MITTEILUNGEN des Badischen Landesvereins für Naturkunde und Naturschutz e.V., Freiburg i. B.r
Neue Folge BAND XI Heft 1-4,1973-1976
Freiburg im Breisgau 1976 Selbstverlag des Vereins
Mitt. bad. Landesver. Neue Folge Seite 61 Abb. Freiburg i. Br. Naturkunde u. Naturschutz Band XI 1-441 17 Taf. 1. August 1976 Druck: Druck und Verlag Emmendingen INHALT
Seite I. Geologie, Mineralogie, Petrographie
HILLE, H., MAUS, HJ. & MÖHRLE, K.: Mineralfunde bei Wieden, Landkreis Lör- rach, Baden. Mit Taf. 3 7
KRAATZ, R. & SIMON, W.: Fossilien aus alten Aufschlüssen im Kraichgau. Mit Taf 2 5 MüNzING, K.: Zur Stratigraphie Breisgauer Lösse (Südbaden). Mit Abb. 38 . . 257
PAUL, W.: Kaltzeitlich-kryoturbat verformte plio-pleistozäne Wutach-Schotter bei Göschweiler in der West-Baar. Mit Taf. 1 1
PAUL, W.: Zur Stratigraphie und Fazies des Unteren (ku) und Mittleren (km) Keu- pers (Ober-Ladin, Kam, Nor) der Westbaar und des Klettgaucs (1). Mit Abb. 21-22 und Taf. 5-7 87
STUBENDORFE, U.: Ein kryoturbates Sandlößprofil mit Eiskeilen bei Gottenheim 273
II. Ur- und Frühgeschichte
BRAUN, P.: Seit wann sind die heißen Quellen von Baden-Baden dem Menschen bekannt? Mit Abb. 23-26 99
III. Botanik
DüLL, R.: Moosflora von Süddeutschland, II. Teil: Die Laubmoose (MUSC1): 3. Fortsetzung 275
ENDRISS, G.: Kaffeeanbau am Kaiserstuhl? 223
GROSSMANN, A., L.: Zum Neufund der Pampastrespe — Bromus willdenowii KUNTH - in Lörrach 321
KNOCH, D.: Pilzkundliche Exkursion in die Oberrheinebene bei Forchheim/Weis- weil am 1.10.1972 55
KNOCH, D.: Pilzfunde der Gattung Phlegmacium (Schleimköpfe) in Südbaden (II) Mit T f 11 311
RASTETTER, V.: Fünfter Beitrag zur Moosflora des Ober-Elsaß 101
RASTETTER, V.: Dritter Beitrag zur Pilzflora des Ober-Elsaß 105
RASTETTER, V.: Zweiter Beitrag zur Phanerogamen- und Gefäß-Kryptogamen- Flora des Haut-Rhin 119
IV. Zoologie
BAUM, F. & ROPPEL, J.: Bemerkenswerte neue Käferfunde aus der Umgebung von Freiburg i. Br. 363
DUDERSTADT, R.: Untersuchungen zur Wanzenfauna des Istcincr Klotzes. Mit Abb. 31 und Taf. 8-9 147
EIDEL, K.: Die Steinfliegen (Plecoptera) des Wutachgebietes. Mit Abb. 27-30 . . 135
EIDEL, K.: Die Köcherfliegen (Trichoptera) des Wutachgebietes. Mit Abb. 32-37 . 181 FRENZEL, P.: Nachweise zweier seltener Daphnia-Arten (Cladocera, Crustacea) in Südwestdeutschland. Mit Abb. 52-61 385 GAUSS, R.: Zweiter Nachtrag zur Hautflüglerfauna im badischen Raum. Mit Taf. 10 197 GAUSS, R.: Aberrante Gallen der Knoppern-Gallwespe (Andrtcus quercuscalicis BURGSD.) im Raum Stuttgart während einer starken Vermehrung. Mit Abb. 51 359 GELLER, W.: Verteilung und Schwankungsbreite einiger limnischer Ökofaktoren in den Gewässern des Taubergießengebietes (Oberrheinebene). Mit Abb. 12-20 45 HOFFRICHTER, 0. & TRÖGER, E., J.: Ceresa bubalus F (Homoptera: Membracidae) —Beginn der Einwanderung in Deutschland. Mit Abb. 9-11 und Taf. 4 . . 33 KAISER, H. & FRIEDRICH, R.: Die Libelle Orthetrurn albistylum am Oberrhein . . 145 KLIMETZER, D.: Die Variabilität der Standortansprüche hügelbauender Wald- ameisen der Formica rufa-Gruppe (Hymenoptera: Formicidae). Mit Abb. 1-8 9 KLIMETZEIC, D.: Vorläufige Mitteilung über das Vorkommen von Raptoformica sanguinea (LATR.) und Coptoformica exsecta (NYL.) im Südschwarzwald 27 KLIMETZEIC, D.: Bildschlüssel der Ameisenfauna Badens. Mit Abb. 41-50 . . . 