Archiv. Von der «Krankenanstalt» zum modernen Spital

Steigende Patientenzahlen und stetiger Gemeinnützigen Vereins Burgdorf: dorf» gegründet. Ein Jahr später konn- Modernisierungsbedarf: Die Spitäler «Das Bedürfnis nach einer Bezirkskran- te im Kirchbühl ein erstes Spital mit fünf Burgdorf, Langnau und Sumiswald kenanstalt ist heute fühlbarer denn je, Betten eröffnet werden. Finanziert wur- erlebten ab 1897 wiederholte Bau- weil das Inselspital, das früher die meis- de dieses mit einer Sondersteuer von ei- phasen, die in Burgdorf und Langnau ten Kranken aufnehmen konnte, solche nem Franken pro Kopf der Bevölkerung bis heute andauern. vielfach wegen Platzmangel abweisen sowie einem Zuschlag von einem Fran- muss» und weil «kranke Dienstboten ken pro Pflegetag. 1894 beschloss der Peter Schär* bei ihren Meisterleuten nicht mehr Gemeindeverband den Bau eines grös- durchgehend gute Verpflegung finden, seren Spitals mit 78 Betten, das 1897 am Ende des 19. Jahrhunderts genügten wie dies früher allgemein der Fall war». heutigen Standort des Spitals die «Nothfallstuben» der 1840er-Jahre Die Gründung einer Krankenanstalt sei Burgdorf eingeweiht wurde. nicht mehr, trotz restriktiver Reglemen- ein «absolutes Bedürfnis im Blick auf te des Kantons für die Patienten-Auf- die zahlreiche Fabrikbevölkerung im Platznot in Langnau nahme. Fürsprecher J. A. Morgenthaler Amte Burgdorf». In Langnau regte die gemeinnützige erklärte am 21. Mai 1876 an der Haupt- Im gleichen Jahr wurde der «Gemein- Gesellschaft ebenfalls die Erweiterung versammlung des Ökonomischen und deverband Bezirkskrankenanstalt Burg- der «Nothfallstube» zu einer Kranken- anstalt an. Eine «Versammlung von Ausgeschossenen» beschloss im Jahr Sumiswald: Legat gab Anstoss 1876, eine Bezirkskrankenanstalt zu er- richten. Die Gemeinden erwarben dazu Die gleichen Kapazitätsprobleme wie haltsraum für Rekonvaleszente, ein Kin- 1880 für 42 000 Franken das Gebäude in Burgdorf und Langnau stellten sich derzimmer und ein grösserer Operati- der Amtsschreiberei am Dorfberg, um auch im Amtsbezirk . Den onssaal gehörten zum neuen Standard dort vorderhand ein Spital mit 20 Betten Anstoss zum Bauvorhaben gab 1876 ein des Hauses. zu betreiben. 1897 wurde der Abgeord- testamentarisches Legat über 10 000 Grössere An-, Um- und Neubauten er- netenversammlung der Verbandsge- Franken. Als Spitalstandort wurde Sumis- folgten in Sumiswald erstmals in den meinden der Bau einer Bezirkskranken- wald bestimmt. Nach Eingang weiterer Jahren 1926/27 und danach immer anstalt beantragt. In der Begründung Spenden wurde 1897 der Bauplatz des wieder. Unter anderem entstand ein ist zu lesen: «In einem Haus, das für Krankenhauses ausgesteckt. Es entstan- grösseres, neues Personalhaus mit 20 Krankenbetten Raum hat, können den für 49 000 Franken ein rechteckiger Arztpraxen im Erdgeschoss. Als letztes wir nicht länger 26 bis 28 Kranke ver- Bau mit schmalen Balkonen und zusätz- grosses Bauvorhaben hat Sumiswald pflegen. Diese Zahl ist zu gross für zwei lich ein «Absonderungshaus» für Pati- Ende der 1990er-Jahre den OP und den Pflegerinnen und eine Dritte können enten mit ansteckenden Krankheiten. Behandlungstrakt erneuert – auf eige- wir nicht unterbringen. Auch haben wir Im Januar 1881 konnte das Spital Su- ne Kosten, ohne Kantonsgelder. kein Lokal für Fälle, die abgesonderte miswald die ersten Patienten aufneh- Kurz nach der Eröffnung kam aus Verpflegung bedingen. Die Operatio- men. Es erwies sich mit seinen 14 Bet- der Bescheid, das Spital Sumiswald wer- nen müssen vor den Augen der anderen ten aber schon bald als zu klein. 1910 de, zusammen mit vier weiteren Spitä- Kranken vorgenommen werden.» wurden ein Giebelhaus auf der Westsei- lern, nicht mehr auf der Spitalliste auf- Am 2. Oktober 1898 konnte das neue te und ein zusätzliches Absonderungs- geführt. Das bedeutete die Schliessung Spital am Standort der einstigen Amts- haus errichtet. Das Spital zählte damit des Hauses. Die Patienten werden seit schreiberei eingeweiht werden. Die 45 Betten im erweiterten Spitalgebäu- 2000 in Burgdorf und Langnau betreut. Bausumme betrug 126 788 Franken. Die de und total 13 Betten in den beiden Das ehemalige Spital Sumiswald dient Amtsschreiberei musste fast komplett Absonderungshäusern. Einzelzimmer heute der Armee als Rekrutierungszent- abgebrochen werden. Die Gemeinde für vermögende Patienten, ein Aufent- rum. (ps) Langnau stellte das zusätzlich benötigte Land gratis zur Verfügung.

