Ausg. Nr. 51 • 17. August 2007 Unparteiisches, unabhängiges und kostenloses Magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf- Formaten • http://www.oe-journal.at Fahrplan für Steuerreform fixiert Nach langer Debatte um eine Vorverlegung der Steuerreform, vor allem der sehr günstigen Wirtschaftsentwicklung wegen, hat sich die Große Koalition auf eine Steuerentlastung geeinigt. Allerdings tritt diese erst mit 1. Jänner 2010 in Kraft. Zuerst wird das Budgetdefizit gesenkt und in die Zukunft investiert. Bernhard J. Holzner / HOPI-MEDIA

ie aktuelle Entwicklung nicht nur der Systems“ in Angriff genommen werden, eine Zwei Tage vor einem für den 8. August Dheimischen Wirtschaft ließ die Rufe nach Steuersenkung allein wäre nicht sinnvoll. angesetzten Sommer-Ministerrat bekräftigte einer, im Wahlkampf angekündigten Steuer- Beide Institute waren sich darin einig, daß Vizekanzler Finanzminister Wilhelm Molte- reform immer lauter werden. Die Entlastung das Geld für die Reform auch erst verdient rer (ÖVP) in einem Interview mit dem ORF- des Faktors Arbeit und die Steigerung der werden müsse. Daher müsse zuerst das Bud- Radio „Ö1“, er wolle nicht mehr verspre- Kaufkraft für die Bevölkerung als weiteres get saniert werden. Und sie erinnerten daran, chen, als er halten könne. „Wir können uns Belebungsmittel für die Konjunktur wurden daß die Konjunktur auch wieder abflauen nur das leisten, was wir uns erwirtschaftet von vielen Seiten gefordert. Allerdings gab könne. Die dem Staat – mehr oder weniger haben. Daher bleibt es dabei: Wir streben es auch bedeutende Stimmen, allen voran unerwartet – ins Haus stehenden Mehreinnah- einen ausgeglichenen Haushalt und ein Null- das IHS, Institut für Höhere Studien, die so- men sollten nicht, wie vielfach gefordert, defizit sowie eine Steuerentlastung für das zusagen öffentliche Besonnenheit einmahn- gleich wieder ausgegeben, sondern nachhal- Jahr 2010 an.“ Das sei ehrgeiziger, als man ten. tig für die Reduzierung der Staatsschulden es sich bisher vorgenommen habe. Aus dem Österreichischen Institut für (Finanzschuld bereinigt, per 31. 12. 2006 Und Molterer wies weiters auf seine Ver- Wirtschaftsforschung hieß es, es solle eine 145,3 Mrd.) und für zukunftsträchtige In- antwortung als Finanzminister hin. „umfassende Strukturreform des ganzen vestitionen eingesetzt werden. Lesen Sie weiter auf der Seite 3 ¾ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 2 Die Seite 2

Aus dem Inhalt

Die/den klassischen Studierenden gibt es nicht mehr 5 220 Mio. für Hochwasserschutz 8 Digitalisierung des Fernsehens in Österreich schreitet voran 9 Österreich ist die Stimme Studierenden-Sozialerhebung 2006 S 5 Südosteuropas in der EU 11 Franz Antel ist in Wien gestorben S 28 Außenministerin präsentierte den Außenpolitischen Bericht 12 Die besondere Art Zivildienst zu leisten 13 Wahlrechtsänderung 2007 15 Von den Erfahrungen der Auslandsvorarlberger lernen 16 Wirtschaftswachstum bleibt weiterhin kräftig 17

Österreich ist EU-Stimme Südosteuropas S 11 Anhaltende Hochkonjunktur, »Urban Mining«-Projekt von ASH DEC S 31 aber zunehmende Risken 19 OMV erwirbt vier Explorations- lizenzen in Australien 20 Arbeitsplatzrekord in Linz 21 Showdown am Möbelmarkt 22 Jackpot für Casinos in Südafrika? 23 Bevölkerungszahl Österreichs steigt weiter 24 Wirtschaftswachstum bleibt kräftig S 17 AUA-Flug für Juventute-Kinder 25 Helene Funke im Lentos Kunstmuseum S 38 Rein ins Rathaus! 26 »Am Gänsehäufel. Ein Strandbad wird 100« 27 Franz Antel in Wien gestorben 28 Hohe Landesauszeichnung für einen Ausnahmekünstler 30 »Urban Mining« 31 Den Mechanismen des Zelltods auf der Spur 34 OMV erwirbt Lizenzen in Australien S 20 Was auf Zellwänden geschieht 35 schrieb Kulturgeschichte S 45 Klima und Leben vor 140 Millionen Jahren 36 »Ich bin selbst ein einsamer Steppenwolf« 38 LIFE – Eine Reise durch die Zeit. 41 Maria Moser. Triebwerke. 43 Ernst Krenek 45 700 Musiker aus sechs Alpenländern 49 Was es bedeutet, AUA-Flug für »Pro Juventute«-Kinder S 25 Urlaub wie ich will!! S 55 unberührbar zu sein 50 Musikfilm-Festival auf Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- dem Wiener Rathausplatz 53 ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- Urlaub wie ich will! 55 ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- Das weite Land für Genießer 56 torat: Maria Krapfenbauer. jede Art der Veröffentli- chung bei Quellenangabe ausdrücklich erlaubt. Fotos Wo die Liebe wohnt … 58 S. 1 und 2: http://www.bilderbox.biz; HOPI-Media/ Hitliste der Wiener Bernhard J. Holzner; OMV; Andreas Kolarik; ORF/ Sehenswürdigkeiten 2006 59 Pedro Domenigg; ASH DEC; Lentos Kunstmuseum Linz; EKIP; AVIVA und Niederösterreich Werbung. Pilgern auf zwei Rädern 60 Niederösterreich – Land für Genießer S 56 ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 3 Innenpolitik

stigung von Mehrkindfamilien – „eine wich- tige Perspektive im Sinne der sozialen Ba- lance“. Für den Finanzminister ist auch die Vereinfachung und Entbürokratisierung des Systems „essentiell“. Molterer verweist dazu etwa auf das Projekt der selbsterklärenden Steuererklärung. Diskutieren will Molterer im Zuge der Entlastung des Faktors Arbeit, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs weiter sicherzustellen. „Wir haben uns in der Bundesregierung gemeinsam vorgenommen, das Nulldefizit zu erreichen und die sehr guten wirtschaft- lichen Zeiten für das Richtige zu nutzen“, erklärte Molterer. Dem in der Öffentlichkeit zum Teil erweckten Eindruck, daß es in Ös- terreich einen Budgetüberschuß gebe, hält Molterer entgegen: Österreich habe noch immer rund 150 Milliarden Euro Staatsschul- den, allein heuer müsse der Staat 6,7 Mil- liarden Euro für Zinsen ausgeben. „Und es gibt ein Defizit, wenngleich dieses heuer ge-

