von „Seduction of the Innocent“ von Frederic Wertham (1954) geprägt war. Die Zerstörung bürgerlicher Werte und die Einführung von Narrationselementen wie Sex und Gewalt ließen die Diskussion über Comics in den 1960er und 70er Jahren nicht auf einen grünen wissenschaftlichen Zweig kommen.8 „Einerseits erfreuen sich Comics bei ihrer Leserschaft großer Beliebtheit; andererseits genießen sie, eingeschätzt als triviale Unterhaltungslektüre, nur geringe öffentliche kulturelle Akzeptanz. Entsprechend gering ist das Forschungsinteresse. So untersuchen die ersten größeren in Deutschland erschienenen Arbeiten über Comics weniger ihn selbst, als seine (befürchteten) Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. Die Bücher von Glietenberg (1956), Doetsch (1958) und Welke (1958) verstehen Comics als mindere Unterhaltungsliteratur für diese Zielgruppe, und trotz Differenzierungen gegenüber der vorherrschenden pauschalen Pejorisierung werden die Ausführungen von einer kritisch-ablehnenden Grundhaltung getragen.“9 Erst langsam entstehen ein neues Verständnis und eine ernsthafte wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Medium. Wegbereiter dafür waren unter anderem Will Eisner10 und Scott McCloud11, die beide die Möglichkeiten und Funktionsweise des Comics neu erklärten und zugänglich machten.12 Erst seit wenigen Jahren kann man davon sprechen, dass sich die wissenschaftliche Beschäftigung mit Comics selbst als eigenes Forschungsfeld begreift. Im angloamerikanischen Raum wird dies als Comics Studies bezeichnet, während im deutschsprachigen Raum die Comicforschung in verschiedenen Ausprägungen gefunden werden kann. Diese nimmt sogar immer größere Ausmaße an und Julia Abel und Christian Klein behaupten, es wäre eher von „… einer immens produktiven Comicforschung zu sprechen, die sich immer wieder neu zwischen Polen einer sehr heterogenen Forschungsvielfalt und den Ansprüchen einer stärker konsolidierten, institutionalisierten und interdisziplinär aufgestellten Comicwissenschaft verortet, die sich in Analogie zur Filmwissenschaft im zukünftigen

8 Vgl. Stein et. Al., S.7ff. 9 Dietrich Grünewald: Comics. Tübingen: Niemeyer 2000, S. 67. 10 Will Eisner: Comics & Sequential Art, Tamarac: Poorhouse 1985. 11 Scott McCloud: Understanding Comics. The Invisible Art, Northampton: Tundra 1993. 12 Vgl. Stein et. Al., S. 10f. 4

Fächerkanon etablieren könnte…“13. Im Rahmen dieses wachsenden Interesses und Bewusstseins der Comicforschung beginnt auch die Beschäftigung mit internationalen Beiträgen zu Comics wieder neu. Hier zu erwähnen sind beispielsweise die französischen Bände von Thierry Groensteen: Système de la bande dessinée (1999, 2011). Außerdem sind die älteren Texte aus dem French Comics Theory Reader (Miller/Beaty 2014)14 interessant und es werden immer mehr Texte aus dem Französischen ins Englische und andere Sprachen übersetzt. Die Internationalisierung der Comicforschung macht sich auch in Deutschland bemerkbar, wo eine intensivere Beschäftigung mit dem Medium Comic nach 2000 begann. Seit den späten 1990ern sind auch Italien, Spanien, die Niederlande und Skandinavien begeisterte Comicforschungsnationen geworden. Doch am produktivsten sind momentan noch immer die englischsprachigen Regionen, speziell die USA. Dort wird in Verlagen wie der University Press of Mississippi fleißig geforscht und veröffentlicht und die Comicforschung international wird in Sammelbänden geschildert. Während das International Journal of Comic Art Informationen über Comics aus allen Ländern der Welt sammelt, konzentrieren sich Comics as a Nexus of Cultures (Berninger/Ecke/Haberkorn 2010), Multicultural Comics (Aldama 2010) Transnational Perspectives of Graphic Narratives (Denson/Meyer/Stein 2013) und Representing Multiculturalism in Comics and Graphic Novels (Ayaka/Hague 2014) auf Prozesse der Übersetzung, Transformation, Adaption und Zirkulation sowie die Multikulturalität und alle Ausprägungen davon im Comic.15 Es gibt keinen Studiengang zur ‚Comicwissenschaft‘ in Deutschland. Im Rahmen von Projekten oder als Nachklang von Forschungsprojekten entwickelten sich einzelne Gruppierungen, wie die ‚Arbeitsstelle für Graphische Literatur‘ (ArGL) in Hamburg oder das ‚Comic-Archiv am Institut für Jugendbuchforschung‘ an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, die als Anlaufstelle für Comicforschung seit beinahe zwei Jahrzehnten aktiv sind. Im künstlerischen Bereich gibt es Studiengänge und Hochschulen, welche im Bereich der Illustration oder der Visuellen Kommunikation Ausbildungen im Zeichnen und Verfassen von Comics bieten. Doch eine universitäre Beschäftigung mit der Comicforschung allein gestaltet sich weiterhin schwierig. International sieht es anders aus: Die University of Florida, University of Oregon und die Portland State University werben mit unterschiedlichen Studiengängen zur Comicforschung. Auch in Großbritannien, an der Universität von Dundee, oder in Japan, an der Kyoto Seika University, können Comic Studies als Master- oder Doktorandenstudium

13 Julia Abel / Christian Klein (Hrsg.): Comics und Graphic Novels. Eine Einführung. Stuttgart: J.B. Metzler 2016, S.107. 14 Ann Miller/Bart Beaty (Hg.): French Comics Theory Reader. Leuven 2014. 15 Vgl. Abel/Klein, S. 110ff. 5 absolviert werden. Auch das Comiczeichnen ist an internationalen Kunsthochschulen im Angebot. Museen, Ausstellungen und Zeitschriften sind international Quellen und Anknüpfungspunkte für die Comicforschung. Abel und Klein haben in ihrer Einführung zu Comics und Graphic Novels eine beachtliche Liste mit Links und Verweisen zusammengestellt auf die hier nur verwiesen wird.16 Zwar gibt es in Deutschland kein Institut für Comicforschung, doch existieren einige Fachgesellschaften, die sich die Comicforschung zur Aufgabe gemacht haben. Seit 2005 arbeitet die Gesellschaft für Comicforschung (ComFor)17 in Deutschland und tagt jährlich, um einen Überblick über die akademischen Aktivitäten im In- und Ausland zu bieten. Außerdem wird jährlich die Reihe ‚Deutsche Comicforschung‘ veröffentlicht, die sich mit der nationalen Comicgeschichte befasst und Beispiele deutschsprachiger Comics aller Epochen sammelt.18 Derartige Fachgesellschaften gibt es auch in Skandinavien, England und den USA.19 Speziell zur Forschung im Bereich der Lustigen Taschenbücher gibt es die ‚Deutsche Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus‘ (D.O.N.A.L.D.). Sie wurde 1977 in Hamburg gegründet und entwickelte den Donaldismus. Dieser lässt sich laut dem Wikipedia-Beitrag folgendermaßen erklären: „Donaldismus bezeichnet die Beschäftigung mit der fiktiven Familie Duck und die Erforschung von familiären, biologischen, technischen, soziologischen und gruppendynamischen Prozessen in der fiktiven Stadt Entenhausen. Diese findet insbesondere in Deutschland und Skandinavien auch in Organisationen und Veranstaltungen statt und umfasst sowohl humoristische wie auch philosophische und kulturwissenschaftliche Beiträge.“20 Demzufolge widmet der Verein seine ganze Energie der Erforschung aller Aspekte des Lebens der Bewohner von Entenhausen, womit unter anderem Donald Duck und Micky Maus gemeint sind. Dabei werden sowohl die originalen Geschichten als auch die Übersetzungen ins Deutsche betrachtet und untersucht. Erika Fuchs wird von den Donaldisten kritisch aufgefasst, da sie sehr freie Übertragungen der Geschichten vornahm.21

3. Begriffserklärung und Entwicklung des Comics international Was unter dem Begriff ‚Comic‘ verstanden wird, ist oft nicht eindeutig und zahlreiche Definitionsansätze unterscheiden sich meist nur in Details. In den folgenden Kapiteln werden

16 Vgl. ebda., S. 127ff. 17 https://www.comicgesellschaft.de/ Feldfunktion geändert 18 Vgl. http://www.comicforschung.de/index.html 19 Vgl. Klein/Abel, S. 137f. 20 https://de.wikipedia.org/wiki/Donaldismus 21 Vgl. https://www.donald.org/ 6 daher einige dieser Begriffsdefinitionen vorgestellt und anhand des historischen Werdegangs und der Entwicklung der Bildgeschichte bis zum heutigen Comic wird versucht, den Begriff ausreichend zu erklären, ohne ihn einzuschränken. 3.1. Begriffserklärung Eine definitive Bedeutung des Begriffs ‚Comic‘ zu finden ist kaum möglich. Allerdings gibt es verschiedene Ansätze und Versuche diesen Begriff auszuformulieren. Der Duden beispielsweise versteht unter Comic eine „(meist als Buch oder Heft veröffentlichte) [gezeichnete] Bildgeschichte“22 und bezeichnet den Begriff zusätzlich als Kurzform für das Wort ‚Comicstrip‘. Im freien Wörterbuch wiktionary lassen sich die beiden Bedeutungen „eine (nicht zwangsläufig komische) Bildergeschichte oder Bilderabfolge“ und „ein Heft, das Comics enthält, kurz für Comicheft“23 finden und zahlreiche andere Online-Wörterbücher und Quellen stellen ähnliche Begriffserklärungen auf. Heinrich Ammerer beschreibt den Comic als moderne Bildergeschichte, welche Witze illustriere oder unterhaltsame Geschichten erzählen könne. Dabei sei die Sprache leicht verständlich, bildhaft und die intuitiv verständliche Symbolik mache den Comic beeinflussend in Bezug auf politische Werthaltungen.24 Dietrich Grünewald macht, gleich wie der Duden, auf den Zusammenhang zwischen ‚Comic‘ und ‚Comicstrip‘ aufmerksam. Dabei verweise der ‚Comicstrip‘ nur mehr auf die lustigen Bildstreifen in Zeitungen und Zeitschriften und habe mit den längeren Bildgeschichten nicht mehr viel zu tun. Will Eisner unterscheidet zwischen Comics und Sequential Art und zahlreiche weitere Definitionen machen klar, dass sich der Begriff ‚Comic‘ längst weit von seiner Übersetzungsbedeutung aus dem Englischen: ‚komisch‘ bzw. ‚lustig‘, entfernt hat. Grünewald sieht in Comics definitiv ein ästhetisches Phänomen, er will in diesem Zusammenhang vom „Prinzip Bildgeschichte“ sprechen – einer Art Literatur in Bildern, und weist darauf hin, dass in Frankreich der Comic - neben Architektur, Musik, Malerei, Bildhauerei, Literatur, Tanz, Film und Fernsehen – von Claude Beylie und Francis Lacassin sogar als die „Neunte Kunst“ bezeichnet wird.25 Klaus Schikowski schreibt, dass der Comic ein internationales Massenphänomen ist, aber in verschiedenen Kulturen unterschiedlich betitelt und beschrieben wird. Während die französische „Bande Dessinée“, ‚gezeichnete Bildstreifen‘, dem chinesischen „Lien-Huan

22 https://www.duden.de/rechtschreibung/Comic 23 https://de.wiktionary.org/wiki/Comic 24 Vgl. Heinrich Ammerer: Kompetenzdiagnostik durch die Verwendung von Comics, in: Heinrich Ammerer und Elfriede Windischbauer (Hgg.): Kompetenzorientierter Unterricht in Geschichte und Politischer Bildung. Diagnoseaufgaben mit Bildern. Wien: Edition polis 2011, S. 21. 25 Vgl. Dietrich Grünewald: Das Prinzip Bildgeschichte. Konstitutiva und Variablen einer Kunstform, in: Dietrich Grünewald (Hg.): Struktur und Geschichte der Comics. Beiträge zur Comicforschung. Bochum und Essen: Bachmann 20101, S. 11ff. 7

Hua“, ‚Kettenbilder‘, ähnelt und sich sprachlich auf die Bildfolge fokussiert, beschreibt das japanische „Manga“ auch teilweise schon den Inhalt. Dabei steht das Schriftzeichen ‚man‘ für die Rhetorik der Übertreibung und bedeutet so viel wie ‚spontan, impulsiv, ziellos‘, während ‚ga‘ für ‚Bild‘ steht. In Italien resultiert der Name „fumetti“ aus der Darstellung der wolkenartigen Sprechblasen.26 Christine Gundermann führt als heute anerkannteste begriffliche Definition für ‚Comic‘ die von Scott McCloud an. Demnach sind Comics „zu räumlichen Sequenzen angeordnete, bildliche oder andere Zeichen, die Informationen vermitteln und/ oder eine ästhetische Wirkung beim Betrachter erzeugen sollen“27. Indem sie Scott McClouds Definition mit der von Martin Barker verbindet – welcher behauptete, dass ein Comic einfach genau das sei, was unter dem Begriff ‚Comic‘ produziert wurde – gelangt Gundermann zu ihrer favorisierten Begriffsbestimmung: „Der Comic ist ein eigenständiges Medium, das durch bildliche oder andere Zeichen charakterisiert wird, die zu räumlichen Sequenzen angeordnet sind. Ein Comic ist dann als solcher zu bezeichnen, wenn er unter diesem Namen produziert worden ist und Informationen vermitteln und ästhetische Wirkungen beim Betrachter erzeugen soll“28. Gundermann erklärt, dass der Comic zwar seit über 100 Jahren international als Literatur- bzw. Kunstform vorhanden ist, aber im deutschsprachigen Raum bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts diffamiert und als Schund abgestempelt wurde. Diese vorurteilsbehaftete Abwertung des Mediums führte zu einer verzögerten Integration desselben in die Kultur und andere Medien und in eine bis heute andauernde Ausgrenzung des Comics in der Bildungslandschaft.29 3.2. Aufbau und Funktion Scott McCloud zufolge üben Comics auf Menschen, und speziell auf Kinder, eine enorme Faszination aus. Das liegt einerseits an der abstrakten Selbstwahrnehmung, die jeder Mensch von sich hat, und der Simplifizierung von Charakterzeichnungen in Cartoons und Comics und andererseits an Faktoren wie der universellen Identifikation und der allgemeinen kindlichen Darstellung von vielen Comicfiguren. Die simplen Figuren ziehen uns an und erlauben uns in andere Welten zu reisen. Wir sehen und lesen die Comics nicht nur, wir werden zu den Comicfiguren selbst! Diese Möglichkeit zur Fantasiereise in andere Welten, Zeiten und Situationen ist eine der Hauptfunktionen von Comics.30 Dieser Prozess wird durch den Aufbau

26 Vgl. Klaus Schikowski: Der Comic. Geschichte, Stile, Künstler. Ditzingen: RECLAM Durchgesehene und aktualisierte Ausgabe 2018, S. 21. 27 Christine Gundermann: Jenseits von Asterix. Comics im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts.: WOCHENSCHAU Verlag 20172, S. 9. 28 Ebda, S. 9. 29 Vgl. ebda, S. 6. 30 Vgl. Scott McCloud: Understanding Comics. The invisible Art. New York: HarperCollins 1994, S. 28ff. 8 der Comics begünstigt und hängt stark mit unserer Vorstellungskraft und Fantasie zusammen. Laut Will Eisner hängen Funktion und Aufbau von Comics zusammen. Die Funktion von Comics ist demnach die Kommunikation von Ideen und/oder Geschichten über sequenziell räumlich angeordnete Abfolgen von Bildern mit Text. Die einzelnen dabei entstehenden Segmente nennt Eisner ‚panels‘. Beim Wechsel von einem Panel ins nächste vergeht in der Geschichte Zeit und Handlung, die aber nicht spezifisch definiert ist und von unserer Vorstellungskraft ergänzt werden muss.31 Um den Aufbau von Comics genauer zu beschreiben, werden in diesem Kapitel die Erklärungen von Christine Gundermann, Julia Abel und Christian Klein herangezogen. Abel und Klein versuchen eine begriffliche Grundlage zu schaffen, um Comicanalyse zu ermöglichen. Dabei weisen sie daraufhin, dass beim Comic die Ebene des Dargestellten und die Ebene der Darstellung zu unterscheiden sind. In Bezug auf die Darstellung sind hierbei die Begriffe Panel, Sequenz und Seite zu erläutern. Das Panel, das Einzelbild im Comic, ist das grundlegendste Strukturelement des Comics. Eine Sequenz bildet eine Folge von Panels und diese sind entsprechend einer spezifischen ‚Seitenarchitektur‘, und je nach kultureller Leseart auf einer Seite angeordnet.32 Gundermann unterscheidet drei Elemente des Comics: Bild, Text und Symbol. Beim räumlichen Aufbau des Comics unterscheidet Gundermann wiederum zwischen Panel, Habitus, Hiatus und Sequenz. Diese Bausteine werden auch für die Comicanalyse verwendet.33 3.2.1. Bild Das Bild ist gleichzeitig das zentrale Element eines Comics und der Aspekt mit der größten Vielfalt und künstlerischen Freiheit. Bilder unterscheiden sich in Stil, Technik, Farbe und Material und der grafische Stil eines Künstlers/einer Künstlerin prägt sowohl die ästhetische Wahrnehmung als auch den narrativen Inhalt der Geschichten. Somit hat auch die Farbgebung einen großen Einfluss auf die emotionale Rezeption der dargestellten Situation. Farbe lenkt die Aufmerksamkeit beispielsweiße auf Umrisse und rückt die Form vor den Inhalt, während Schwarz-Weiß-Zeichnungen direkter Ideen vermitteln. Die Farbgebung kann auch von kulturellen, sozialen oder kommerziellen Motiven abhängen: Die anfänglichen Superheldencomics wurden in Farbe produziert, da sie sich besser verkaufen ließen. Inhalt stand damals nicht im Vordergrund. Manche Farben werden aufgrund ihres Symbolcharakters präsent verwendet und die Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Schichten, politischen Gruppen oder künstlerischen Vereinigungen wurde durch Verwendung oder Vermeidung bestimmter Farben

31 Vgl. Will Eisner, S.38. 32 Vgl. Abel / Klein, S. 77f. 33 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 58f. 9

(oder Farbe allgemein) zum Ausdruck gebracht. In den letzten Jahrzehnten hat sich, auch aufgrund des Erfolgs von Geschichtscomics und Art Spiegelmans „Maus“, die Auffassung etabliert, dass Schwarz-Weiß-Comics einen höheren Wahrheitsgehalt und künstlerischen Anspruch hätten.34 Auch der Zeichenstil hat großen Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung und Einschätzung des inhaltlichen Werts eines Comics. Die anfänglichen cartoonhaften Zeichnungen aus den Zeitungsstrips, welche von Karikaturen stark beeinflusst waren, sind noch immer mit der Auffassung behaftet, dass es sich bei dem jeweiligen Comic um etwas Lustiges handeln müsse. Im Verlauf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen immer mehr und neue Zeichenstile in Mode und bis hin zu beinahe fotonaturalistischen Darstellungen war bald alles vertreten. Spezifische Künstler und Künstlerinnen können sich aufgrund ihres Zeichenstils und kleiner grafischer Eigenheiten so unterscheiden und von LeserInnen können schon anhand dieser Details Comics erkannt werden. Allerdings ist die künstlerische Freiheit bei Reihen und größeren Produktionen oft durch sogenannte ‚Verlagsstile‘, wie beispielsweise bei Marvel und DC, eingeschränkt. Mittlerweile gibt es aber auch eigene Schulen und sowohl die Kultur, das verwendete Zeichenmaterial und Medium sowie der Einsatz dieser beiden Werkzeuge haben einen großen Einfluss auf den Zeichenstil, das Endprodukt und die Rezeption. Farbgebung war, zumindest in der Anfangszeit der Massenproduktion von Comics, zuallererst auch eine Frage der Technik und der Kosten.35 3.2.2. Text Text findet man in Comics meist in diesen drei Formen: Als Blocktext, in Sprechblasen oder als Lautmalerei. Blocktexte befinden sich dabei meist am Bildrand und enthalten Beschreibungen, Kommentare oder außerbildliche Narrationselemente. In Sprechblasen findet man die eigentlichen Reden des Comics. Die Sprechblasen selbst können mit ihrem Darstellungsstil Einfluss auf die Lesart des in ihnen beinhalteten Textes nehmen. Der Zeichenstil des Rahmens einer Sprechblase, sowie die Schriftart des Textes verkörpern dabei sowohl Lautstärke, Tonfall, Gemütsverfassung als auch ergänzende Situationsbeschreibungen ohne Text: Beispielsweise kann eine Sprechblase in Form einer Glühbirne symbolisieren, dass der dargestellte Charakter eine Idee hatte, oder eine leere Sprechblase in Form einer Wolke kann einen leeren Traum oder Gedanken symbolisieren. Schimpfworte können als Symbole dargestellt werden und Erikative36 (spezifische Inflektive) wie „huch“, „seufz“ oder „wow“ symbolisieren emotionale Zustände. Lautmalerei in Form von ‚Soundwords‘ unterstützt die bildliche Darstellung, indem sie diese ergänzt und oft in Verbindung mit Bewegung verwendet

34 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 59ff. 35 Vgl. Abel/Klein, S. 80ff. 36 Vgl. Kapitel 4.3. – Erika Fuchs. 10 wird.37 Text ist nicht unbedingt immer notwendig für einen Comic. Auch das bloße Bild kann aussagekräftig sein und manchmal transportieren Text und Bild in ein und demselben Rahmen verschiedene Botschaften. Abel und Klein zitieren hier eine Auflistung von McCloud, der mehrere Korrelationsmöglichkeiten zwischen Text und Bild vorschlägt:“ 1. Textlastig. (den Bildern kommt letztlich nur eine illustrierende Funktion zu) 2. Bildlastig (der Text hat eher untermalende Funktion, die Hauptinformation wird in den Bildern geliefert) 3. Zweisprachig (Text und Bild transportieren dieselbe Botschaft) 4. Additiv (der Text verstärkt die Aussage des Bildes oder umgekehrt) 5. Parallel (Text und Bild weisen keine Überschneidungen auf) 6. Montage (die Wörter sind ins Bild als Bestandteile integriert) 7. Korrelativ (Bild und Text gehen sich gegenseitig zur Hand, weder Text noch Bild könnten allein ausdrücken, was sie in der Kombination kommunizieren; hier kommen die Möglichkeiten des Comics besonders gut zur Wirkung; gebräuchlichste Form der Verbindung).“38 Abel und Klein fügen außerdem bei den Sprech- und Denkblasen hinzu, dass diese nicht ursprünglich Teil des Genres waren, sondern der Text meist direkt in die Zeichnung eingeschrieben war und auch heute noch diese Form der Figurenrede von manchen Künstlern bevorzugt wird. Den Ausführungen von Gundermann fügen Abel und Klein noch den Begriff des „Letterings“ hinzu. Dieser bezeichnet die Gestaltung des Schriftbilds innerhalb der Sprech- und Denkblasen, welches Einfluss auf die Lautstärke, emotionale Färbung und Intonation des Gesprochenen/Gedachten haben kann.39 3.2.3. Symbol Das Symbol gilt als definierendes Merkmal des Comic Genres. Während nichtbildliche Symbole abstrakt Inhalte darstellen und ihre konstante Bedeutung nicht durch die Form beeinflusst wird, ist die Bedeutung bildlicher Symbole nicht fixiert und verändert sich mit der Form. Von Will Eisner wird dies als Symbolismus bezeichnet und es wirkt sich auch auf die Konstruktion von Figuren in Comics aus. So können schnell Konzepte und Charaktereigenschaften vermittelt werden, indem für die Darstellung von Figuren vereinfachte Stereotype in Symbolform genutzt werden. Laut Scott McCloud lädt eine derartige Vereinfachung der Darstellung eher dazu ein sich selbst in der Figur zu entdecken. Je realistischer die Zeichnung wäre, desto weniger persönlichen Bezug hätte die Leserin bzw. der

37 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 62f. 38 Abel/Klein, S. 99. 39 Vgl. Abel/Klein, S. 99ff. 11

Leser dabei. Symbole gelten als eine Art ‚universelle Sprache‘ und können starke Emotionen bei der Leserin bzw. dem Leser auslösen. Sie sind eine der größten Stärken des Comics, doch gibt es in asiatischen Comics viel mehr Symbole als in den westlichen Comics. Da einige dieser Symbole von westlichen LeserInnen nicht verstanden werden, werden sie bei der Übersetzung oft wegretuschiert. Das Lesen von Comics bedeutet Bilder, Symbole und deren Bedeutung in Zusammenhang mit dem präsentierten Text zu bringen. Das setzt voraus, dass ein gemeinsames Symbolverständnis zwischen ComicautorIn und ComicleserInnen besteht, auf dem beim Lesen aufgebaut werden kann.40 3.2.4. Panel Als Panel wird ein Comic-Bild mit Rahmen bezeichnet. Der Rahmen kann dabei eine beliebige Form annehmen und während in den westlichen Comics rechteckige Formen Standard sind, zeichnen sich beispielsweise Mangas durch eine eher aufgelöste Seitenstruktur aus. Wenn eine ganze Comicseite zum Panel wird, bezeichnet man das als „Splashpanel“, da es dem Betrachter bzw. der Betrachterin direkt ins Auge fliegt. Ein Panel stellt einen Zeitabschnitt dar. Im Gegensatz zu einer Fotografie, welche einen eingefrorenen Moment portraitiert, wird in einem Panel, durch Sprech- und Denkblasen sowie Soundwords und Bewegungslinien, das Vergehen von Zeit simuliert. Der Zeitraum, der dabei in jedem Panel verstreicht, ist variabel, wird durch die angrenzenden Panels mitbestimmt und ist gleichzeitig auch eingeschränkt.41 Zeit vergeht auch innerhalb eines Panels. So kann beispielsweise in westlichen Comics eine Figur, die am rechten Rand eines Panels steht, auf Aussagen oder Aktionen am linken Rand reagieren. Der Zeitverlauf passt sich der Leserichtung an und ist bei Mangas dementsprechend umgekehrt – von rechts nach links. Sogar in stummen Panels, also Panels mit weder Sprache noch Geräuschen, vergeht eine gewisse Zeitspanne.42 Die Platzierung und Anordnung von Panels auf einer Seite hat einen direkten Bezug zur Erzählung und ist daher ein wichtiger Teil der Planung selbst. Der Begriff „Seitenarchitektur“ hat sich dafür etabliert und AutorInnen wissen, dass das erste Panel links oben auf einer Seite einen anderen emotionalen und narrativen Einfluss auf den Lesefluss und die LeserInnen haben kann als das Panel rechts unten, welches zum Umblättern einladen soll. Die Seitenarchitektur kann dabei lediglich einen künstlerisch- dekorativen Zweck erfüllen, keinerlei Einfluss auf die Erzählung haben und konventionell verlaufen, oder die Erzählung mitgestalten oder sogar bestimmen. Auf die Platzierung der Panels hat deshalb auch Einfluss, für welches Format der Comic ursprünglich geschaffen wird. Den Formaten entsprechend haben sich bestimmte Raster etabliert, die im Englischen auch

40 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 63ff. 41 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 66f. 42 Vgl. Abel/Klein, S. 95. 12

„panel grid“ oder „uniform grid“ genannt werden. Ein grundlegendes Raster von drei Zeilen à drei Panels pro Seite ist aktuell verbreitet, wird aber in unterschiedlichsten Formen variiert.43 Auch die Panelgröße hängt von der allgemeinen Seitenarchitektur ab und beeinflusst den Lesefluss und die Zeitwahrnehmung. So kann beispielsweise eine größere Anzahl kleiner Panels den Eindruck erwecken, dass schnell Zeit vergeht und damit das Erzähltempo gesteigert wird.44 Hans-Jürgen Pandel bezeichnet rechteckige Panels als Grundeinheiten und Kennzeichen der Comics. Zwar sind sie nicht mehr typisch für alle Comics, werden aber bei allen Trivialcomics und auch anspruchsvoller Comicliteratur als bewusstes Stilmittel eingesetzt.45 3.2.5. Habitus Der Rahmen eines Panels wird als Habitus bezeichnet. Form und Anordnung des Habitus bestimmt dabei den Rhythmus der Erzählung und die emotionale Spannung. Eine Folge gleichmäßiger Rechtecke kann beispielsweise Ruhe und Stabilität ausdrücken, während unregelmäßige Formen Spannung und Unruhe bedeuten können. Ein verwaschener Habitus kann eine Erinnerung umrahmen und die völlige Auflösung des Habitus kann den zeitlichen Rahmen sprengen und starke emotionale Betroffenheit oder Unendlichkeit symbolisieren.46 Der Strich des Rahmens kann ebenfalls variiert werden. Abel und Klein erwähnen einige Variationsmöglichkeiten: • Der Rahmenstrich ist dicker oder dünner. • Die Rahmenlinie ist unterbrochen. • Die Rahmenlinie ist verwackelt oder löst sich auf. • Die Rahmenfarbe weicht vom ‚Standardrahmen‘ ab. • Der Rahmen wird durch eine Doppellinie, Wellenlinie oder gezackte Linie markiert. • Der Rahmen fehlt teilweise oder ganz.47 3.2.6. Hiatus Der Hiatus ist der Zwischenraum zwischen den einzelnen Panels. Er wird umgangssprachlich auch ‚Rinnstein‘ genannt und stellt einen narrativen Zeitsprung dar. All die nicht erzählten oder gezeichneten Ereignisse, welche von einem Panel auf das nächste vorausgesetzt werden, um die Erzählung logisch fortzusetzen, geschehen in diesem Zwischenraum. Dabei muss alles, was innerhalb eines Hiatus geschieht, vom Leser bzw. der Leserin selbständig, durch Induktion und Imagination, ergänzt werden.48 Dabei ist die Zeit, welche in diesem Zwischenraum vergeht,

43 Vgl. ebda., S. 89f. 44 Vgl. ebda., S.91ff. 45 Vgl. Pandel, S. 352. 46 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 67f. 47 Vgl. Abel/Klein, S. 91. 48 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 68. 13 nicht eingeschränkt und es können theoretisch Sekunden, Tage oder Wochen vergehen. Laut Pandel haben die Ereignisse im Hiatus für den Zeichner keine erzählerische Relevanz und werden deshalb übergangen.49 Abel und Klein zitieren Scott McCloud, wenn er den „gutter“, die englische Bezeichnung für den Rinnstein, als eines der wichtigsten Elemente des Comics bezeichnet. In diesem Bereich muss der Leser oder die Leserin zwei Einzelbilder zu einem Gedanken vereinen und damit erst eine zusammenhängende Geschichte aus dem Comic machen. Diese provozierte Rezeptionsleistung ist einer der speziellen Bestandteile des Comics und die Verknüpfung mehrerer Panels zu einer Geschichte wird dann Sequenz genannt.50 3.2.7. Sequenz „Die ‚Sequenz‘ als eine Folge von Panels bildet im Comic Handlungs- und Erzähleinheiten. Durch die Aneinanderreihung von Panels ist es im Comic möglich, einen Handlungs- ablauf in der Zeit darzu- stellen, und damit eine sinn- hafte Verbindung der Ereignisse herzustellen.“51 Für die Verknüpfung einzelner Panels zu einer Sequenz präsentieren Abel und Klein die sechs Arten von Scott McCloud, welche in der Abbildung rechts gezeigt werden.