345 KORMANN, K.: Blütenbesucher an Cirsium arvense (Diptera: Syrphidae,Conopidae) 29 KORMANN, K.: Schwebfliegen als Blütenbesucher an Umbelliferen (Diptera, Syrphi- dae) 203 KORMANN, K.: Beitrag zur Kenntnis von Mesembrius peregrinus Loew (Diptera, Syrphidae). Mit Abb. 39-40 337 KORMANN, K.: Schwebfliegen als Blütenbesucher an Rubus idaeus und Ranunculus repens (Diptera, Syrphidae) 341 SENF, E.: Die Odonaten-Fauna des westlichen Bodenseegebiets 327
V. Naturschutz und Landschaftspflege
BURGATH, K.: Ein Dia wird zur Antiquität — Streiflichter zur Zerstörung und Erhaltung unseres Naturraumpotentials. Mit Taf. 17 397 Der Kaiserstuhl — Weinplantage oder Weinlandschaft? Dokumentation einer Vor- trags- und Diskussionsveranstaltung am 13. Oktober 1973 211 Kreisbeauftragte für Naturschutz und Landschaftspflege 60 Neue Natur- und Landschaftsschutzgebiete 59 RASBACH, K.: Der Kaiserstuhl als Naherholungsgebiet. Mit Taf. 12-16 393
VI. Nachrufe
OEHME, R.: Gerhard Endriß zum Gedächtnis 403
VII. Vereinsnachrichten 63,225,407
VIII. Satzung des Badischen Landesvereins für Naturkunde und Naturschutz e. V. . . 231
IX. Bücher- und Zeitschriftenschau 71,235,419
MITTEILUNGEN cloAx&cfein Zucteme1/4 für (1\rt.w^ ,uncl,e unddratumdflut et/ AltNierf'
N. F. 11, Heft 1 (1973) 1. Oktober 1973 INHALT
Seite PAUL, W.: Kaltzeitlich-kryoturbat verformte plio-pleistozäne Wutach-Schotter bei Göschweiler in der West-Baar. Mit Taf. 1 1
KRAATZ, R. & SIMON, W.: Fossilien aus alten Aufschlüssen im Kraichgau. Mit Taf. 2 5
HILLE, H., MAUS, HJ. & MÖHRLE, K.: Mineralfunde bei Wieden, Landkreis Lör- rach, Baden. Mit Taf. 3 7
KLIMETZEK, D.: Die Variabilität der Standortansprüche hügelbauender Wald- ameisen der Formica rufa-Gruppe (Hymenoptera: Formicidae). Mit Abb. 1-8 9
KLIMETZEK, D.: Vorläufige Mitteilung über das Vorkommen von Raptoformica sanguinea (LATR.) und Coptoformica exsecta (NYL.) im Südschwarzwald 27
KORMANN, K.: Blütenbesucher an Cirsium arvense (Diptera: Syrphidae, Cono- pidae) 29
HOFFRICHTER, 0. & TRÖGER, E., J.: Ceresa bubalus F (Homoptera: Membracidae)— Beginn der Einwanderung in Deutschland. Mit Abb. 9-11 und Taf. 4 . . 33
GELLER, W.: Verteilung und Schwankungsbreite einiger limnischer Ökofaktoren in den Gewässern des Taubergießengebietes (Oberrheinebene). Mit Abb. 12-20 45
KNOCH, D.: Pilzkundliche Exkursion in die Oberrheinebene bei Forchheim/Weis- weil am 1. 10. 1972 55
Neue Natur- und Landschaftsschutzgebiete 59
Kreisbeauftragte für Naturschutz und Landschaftspflege 60 Vereinsnachrichten 63 Bücher- und Zeitschriftenschau 71
Mitt. bad. Landesver. Abb. 1-20 Freiburg im Breisgau N '. F. 1 1 - 86 Naturkunde u. Naturschutz Taf. 1 -4 1. Oktober 1973 — 1 —
Mitt. bad. Landesver. Taf. Freiburg ins Breisgau N . F 11 1 1-3 I Naturkunde u. Naturschutz . 1 1. Oktober 1973
Kaltzeitlich-kryoturbat verformte plio-pleistozäneWutach-Schotter bei Göschweiler in der West-Baar
von
WILLI PAUL, Vöhrenbach'' Mit Tafel 1