Foto: Bernhard J. Holzner © HOPI-MEDIA ringer als prognostiziert ausfallen könnte“, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (li.) und Vizekanzler Wilhelm Molterer beim ruft der Finanzminister in Erinnerung, „weil Pressefoyer im Anschluß an die Sommersitzung des Ministerrates wir jeden zusätzlichen Steuereuro für den Defizitabbau verwenden“. Fortsetzung von der Seite 1 ¾ Ziel der für Bundeskanzler. Die Steuerreform solle den 2010 geplanten Steuerreform sei die Entlas- Wirtschaftsstandort und die Kaufkraft in Rossmann: Jetzt tung des Mittelstandes. Ein besonderes Österreich stärken. die Chancen nutzen Augenmerk werde Finanzminister Molterer auch auf die Entlastung der Mehrkindfa- Molterer: Wir zahlen heuer „Bei der Steuerreform geht es darum, milien legen. 6,7 Mrd. Euro Zinsen jetzt die Chance zu nutzen. Unabhängig von Zwei Tage später, am 8. August, beschäf- Steuereinnahmen und Konjunktur müssen tigte sich der Ministerrat mit einer Reihe von „Es bleibt dabei: Die Steuerreform und jetzt die Weichen gestellt werden. Das be- finanz- und wirtschaftspolitischen Fragen. Vor damit Steuerentlastung tritt mit 1. Jänner deutet: Arbeit entlasten und klima- und um- allem aber konnte eine Einigung über Neue- 2010 in Kraft“, betonte Finanzminister Mol- weltbewußtes Wirtschaften belohnen“, er- rungen im Haushaltsrecht erzielt werden. terer. „Das ist eine wichtige Klarstellung, die klärte der Budget- und Finanzsprecher der Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) aus budget- und auch wirtschaftspolitischer Grünen, Bruno Rossmann. Während es der erklärte in einer Pressekonferenz nach dem Sicht absolut Sinn macht. Wir gehen den Regierung scheinbar darum gehe, bereits Ministerrat, die gute wirtschaftliche Ent- Weg der Vernunft und des Hausverstandes“, jetzt Wahlzuckerln in Aussicht zu stellen, plä- wicklung habe auch dazu geführt, daß die so Molterer, der auch den vereinbarten dieren die Grünen vor allem für eine Um- Situation der Staatsfinanzen im Jahr 2007 um Zeitplan skizziert: Im Februar 2009 wird der stellung der Steuerstruktur. „Obwohl die be- einiges besser sei als erwartet: „Das Budget- Finanzminister einen Begutachtungsentwurf stehende Steuerstruktur Verteilungs- und defizit wird dieses Jahr geringer ausfallen als vorlegen, im April 2009 wird der Ministerrat Beschäftigungspolitisch äußerst bedenklich im Budgetgesetz vorgesehen. Trotzdem wer- die Steuerreform dem Parlament zuleiten ist, wird aus wahltaktischen Gründen steuer- den wir noch einiges an Kraftanstrengung und im Juni 2009 beschlossen werden. Die liche Entlastung ins Wahljahr verlegt“, kriti- brauchen“, so Gusenbauer. Die gute Wirt- Öffentlichkeit, die Arbeitnehmer, Unterneh- sierte Rossmann. schaftlage müsse nun genutzt werden, um das mer und die Finanzverwaltung haben somit Eine Steuerreform aus Sicht der Grünen Budgetdefizit weiter zu senken und gleich- sechs Monate Zeit, sich auf die geänderten würde konkret eine weitgehende Umstellung zeitig in Zukunftsbereiche zu investieren: Rahmenbedingungen vorzubereiten. der Energiesteuern auf die Besteuerung von „Wir bekennen uns nicht nur zum Sparen, Inhaltlich sieht Molterer noch „ausrei- CO2-Emissionen bedeuten. „Wer mehr ver- sondern auch zu Investitionen in Forschung chend Zeit für Diskussionen und solide Vor- schmutzt, soll auch mehr bezahlen. Das ent- und Entwicklung, in Bildung und soziale bereitungen. Jetzt ist noch nicht die Zeit der lastet jene, die klima- und umweltbewusst Aufgabenstellungen. Das ist die Devise der Entscheidung. Wir wollen ein großes Projekt handeln und wirtschaften“, so Rossmann. Im Bundesregierung“. In diesem Sinne habe präsentieren – das braucht seine Zeit“, so der Gegenzug zur Erhöhung der Klimasteuern sich der Ministerrat auch auf einen Etappen- Vizekanzler. müsse es eine Senkung arbeitsbezogener Ab- plan für die Erstellung der Steuerreform Ein klarer Schwerpunkt der Steuerreform gaben geben, um so auch mehr Beschäf- geeinigt: „Es ist unser Ziel, daß mit 1. Jänner ist aus Sicht Molterers die Entlastung des tigung zu schaffen. „Wir werden keine 2010 eine Steuerreform in Kraft tritt“, so der Mittelstandes sowie die steuerliche Begün- Veränderungen schaffen, wenn wir am exis- ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 4 Innenpolitik tierenden System nur ein paar Schräubchen verdient und die sie auch mehr als nötig hät- ren. „Für den ÖGB kommen die Interessen herumdrehen oder bei jeder umfassenden ten. der ArbeitnehmerInnen aber zuerst.“ Reform Marke Molterer auf die Bremse stei- Vor allem soll, laut Hundstorfer, jene gen.“ Im Sinne einer zukunftsorientierten Schalle: Reform sofort, Grenze angehoben werden, bis zu der Ar- Beschäftigungs- und Umweltpolitik müsse und nicht erst 2010 beitnehmerInnen keine Lohnsteuer zahlen. jetzt auf zeitgemäße Steuerpolitik gesetzt Die Grenze liege derzeit bei jährlich 14.000 werden. Das BZÖ verlangt einmal mehr von die- Euro. Aber auch bei Monatseinkommen bis ser rot-schwarzen Regierung eine sofortige, rund 5000 Euro brutto müsse etwas getan Strache: Deutlich mehr umfassende Steuerreform zur längst fälligen werden. Denn den ArbeitnehmerInnen müs- Geld für Arbeitnehmer Entlastung der Bevölkerung, so BZÖ-Wirt- se von den Lohn- und Gehaltserhöhungen schaftssprecher Veit Schalle. Die gute Kon- auch spürbar etwas übrig bleiben. Gemeint Eine Oscar-verdächtige Schmierenkomö- junkturlage und die Steuermehreinnahmen ist damit, daß die Lohn- und Gehaltserhö- die liefere die Bundesregierung, erklärte müßten sofort genützt werden, nicht erst hungen nicht von der „kalten Progression“ FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz Christian 2010. „Wir fordern eine Herabsetzung der (höherer Steuersatz bei Einkommenserhöh- Strache. Sein Hauptkritikpunkt: Die verspro- Lohnsteuer, eine Halbierung der Mehrwert- ung) weggefressen werden dürften. Zudem chene und nun wieder auf 2010 verschobene steuer bei Medikamenten auf 10 Prozent, die müsse die Entwicklung von Abgaben und Steuerreform. Einführung einer Mitarbeiterbeteiligung am Gebühren sowie Preissteigerungen ausrei- Am 20. August 2006, also kurz vor der Gewinn des Unternehmens (Investivlohn- chend mitberücksichtigt werden, um tatsäch- Nationalratswahl, sei das SPÖ-Bundespar- Modell), sowie eine Vereinheitlichung der lich auf eine reale Lohn- und Gehaltser- teipräsidium in Saalfelden zusammengetre- Unternehmenssteuer auf 25 Prozent. Diese höhung zu kommen. „Das Ziel des ÖGB ist ten und habe versprochen, eine Entlastung Entlastungsmaßnahmen sind leicht finan- daher eine Entlastung für ArbeitnehmerIn- schon ab dem Jahr 2007 durchzuführen, zierbar und notwendig, um ein Absinken der nen im Volumen von zwei Milliarden Euro“, erinnerte Strache. Drei Milliarden Euro soll- Arbeitslosigkeit dauerhaft sicherzustellen“, so Hundstorfer. te laut SPÖ-Beschluß diese Entlastungs- so Schalle. offensive umfassen. Für kleine Einkommen BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz er- Leitl: Jedem sei sogar eine Verdoppelung der Negativ- gänzte, Tatsache sei, daß die österreichischen wäre früher lieber Steuer in Aussicht gestellt worden. Gusen- Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auf- bauer habe dies sogar als Koalitionsbedin- grund der rot-schwarzen Belastungspolitik Wirtschaftskammer-Präsident Christoph gung formuliert. Und sogar noch am 26. De- dem Finanzminister 20 Milliarden Euro un- Leitl nahm in einem Interview mit der Ta- zember, während der Koalitionsverhandlun- geplante Steuermehreinnahmen bis 2010 geszeitung „Die Presse“ Stellung. Auf die gen, habe die APA berichtet: „Der SPÖ-Vor- bescheren würden. „Eine sofortige Steuerre- Frage, wie er denn zur Steuerreform steht, sitzende und künftige Bundeskanzler Alfred form ist daher locker leistbar“, so Grosz, der auf die die Gewerkschaft nicht bis auf 2010 Gusenbauer will am Beginn der Regierungs- zusätzlich auch, neben fairen Lohnabschlüs- warten wolle, meinte Leitl, jedem wäre frü- arbeit eine Steuerreform umsetzen, mit der sen, auch die steuerliche Unterstützung eines her lieber. Aber ein verantwortungsvoller Wachstum und Beschäftigung in Österreich Investivlohn-Modells verlangt. „Mit dem Finanzminister müsse zuerst auf ein stabiles angekurbelt und der Mittelstand entlastet Investivlohn können die Österreicherinnen Budget schauen. „Drei Milliarden Euro müs- werden soll.“ und Österreicher in wirtschaftlich guten Jah- sen erst verdient werden. Und um eine Steu- „Und gestern? Gestern stellt sich Gusen- ren neben den normalen Lohnsteigerungen erreform 2010 in Kraft zu setzen, muß man bauer nach dem Sommer-Ministerrat hin und bis zu 15 Prozent mehr verdienen“, so ohnehin schon nächstes Jahr zu verhandeln verkündet in trauter Zweisamkeit mit Fi- Grosz. beginnen.“ nanzminister Molterer, daß die Steuerreform erst 2010 kommen wird“, sagte Strache. „Da Hundstorfer für eine Österreicher wollen keine frag ich mich wirklich: Wie ticken diese Reform bereits 2009 Steuerreform vor 2010 Leute eigentlich?“ Die SPÖ solle nicht ihren Un-Sozialmi- ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer Für einige Überraschung sorgte das Er- nister Buchinger mit irgendwelchen Forde- sprach sich in einem Interview mit der Ta- gebnis einer Umfrage, die das Wiener Institut rungen vorschicken, sondern ihr Verspre- geszeitung „Österreich“ für eine vorgezoge- OGM im Auftrag des Nachrichtenmagazins chen einlösen und im Rahmen ihrer Regie- ne Steuerreform 2009 aus. Die Begründung „Format“ machte: Die Österreicher wollen rungsverantwortung für deutlich mehr Geld dafür: Um die gut laufende Wirtschaft weiter keine vorzeitige Steuerreform vor 2010, in der Tasche der heimischen Arbeitnehmer zu beleben, „bedarf es auch einer zusätz- denn 34 Prozent sprechen sich für ein Vor- sorgen, verlangte Strache. Die FPÖ beharre lichen, steigenden Inlandsnachfrage“. Und ziehen der Steuerreform aus, 41 Prozent sind auf einer umfassenden und sofortigen Ent- diese könne durch eine gute Lohn- und Ge- dagegen, wenn dadurch das Erreichen des lastung im Steuer-, Gebühren- und Abga- haltsentwicklung sowie einer Steuerreform Nulldefizits gefährdet sei. OGM-Expertin benbereich. Angesichts der konjunkturellen erhöht werden. „Mit anderen Worten: Haben Karin Cvrtila sieht den Grund für die gerin- Großwetterlage und den über den Erwartun- die Menschen mehr Geld in ihrer Brief- ge Zustimmung einerseits darin, daß der gen liegenden Steuereinnahmen sei es Gebot tasche, dann können sie auch mehr konsu- Großteil von der letzten Steuerreform kaum der Stunde, den heimischen Arbeitnehmern mieren“ so Hundstorfer. Letztendlich wür- profitiert habe. Andererseits habe Schulden- eine große Entlastungsoffensive zu gönnen, den in einem gewissen Maße beide Seiten freiheit einen hohen Stellenwert. „ eine Entlastungsoffensive, die sie mehr als von einer derartigen Entwicklung profitie- ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 5 Innenpolitik Die/den klassischen Studierenden gibt es nicht mehr Die jüngst präsentierte »Studierenden-Sozialerhebung 2006« hat nicht nur Klarheit in einen Bereichen gebracht, sondern auch zu einer Debatte über den allgemeinen Umgang des Staates mit den Studierenden geführt. Foto: http://www.bilderbox.biz