Abb. 1: Scott McCloud, 2 Understanding Comics, 1994 6 Verknüpfungsarten

49 Vgl. Pandel: Comics, S. 353. 50 Vgl. Abel/Klein, S. 84. 51 Gundermann, Jenseits von Asterix, S. 68. 14

Diese sechs Verknüpfungsarten machen auf unterschiedliche Weise Einzelbilder zu einer Geschichte und erzeugen demnach Sequenzen. Auf der Ebene der Sequenz findet hauptsächlich das Erzählen im Comic statt. Die Art der Verknüpfung bestimmt dabei auch das Erzähltempo und den Verlauf der Geschichte. Somit werden über die Sequenz sowohl die erzählte Zeit als auch die geschehene Bewegung gesteuert. Eine Figur oder ein Objekt, welches von einem Panel ins nächste vor dem gleichen Hintergrund die Position wechselt, suggeriert hierbei eine ausgeführte Bewegung im Zeitraum des Hiatus. Aber auch in Einzelpanels wird Bewegung dargestellt und in Sequenzen fortgesetzt und unterstützt damit teilweise die Imagination und Induktion des Lesers bzw. der Leserin. Scott McCloud führt für derartige Bewegungsdarstellungen Beispiele wie „Speedlines“, „Fotografische Schlieren“, „Fließlinien“ oder „Dynamische Figurenpositionen“ an.52 In der Sequenz wird die vergangene Zeit zwischen Panels oft durch das Alltagswissen des Lesers bzw. der Leserin richtig eingeschätzt. Manchmal gibt der Autor bzw. die Autorin auch Texthinweise, um die verstrichene Zeit genauer zu markieren oder grafische Indizien, wie zum Beispiel unterschiedliche Schattenlänge, welche vor dem Hintergrund spezifischen Wissens als Indikatoren verwendet werden können. Mit solchen Mitteln lässt sich das Tempo und die Dramaturgie des Comics steuern.53 3.3. Von Höhlenmalereien bis Bildgeschichten – Geschichte Einen Ausgangspunkt für die Historie des Comics zu finden erscheint beinahe so schwierig wie die Definition des Begriffs ‚Comic‘ selbst. Einerseits sind ‚Bildmedien‘ – speziell der Neueren Geschichte - überhaupt als Quellen noch nicht lange in der Geschichtswissenschaft im Fokus und Untersuchungen des ‚Comic‘ im Speziellen kaum präsent. Das ist in der deutschen Literaturwissenschaft sicherlich auch darin begründet, dass der Comic lange Zeit als „Trivialmedium“ verachtet und im Zuge der „Schmutz- und Schundkampagne“ der 1950er Jahre weder als Literatur noch als Quelle in Betracht gezogen wurde.54 Andererseits ist der Comic nicht erfunden worden, sondern aus zahlreichen Vorformen entstanden und lässt sich auch deshalb schwer definieren. Deshalb können theoretisch bereits die ersten Höhlenmalereien vor über 10.000 Jahren, in ihrer Natur als Bildgeschichten, als eine Vorform des Comics verstanden werden. Ägyptische Reliefs aus der Zeit des Echnaton beinhalten die Darstellung von Wind und somit Bewegung, wobei Hieroglyphen nicht als

52 Vgl. Abel/Klein, S. 84ff. 53 Vgl. ebda., S. 93ff. 54 Vgl. Oliver Näpel: >Fremdheit< und >Geschichte<. Identität und Alterität durch visuelle Stereotypisierung des >Anderen< und der >Geschichte< von der antiken Vasenmalerei bis zum gegenwärtigen Comic und Film. Ein Abriss, In: Dietrich Grünewald (Hg.): Struktur und Geschichte der Comics. Beiträge zur Comicforschung. Bochum und Essen: Bachmann 20101, S. 100f.

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Malereien bezeichnet werden können, denn sie funktionieren als Äquivalent zu Buchstaben und sind damit nicht direkt Bildgeschichten. In griechischen Vasenmalereien findet man teilweise sequenzielle Anordnungen von Bildeinheiten, manchmal sogar bereits mit Text. Von den antiken Vasen und Säulen (Marc-Aurel-Säule und Trajan-Säule) über Malereien und Reliefs des frühen Mittelalters bis hin zu gewaltigen Wandteppichen, welche ganze Schlachtenzüge oder Familiengeschichten darstellten, finden sich zahlreiche Vorformen des Comics in der europäischen Geschichte. In Bildteppichen des 16. Jahrhunderts wurden sowohl Sequenzen als auch Spruchbänder mit beschreibendem Text oder geschriebenem Dialog bzw. Monolog abgebildet. Diese Spruchbänder können somit als Vorstufe der Sprechblasen bezeichnet werden. Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Gutenberg trieb die Entwicklung insofern voran, als dadurch das Massenmedium erst möglich wurde. Flugblätter, Zeitungen und Zeitschriften entstanden und wurden in rascher Folge produziert. Bereits im 19. Jahrhundert erreichten satirische Zeichnungen zu politischen und populären Themen und Personen durch Zeitungen ein großes Publikum und erfreuten sich steigender Beliebtheit. Verbesserungen der Drucktechnik und die Entwicklung der Lithografie führten dazu, dass im 19. Jahrhundert das Bild – sowohl in Schwarz-weiß als auch in Farbe – als alltägliches Medium verfügbar wurde. Bilderbücher und Bildgeschichten in Form von Blattsammlungen feierten große Erfolge und Ende des 19. Jahrhunderts kam endlich die Zeit der Comics.55 In den USA wurde die europäische Bildergeschichte adaptiert und in Form von lustigen kurzen Bildstreifen in Tageszeitungen abgedruckt. Im Gegensatz zu den höchst politischen satirischen Karikaturen des europäischen 19. Jahrhunderts erkannten die amerikanischen Zeichner früh das Potenzial der kurzen Bildergeschichten für Kinder. Dadurch wurde die Lektüre der Sonntagszeitung zu einem Familienerlebnis und die ständig konkurrierenden Tageszeitungen konnten ihre Leser bereits im jungen Alter an sich binden. Die Popularität der Comicstrips stieg immer weiter und wurde durch die aktive Vermarktung gesteigert. Zeitungen warben sich gegenseitig erfolgreiche Zeichner ab und Figuren der Comicstrips wurden zu Ikonen, welchen im späteren Verlauf der Entwicklung eigene Hefte und Sonderausgaben gewidmet wurden. Verschiedene Genres mit einer Differenzierung des Zielpublikums entstanden und fokussierten sich oft nicht mehr auf die Komik selbst, sondern erzählten in ihrem eigenen Stil Geschichten und ließen die LeserInnen in unterschiedlichste Welten und Abenteuer eintauchen. Vom afrikanischen Dschungel bei Tarzan (1929) über den Weltraum in den Science-Fiction- Geschichten zu „Buck Rogers“ (1929) bis hin zu den spannenden Kriminalfällen des „Dick Tracy“ (1931) war für jeden Geschmack etwas im Angebot. Das Comic-Genre für die Kinder,

55 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix, S. 10-15. 16 in dem meist Tiere die Hauptrollen spielten, erhielt die Bezeichnung „Funny“. Der berühmteste Vertreter dieses Genres ist vermutlich „Micky Mouse“ von Walt Disney. Der wirtschaftliche Erfolg der Comics führte ab 1935 zur Entstehung eines neuen Formats: des „Comicbook“. Damit waren Comics nicht mehr nur als Beilagen in Zeitungen, sondern eigenständig in Heftform erwerbbar. „Superman“ ist eine der ersten und erfolgreichsten Serien dieses neuen „Comicbook“-Formats. Bis heute gilt sie als eine der populärsten Comic-Serien und begründete das Superhelden-Genre.56 Bevor es Fernsehen gab, waren Zehn-Cent-Hefte eine populäre Lektüre für Jugendliche. Darin wurden Abenteuer-, Detektiv-, Dschungel- oder Wild-West-Geschichten genauso wie Filmadaptionen abgedruckt und gingen in Serie. Mitte der 1940er Jahre wurden auch, mit didaktischem Auftrag, Bibelgeschichten und Geschichtscomics abgedruckt und verkauft. Ab 1950 gesellten sich die Genres der Kriegs-, Horror- und Science-Fiction-Comics dazu und welche Geschichten auch immer Anklang bei der Leserschaft fanden, wurden schnell kopiert und überschwemmten den Markt.57 Doch der Superheldencomic verhalf dem Medium selbst erst zur Popularität. Beginnend mit Superman in Action Comics No. 1 aus dem Jahr 1938 lieferten sich die beiden Verlagshäuser DC Comics, mit ihren Action Comics, und Marvel Comics, mit Helden wie Spider-Man, ein regelrechtes Wettrüsten. Im 20. Jahrhundert entstanden in den beiden Helden-Universen der Verlage zahlreiche Helden und dazugehörige Comicserien. Die 1940er Jahre galten als ‚Goldenes Zeitalter‘ der Superheldencomics. In diesem Zeitraum entstanden die ersten Superhelden, die sich auch Jahrzehnte später noch in den Medien halten würden. Ihr Erfolg war durch einen gewissen Patriotismus, die gekonnte farbliche Inszenierung sowie den sich anbahnenden Zweiten Weltkrieg und die damit verbundenen Unsicherheiten in der Bevölkerung durchaus verständlich. Superman bekämpfte in Comics das Naziregime und lieferte sich sogar Faustkämpfe mit Adolf Hitler. In den 1950er und 1960er Jahren folgte das ‚Silberne Zeitalter‘. In dieser Zeit kam der Durchbruch des Fernsehens und revolutionierte die Lesegewohnheiten und Erwartungen des Publikums. Die Superheldencomicserien, von denen nur wenige den zweiten Weltkrieg überdauert hatten, mussten angepasst werden und wurden filmischer. Außerdem bekamen die Superhelden nun ein Privatleben und wurden sowohl emotional als auch sozial fassbarer für die Leserschaft. Es gab erste ‚Crossovers‘ und Superheldenteams, die gemeinsam das Böse bekämpften und die LeserInnen begannen Zusammenhänge und Fehler in den Geschichten zu finden und zu reklamieren. Die ZeichnerInnen und ComicautorInnen mussten sich nun Gedanken über das Gesamtbild machen und nicht nur einzelne Comichefte,

56 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 16ff. 57 Vgl. Schikowski, S. 73f. 17 sondern ganze Comicuniversen schaffen, in denen Aktionen eine spürbare Tragweite und Einfluss auf die Gesamtwelt hatten. Gegen Ende der 1960er Jahre zeichneten sich auch erste Innovationen wie der Einbezug farbiger Superhelden, wie Black Panther oder Power Man, ab, doch die Realität und die aktuellen historischen Ereignisse - wie die Ermordung John F. Kennedys, der Koreakrieg oder Vietnam – wurden in den bunten und teilweise albernen Konfrontationen der Superhelden ignoriert. Von 1970 bis 1990 fand ein erneuter Wandel im Superheldengenre statt: Einerseits wurden sowohl soziale als auch ethnische Probleme behandelt und andererseits setzten die ComicautorInnen auf mehr Realismus. Das ursprünglich jugendliche Zielpublikum der Superheldencomics war mittlerweile erwachsen geworden, las aber weiterhin gerne die Geschichten und Abenteuer ihrer Helden, natürlich mit höheren und neuen Ansprüchen. Gleichzeitig wurde das Medium Comic selbst populärer und nicht mehr nur am Kiosk verkauft. Superhelden kamen nie aus der Mode, wurden immer wieder neu aufgelegt, verändert und überarbeitet und feierten immense Erfolge. Um 1990 begannen auch Comics aus anderen Weltregionen und neue Formate - wie Manga, Manhwa oder Graphic Novel – in der westlichen Welt populärer zu werden.58 3.4. Comic heute – Kultur, Industrie, Varianten und Bedeutung für die Gesellschaft „Die Vielfalt des grafischen Erzählens ist im 21. Jahrhundert angekommen – und sie ist so groß wie nie. Besonders die Diversifizierung hat zugenommen: Traditionelle Comicreihen, moderne Autorencomics, Graphic Novels, Manga und suchen sich ihr Publikum, bilden eigene Szenen und die Grenzen werden fließender.“59 Thierry Groensteen schreibt, dass der Comic noch immer auf der Suche nach seiner eigenen kulturellen Legitimation ist. Die potenzielle Vielfalt und die kreativen Möglichkeiten des Genres Comic leiden unter dem schlechten Ruf, der dem Medium im letzten Jahrhundert aufgedrückt wurde und durch die Assoziation mit nicht anspruchsvoller Komik, dem kindlichen Zielpublikum, der „Beschränkung“ auf Dialoge, der dargestellten Gewalt und der gleichzeitigen Flucht in das Irreale. Obwohl Comics auch im 21. Jahrhundert noch eine direkte Relation zur Kindheit und einem kindlichen Publikum zugesprochen wird, hat sich die Rezeption des Mediums gewandelt. Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten entwickelt sich der Comic in verschiedenen Formen weiter und beginnt auf immer mehr soziale Schichten und Gruppen Einfluss auszuüben.60 Japanische Mangas und Graphic Novels haben mittlerweile genauso viele, wenn nicht mehr

58 Vgl. Schikowski, S. 82ff. 59 Schikowski, S. 225. 60 Vgl. Thierry Groensteen: Why Are Comics Still in Search of Cultural Legitimization? In: Jeet Heer / Kent Worcester: A Comics Studies Reader. University Press of Mississippi 2009, S. 21ff. 18

Fans und Leser wie die klassischen amerikanischen Superheldencomics. Dazu kommt, dass LeserInnen ihren Beitrag zu den Comicgeschichten und Universen in Form von Bildern, ‚Fanfiction‘, Cosplay und Ähnlichem in die Öffentlichkeit tragen. In Kinofilmen, Webserien, Computerspielen und anderen Medien sind die Stoffe, Handlungsstränge und Charaktere unterschiedlichster Comicsparten vertreten. Galerien und Museen stellen Werke von Comickünstlern aus und veranstalten eigene Ausstellungen dafür. Festivals, Messen und Comic Cons sind Massenveranstaltungen, die mittlerweile weltweit stattfinden und gewaltige Menschenmassen anlocken. Durch die zunehmende Globalisierung kommen die Einflüsse verschiedener Weltregionen zusammen und verhelfen dem modernen Comic zu immer neuen Varianten und Möglichkeiten. Die Zeichenstile von Mangas, Manhwas und westlichen Comics beispielsweise verfließen in manchen modernen Comics genauso wie deren inhaltliche Tropen bzw. Metaphern und Stoffe. Mit dem hat sich der Comic sogar eines völlig neuen Mediums bedient.61

4. Lustige Taschenbücher – Micky Maus und Donald Duck Das Lustige Taschenbuch ist eine deutschsprachige Comicsammlung von Geschichten aus dem Universum rund um Micky Maus und Donald Duck. Während der Ursprung dieser Fantasiewelt im amerikanischen Disney Konzern zu suchen ist, stammen die meisten Geschichten heutzutage aus Italien oder Skandinavien. Um die Bedeutung, den sozialen Einfluss und die Präsenz der Lustigen Taschenbücher in der modernen deutschsprachigen Welt zu erklären, müssen mehrere Aspekte betrachtet werden: Einerseits die Entstehung und der Aufstieg des Disney Konzerns zu einem der mächtigsten Konzerne weltweit, andererseits die Vorgeschichte von Micky Maus und Donald Duck, sowie deren Weg nach Europa und in die deutsche Sprache. Zusätzlich soll in diesem Kapitel die thematische Sammlung von Comicgeschichten in den einzelnen Lustigen Taschenbüchern erwähnt und auf deren pädagogischen und wissenschaftlichen Inhalt hingewiesen werden. Diese thematische Abstimmung der einzelnen Geschichten eines Lustigen Taschenbuchs sind auch der Grund für die spätere Entstehung eigener Sonderbandreihen. Eine der neuesten dieser Sonderbandreihen ist die Reihe LTB History aus dem Jahr 2014. In einem Beitrag der Wissensvermittlungssendung Galileo des deutschen Privatsenders ProSieben aus dem Jahr 2017 stellt der Moderator das ‚Lustige Taschenbuch‘ als eines der erfolgreichsten Bücher der Gegenwart vor. Die Sendung wurde zu Ehren des 50jährigen Jubiläums der deutschen Produktion, und damit als Vorankündigung des 500. Lustigen

61 Vgl. Schikowski, S. 225ff. 19

Taschenbuchs ausgestrahlt.62 Am 10.11.2020 erscheint die 539. Ausgabe des regelmäßig erscheinenden Comichefts mit dem Titel: Lustiges Taschenbuch – Zurück am Tatort Entenhausen.63 4.1. Disney „It’s a family name. The name of a company. A place name (albeit in abbreviated form). It’s a studio. To some, it’s a genre. For most, it means Mickey and Minnie Mouse. Snow White and seven dwarfs. Princesses and musical adventures. Fantasy, romance, and escapism. Childhood, both actual and remembered. It’s a spoonful of sugar to help the medicine go down, and the happiest place on Earth. But to some, it is “The rat”. A sexist throwback to clichéd and damaging gender roles. Hard- core delusional pabulum for the emotionally immature. An example of the ultimate in corporate greed and excess. As one meme famously declares, it is a people trap built by a mouse.”64 Der Begriff Disney ist international bekannt als eines der größten Medienunternehmen der Gegenwart, laut Amy Davis um 2018 „[…] already the world’s largest entertainment corporation […]“65. Es ist interessant, dass The Walt Disney Company, die tatsächlich mit Comics und deren Verfilmung ihren Anfang nahm, in der Pädagogik und Didaktik kaum eine Rolle spielt. Obwohl der Großteil der Menschen, die im 20. Jahrhundert aufgewachsen sind, mit dem Begriff Disney etwas verbindet und mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem der Produkte des Unternehmens beeinflusst wurde, hat Disney nur in seltenen Fällen den Weg in die Schule gefunden. Das Unternehmen ist seit seiner Gründung stetig gewachsen und hat sich 2009 die Kult-Comic-Schmiede Marvel66, 2012 die Filmfabrik Lucasfilm Ltd.67 und 2019 seinen Multimediakonkurrenten 21st Century Fox68 einverleibt. Laut dem jährlichen Bericht 2018 ist der Konzern in vier Geschäftsbereichen tätig: Media Networks, Parks and Resorts, Studio Entertainment und Consumer Products & Interactive Media.69 4.2. Walt Disney – Es begann mit einer Maus … Da der Erfolg des Unternehmens über die letzten beinahe 100 Jahre eng mit Comics und deren Verfilmungen zusammenhängt, wird in diesem Kapitel geschildert, wie Disney entstand. Genauer geht es um Disneys Gründer: Walter Elias (Walt) Disney.

62 Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=csLSmeQU7_0&ab_channel=Galileo 63 Vgl. https://www.lustiges-taschenbuch.de/ausgaben/alle-ausgaben/ltb-539 64 Amy M. Davis: Discussing Disney. Indiana University Press 2019, S. 1. 65 Ebda, S. 1. 66 Vgl. https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/milliardenuebernahme-walt-disney-kauft-kult-comic- schmiede-marvel-a-646099.html. 67 Vgl. https://thewaltdisneycompany.com/disney-to-acquire-lucasfilm-ltd/ 68 Vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/heute/fuer-71-milliarden-dollar-disney-schliesst-fox-uebernahme-ab- 100.html 69 Fiscal Year 2018 Annual Financial Report: The Walt Disney Company. 20

„‘Was für ein Mann ist das, der die Freiheitsmedaille gewonnen hat – die höchste zivile Auszeichnung der Vereinigten Staaten -; 29 Oscars; vier TV-Emmys; Dutzende von Ehrungen aus vielen Ländern und rund siebenhundert weitere Preise. Der von der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet worden ist und von der Art Workers Guild in London; der in Harvard und Yale und an der Universität von Südkalifornien die Ehrendoktorwürde erhalten hat; der den mexikanischen Orden des Aztekenadlers trägt und dessen Ehrungen durch patriotische, pädagogische und Standesorganisationen sowie internationale Filmfestivals nach hunderten zählen?‘ […] PR-Text für The Wonderful Worlds of Walt Disney, 1966“70 Mit diesen Lobeszitaten führt Richard Schickel in seine Biografie über Walt Disney ein. 4.2.1. Walter Disney, Ub Iwerks und Oswald the Lucky Rabbit Walter ‚Walt‘ Elias Disney wurde 1901 in Chicago als viertes Kind von fünf in die Familie von Elias und Flora Disney geboren. Die ärmere Mittelklasse Familie zog allerdings fünf Jahre später wieder zurück aufs Land. In Marceline, Missouri, verbrachte Walter seine gesamte Kindheit und entwickelte eine prägende Liebe für die Natur, Tiere und das Zeichnen. 1910 musste die Familie aufgrund von finanziellen und gesundheitlichen Problemen nach Kansas City ziehen, wo Walt als Zeitungsausträger die Familie mitfinanzieren musste. Der gleichzeitige Besuch einer lokalen Schule stellte für ihn eine große Herausforderung dar. In dieser Zeit begann Walt viel zu lesen: Mark Twain, Horatio Alger, Tom Swift, Sir Walter Scott und Charles Dickens. Später erhielt er seine ersten professionellen Unterweisungen am Kansas City Art Institute und zeichnete Karikaturen, welche er manchmal sogar gegen Dienstleistungen, wie beispielsweise Haarschnitte, eintauschen konnte. Die älteren Kinder verließen die Familie und 1917 zogen die Disneys zurück nach Chicago. 1918 ließ sich Walt beim Roten Kreuz als Fahrer anwerben und wurde in die Nachwehen des ersten Weltkriegs geschickt. Bis September 1919 lieferte er in Frankreich und Deutschland Vorräte von einem Standort zum nächsten. Als er nach Amerika zurückkehrte, hatte er keine fertige Schulbildung und wollte auch nicht in der Geleefabrik seines Vaters arbeiten. Also folgte er seinem älteren Bruder Roy nach Kansas City und begann als Zeichner für den Kansas City Star, eine lokale Zeitung, zu arbeiten. Dort lernte er Ub Iwerks kennen, mit dem er den ersten Versuch einer eigenen Firma wagte: Iwerks-Disney Commercial Artists. Obwohl diese Kollaboration scheiterte, lernten beide etwas aus der Erfahrung und bei ihrer nächsten Anstellung, bei Kansas City Slide, erfuhren sie von der neuen Technik der Animation. Als Walt Disney bemerkte, dass er zwar ein passabler Zeichner war, aber sein wahres Talent eher im Erzählen von Geschichten,

70 Richard Schickel: Disney Welt. Zeit, Leben, Kunst und Kommerz des Walt Disney. Übersetzt von Christian Quatmann. Berlin: Kadmos 19973, S. XIV. 21 dem Konstruieren von Charakteren und dem Formulieren von Ideen lag, begann er selbständig kurze Animationen zu produzieren und heuerte Ub Iwerks für seine neu gegründete Firma Laugh-O-Grams Films an. Nach einigen Höhen und Tiefen musste Walt Disney Bankrott anmelden und zog im Juli 1923 nach Hollywood um. Mit der Produktion der Alice’s Wonderland Cartoons, welche eine reale Hauptdarstellerin in einen animierten Hintergrund einbauten, und der Hilfe seines Bruders Roy, der gerade von Tuberkulose genesen war, konnte Walt Disney schließlich Gewinn machen und das ‚Disney Brothers Studio‘ gründen. Die wenige Minuten langen animierten Cartoons hielten die Firma über Wasser. Von 1924 bis 1927 produzierte und veröffentlichte das Studio insgesamt 56 Cartoons. 1925 heiratete er Lillian Bounds und im Jahr darauf zog das Studio um und wurde in Walt Disney Studio umbenannt. Einem Auftrag von Universal Pictures folgend, erfand Walt Disney 1927 für seinen ersten voll animierten Kurzfilm den Hasen Oswald. Der Kurzfilm Poor Papa wurde stark kritisiert und Disney veränderte den Hauptcharakter und den Stil der nächsten Filme immer weiter. Die Filme und Handlungen wurden lebhafter, komischer, lustiger. Disneys Biograf Bob Thomas beschrieb Walts Erkenntnisse aus dieser Zeit: „He realized what he had known instinctively: that a strong, attractive central character was essential; and that a good storyline was needed, but too much plot could destroy laughter. He also learned that film-company committees could throttle creativity”71. Als es schlussendlich zum Streit über die Rechte an der Figur des Hasen Oswald mit Disneys Verleger Charles Mintz kam und dieser Disney drohte, entschloss sich Walt nie mehr für jemanden zu arbeiten. Nach dem Streit mit Mintz, auf der Heimreise von New York nach Hollywood mit seiner Frau Lillian im Zug, kam Walt die Idee für eine neue, eigene Cartoonfigur: Mortimer Mouse. Lillian gefiel der Name nicht und gemeinsam erfanden sie schließlich Mickey Mouse.72 4.2.2. Kapitalismus, Moral und Animationsfilme Walt Disney hatte ein angespanntes Verhältnis zu Geld. Zwar war das Geldverdienen im amerikanischen Gesellschaftssystem zum Zweck des Lebens und Überlebens immer ein vorrangiges Ziel für ihn, aber die kapitalistischen Extreme, die er in seinem ländlichen und städtischen frühen Leben erleben musste, brannten in ihn einen Hass auf die typisch amerikanische Verehrung des Geldes ein. Geld und Gold als Gottheit und die damit verbundene Missachtung der Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Nachbarschaftshilfe konnte Walt Disney nicht leiden. Auch vor Bankiers und Geldverleihern hatte er keinen Respekt, da er in ihnen nur

71 Bob Thomas: Walt Disney. An American Original. New York: Pocket Books 1976, S. 73. 72 Vgl. Kathy Merlock Jackson: Walt Disney. A Bio-Bibliography. Westport: Greenwood Press 1993, S. 1-13. 22 die Falschheit und den lauernden Betrug aufgrund von Selbstsucht sah. 73 Über Geschäftsleute sagte Walt: ’They are all a bunch of schemers, ’ making me feel ‘like a sheep amongst a pack of wolves. ’”.74 Walt Disney produzierte und verkaufte seine Filme nicht um Geld zu verdienen. Das wurde auch daran erkenntlich, dass er beinahe jeden Cent, der durch Filmeinnahmen zustande kam, wieder in die Produktion neuer Filme steckte. Solange Disney nur mit dem eigenen Geld operierte, ging das auch gut. Es änderte sich, als der Konzern mit Wall-Street- Geld, Bankern und Geschäftsleuten zu arbeiten begann. Über Banker sagte Walt: „Das sind Leute, die nichts von unserem Geschäft verstehen – damit hab‘ ich ständig Probleme gehabt. Ich möchte ja nichts Schlechtes über die Banker sagen, aber sie verstehen einfach nicht, worum es uns geht“. Darum wurden die Verhandlungen und Gespräche mit derartigen Menschen meist von seinem Bruder übernommen, der seinerseits anmerkte: „Man muß sich von diesen Herrschaften möglichst fernhalten, sonst ziehen sie einen runter. Am besten, man hält sie sich, so gut es eben geht, vom Hals“.75 Seine sozialistischen Tendenzen konnte man auch in Walt Disneys Cartoons sehen, wenn gegen Ende jedes Films sogar Einzelgänger und ferne Nachbarn zusammenkommen, um einem Kollegen oder Freund auszuhelfen. In The Spider and the Fly beispielsweise kommt eine ganze Kompanie von Fliegen einer Fliege zur Hilfe, die im Netz der Spinne gefangen ist. Gleichberechtigung, Nächstenliebe und Zusammenarbeit waren für Walt Disney von größter Wichtigkeit. Die Moral, dass wir nur gemeinsam stark sind, ist in vielen Cartoons von Walt Disney zu finden.76 Ein großer Faktor für Walt Disneys Erfolg und seinen Beitrag zur Revolution der Langfilme im Cartoon Genre war seine persönliche Begeisterung und sein Einfühlungsvermögen in die Geschichten und Charaktere seiner eigenen Schöpfung. Er war definitiv nicht der beste Zeichner, aber er konnte seinen Trickfilmzeichnern genau vermitteln, was er haben wollte. Einer dieser Trickfilmzeichner, Ward Kimball, der, genau wie seine Kollegen, bisher hauptsächlich an den ungefähr sieben Minuten langen Cartoons gearbeitet hatte, erinnert sich an Walt Disneys Präsentation der Idee für den ersten Langfilm- Cartoon: Schneewittchen. Zu diesem Zeitpunkt hatte keiner der Angestellten eine Vorstellung von Walts Idee, doch er präsentierte es wie ein Theaterstück. Walt Disney erzählte die gesamte Geschichte, wechselte zwischen verschiedenen Charakteren hin und her, beschrieb bereits Details der einzelnen Szenen und fesselte die gesamte Mitarbeiterschar. „ ‘He portrayed all the parts, ‘one animator remembers. He jumped between scenes, discussing how drama would