Die Kuppe „Auf der Wacht" (898,8 m + NN) NNW von Göschweiler in der West-Baar (TK 25, Bl. 8115 Lenzkirch, r = 34 48 200, h = 53 03 000) trägt auf ihrem höchsten Bereich im Umkreis von etwa 200 min kalkarmem bis -freiem, stark sandigem Lehmboden eine verhältnismäßig dichte Schotterstreu mit Komponen- ten aus Buntsandstein (sie sind nach Zahl und Größe — größter (75 bis 70 cm — mit Abstand vorherrschend), aus Silex des Mittleren Muschelkalkes — Hornstein, Kieseloolith, Zuckerkornquarzit (W. PAUL 1971) — und spärlichsten Porphyren und Apliten. Der Untergrund — nach den Verhältnissen an der Peripherie des Vorkommens zu urteilen, müßte es sich um Mittleren Muschelkalk handeln — blickt nirgends durch. Dieser Umstand ließ schon immer vermuten, daß der Schotterstreu eine Schotterdecke von allerdings nur geringer Dicke zugrunde läge, ähnlich wie im Gewann „Roßhag", 1,5 km weiter E, in der Umgebung der Do- line von 1954 (K. SAUER 1954). Diese Vermutung erwies sich bei Gelegenheit der Erstellung eines Hochbehäl- ters für eine regionale Wasserversorgung 1970/71 auf der erwähnten Kuppe als zutreffend. Die Baugrube erschloß zwischen einer etwa meterdicken Bodendecke und dunkelgrauen, dünnschichtigen, durch Auslaugung ihres ursprünglichen Kar- bonat- und vor allem Sulfatgehaltes beraubten Tonen, wie sie für die „Obere Sulfat-Zone" des Mittleren Muschelkalkes kennzeichnend sind, eine 2-3 m mächtige Schotterdecke. Sie bot, nachdem erst einmal die witterungsbedingte Schmutztapete der Aufschlußwände in den winterlichen Frostwechseln abgeplatzt war, ein eigenartiges und buntes Bild (Tafel 1). In einer meist kaffeebraunen, ver- hältnismäßig zurücktretenden Matrix von scharfsandig-lehmigem Charakter er- schienen flachscheibenförmige bis linsig-flasrige, ebenfalls sandig-lehmige, letzt- lich grusig zu nennende Einlagerungen, gegen die Matrix nicht ganz scharf ab- gegrenzt und in den verschiedensten Farbtönungen von weiß, grau, beige, gelb, grün und blaßrot. Bei näherem Zusehen entpuppten sich diese Einlagerungen als weitgehend vergruste schwarzwälder Magmatite und Metamorphite, die sich in dem einen oder andern Fall bestimmten Komponenten der (relativ) frischen jung- pleistozänen Wutach-Terrassenschotter der nächsten Umgebung zuordnen lie-
Anschrift des Verfassers: W. PAUL, D-7741 Vöhrenbach, Hagenreutestraße 6. ßen. Die eigenartige, auf keinen Fall ursprüngliche und augenscheinlich am zu- treffendsten als ausgewalzt zu bezeichnende Form dieser weit über neun Zehntel der ganzen Schottermasse ausmachenden magmatischen und metamorphi- tischen Komponenten dürfte wohl auf das Konto der unter unsern Breiten in den pleistozänen Kaltzeiten innerhalb der sogenannten Eisrinde (J. BÜDEL 1968) — d. i. der jahreszeitliche Auftaubereich des kaltzeitlichen Dauerfrostbodens — wirksam gewesenen Frostpressungen zu schreiben sein. Zuvor oder zumindest gleichzeitig mußten allerdings die Gerölle in ausreichendem Maße vergrust wor- den sein. Die vielfach zu beobachtende schalige Umschließung der mit Vorliebe hochgestellten (keiner warm- oder kaltzeitlichen Vergrusung zugänglich gewese- nen und daher nicht deformierten) Buntsandstein-Gerölle durch die ausgewalz- ten Kristallin-Gerölle weist ebenfalls auf kräftige Kryoturbation hin; mitunter konnte der Eindruck