ie soziale Schere geht leicht zusammen, arbeit ist und Erfolge sich nur zögerlich ein- Hochschulstudium zu absolvieren. Wissen- Dso ein Ergebnis der umfassenden Studie- stellen“. schaftsminister Hahn: „Das zeigt, daß die renden-Sozialerhebung 2006, die auch in die Gruppe der Studierenden enorm heterogen europäische Vergleichsstudie Eurostudent III Tendenzen zu mehr ist, es den klassischen Studenten, die klassi- einfließen wird. Erstmals wurde sie online Bildung, weniger Job und sche Studentin nicht mehr gibt und daher durchgeführt. 9000 Studierende wurden vom nicht alle über einen Kamm geschoren wer- Institut für höhere Studien befragt. weniger bummeln den können.“ Die soziale Durchmischung an den Hoch- Der Trend zu höherer Bildung hält an, Der Anteil der Studienwechsler (Studien- schulen hat sich seit 1990 verbessert, die immer mehr Personen auch in der Eltern- richtung oder Hochschule) ist gegenüber der Überrepräsentanz höherer Schichten geht generation haben höhere Bildungsabschlüs- Sozialerhebung 2002 von 27,5 auf 22 Pro- leicht zurück. Die verbesserte soziale Durch- se, jede/r zweite/r Maturant/in gelangt über zent zurückgegangen. Der Anteil studienin- mischung ist vor allem auf den neu aufge- die Hauptschule zur Hochschulreife. aktiver Studierender ist seit 2002 ebenfalls bauten FH-Sektor zurückzuführen. Die Fach- Die Erwerbstätigkeit von Studierenden gesunken, und zwar von 5,3 auf 3,6 Prozent. hochschulen waren von ihrer Konzeption her während des Semesters ist von 67 auf 60 Pro- Der Anteil der Prüfungsaktiven liegt bei be- speziell angelegt bildungsfernere Schichten zent zurückgegangen. Die Befürchtung, achtlichen 91 Prozent. Und es wird ernsthaf- anzusprechen – mit berufsbegleitenden Ange- durch die Einführung der Studienbeiträge ter studiert. Das bestätigt auch den positiven boten und starker Praxisorientierung. Für müßten mehr Studierende erwerbstätig sein, Steuerungseffekt der Studienbeiträge. Wissenschaftsminister Johannes Hahn bleibt ist nicht eingetreten. Der Anteil jener Studierenden, die das Ziel einer „besseren sozialen Ausgewo- Rund ein Viertel der Studierenden gibt Familienbeihilfe beziehen, hat sich von 2002 genheit“ aufrecht, „auch wenn es Sisyphus- an, aus Gründen der Weiterbildung ein 48 auf 58,4 Prozent (2006) erhöht. ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 6 Innenpolitik

Positiv bemerkbar macht sich die Aus- Die Studierendensozialerhebung ist zu vom Fleck kommen. Europa zieht bei den weitung der Studienförderung zwischen 2001 finden auf http://www.bmwf.gv.at Studierendenzahlen davon, bei uns diskutiert bis 2006 von 120 auf 180 Mio. Euro. Be- man über Zugangsbeschränkungen“, sagt kamen 2001 noch 34.000 Studierende eine Broukal: Broukal. Studienförderung sind es im Jahr 2006 an Handlungsanleitung für Die Präsentation der Studierenden- die 48.000 Studierende gewesen. Die gesam- Sozialerhebung könne nur der Anfang sein. die Wissenschaftspolitik Die SPÖ schlägt vor, die Studie an einem „Richtig gelesen ist die Studierenden-So- Runden Tisch ausführlich zu besprechen. zialerhebung eine große Handlungsanleitung „Ziel sollte sein, die Probleme einzugrenzen für die Wissenschaftspolitik. Ich erwarte, daß und sie auch zu lösen“, so Broukal. Minister Hahn die wichtigsten Probleme an- spricht und angeht“, so SPÖ-Wissenschafts- Brinek begrüßt steigende sprecher Josef Broukal zum Bericht über die Zahl der Studienanfänger soziale Lage der Studierenden. „Ein runder Tisch noch im September wäre ein erster Als positiv wertet die ÖVP-Wissenschafts- Ansatzpunkt.“ sprecherin Gertrude Brinek einige aus der Für die SPÖ ergibt eine erste Analyse fol- Studierenden-Sozialerhebung 2006 hervor- gende große Problemzonen: gehende Fakten. So sei die auf hohem Ni-  Berufstätige Studierende brauchen Un- veau steigende Zahl der Studienanfänger/in- terricht am Abend oder in der Ferienzeit. nenzahlen sowie der Rückgang der Zahl der  Studierende mit Kindern brauchen leist- Studienwechsler um immerhin 5,5 Prozent zu begrüßen. Hervorzuheben sei auch die Tatsache, daß 53 Prozent der Studienanfän- ger/innen im Hochschulsektor Frauen sind. Ebenso begrüßt Brinek die Verbesserung der sozialen Durchmischung an Hochschu- Wissenschaftsminister Johannes Hahn len. Selbst wenn hier die Fachhochschulen Foto: bmwf besser abschneiden würden, als die Unis. So te Förderquote (inklusive Rückvergütung der hätten, laut Studie, 54 Prozent der Studienan- Studienbeiträge) ist von 23,3 Prozent im Jahr fänger/innen einen Vater ohne Matura aus 2002 um rund 3 Prozentpunkte auf 26,3 Pro- einer sogenannten bildungsfernen Schicht. zent angestiegen. „Hier ist ein Trend zu höherer Bildung zu Die beschlossene Studienbeihilfenerhö- erkennen“, so Brinek. Immer mehr Personen hung von 12 Prozent ab Herbst 2007 ist in der nun veröffentlichten Studie noch nicht enthalten.