73 Vgl. Douglas Brode: From Walt to Woodstock. How Disney Created the Counterculture. Austin: University of Texas Press 2004, S. 27ff. 74 Walt Disney, in a letter to wife, Lillian, dated October 29, 1928 75 Vgl. Schickel, S. 177. 76 Vgl. Brode, S. 27ff. 23 swell with each conflict. ‘He became even the Queen, became the Huntsman, became the dwarfs, Snow White,’ his body bending into each role. One animator would later say that Walt’s acting was so believable, it was as though he were changing imaginary costumes to perform each character. The presentation lasted three hours”77. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Charakterkonzepte der Trickfilmzeichner grob gewesen und basierten auf einfachen geometrischen Figuren. Walt Disneys Präsentation führte zu einer Innovation im Trickfilmgeschäft und bahnte den Weg für die ersten erfolgreichen gezeichneten Langfilme.78 Der Erfolg gab ihm Recht und Disney nahm in den 1930er Jahren Millionen mit seinen Filmen ein. Doch zur selben Zeit begannen sich Gewerkschaften zu bilden, die auch im Disney Konzern für Aufruhr sorgten, obwohl die Arbeitsbedingungen der Zeichner, im Vergleich zu anderen Studios, dort gut waren. Kommunikationsprobleme führten zu Spannungen, Entlassungen und schließlich zum Streik. Diese Komplikationen forderten den Konzern und erst kurz vor dem zweiten Weltkrieg wurde die finanzielle Lage wieder stabil durch den Langfilm Dumbo.79 Während des zweiten Weltkriegs wurden die Disney Studios von der Regierung beschlagnahmt und produzierten mehrere Propagandafilme. Nach dem Krieg widmete sich Walt, im Gegensatz zu vielen seiner Konkurrenten, nicht nur wieder den Cartoons, sondern investierte in das Fernsehen und Naturfilme. Von den Wäldern Alaskas, den Seerobben auf kleinen Inseln über den Kampf zwischen Wespe und Tarantel bis hin zu Wüstenaufnahmen ließ Walt Disney zahllose Naturaufnahmen für Dokumentarfilme machen. Aus diesen Aufnahmen bastelten die Disneystudios Kurzfilme und Langfilme, in denen die tierischen Protagonisten zu ähnlichen Karikaturen verkamen, wie in den früheren Zeichentrickfilmen. Disney ließ die Tiere so darstellen, als würden sie versuchen, den Menschen zu imitieren und damit ihr Leben zu meistern. „Deshalb ist der Tenor der Disneyschen Naturfilme fast ausnahmslos herablassend. Beinahe jeder dieser Streifen verweist darauf, wie vergleichsweise erfolgreich diese niederen Kreaturen ihre Daseinsprobleme doch bewältigen, wenn man bedenkt, daß es ihnen an unserer Intelligenz und an unseren Kenntnissen gebricht“80. Doch Walt Disney hatte mit seinen Naturdokumentationen Erfolg und spielte weitaus mehr Geld ein als die Produktion kostete. So konnte das Studio auch die nebenbei weiter produzierten Realfilme und Zeichentrickfilme ausgleichen. Trotz aller Kritik machten die Disneystudios im Jahr 1950 zum ersten Mal seit über zwei Jahren wieder Gewinn.81

77 Todd James Pierce: The Life and Times of Ward Kimball. Maverick of Disney Animation. University Press of Mississippi: Jackson 2019, S. 36. 78 Vgl. ebda., S. 35ff. 79 Vgl. Schickel, S. 194ff. 80 Ebda., S. 230. 81 Vgl. ebda., S. 223ff. 24

4.2.3. Walters Tod und Vermächtnis Nach 1950 ist der Aufstieg des Disney Konzerns nicht mehr aufzuhalten. Zahlreiche Filmproduktionen, sowohl im Cartoon- als auch im Dokumentar- und Realfilmbereich vermehren die Gewinne, Preise und den Einfluss des Konzerns weltweit. 1955 beginnt mit Disneyland in Kalifornien auch der Betrieb der eigenen Themenparks. Zwischen Filmen, Fernsehserien, Themenparks und Marketing hatte Walt Disney kaum mehr die Energie und Zeit, sich auf das Erzählen seiner Geschichten zu konzentrieren. Er ließ sogar anmerken, dass er möglicherweise langsam zu alt für Trickfilme würde und wollte sich gegen Ende eher auf die Produktion von abendfüllenden Langfilmen konzentrieren. Als Walt Disney 1966 in Los Angeles, Kalifornien, im St. Joseph’s Krankenhaus im Alter von 65 Jahren starb, war er bereits eine Legende. Der Konzern hatte allerdings Bedenken, dass ohne die Führung von Walt alles in die Brüche gehen könnte.82 Kathy Jackson zitiert Walt Disney selbst, als er über sich und den Konzern reflektiert: „Look—Disney is a thing, an image in the public mind. Disney is something they think of as a kind of entertainment, a kind of family thing, and it’s all wrapped up in the name Disney. […] You see, I’m not Disney any more. I used to be Disney, but now Disney is something we’ve built up in the public mind over the years. It stands for something, and you don’t have to explain what it is to the public. They know what Disney is when they hear about our films or go to Disneyland. They know they’re gonna get a certain quality, a certain kind of entertainment. And that’s what Disney is.”83 Der Konzern Disney produziert bis heute Unterhaltung in verschiedensten Formaten und wächst stetig weiter, wie in Kapitel 4.1 bereits ausgeführt wurde. 4.3. Ente und Maus Die zentralen Figuren beinahe aller Geschichten, die in der Comicreihe ‚Lustiges Taschenbuch‘ veröffentlicht werden, sind entweder Micky Maus oder Donald Duck. Zusätzlich sind die Protagonisten und Antagonisten der Geschichten ausgehend von diesen beiden Charakteren entwickelt worden und ergänzten und erweiterten im Verlauf der letzten beinahe 100 Jahre das fiktive Universum, welches sich an die Realität anlehnt und rund um die Stadt Duckburg bzw. Entenhausen aufgebaut wurde. In diesem Kapitel wird ein Überblick über die Entstehung der Comicbücher präsentiert, die in dieser Arbeit behandelt werden. Um diese Entstehungsgeschichte logisch aufbauen zu können, werden die zentralen Figuren und ihre Verwicklung in das Comicgenre und den Disney Konzern erläutert.

82 Vgl. Schickel, S. 273ff. 83 Jackson, S. 68. 25

4.3.1. Micky Maus Micky Maus ist die repräsentativste Figur des Disney Konzerns. Ursprünglich 1928 als Ersatz für Oswald den glücklichen Hasen kreiert, wurde die Maus bald zum Star der eigenen Disney Produktionen. Wie bei Steamboat Willie war die Figur original für die animierten Cartoons gedacht und wurde auch dort verwendet. Erst im Januar 1930 erschien der erste Comic-Strip mit Micky Maus, geschrieben von Walt Disney und gezeichnet von Ub Iwerks. Doch bereits nach wenigen Monaten, im Mai 1930, gaben die beiden den Job ab und Floyd Gottfredson84 übernahm sowohl die Zeichnung als auch die Entwicklung der Geschichten. Gottfredson entwickelte Micky zum Abenteurer und zeichnete in seinen 45 Jahren bis 1975 über 15000 Strips. Die Tagesstrips in Comics zeichnete Gottfredson im ‚Bigfoot-Style‘ indem er die Körperteile seiner Figuren überdimensionierte. Außerdem bekam der Micky Maus Comicstrip 1932 noch eine farbige Sonntagsausgabe. Im Winter 1930 veröffentlichte die Kölnische Illustrierte Zeitung in Deutschland bereits Comic-Strips von Mickey Mouse und 1931 entstand dann der erste selbstgeschriebene deutsche Comic-Strip mit Micky Maus zum Thema Kölner Karneval (da zu diesem Thema nichts aus den USA veröffentlicht wurde). Auch in England und Italien wurden die Comic-Strips über Disneys Mäusehelden bereits 1930 in Zeitungen abgedruckt. Ab 1932 erschien in Italien das Magazin Topolino, ab 1934 in Frankreich Le Journal de Mickey, ab 1936 in der Schweiz die Micky Maus Zeitung und im selben Jahr in England das vollfarbige Mickey Mouse Weekly. All diese Formate beinhalteten nicht nur die originalen Comic-Geschichten aus den USA, sondern bereits auch Eigenproduktionen. Damit waren die Disney-Comics die ersten nachhaltigen globalen Comicexporte überhaupt.85 Mit Micky Maus begann allerdings auch Disneys Merchandising in anderen Sparten und die Maus wurde zur Spielzeugsensation. Anfangs konzentrierte sich das Micky Maus Universum noch auf die Zielgruppe der Kinder, doch die Produkte kamen so gut an, dass sich die Palette bald ausweitete. Von Eisenbahnschienen mit Mickey- und Minnie-Antriebshebeln über Mickey- Maus-Uhren, Kühlerdeckel und Diamant-Armbändern bis hin zu eigenen Spielfiguren wurde alles produziert und international erfolgreich verkauft. Allein bis in die 1950er Jahre war Mickey Maus selbst auf über 5000 verschiedenen Produkten zu sehen. Obwohl die Trickfilme mit der Maus bis 1937 erst in drei Fremdsprachen übersetzt worden waren - nämlich Deutsch, Französisch und Spanisch – erfreuten sie sich internationaler Beliebtheit und die Figur Mickey Maus erreichte einen beinahe politischen Status. Adolf Hitler konnte die Übertragung nicht verbieten, in Jugoslawien wurde die Figur als Revolutionär vertrieben, König Georg V. von

84 Vgl. https://www.lambiek.net/artists/g/gottfredson_floyd.htm 85 Vgl. Schikowski, S.67ff. 26

England weigerte sich für andere Filme als Mickey-Maus-Filme ins Kino zu gehen, Präsident Franklin D. Roosevelt ließ im Weißen Haus hauptsächlich Mickey-Cartoons zeigen und in Japan war Mickey Maus die zweitbeliebteste Persönlichkeit, gleich nach dem Kaiser. Insgesamt war Mickey, unter verschiedensten angepassten Namen, 1937 in 38 verschiedenen Staaten vertreten und, obwohl die Figur amerikanischer präsentiert wurde als jede andere Filmfigur zu der Zeit, durchaus beliebt. Bereits 1935 erhielt Walt vom Völkerbund eine Goldmedaille und eine Urkunde in der ‚Die Maus‘ als ‚internationales Symbol des guten Willens‘ bezeichnet wurde.86 „‘Ich glaube‘, hat Walt Disney einmal gesagt, ‘daß jeder unsere Filme kennt und mag.‘“87 1940 wurden Walt Disney‘s Comics and Stories (WDCS) erstmals von Dell veröffentlicht. Dabei handelte es sich ursprünglich um gesammelte Nachdrucke von Zeitungsstrips, doch ab 1943 begann Carl Barks neue Geschichten um Donald zu zeichnen. Zu jedem neuen Disney-Film wurden neue Auflagen der WDCS gedruckt und verkauft und kurbelten die Einnahmen des Konzerns enorm an. Im Rahmen der WDCS entstanden immer mehr neue Charaktere im Universum der Maus und der Ente und bildeten die Grundlage für zahllose weitere Geschichten. Während die Comics aus den USA während des Zweiten Weltkriegs international kaum verlegt wurden, startete direkt nach dem Krieg eine Comicrevolution infolge derer in verschiedensten Staaten der Welt neue und selbst geschriebene Geschichten aus dem von Disney geschaffenen Universum verlegt wurden. So wurde in Italien die Heftreihe Topolino ab 1949 erneuert und in Deutschland veröffentlichte der Verlag Ehapa ab 1951 das wöchentlich erscheinende Magazin Micky Maus. Während der Erfolg von Micky Maus und Co. als reine Comicfiguren in den USA über die letzten Jahrzehnte immer wieder nachgelassen hat, sind die verschiedenen internationalen Versionen der Comics noch immer sehr beliebt und die meisten in Heftformat abgedruckten neuen Geschichten von Micky Maus oder Donald Duck stammen längst nicht mehr aus den USA. Die in den Lustigen Taschenbüchern im deutschen Sprachraum veröffentlichten Geschichten stammen mittlerweile meist aus Italien, und im Gegensatz zu den Anfangszeiten – als die Autoren der einzelnen Geschichten nicht genannt wurden und bei allen nur Walt Disney als Produzent vermerkt war – ist heute jede Geschichte sowohl mit dem Namen des Autors bzw. der Autorin und dem Namen des Zeichners bzw. der Zeichnerin versehen. Klaus Schikowski beschreibt den andauernden Bekanntheitsgrad der Disney-Comic-Figuren international als „eines der erstaunlichsten Phänomene der Comic Geschichte“88.89 Christine Gundermann schreibt, dass

86 Vgl. Schickel, S. 122ff. 87 Schickel, S. 125. 88 Schikowski, S. 72. 89 Vgl. Schikowski, S 68ff. 27 laut einem Bericht der UNESCO von 1990 die ‚Mickey Maus‘ weltweit eine größere Verbreitung aufwiese als die Bibel oder die Schriften von Lenin.90 4.3.2. Donald Duck Die Ente begann ihre Karriere ähnlich wie die Maus: als Cartoonfigur. 1934 erstmal im Film The Wise Little Hen erschienen, schaffte es Donald Duck direkt danach als einseitiger Zeitungsstrip, von Al Taliaferro gezeichnet, in die Printmedien. Der tollpatschige und vom Pech verfolgte Enterich bekam 1937 Gesellschaft von seinen drei Neffen Tick, Trick und Track (Huey, Dewey und Louie i.O. 91). Nicht-offizielle Abenteuergeschichten mit Donald wurden bereits 1938 in England, von William A Ward, und in Italien, von Federico Pedrocchi, veröffentlicht aber Carl Barks war der erste Amerikaner, der eine komplette Abenteuergeschichte mit der Ente als Hauptfigur zeichnete92. Mit Walt Disney’s Comics and Stories eröffnete sich 1940 eine neue literarische Bühne für die Zeichner und ab 1943 konnte Carl Barks mit der Ausweitung seines Duckschen Universums beginnen. Er erschuf für die Comics die Heimatstadt Entenhausen (Duckburg i.O.), Dagobert Duck (Scrooge McDuck i.O.), Gustav Gans (Gladstone Gander i.O.), die Panzerknacker (Beagle Boys i.O.) und Daniel Düsentrieb (Gyro Gearloose i.O.). Mit all diesen Figuren schuf Carl Barks eine Parallelwelt zu unserer eigenen. Für WDCS erschuf Barks zehnseitige Kurzgeschichten während für die Serie Four Color93 bereits Geschichten mit bis zu 32 Seiten entstanden. Die Inspiration für die abenteuerlichen Reisen seiner Figuren bezog Barks dabei nicht aus eigenen Erfahrungen, sondern aus der Zeitschrift National Geographic.94 Für die ersten kurzen Geschichten lehnte sich Barks an Donald-Cartoons an und für die ersten längeren Donald-Duck-Geschichten galten ihm die Micky-Maus-Comics von Gottfredson als Vorbild. Kater Karlo, ein Gegenspieler von Micky Maus, taucht daher oft auch in Donalds Geschichten als Antagonist auf. Ca. ab 1947 konnte Barks mit seinem erweiterten Charakter-Arsenal zahllose neue lange Geschichten zeichnen und formulierte die Persönlichkeiten der einzelnen Figuren immer mehr aus. Sein Lieblingscharakter, der bis zum Ende auch die meiste Zuwendung von Barks bekommen sollte, war aber seine erste Eigenkreation: Dagobert Duck. Da sich der Disney-Konzern hauptsächlich auf die Produktion von Filmen konzentrierte, wurde der Vertrieb und die Produktion der Comics an Western Publishing abgegeben. Dieser Verlag nahm ab 1958 starken Einfluss auf

90 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 41. 91 Anmerkung: Die Abkürzung „i.O.“ wird hier für „im Original“ verwendet. 92 Vgl. https://www.lambiek.net/artists/b/barks.htm 93 Four Color ist eine Comicserie von Dell Comics, welche zwischen 1939 und 1962 veröffentlicht und in den vier Basisfarben des damaligen Comic-Buchdrucks (Cyan, Magenta, Yellow und Black) abgedruckt wurde. 94 Vgl. Schikowski, S. 68ff. 28 die Comics selbst und legte Barks für die Geschichten ein klares Raster vor.95 Barks sagte über Donald: “I always felt myself to be an unlucky person like Donald, who is a victim of so many circumstances. But there isn't a person in the United States who couldn't identify with him. He is everything, he is everybody; he makes the same mistakes that we all make. He is sometimes a villain, and he is often a real good guy and at all times he is just a blundering person like the average human being, and I think that is one of the reasons people like the duck.”96 “Carl Barks machte Donald zu einer der wichtigsten Comic-Figuren überhaupt; er nahm den eindimensionalen Wüterich und Unglücksvogel der Cartoons und Zeitungsstrips aus seinem begrenzten Umfeld und wandelte ihn zu einem gefestigten, facettenreichen und sehr menschlichen Charakter innerhalb eines abwechslungsreichen, vielschichtigen Universums, auf dem seine Nachfolger aufbauen konnten.“97 Donald Duck wurde als Protagonist zahlreicher Geschichten, vor allem im europäischen Raum, aufgegriffen und bekam zahllose Abenteuer, Berufe, Missgeschicke und Rollen, in denen er von unterschiedlichsten Zeichnern und Zeichnerinnen dargestellt wurde. Speziell für Parodien eignete sich Donalds Figur und bis heute entwickelt sich der Enterich immer weiter und bleibt fester Bestandteil der Comicwelt zahlreicher Länder der Welt.98 Abgesehen von der Comicversion des Enterichs wird an dieser Stelle noch erwähnt, dass die Figur des Donald Duck während des Zweiten Weltkriegs von Disney auch für Propagandafilme für die amerikanische Regierung verwendet wurde. So zeigt Donald Duck in The New Spirit (1942) den Amerikanern, dass das Zahlen der Steuern dem Militär und der Regierung dabei hilft, den Krieg zu gewinnen. Außerdem bekommt der Propaganda Film Der Fuehrer’s Face (1943), der ursprünglich unter dem Titel Donald in Nutzi-Land produziert wurde, als einziger Donald-Cartoon einen Oscar für den besten animierten Kurzfilm. In diesem Film träumt Donald, dass er ein deutscher Soldat ist und die Ausbildung bzw. Erziehung eines solchen durchmachen muss. Die Figur des Donald Duck eignete sich für derartige Propaganda sehr gut und hatte einen starken Einfluss auf die amerikanische Bevölkerung.99

4.4. Aus Duckburg wird Entenhausen – Erika Fuchs Die von Carl Barks erschaffene Fantasiewelt, in der sich Donald Duck und seine Familie, sowie Micky Maus und dessen Angehörige, bewegen, heißt Duckburg. Für den deutschsprachigen

95 Vgl. https://duckipedia.de/Carl_Barks#Fr.C3.BChe_Phase_.28ca._1942_.E2.80.93_1947.29 96 Thomas Andrae: Carl Barks and the Disney . Jackson, Mississippi: Univ. Press of Mississippi 2006, S. 61f. 97 https://www.duckipedia.de/Donald_Duck#cite_ref-Andrae_1-0 98 Vgl. ebda. 99 Vgl. Jackson, S. 38ff. 29

Raum wurden im Rahmen der Übersetzung sowohl die Namen der Figuren als auch viele Schauplätze und Begriffe verändert. Die Änderungen waren für den Erfolg der Lustigen Taschenbücher in Deutschland auschlaggebend und gehen auf eine Person zurück: Erika Fuchs. Sie erschuf für die Ducks einen eigenen Sprachduktus, fing den Jargon der Nachkriegszeit ein und prägte auch die reale Sprache. Die von ihr verwendeten Inflektive in den Comics, wie ‚Ächz‘, ‚Stöhn‘ oder ‚Keuch‘ wurden zu ihren Ehren ‚Erikativ‘ getauft. Außerdem wob sie in die Texte der Sprechblasen sowohl Volksweisheiten als auch Sprichwörter und Shakespeare- bzw. Schillerzitate ein. Für ihr innovatives Übersetzungswerk erhielt Frau Dr. Erika Fuchs noch weit nach ihrer aktiven Schaffenszeit Auszeichnungen und Preise.100 Klaus Kaindl nennt Erika Fuchs als eine der führenden Übersetzerinnen von Comics im deutschen Sprachraum neben Gudrun Penndorf.101 „So wie Luther eine neue Sprache für die Bibel schuf, so beschrieb uns Erika Fuchs das Leben, das Universum und den ganzen Rest in ihrem eigenen Idiom. […] In Deutschland (plus Österreich und Schweiz minus DDR) waren die Disney-Comics für fünfzehn, zwanzig Jahre sprachlich homogen und inspiriert wie nirgendwo sonst auf der Welt. Erika Fuchs übersetzte nicht, sie schöpfte neu.“102 Für Ernst Horst begann der „wichtige“ Lebensabschnitt von Erika Fuchs erst in ihrem 45. Lebensjahr 1951. In diesem Jahr begann die zweifache Mutter und Trägerin eines Doktortitels in Kunstgeschichte für den Ehapa Verlag die Micky Maus und Donald Duck Geschichten zu ‚übersetzen‘. Dabei nahm sie die vorhandenen Geschichten (oft von Carl Barks verfasst) und gab ihnen ihren völlig eigenen Touch. Während die Geschichten ursprünglich hauptsächlich ein kindlich bis jugendliches Zielpublikum hatten, schmückte Erika Fuchs diese mit philosophischen Sprüchen, literarischen Zitaten und Sprichwörtern aus, die oft eher auf eine erwachsene Leserschaft abzielen. Fuchs Kreativität veränderte dabei oft den eigentlichen Wortlaut, Namen, Orte und ganze Textzeilen.103 „Erika Fuchs kannte nur zwei Einschränkungen: die Größe der Sprechblasen und den Gesichtsausdruck der Figuren. In beiden Hinsichten hat sie sich gelegentlich vertan.“104 Als Hausfrau in den 1950er und 1960er Jahren ließ Erika Fuchs in ihre ‚Übersetzungen‘ das gesamte kulturelle Gefüge und das Alltagsleben des westdeutschen Bildungsbürgertums einfließen. So aßen die Entenhausener „eingeschnittene Klöße“ und das Entenhausener Amtsblatt bekam seinen Namen wegen der traditionellen Schwarzenbacher Zeitung: Amtsblatt.

100 Vgl. Schikowski, S. 71f. 101 Vgl. Klaus Kaindl: Das Feld als Kampfplatz. Comics und ihre Übersetzung im deutschen Sprachraum. De Gruyter 2004, S. 224. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Band 29 Heft 2 S. 211-228. 102 Ernst Horst: Nur keine Sentimentalitäten!. Wie Dr. Erika Fuchs Entenhausen nach Deutschland verlegte. Karl Blessing: München 20103, S. 10. 103 Vgl. ebda., S. 13ff. 104 Ebda., S. 20f. 30

In Entenhausen feiert man auch das seit 1803 in Schwarzenbach gefeierte „Wiesenfest“. Die künstliche Süßbrause namens Gurgleurp taufte Fuchs in Blubberlutsch um, und das war nur eine ihrer zahlreichen Änderungen.105 Die gebildete und belesene Erika Fuchs nahm, formte und kopierte, wo sie nur konnte. Dabei waren für viele, weniger belesene, LeserInnen ihre ‚Zitate‘ oft nicht erkenntlich. Aufgrund dessen wurde Erika Fuchs hin und wieder für Wortkreationen und poetische Einfälle gelobt, die sie eigentlich nur aus anderen Publikationen und Weltliteratur ausgeborgt hatte. So geschehen bei dem Geräuschwort „Klickeradoms“, welches aus der Frommen Helene von Wilhelm Busch abgekupfert worden war. Auch Liedtexte übernahm sie, wenn diese in die Sprechblasen und die Situation zu passen schienen, von überall her und fügte sie ein.106 Ernst Horst erwähnt vier sprachliche Elemente in den Comics, die Erika Fuchs auf spezielle Art übersetzte. Das erste und wichtigste Element sind die Sprechblasen. Grundsätzlich handelt es sich dabei um Mono- und Dialoge, die zur Situation des Panels passen sollen. Erika Fuchs glänzte bei der Übersetzung durch ihre schrägen Formulierungen, Gedichte und teilweise zynischen Liedtexte, war aber immer durch die Vorlage begrenzt. Das zweite Element, die Lautwörter oder Onomatopöien, können als Soundtrack der Comics verstanden werden. Während dafür im englischen Original Ausdrücke verwendet wurden, die sowohl Wortstamm als auch Infinitiv waren, prägte Fuchs die Verwendung von lautmalerischen Verbwortstämmen. Diese wurden später mit dem Terminus „Erikativ“ betitelt. Textkästen, das dritte sprachliche Element, füllte Erika Fuchs oft mit spöttischen Formulierungen und verführt damit den Leser bzw. die Leserin zum Schmunzeln. Für das letzte Element verwendete Erika Fuchs ihre persönliche Umgebung, Erfahrung und Lebenswelt: die Übersetzung von Schildern, Wegweisern, Plakaten, Buchtiteln, Etiketten, Reklametafeln und Ähnlichem.107 Dabei ließ sie auch immer wieder ihr Wissen einfließen und verwendete lateinische Begriffe. Bei einer Geschichte aus dem Jahr 1967 ist Dagobert Ducks Zoo zu sehen und die einzelnen Käfige sind mit Tafeln versehen. „Erstaunlich, was es da so alles gibt! Zum Beispiel die Wüstenkeifzange (Xantippa deserta) und das Prunkhörnchen (Sciurus gigantus luxuriosus), das offenbar ein Verwandter unseres Eichhörnchens (Sciurus vulgaris) ist. Im Hintergrund sieht man, wenn man sehr genau hinschaut, einen Käfig mit dem auch noch teilweise verdeckten Schild ‚[Le]rnäische Schlange (sagenhaft)‘. Das ist ein anderer Name für die Hydra, die zu töten die zweite Aufgabe des Herkules war. Im amerikanischen Original steht hier einfach ‚giant worms‘, und so sehen die Viecher, ehrlich gesagt, auch aus. Mit einiger Fantasie kann man die sechs Riesenwürmer

105 Vgl. Ebda., S. 18ff. 106 Vgl. Ebda., S. 33ff. 107 Vgl. ebda., S. 41ff. 31 aber auch als sechs der neun Köpfe der Hydra deuten. Aber welches Kind hat das wohl damals überhaupt gelesen, geschweige denn verstanden? Man sieht, wie viel Liebe die Übersetzerin investiert hat. Manchmal hat sie wirklich Perlen vor die Säue geworfen.“108 Erika Fuchs liebte zusammengesetzte bildhafte Substantive, verwendete gerne Ausdrücke aus der Hochliteratur, wie „Narrenspossen“ von Schiller oder Goethe, und stattete jede der Figuren mit einer eigenen Rhetorik aus. Während jede Figur ihrem Jargon und Gehabe relativ treu bleibt, ist Donald Duck ein Chamäleon, das sich immer wieder, sowohl sprachlich als auch charakterlich, seiner Situation anpasst. Erika Fuchs übersetzte lieber, und dementsprechend auch gekonnter, lustige Geschichten. Micky Maus war ihr zu bieder, anständig und normal.109 Die Biografien der Figuren aus den Comics sind genauso variabel und anpassbar wie die Lage der Stadt Entenhausen. Diese wurde nicht nur von Erika Fuchs umgetauft, sie verbindet in der deutschen Version der Comics sogar zwei fiktive Städte. Denn ursprünglich lebte Micky Maus und seine Verwandtschaft in Mouseton und Donald und Co. in Duckburg. Da die Geschichten, welche Fuchs übersetzen sollte und in die Comichefte eingebaut wurden, aber nicht chronologisch konsistent waren, nahm sich die Übersetzerin die Freiheit, sowohl den Ort als auch die Zeit ihren Bedürfnissen und der Geschichte anzupassen. Das erkennt man auch daran, dass Entenhausen, sofern es möglich war, immer in Europa liegt. Auch war Alkohol in den amerikanischen Originalen ausgeklammert, Rauchen aber völlig normal, zumindest bei zwielichtigen Charakteren. Erika Fuchs baute aber sowohl Bier als auch Schnaps in ihre Geschichten ein und änderte ein „soda“ mal kurz in ein „kleines Helles“, da dies dem deutschen Publikum verständlicher erschien. Mit ihren Übersetzungen machte sie Micky Maus und Donald Duck für das deutsche Publikum zugänglicher, während diese in Amerika zum Mainstream gehörten und die Comicvariante hinter den Cartoons langsam zurückblieb. Auch legte Erika Fuchs weitaus mehr Wert auf Namen als die meisten Originalgeschichten. So änderte sie beispielsweise die „office nurse“, welche Dagobert Duck sein Riechsalz bringt, in „Schwester Mercedes“.110 Und nicht nur die Orte und Namen werden bei Erika Fuchs eingedeutscht, auch alles andere, was man irgendwie auf Deutsch sagen konnte, verdeutschte sie. So hießen in der frühen zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Entenhausen alle Clubs „Klubs“. Puffmais statt Popcorn, Wudu statt Voodoo, Goldgrube statt Goldmine, Knusperflocken statt Cornflakes und Röstbrot oder Zwieback statt Toast sind nur wenige Beispiele der Verweigerung von Anglizismen, welche im späten 20. und 21. Jahrhundert im

