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To the Wonder :

Autor(en): Volk, Stefan

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Filmbulletin : Zeitschrift für Film und Kino

Band (Jahr): 55 (2013)

Heft 332

PDF erstellt am: 27.09.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-864140

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http://www.e-periodica.ch FILMBULLETIN 5.13 NEU IM KINO

TO THE WONDER Terrence Malick

Alles bewegt sich. Bond-Girl Olga Ku- Zu Beginn, auf dem Mont-Saint-Michel, men, würde die Montage sein Ringen nicht rylenko breitet die Arme aus, wirbelt durch in Paris und Frankreich lieben sich Marina zerstückeln und ins Allgemeingültige, Kornfelder, Strassen, über Wiesen und Plätze. und Neil noch, auch wenn den Metaphysische entrücken. Die Kamera tanzt und fliegt mit ihr dahin, Geliebten hier schon demonstrativ passiv spielt, Das nämlich ist es, worum es Malick schwebt über Dächer, gleitet durch Zimmer, seltsam regungslos, wortkarg, während geht: ums Ganze. Nicht um noch eine Flure. Ständig unterwegs, auf einer Suche, Marina, die Liebende, im Off von ihrem Glück Liebesgeschichte. Statt mit Handlungen hantiert er die nur anfangs unbeschwert wirkt, am Ende schwärmt und im On mädchenhaft kreatür- lieber mit sprechenden Bildern, expressiven vor allem rastlos, haltlos. Dabei haben Marina lich um den Geliebten herumschwirrt, Gesten. Klischees sind bei einem solchen und Neil doch gleich zu Beginn die Stufen herumhüpft, lächelnd, lachend, scheinbar Kinovisionär keine unerwünschten zum Wunder erklommen. Zum «Wunder ausgelassen. Dann zieht die Französin mit ihrer Nebenprodukte, sondern Rohmaterial. Ausdrucksstarke, des Abendlandes», wie der Klosterberg Tochter zu Neil in die Vereinigten Staaten. symbolmächtige, stummfilmartige Mont-Saint-Michel an der Küste Nordfrankreichs Ihr gemeinsames Haus in einer Kleinstadt Bilder verbindet er zum Mosaik einer genannt wird. Und damit natürlich in Oklahoma bleibt bis zum Schluss halbleer, urmenschlichen Sinnsuche, bei der das flüchtige zum Wunder ihrer Liebe. «Du hast mich provisorisch, die Liebe in den Umzugskartons Glück zwar aufflackert, sich aber nicht aus dem Schatten geführt», wispert Marina stecken. Trotzdem flattert Marina festhalten lässt. Wie zuletzt mit tree of aus dem Off, «du hast mich vom Boden noch eine ganze Weile weiter, bis sie sich life wagt sich Malick mit to the wonder aufgelesen» und noch reichlich mehr solcher schliesslich mehr windet als dreht. Stattdessen weit über die narrativen Grenzen herkömmlichen Poesiealbumslyrik. Spätestens da wird das vollführt an Neils Seite plötzlich eine Hollywoodkinos hinaus. Nur kommt Wagnis deutlich, das Terrence Malick mit andere ihre Pirouetten: Jane, eine alte Jugendliebe, er diesmal nirgends an. Die Klischees seinem neuen, hochambitionierten Werk amerikanisch-blond, leicht zu verselbständigen sich. Junge, moderne Frauen unternimmt. unterscheiden von der leidenschaftlichen scheinen sich in der Nähe des dauergriesgrämigen Der Mut, mit dem Malicks Drehbuch dunkelhaarigen Marina. Einmal balanciert Jane auf Neils zwanghaft in Schmetterlingsmädchen alles ignoriert, was man in einem Filmseminar einem Zuggleis. Da ist sie glücklich. verwandeln zu wollen. Das ewig an goldenen Dramaturgieregeln