Lückenlose Auswertung für Ausweitung SPÖ-Wissenschaftssprecher Bundesminister Hahn will die vollständi- Josef Broukal ge Auswertung der Studie in die Diskussion Foto: SPÖ / Petra Spiola um die Ausweitung der Studienbeihilfen ein- bringen. Sonderstudien zu den Themen Mo- bare Betreuungsplätze an den Unis, die bilität, ausländische Studierende, Studieren- auch am Abend offen haben. de mit gesundheitlicher Beeinträchtigung  Die Studiengebühr ist für Studierende aus sowie eine Auswertung von Seniorstudenten ärmeren Schichten eine große finanzielle sollen eine vollständige Analyse der Studie- Belastung. renden-Gesamtsituation erst ermöglichen.  Die Studienbeihilfe reicht bei ärmeren Eine Tendenz für die Ausweitung ist aber Familien nicht aus. schon skizzierbar: Studieren mit Kind soll  90 Prozent der Studierenden erwarten erleichtert werden, an den Unis braucht es eine Möglichkeit zum Master-Studium, ÖVP-Wissenschaftssprecherin mehr Kinderbetreuungsplätze. Eine Anhe- während einzelne Rektoren immer wieder Gertrude Brinek bung bzw. Vereinheitlichung der Zuverdienst- Einschränkungen in den Raum stellen. Foto: Bettina Mayr-Siegl grenze scheint sinnvoll. Sonderregelungen für behinderte Studierende sollen ebenfalls Zahl der Uni-Studierenden stagniert auch in der Elterngeneration hätten höhere diskutiert werden sowie eine bessere „Alarmierend ist, daß wir laut Studie- Bildungsabschlüsse erreicht. Jeder zweite Durchlässigkeit des Studienförderungssy- renden-Sozialerhebung bei der Zahl der in- Maturant/in gelange über die Hauptschule stems. ländischen Studierenden an den Unis nicht zur Hochschulreife. ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 7 Innenpolitik

Zudem sei die Zahl der erwerbstätigen Ausbau der Studienberatung. „Über Vielfalt tigt ganz klar, daß wir am richtigen Weg zu Studierenden während des Semesters auf und Bandbreite und darüber was angehende sein scheinen, wenn die soziale Durchmi- 59,6 Prozent zurückgegangen. Die von der StudentInnen erwartet, muß bereits in der schung an den Hochschulen in den letzten Österreichischen Hochschülerschaft genann- Schule umfassender informiert werden“, for- Jahren besser geworden ist“, so Darmann. te Zahl von 84 Prozent sei nicht nachvoll- dert Grünewald. Außerdem müßten die Natürlich dürfe die soziale Herkunft kein ziehbar und keinesfalls aus der Studie heraus- Möglichkeiten des Zugangs über den zwei- Ausschließungsgrund sein, also ein Studium zulesen. Brinek betonte in diesem Zu- ten Bildungsweg erleichtert, die Studienbei- nicht beginnen zu können. Um eine noch sammenhang, daß der soziale Hintergrund hilfen ausgeweitet und der Inflationsrate bessere soziale Durchmischung an den Unis der Studierenden sich gewandelt habe. angepaßt werden. zu erzielen, benötige es selbstverständlich „Berufstätigkeit unter Studierenden ist nicht Alarmierend sei die stagnierende Anzahl noch weitere Maßnahmen, „sicher aber von vorne herein zu beweinen. Der/die typi- Studierender. „Wir haben in Österreich ohne- keine halbherzigen Schnellschüsse. Unser sche Studierende ist nicht mehr der/die 18- hin eine besonders niedrige AkademikerIn- Bestreben in der letzten Regierungszusam- jährige MaturantIn. Es gibt immer mehr nenquote“, so Grünewald. Hier sei dringend menarbeit mit der ÖVP, Verbesserungen in Menschen, die das Studium berufsbegleitend zu handeln: Die hohe Drop Out Rate solle diesem Bereich erreichen zu müssen, zeigt betreiben. Und das ist ein positiver Schritt mit besserer und intensiverer Betreuung zu nun deutlich, daß der eingeschlagene Weg im Sinne eines lebenslangen Lernens“, so Studienbeginn verhindert werden. Im Rah- der richtige ist“, schloß Darmann. Brinek. men von Studieneingangsphasen sollten möglichst viele StudentInnen auf das weite- Wollner: Erwerbstätig- Grünewald: Soziale Her- re Studium vorbereitet werden. Grundlegend keit ist ein wesentlicher kunft und Bildungsstand seien außerdem massive Investitionen in die Universitäten, um für möglichst viele Stu- Hinderungsgrund der Eltern entscheiden dentInnen eine hochwertige Ausbildung zu Die Studierenden-Sozialerhebung 2006 „Die soziale Herkunft und der Bildungs- gewährleisten. „Auf keinen Fall darf die zeige erneut die schlechte finanzielle Lage stand der Eltern entscheiden darüber, ob je- Zahl der Studierenden aufgrund von Ressour- der Studierenden und die Benachteiligung mand studiert oder nicht“, so Kurt Grüne- cenmängeln – insbesondere schlechte sozial schwächerer Studierender auf. Mehr wald, Wissenschaftssprecher der Grünen. Betreuungsverhältnisse aufgrund einer unge- als 80 Prozent der Studierenden seien er- nügenden Zahl von HochschullehrerInnen – werbstätig, von den Studierenden an der Uni- weiter reduziert werden“, schließt Grüne- versität Wien 45,9 Prozent der Studierenden wald. gezwungen, während des gesamten Se- mesters einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Darmann sieht „Für die Studierenden ist diese Erwerbs- positives Signal tätigkeit ein wesentlicher Hinderungsgrund für das Fortkommen im Studium. Damit ver- Als ein „positives Signal“ sieht der BZÖ- längert sich das Studium merklich, was Wissenschaftssprecher Gernot Darmann den wiederum zum Verlust von Beihilfen führt“ Umstand, daß sich der Anteil bildungsferner sagt Sophie-Marie Wollner vom Vorsitzteam Schichten, die ein Studium beginnen, konti- der Österreichischen Hochschülerschaft an nuierlich erhöhe. „Diese Entwicklung bestä- der Uni Wien. „Gerade die Studierenden an der Uni Wien liegen bei der Erwerbstätigkeit im österreichweiten Vergleich ganz vorne.“ Ohne dieses zusätzliche Einkommen können 72,4 Prozent der Betroffenen ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren. „Studie- ren im Sinn von umfassendem Erwerb von Bildung, kritischer Wissenschaft und Eman- Wissenschaftssprecher der Grünen Kurt Grünewald zipation ist nur einer finanziell besser ge- Foto: Die Grünen stellten Schicht zugänglich“, so Marlies Wil- helm vom Vorsitzteam. „Ein wesentliches Ziel im Sinne gleicher Ein besonderes Anliegen von Fanny Ra- Chancen muß es daher sein, diesen Trend sul ist die Berücksichtung ausländischer Stu- endlich zu brechen“, fordert Grünewald. Das dierender. Trotz doppelter Studiengebühren erfordere mehrere Maßnahmen: Die tatsäch- und Ausschluß von Erwerbstätigkeit für liche soziale Selektion beginne bereits in der nicht-EWR StaatsbürgerInnen finden auslän- Schule. Erster wichtiger Schritt ist daher das dische Studierende keinen Eingang in die So- klare Bekenntnis zur gemeinsamen Schule. zialerhebung. Die ÖH Uni Wien stellt fest: „Die frühe Trennung in Hauptschule und Ein einfacher erster Schritt zur Verbesserung AHS nimmt einer großen Gruppe potentiell- BZÖ-Wissenschaftssprecher der sozialen Lage der Studierenden bleibt ler StudentInnen die Chance zu studieren“, Gernot Darmann weiterhin die bedingungslose Abschaffung erklärt Grünewald. Ebenso wichtig sei der Foto: XXXXXXXXXX der Studiengebühren. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 8 Innenpolitik 220 Mio. für Hochwasserschutz