108 Ebda. S. 48. 109 Vgl. ebda., S. 49ff. 110 Vgl. ebda., S. 62ff. 32 deutschen Sprachraum immer populärer wurden. Doch auch Fremdwörter, wie Theodolit oder Cephalopoden, baute Frau Fuchs in ihre Übersetzungen ein.111 Aufgrund ihrer eigenen schulischen Karriere und ihrer Freude am Studium stellte Erika Fuchs auch in den Geschichten die Schule, die Universität und Professoren als erhabene Institutionen und aufrechte Menschen dar. Auch in der Gesellschaft von Entenhausen und Umgebung waren sie hoch angesehen.112 Ihre literarische Bildung aus dem Gymnasium und dem Kunstgeschichtestudium verwendete sie in ihrem Beruf auch dafür, dass sie immer wieder deutsche und internationale Literatur in die Dialoge einbaute; auch, wenn im Original gar keine Literaturzitate standen. Am häufigsten verwendete sie dabei Zitate von Goethe- oder Schillerwerken. Auch die in den Zeichnungen verwendeten Buchtitel sind meist von Fuchs geändert und entsprechen tatsächlich erschienen Büchern.113 Dass man aus Comics viel lernen kann, beweist Fuchs auch dadurch, dass sie neben zeitgenössischer und alter Literatur auch Musik, Kulinarik, Flora und Fauna, fremde Kulturen und sowohl rechte als auch linke Ideologien einbaute und Entenhausen als pädagogisches Beispielbild verwendete. Um ihre Vorstellungen und Ideen überzeugend zu vermitteln, veränderte sie dafür auch manchmal die originalen Geschichten beinahe vollkommen.114 Als Chefredakteurin übersetzte sie bis zum Ruhestand 1988 und ihr Einfluss ist auch heute noch in den Übersetzungen zu spüren. Obwohl Carl Barks den Großteil der Comicgeschichten geschrieben hatte, die Fuchs übersetzte, wusste sie bis spät in ihre Übersetzerinnentätigkeit seinen Namen nicht. In den frühen Disneycomics stand nämlich immer nur der Name von Walt Disney als Urheber. 1994 fand Carl Barks seinen Weg nach Deutschland und es kam zu einem historischen Treffen zwischen dem 93jährigen Zeichner und Urheber von vielen Geschichten aus Duckburg und der 88jährigen Übersetzerin und ‚Mutter‘ von Entenhausen.115 4.5. Lustige Taschenbücher und ihre Beschäftigung mit Wissenschaft, Literatur und Pädagogik Die einzelnen Geschichten in den Lustigen Taschenbüchern widmen sich unterschiedlichsten Themen. Maike Herrmann schreibt in ihrer Diplomarbeit 2002, dass die Geschichten kreative Bearbeitungen von geschichtlichen Ereignissen, Phänomenen, Kultur, Kino und Literatur beinhalten. Dabei geht sie besonders auf die Literaturadaptionen ein und zählt einige Beispiele auf. Im LTB Nr. 286 lebt Donald Duck beispielsweise „Unter Wölfen“ und in LTB Nr. 117 und Nr. 221 können zwei verschiedene Varianten von „Vom Winde verweht“ gefunden werden. Verschiedene Adaptionen von Graf Dracula, Sherlock Holmes, Zorro und der mythischen

111 Vgl. Ebda., S. 85f. 112 Vgl. Ebda., S. 98ff. 113 Vgl. Ebda., S. 112ff. 114 Vgl. Ebda., S.98ff. 115 Vgl. https://www.cbarks.dk/themeetingsfuchs.htm 33

Gegend Auralon – die Herrmann als Gegenstück zu Tolkiens Mittelerde versteht – finden sich ebenfalls in verschiedenen Ausgaben der Lustigen Taschenbücher. Auf den städtischen Bühnen von Entenhausen werden auch Theaterstücke aufgeführt, „z.B. ‚Scapins Streiche‘ von Molière (Nr. 213). ‚Der Prinz von Duckmark‘ (Nr. 53), ‚Die verlorene Welt‘ (Nr. 193), ‚Der vorletzte Mohikaner‘ (Nr. 218) und ‚Edgar Allen Maus erzählt…‘“116. In einem Sammelband aus dem Jahr 2001 werden sieben literarische Werke adaptiert: „Krieg und Frieden“ (1986), „Micky Maus – Das Inferno“ (1950), „Sir Goofy, Ritter der Tafelrunde“ (1976), „Die Legende von Donaldin Hood“ (1960), „Die Donaldisee, wie sie wirklich war“ (1961), „Duckullivers Reisen“ (1984) und „Onkel Dagobert – In acht Tagen um die Welt“ (1961). In weiteren LTBs gibt es noch zahlreiche andere Literaturadaptionen wie beispielsweise: „Heimfahrt auf Umwegen“ (Nr. 70), „Dollivers Reisen“ (Nr. 119), „Donald ... und die Räuber“ (Nr. 200) oder die Trilogie „Der magische Ring“ (Nr. 148) mit „Das Gold der Diebelungen“, „Kriemundels Zaubertrank“ und „Der Kampf um den magischen Ring“. Angelehnt an Goethes „Die Leiden des jungen Werthers“ bearbeitet Herrmann in ihrer Diplomarbeit die Geschichte „Die Leiden des jungen Ganthers“ (Nr. 194).117 Lucia Marjanovic sieht den Beginn des Genres der Literaturadaptionen mit Disney-Figuren bereits 1949 mit der Geschichte L’inferno di Topolino von Guido Martina. Disneys Literaturadaptionen unterscheiden sich von normalen Comic-Adaptionen, da sie sich in das Disney-Universum einfügen müssen und teilweise drastische Anpassungen dafür in Kauf nehmen. Im Verlauf dieser Anpassungen werden Elemente der Literaturvorlagen verändert oder sogar ausgetauscht. Beispielsweise werden aus den schrecklichen Zwillingen im Gespenst von Canterville Drillinge, wobei diese als „Tick, Trick und Track in der Rolle der schrecklichen Zwillinge“ vorgestellt werden. Typische Charaktereigenschaften, charakteristische Gegenstände und Verwandtschaftsverhältnisse der Disney-Figuren werden ebenfalls auf die literarischen Vorlagen übertragen. So wird aus einer Vater-Sohn-Beziehung oft eine Onkel- Neffe-Beziehung oder Dagoberts Glückszehner als Schatz oder magisches Amulett adaptiert. Um den Regeln des Comic Codes118 zu entsprechen wird auch die Darstellung von Gewalt, Tod und Sexualität umgangen und dafür werden ebenfalls Anpassungen getätigt. Manchmal werden sogar große Teile der Handlung der literarischen Vorlage gänzlich umgeschrieben, wie beispielsweise in Die Leiden des jungen Ganthers. Im Gegensatz zu Werther bringt sich Ganther am Ende nicht um, sondern schreibt seine Geschichte auf, die zum Bestseller wird und er damit zum erfolgreichen Autor. Nicht nur aufgrund der Einfügung in das Disney-Universum,

116 Maike Herrmann: Literatur in Comic-Adaptionen. Ein aktueller Überblick. Diplomarbeit Fachhochschule Stuttgart 2002, S. 21. 117 Vgl. ebda., S. 21f. 118 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 206f. 34 sondern auch wegen der Einschränkungen des Comic Codes sind also bis heute zahlreiche Änderungen unternommen worden und haben zu teilweise völlig neuen Geschichten geführt.119 Während die Literaturadaptionen in den Lustigen Taschenbüchern mit den bekannten Charakteren und Figuren aus Entenhausen bestückt sind und sie in unterschiedliche Rollen pressen, haben diese auch in ihrer eigenen Welt bestimmte Aufgaben und Tätigkeitsgebiete. Dabei verkörpern sie teilweise unterschiedliche Stereotypen, stehen aber auch repräsentativ für Ideen, Ideologien und Wissensgebiete. So gibt es beispielsweise das Universalgenie Primus von Quack120. Er ist der Neffe von Dorette Duck und besitzt laut eigenen Angaben mehrere Hochschulabschlüsse, zahlreiche Facharztdiplome, 166 Doktortitel sowie 92 Staatsexamen. Er ist auf buchstäblich jedem wissenschaftlichen Gebiet bewandert, weiß auf jede mögliche Frage zumindest eine grobe Antwort und repräsentiert damit alle Wissenschaftsbereiche gleichzeitig. Trotzdem wird Primus in den meisten Geschichten als Repräsentant der Geisteswissenschaften, der Ethik und manchmal auch der Literatur gefordert, während für die Naturwissenschaften und die technischen Fragen Daniel Düsentrieb121 zuständig ist. Primus von Quack erklärt oft verschiedene geisteswissenschaftliche Zusammenhänge, während Daniel Düsentrieb beispielsweise den Kreislauf des Wassers beschreibt, neuartige Erfindungen für Reisen in andere Dimensionen, den Weltraum oder Forschungsreisen ins Innere der Welt bereitstellt und als Hausgenie die Verbrechensbekämpfer von Entenhausen versorgt. Auch Zeitreisen sind möglich, allerdings finden die meisten Geschichten mit Zeitreisen eher um Micky Maus statt. Der Mäusedetektiv bedient sich dabei, meist zusammen mit seinem Freund Goofy, der Zeitmaschine der beiden Professoren Zapotek und Marlin. Auf diesen Zeitreisen122 begegnen Micky und Goofy historischen Persönlichkeiten, finden verschollene Kulturen und beheben Fehler im Raum-Zeit-Kontinuum. Über die Webseite .org ist es möglich, Geschichten zu den verschiedenen Themen zu finden und dabei sowohl deren AutorInnen und ZeichnerInnen als auch deren Ursprungsland zu eruieren. Stefan Brenne schrieb 2016 in der 2018 eingestellten Zeitschrift Historische Sozialkunde: Geschichte, Fachdidaktik, politische Bildung einen Beitrag zu Disney Comics in Bezug auf die Antike. Darin betont er, dass Disney-Comics keine Lehrbücher sind aber durchaus Allgemeinbildung vermitteln. Von der Darstellung antiker Kunst und Architektur über Reisen

119 Vgl. Lucia Marjanovic: Literaturadaptionen in Walt Disney Lustigen Taschenbüchern. In: Barbara Eder / Elisabeth Klar / Ramón Reichert (Hg.): Theorien des Comics. Ein Reader. Bielefeld: transcript 2011, S. 43ff. 120 Vgl. https://www.lustiges-taschenbuch.de/entenhausen/charaktere/die-ducks/primus-von- quack#:~:text=Primus%20von%20Quack%20ist%20der,Primus%20von%20Quack%20nicht%20auskennt.

121 Vgl. https://www.lustiges-taschenbuch.de/entenhausen/charaktere/die-ducks/daniel-duesentrieb 122 Vgl. https://inducks.org/subseries.php?c=Time+Machine 35 zu historischen Schauplätzen wie dem Turmbau zu Babel, den Pyramiden in Ägypten, griechischen Tempeln, römischen Amphitheatern oder gar dem mythischen Atlantis ist viel zu lesen. Brenne erwähnt auch explizit die Sammelbandreihe „LTB History“. Zeitreisen sowohl von Micky als auch von Donald und Co. stehen oft im Zeichen der Schatzsuche. Dabei werden sowohl antike Kunstschätze als auch Gebäude oder entfernte Verwandte, sowie berühmte historische Persönlichkeiten besucht. Die Abbildungen von Kunstschätzen und Gebäuden in den Disneycomics sind oft realistischer als manch einer erwarten würde. Vasen, Statuetten, Waffen und Architekturfragmente sowie große Statuen werden teilweise beinahe fotorealistisch reproduziert, sind aber manchmal nicht der Fokus einer Geschichte, sondern lediglich im Hintergrund zu sehen. Namensänderungen und -anpassungen sowie Wortwitze auf Kosten bereits etablierter Namen, die an Vorwissen gebunden sind, können sowohl als Unterhaltung als auch als Informationsbrocken verstanden werden. Brenne beendet seinen Ausflug in die Welt der Disney-Comics damit, dass sie keine Schulbücher sind, aber sich, auch für Erwachsene – teilweise sogar nur für diese – als interessante Ausgangspunkte für genauere Forschungen eignen können und in ihren Illustrationen und Darstellungen von Historischem durchaus unterhaltsam sind.123 4.6. Sonderreihe: LTB History Die LTB History Reihe aus dem Jahr 2014 enthält in sechs Bänden insgesamt 55 verschiedene Geschichten. Bei diesen Geschichten handelt es sich sowohl um Neuauflagen von Geschichten, die bereits in einem früheren LTB oder anderen Comicband veröffentlicht wurden, als auch um deutsche Erstveröffentlichungen. Bei jeder Geschichte ist spezifisch angegeben, ob es sich um eine Neuveröffentlichung handelt bzw. aus welchem LTB die Geschichte ursprünglich stammt. Außerdem ziehen sich zwei lose verbundene Reihen von Geschichten durch alle sechs Bände: einerseits die „Goof-Geschichte(n)“ und andererseits „Mickys Weltgeschichte“. Alle Geschichten behandeln, in verschiedenen Formen, historische Themen, Ereignisse und/oder Persönlichkeiten und sind chronologisch auf sechs Epochen aufgeteilt. Am Beginn jedes LTB HISTORY befindet sich ein doppelseitiges Kapitel mit dem Titel: „Die Geschichte in der Geschichte“. Darin wird mit einem Zeitstreifen der geschichtliche Rahmen für alle Geschichten in dem jeweiligen LTB gesetzt und historische Daten und Fakten zu den einzelnen erzählten Geschichten angeführt. In den folgenden Kapiteln wird ein Überblick über die Inhalte aller sechs Bände der LTB HISTORY Reihe gegeben, um die verarbeiteten historischen Themen

123 Vgl. Stefan Brenne: Ente, Maus und Altertum. In: Comics und Alte Geschichte. Versuch einer Kontextualisierung. Reihe: Historische Sozialkunde. Geschichte – Fachdidaktik – Politische Bildung. Verein für Geschichte und Sozialkunde 46. Jg./Nr. 2 2016, S. 4ff. 36 darzustellen und die Auswahl, welche der deutsche Egmont Ehapa Verlag für einen relativ vollständigen Streifzug durch die Menschheitsgeschichte gewählt hat, zu präsentieren. Um die Vorstellung zu vereinfachen, werden die Kapitel alle gleich aufgebaut: Zuerst wird der Rahmen des jeweiligen Zeitstreifens vorgestellt, dann die Geschichten nacheinander, wobei die jeweiligen historischen Infos aus dem Kapitel „Die Geschichte in der Geschichte“ in die einzelnen Comics eingebaut werden. 4.6.1. LTB HISTORY 1 – Geheimnisse der Frühgeschichte124 Die Geheimnisse der Frühgeschichte beginnen beim Urknall ca. 15 Milliarden Jahre vor Christus. Der Zeitstreifen selbst springt von der Entstehung der Erde – ca. 4,5 Milliarden v. Chr. – über die Entstehung von Land, Wasser und Lebewesen bis hin zur Urgeschichte der menschlichen Zivilisation. Der Fokus liegt dabei auf Mesopotamien und Ägypten und bindet den Papyrus als Vorstufe des Papiers, die Entstehung der Pyramiden und berühmte Könige und Pharaonen mit ein. Der Julianische Kalender von Julius Cäsar, 45 v. Chr., und die Herrschaft von Kleopatra in Ägypten, 51. v. Chr., beenden den zeitliche Rahmen. Die drei Goofgeschichte(n) dieses LTBs behandeln den Urknall und die Steinzeit, die Entdeckung der babylonischen Zikkurats und des Nilhochwassers in Ägypten. Dabei sind die ProtagonistInnen immer Vorfahren von Goofy. Wie in den meisten Comicgeschichten der LTBs werden bestimmte Silben von Wörtern oder Namen durch spezifische aus dem Comicuniversum ersetzt. In diesen Geschichten findet man z.B. „Goofus habilis“, „Goofgamesh“ und „Goofanchamun“ statt ‚Homo habilis‘, ‚Gilgamesh‘ und ‚Tutanchamun‘. Die gesamte Goofgeschichte(n)-Reihe wird in der ersten Geschichte identifiziert als Versuch von „Indiana Goof“,125 - ein Archäologe, Vetter von Goofy und Hommage an die fiktive Figur des Indiana Jones – eine Chronik der Goofs zu verfassen. Bei Besuch aus dem All zeigt ein Paläontologe in der Gegenwart Steintafeln, die – seiner Meinung nach – die Ankunft und Flucht von Außerirdischen auf der steinzeitlichen Erde darstellen. Die Geschichte schwenkt dann in die Steinzeit und zeigt, dass in Wirklichkeit die Neffen „Zick, Zock und Zack“ nur die Beseitigung eines Meteoriten für ihre Hausübung zum Thema: „Ein Tag im Leben eurer Familie“ dokumentiert haben. Atlantis, der versunkene Kontinent ist eine Zeitreisegeschichte mit Micky Maus und Goofy, welche die beiden 10.000 Jahre in die Vergangenheit ins Gebiet der Antarktis versetzt, welche bei ihrer Ankunft ein mildes Klima aufweist. Ein Meteoriteneinschlag zerstört die Stadt,

124 Walt Disney Lustiges Taschenbuch HISTORY: Geheimnisse der Frühgeschichte. Berlin: Egmont Ehapa 2014. 125 Vgl. https://www.lustiges-taschenbuch.de/entenhausen/charaktere/micky-co/indiana-goof 37 verschiebt die Erdachse und verstreut die Überlebenden in alle Himmelsrichtungen. Sie gründen die nächsten Hochkulturen: Inka, Maya, Ägypter und die Völker Mesopotamiens. Der Turmbau zu Babelhausen erzählt eine alternative Geschichte zum historischen Turmbau zu Babel. Während die Überreste des mehrstöckigen Tempelturms „Etemenanki“ in Babylon 1913 von dem Archäologen „Robert Koldewey“ gefunden wurden, konnte die Sprachverwirrung – welche in der Bibel mit diesem Tempelbau in Verbindung gebracht wird – nicht archäologisch nachgewiesen werden.126 „Donaldnezar“ will einen Turm bis zum Mond bauen, um seinem Volk mit essbarem Mondstein durch eine Dürre zu helfen. Als alles schiefläuft und das Volk Entschädigung verlangt, verstellt sich Donaldnezar und tut so, als spreche er plötzlich eine andere Sprache. Das Volk tut es ihm nach und verweigert so die Arbeit. In Daysiramis – Gesetzlos in Babylon wird die Verschriftlichung des „Hammurabi- Kodex“ in Babylon damit erklärt, dass der König – der bis dahin seine Gesetze nur im Kopf hatte – sein Gedächtnis verliert und die Gesetze von „Daysiramis“ niedergeschrieben werden, damit Verbrecher nicht mehr tun und lassen können, was sie wollen. Die Weltgeschichte aus der Sicht von Micky Maus: Die Große Pyramide behandelt den Bau der Pyramiden von Gizeh. Dabei wird die Gewinnung von Kalksteinblöcken, die Bedeutung von Pyramiden und eine Rivalität Ägyptens mit den Hethitern erklärt. Die Nase der Kleopatra ist eine weitere Zeitreisegeschichte mit Micky und Goofy. Beim Versuch Professor Zapotek im antiken Ägypten zu befreien, erleben sie die Begegnung von Kleopatra und Julius Cäsar, die Entwicklung des julianischen Kalenders und den ‚wahren‘ Charakter von Kleopatras schöner Nase. 4.6.2. LTB HISTORY 2 – Abenteuer der Antike127 Der historische Rahmen, dargestellt über den Zeitstreifen, beginnt 900 v. Chr. mit der Gründung Spartas, behandelt das antike Griechenland und Rom und endet 30 v. Chr. mit Kaiser Augustus. Mickys Weltgeschichte - Die Schätze von Kreta folgen einem phönizischen Seefahrer zur Zeit der Belagerung von Troja. Er trifft in Ithaka einen Neffen des Odysseus und reist mit ihm nach Kreta. Dort enträtseln sie das Labyrinth des Minotaurus, enttarnen denselben als Touristenattraktion und finden den Schatz des Minos im Labyrinth. Die beiden Goofgeschichte(n) des zweiten Bandes spielen einerseits im antiken Sparta und andererseits im antiken Rom. In Sparta ist der unsportliche „Goofosthenes“ als ‚Mädchen für Alles‘ praktisch für die Spartaner, während er im Verborgenen seine Weisheiten an die intellektuellen Größen wie Platon oder Sokrates weitergibt und sogar Odysseus zu seiner Idee

126 Vgl. Walt Disney Lustiges Taschenbuch HISTORY: Geheimnisse der Frühgeschichte. Berlin: Egmont Ehapa 2014, S. 7. 127 Walt Disney Lustiges Taschenbuch HISTORY: Abenteuer der Antike. Berlin: Egmont Ehapa 2014. 38 mit dem ‚Trojanischen Pferd‘ verhilft. In Rom regiert die Bürokratie und „Caius Goofus“ wird von seinen Verwandten, den „Goofgoten“, besucht, welche erst als Invasoren vermutet werden. Aus der Chronik der Ducks – Der ruhmreiche Donaldakis spielt im antiken Athen. Dagobert Duck der Gegenwart erzählt seinen Neffen die Geschichte des Vorfahren „Donaldakis“, der im antiken Griechenland von Athletenruhm träumt. Als das Perserheer übers Wasser anrückt, wird der tollpatschige Donaldakis zum Orakel nach Delphi geschickt, um dessen Rat einzuholen. Auf seinem Weg sorgt er für Chaos und verursacht dann die Zerstörung beider Seeflotten. Danach wird er mit der Siegesbotschaft zurück nach Athen beordert und eilt - gejagt von all jenen, denen er auf seinem Weg bisher Unglück gebracht hatte – nach Athen. Damit war er der erste ‚Marathonläufer‘. Dussolos, Philosoph des Phlegmatismus lässt „Dussolos“ im antiken Griechenland zahlreiche Philosophien erfinden und damit unterschiedlichen Erfolg in der Bevölkerung erzielen. Die Zeitreisegeschichte Das achte Weltwunder begleitet Micky und Goofy dabei, wie sie alle sieben Weltwunder in der Antike besuchen, auf der Suche nach einem mysteriösen achten. Dabei sehen sie den „Leuchtturm von Pharos“ in Alexandria, die „Pyramide des Cheops“, „die hängenden Gärten“ von Babylon, den „Koloss von Rhodos“, den „Artemis- Tempel“ in Ephesos, das „Mausoleum in Halikarnassos“ und die „Zeus-Statue“ in Olympia. Was das achte Weltwunder sein sollte, bleibt unklar. In Mickys Weltgeschichte – Die Römerstraße erklärt der Römer „Goofus Aedificator“ dem Gallier „Mickix“ im nördlichen Gallien die Errungenschaften der Römer. Dafür zeigt er ihm das Garnisonslager, die Straßen und militärischen Taktiken und bemüht sich um einen friedlichen Austausch mit den Galliern. Die Sandalen des Dagobertus Geizkragicus zeigen, welch großen Wert im antiken Rom Sport und Wettkämpfe im Kolosseum gehabt haben. Die Abenteuer des Donaldus Anatrius erzählen die Geschichte eines Römers, der erst als Offiziersanwärter versagt, dann als Galeerensklave seine Freiheit durch einen unfreiwilligen Seher erlangt und schließlich mit diesem Reichtum erwirbt. Durch seine Verbannung hat auch seine Familie in Rom alles verloren und seine ruhmreiche Rückkehr verhilft schlussendlich auch diesen wieder zu Wohlstand. In Hilfe, die Touristen kommen! erzählt Donald seinen drei Neffen die Geschichte des Urahns „Donaldus Anaticulus“. Die ‚Gänse des Kapitols‘ sind in diesem Fall ein Frauenchor, der vor dem Kapitol sang. Denn Rom wird in der Antike von ganz speziellen Barbarenhorden

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überrannt: den Touristen! Eine Gruppe begrüßt die Einnahmen und die Gastfreundschaft Roms, während eine andere von den Touristenmassen gestört wird und diese unterbinden will. 4.6.3. LTB HISTORY 3 – Gefahren im Mittelalter128 Das LTB behandelt eine Zeitspanne vom ersten Hunneneinfall in Europa, 375 n. Chr., bis zur Entdeckung Amerikas 1492. In der Zeitreisegeschichte Attila der Hunnenkönig reist erst Kater Karlo ins Jahr 451 n.Chr. bevor ihm Micky und Goofy folgen. Nachdem der Kater als Stellvertreter von Attila ein Kloster ausraubt, geraten die drei gemeinsam zwischen die Fronten und werden erst von den Hunnen festgesetzt und später von den Römern. Bevor sie von Pfeilen gespickt werden können, reisen sie zurück in die Gegenwart. In Donaldo Furioso – Ein nicht allzu ritterliches Poem versetzt eine Hexe Donald Duck und Franz Gans als Ritter und Knappe ins magische Mittelalter zur Zeit „Kaiser Dagokarls des Großen“. Um seinem Status als Ritter gerecht zu werden, bezwingt „Ritter Donaldo“ verhexte Holzberge, Zauberer, Monstrositäten, schwarze Ritter und Maurenheere, ohne jemals Anerkennung zu bekommen. Nach einem gewaltigen Wutausbruch fliegt er zum Mond und wird durch einen Zaubertrank zurück in seine eigene Welt und Zeit gebracht. Mickys Weltgeschichte – Die Krieger aus dem Norden spielt ca. 1000 n. Chr. an der Küste der Bretagne. Der Stadtchronist Micky begleitet eine Normannentruppe nach Norden. Dort gibt es einen Wettstreit um die Nachfolge als Wikingerkönig zwischen „Goofrik dem Roten“ und „Katur Karlson“. Zwar gewinnt Goofrik mit Mickys Hilfe, aber die Bevölkerung wird zu groß und so entschließen sich Goofriks Nachfolger eine neue Kolonie in Grönland zu gründen. Vor Grönland kommt es zu einer großen Seeschlacht mit Katur Karlson und am Ende erspäht man sogar ein Ufer von Amerika, welches von den Wikingern als nicht existent abgetan wird, da so weit westlich noch nie jemand gesegelt ist. Im Reich von Richard Löwenherz ist eine Zeitreisegeschichte. Micky und Goofy versuchen, Richard Löwenherz in seine Zeit zurückzubringen, treffen dort aber immer wieder auf einen bereits vorhandenen Richard Löwenherz. Nach mehreren Reiseanläufen stellt sich heraus, dass der Fremde eigentlich ein Schauspieler ist und nur sein Gedächtnis verloren hat. Aus dem Tagebuch der Ahnin Lady Daisy – Der Rosarote Recke erzählt die Geschichte einer Landadligen, die davon träumt, Ritter zu sein. Nachdem sie einem verzweifelten Schmied seine irrtümlich rosarot gefärbte Rüstung abkauft, wird sie verkleidet als Ritter berühmt. Als sie sich als Frau offenbart, erlangt sie zwar Ruhm, doch kein Mann will sie haben. Sie trifft auf

128 Walt Disney Lustiges Taschenbuch HISTORY: Gefahren im Mittelalter. Berlin: Egmont Ehapa 2014. 40 den Ritter Donaldin, der eigentlich Gärtner ist, und besiegt ihn. Daraufhin heiraten die beiden und jeder/jede macht was er/sie am liebsten tut. In Goofgeschichte(n) – Der Goofenberg-Code entwickelt Goofbert Goofenberg als Schreiberling für den Orden der Templer einen neuen Geheimcode. Dafür erfindet er Kreuzworträtsel und fährt anschließend mit seinen Wikingervettern nach Amerika. Messere Ducato – Das güldene Fass erzählt die Geschichte von einem reichen florentinischen Wollhändler im 14. Jahrhundert, der verbannt wird, weil er „Dante“ zur Flucht vor seinen politischen Gegnern verholfen hatte. Danach wurden der Händler und sein Neffe auch aus Pisa vertrieben, weil sie fälschlicherweise den Schiefstand des Turmes von Pisa als Vorzeichen für seinen Einsturz proklamierten, und fanden im Hungerturm Zuflucht, in den früher Graf „Ugolino“ verbannt worden war. 4.6.4. LTB HISTORY 4 – Geschichten der Renaissance129 Geschichten der Renaissance verankern den Beginn derselben zwischen 1400 und 1450 in Italien und beinhalten Geschichten von Gutenbergs Buchdruck 1450 über Kopernikus und Galileo, den Dreißigjährigen Krieg 1618-1648, die Französische Revolution 1789-1799 bis zu Edmond Rostands Cyrano de Bergerac 1897. In Mickys Weltgeschichte – Bruder Gooffrieds Entdeckung bringen zwei Mönche im 15. Jahrhundert eine der ersten Druckerpressen von Gutenberg in ein Dorfkloster. Damit wollen sie neue Bücher schnell drucken, um dem Volk etwas zum Lesen zu geben. Da der Großteil des Volkes aber Analphabeten sind, gründen sie kurzerhand eine Schule und mit dem somit verbreiteten Wissen lehnen sich die Bauern gegen den tyrannischen Landherren auf und befreien sich selbst, denn die Feder ist mächtiger als das Schwert! In der Zeitreisegeschichte Das Geheimnis der Mona Lisa reisen Micky und Goofy ins Jahr 1503 nach Florenz. Dort suchen sie Leonardo da Vinci, um die Frage zu klären, warum die Mona Lisa den Mund verschlossen hat. Sie finden heraus, dass Leonardo ein Perfektionist ist, keine Zähne zeichnen kann und den Mund aus Prinzip geschlossen zeichnete. In Polen 1507 spielt die Geschichte Alles auf den Kopf gestellt. In dieser rätselt Kopernikus über dem „Ptolemäischen Planetensystem“, bis dieses durch das randalierende nationale Symbol Polens, einen Storch, durcheinandergebracht wird. Der Diener Donald setzt das System so zusammen, dass nicht die Erde, sondern die Sonne im Mittelpunkt steht und verhilft Kopernikus damit zu einem neuen Denkansatz.