entstehen, als wären vor allem die größeren Buntsandstein- Gerölle mehr oder minder auch in der Vertikalen gewandert. Da bis jetzt keines der älteren Wutach-Schotter-Vorkommen in dem hier be- richteten Umfange eingesehen werden konnte, bzw. in absehbarer Zukunft wie- der eingesehen werden kann, dürften auch die sonstigen Beobachtungen verdie- nen, an dieser Stelle festgehalten zu werden: 1. Auf die absolut hohe Beteiligung der schwarzwälder Magmatite und Meta- morphite ist oben bereits hingewiesen worden. Vergleiche mit den anderen Vor- kommen sind mangels entsprechender Aufzeichnungen oder Aufschlüsse selbst im Falle der Roßhag-Schotter (W. MOLL & G. RAHM 1962) vorerst nicht möglich. Hinsichtlich der Güte der Erhaltung, jedenfalls des Ausmaßes der Vergrusung, sind zwischen dort und hier, also innerhalb der „Göschweiler Schotter" s. s., keine bedeutenderen Unterschiede festzustellen. Einzig gewisse auch von anderswo als recht verwitterungsresistent bekannte Magmatite, wie Gangporphyre oder Aplite, vermochten sich sogar als Lesestein zu halten. 2. Bei den Buntsandstein-Geröllen handelt es sich in der Hauptsache um typi- sches Material aus dem Mittleren Buntsandstein, der in der näheren Umgebung des Vorkommens überhaupt nicht zur Ablagerung gekommen ist und also aus größerer Entfernung herangeschafft worden sein muß (W. PAUL 1971). Daneben sind aus dem Oberen Buntsandstein in geringer Zahl die „hellfarbigen kieseligen Sandsteine" und mitunter auch typischer Plattensandstein zu finden. Alle diese Komponenten sind bemerkenswert wenig ausgelaugt oder entfärbt. Auffällig ist die Tendenz des Materials aus dem Mittleren Buntsandstein zur Bildung kleiner und großer (Dezimeter-Größenordnung!) fast idealer Scheibengerölle. Im Ver- band befindliche Konglomerate vom Typus des „Hauptkonglomerats" sind als Komponenten recht selten. Ihre quarzigen (weißen) oder quarzitischen (bunten) Gerölle — nunmehr auf zweiter Lagerstätte — sind nicht häufig zu nennen und durchschnittlich von geringerer Größe als auf dem Gewann „Roßhag". 3. Die sehr lösungs- und zersetzungsresistenten Silexbildungen des Mittleren Muschelkalkes (s. o.) sind selbst in der Schotterstreu viel weniger zahlreich als drüben am „Roßhag". Im Aushub der Baugrube „Auf der Wacht" muß man sie beinahe suchen, findet sie dann aber mitunter in recht großen Stücken, die nur geringsten Rundungsgrad aufweisen. Die Zuckerkornquarzite — auf dem „Roß- hag" recht häufig — sind auffallend selten. Schillquarzite aus dem Oberen Mu- schelkalk sind dort wie hier Zufallsfunde. 4. Eine eigentliche Stratigraphie ist der Schotterdecke „Auf der Wacht" nicht eigen, sehr im Gegensatz zu den diesbezüglichen Verhältnissen am „Roßhag". — 3 —
Nach alledem ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß den Wutach-Schottern „Auf der Wacht" ein anderes, geringeres Alter zukommt als den „Roßhag-Schot- tern". Dürftigkeit der Vorkommen, Seltenheit der Aufschlüsse und die Wirkung der zeitlichen Perspektive — Jungpliozän und Altpleistozän bedeuten ein Mehr- faches der seither verflossenen Zeit — gestatten jedem Bemühen um Aufhellung nur bescheidenste Fortschritte. Um so wichtiger wird jede Beobachtung.