eit dem verheerenden Jahrhunderthoch- durch den österreichischen Nationalrat, das insgesamt mehr als 25.000 Flußkilometern Swasser im Jahr 2002, das in den betrof- wesentlich zur Abdeckung der finanziellen mittels Adreßeingabe zu erhalten. Nutz- fenen Regionen beträchtliche Schäden ver- Schäden beigetragen hat, wurde auch auf eu- nießerInnen dieser Kooperation sollen die ursacht hat, ist in Sachen Hochwasserschutz ropäischer Ebene ein Solidaritätsfond ins BürgerInnen dieses Landes sein, wenn es in Österreich viel geschehen. Die aufgewen- Leben gerufen, der finanzielle Hilfe gewährt. darum geht, wichtige Informationen zu deten Mittel für Sofortmaßnahmen wurden um ein Vielfaches aufgestockt sowie unzäh- lige präventive Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gesetzt. Weiters hat sich Ös- terreich an vielen internationalen und euro- paweiten Forschungsprojekten zum Thema Hochwasser-(Risiko-) Forschung beteiligt. Dies teilt das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser- wirtschaft mit. Katastrophenereignisse hinterlassen ihre Spuren – in der nationalen Wirtschaftslei- stung und bei der gesamten Bevölkerung. Die Hochwässerkatastrophen der letzten Jahre, besonders die vom August 2002, ha- ben in den betroffenen Regionen beträchtli- che Schäden verursacht. Damals wurden weite Teil Österreichs, dabei besonders die Einzugsgebiete von Krems, Kamp, Steyr, Aist und Donau, von zum Teil in dieser Größenordnung nie beobachtete Hochwas- serereignisse schwer getroffen. Insgesamt http://www.bilderbox.biz neun Todesopfer und rund drei Milliarden Beim Jahrhunderthochwasser 2002 war die Ennstadt Steyr besonders betroffen Euro Sachschäden waren zu beklagen. Die Bevölkerung mußte miterleben, daß ein Auf EU-Ebene ist weiters durch die Er- Überflutungsgefahr beispielsweise des Ei- Naturereignis immer noch imstande ist, lassung einer Hochwasserrichtlinie der The- genheims oder eines Betriebes bereitzustel- innerhalb kurzer Zeit Existenzgrundlagen zu matik Rechnung getragen worden, wonach len. Das Projekt stellt für das Lebens- vernichten und sogar Leben zu gefährden. unter anderem hochwassergefährdete Gebie- ministerium nicht nur einen Meilenstein in In Österreich wurden von Bund, Ländern te auszuweisen und für diese Risikogebiete der Risikokommunikation dar und ist dar- und Gemeinden in den letzten Jahren durch- sowohl Gefahrenzonen als auch Risikokar- über hinaus europaweit ein einzigartiges schnittlich rund 220 Millionen Euro pro Jahr ten auszuarbeiten sind. Auch durch die Lan- Projekt in der Zusammenarbeit zwischen öf- für den Hochwasserschutz verwendet. Da- desgesetzgeber wurde durch Novellierungen fentlicher Hand und Privatwirtschaft. von entfielen pro Jahr rund 80 Millionen der Raumordnungsgesetze den Hochwasser- Trotz aller Anstrengungen muß aber Euro auf die Bundeswasserbauverwaltung, ereignissen der letzten Jahre Rechnung ge- immer bewußt sein, daß trotz des besten rund 100 Millionen Euro auf die Wildbach- tragen, insofern als eine verstärkte Berück- Hochwasserschutzes immer noch ein Rest- und Lawinenverbauung (WLV) und rund sichtigung möglicher Naturgefahren bei der risiko besteht und Maßnahmen zur Selbst- 40 Millionen Euro auf die Bundeswasser- Ausweisung von Bauland gewährleistet vorsorge in gefährdeten Gebieten unerläß- straßenverwaltung. Nach mehrjährigen Ver- wird. lich sind. Gerade in Österreich, mit seiner handlungen und letztendlich auch auf Druck Als unmittelbare Reaktion auf das Jahr- von den Alpen geprägten Topographie ist der der zahlreichen Hochwasserereignisse der hunderthochwasser im Jahr 2002 kann das nutzbare Raum knapp, sodaß Flußtäler vergangenen Jahre ist es darüber hinaus zu Projekt „HORA – Hochwasserrisikozonie- schon seit jeher einen wesentlichen Bereich einer Aufstockung der Bundesmittelmittel rung Austria“ gesehen werden, das das der Siedlungsentwicklung darstellen. Gleich- für den Flußbau und die WLV von 120 auf Lebensministerium gemeinsam mit dem zeitig stellen die Gewässer auch eine ständi- rund 160 Millionen gekommen, wodurch die Verband der Versicherungsunternehmer Ös- ge Gefahrenquelle für die Menschen dar. Die Realisierung großen Schutzwasserbaulicher terreich ins Leben gerufen wurde. Seit 1. Ju- Wichtigkeit des integrierten, vorbeugenden Projekt, wie etwa in Mittersill forciert wer- ni 2006 ist es für alle möglich, auf der Seite und technischen Hochwasserschutzes steht den konnte. http://www.hochwasserrisiko.at eine erste daher nicht erst seit dem verheerenden Hoch Neben der sofortigen Verabschiedung des Gefahrenabschätzung für das Risiko einer wasserereignis von 2002 im Vordergrund. „ Hochwasseropferentschädigungsgesetzes möglichen Überschwemmung entlang von http://www.lebensministerium.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 9 Innenpolitik Digitalisierung des Fernsehens in Österreich schreitet voran Ab Herbst könnten zusätzliche Programme über Antenne empfangbar sein