129 Walt Disney Lustiges Taschenbuch HISTORY: Geschichten der Renaissance. Berlin: Egmont Ehapa 2014.

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Die beiden Goofgeschichte(n) des vierten LTB HISTORY Bandes Shakesgoofs Meisterwerke und Von Goofs Erleuchtungen behandeln zwei verschiedene Themen und Zeiträume. In der ersten Geschichte wird im 16. Jahrhundert in London aufgrund einer Namensverwechslung für die Unterhaltung der Königin statt dem Dramatiker William Shakespeare der Puppenspieler Shakesgoof engagiert. Nach erstmaligem Flop wird die Darbietung durch Missgeschicke doch noch unterhaltsam und der echte Shakespeare adaptiert am Ende noch einige Ideen von Shakesgoof für seine eigenen Stücke. Im 18. Jahrhundert in Salzburg versucht sich „Athanasius von Goof“ als Erfinder und Wissenschaftler, erhält aber keine Anerkennung beim Volk. Dafür wird eine Erfindung zur Inspiration für Mozart und er reist weiter nach Paris, um an der ersten „Enzyklopädie“ mitzuarbeiten. In Galileos Geheimnis erzählt Primus von Quack die Geschichte von Galileo Galilei. Der Querdenker war im 16. Jahrhundert vom Medizin- ins Mathematikstudium gewechselt und machte immer wieder bahnbrechende Entdeckungen, aufgrund seines scharfen Auges, wachen Verstands und einer blühenden Fantasie. Donald Duck versetzt es in Ritter Donald de Donaldac nach der Lektüre von Edmond Rostands Cyrano de Bergerac träumend nach Paris um 1640, wo er sich selbst in den Roman träumt, mit all seinen charakteristischen Missgeschicken. In Mickys Weltgeschichte – Höfische Ränkespiele wird anhand von überflüssigen Ehrenämtern, übertriebenen Festen und der Umwandlung des Parks und des Schlosses von Versailles in einen riesigen Vergnügungspark die Verschwendungsfreude des französischen Adels im 17. Jahrhundert dargestellt. 1789 in Paris wird die gewaltige Kluft zwischen Adel und Nicht-Adel in Aus dem Tagebuch der Mademoiselle D’Uquette – Sehr bewegte Zeiten geschildert. Als „Donaldes Duquette“ wegen eines Bagatelldelikts in die Bastille gesperrt wird, führt seine Verlobte – „Daisine Duquette“ – den Sturm auf die Bastille an. Der Katastrophen-Kanonier ist eine Geschichte aus der „Dynastie der Ducks“, erzählt von Dagobert Duck. Tobias Duck hat sich im 19. Jahrhundert bei der Armee als Tambour beworben, wird aber fälschlicherweise als Kanonier rekrutiert. Ihm geschehen zahlreiche Missgeschicke und er wird immer wieder zwangsversetzt, bis eines seiner Missgeschicke eine feindliche Invasionsarmee zurückschlägt und er, nach langer Zeit, doch noch seinen Posten als Tambour erhält.

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4.6.5. LTB HISTORY 5 – Reisen in die Neue Welt130 Reisen in die Neue Welt enthält Geschichten rund um Amerika, Seereisen und die amerikanische Unabhängigkeit. Von der Gründung der Stadt Cuzco ca. 1200 über Marco Polos Entdeckungsreisen 1271, Kolumbus ‚Entdeckung‘ Amerikas 1492, die Ankunft der Pilgerväter 1620, die Unabhängigkeitserklärung 1776 bis hin zum Pony-Express 1860 erleben Enten, Mäuse und andere KollegInnen aus dem LTB Universum zahlreiche Abenteuer. Mickys Weltgeschichte – Der Seeweg nach „Indien“ beginnt 1492 in Spanien. „Mickiño“ reist mit Kolumbus nach Amerika und findet dort zwar kein Gold aber die UreinwohnerInnen der „Kariben“ sowie seinen neuen Freund „Goofinagos“. Die beiden kehren mit Kolumbus zusammen, aber immer noch ohne Schätze, 1493 nach Spanien zurück. Kolumbus erhält trotzdem die Bewilligung und Finanzierung für eine zweite Seereise nach Amerika und Mickiño und Goofinagos leisten sich eine eigene Hacienda. In der Zeitreisegeschichte Das letzte Geheimnis der Inkas werden Micky und Goofy ins Jahr 1533 geschickt und sollen als Konquistadoren unter „Francisco Pizarro“ die geheime Inkastadt „Vilcabamba“ finden. Es gelingt ihnen auch und sie übermitteln die Koordinaten durch einen Zeittunnel in die Gegenwart. Zurück in derselben können sie die geheime Stadt allerdings nicht finden, da sich innerhalb von 600 Jahren die Erdachse verschoben hat und die Koordinaten nicht mehr dieselben sind. Um 1680 im karibischen Meer zeigt Dorgan De Duck den Alltag, den Ertrag und die Widerstände, mit denen ein Pirat dieser Zeit zu kämpfen hatte. Es war einmal in Amerika: Der Schatz der Pilgerväter zeigt Vorfahren von Micky und Minnie Maus, die 1620 aus England nach Amerika auswandern wollen, nachdem Micky einen Überfall auf die Pilgerväter rückgängig macht, um ihnen ihre Ersparnisse zurück zu geben. Daraufhin fliehen Micky und Minnie vor den Banditen mit den Pilgervätern nach Amerika. Im Jahr 1716 bekommt der Tuchhändler Micky in Amerika Konkurrenz und stellt fest, dass sein Konkurrent illegal von armen Arbeitern massenweise Stoffe produzieren lässt. Nachdem diese befreit sind, beginnen sie in Eigenregie mit der Produktion und wollen damit unabhängig werden. 1757 im Gebiet der Great Lakes wird zwischen den Parteien der Engländer, Franzosen und Indianer um die Vorherrschaft gekämpft. Gleichzeitig gibt sich „Räudiger Kater“ als Der letzte Mohikater aus und führt andere hinters Licht. „Mick Mauszahn“, „Goofgachgook“ und dessen Neffe „Unfcons“ retten zwei Damen und ihren britischen Begleiter aus dessen Fängen und geraten danach in unterschiedlichste Abenteuer mit Indianern, Franzosen und Engländern,

130 Walt Disney Lustiges Taschenbuch HISTORY: Reisen in die Neue Welt. Berlin: Egmont Ehapa 2014. 43 bis sie schließlich, nach einer langen Besprechung unter Stammesältesten, den verschollenen Stamm der Mohikater finden und „Räudiger Kater“ endgültig als Schwindler entlarven können. Einer der Hauptpunkte der Geschichte ist die Darstellung der komplexen genealogischen Verstrebungen der Indianerstämme und deren Bedeutung. Der Saloon-Star ist eine typische Hollywood-Wildwest-Geschichte. Darin kommen Saloons, Banditen, die Entführung einer Dame, Schießereien, Verfolgungsjagden hoch zu Ross und das „Teeren und Federn“ vor. In Der Held von Entenhausen erzählt Donald Duck seinen Neffen von seinem Urgroßvater, der ebenfalls Donald hieß und „achtzehnhundertirgendwas“ zum Helden von Entenhausen wurde. Als ‚freiwilliger‘ Fahrer für die Armee von Entenhausen sollte er den Munitionswagen als Verstärkung abliefern. Donald und der Wagen werden aber entführt und der brennende Wagen fährt in das verteidigende „Fort Entenhausen“ ein, nur um kurz danach zu explodieren und das Fort zu zerstören. Daraufhin erhält Donald die Tapferkeitsmedaille als „Held von Entenhausen“. 4.6.6. LTB HISTORY 6 – Ereignisse der Moderne131 Die Zeitspanne des letzten LTB HISTORY beginnt 1879 mit der Geburt Albert Einsteins. Die Geschichten behandeln große Erfindungen wie die „Electric Lamp“ von Edison 1879, das Automobil von Benz 1886 oder die erste Radiosendung 1906. Die Eröffnung des Eiffelturms 1889, die publizierte Relativitätstheorie 1915, der Rock’n’Roll und Elvis Presley in den 1950er und 1960er Jahren sind ebenfalls Thema. Außerdem wird das allererste LTB 1967, der erste Mobiltelefon-Anruf 1973 und die Veröffentlichung von Windows 1.0 eingebaut. Die beiden Goofgeschichte(n) des LTBs heißen Goofin und die Wunder von morgen und Heute, morgen und für immer… die Goofs. In der ersten Geschichte führt „Gaspar Goofin“, der eigentlich nur in der Weltausstellung putzt, eine Gruppe durch dieselbe. Er erzählt ihnen von seinen fantastischen Ideen und inspiriert dadurch „Alexandre August Eiffel“ zu seinem Eiffelturm, „Jules Verne“ zu „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“, die Brüder „Auguste und Louis Lumière“ zu ihrem „Kinematografen“ und sogar „Sherlock Holmes“ ist im Hintergrund dabei. Die letzte ‚Goofgeschichte‘ behandelt im Schnelldurchlauf Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Danach werden Indiana Goof, Micky und Goofy in die Zukunft transportiert und treffen dort auf ferne Verwandte der Goofs. Diese erklären ihnen, dass die Goofs die gesamte Menschheitsgeschichte beeinflusst hätten, aber nie für große negative Ereignisse verantwortlich waren. Bei jeder weltbewegenden Begebenheit war ein Goof anwesend.

131 Walt Disney Lustiges Taschenbuch HISTORY: Ereignisse der Moderne. Berlin: Egmont Ehapa 2014. 44

Mickys Weltgeschichte – Eiffels Turm schildert, wie Micky Ende des 19. Jahrhunderts in Paris mit seinem Entwurf eines großen Eisenturms dem berühmten Architekten „Gustave Eiffel“ dabei hilft den Wettbewerb zur Weltausstellung zu gewinnen und somit den Grundstein für den Bau des Eiffelturms zu legen. In Ohne Licht geht es nicht streiten sich Tick, Trick und Track für eine Hausaufgabe darüber, was die bedeutendste Erfindung der Menschheit sei. Vom Rad über das Flugzeug bis hin zum Fernsehen bringt sie schließlich Daniel Düsentrieb auf die Glühbirne, deren Wert sie erst durch einen Stromausfall erkennen. In Minnies Vorfahrinnen – Madame Topie und die Erfindung des Radios erzählt Minnie Goofy von ihrer „Ururgroßtante Madame Topie“. Diese hat im 19. Jahrhundert bei „Guglielmo Mausoni“ (der in der Realität Guglielmo Marconi hieß) als Haushälterin gearbeitet und ihm bei der Erfindung des Radios geholfen. In der Zeitreisegeschichte Einsteins Geheimnis werden Goofy und Professor Marlin nach Ulm ins Deutschland des Jahres 1892 versetzt, um herauszufinden, warum Albert Einstein nicht gern zur Schule gegangen sein soll. Allerdings finden sie ihn nicht in der Schule. Goofy findet ihn, erkennt ihn aber nicht, und erfährt, dass dieser den Unterricht in der Schule langweilig findet. Eine Traumreise schildert den Werdegang von europäischen Emigranten 1920 in Amerika. Diese gehen erst getrennte Wege, nachdem sie gemeinsam mit einem Schiff in New York angekommen sind, und treffen sich dann wieder, um ihre Geschichten zu verfilmen. In Auf den Spuren von Dick und Doof werden Micky und Goofy in die „Goldenen Zwanziger“ geschickt, um den Beginn der Karriere von Stan Laurel und Oliver Hardy zu erleben. Dabei finden sie zwei erfolglose Komiker vor und zeigen ihnen erst durch deren eigene Gags, wie sie beim Publikum ankommen könnten. Im Entenhausen der wilden 50er-Jahre hat der glücklose Jazzmusiker Donald mit seinem Modelvetter Gustav zu kämpfen. Als er schließlich berühmt werden will, wechselt er den Musikstil und gründet Die Rolling Ducks. Mit dem neuen Rock’n’Roll bringt er die Massen zum Tanzen und sticht sogar die neuesten Musikboxen aus. Die elektronische Revolution beginnt damit, dass Dagobert Duck Probleme mit seiner kohlebetriebenen Dampfrechenmaschine und seinen Lagerhallen voller Archivmaterial bekommt. Ein „Heimcomputer“ bringt ihn auf die Idee sein System zu modernisieren. Kurzerhand werden die Papierarchive digitalisiert, die Büros mit Computern ausgestattet und das Personal umgeschult. Plötzlich will jeder einen Heimcomputer und die Datenkabel legen den gesamten Verkehr lahm. Niemand verlässt mehr sein Haus. Der Raub von persönlichen

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Daten und der Absturz der Computer durch Überlastung führen zu dem Ergebnis, dass die Technik wohl doch noch nicht reif genug für den alltäglichen Gebrauch ist.

5. Geschichteunterricht mit Comics Um die Verwendung von Comics als Medium im Geschichteunterricht zu legitimieren, muss erst klargestellt werden, ob sie den Anforderungen der methodischen Handlungsregeln und der Geschichtsdidaktik gerecht werden. Da unser historisches Wissen erst durch Rekonstruktion aus Quellen entsteht und diese Quellen in ihrer Perspektive eingeschränkt sind, ist im Umgang mit Medien und Quellen im Geschichteunterricht immer auf multiperspektivische Darstellung und Reziprozität zu achten.132 Die multiplen ProtagonistInnen in Comics und die interpretatorische Freiheit aufgrund der Mechanik der Panels, erlaubt sowohl Multiperspektivität als auch Raum für kreative Fragen und Interpretationen. In kritischer Betrachtung ist die historische Darstellung im Comic demnach geeignet für die Verwendung im Geschichteunterricht. 5.1. Geschichtsdidaktische Grundlagen Geschichtsdidaktik als Verknüpfungspunkt von Geschichtsbewusstsein, Geschichtsforschung und Geschichtskultur hat sich seit den 1970er Jahre in ihrer Definition nicht verändert. Hans- Jürgen Pandel führt verschiedene traditionelle Didaktik Definitionen an, beispielsweise von Annette Kuhn, Jörn Rüsen oder Karl-Ernst Jeismann, bevor er erklärt, dass eine zeitgemäße Definition von Geschichtsdidaktik diese als Wissenschaftsdisziplin sehen sollte, welche Fachdiskurse über Geschichte in unterschiedlichen Gruppierungen und Situationen erforscht.133 Ende des 20. Jahrhunderts befanden sich die Geschichtsdidaktik und die Geschichtswissenschaft in einer langjährigen Krise, der ein Paradigmenwechsel folgte. Dieser zeigte sich schließlich darin, dass die Geschichtswissenschaft von einer historischen Geisteswissenschaft zur ‚Sozialwissenschaft‘ umformuliert wurde. Klaus Bergmann kritisiert dabei, dass, in einem verengten Sinne, alle Wissenschaften als ‚Sozialwissenschaften‘ bezeichnet werden könnten, da die Ergebnisse und Erkenntnisse der Wissenschaften immer einen kritischen oder ideologischen Einfluss auf die soziale Lebenswelt haben.134 Im Gegensatz zum Historismus spricht die neue historische Sozialwissenschaft den menschlichen historischen Akteuren einen engen Spielraum zu und sieht den Menschen als Ergebnis seiner Umstände und

132 Vgl. Hans-Jürgen Pandel: Methodik. In: Klaus Bergmann u. a. (Hgg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik. Seelze-Velber: Kallmeyer 19975, S. 386ff. 133 Vgl. Hans-Jürgen Pandel: Geschichtsdidaktik. Eine Theorie für die Praxis. Schwalbach/Ts.: WOCHENSCHAU Verlag 2013, S. 38ff. 134 Vgl. Klaus Bergmann: Geschichtsdidaktik. Beiträge zu einer Theorie historischen Lernens. In: Ulrich Mayer/ Hans-Jürgen Pandel/ Gerhard Schneider (Hrsg.): Forum Historisches Lernen. Schwalbach/Ts.: Wochenschau 1998, S. 33ff. 46 weniger als deren Bestimmer. An diesem Punkt setzt das neue Selbstverständnis der Wissenschaft an, denn ihr Ziel ist es jetzt nach neuen Lösungen zu suchen, um den Menschen das notwendige Werkzeug und die Ideen zu geben die Zukunft zu gestalten. „Das Interesse der historischen Sozialwissenschaft an einer vernünftig und human organisierten Gesellschaft der Zukunft und an einer Verhinderung überflüssiger menschlicher Leiden und Entbehrungen sowie die Grundannahmen der historischen Sozialwissenschaft über die historisch- gesellschaftliche Totalität führen zur Erschließung neuer Gegenstandsbereiche, die von denen der traditionellen Historie z. T. erheblich abweichen und allmählich auch in den Geschichtsunterricht eindringen“135. Die historische Sozialwissenschaft will die Menschen besser über die Vergangenheit aufklären und damit die Voraussetzungen für eine human organisierte Gesellschaft der Gegenwart und Zukunft schaffen. Diese Denkweise erweitert auch den Bezugs- und Arbeitsbereich der Geschichtsdidaktik. Diese wird nun über den Geschichtsunterricht hinaus wichtig und widmet sich sowohl Bildungs- und Selbstbildungsprozessen als auch Lehr- und Lernprozessen in allen gesellschaftlichen Bereichen. „Als so verstandene Theorie hat die Geschichtsdidaktik die Aufgabe, die Entstehung, Beschaffenheit und Wirkung von Geschichtsbewußtsein sowohl deskriptiv- empirisch zu erforschen als auch zugleich didaktisch-normativ zu regeln“136. Das theoretisch weite Forschungsfeld der Geschichtsdidaktik besteht schließlich einerseits in der Selbstreflexion der Geschichtswissenschaft, der Erforschung der Bedeutung der Geschichte im gesellschaftlichen Zusammenhang und andererseits in der Analyse und Erforschung – nicht der reinen Methodik – des Geschichtsunterrichts. Somit analysiert und organisiert die Geschichtsdidaktik auch was durch Geschichtswissenschaft im schulischen Kontext erreicht wird oder werden soll. Die Geschichtswissenschaft soll SchülerInnen das nötige Instrumentarium in die Hände legen, um Geschichte rational zu erfassen und zu deuten, aktualisiertes historisches Wissen zu erlangen, sich selbst von Handlungszwängen zu befreien und kritisch über Handlungen zu reflektieren. Eine kritische Analyse der Vergangenheit in der Gegenwart, um eine bessere Zukunft zu ermöglichen, das soll Geschichteunterricht sein. Klaus Bergmann schrieb: „Ein Geschichtsunterricht, der auf die Suche nach Zukunft in der Vergangenheit geht, und die Geschichte untersucht, um Zukunft zu entdecken, ist die einzige Form, in der historisch-politische Bildung noch möglich und zulässig ist“137. Die Geschichtsdidaktik will im Geschichtsunterricht erreichen, dass die Gesellschaft als

135 Ebda., S. 40. 136 Ebda., S. 44. 137 Ebda., S. 51. 47 verbesserungsbedürftig und verbesserungsfähig erkannt wird, um den Bedarf nach neuen Lösungen für aktuelle Probleme aufzudecken. Eine bessere Zukunft steht im Fokus.138 Nicola Brauch beschreibt Geschichtsdidaktik einerseits als wissenschaftliche Disziplin, welche sich mit der fachlichen Planung von Lernprozessen und der theoretischen Begründung von fachdidaktischen Entscheidungen befasst und andererseits als Disziplin mit dem Ziel der Unterscheidung zwischen Geschichte und Historie. Gleichzeitig erforscht die Geschichtsdidaktik noch das Geschichtsbewusstsein der Gesellschaft und versucht individuell ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein zu fördern. Für den Begriff ‚Historie‘ bedient sich Brauch einer Aussage des 2006 verstorbenen Historikers Reinhart Koselleck, der 1971 in einem Aufsatz den Unterschied zwischen der allgemein gebräuchlichen ‚Geschichte‘ und der wissenschaftlich forschenden Geschichtswissenschaft – der ‚Historie‘ – hervorhob.139 Während die Existenzkrise der Geschichtswissenschaft am Beginn des 21. Jahrhundert eine untergeordnete Rolle spielt, sieht sich die Geschichtsdidaktik trotzdem einem gewaltigen Aufgabenberg gegenüber, der unterschiedliche Gebiete, Aspekte und Begriffe definiert sehen will. Den Geschichteunterricht und die LehrerInnenbildung betreffend hebt Brauch fünf Begriffe als Grundprinzipien der Geschichtsdidaktik hervor: Gegenwartsbezug, Problemorientierung, Kompetenzorientierung, Multiperspektivität und Handlungsorientierung.140 Ulrich Baumgärtner beschreibt in seinem Einführungswerk Geschichtsdidaktik als Wissenschaft vom Geschichtsbewusstsein sowie als Theorie und Praxis des historischen Lehrens und Lernens der Geschichte. Dabei steht Geschichtsbewusstsein als Forschungsgegenstand im Vordergrund der Didaktik und Baumgärtner erläutert hier die Standpunkte von Karl-Ernst Jeismann, Hans-Jürgen Pandel und Jörn Rüsen. Die drei Definitionsansätze zum Begriff Geschichtsbewusstsein geben einen Überblick darüber, was unter dem Begriff verstanden werden kann, sind aber keinesfalls eindeutig. So analysiert das Geschichtsbewusstsein Daten und Erinnerungen und bewertet diese und entfernt sich dabei von der Einstellung des bloßen Wissenserwerbs und bewegt sich hin zur Auseinandersetzung mit Geschichte. Außerdem gibt es sowohl ein individuelles als auch ein kollektives Geschichtsbewusstsein und beide sind emotional geprägt. Jörn Rüsen lenkt seine Überlegungen eher in die Richtung, welchen Nutzen das Individuum in dessen Lebenswelt aus der Geschichte und der Vergangenheit ziehen kann. Einig sind sich alle drei darin, dass mentale Operationen

138 Vgl. Ebda., S. 38-51. 139 Vgl. Nicola Brauch: Geschichtsdidaktik. Berlin/Boston: Walter de Gruyter 2015, S. 13ff. 140 Vgl. Ebda., S. 22f. 48 im Vordergrund stehen und das Geschichtsbewusstsein sich aufgrund seiner emotionalen Komponenten von anderen kognitiven Systemen unterscheidet.141 Im Zusammenhang mit Geschichteunterricht hat die Geschichtsdidaktik laut Hans-Jürgen Pandel die Kernaufgabe „…, diejenigen Themen und Inhalte zu bestimmen, die es der nachwachsenden, aber auch der älteren Generation erlauben, ihren historischen Horizont zu erschließen und zu erweitern sowie sich an geschichtskulturellen Diskursen zu beteiligen“142. Denn es obliegt dem Lehrpersonal, anhand von politisch bestimmten Richtlinien, einzelne Begebenheiten für die Themenwahl ihres Unterrichts auszusuchen. In dieser Auswahl müssen grundsätzlich drei Aspekte beachtet werden: • Das kulturelle Selbstverständnis einer Gesellschaft muss sich widerspiegeln. • Erziehung und Bildung der nachwachsenden Generation steht im Vordergrund. • Das staatliche Handeln soll durch die Auswahl legitimiert werden. Daher stellen sich Fragen nach dem Stellenwert einzelner Epochen und Ereignisse in der Geschichte. Die Gegenwart und Neuzeit sammelt immer mehr an Inhalt und Antike und Mittelalter rücken weiter in die Ferne, während ständig neue Erkenntnisse und die schon bisher nicht bewältigbare Masse an möglichen zu vermittelnden Informationen eine vollständige Unterweisung in den Themen der Geschichte nicht zulassen. 143 Gleichzeitig kann verlinkt mit der Frage nach den Inhalten auch die Frage nach deren optimaler Darstellung und Präsentation im Unterricht gestellt werden. Klaus Bergmann weist außerdem darauf hin, dass die Geschichtsdidaktik nach dem „Bedeutsam-Allgemeinen“144 fragt. Während Wissenschaftler ihre Fragestellungen an die Geschichte relativ frei wählen können, da sie nicht direkt von den LeserInnen ihrer Erzeugnisse abhängig oder diesen verschrieben sind, trifft dies auf LehrerInnen keinesfalls zu. Um einerseits einen ansprechenden Unterricht zu gestalten und andererseits die Kompetenzen von SchülerInnen zu fördern, müssen LehrerInnen ihre Methoden, Themen und Fragestellungen ununterbrochen aktualisieren, evaluieren und an ihr Publikum anpassen. Bergmann spricht in diesem Zusammenhang von den „Großen Fragen“, denen sich die Geschichtsdidaktik stellt und die sowohl das gesellschaftliche Leben in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit und Zukunft erläutern und/oder leiten sollen. Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass diese „Großen Fragen“ sich in Vergangenheit,

141 Vgl. Ulrich Baumgärtner: Wegweiser Geschichtsdidaktik. Historisches Lernen in der Schule. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2015, S. 24ff. 142 Hans-Jürgen Pandel: Geschichtsdidaktik. Eine Theorie für die Praxis. Schwalbach/Ts.: WOCHENSCHAU Verlag 2013, S. 187. 143 Vgl. ebda, S. 179ff. 144 Klaus Bergmann: Der Gegenwartsbezug im Geschichtsunterricht. In: Klaus Bergmann u.a. (Hrsg.): Methoden Historischen Lernens. Schwalbach/Ts.: WOCHENSCHAU Verlag 2002, S. 23. 49

Gegenwart und Zukunft ähneln und Themen sich wiederholen. Fragen nach Gerechtigkeit und gutem Leben, Glauben und Hoffnungen, Partizipation, Gewalt, Krieg und Frieden sowie nach Gleichberechtigung sind nur einige Beispiele. All diese Fragen behandeln das menschliche Verlangen nach Glück und gutem Leben in einer Welt gefüllt mit Leid und sich ständig verändernden Gefahren. Die Veranschaulichung von Historischem kann das didaktische Handeln jedes Individuums ermöglichen und sowohl bei der Suche nach den aktuell wichtigen Fragen als auch den Antworten darauf helfen.145 Christine Gundermann nennt als didaktisches Ziel der Beschäftigung mit Comics im Unterricht die Ausprägung einer piktoralen Lesefähigkeit. Diese Fähigkeit ist Voraussetzung für den korrekten Umgang und das korrekte Verstehen von Comics, kann aber gleichzeitig, Gundermann verweist hier auf Dietrich Grünewald146, nur durch den Konsum und die Arbeit mit möglichst vielen verschiedenen Arten von Comics erlangt und verbessert werden.147 Als populäres Massenmedium, welches immer mehr an Beliebtheit zunimmt, hat der Comic bereits seit Jahrzehnten eine prägende Wirkung auf die Fantasie und verschiedene behandelte Themen der Leserschaft. Auch unser Geschichtsbewusstsein und unsere Vorstellungen verschiedener Epochen und historischer Ereignisse wird durch die Darstellung in Geschichtscomics mitgeprägt. Gundermann bemerkt zwar, dass es bis in die 1990er Jahre keine Belege für einen Einfluss der Comics auf unser Geschichtsbewusstsein gäbe, die Behauptungen aber hartnäckig bleiben. Das große motivationale Potenzial der Bildergeschichten, das Ansprechen der sinnlich-emotionalen Seite der LeserInnen und die Tatsache, dass allein der Zeichenstil bereits eine Identifikation mit Protagonisten und Protagonistinnen einer Geschichte ermöglicht, sind mit verantwortlich für den großen Erfolg und Einfluss des Mediums. Um diesen Einfluss zu nutzen, untersucht Gundermann die gezielte Stimulierung des Geschichtsbewusstseins im schulischen Unterricht durch die Verwendung und Bearbeitung von Geschichtscomics.148 Geschichtscomics stellen an sich die Behauptung auf sich mit ‚echter‘ Geschichte zu befassen. Dabei verfolgen sie verschiedene Strategien, um ihre Authentizität unter Beweis zu stellen. Bereits der Titel und Untertitel eines Comics spielen dabei eine Rolle und stellen meist Behauptungen auf wie ‚Eine wahre Geschichte‘ oder ‚grafische Biografie …‘ um sich selbst zu rechtfertigen.149 Dabei ist die Authentizität von Geschichtscomics zuallererst nur eine Behauptung und kann durch

145 Vgl. ebda., S.21ff. 146 Vgl. Dietrich Grünewald: Vom Umgang mit Comics. Berlin: Volk und Wissen 1991, S. 108. 147 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix, S. 72. 148 Vgl. ebda., S. 74ff. 149 Vgl. Christine Gundermann: Inszenierte Vergangenheit oder wie Geschichte im Comic gemacht wird. In: Hans-Joachim Backe u.a. (Hg.): Ästhetik des Gemachten. Interdisziplinäre Beiträge zur Animations- und Comicforschung. Berlin: De Gruyter 2018, S. 262. 50 bildlich dargestelltes Zeigen von Quellen in unterschiedlichster Form unterstützt werden. So können in manchen Geschichtscomics Fotografien, Fachliteratur, Briefe und Tagebücher gezeichnet oder beinahe fotorealistisch eingebaut sein, um den historischen Wahrheitsgehalt zu unterstützen. Gundermann listet in ihrem Beitrag zahlreiche Beispiele für derartige Unterstützungen auf und verweist darauf, dass trotz aller Darstellung unterschiedlichster Quellen für den Geschichtscomic leider oft die Transparenz nachrangig bleibt. Geschichte im Geschichtscomic tritt möglicherweise das Erbe des Historismus an, denn versucht wird, darzustellen, was ‚wirklich gewesen ist‘. Dabei wird eher nach literarischen Maßstäben als nach historisch-kritischen Methoden gearbeitet und der Geschichtscomic bleibt dabei eher eine Geschichtstransformation. Zwar wird mit unterschiedlichsten Authentifizierungsstrategien versucht eine Abgrenzung zur Fiktion zu erzeugen, doch die Darstellung von Geschichte als vergangene Wirklichkeit kommt ohne ein wenig Fantasie nicht aus.150 5.2. Der Wert des Bildes – Graphisches Erzählen Beim Comic ist einer der wesentlichen Faktoren, wie in Kapitel 3.2.1. genauer erläutert wird, das Bild. Bilder sind eine der diversifiziertesten Darstellungsmöglichkeiten von Ideen, Szenen, Geschehnissen und sowohl Vergangenheit als auch Zukunftsvisionen. Einerseits ist der Begriff ‚Bild‘ aufgrund seiner potenziell vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten schwierig zu definieren. Andererseits hat jeder Mensch sofort ein ‚Bild‘ im Kopf, wenn dieser Begriff benutzt wird. Während Bildquellen oft mehr als 1000 Worte sagen könnten, sind sie immer, eingebunden in verschiedene Kontexte, unterschiedlich zu interpretieren. Die Interpretation ist dabei oft von Zusatzinformationen abhängig. Bilder werden mittlerweile in vielen Schulfächern verwendet, teilweise als Einstieg in eine Unterrichtseinheit oder zur Veranschaulichung verschiedener Sachverhalte. Bilder und Filme zählen sowohl in Naturwissenschaften als auch in den geisteswissenschaftlichen Fächern zu gebräuchlichen Bestandteilen des Unterrichtsprogramms. Während laut Kunibert Bering und Rolf Niehoff das Schulfach Kunst als einziges das Bild als Bild problematisiert, werden SchülerInnen in allen Schulfächern mit Bildern unter didaktischen Zielsetzungen konfrontiert.151 Ob Fotografie, Zeichnung oder bildliche Nachbildung, das Fach Geschichte bedient sich seit jeher Bildern. Gerhard Paul wirft der Geschichtswissenschaft vor, bis Ende der 1990er Jahre das Bild allerdings nur auf das trägergebundene stehende Bild reduziert und nicht