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Peter Schär zeigt den Langnauer Neubau von 1898 mit dem «Kinderzimmer». Im Hintergrund hängen die historischen Baupläne.

Finanzsorgen in Burgdorf… ten in Millionenhöhe überschritten. Der zur Selbstversorgung mit Eiern, Er- Zwischen 1898 und 1980 wurden in Betrag konnte in den folgenden Jahren weiterungsbau, Absonderungshaus, Burgdorf folgende Neubauten erstellt: durch zusätzliche Bankkredite zulasten neuer OP-Trakt, Tuberkulose-Pavillon, Waschküche, Leichen- und Sezierge- der Gemeinden beglichen werden. Bettenhaus 1 und Bettenhaus 2. 1983 bäude, Schweinestall für die Restever- erfolgten Umbau- und Sanierungsar- wertung, Oekonomiegebäude, Spitalka- …und in Langnau beiten für 25 Millionen Franken. 2013 pelle, Schwesternhaus, Bettenhaus Süd Auch in Langnau plagten Finanzsor- konnten das umgebaute Bettenhaus 1 und Bettenhaus Nord. Das «Schwestern- gen die Gemeinden. Die Baukosten fürs mit den hellen Patientenzimmern und haus» wird heute für Büros und Perso- erste Spital und die späteren Anbauten 2016 der umgebaute Notfall und die nalzimmer genutzt. Die Bettenhäuser führten zu einer Kostenüberschreitung neuen Sprechzimmer im Notfalltrakt in Süd und Nord sind heute noch in Be- von 50 000 Franken. Die Verbandsge- Betrieb genommen werden. trieb, dito Teile des Baus von 1897. meinden erhoben 1911 eine zusätzliche Die Finanzen gaben besonders beim Kopfsteuer, befristet auf vier Jahre. * Peter Schär (70) arbeitete von 1982 bis Bau des Bettenhauses Nord Anlass zur In Langnau wurde das Spital von 1899 2013 in leitender Funktion für das heuti- Sorge: Wegen Planänderungen in der bis 1969 wie folgt erweitert: OP, Wä- ge Spital Emmental. Er ist ein versierter Bauphase wurden die budgetierten Kos- scherei und Totenkammer, Hühnerhof Kenner der Berner Spitalgeschichte.

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