ie Digitalisierung des Fernsehens in DÖsterreich schreitet voran. Es sind nicht nur immer mehr Haushalte in der Lage, digi- tales Antennenfernsehen zu empfangen, auch digitaler Satellitenempfang gewinnt immer mehr an Bedeutung. Das geht aus dem Digi- talisierungsbericht 2006 der KommAustria und der Rundfunk- und Telekom Regulie- rungs-GmbH (RTR) hervor, der von Bun- desministerin Doris Bures dem Nationalrat vorgelegt wurde. Nur bei digitalem Kabel- fernsehen gab es – zumindest 2006 – noch eine deutliche Zurückhaltung auf Seiten der KonsumentInnen; durch eine breitflächige Endgeräteförderung aus dem Digitalisie- rungsfonds könnte sich das Blatt heuer aber auch hier wenden. Insgesamt konnte Ende 2006 nach Schätzungen der RTR bereits mehr als jeder dritte Haushalt digitales Fernsehen empfangen – damit hat Öster- reich, wie es im Bericht heißt, im Bereich der Rundfunkdigitalisierung zu den am wei- testen entwickelten Ländern Europas aufge- schlossen. http://www.bilderbox.biz Einen großer Schub für die Rundfunk- Werden früher oder später der Vergangenheit angehören: die analogen Antennen digitalisierung brachte die Einführung von digitalem Antennenfernsehen (DVB-T) im me über eine zweite Multiplex-Plattform fangs weiter vorantreiben. Statt eine DVB-T- Regelbetrieb. Nach fast fünfjähriger intensi- auszustrahlen. Welche Programme das sein Box zum Empfang digitalen Antennenfern- ver Vorbereitungsarbeit startete DVB-T im werden, steht allerdings noch nicht fest – sie sehens zu erwerben, werden sich viele Herbst 2006 in Wien und allen Landeshaupt- müssen erst von der ORS als Multiplex- Haushalte dafür entscheiden, den analogen städten Österreichs und erreichte damit Zulassungsinhaberin im Rahmen einer Satelliten-Receiver durch einen digitalen zu gleich zu Beginn eine technische Reichweite öffentlichen Ausschreibung ermittelt wer- ersetzen, zeigen sich die Experten überzeugt. von rund 70 %. Gute zwei Monate später, den. Damit könnte die Wachstumskurve bei der Ende 2006, waren bereits mehr als 100.000 Generell spielt der Fernsehempfang über Digitalisierung des Satellitenempfangs 2007 Empfangsgeräte für digitales Antennen- Antenne, wie im Bericht festgehalten wird, noch einmal deutlich zunehmen. Schon 2006 fernsehen verkauft worden, davon rund die in Österreich nach wie vor eine verhältnis- waren die Hälfte der Satellitenhaushalte Hälfte mit MHP-Funktion (MultiText). Die- mäßig große Rolle. Zwar versorgen nur noch digitalisiert. se erlaubt nicht nur einen Zugriff auf die etwa 10 % aller Fernsehhaushalte ihr wich- Ob und wann die analoge Satellitenver- wichtigsten Inhalte des Teletext (Nachrich- tigstes oder einziges Fernsehgerät aus- breitung zugunsten einer rein digitalen Aus- ten, Sport, Wetter), sondern macht auch neue schließlich mit Antennenempfang, allerdings strahlung überhaupt eingestellt wird, ist laut Inhalte verfügbar, die mit dem bisherigen sind auch jene Haushalte, die analoges Sa- Bericht aus heutiger Sicht nicht abschätzbar. Teletext nicht realisierbar waren. tellitenfernsehen nutzen, auf Antennenemp- Die ersten massenattraktiven Sender in Vorerst sind zwar lediglich ORF1, ORF2 fang angewiesen, wenn sie die beiden ORF- Deutschland könnten jedoch bereits in den und ATV über digitales Antennenfernsehen Programme und ATV sehen wollen. Insge- Jahren 2008 oder 2009 ihre analoge Sat- empfangbar, aber das könnte sich schon bald samt empfingen 2006 damit etwa 1,3 Millio- Verbreitung beenden. ändern. Laut Bericht ist es durch die Ab- nen Haushalte ORF und ATV über Antenne. Im Gegensatz zu digitalem Antennen- schaltung analoger Signale voraussichtlich Die sukzessive Abschaltung analogen fernsehen und digitalem Satellitenfernsehen bereits ab Herbst 2007 in allen Landeshaupt- Antennenfernsehens wird nach Einschätzung noch in der Anfangsphase befindet sich dem städten und Ballungsräumen Österreichs der KommAustria und der RTR auch die Bericht zufolge digitales Kabelfernsehen möglich, weitere digitale Fernsehprogram- Entwicklung des digitalen Satellitenemp- (DVB-C). Laut einer Erhebung des Markt- ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 10 Innenpolitik forschungsinstituts FESSEL-GfK haben Umstiegs auf digitale Übertragung und zur 2006 rund 12 % der Kabelnetzhaushalte di- Förderung von Endgeräten für die Konsu- gitales Fernsehen empfangen. Allerdings er- mentInnen vorgesehen. warten KommAustria und RTR für 2007 Als Tätigkeitsschwerpunkte 2006 nennt einen Umschwung. Grund dafür ist nicht zu- der Bericht insbesondere drei Projekte: End- letzt die in Aussicht gestellte breitflächige geräteförderung für DVB-T, die Unterstüt- Endgeräteförderung aus dem Digitalisie- zung eines DVB-H-Testbetriebs für Handy- rungsfonds in der Höhe von 4 Mill. Euro. TV und die Vorbereitung der oben erwähn- Diese kommt 66.666 „Frühumsteigern“ ten Endgeräteförderung für digitales Kabel- zugute, die für die Anschaffung einer DVB- fernsehen 2007. C-Set-Top-Box mit MHP-Funktion einen Konkret wurden für die Endgeräteför- Zuschuss von jeweils 60 Euro erhalten. derung für digitales Antennenfernsehen Gleichzeitig verstärkt das zunehmende Auf- (DVB-T) und die Abwicklung des Förder- treten von Telekom-Unternehmen, die über projekts 2006 2,42 Mill. Euro aus dem Di- breitbandige Internetanschlüsse auch digita- gitalisierungsfonds zur Verfügung gestellt. les Fernsehen anbieten (IP-TV), nach An- Insgesamt lösten 45.000 Personen die im sicht von KommAustria und RTR den Druck Rahmen der – zeitlich begrenzten – „Früh- auf Kabelnetzbetreiber, die Digitalisierung umsteigeraktion“ versendeten Gutscheine im ihrer Netze voranzutreiben. Wert von 40 Euro ein. Gleichzeitig wurden

Mit IP-TV, das etwa von der Telekom Foto: Clixxun rund 35.000 Gutscheine von sozial schwa- Austria forciert wird, waren laut Bericht DVB-T von Clixxun – die digitale chen Haushalten angefordert, welche noch zum Jahresende 2006 mehrere tausend Antenne als Bilderrahmen bis zur Abschaltung der analogen Übertra- Haushalte versorgt. gung ihre Gültigkeit haben. Digitalisierungsfonds Für die Förderung von Endgeräten für di- Wenig Bewegung fördert Testbetrieb gitales Kabelfernsehen wurden 2006 4 Mio. bei Digitalisierung für Handy-TV Euro veranschlagt, dazu wurden den Kabel- netzbetreibern für die Kosten der Abwick- des Hörfunks Beauftragt mit der Forcierung des digita- lung des Projekts insgesamt 1 Mio. Euro Wenig Bewegung konstatiert der Bericht len Rundfunks in Österreich ist die Rund- zugesagt. bei der Digitalisierung des Hörfunks. Hier funk und Telekom Regulierungs-GmbH Das Projekt „Mobile TV Austria“, das befindet sich Österreich, wie es heißt, nach (RTR), die dabei auf Ergebnisse von zahlrei- 2006 einen DVB-H-Testbetrieb für Handy- wie vor in einer beobachtenden Situation. chen Fachveranstaltungen der Arbeitsgemein- Fernsehen startete, wurde von einem Kon- Insbesondere die Marktteilnehmer – der schaft „Digitale Plattform Austria“ zurück- sortium bestehend aus den Mobilfunkbetrei- ORF, aber auch Privatradios – haben in den greifen kann. Die Plattform verfügt über bern Hutchison 3G Austria und Mobilkom vergangenen Jahren wenig Interesse an einer rund 300 Expertinnen und Experten aus den Austria sowie dem ORF, der ORS, der mit maßgeblichen Investitionen verbunde- unterschiedlichsten Bereichen, etwa Recht, Siemens AG und der Fachhochschule Salz- nen Einführung von Digitalradio gezeigt. Technik und Content. burg ins Leben gerufen. In der letzten Phase Verantwortlich dafür ist nicht nur die Un- Zudem steht der RTR für ihre Aufgabe des Testbetriebs sollen mindestens drei TV- sicherheit in Bezug auf unterschiedliche zur der Digitalisierungsfonds zur Verfügung, der Programme und zwei Radioprogramme auf Verfügung stehende Standards für die digita- mit jährlich 6,75 Mill. Euro dotiert ist. Über Mobiltelefonen so empfangbar sein, wie sie le Hörfunkübertragung (z.B. DAB, DRM, die Tätigkeitsschwerpunkte des Fonds infor- auch auf anderen Plattformen (Satellit, Ka- HD), sondern auch die mangelnde Ver- miert ein eigener Bericht, den Bundesministe- bel, Terrestrik) ausgestrahlt werden. Der fügbarkeit an digitalen Endgeräten. Anders rin Doris Bures ebenfalls dem Nationalrat Digitalisierungsfonds stellte dafür Förde- als beim Fernsehgerät läßt sich ein analoges übermittelt hat. Die aus dem Digitalisie- rungen von mehr als 1,2 Mio. Euro zur Radiogerät nicht mit einem digitaltauglichen rungsfonds kommenden Mittel sind techno- Verfügung. Zusatzgerät (Set-Top-Box) aufrüsten, viel- logieneutral unter Berücksichtigung aller Neben den drei Schwerpunktprojekten mehr ist die Anschaffung eines neuen End- Verbreitungswege und Plattformen für digi- wurden aus dem Digitalisierungsfonds 2006 geräts erforderlich. talen Rundfunk zu vergeben. Gespeist wird die Entwicklung einer Infocasting-Plattform Die internationalen Erfahrungen mit digi- der Fonds aus jenen Teilen der Rundfunk- zur Kommunikation und Übermittlung von talem Hörfunk sind unterschiedlich. In gebühren, die gemeinsam mit dem ORF- Wetter-, Verkehrs- und sonstigen regionalen, Großbritannien etwa erlebte Digital Audio Programmentgelt eingehoben werden, je- situationsbezogenen Informationen insbe- Broadcasting (DAB) in den vergangenen doch grundsätzlich dem Bundesbudget zu- sondere an Verkehrsteilnehmer sowie diver- Jahren aufgrund günstiger Begleitumstände gute kommen. se Studien gefördert. Zudem wurde unter einen regelrechten Boom, während in Über den Digitalisierungsfonds gefördert http://www.digitaler-rundfunk.at eine In- Deutschland, wo mit erheblichem finanziel- werden etwa Pilotversuche und Forschungs- formationswebsite für alle Interessierten ein- len Aufwand eine flächendeckende DAB- vorhaben sowie die Entwicklungen innovati- gerichtet. 4,1 Mio. Euro konnten „durch spar- Versorgung aufgebaut wurde, nach wie vor ver Programme und Zusatzdienste. Außer- samen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen nur rund ein Promille aller Hörfunkemp- dem sind Mittel zur Förderung von Rund- Einsatz der Fondsmittel“ dem Bericht zufol- fänger digitale Radios sind. funkveranstaltern zur Erleichterung des ge in das Jahr 2007 vorgetragen werden. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 11 Österreich und Europa Österreich ist die Stimme Südosteuropas in der EU Auf Einladung des österreichischen Bundeskanzlers fand heute zum sechsten Mal in Salzburg ein Treffen mit südosteuropäischen Regierungschefs statt. Foto: Bernhard J. Holzner © HOPI-MEDIA v.l.: Herbert Stepic (Raiffeisen International), Erhard Busek (Stabilitätspakt), Zeljko Sturanovic (Premierminister von Monte- negro), Außenministerin Ursula Plassnik, Ivo Sanander (Premierminister Kroatien), Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Vasile Tarlev (Premierminister Moldau), Sali Berisha (Premierminister Albanien), Georg Antesberger (Siemens)