150 Vgl. ebda., S. 270ff. 151 Vgl. Karin Kranhold/Elisabeth K. Paefgen/Martin Lücke: Bildung durch Bilder in interdisziplinärer Perspektive. Kunstwissenschaftliche Bildvermittlung im Schulunterreicht. In: Klaus Krüger/ Karin Kranhold (Hg.): Bildung durch Bilder. Kunstwissenschaftliche Perspektiven für den Deutsch-, Geschichts- und Kunstunterricht. Bielefeld: transcript Verlag 2018, S. 13f. 51 als Medium und Bildakt mit eigenen Einstellungen und Aussagen verstanden zu haben152. „Bilder […] sind nicht nur kommunikative, sie sind auch >lebendige Dinge<. Sie waren und sind immer mehr als Repräsentationen von etwas, als die sie gerade Historiker noch immer primär betrachten. Sie waren und sind auch mehr als Medien, die Botschaften und Deutungen transportieren. Und sie sind mehr als passive Objekte der Anschauung. Bilder machen etwas mit uns, mit ihren Betrachtern“153. Dazu kommt noch, dass in Europa das 20. Jahrhundert bildlich dominiert war durch Darstellungen, Fotos und Reportagen der beiden Weltkriege; zumindest in Bezug auf den Geschichtsunterricht. Die europäische Expansion, die Erfindung von Nationen und die ‚klassische‘ lateineuropäische Geschichtseinteilung in Antike, Mittelalter und Neuzeit sind aber nicht mehr zeitgemäß. Das eurozentristische Weltbild tritt mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts immer mehr in den Hintergrund und auch in Geschichtsschulbüchern und Zeitschriften der Geschichtswissenschaft sieht man mehr Einblicke in beispielsweise die arabische oder ostasiatische Welt. Doch die Ergänzung durch neue Inhalte ist nicht genug, denn das Erzählmuster muss sich ändern.154 In Schulbüchern werden Bilder auch heute noch meist hauptsächlich als Leitvisualisierungen verwendet. Beispielsweise findet sich am Beginn des Mittelalterkapitels oft eine bildliche Darstellung der Ständegesellschaft. Hierbei wird entweder ein König, eine Bauernfamilie oder der Holzschnitt Lichtenbergers, Pronosticatio, gezeichnet abgebildet, da unser Verständnis vom Mittelalter vor 1500 verknüpft ist mit diesen Begriffen. Dabei wird oft ignoriert, ob die Bilder auch einen historischen Bezug zu ihrer Abbildung haben, überhaupt aus der Zeit stammen, welche sie darstellen, oder anderweitig eine glaubwürdige Version des auf ihnen Dargestellten liefern können. Viele Schulbücher nutzen visuelle Kondensationen für das „Menschenbild“ des „Mittelalters“, welche es bis zum 15. Jahrhundert gar nicht gab, die aber nach 1500, in der „Neuzeit“, häufig zu finden sind. Die Glaubwürdigkeit des Dargestellten muss dadurch immer kritisch betrachtet und hinterfragt werden. Bernhard Jussen weist auf einige dieser fraglichen Verwendungen von Bildmaterial hin, in denen historische Ereignisse, Gesellschaftsstrukturen, Personen und Ähnliches visuell erst viel später aufbereitet und präsentiert werden und damit ihren Wahrheitsanspruch nicht geltend machen können. Jussen bemerkt außerdem, dass schulische Geschichtsbücher sich mit ihren Bildern häufig Fehler erlauben. So versieht die

152 Vgl. Gerhard Paul: Von der historischen Bildkunde zur Visual History. Eine Einführung. In: Gerhard Paul (Hg.): Visual History. Eine Einführung. Göttingen 2012. 153 Gerhard Paul: Visual History und Geschichtsdidaktik. Grundsätzliche Überlegungen. In: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 12 2013, S. 15. 154 Vgl. Bernhard Jussen: Geeignet oder ungeeignet? Bilder in aktuellen Schulbüchern für den Geschichtsunterricht. In: Klaus Krüger, Karin Kranhold (Hg.): Bildung durch Bilder. Kunstwissenschaftliche Perspektiven für den Deutsch-, Geschichts- und Kunstunterricht. Bielefeld: transcript Verlag 2018, S. 172ff. 52

Schulbuchreihe „Geschichte und Geschehen“ des Klett Verlags 2008 ihren Band zur „Antike und Mittelalter“ mit einem Ausschnitt des Krönungsbildes Herzog Heinrichs des Löwen und seiner Frau Mathilde, betitelt dies aber als Ausdruck der bildlichen Legitimation „mittelalterlicher“ Königsherrschaft. Abgesehen davon, dass derartige politische Repräsentationen 1188 schon nicht mehr üblich waren, handelt es sich bei dem Dargestellten nicht um einen König. 155 Für den Geschichtsunterricht werden Bilder recycelt, alte Bilder falsch verwendet und sogar für neue Themenschwerpunkte kaum Bildmaterial gefunden, da Bildrechte, Verlage, Bildungssystem und AutorInnen die Aktualisierungen erschweren. GeschichtelehrerInnen stehen am Beginn ihrer beruflichen Karriere vor dem Problem, dass sie mit dem veralteten Schulbuchmaterial arbeiten müssen, welches auch von wissenschaftlicher Seite kein Interesse und demnach keine Erneuerung bekommt. „Arbeiten mit Bildern hat kaum jemand gelernt“156. Bildmaterial und Arbeitsaufträge zu demselben in den aktuellen Schulbüchern ist wenig überzeugend und es ist ein Kampf mit Vorschriften, Organisationen, Auswahl und veralteten Systemen für all jene, die etwas daran ändern wollen. Jussen meint außerdem, dass historische Bildreihen für die Betrachtung und Bearbeitung besser geeignet wären als Einzelporträts, da sie Vergleiche zuließen.157 Aber nicht nur die Auswahl der richtigen Bilder stellt eine Schwierigkeit dar, auch die Interpretation und richtige Deutung selbst können problematisch sein. Markus Bernhardt stellt zwei Positionen in der geschichtsdidaktischen Diskussion zur Verwendung von Bildanalyse-Schemata gegenüber: Einerseits das Panofsky-Modell mit den Anhängern Hans-Jürgen Pandel158 und Michael Sauer159, und andererseits Bernhardts160 präferierte Sichtweise, die von Christoph Hamann161 und Kristina Lange162 unterstützt wird. Bernhardt kritisiert Pandels Ansatz, da Pandel davon ausgeht, dass Bilder wie Texte „gelesen“ werden können und SchülerInnen, da sie ja bereits sehen können, auch in der Lage sind, Bilder richtig und gleich zu deuten. Bernhardt stellt dem entgegen, dass Bildinterpretation eine Form des Sehens benötige, die stark auf individuelle

155 Vgl. Ebda., S. 175ff. 156 Ebda., S. 203. 157 Ebda., S. 202ff. 158 Hans-Jürgen Pandel: Bildinterpretation. Die Bildquelle im Geschichtsunterricht. Bildinterpretation I, Schwalbach/Taunus: Wochenschau 2008. 159 Michael Sauer: Bilder im Geschichtsunterricht. Typen, Interpretationsmethoden, Unterrichtsverfahren. Seelze: Klett 2000. 160 Markus Bernhardt: Bild und Sprache. Zum Verhältnis von Anschauung und Denken in der geschichtsdidaktischen Bildinterpretation. Zugleich eine Antwort auf Hans-Jürgen Pandel. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 64 2013, H. 11/12, S. 732-746. 161 Christoph Hamann: Visual History und Geschichtsdidaktik. Bildkompetenz in der historisch-politischen Bildung. Herbolzheim: Centaurus 2007. 162 Kristina Lange: Schülervorstellungen zur Bildquellenarbeit im Geschichtsunterricht. ‚Ja, aber so lernen wie Rechnen oder Lesen muss man das, denke ich mal, nicht‘. In: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 12 2013, H. 1, S. 27-45. 53

Deutungen, Gefühle und Assoziationen aufbaut und demnach von Person zu Person unterschiedlich ist. Das „Sehen“ von Bildern muss dementsprechend erst gelernt werden und ist keine bereits bei jedem Schüler und jeder Schülerin vorhandene Fähigkeit.163 Das Deuten und Interpretieren von Text ist eine der Grundvoraussetzungen für den Unterricht und eine konstante Anforderung an SchülerInnen. Der Großteil des Lerninhalts wird auch in Form von Texten präsentiert – entweder geschrieben oder vorgelesen. Das Bild tritt oft in den Hintergrund, ist nur eine Begleiterscheinung und auch vermeintlich weniger aussagekräftig, da es leichter unterschiedlich gedeutet werden kann und einen Kontext benötigt. Dietrich Grünewald analysiert zahlreiche Werke der Bildenden Kunst, die narrativ autonome Szenen darstellen, aber für ein adäquates Verständnis des Betrachters bzw. der Betrachterin den Text der Geschichte schon als Vorwissen benötigen. Plakate, Zeichnungen und Poster zeigen bildliche Darstellungen von Geschichten oder Ausschnitten derselben, haben aber lediglich illustrativen Charakter. Sie erzählen die Geschichten nicht selbst, sondern unterstützen diese nur.164 In einer groß angelegten Untersuchung zur Verwendung des Geschichtsschulbuches in österreichischen Schulen stellten Ulrike Kipman und Christoph Kühberger auch die Frage nach dem Stellenwert, der den Bildern zugesprochen wird. Dabei fiel einerseits auf, dass Geschichtsschulbücher zwar einiges an Bildmaterial verwenden, mit diesem aber nicht immer effektiv arbeiten, sondern es teilweise vorrangig des illustrativen Charakters wegen verwenden. Andererseits werden schriftliche Quellen aus den Schulbüchern zwar oft vom Lehrpersonal im Unterricht eingesetzt, die bildlichen Quellen aber öfter aus anderen Medien (beispielsweise aus Sachbüchern und dem Internet) bezogen. Auch die wenigen Bilder mit Arbeitsaufgaben werden dadurch meist nicht bearbeitet. Überhaupt wird in der Untersuchung ermittelt, dass eine länger dauernde Analyse von bildlichen Quellen eher eine Ausnahme im Unterricht darstellt und häufiger eine Auseinandersetzung mit den Intentionen hinter den Bildern stattfindet. Negativ fällt auf, dass bei vielen Quellen nur „kurz deren Inhalt“ besprochen wird und eine genauere didaktische Aufarbeitung übergangen wird. Doch die Benutzung von bildlichen Quellen steigt und fällt auch den SchülerInnen auf. „Damit ist unverkennbar notwendig, Zugänge der Visual History verstärkt zu berücksichtigen, die den Vormarsch einer visuell geprägten (Geschichts-) Kultur im Klassenzimmer differenziert durch ihre Einsichten und Theorien unterstützen kann. Bilder ‚lesen‘, verstehen und verbalisieren zu können, gehört spätestens seit der

163 Vgl. Markus Bernhardt: “Sehen kann jeder!“. Zu einem Irrtum der geschichtsdidaktischen Bildinterpretation. In: Klaus Krüger / Karin Kranhold (Hg.): Bildung durch Bilder. Kunstwissenschaftliche Perspektiven für den Deutsch-, Geschichts- und Kunstunterricht. Bielefeld: transcript 2018, S. 209ff. 164 Vgl. Dietrich Grünewald: Die Kraft der narrativen Bilder. In: Susanne Hochreiter / Ursula Klingenböck (Hg.): Bild ist Text ist Bild. Narration und Ästhetik in der Graphic Novel. Bielefeld: transcript 2014, S. 25f. 54

Jahrtausendwende zu einem breit anerkannten Lernbereich, der sich nicht zuletzt über die Bilderflut um uns herum (aber auch durch die von uns verursachte) begründen lässt“165. Zusätzlich merken Kipman und Kühberger an, dass fast nie ein Vergleich zwischen den Inhalten verschiedener Schulbücher durchgeführt würde. Der Unterricht bleibt fixiert auf das in der Schule vorherrschende Schulbuch und dementsprechend limitiert ist die Quellenlage.166 Eine Wende der Wahrnehmung erzeugte der Film. Grünewald formuliert es als „eine Art Wahrnehmungsgesetz”, dass wir Bilder in Reihe als zusammenhängend und narrativ verstehen. Im Kopf bringen wir diese dann in Bewegung und erzeugen unseren eigenen Film. Eine enge Bildfolge unterstützt dabei unseren Denkprozess und die Bildfolgen in modernen Comics verwenden filmisch inspirierte Mittel wie Perspektive und Schnitte. Ein weiterer Wendepunkt in der Bedeutung und Verwendung von Bildern kam dank dem Internet. Durch die ständige Verfügbarkeit und die rasche Verbreitung von Bildern sind diese zu einer eigenen universellen Sprache geworden. Trotzdem fehlt es uns weiterhin an den nötigen Fähigkeiten, um Bilder auf Anhieb zu verstehen, denn das will erlernt werden und jedes Bild ist eigen und bedarf einer eigenen Interpretationsweise. Auch weiterhin benötigen viele Bilder Kontext, um verstanden zu werden, aber die Menge an Bildern und Bildgeschichten hat in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen. Die zahlreichen Bildgeschichten, Comics, Graphic Novels, Mangas und anderen kunstvollen Formen der Bildverwendung zeichnen sich momentan, sowohl in ihrer Präsentation durch Autor bzw. Autorin als auch in ihrer Rezeption durch eine große individuelle Freiheit aus.167 „Conventionally, text outweighs pictures, with the latter often static and used sparsely. In comics, however, pictures dominate the text, with words necessary only when the picture on its own cannot fulfil the narrative purpose”168 . Christian Wessely spricht genau dies an, definiert aber gleich den Comic selbst als einfaches Bild oder Serie von Bildern, die in sich selbst eine Geschichte erzählen. Während die Menge und Länge der Bilder variieren kann, erstreckt sich die Narration immer über den Moment der bildlichen Aufnahme hinaus. Und obwohl Comics oft durch Text unterstützt werden, können sie auch ohne Worte eine Geschichte erzählen, wie im folgenden Beispiel von Carl Barks Uncle Scrooge.

165 Ulrike Kipman / Christoph Kühberger: Einsatz und Nutzung des Geschichtsschulbuches. Eine Large-Scale- Untersuchung bei Schülern und Lehrern. Wiesbaden: Springer VS 2020, S. 125. 166 Vgl. Ebda., S. 118ff. 167 Vgl. Grünewald: Die Kraft der narrativen Bilder, S. 40ff. 168 Christian Wessely: On the History and Hermeneutics of Comics. Graz: Universitätsbibliothek Graz, 2017, S. 27. 55

Abbildung 2 Carl Barks, Uncle Scrooge 11 - Roundabout Handout 1955169 Die Möglichkeiten von Bildern und Comics sind groß, aber keine visuelle Kunstform kann alle Details einer persönlichen optischen Erfahrung produzieren und wahrnehmbar machen. Doch die Verwendung und Einbindung bestimmter Details, Zeichenstile und Darstellungsformen kann die emotionale Wahrnehmung von Bildern stark beeinflussen und damit den narrativen Fluss derselben bestimmen, ändern oder steuern.170 Genauere Ausführungen zum graphischen Erzählen können in Florian Traberts, Mara Stuhlfauth-Traberts und Johannes Wassmers Band Graphisches Erzählen171 nachgelesen werden. 5.3. Comic als Medium historischen Lernens Der Comic als potenzielles Medium für den Geschichteunterricht kann zu den Historischen Fiktionen gezählt werden, welche Hans-Jürgen Pandel als Ergänzung zu den drei Gruppen der Medien historischen Erinnerns sieht: Dokumente, Monumente und Historiographien. Historische Fiktionen entnehmen historisches Wissen aus vorhandenen Dokumenten und Monumenten und verarbeiten es relativ frei. Dabei ergänzen Romane, Spielfilme und eben Comics die historischen Überreste mit erfundenen Details. Bei der Beschäftigung mit

169 https://inducks.org/story.php?c=W+US+++11-04 170 Vgl. Wessely, S. 24ff. 171 Florian Trabert / Mara Stuhlfauth-Trabert / Johannes Wassmer (Hg.): Graphisches Erzählen. Neue Perspektiven auf Literaturcomics. Bielefeld: transcript 2015. 56

Historischen Fiktionen ist daher die kritische Analyse und der Authentizitätsanspruch an das Medium und dessen Inhalt besonders wichtig. Die Frage nach den Quellen des dargestellten Wissens und deren Zuverlässigkeit und Authentizität kann den linearen, durch LehrerInnenvorträge geprägten, Unterricht aufbrechen und zu SchülerIn-LehrerIn- Diskussionen führen, damit historisches Lernen zur Identitätserweiterung der SchülerInnen führen kann.172 Björn Bergold greift den Begriff der historischen Authentizität in seinem Werk zur Zeitgeschichte im Spielfilm auf. Darin definiert er etwas, das er selbst als „Historizität der Fiktion“ bezeichnet. Bergold behauptet, dass historische Szenen in Spielfilmen nie als völlig korrekt dargestellt bewiesen werden können. Allerdings kann die „Historizität des Fiktiven“, oder „Historizität der Fiktion“, erreicht werden, wenn sowohl historische Elemente in der Geschichte verarbeitet werden und einer kritischen Prüfung standhalten als auch die UrheberInnen der Geschichte, bzw. des Spielfilms, sich für die Historizität ihres Werkes verbürgen. Damit würde sich das entstandene Werk in einem Rahmen einer abstrakten historischen Angemessenheit bewegen, da es sowohl fiktive Elemente als auch historische enthält und von sich behauptet, es könne auf diese oder eine ähnliche Art wirklich historisch geschehen sein.173 Die enge Beziehung zwischen Comics und animierten Filmen legt nahe, dass derartige Theorien zur Historizität in Spielfilmen auch auf Comics und Graphic Novels zutreffen können. In diesem Fall würde ein Comiczeichner bzw. eine Comiczeichnerin, der bzw. die sich für die historische Authentizität seines bzw. ihres Werkes verbürgt und historische Elemente in der jeweiligen Comicgeschichte verwendet, einen Anspruch auf die historische Authentizität der Darstellung erheben, der durchaus ernst genommen werden kann. In Bezug auf historisches Lernen im schulischen Unterricht schreibt Georg Veit über historische Jugendliteratur. Der Name ‚Jugendliteratur‘ lässt sich darauf zurückführen, dass derartige Literatur für jugendliche LeserInnen konzipiert wurde und heute auch noch wird und dementsprechend andere Kriterien erfüllen muss. Diese Selbstansprüche an die Literatur haben sich in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder verändert, hatten aber bis heute immer die Erziehung der Jugendlichen als Fokus. Seit der Aufklärung wurde die Jugendliteratur zunehmend pädagogisiert und gleichzeitig trivialisiert. Nach 1945 wurde in der Jugendliteratur zwischen ‚gutem Jugendbuch‘ und ‚Schundliteratur‘ unterschieden. Erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts, nach neuen Erkenntnissen der historischen Jugendliteraturforschung und im Zusammenhang mit der Vergangenheitsbewältigung, begannen einzelne AutorInnen sich mit

172 Vgl. Hans-Jürgen Pandel: Medien historischen Lernens. In: Klaus Bergmann u. a. (Hgg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik. Seelze-Velber: Kallmeyer 19975, S. 416ff. 173 Vgl. Björn Bergold: Wie Stories zu History werden. Zur Authentizität von Zeigeschichte im Spielfilm. Bielefeld: transcript 2019, S. 60ff. 57 ihrer Lebenswirklichkeit und Vergangenheit auseinander zu setzen. Vergangenheit und Gegenwart werden in Jugendliteratur verarbeitet und zunehmend politische Jugendliteratur wird verlegt. Für die historische Jugendliteratur, sowohl in Belletristik als auch in der Populärwissenschaft, ist für die didaktische Instrumentalisierung historische Recherche der Fakten und Triftigkeit entscheidend. Allerdings ist das eigentliche Problem der Belletristik in diesem Zusammenhang der gelungene Perspektivenwechsel. Die Fabrikation einer authentischen Empathie und damit die Befriedigung der Lesebedürfnisse nach Identifikation, Exotik, Evasion und literarischer Originalität stellt eine Herausforderung für die AutorInnen dar. Dabei ist diese authentische Empathie notwendig für die didaktisch erstrangige Horizonterweiterung und eigenständige Wertebildung der jugendlichen Leserschaft. Zum Ende des 20. Jahrhunderts hin gibt es zahlreiche Produkte, welche „eine niveauvolle Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und Gegenwart ermöglichen: epische Textsorten wie Romane, Erzählungen, Novellen, Anthologien, Comics und literarpragmatische (sog. Sachbücher) wie Sacherzählungen, Sachberichte, Monographien, Sachbild(er)bücher, ebenfalls Comics und Mischformen“174. Doch in den tatsächlichen schulischen Unterricht ist die historische Jugendliteratur bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, zumindest in Deutschland, nicht durchgedrungen. Zwar werden von Regierung, Vereinen und Verlagen Rezensionen, Zusammenstellungen und Zeitschriften zu potenziell interessanter Jugendliteratur und deren Einsatz im Unterricht veröffentlicht, doch diese werden kaum genutzt. Neue Medien und Unterrichtsformen mit Ortswechsel haben sich als Neuerungen in der Schule durchgesetzt, doch die Beschäftigung mit historischer Jugendliteratur würde vieles erfordern: intensive Auseinandersetzung der Lehrpersonen mit dem Material, vorhandene Infrastruktur (Bibliotheken) und Zeit. Außerdem steht die Frage nach dem didaktischen Ertrag im Raum. Georg Veit schreibt zu diesem: „Dieser [der didaktische Ertrag] besteht v. a. in der Anreicherung der sog. Zweiten Wirklichkeit (vgl. Doderer 1992, 26-30, 253-255) mit realistischen Stoffen, die gleichwohl nicht dem Alltag der Schülerinnen und Schüler vertraut sind, in der Intensivierung selbständiger historischer Erkenntnisarbeit, in der Einbeziehung affektiver sowie kreativer Komponenten, im Irritationspotential, in der flexibleren Schülerorientierung. Außerdem lohnt die spezifische Leistung von Literatur, Fragmentarisches imaginativ zu Lebenswelten zusammenzufügen, den – kritischen – Einsatz.“175 Historische Jugendliteratur kann in diesem Zusammenhang sowohl

174 Georg Veit: Historische Jugendliteratur. In: Klaus Bergmann u. a. (Hgg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik. Seelze-Velber: Kallmeyer 19975, S. 441. 175 Georg Veit, 19975, S. 445. 58 selbst historisch-kritisch untersucht als auch zur Ergänzung des Unterrichtsthemas verwendet werden. In Einzel- oder Gruppenarbeit kann dabei die Kreativität der SchülerInnen gefordert und gefördert werden. Obwohl die Ganzlektüre am ertragreichsten wäre, ist die vergleichende Analyse von Textauszügen und Abbildungsbeispielen sinn- und reizvoll und erfordert wesentlich weniger Zeit und Aufwand. Beim Einsatz von Jugendliteratur ist besonders darauf zu achten, dass sie nicht nur zum Zweck des Methodenwechsels verwendet wird, sondern im didaktischen Konzept des gesamten Geschichteunterrichts eingebettet ist. Denn der Einsatz von historischer Jugendliteratur zielt spezifisch auf die Anreicherung der Zweiten Wirklichkeit der SchülerInnen mit realistischen Stoffen, welche einerseits den Horizont und die Vorstellungskraft der SchülerInnen erweitern und andererseits zu kritischen Fragen reizen sollen.176 Zu beachten ist dabei die Authentizität des Comics und des jeweils gewählten zu behandelnden Abschnitts. In den meisten Comics sind mehrere Authentizitätstypen zu finden: zum Beispiel verwendete schriftliche oder bildliche historische Quellen. Auch angegebene Sekundärliteratur sowie Informationen und Aussagen zum Wahrheits- bzw. Fiktionsgehalt der Darstellung können beispielsweise im Epilog oder Vorwort gefunden werden. Außerdem nimmt die Geschichte und Perspektive des Comics beinahe immer eine geschichtspolitische Position ein und will eine bestimmte Orientierung verdeutlichen. Über all diese Zusatzinformationen muss bei der Behandlung eines Comics diskutiert werden.177 Die vielfältigen Möglichkeiten von Comics beschreibt Sven Pieper folgendermaßen: „Es gibt wohl kein Thema, das sich nicht in eine Bildgeschichte umsetzen läßt, Ausdrucksmöglichkeiten und Inhalte des Mediums entwickeln sich immer weiter“178 Während ‚Autorencomics‘ seit den 1970er Jahren das Ansehen und Niveau des Mediums gehoben haben, sich literarisch an der Gattung des Romans orientieren und damit das Publikum und die Vermarktungsmöglichkeiten erweitert haben, entwickelten sich in den letzten Jahrzehnten auch ‚Sachcomics‘. Diese setzen Sachbücher in gezeichnete Bilder um und haben einen dedizierten Anspruch auf kritische Darstellung. Sie vermitteln „Geschichte von unten“ und können teilweise als „Geschichtslerncomics“ bezeichnet werden. Während anfangs speziell geschichtliche Themen in derartigen Comics verarbeitet wurden, breitet sich das Spektrum weiter aus und mittlerweile gibt es für viele Wissensgebieten ‚Sachcomics‘. Diese reichen „… von der Visualisierung

176 Vgl. Georg Veit, 19975, S. 440ff. 177 Vgl. Christine Gundermann: Abschied von Farbe und Fiktion? Comics in der politisch-historischen Bildung. In: Urs Hangartner, Felix Keller, Dorothea Oechslin (Hg.): Wissen durch Bilder. Sachcomics als Medien von Bildung und Information. Bielefeld: transcript 2013, S. 164. 178 Sven Pieper: Historische Jugendliteratur. In: Klaus Bergmann u. a. (Hgg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik. Seelze-Velber: Kallmeyer 19975, S. 633. 59 philosophischer Ideen bis hin zur gezeichneten Einführung in die Medizin“179. ‚Sachcomics‘ konzentrieren sich dabei auf die bestimmte Darstellung von Fakten, während ‚Autorencomics‘ zu Beginn eher historische Settings als Hintergrund verwendeten, aber weniger auf die tatsächlich korrekte Implementierung achteten. Seit den späten siebziger Jahren steigt allerdings das Angebot an qualitativ hochwertigen Comics mit historischen Stoffen und speziell jüngere Ereignisse werden auf unterschiedliche Arten präsentiert. „Die Türme von Bos-Maury“ von Hermann Huppen bietet seit 1987 beispielsweise, anhand von ineinander verwobenen Handlungssträngen, einen Einblick in die feudalen Gesellschaftsstrukturen des Mittelalters. Patrick Cothias und Christian Lax zeigen in „Die Zeit der Aufklärung“ (Mannheim: Feest 1989) die politischen und sozialen Wandlungsprozesse im Verlauf der französischen Revolution 1789. Doch am zahlreichsten sind die Verarbeitungen des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Zeit des Nationalsozialismus, der Holocaust und dessen Folgen werden auf unterschiedliche Arten visuell und narrativ geschildert. „Der Schrei nach Leben“ von Paul Gillon und Patrick Cothias ist eine Darstellung des Lebens von Martin Gray, einem jüdischen Jungen, der die Besetzung Warschaus durch die Nationalsozialisten erlebt und überlebt hat und mit seiner Familie im Ghetto leben musste. Friedemann Bedürftig und Dieter Kallenbach versuchten sich an einer Comic-Biografie zu Adolf Hitler, welche sich an historischen Bildvorlagen und Fotografien orientierte. Zu den meist diskutierten und interpretierten ‚Autorencomics‘ zählt „Maus. Die Geschichte eines Überlebenden“ von Art Spiegelman. Dieser verarbeitete die Lebensgeschichte seines jüdischen Vaters Wladek während des Holocaust und stellt die Nationalsozialisten als Katzen und ihre Opfer als Mäuse dar. Stilistisch orientiert er sich an den amerikanischen Underground-Comics und weckt mit dieser frischen und neuen Art der Darstellung möglicherweise wieder neues Interesse am Thema. Nahost-Konflikte, Vorurteile und politische aktuelle Verschwörungen erfreuen sich immer neuer Bearbeitungen in Comics und stehen aktuell hoch im Kurs.180 René Mounajed schreibt das neue Interesse an Comics, zumindest für die historisch-politische Bildung, der aktuellen Auffassung zu, dass Geschichte als Narrativ verstanden werden kann und soll. Doch Mounajed merkt außerdem an, dass dem Historiker bzw. der Historikerin allgemein eine weitaus höhere Fachkompetenz und damit Glaubwürdigkeit in Bezug auf historische Sachverhalte zugerechnet wird als einem Künstler oder einer Künstlerin. Während Geschichtscomics, Graphic Novels sowie historische Literatur und Filme zwar immer mehr Zuspruch finden und in der Wissenschaft und Bildung gerne genannt und behandelt werden, muss immer die Frage nach der historischen Triftigkeit oder