so Auch Jane und Neil erreichen gemeinsam Weibliche kreiselt mit ausgebreiteten Armen beigebracht bekommt, ist bewundernswert. wunderbare Höhen. Statt auf den Mont- so lange feenhaft durch die Szenerien, bis Gesprochen - oder eigentlich eher: geraunt - Saint-Michel klettern sie auf das Dach ihres einem fast schwindlig wird. Zwischendurch wird fast nur im Off. Selten finden Bild und Autos; irgendwo im weiten Weideland, filmt die Kamera zum wer weiss wievielten Ton zu einem "normalen" Dialog zusammen. umgeben von einer Bisonherde, in die sich die Mal von unten durch eine Baumkrone den Ungleich öfter bewegen die Protagonisten Kamera nur in ehrfurchtsvoller Stille hineintraut. Himmel. tonlos ihre Lippen, während dazu Hanan In diesem epiphanischen Augenblick Es ist ein schmaler Grat zwischen Townshends sphärisch-melancholische Klänge überträgt sich das Staunen des Liebespaares. Esoterik und Metaphysik, Magie und Kitsch. wahlweise schwelgen oder dräuen und Ein kostbarer Kinomoment. Doch ein paar Terrence Malick, der zuvor in fast vierzig die verschiedenen Figuren ihre Gedanken, Schnitte später legt Neil, der noch immer Jahren fünf Filme gedreht hat, legt mit to Erinnerungen, Eindrücke, manchmal auch quälend lethargisch und abweisend the wonder nun nach weniger als zwei Gesprächsfetzen auf Englisch, Französisch, dreinschaut, Jane einen Strick um die Handgelenke. Jahren seinen sechsten vor. Vielleicht hätte Spanisch, Italienisch mehr hauchen als Eine nur schwer zu missdeutende er sich mehr Zeit lassen sollen. Wer aber aussprechen. Eine Handlung gibt es zwar, aber Symbolik. Kurz danach ist die Affäre beendet. das Kino liebt, muss sich eigentlich noch viel sie wird von der wuchtigen Präsenz der Marina kehrt zu Neil zurück; diesmal mehr solche Autorenfilme und Regisseure Bilder, einer bizarren Melange aus romantischen allerdings ohne Tochter. Neil und Marina wünschen, die den Mut haben, aufs Ganze zu Kinogemälden, Postkartenkitsch und heiraten, werden aber trotzdem nie mehr gehen; auch auf die Gefahr hin, damit komplett naturalistischen Milieustudien, in den so recht glücklich. Sie sucht einen Priester zu scheitern. das Hintergrund gedrängt. Man muss Geschehen auf, Pater Quintana, der selbst auf der Suche Stefan Volk aus dieser furchtlosen Collage von Szenen nach einer verlorenen Liebe ist. Angesichts und Stilen erst rekonstruieren, es zwischen des sozialen Elends, das ihm in einer R, B: Terrence Malick; K: ; S: A.J. Edwards, Keith Fraase, Shane Hazen, Christopher Roldan, den in dokumentarischer Härte fotografierten Sozialsiedlung mit albtraumhafter David-Lynch- Mark Yoshikawa; M: . D (R): Ben Afßeck Elendsgesichtern und den sich im Gegenlicht Aura tagtäglich begegnet, zweifelt er an Gott. (Neil), (Marina), Rachel McAdams (Jane), erhaben ausbreitenden Landschaften Und dank Javier Bardems kraftvollem Spiel JavierBardem (Pater Quintana). P: Brothers K, Redbud. USA zusammensuchen. könnte man ihm das auch beinahe abneh¬ 2012.112 Min. CH-V: Elite; D-V: StudioCanal Portraits de 20 grands cinéastes suisses Porträts von 20 grossen Schweizer Filmschaffenden Ritratti di 20 grandi cineasti svizzeri SRG SSR Purtrets da 20 grands cineasts svizzers Portraits of 20 major Swiss film-makers

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