er Einladung von Bundeskanzler Alfred menhang wies der Bundeskanzler auf die osteuropa, werde das Verkehrsaufkommen in DGusenbauer waren der Ministerpräsident hohen Direktinvestitionen Österreichs in den nächsten Jahren um 7 bis 8 Prozent wach- Albaniens, Sali Berisha, der Ministerpräsi- Südosteuropa hin. Er sprach sich daher für sen. Daher, so der österreichische Bundes- dent Kroatiens, Ivo Sanader, der montene- eine Verbesserung der Rechtssicherheit aus, kanzler, müssen die Alternativen zum Trans- grinische Ministerpräsident Zeljko Stura- wie auch für mehr Investitionen in den Bil- port auf der Straße verstärkt ausgebaut wer- novic und der moldauische Ministerpräsident dungssektor. den. Die Teilnehmer der Konferenz sprachen Vasile Tarlev gefolgt. Im Mittelpunkt der Gespräche, die alle sich für die Nutzung der Donau aus. Deren Moldau nahm zum ersten Mal an diesem Teilnehmer als sehr konstruktiv „down to Kapazität liegen gegenwärtig zu 90 Prozent informellen Treffen teil. Von österreichi- earth“ bezeichneten, standen Strategien für brach. scher Seite nahmen auch Außenministerin den Energiesektor, der Ausbau der Verkehrs- Die südosteuropäischen Regierungschefs Ursula Plassnik und Erhard Busek, Koordi- infrastruktur und Investitionssicherheit für bedankten sich bei Österreich für die Aus- nator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, ausländische Unternehmen in diesen Staa- richtung dieses Treffens und die Unterstüt- teil. ten. Bundeskanzler Gusenbauer hob dabei zungen auf ihrem Weg in die EU. Der kroa- In einer gemeinsamen Pressekonferenz die Bedeutung der erneuerbaren Energien tische Ministerpräsident Sanader hofft, daß versicherte Bundeskanzler Gusenbauer, daß und die Notwendigkeit für eine verstärkte die Verhandlungen Kroatiens mit der Union Österreich auch weiterhin die europäische regionale Kooperation bei der Neuschaffung noch im Jahr 2008 abgeschlossen werden Perspektive der südosteuropäischen Staaten der Energiemärkte in Südosteuropa hin. können. Ein Thema, daß die südosteuropäi- unterstützen werde. Gusenbauer: „Österreich Zudem müsse die Energieeffizienz wesent- schen Regierungschef ansprachen, waren ist die Stimme Südosteuropas in der Euro- lich gesteigert werden. Gegenwärtig beträgt Verbesserungen bei der Erteilung von Visa päischen Union. Keines der heute an diesem der Energieverlust rund 15 Prozent, gemes- für ihre Bürger. Außenministerin Plassnik si- Treffen teilnehmenden Länder ist zwar di- sen an der Gesamtproduktion. cherte Österreichs Unterstützung bei diesem rekter Nachbar Österreichs, aber wir haben Bei einem jährlichen Wirtschaftswachs- Anliegen zu, sollen die Sicherheitsaufklagen gemeinsame Interessen.“ In diesem Zusam- tum von durchschnittlich 5 Prozent in Süd- erfüllt werden. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 12 Österreich und Europa Außenministerin präsentierte den Außenpolitischen Bericht Ursula Plassnik: »Verlässlichkeit und Kontinuität als Stützpfeiler der österreichischen Außenpolitik«

m Ministerrat am 9. August präsentierte nachhaltige Nutzung von Naturgütern. Jedes IAußenministerin Ursula Plassnik auch den Projekt der österreichischen Entwicklungs- „Außenpolitischen Bericht 2006“. „Das ver- zusammenarbeit wird auch darauf geprüft, gangene Jahr war durch den österreichischen ob es den Interessen und Anliegen der Frau- EU-Ratsvorsitz ein Jahr großer Herausforde- en Rechnung trägt“, so die Außenministerin. rungen. Es ist uns trotz der schwierigen Aus- „Mit aktiver Auslandskulturpolitik zeigt gangslage Anfang des Jahres gelungen, das Österreich sichtbar Flagge in der Welt und Vertrauen der Bürger in Europa zu stärken bringt mit seinem großen Potential an und wieder neuen Schwung in unser gemein- KünstlerInnen und WissenschafterInnen sames Zukunftsprojekt zu bringen“, so die eine unverwechselbare bunte und vielfältige Ministerin. Dimension in unsere internationalen Bezie- „Der Aufwand im Rahmen des Ratsvor- hungen. 2006, im Jubiläumsjahr von Sig- sitzes war groß: Allein in Brüssel waren mund Freud und Wolfgang Amadeus Mo- 1900 Sitzungen anzuberaumen, von denen zart, waren weltweit mehr als 100.000 Men- 750 von unserem Haus geleitet wurden“, schen aktiv an Projekten über Freud oder führte Plassnik aus. „Bei den Treffen haben Mozart beteiligt, die von der österreichi- wir viel erreicht: beim Europäischen Rat in schen Auslandskulturpolitik initiiert oder Klosterneuburg konnten wir eine Einigung unterstützt wurden“, so Plassnik. über den Fahrplan für den EU-Verfassungs- „Das Außenministerium versteht sich vertrag erzielen. Mit der ,Salzburger Erklä- Foto: Bernhard J. Holzner © HOPI-MEDIA auch als moderne Serviceeinrichtung im rung‘ wurde die europäische Perspektive für Außenministerin Ursula Plassnik weltweiten Dienst der Österreicherinnen und die Länder des Westbalkan abgesichert. Die Österreicher. Wir unterstützen mit Rat und EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien um ein Miteinander lohnt. Der Dialog setzt Tat diejenigen Landsleute, die fern von da- wurden eingeleitet und das Stabilisierungs- allerdings voraus, daß wir uns mit unserer heim in Not oder Gefahr geraten. So konnten und Assoziierungsabkommen mit Albanien eigenen Identität, unseren Werten ausein- wir im Zuge des Libanonkrieges 328 Öster- unterzeichnet.“ Die Außenministerin ver- andersetzen. Hier konnten wir mit der Salz- reicher über Syrien und Zypern in Sicherheit wies weiters auf die Bedeutung der zahlrei- burger Konferenz ,The Sound of Europe‘ bringen und auch 143 BürgerInnen anderer chen österreichischen Initiativen, etwa jene einen Beitrag leisten“, erklärte Plassnik. EU-Staaten evakuieren“, so die Außenmini- für eine europäische Energiepolitik, die „Auch über unsere EU-Arbeit hinaus sterin. Fortschritte bei der Dienstleistungsrichtlinie steht Rot-Weiß-Rot für Vertrauensarbeit. Der Außenpolitische Bericht 2006 ist in und vor allem die aktive Informationspolitik Insbesondere ist und bleibt Österreich ein elektronischer Form auf der Webseite des bei den BürgerInnen. „Die Europäer haben starker und verlässlicher Partner der Verein- Außenministeriums http://www.bmeia.gv.at unsere Politik der Offenheit und der konkre- ten Nationen. Die Bedeutung der in Wien verfügbar und kann dort auch unentgeltlich ten Schritte gewürdigt. Wir konnten damit ansässigen Einheiten der Vereinten Nationen in Buchform bestellt werden. endlich wieder eine positive Dynamik in die hat 2006 klar zugenommen und wir haben Union bringen“, so die Ministerin zusam- unser Engagement bei Friedensmissionen menfassend. und in der ,stillen Diplomatie‘ verstärkt“, so Auslandsöster- „Ein großes Anliegen war und ist uns der die Außenministerin, die in diesem Zusam- Dialog der Kulturen, nicht nur international, menhang auf die Kandidatur Österreichs für reicher-Ratgeber sondern auch bei uns selbst. Daher war unser einen nichtständigen Sitz im VN-Sicherheits- Mit dem Start des Auslandsösterreicher- Ratsvorsitz auch klar darauf ausgerichtet, für rat in den Jahren 2009-2010 verwies. Ratgebers wird ab sofort das Service für die ein verständnisvolleres Miteinander im Welt- „Ein tragender Pfeiler unserer Außen- zahlreichen AuslandsösterreicherInnen ver- dorf einzutreten. Im so genannten Karikatu- politik ist die Österreichische Entwicklungs- stärkt. Plassnik ist es ein persönliches An- renstreit konnten wir – gestützt auf die un- und Ostzusammenarbeit. Sie hilft, Brücken liegen, daß ihnen das Außenministerium mit verrückbare europäische Wertebasis und zu bauen zu den nahen und weiter entfernten seinen Vertretungsbehörden in aller Welt mit Österreichs gute Kontakte zur muslimischen Nachbarn im Weltdorf. Das Hauptanliegen Rat und Tat zur Seite steht. 30 Themen, die Welt – glaubwürdig vermitteln. Auch die der OEZA sind Armutsbekämpfung, Kon- für die Auslandsösterreicher in aller Welt zweite europäische Imamekonferenz ist ein fliktvermeidung, menschliche Sicherheit, von Relevanz sind, sind direkt abrufbar un- gutes Beispiele dafür, daß sich das Bemühen Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen und die ter http://www.aoe-ratgeber.at „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 13 Österreich, Europa und die Welt Die besondere Art Zivildienst zu leisten Der erste Braunauer Gedenkdiener beendet seinen Dienst in Yad Vashem, der nationalen Holocaust Gedenkstätte Israels — der Vorarlberger Sozialdiener Stephan Petermair berichtet von seiner Arbeit in Buenos Aires