Schrifttum:
BANGERT, V.: Zum Pleistozän des Blattes Lenzkirch (Nr. 8115), Südschwarzwald. — Jh. geol. Landesamt Baden-Württemberg, 2, S. 209-218, Freiburg i. Br. 1957. BÜDEL, J.: Hang- und Talbildung in Südost-Spitzbergen. — Eiszeitalter u. Gegenwart, 19, S. 240-243, Ohringen 1968. MOLL, W. & RAHM, G.: Zur Altersstellung der Göschweiler Schotter. — Ber. Naturf. Ges. Freiburg, 52, S. 89-101, Freiburg i. Br. 1962. PAUL, W.: Landschafts- und Flußgeschichte. In: Die Wutach, Naturkundliche Monogra- phie einer Flußlandschaft, S. 135-186. — Bad. Landesver. Naturkunde u. Natur- schutz e. V., Freiburg i. Br. 1971. SAUER, K.: Pleistozänes und holozänes geologisches Geschehen aus dem Wutachgebiet. 2. Der Erdfall im Muschelkalk von Göschweiler. — Mitt. bad. Landesver. Natur- kunde u. Naturschutz, N. F. 6, S. 82-84, Freiburg i. Br. 1954.
(Am 17. 4. 1973 bei der Schriftleitung eingegangen) Tafel 1
Fig. 1: Kryoturbation in vermutlich spätplio- bis frühpleistozänen Wutach-Schottern im Gewann „Auf der Wacht" bei Göschweiler in der West-Baar (Teilansicht der Wand eines temporären Aufschlusses. Maßstab: Kleinbildfilm-Schachtel). Nicht nur der ursprüngliche Verband der Schotter als Ganzes ist kryoturbat verformt, sondern auch die ursprüngliche Gestalt aller Magmatit- und Metamorphit-Ge- rölle. Trotz extremer, solche Verformung überhaupt erst ermöglichender Vergru- sung heben sich diese Schotterkomponenten vor allem farblich ganz ausgezeich- net von der verlehmten, kaffeebraunen Matrix ab. Die gegen Vergrusung resisten- ten und deshalb nicht verformten Gerölle aus Buntsandstein fallen u. a. auch durch vorherrschend senkrechte Orientierung auf.
Fig. 2: Kryoturbation in vermutlich spätplio- bis frühpleistozänen Wutach-Schottern im Gewann „Auf der Wacht" bei Göschweiler in der West-Baar (Detailaufnahme von der auf Fig. 1 gezeigten Aufschlußwand-Stelle). Aufnahmen: W. PAUL. WILLI PAUL, Kaltzeitlich-kryoturbat verformte plio-pleistozäne Tafel 1 Wutachschotter bei Göschweiler in der West-Baar.
Fig. 1
— 5 —
Mitt. bad. Landesver. I Freiburg irn Breisgau N. F. 11 . 1 5-6 Tat 2 Naturkunde u. Naturschutz 1. Oktober 1973
Fossilien aus alten Aufschlüssen im Kraichgau
von
REINHART KRAATZ & WILHELM SIMON, Heidelberg *
Mit Tafel 2
Die abgebildeten Versteinerungen belegen zwei der drei Stufen des oberen Muschelkalkes; sie werden in den Sammlungen des Geologisch-paläontologischen Institutes der Universität Heidelberg in der umfangreichen Kollektion KÖNIG aufbewahrt. HERMANN KÖNIG lebte von 1862 bis 1921 in Speyer und Heidelberg, war Journalist und Schriftleiter des Pfälzer Boten und hatte besonders während der letzten zwanzig Jahre seines Lebens eine beachtliche Sammeltätigkeit entwickelt. In dieser Zeit besuchte er regelmäßig die Aufschlüsse und Steinbrüche im Kraich- gau, so daß Schwerpunkte seiner Triassammlungen der untere, mittlere und obere Muschelkalk sind. KÖNIG ist bei seinen Bestimmungen sehr gewissenhaft vor- gegangen; nicht nur, daß er jedem gesammelten Stück ein handschriftliches Etikett mit sehr genauer Fundbezeichnung aufklebte, auch fremde Materialien sah er sich zum Vergleich an. So gingen immerhin 450 Stücke mit Pemphix-Resten (Taf. 2, Fig. 1) durch seine Finger; 220 davon beherbergen seine