179 Ebda, S. 633. 180 Vgl. ebda, S. 633ff. 60

Korrektheit gestellt werden. Denn davon hängt die potenzielle Verwendung im Unterricht und auch die Art der Verwendung von Geschichtscomics ab. Mounajed überprüfte im Rahmen seiner Dissertation Geschichtscomics und stufte 61% davon als ‚nicht historisch triftig‘ ein. Der Umkehrschluss zeigt, dass 39% der überprüften Geschichtscomics durchaus als ‚historisch triftig‘, nach Mounajeds Kategorisierung, gelten und somit als Material im schulischen Unterricht direkt verwendet werden können. Mounajed zeigt in einem Beitrag auf der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung das Verhältnis von Kunst und historischer Triftigkeit im Geschichtscomic anhand der Auseinandersetzung mit zwei Arbeiten von Isabel Kreitz („Die Sache mit Sorge“ und „Ohne Peilung“) und einer Arbeit von Walter Moers („Adolf – Der Bonker“).181 Oliver Näpel merkt zur Triftigkeit an, dass beim Comic der Zeichenstil oder dessen Realismus nicht ausreichen für eine Beurteilung. Näpel sieht in Hans-Jürgen Pandels Authentizitätskategorien von 1993 einen guten Ansatz für die Ermittlung historischer Korrektheit in Comics. So wären fotorealistische Zeichnungen von Figuren oder Settings, konkrete Quellen- und Fachliteraturverweise, genaue Benennung von Ort und Zeit sowie die Darstellung historisch verbürgter Ereignisse und Personen oder die Verwendung von wissenschaftlichen Ergänzungen gute Indikatoren für historische Triftigkeit.182 In der Zeitschrift Praxis Geschichte schreibt Matthias Schwarzkopf über das Medium Comic und dessen didaktisches Potenzial für den Geschichteunterricht. Darin weist er daraufhin, dass Geschichte nichts Statisches ist und ständig neu diskutiert werden muss. Geschichtsbewusstsein benötigt ein Bewusstsein für Zeit, den Unterschied zwischen Fakt und Fiktion sowie soziologische Aspekte und Charakteristika von AutorInnen und historischen Figuren. Mit diesen Grundvoraussetzungen gewappnet, können Comics untersucht, Fragen gestellt und moralisches Bewusstsein gefördert werden. Das Comicheft als Quelle verstanden, gibt Auskunft über die Zeit, in der es entstanden ist und welche es abbilden soll. Comic-Figuren entsprechen einem historischen Typus und unter ständiger Evaluation und Einordnung der Narration in einen historischen Gesamtkontext können diese beobachtet, bewertet und beurteilt werden. Dadurch wird auch das ästhetische Bewusstsein geschult. Schwarzkopf sieht zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für das Medium Comic in der Praxis. Als Einstieg in ein Thema können einzelne Panels Interesse wecken, ganze Bildsequenzen können in eine Narration führen oder vollständige Graphic Novels zum aktuellen historischen Thema

181 Vgl. René Mounajed: Comics und historisch-politische Bildung. 2012 URL: https://www.bpb.de/gesellschaft/bildung/kulturelle-bildung/136753/comics-und-historisch-politische-bildung [zuletzt besucht 12.01.2021 16:10] 182 Vgl. Oliver Näpel: Geschichtskultur, Comics, Geschichtsunterricht. In: Historische Sozialkunde. Geschichte – Fachdidaktik – Politische Bildung. Heft 2 2016, S. 36. 61 bearbeitet werden. Als motivierender Einstieg in eine Unterrichtsstunde eignen sich einzelne Comic-Panels, aber der didaktische Gehalt der Comics sollte immer überprüft und ausgewiesen werden. Der Comic könnte Sachverhalte sinnlich und emotional konkretisieren, Hintergrundwissen der SchülerInnen aktivieren oder abfragen, alternative Perspektiven beleuchten oder anderweitig einen didaktischen Mehrgewinn erzielen. Neben der Verwendung von Comics und Graphic Novels bietet sich außerdem an, SchülerInnen selbst Comics zu historischen Ereignissen oder Persönlichkeiten verfassen zu lassen.183 In einem Artikel auf der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung schreibt Christine Gundermann 2014 über die neue Popularität des Comics. Dabei merkt sie an, dass die Graphic Novel mittlerweile fest in Europa etabliert ist. Allerdings fixiert sich der Boom autobiografischer Werke hauptsächlich auf den Bereich der Zeitgeschichte. Dabei werden bereits bekannte Biografien grafisch neu aufgesetzt, heikle Themen wie die Verfolgung von Homosexuellen oder der Nationalsozialismus angesprochen und auch völlig neue künstlerische Perspektiven durch die ComicautorInnen und -zeichnerInnen eröffnet. Auch in Museen und Gedenkstätten werden Comics verwendet, wobei Comics mit ihrem emotionalen Anspruch sich besonders gut für empathische ‚Was-wäre-wenn‘ oder ‚Wie würde ich mich fühlen/verhalten‘ Fragen und Spiele eignen. Zusätzliche historisch-faktische Informationen am Rand oder in kleinen Kästchen unterstützen die Comicprojekte und helfen bei der Imagination.184 5.4. Bearbeitung von Comics im Unterricht - Beispiele Zur Bearbeitung von Comics gibt es mittlerweile zahlreiche Beispiele, praktische Vorlagen und Anleitungen. Neben theoretischen Verständnishilfen wie Scott McClouds Understanding Comics, bieten WissenschaftlerInnen, StudentInnen, LehrerInnen und andere zahlreiche praktische Beispiele und Ansätze zur direkten Bearbeitung und Verwendung von bereits vorhandenen Comics in verschiedenen Unterrichtsfächern. Jabari Sellars benutzte beispielsweise X-Men Comics, um seinen SchülerInnen etwas beizubringen: Die Probleme der Ausgrenzung von Mutanten können als Allegorie für die Erfahrungen realer Randgruppen in einer unterdrückenden Gesellschaft verstanden werden. Die Charaktere der Comics repräsentieren reale Typen von Menschen und ihre Handlungen, Gefühle und Aktionen können teilweise sogar in realen oder historischen Persönlichkeiten erkannt werden.185 In den USA

183 Vgl. Matthias Schwarzkopf: Comics. Ein Medium für den Geschichtsunterricht im Spannungsfeld zwischen Wahrheit und Fiktion. In: Praxis Geschichte. Entdecker und Entdeckte. Ausgabe November Heft 6 / 2017, S. I- IV. 184 Vgl. Christine Gundermann: Geschichtskultur in Sprechblasen: Comics in der politisch-historischen Bildung. Bpb 2014. URL: https://www.bpb.de/apuz/189530/comics-in-der-politisch-historischen-bildung?p=all 185 Vgl. Jabari Sellars: Comics in the Classroom. Building reading comprehension and literary analysis – with help from the X-Men. 2017 URL: https://www.gse.harvard.edu/news/uk/17/12/comics-classroom 62 wurde neben den Comicverfilmungen der „X-Men“ 2009 auch eine Mini-Serie zu einer der populärsten Figuren der Serie veröffentlicht: „X-Men. Magento Testament“. Darin wird die fiktionale Biografie des deutschen Schurken erzählt, der als Holocaustüberlebender ein Trauma durchlitten hat, welches mit historischen Hinweisen und Literatur zum Dargestellten untermalt wird. Dazu wird auch ein teachers guide bereitgestellt, um dem Lehrpersonal dabei zu helfen, die Mini-Serie im Unterricht zu verwenden.186 Oliver Näpel kritisiert in Bezug auf historische Comics, dass für eine produktive Auseinandersetzung mit ganzen historischen Comics – speziell in frühen Schulstufen - das notwendige soziokulturelle Vorwissen fehlt und die Bearbeitung deshalb eine zeitökonomische Herausforderung darstellt. So werden die opulenten, gewalttätigen und häufig stark sexualisierten Darstellungen des antiken Rom von vielen SchülerInnen als faktisch wahrgenommen, da sie oft dieser Darstellung begegnen. Auch die barbarische, unhygienische und dunkle Darstellung des Mittelalters bis hin zu den Borgia wird ohne kritische Vorbildung akzeptiert und die Frage nach der tatsächlichen historischen Triftigkeit wird somit gar nicht erst gestellt. Themen wie Gewalt, Sexualität, Diskriminierung und Sklaverei, die sowohl in Geschichtscomics als auch in Comics anderer Genres sehr präsent sind, können immer wieder zu Problemen im Unterricht führen, wenn sie nicht didaktisch gut aufbereitet und ausdiskutiert werden. Comics mit expliziten Darstellungen sollten deshalb, wenn möglich, vermieden werden. In Bezug auf die historische Korrektheit stehen zwei häufige Fehler, oder Änderungen, der Darstellung von Geschichte in Comics im Vordergrund: Einerseits werden Statuen, Kunst und Gebäude oft monochrom weiß dargestellt, obwohl mittlerweile Konsens über die Polychromie der Antike herrscht, andererseits werden die Figuren, speziell Helden und Heldinnen, mit modernisierter Ein- und Darstellung präsentiert. So sind Frauen in historischen Comics oft emanzipiert und selbstbewusst und Männer haben eine moderne, postaufklärerische Einstellung. Unsere modernen Wertmaßstäbe werden in den Figuren gespiegelt und können so zu einem falschen Verständnis der historischen Wirklichkeit führen. Näpel schreibt, dass „Geschichte“ in Funnies auf großes Interesse bei jüngeren SchülerInnen stößt und sich deshalb Taschenbuchreihen wie Enthologien187 oder LTB History für diese eignen. Für Jugendliche bietet sich Asterix an, der aber ebenfalls keinerlei Anspruch auf historische Korrektheit erhebt. Allerdings bedürfen derartige Funnies der genauen Bearbeitung und können kaum als Gesamtwerk gelesen werden. Dagegen bieten sich realistische Comics, wie am Beispiel von Alix und Alix Senator188 gezeigt wird, für eine

186 Vgl. Gundermann, Geschichtskultur in Sprechblasen 2014. 187 https://www.duckipedia.de/Enthologien 188 Valérie Mangin: Alix Senator 01: Die blutigen Flügel. Splitter 2013. 63 vollständige gemeinsame Lektüre an. Ein historischer Anhang erklärt dabei die Unterschiede zwischen „Fakt“ und Fiktion im Comic und die Autorin erläutert genau den Schaffensprozess der Comics.189 Christine Gundermann sieht den Comic im Unterricht als potenzielle Motivation, historiografisches Material, Medium zur Vergegenständlichung eines abstrakten Gegenstandes oder selbst als historische Quelle. Die beiden Bände von Prisca und Silvanus190, welche sogar als didaktisches Material für die Darstellung des antiken römischen Alltagslebens erschaffen wurden, bieten sich laut Gundermann als Einführung des Mediums Comic als Unterrichtsmaterial an. Die Comicbearbeitung zum 500 Jahre Jubiläum von Kolumbus191 von Enzo Biagi u. a. sowie Grabenkrieg192 von Jacques Tardi und Maus193 von Art Spiegelman beschreibt Gundermann genauer als mögliche Comics bzw. Graphic Novels für die Verwendung im Geschichtsunterricht. Dabei muss immer auf die Unterscheidung von Faktizität und Fiktionalität, auf die künstlerische Freiheit der ZeichnerInnen und AutorInnen sowie auf Verzerrungen, Zeichenstil und soziokulturelle und -politische Einbindung des jeweiligen Comics bzw. der Graphic Novel zu deren Entstehungszeit geachtet werden. Hintergrundinformationen, sofern nicht vom Comic selbst geliefert, müssen von der Lehrperson vermittelt werden.194 René Mounajed und Stefan Semel verfassten ein Werk mit zahlreichen praktischen Beispielen zur Verwendung von Comics im Unterricht. Sie bieten eine Einführung zu den jeweiligen KünstlerInnen, dem historischen Hintergrund, einzelne Panels zur Bearbeitung und mögliche Aufgaben für die SchülerInnen. Außerdem beginnen sie ihr Werk mit einer Einführung dazu, warum und wie man Comics überhaupt bearbeiten soll, wie sie aufgebaut sind und sie zeigen dies an einem anschaulichen Beispiel. Neben den bereits erwähnten Comics über Prisca und Silvanus sowie Kolumbus zeigen Mounajed und Semel beispielsweise Die Türme von Bos-Maury – Babette195. Dabei handelt es sich um den ersten Band einer 15-teiligen Serie die 1984 ihren Anfang nahm und später als Hardcover neu verlegt wurde. Des Volkes Freiheit196, Die Suche197 und Barfuß durch Hiroshima198 sowie vier weitere

189 Vgl. Näpel, 2016, S. 36ff. 190 Dorothée Simko: Prisca und Silvanus. Unruhige Zeiten in Augusta Raurica. In: Römerstadt Augusta Raurica (Hg.): Augster Museumsheft Nr. 15 1995 UND Prisca und Silvanus. Die Zerstörung von Augusta Raurica. In: Römerstadt Augusta Raurica (Hg.): Augster Museumsheft Nr. 18 1996. 191 Enzo Biagi / Milo Manara / Giacinto Gaudenzi: Kolumbus. Hamburg: Carlsen 1992. 192 Jacques Tardi: Grabenkrieg. Edition Moderne 2002. 193 Art Spiegelman: Die vollständige Maus. Die Geschichte eines Überlebenden. Dt. von Christine Brinck und Josef Joffe. Bonn: Bpb 2010. 194 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 102ff. 195 Hermann: Die Türme von Bos Maury. Babette. Frankreich: Kult Editionen 2002. 196 Roland Peter u.a.: Des Volkes Freiheit. Die Revolution von 1848/49 in Baden und Württemberg. Egmont Ehapa Verlag 1998. 197 Eric Heuvel: Die Suche. Anne Frank Haus 2010. 198 Keiji Nakazawa: Barfuß durch Hiroshima. Carlsen Comics ab 2004. 64

Comics bzw. Graphic Novels mit zusätzlichen Informationen bieten sich dank Mounajeds und Semels Aufbereitung für die rasche Bearbeitung an.199 Für Die Suche bietet das Anne-Frank- Zentrum zusätzliches pädagogisches Material an200. Die Zusammenfassungen der LTB Geschichten in dieser Arbeit, in Kapitel 4.6., präsentieren die verschiedenen Themenschwerpunkte und können mögliche Ansätze für die didaktische Behandlung der jeweiligen Geschichten im Unterricht bieten. So können die LTB History Comics ähnlich verwendet werden wie die eben genannten Comics und Graphic Novels. 5.5. SchülerInnen erschaffen Comics Neben der Arbeit mit bereits vorhandenen Comics bietet sich noch eine weitere Möglichkeit an, um SchülerInnen für das Medium zu begeistern: Das kreative eigenständige Verfassen von Comics. Gundermann sieht dies als förderlich für die narrative Kompetenz und die Handlungsorientierung der SchülerInnen und zeigt in ihrem Werk drei Werkstattberichte. In diesen wurde mit unterschiedlichem Zeitaufwand, Schulstufen und Personal versucht Comics selbst herzustellen. Dass genaue Arbeit und künstlerisch ansprechende Ergebnisse dabei viel Zeit in Anspruch nehmen, wird rasch klar. In einer der Werkstätten beschäftigten sich beispielsweise vier SchülerInnen über sechs Monate mit der Herstellung eines biografischen Comics. 201 „Wenn Jugendliche Comics entwickeln, können sie dabei lernen, dass Geschichte konstruiert ist. Auf die Ästhetik kommt es dabei weniger an“202. René Mounajed bietet eine übersichtlich konstruierte Methode für SchülerInnen an, um eigene Comics zu produzieren. Sie ist eine Variante des kreativen Schreibens und eignet sich sowohl zur Vertiefung nach einer Unterrichtsstunde als auch nach einem Besuch in historischen Stätten oder Museen. Die SchülerInnen sollen den gerade erfahrenen historischen Inhalt in einen Geschichtscomicplot (nur Text) oder ein Comic-Storyboard (d.h. einen Plot plus skizzenhafte Zeichnungen) umarbeiten. Wichtig ist dabei, dass Anhaltspunkt gegeben werden, damit klar ist, welche Inhalte in der Sequenz vorkommen müssen und welche Dialoge bzw. Begleittexte in den Comic eingebaut werden sollen. Fiktive und faktische Inhalte können dabei gemischt werden, allerdings muss beim Arbeitsergebnis erklärt werden, welche Inhalte faktisch oder fiktiv sind.203 Die Zeitschrift Praxis Geschichte sieht als Förderung der narrativen Kompetenz und als

199 Vgl. René Mounajed / Stefan Semel: Comics erzählen Geschichte. Sequenzen aus Comics, Manga und Graphic Novels für den Geschichtsunterricht. Bamberg: C.C.Buchner 2010, S. 4ff. 200 https://www.annefrank.de/themenfelder/geschichte-vermitteln/paedagogische-materialien/geschichtscomic- die-suche/ 201 Vgl. Gundermann, Jenseits von Asterix S. 138ff. 202 René Mounajed: Geschichtscomicplots schreiben. 2012 URL: https://www.bpb.de/gesellschaft/bildung/kulturelle-bildung/136781/geschichtscomicplots-schreiben 203 Vgl. ebda. 65 handlungsorientierten Umgang mit Comics die Aufgabe als sinnvoll an, SchülerInnen selbst Comics zu historischen Ereignissen oder Personen gestalten zu lassen.204 Dagegen bemerkt Oliver Näpel in der Zeitschrift für Historische Sozialkunde, dass es keine gute Idee ist, für den Geschichteunterricht eigene Comics zu erstellen, obwohl dies in Unterrichtsvorschlägen häufig erwähnt würde. Näpel hängt seine Behauptung daran auf, dass die Ergebnisse der SchülerInnen weit hinter den Geschichtscomics zurückblieben, da die ComiczeichnerInnen einerseits außergewöhnliches Talent hätten und andererseits viel Zeit in die Comics investieren würden. Es bleibt immer im Ermessen der Lehrperson, ob sich ein Versuch an einer Eigenproduktion von Comics lohnt. Allerdings gibt Näpel ebenfalls zu, dass die selbstständige Comicproduktion viele Kompetenzen erwerben und vertiefen lässt, die zu einem reflektiert-reflexiven Geschichtsbewusstsein führen können.205 Holger Wilmesmeier veröffentlichte 2015 einen Kurs, in dem er das Comiczeichnen in Form eines Comics beibringt, im gleichen Stil wie Scott McClouds Comictheorie. Wilmesmeier bemerkt gleich zu Beginn, dass Comics ein höheres Ansehen genießen als „früher“ und er deshalb Comiczeichnen als etwas „Ernsthaftes“ bezeichnen kann. Comics entwerfen und zeichnen ist anstrengend, fördert aber neben gestalterisch-künstlerischen Kompetenzen auch noch Lese-, Schreib- und Medienkompetenz. Doch einen eigenen Comic zu gestalten, der nicht nur eine originelle Story, sondern auch gute Zeichnungen enthält, erfordert viel Fantasie, Geduld und Arbeit.206 Kinder sind voller Fantasie und als Lehrperson kann man SchülerInnen auch einmal etwas zutrauen.

6. Empirischer Versuch zum Unterricht „Nun geht es um den konkreten Einsatz der Comics im Unterricht – und zwar über das Angebot des allseits beliebten „Asterix“ hinaus, der bis heute oftmals als einzige Comicfigur gelten muss, die einen Zugang zum Geschichtsunterricht erhalten hat.“207 Wie Christine Gundermann in diesem Zitat betont, war die Auswahl an Comics, welche im schulischen Unterricht in den letzten Jahrzehnten verwendet wurden, eingeschränkt. Doch, wie in Kapitel 3 dieser Arbeit bereits gezeigt, erweitert sich das Angebot, die Qualität und die soziale und kulturelle Bedeutung und Einbindung von Comics in die Gesellschaft stetig und auch andere Comics und Comic Heldinnen verdienen eine pädagogische Behandlung und didaktische Einbindung in den schulischen Unterricht. In dieser Arbeit speziell behandelt werden die Figuren aus dem Universum der Lustigen Taschenbücher: Donald Duck, Micky Maus und Co. bzw. die

204 Vgl. Schwarzkopf, S. III. 205 Vgl. Näpel, 2016, S. 46f. 206 Vgl. Holger Wilmesmeier: Kreativ lehren und lernen mit Comics. Das Comic-Labor. Weinheim und Basel: Beltz 2015, S. 6f. 207 Gundermann, Jenseits von Asterix S. 97. 66

Geschichten aus der LTB HISTORY Reihe aus dem Jahr 2014. Für den Unterrichtsversuch wurden exemplarisch Ausschnitte aus verschiedenen Geschichten dieser Comicbände in Arbeitsblätter eingebaut und mit Aufgaben, welche die geschichtsdidaktischen Operatoren nach Christoph Kühberger208 verwenden, bearbeitet. Abschließend wurden die SchülerInnen mittels eines Fragebogens zu ihrem Wissenserwerb in diesen Einheiten und ihrer prinzipiellen und bisherigen Erfahrung im Umgang mit Comics befragt. Das Ziel dieser Unterrichtseinheiten und der damit einhergehenden Beobachtungen ist, einerseits zu ermitteln, ob auch die Ausschnitte und Geschichten der LTBs für die Verwendung im Unterricht geeignet sind und einen didaktischen Ertrag fördern, und andererseits, wie gut und gerne SchülerInnen mit Unterrichtsmaterial in Verbindung mit Comics aus dem Universum von Entenhausen umgehen. 6.1. Vorstellung des Unterrichtsmaterials Um die Verwendbarkeit dieser Comicgeschichten im Unterricht zu prüfen, wurden zwei Unterrichtseinheiten mit Aufgabenmaterial aus den LTB HISTORY Bänden erstellt. Diese Unterrichtseinheiten wurden dann an einer NMS und einer AHS in der jeweils vierten Klasse von den dort anwesenden Lehrern durchgeführt und vom Diplomanden beobachtet. Das Unterrichtsmaterial bestand aus der theoretischen Stundenplanung für die Lehrpersonen und drei Arbeitsblättern für die SchülerInnen sowie dem abschließenden Fragebogen. Lehrplanbezug, allgemeine Zeitplanung und Lernziele sowie didaktische Kommentare sind im Anhang in der Stundenplanung nachzulesen. Das Arbeitsblatt 1209 zeigt zwei Panels aus der Geschichte Mickys Weltgeschichte – Eiffels Turm210. In beiden Panels ist eine Stadt mit einem prominenten Turm in der Mitte dargestellt und das Arbeitsblatt stellt den SchülerInnen drei Aufgaben zu den beiden Panels, in denen sie diese erst beschreiben (Anforderungsbereich I), dann vergleichen (Anforderungsbereich II) und schließlich interpretieren (Anforderungsbereich III) sollen. Arbeitsblatt 2.1211 besteht aus mehreren Seiten aus der Geschichte Mickys Weltgeschichte – Die Römerstraße212. In den Panels wird der Aufbau und der Alltag eines römischen Militärlagers in der Antike dargestellt und im Arbeitsblatt 2.2213 werden zu diesen Panels Arbeitsaufträge für die SchülerInnen formuliert. Die vier Arbeitsaufträge bedienen wieder alle drei Anforderungsbereiche mit Beschreiben (A. I), Zusammenfassen (A. II), Einordnen (A. II) und ‚Bezug zur Gegenwart herstellen‘ (im Sinne von A. III – dekonstruieren).

208 Vgl. Christoph Kühberger: Aufgabenarchitektur für den kompetenzorientierten Geschichtsunterricht. Geschichtsdidaktische Verortungen von Prüfungsaufgaben vor dem Hintergrund der österreichischen Maturareform. In: Historische Sozialkunde 1/2011. 209 Siehe Anhang. 210 Siehe Kapitel 4.6.6. 211 Siehe Anhang 212 Siehe Kapitel 4.6.2. 213 Siehe Anhang 67

Der abschließende Fragebogen überprüft die erarbeiteten Informationen aus den Arbeitsblättern anhand von fünf Fragen und schließt mit einer tabellarischen Überprüfung zum Verständnis der Arbeitsaufgaben und den allgemeinen Interessen der SchülerInnen in Bezug auf Lesen allgemein und Comics. Dabei sollten die SchülerInnen ihre persönlichen Präferenzen anhand von sieben Aussagen mit einer Wertung von „Trifft zu“ bis „Trifft nicht zu“ erläutern. Diese Überprüfung, zusammen mit den direkten Beobachtungen während der Durchführung der Unterrichtseinheiten, soll Aufschluss über den motivierenden Effekt der Arbeit mit diesen Comics geben. Die Förderung von Motivation im Unterricht trägt zur Förderung des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten bei und ist eines der obersten Ziele des Unterrichts. Eine gute Motivation führt zu einem angenehmeren Lern- und Unterrichtsklima und verhilft SchülerInnen dauerhaft zu einer Verbesserung des Lernerfolgs.214 6.2. Durchführung der Einheiten Die Stundenplanung mit Arbeitsblättern und Erwartungshorizont (wie im Anhang zu sehen) wurde den jeweiligen Geschichtelehrern im Voraus übermittelt, damit diese sich auf die Unterrichtseinheiten vorbereiten und das Unterrichtsmaterial in der benötigten Menge vorhanden sein konnte. Nach einigen terminlichen Verschiebungen konnten erst die Einheiten an der NMS und später die Einheiten an der AHS durchgeführt und vom Diplomanden beobachtet werden. 6.2.1. NMS Der erste Versuch in der NMS musste abgebrochen werden, da nur sechs Schülerinnen anwesend waren. Die restlichen waren bei einem Erste-Hilfe-Kurs. Trotzdem wurde bereits in dieser Unterrichtsstunde ein erstes Brainstorming zum Thema Comics durchgeführt und an der Tafel festgehalten. Im Zusammenhang damit wurden bereits Begriffe wie: ‚Asterix & Obelix‘, ‚Micky Maus‘ oder ‚Donald Duck‘ erwähnt und sogar ‚Lustige Taschenbücher‘ aufgeschrieben. Eine Wortmeldung der rein weiblichen Schülerinnengruppe beschrieb das Thema Comics als „eher für Jungs“. Trotz schwieriger Bedingungen (Bauarbeitslärm von draußen und starke Hitze im Klassenzimmer) begannen die sechs SchülerInnen in Einzelarbeit mit dem ersten Arbeitsblatt. Nachdem ein alternativer Termin in einer Doppelstunde ausgemacht worden war, wurde dieser einige Tage später in Angriff genommen; diesmal mit beinahe allen SchülerInnen (22 von 27).

214 Vgl. Ursula Fritz u.a. (Hrsg.): Kompetenzorientierter Unterricht. Theoretische Grundlagen – erprobte Praxisbeispiele. Opladen & Toronto: Verlag Barbara Budrich 2019, S. 43ff. 68

In der ersten Schulstunde wurde das Brainstorming von der Lehrperson wiederholt und danach arbeiteten die SchülerInnen in Einzelarbeit an den nacheinander ausgeteilten Arbeitsblättern. Aufgrund der frühen Stunde (ca. 7:45) waren einige SchülerInnen müde und ein wenig unkonzentriert. Gemeinsame Überprüfungen durch die Lehrperson und Ergänzungen zu den einzelnen Aufgaben trugen zu einer raschen Abwicklung der beiden Unterrichtseinheiten bei. Am Ende wurden die Arbeitsblätter umgedreht und die Fragebögen mit den Überprüfungsfragen ausgeteilt und, wieder in Einzelarbeit, von den SchülerInnen ausgefüllt. 6.2.2. AHS Wegen erneuter organisatorischer Schwierigkeiten mussten die beiden Unterrichtseinheiten in der AHS in einer einzelnen Stunde durchgeführt werden. Dadurch war zwar der zeitliche Druck größer, aber die 15 SchülerInnen wurden in der Bearbeitung nicht eingeschränkt oder mussten Teile auslassen. Im Gegensatz zur NMS fanden die Unterrichtseinheiten in der fünften Schulstunde statt und die SchülerInnen waren dementsprechend aufgeweckter. Beim Brainstorming an der Tafel kamen von der lebhaften Klasse auch Begriffe wie ‚DC‘, ‚Manga‘ oder ‚Hentai‘215. Diese Begriffe führten zu kurzweiligen Ablenkungen und pubertären Versuchen, anzügliche Diskussionen vom Zaun zu brechen, welche aber von der Lehrperson gekonnt abgelenkt wurden. Die SchülerInnen der AHS hatten teilweise Probleme damit, Fragestellungen zu verstehen und ergänzten auch ihre Mitschriften bei den gemeinsamen Besprechungen mit der Lehrperson nicht. Die 10. Weltausstellung wurde von der Lehrperson vergessen zu erwähnen und fällt deshalb bei der Auswertung der Fragebögen weg. Trotz einiger Versuche von Seiten der SchülerInnen den Unterricht zu behindern, wurden alle Arbeitsblätter und der Fragebogen von allen 15 SchülerInnen zur Gänze ausgefüllt. 6.3. Auswertung des Fragebogens und des Tests In der NMS waren vier von 22 SchülerInnen 13 Jahre alt und der Rest 14 Jahre alt. Alle SchülerInnen gaben als Muttersprache Deutsch an. 16 weibliche und 6 männliche SchülerInnen nahmen an den Unterrichtseinheiten teil und die Auswertung der Fragen wird in Diagramm 1 präsentiert. Das biologische Geschlecht wird in der Auswertung nicht berücksichtigt und dient nur der Information. Die Korrektheit der Antworten wurde am Erwartungshorizont gemessen. Die Fragen 1 und die Antwort auf Frage 5 bezüglich der Meilensteine wurden von allen SchülerInnen richtig beantwortet. Dagegen bereitete die zweite Frage mit der 10. Weltausstellung als Grund für die Errichtung des Eiffelturms Probleme. Dies mag daran liegen, dass diese Information nicht aus dem Bildmaterial selbst ersichtlich war, sondern von der Lehrperson ergänzt wurde. Fragen mit kurzen Antworten wurden eher richtig beantwortet als

215 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Hentai 69

Fragen mit längeren Antwortmöglichkeiten und mehr Schreibspielraum. Insgesamt wurden 106 von 176 möglichen richtigen Antworten von den NMS-SchülerInnen erzielt; das entspricht 60,22%.