eigenen Sammlungen! Mit der Benennung des Ganoidfisches Colobodus königi (Taf. 2, Fig. 2) hat STOLLEY dem erfolgreichen Sammler KÖNIG schon zu dessen Lebzeiten ein Denk- mal gesetzt. über die Herkunft des Stückes lesen wir auf dem Etikett: „aus einer Tonbank 8 m über dem mittleren Muschelkalk; sog. Myophorienschichten." Der Aufschluß existiert nicht mehr; fast 60 Exemplare sammelte KÖNIG, jeder ein- zelne Fisch in einer Kalkkonkretion enthalten, die häufig die gekrümmte Form des mehr oder weniger körperlich erhaltenen Schmelzschuppers angenommen hatte. Die schönsten Stücke, zu denen besonders das abgebildete gehört, wurden im Senckenbergmuseum in Frankfurt präpariert. Die Ceratiten sind die charakteristischen Leitfossilien des oberen Muschel- kalkes, von denen der Ceratites nodosus der allgemein bekannteste ist. Wir haben hier die kleinere Varietät abgebildet (Taf. 2, Fig. 3). Dieses Stück wie auch die übrigen 200 Ceratiten der KÖNIG-Sammlung haben ROLF WENGER neben an- deren als Arbeitsmaterial für seine Ceratiten-Monographie vorgelegen. KÖNIG hat aufgrund seiner Sammlungen über die Schichtenfolge und den Fossilinhalt des unteren Trochitenkalkes eine Veröffentlichung geschrieben, zu der er von Prof. SALOMON-CALVI, dem Gründer und damaligen Direktor des Heidelberger Institutes, angeregt worden war. Darin legte er auch fest, daß seine Privatsammlung „... nach seinem Ableben in den Besitz des Geolog. Institutes
" Anschrift der Verfasser: Dr. R. KRAATZ, Prof. Dr. W. SIMON, Geologisch-Paläonto- logisches Institut der Universität, D-69 Heidelberg, Berliner Straße 17. -6—
Heidelberg übergehen wird". Daß auf diese Weise eine geschlossene Triassamm- lung von solch großem Ausmaß nicht in alle Winde zerstreut wurde, sondern zu- sammenblieb, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden; denn beim heu- tigen Stand der Aufschlüsse und angesichts des maschinellen Abbaues in den Steinbrüchen ist es unwahrscheinlich, daß sich solche Funde wiederholen.
Schrifttum:
KÖNIG, HERMANN: Zur Kenntnis des untern Trochitenkalkes im nördlichen Kraichgau. — Sber. Heidelbg. Akad. Wiss., Math.-nat. Kl., Abt. A, Jg. 1920, 13. Abh., 48 S., 1 Taf., Heidelberg 1920. STOLLEY, E.: Beiträge zur Kenntnis der Ganoiden des deutschen Muschelkalks. — Pa- laeontographica, 63, S. 25-86, Taf. 10-12, Stuttgart 1920. WENGER, ROLF: Die germanischen Ceratiten. — Palaeontographica, Abt. A, 108, S. 57 bis 129, 44 Abb., Taf. 8-20, Stuttgart 1957.
(Am 18. 4. 1973 bei der Schriftleitung eingegangen)
Tafel 2
Fig. 1 (oben links): Pemphix sueuri DESMAREST. Fast vollständiges Exemplar aus dem oberen Trochitenkalk von Baiertal, Stein- bruch am Ortsausgang nach Schatthausen, ca. 2/3 nat. Größe.
Fig. 2 (Mitte): Colobodus königi STOLLEY. Ein vollkommen körperlich erhaltener Fisch aus dem unteren Trochitenkalk von Nußloch, Steinbruch an der Straße nach Wiesloch, ca. 2/5 nat. Größe.
Fig. 3 (unten rechts): Ceratites nodosus minor PHILIPP!. Ein Ceratit mit gut herausgewitterten Lobenlinien aus dem Nodosuskalk von Waibstadt, Steinbruch an der Straße nach Sinsheim, ca. 2/5 nat. Größe.
Aufnahmen: KARL SCHACHERL, Geol.-Paläont. Inst. Univ. Heidelberg. REINHART KRAATZ & WILHELM SIMON, Tafel 2 Fossilien aus alten Aufschlüssen im Kraichgau.