Test NMS

25

20 22 22 19 15 17 14 10 12 9 10 5 8 8 8 7 6 6 0 0 0 3 2 3 0 0 0 0 0

Richtig Teilweise Richtig FALSCH

Diagramm 1 – Test NMS

Für die Einschätzungsfragen in der NMS wurde Diagramm 2 erstellt. Diesem kann entnommen werden, dass die Arbeitsaufträge und die Comicausschnitte für die SchülerInnen verständlich waren und keine Probleme beim Textverständnis auftraten. Ebenso ersichtlich wird, dass die

NMS Fragen 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Aufträge Text lese gerne Comics in Comics schon Comics gerne mehr verständlich verständlich Freizeit im Unterricht verständlicher Comics im Unterricht

Trifft zu Trifft eher zu Trifft teilweise zu Trifft eher nicht zu Trifft nicht zu

Diagramm 2 – NMS Fragen 70

SchülerInnen der NMS Klasse sowohl privat wie auch in der Schule wenig mit Comics zu tun haben und auch allgemein der Auffassung sind, dass sie nicht besonders viel lesen. Nach dieser einmaligen Unterrichtseinheit mit Einbindung von Comicmaterial kann auch kein direkter Wunsch nach mehr Unterricht in dieser Form wahrgenommen werden. Allgemein wurden die Aufgaben von den SchülerInnen der NMS gewissenhaft bearbeitet und es scheint weder ein Hemmnis noch eine besondere Motivation gewesen zu sein, dass Comics Teil ihres Unterrichts gewesen sind. In der AHS ist die Verteilung der Geschlechter mit sieben Mädchen und acht Jungen harmonischer, wird aber bei der Auswertung ebenfalls nicht berücksichtigt. Drei SchülerInnen waren zum Zeitpunkt der Unterrichtseinheiten 13 Jahre alt und die restlichen zwölf 14 Jahre alt. Bis auf einen Schüler, der muttersprachlich Spanisch sprach, gaben alle SchülerInnen der AHS als Muttersprache Deutsch an. Im folgenden Diagramm 3 wird die Auswertung der Testfragen der AHS präsentiert.

Test AHS 15 15 15 16 14 14 12 9 10 8 7 7 8 6 6 6 6 4 4 2 2 2 1 1 2 0 0 0 0 0 0 0 0

Richtig Teilweise FALSCH

Diagramm 3 – Test AHS

Die Fragen 1 zu Paris und Frage 5 zu den Straßen wurden von allen SchülerInnen richtig beantwortet. Hervorstechend sind in der AHS Klasse Frage 2 zur Weltausstellung und Frage 5 bezüglich der Meilensteine. Frage 2 wird nicht gewertet, da die Lehrperson in der Unterrichtseinheit die Antwort auf die Frage nicht erwähnt hat, doch die Meilensteine wurden, wahrscheinlich aufgrund des Zeitmangels und der späten Erwähnung derselben, von den meisten SchülerInnen übersehen. Die Zahl der richtigen und teilweise richtigen Antworten bei allen anderen Fragen ist relativ ausgeglichen. Da die AHS SchülerInnen in ihren Antworten 71 nicht immer vollständig waren, konnten sie (auch unter Ausschluss von Frage 2 zur Weltausstellung) insgesamt nur mit knapp 49,56% richtigen Antworten aufwarten. Die Einschätzungsfragen zum persönlichen Umgang mit Comics in der AHS und im privaten Bereich werden in Diagramm 4 präsentiert.

AHS Fragen 12

10

8

6

4

2

0 Aufträge Text lese gerne Comics in Comics schon Comics gerne mehr verständlich verständlich Freizeit im Unterricht verständlicher Comics im Unterricht

Trifft zu Trifft eher zu Trifft teilweise zu Trifft eher nicht zu Trifft nicht zu

Diagramm 4 – AHS Fragen

Für die AHS SchülerInnen waren zwar die Comictexte verständlich, die Arbeitsaufträge waren allerdings teilweise eine Herausforderung. Comics und das Lesen selbst spielen weder in der Freizeit noch im schulischen Unterricht eine große Rolle. Die AHS SchülerInnen sind der Idee, mehr Comics in den Unterricht einzubauen, allerdings nicht abgeneigt, obwohl sie bisher wenig damit zu tun hatten. 6.4. Vergleich NMS und AHS-Klasse Ein effektiver Leistungsvergleich wäre nur unter beinah identen Bedingungen möglich. Dies war bei dem vorhandenen Versuch nicht der Fall. Zwar waren die SchülerInnen beider Schulformen im selben Alter und hatten meist Deutsch als Muttersprache, doch weder die verfügbare Zeit für die Arbeitsaufgaben noch die Tageszeit – und damit die physische und psychische Verfassung der SchülerInnen – sind wirklich vergleichbar. Trotzdem werden die vorhandenen Daten miteinander verglichen, um mögliche Antworten auf die in der Einleitung formulierten Forschungsfragen zu finden. Die erste Frage zum behandelten Ort und die fünfte Frage zum Vermächtnis der antiken Römer in Form von Straßen wurden von allen SchülerInnen, sowohl der NMS als auch der AHS, richtig beantwortet. Bei den restlichen Antworten fällt auf, dass die SchülerInnen der AHS kreativere Möglichkeiten gesucht haben

72 und dadurch öfter nur teilweise richtig antworteten. Dafür konnten die NMS SchülerInnen durch mehr richtige Antworten punkten. Mit 60,22% richtigen Antworten haben die NMS SchülerInnen ein besseres Gesamtergebnis erzielt als die AHS SchülerInnen mit 49,56% richtigen Antworten. 6.5. Fazit zum Unterrichtsversuch Ein einmaliger Unterrichtsversuch ist kaum aussagekräftig, aber was nach diesen vier Unterrichtseinheiten festgestellt werden konnte, ist, dass SchülerInnen – sowohl der AHS als auch der NMS – eine Abwechslung vom gewohnten Unterricht durchaus begrüßen. Jeder Schüler und jede Schülerin konnte etwas mit dem Begriff Comic anfangen, die meisten hatten aber bisher – soweit ihre Meinung – wenig damit zu tun. Als exotisches und ungewöhnliches Unterrichtsmaterial eignet sich ein Comicstrip oder einzelne Panels, um für Motivation zu sorgen. Der Unterrichtsversuch verlief, abgesehen von organisatorischen Schwierigkeiten und Terminverschiebungen, ohne Probleme und sowohl die Lehrpersonen als auch die SchülerInnen beider Schulformen waren sehr kooperativ.

7. Schlussbemerkung Kann die LTB HISTORY-Reihe für den Geschichteunterricht verwendet werden? Werden diese Comics von SchülerInnen gerne im Unterricht verwendet? Die anfänglich gestellten Forschungsfragen können mit einem derart kurzen Unterrichtsversuch nicht allgemeingültig beantwortet werden. Trotzdem führen sie einen Schritt näher zu möglichen Antworten. Mit der Verwendung von Panels und Inhalten aus zwei Bänden der LTB HISTORY-Reihe in praktischen Unterrichtseinheiten konnte zumindest die erste Forschungsfrage teilweise bejaht werden. So wie bereits in den letzten Jahrzehnten Asterix im Unterricht als Quelle für die Darstellung des antiken Roms verwendet wurde und im letzten Jahrzehnt möglicherweise modernere Graphic Novels wie ‚Maus‘ oder ‚Persepolis‘ den Zugang zu Themen wie Nationalsozialismus, Rassismus, Islamische Revolution oder Flüchtlingsbewegungen erleichtern, können auch die oft eher komödiantischen Geschichten aus dem Universum rund um Entenhausen und seine zahlreichen Figuren, wie Donald Duck und Micky Maus, für den Unterricht verwendet werden. Dabei gehen die Verwendungsmöglichkeiten weit über Geschichte hinaus, denn die seit beinahe 100 Jahren immer größer werdende Menge an Geschichten über die Enten und Mäuse streift zahllose Themen, Bereiche und Spezialgebiete. Die aktuelle SchülerInnengeneration kennt zwar den Begriff Comic, doch da sich gerade die Comicforschung im Umbruch befindet und zahlreiche Begriffe (Graphic Novel, Manga, 73

Manhwa usw.) im Umlauf sind, ist es für viele Jugendliche – und auch Erwachsene – schwer, genau zu erläutern, was ein Comic überhaupt ist oder ob ein Comic ansprechend, lehrreich oder inspirierend sein könnte. Der Wandel der Comics und all ihrer verschiedenen Versionen und Abspaltungen hat gerade erst begonnen und trifft auf immer größeren Anklang und Begeisterung. Zum momentanen Zeitpunkt ist der Comic bereits ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur. Kinofilme, Webcomics, real verfilmte Serien von Comicreihen, Vergnügungsparks und Fanartikel aller Art, die ihre Vermarktung und Existenz dem Comic verdanken, häufen sich zusehends. Comic-, Manga-, Fantasy- und Animeconventions sind schon seit Jahrzehnten keine kleinen regionalen Veranstaltungen mehr und locken immer mehr Menschen und Medien an und verändern somit unsere Gesellschaft. Natürlich fließt auch viel Geld in die Vermarktung und Verbreitung von Comicmaterial und allem, was darum entsteht. Als Teil der alltäglichen Kultur sind Comics für viele Menschen kaum mehr wegzudenken und auch im Bildungssektor finden zumindest Diskussionen über die Verwendung von Comics und ähnlichem Material in Schulen und Universitäten statt. Literaturcomics, Sachcomics, Geschichtscomics und biografische Graphic Novels bieten in vielen Wissenschaftsbereichen und für viele historische Epochen die Möglichkeit, den emotionalen Zugang durch die Verwendung von Bildern zu liefern, welcher durch seinen motivationalen Effekt den Lernertrag fördern und für viele SchülerInnen, StudentInnen, Lernende und LeserInnen aller Art einen völlig neuen Weg zur Bildung eröffnen kann. Die in den letzten zwei Jahrzehnten entstandenen Geschichtscomics und Graphic Novels mit historischem Fokus oder Thema sind auch bereits häufig von WissenschaftlerInnen und LehrerInnen bearbeitet worden und einige wenige Werke beschäftigen sich mit der didaktisch produktiven Umsetzung von Arbeitsaufträgen mit Comics im schulischen Unterricht. Speziell der Geschichteunterricht könnte aber weitaus mehr von der Beschäftigung mit den Bildergeschichten aus früheren Epochen profitieren, sofern diesen mit dem nötigen Respekt und kritischem Denken begegnet wird. Die Frage nach der historischen Triftigkeit sollte immer im Vordergrund stehen, nicht nur bei der Beschäftigung mit Geschichtscomics. Da dies bereits im Regelunterricht, egal in welchem Fach, oft übersehen oder vergessen wird, bieten die Comics eine erneute gute Gelegenheit, um darauf aufmerksam zu machen. Jede historische Behauptung muss geprüft werden und nichts darf einfach und ohne Bedenken als gegeben und definitiv wahr geglaubt werden. Das Ziel einer guten Ausbildung sollte die Erziehung der Auszubildenden zu selbstständig kritisch denkenden und danach auch handelnden Menschen sein. Comics können einen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten, davon bin ich überzeugt.

74

Viele heute wichtige und populäre Medien hatten einen schweren Start und mussten mit Kritik, Abwertung, Unterschätzung und Skepsis von der Seite ganzer Bevölkerungsgruppen kämpfen. Der Comic begann seine Karriere als ‚Schund‘ zur Erheiterung als Randbemerkung in Zeitungen und musste sich Volksverdummung und die Verführung und Verblödung der Jugend vorwerfen lassen. Aber wie auch andere Medien wurde er wahrscheinlich einfach unterschätzt. 1946 behauptete der Leiter von 20th Century Fox: „Television won’t be able to hold on to any market it captures after the first six months. […]“216 Thomas Watson, der 1949 bis kurz vor seinem Tod 1956 die Leitung der Firma IBM innehatte, behauptete im Jahr 1943: „I think there is a world market for maybe five computers“217. Heute trägt beinahe jeder Europäer mehrere Computer tagtäglich mit sich und sie werden immer kleiner und leistungsfähiger. Der Gründer der Firma 3Com meinte zum Internet 1995: „Almost all of the many predictions now being made about 1996 hinge on the Internet‘s continuing exponential growth. But I predict the Internet will soon go spectacularly supernova and in 1996 catastrophically collapse”218. Das Internet, die Informationen, die es bietet, und die Kommunikation, die darüber möglich ist, bestimmt im 21. Jahrhundert das gesellschaftliche Leben sowohl im Beruf als auch in Alltag und Freizeit. Es ist nicht mehr wegzudenken aus unserem Leben und wird vermutlich nur noch größer werden. Dieses Potenzial sehe ich auch im Comic und über die anfängliche Skepsis aus dem 20. Jahrhundert sind wir als Gesellschaft hinausgewachsen. Die Gesellschaft entwickelt sich, widerlegt Prognosen von ExpertInnen, baut Randphänomene aus und sucht sich kreative Entfaltungsmöglichkeiten in Bereichen, die niemand für überhaupt existent gehalten hätte. Die Schule und das Bildungssystem in Österreich sind veraltet und äußerst langsam, wenn es darum geht Veränderungen zu realisieren, zu analysieren, zu akzeptieren oder sogar umzusetzen. Die Akzeptanz des Comics als literarisch anspruchsvolles Medium hat am Ende des 20. Jahrhunderts bereits die meisten Gesellschaftsschichten erreicht und die Wissenschaft beschäftigt sich zögerlich ebenfalls mit Comics, Graphic Novels, Mangas und allen anderen erdenklichen Varianten. Obwohl Aussagen wie die von Ole Fram, dass eine Comicforschung nicht existiere, immer noch teilweise zutreffen, sind in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche wissenschaftliche Artikel, Bücher und Beiträge geschrieben worden, die belegen, dass das Thema Comic interessant ist und bearbeitet werden muss. Ich habe vieles der wissenschaftlichen Literatur in diese Arbeit eingebaut, aber bei weitem nicht alles und es entstehen ständig neue Werke. Comics sind interessant, vielseitig und nehmen einen populären

216 https://abcnews.go.com/Technology/PCWorld/story?id=6558231 217 https://abcnews.go.com/Technology/PCWorld/story?id=6558231 218 https://abcnews.go.com/Technology/PCWorld/story?id=6558231 75 und wichtigen Platz in unserer globalen Gesellschaft ein. Sie bieten Streitpunkte, verbinden Sprachen, Völker und Altersgruppen und sind wirtschaftlich vermarktbar wie kaum ein anderes Medium. Ich bin überzeugt davon, dass auch die Schule, die Universität und andere Bildungseinrichtungen von einer intensiveren Beschäftigung mit und Einbindung von Comics in ihr Angebot und ihren Alltag profitieren können.

76

8. Literaturverzeichnis 8.1. Primärliteratur Walt Disney Lustiges Taschenbuch HISTORY: Geheimnisse der Frühgeschichte. Berlin: Egmont Ehapa 2014.

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8.3. In Zitaten erwähnte Literatur Doderer, Klaus (Hg.): Literarische Jugendkultur. Weinheim/München: Kallmeyer 1992.

8.4. Online Quellen https://www.duden.de/rechtschreibung/Comic [zuletzt besucht am 6.6.2020 17:30]

83 https://de.wiktionary.org/wiki/Comic [zuletzt besucht am 6.6.2020 17:30] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/milliardenuebernahme-walt-disney-kauft- kult-comic-schmiede-marvel-a-646099.html. [zuletzt besucht am 21.8.2020 16:47] https://thewaltdisneycompany.com/disney-to-acquire-lucasfilm-ltd/ [zuletzt besucht am 21.8.2020 16:50] https://www.zdf.de/nachrichten/heute/fuer-71-milliarden-dollar-disney-schliesst-fox- uebernahme-ab-100.html [zuletzt besucht am 21.8.2020 16:54] https://www.comicgesellschaft.de/ [zuletzt besucht am 4.10.2020 17:06] https://de.wikipedia.org/wiki/Donaldismus [zuletzt besucht am 4.10.2020 17:18] https://www.donald.org/ [zuletzt besucht am 4.10.2020 17:21] http://www.comicforschung.de/index.html [zuletzt besucht am 4.10.2020 17:25] https://www.lambiek.net/artists/g/gottfredson_floyd.htm [zuletzt besucht am 13.10.2020 18:31] https://de.wikipedia.org/wiki/Topolino_(Zeitschrift) [zuletzt besucht am 13.10.2020 18:51] https://www.duckipedia.de/Donald_Duck#cite_ref-Andrae_1-0 [zuletzt besucht am 3.11.2020 18:15] https://duckipedia.de/Carl_Barks#Fr.C3.BChe_Phase_.28ca._1942_.E2.80.93_1947.29 [zuletzt besucht am 3.11.2020 18:15] https://www.youtube.com/watch?v=csLSmeQU7_0&ab_channel=Galileo [zuletzt besucht am 9.11.2020 16:15] https://www.lustiges-taschenbuch.de/ausgaben/alle-ausgaben/ltb-539 [zuletzt besucht am 9.11.2020 16:19] https://www.lustiges-taschenbuch.de/entenhausen/charaktere/die-ducks/primus-von- quack#:~:text=Primus%20von%20Quack%20ist%20der,Primus%20von%20Quack%20nicht%20ausken nt [zuletzt besucht am 9.11.2020 17:20] https://www.lustiges-taschenbuch.de/entenhausen/charaktere/die-ducks/daniel-duesentrieb [zuletzt besucht am 9.11.2020 17:22] https://www.lustiges-taschenbuch.de/entenhausen/charaktere/micky-co/indiana-goof [zuletzt besucht am 23.11.2020 15:30] https://www.cbarks.dk/themeetingsfuchs.htm [zuletzt besucht am 09.12.2020 17:51] https://de.wikipedia.org/wiki/Hentai [zuletzt besucht am 17.12.2020 15:38] https://www.duckipedia.de/Enthologien [zuletzt besucht am 14.01.2021 16:07] https://www.annefrank.de/themenfelder/geschichte-vermitteln/paedagogische- materialien/geschichtscomic-die-suche/ [zuletzt besucht am 14.01.2021 17:28]

84 https://abcnews.go.com/Technology/PCWorld/story?id=6558231 [zuletzt besucht am 15.01.2021 14:53]

8.5. Abbildungen Abbildung 1: McCloud, Scott: Understanding Comics, 19942 - 6 Verknüpfungsarten.

Abbildung 2: https://inducks.org/story.php?c=W+US+++11-04

8.6. Erwähnte Comics in Kapitel 5.4. Biagi, Enzo / Manara, Milo / Gaudenzi, Giacinto: Kolumbus. Hamburg: Carlsen 1992.

Hermann: Die Türme von Bos Maury. Babette. Frankreich: Kult Editionen 2002. Heuvel, Eric: Die Suche. Anne-Frank-Haus 2010.

Mangin, Valérie: Alix Senator 01: Die blutigen Flügel. Splitter 2013. Anmerkung: Bis 14.01.2021 sind zehn Bände der Reihe Alix Senator erschienen.

Nakazawa, Keiji: Barfuß durch Hiroshima. Carlsen Comics ab 2004. Anmerkung: Nakazawa verfasste eine zehnteilige Serie über 2000 Seiten mit der Erstveröffentlichung von Einzelkapiteln bereits ab 1973. Ab 2004 veröffentlichte der Carlsen Verlag bisher vier Bände auf Deutsch.

Peter, Roland u.a.: Des Volkes Freiheit. Die Revolution von 1848/49 in Baden und Württemberg. Egmont Ehapa Verlag 1998.

Simko, Dorothée: Prisca und Silvanus. Unruhige Zeiten in Augusta Raurica. In: Römerstadt Augusta Raurica (Hg.): Augster Museumsheft Nr. 15 1995.

Simko, Dorothée: Prisca und Silvanus. Die Zerstörung von Augusta Raurica. In: Römerstadt Augusta Raurica (Hg.): Augster Museumsheft Nr. 18 1996.

Spiegelman, Art: Die vollständige Maus. Die Geschichte eines Überlebenden. Dt. von Brinck, Christine und Joffe, Josef. Bonn: Bpb 2010

Tardi, Jacques: Grabenkrieg. Edition Moderne 2002. 85

9. Anhang Unterrichtsplanung Thema: Comics im Geschichteunterricht Lehrplanbezug: – Schriftliche und bildliche Quellen beschreiben, analysieren und interpretieren; – Aufbau von Darstellungen analysieren (inhaltliche Gewichtung, Argumentationslinien, Erzähllogik sowie Bewertungen); Lernziele: Die SchülerInnen sollen … … Comics als historisch verwertbare Quelle kennenlernen. … Bilder sowohl mit als auch ohne Text beschreiben und interpretieren können. … Bilder und Text miteinander in Verbindung bringen können.

Zeit/Phase Beabsichtigtes Erwartetes Medien Sozialform, Lehrerverhalten Schülerverhalten Arbeitsform(en) 3 min. Erklären der Zuhören (Tafel) Lehrervortrag Einleitung nächsten beiden Einheiten 10 min. Aufgabe erklären, Mitschreiben, Heft, Tafel Einzelarbeit, Brainstorming Stichworte an Tafel Mitarbeiten Lehrer- sammeln Schülergespräch Bei Bedarf den Umgang mit Comics klären: Liest man von links nach rechts, von oben nach unten. Sprechblasen sind Figuren zugeordnet. 10 min. Arbeitsblatt 1 Schreiben, Arbeitsblatt 1 Einzelarbeit Bildvergleich – austeilen, erklären Mitarbeiten Arbeitsblatt 1 5 min. Erklären Mitschreiben Heft Lehrervortrag, Auflösung: Lehrer- Eiffelturm im Schülergespräch Comic Historische Fakten ins Heft schreiben lassen: Bezug zu französischer Revolution herstellen - 100 Jahre Jubiläum. 5 min. Erklärung Erklären, Austeilen Zuhören Arbeitsblatt 2.1 Lehrervortrag – Arbeitsblatt 2 Arbeitsblatt 2 und 2.2 30 min. Helfen Arbeitsblatt Arbeitsblatt 2.1 Einzelarbeit Bearbeitung - ausfüllen und 2.2 Arbeitsblatt 2 10 min. Fragen und Ergänzen Mitarbeiten Arbeitsblatt 2.1 Lehrer- Arbeitsblatt 2 und 2.2, Heft Schülergespräch im Plenum Gemeinsames Besprechen der Fragen und Antworten. Ergänzungen, bzw. Änderungen sollen aber nicht auf das Arbeitsblatt geschrieben werden, sondern ins Heft (oder auf ein anderes Blatt Papier). 3 min. Einsammeln, Arbeitsblatt 1 und Arbeitsblatt 1 und - Einsammeln der Erklären 2.2 zurückgeben 2.2 Arbeitsblätter Die Arbeitsblätter werden zur Analyse und Auswertung eingesammelt, später aber retourniert. 20 min. Erklären, Helfen Überprüfung und Überprüfung und Einzelarbeit Überprüfung + Fragebogen Fragebogen Fragebogen ausfüllen Arbeitsblätter und Überprüfungen/Fragebögen am Ende einsammeln.

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Arbeitsblatt 1 (Eiffelturm, mit Erwartungshorizont/Lösungen)

Bild 1 Bild 2

1. Beschreibe was du auf den beiden Bildern siehst. (40-60 Wörter) Welche Gebäude werden abgebildet? Wie sieht die Landschaft aus?

In Bild 1 ist eine verrauchte Stadt zu sehen. Ein großer Turm steht relativ zentral und die

Stadt wirkt düster und pompös. Links im Bild ist ein Teil eines weiteren Turms zu sehen. Bild

2 ist weiter und heller. Die Gebäude sind kantiger und gerader dargestellt. Der große Turm ist ebenfalls da, aber schlanker und ein Fluss ist abgebildet mit Brücken darüber.

2. Vergleiche die beiden Bilder miteinander. Worin unterscheiden sie sich (Darstellung, Form, Farbe)? Was könnte der Grund für diese Unterschiede sein?

Bild 1 ist dunkler und runder als Bild 2. Der Turm in Bild 1 ist größer und runder dargestellt und der Fluss fehlt ganz. Der Turm mit der Brücke ist in Bild 1 links und in Bild 2 rechts.

Der Unterschied ergibt sich dadurch, dass Bild 1 auch im Comic gemalt ist und Bild 2 echt.

3. Interpretiere die Darstellung und versuche sie historisch und geografisch einzuordnen. Um welche Stadt/welche Gebäude könnte es sich handeln? Welche historische Epoche/Zeit wird dargestellt? Welches Land oder welcher Staat könnte es sein?

Paris, die Innenstadt, der Fluss Seine, ein großer eiserner Turm/ der Eiffelturm, Frankreich

Ende des 19. Jahrhunderts, 1889

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Arbeitsblatt 1

Bild 1 Bild 2

1. Beschreibe was du auf den beiden Bildern siehst. (40-60 Wörter) Welche Gebäude werden abgebildet? Wie sieht die Landschaft aus?

2. Vergleiche die beiden Bilder miteinander. Worin unterscheiden sie sich (Darstellung, Form, Farbe)? Was könnte der Grund für diese Unterschiede sein?

3. Interpretiere die Darstellung und versuche sie historisch einzuordnen. Um welche Stadt/welche Gebäude könnte es sich handeln? Welche historische Epoche/Zeit wird dargestellt? Welches Land oder welcher Staat könnte es sein? (in Stichworten)

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Arbeitsblatt 2.1 - Römerlager

Arbeitsblatt 2.2 (Römerlager_Aufgabenpart mit Lösungen/Erwartungshorizont)

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1. Beschreibe die Garnison Lagunarum auf dem ersten Bild von Arbeitsblatt 2.1. (30-50 Wörter)

Es ist ein rechteckig aufgebautes Lager mit einem Graben darum. Durch die Mitte führt eine

Straße und vorne und hinten ist ein Tor. An allen Ecken der Mauer ist ein Turm aufgebaut.

Im Lager befinden sich viele gleichmäßig aufgestellte Zelte.

2. Fasse die Geschichte zusammen. Was geschieht in dem kurzen Comic? (40 – 60 Wörter)

Goofy zeigt Micky das Lager. Er erklärt ihm, was eine Legion ist, was die Soldaten im Lager so alles machen, welche Berufe sie sonst noch ausüben und wie sie ihre Zeit verbringen.

Außerdem zeigt Goofy ihm, wie sie eine Straße bauen und erklärt, was es mit diesen Straßen und Meilensteinen auf sich hat.

3. Ordne die Geschichte historisch und geografisch ein. In welcher Zeit/welchem Jahrhundert könnte die Handlung spielen? An welchem Ort/ in welchem Land befindet sich das Lager und die Figuren?

Antike, um das Jahr 0, zwischen 100 v. Chr. und 400 n. Chr., 1. Jh., ca. 30 v. Chr.

Im römischen Reich, in Europa, im nördlichen Gallien

4. Versuche einen Bezug zur Gegenwart herzustellen. Welche der im Comic erwähnten Einrichtungen könnten heute noch eine Rolle spielen? Was hat sich bis heute verändert, und wie?

Die Berufe und Einrichtungen gibt es immer noch, sie heißen nur teilweise anders. Straßen spielen heute eine große Rolle und es gibt viele verschiedene Arten davon. Heute führen nicht mehr alle Straßen nach Rom. Meilensteine gibt es auch noch, aber sie sind nicht immer im

Meilenabstand aufgestellt und auch keine Steine, sondern Tafeln.

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Arbeitsblatt 2.2 – Römerlager - Aufgaben

1. Beschreibe die Garnison Lagunarum auf dem ersten Bild von Arbeitsblatt 2.1. (30-50 Wörter)

2. Fasse die Geschichte zusammen. Was geschieht in dem kurzen Comic? (40 – 60 Wörter)

3. Ordne die Geschichte historisch und geografisch ein. In welcher Zeit/welchem Jahrhundert könnte die Handlung spielen? An welchem Ort/ in welchem Land befindet sich das Lager und die Figuren?

4. Versuche einen Bezug zur Gegenwart herzustellen. Welche der im Comic erwähnten Einrichtungen könnten heute noch eine Rolle spielen? Was hat sich bis heute verändert, und wie?

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Überprüfung mit Antworten:

1. Wo steht der Eiffelturm und wann wurde er gebaut?

Paris, Frankreich 1889

2. Zu welchen Ereignissen wurde der Eiffelturm errichtet?

10. Weltausstellung, 100jähriges Jubiläum der Französischen Revolution

3. Wie war das Militärlager der Römer aufgebaut?

Rechteckig, von einer Mauer umgeben mit Wachtürmen an den Ecken. Viele Zelte in ordentlichen Reihen aufgestellt. Ein Wassergraben darumgezogen und eine Zugbrücke vor den beiden Toren.

4. Welche Aktivitäten wurden in einem römischen Militärlager von den Soldaten ausgeführt?

Z.B.: Training, Fitness, Erholung, Handel, Handwerk, Straßenbau

5. Was bauten die Römer bereits in der Antike, das auch heute noch eine wichtige Bedeutung hat?

Gepflasterte und befestigte Straßen, Meilensteine

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Fragebogen:

Geschlecht: ______Alter: ______Schulform: ______Muttersprache: ______

1. Wo steht der Eiffelturm und wann wurde er gebaut?

2. Zu welchen Ereignissen wurde der Eiffelturm errichtet?

3. Wie war das Militärlager der Römer aufgebaut?

4. Welche Aktivitäten wurden in einem römischen Militärlager von den Soldaten ausgeführt?

5. Was bauten die Römer bereits in der Antike, das auch heute noch eine wichtige Bedeutung hat?

Trifft Trifft Trifft Trifft eher Trifft zu eher zu teilweise zu nicht zu nicht zu Die Arbeitsaufträge waren verständlich formuliert Der Text im Comic war gut verständlich Ich lese gerne In meiner Freizeit lese ich Comics Ich habe im Unterricht schon einmal mit Comics gearbeitet Comics verstehe ich leichter als nur schriftliche Texte Ich würde gerne öfter mit Comics im Unterricht arbeiten

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