Von Andreas Maislinger *)

Der Eingang zum Yad Vashem, der »Gedenkstätte der Märtyrer und Helden des Staates Israel im Holocaust« Foto: Gedenkdienst

arkus Metz wurde am 30. Juli 1985 in Sites“ durcharbeiten. Seit Beginn des „Ruß- Desbois. Ziel dieser Reise war es, die Juden- MBraunau am Inn geboren und ist dort landfeldzuges“ im Juni 1941 führten die soge- erschießungen im Raum Winnyzja von 1941- aufgewachsen. Er leistete seit 1. August 2006 nannten „Einsatzgruppen“ Massenerschies- 1944 genau zu lokalisieren und zu dokumen- zuerst für drei Monate Sozialdienst im Heim sungen in Osteuropa durch. Bevor der Mas- tieren. Viele Details über die Massener- für behinderte Kinder St. Vincent in Ein senmord in den Vernichtungslagern begann, schießungen sind noch völlig unbekannt. Karem (Stadtteil Jerusalems). Von 5. Novem- wurden so bereits über eine halbe Million Wenn nicht schnell die letzten Zeitzeugen ber 2006 bis 31. Juli 2007 arbeitete er als Juden ermordet. Das Projekt „Killing Sites“ befragt werden, wird es schwer werden den Gedenkdiener für das International Institute will alle Tatorte eben dieser Massenmorde Massenmord zu beweisen und vor dem for Holocaust Research von Yad Vashem. Er außerhalb der bekannten Konzentrations- Vergessen zu bewahren. durfte Gerichtsakten deutscher Nachkriegs- und Vernichtungslager in einer englischen Das Suchen von Augenzeugen erwies prozesse für das Forschungsprojekt „Killing Datenbank zusammenfassen. sich als überraschend einfach, da die Exeku- tionen offen stattgefunden haben und die Be- völkerung zum Ausschaufeln von Gruben *) Suche nach Der Innsbrucker Politologe Dr. Andreas Mais- eingesetzt wurde. Die Zeitzeugen schienen linger ist Vorsitzender des „Österreichischen Massengräbern Auslandsdienst“ und Initiator von „Gedenk- sich zu freuen, durch ihr Wissen dem For- dienst“, einer Alternative zum österreichi- Höhepunkt seines Gedenkdienstes war scherteam weiterhelfen zu können. „Die alte schen Wehrdienst. Die Teilnehmer am Ge- jedoch eine Reise in die Ukraine mit der Dorfbevölkerung weiß sehr gut Bescheid, denkdienst dienen an den wichtigsten Holo- Organisation „Yahad – In Unum“ im Juli was in nächster Nähe stattgefunden hat. Sie caust-Institutionen. 2007 unter der Leitung von Pater Patrick wurden nur noch nie darüber befragt.“ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 14 Österreich, Europa und die Welt

1. von links: Robert Rozett, Direktor der Bibliothek, 5. v.l.: Markus Metz; rechts neben ihm: Tikva Fatal-Knaani, Direktorin, und Prof. David Bankier, Vorstand des »International Institute for Holocaust Research« Foto: Gedenkdienst

Buchüberreichung Adolf Hitler hier geboren ist. Manchmal Situation beizutragen. Es ist motivierend, die bekomme ich Fragen gestellt wie: ‚Sind da Fortschritte der Kinder und Jugendlichen Am 31. Juli überreichte Markus Metz das noch immer seine Verwandten zu Hause?‘, mitzuerleben, auch wenn sie noch so klein Buch „Im Heimatkreis des Führers. National- ‚Was ist mit dem Haus, wo er geboren sind und es immer wieder Rückschläge sozialismus, Widerstand und Verfolgung im wurde?‘ Wäre es nicht schön, sagen zu kön- gibt.“ Bezirk Braunau 1938-1945“ von Florian nen: ‚In Braunau haben wir das Haus der Der Sozialdienst ist für den jungen Vor- Schwanninger. Das Buch wurde von Bür- Verantwortung eingerichtet, wo man sich arlberger aber auch ein prägendes Erlebnis: germeister Gerhard Skiba und Florian Ko- um die Aufarbeitung der Geschichte kümm- „Es ist bewundernswert, wie die Kinder es tanko vom Verein für Zeitgeschichte der mert und Projekte für eine bessere Zukunft jeden Tag aufs Neue schaffen, ihren schwie- Bibliothek von Yad Vashem zur Verfügung und Gegenwart verwirklicht werden?‘ Es rigen Alltag nur auf sich allein gestellt zu gestellt. Das Gruppenbild ist gleichzeitig darf nicht der Eindruck erweckt werden als meistern und bewundernswert, welche Stra- ein Abschlußfoto seines Gedenkdienstes. würde sich Braunau nicht darum kümmern tegien sie entwickeln um auf der Straße zu was in der NS-Zeit geschehen ist.“ überleben. Am meisten erstaunt mich, daß Im Herbst wird Markus Metz das Stu- sich die Kinder trotz der schwierigen Lebens- Markus Metz über dium der Biochemie voraussichtlich an der umstände gut gelaunt sind und sich nicht sein Jahr in Israel TU-München antreten. unterkriegen lassen.“ „Ein Jahr in dem einzigartigen Land Israel Vorarlberger Sozialdiener Zum Verein zu leben, ist für sich schon eine Lebenserfah- berichtet aus Buenos Aires rung. Ich konnte unbeschreiblich viel lernen Beim Verein „Auslandsdienst“ gibt es die und neue Fähigkeiten entwickeln. Besonders Am 1. März 2007 begann der Dornbir- Möglichkeit, Gedenkdienst, Sozialdienst und prägend war jedoch meine Arbeit zum The- ner Stephan Petermair seinen Auslands- Friedensdienst zu leisten. Die normale War- ma Holocaust. Ich traf täglich Holocaust- dienst in der argentinischen Hauptstadt tezeit, bis man einen vom Verein finanzier- überlebende, täglich las ich schreckliche Do- Buenos Aires in der Straßenkinder-Tagesstät- ten Auslandsdienst antreten kann, liegt bei kumente – das kann nicht spurlos an einem te „C.A.I.N.A.“. 1,5 bis 2 Jahren, da sich der Auslandszivil- vorübergehen. Als ob das nicht genug emo- Der Arbeitsalltag des Sozialdieners be- dienst immer größerer Beliebtheit erfreut. In tionale Schwerstarbeit gewesen wäre, war ginnt mit dem Vorbereiten des Frühstücks. dieser Zeit kann man sich inhaltlich und ich sogar in der Ukraine auf einer Art Im Verlauf des Tages werden Workshops or- sprachlich auf die Stelle vorbereiten und ,Praxisteil‘ des ,trockenen‘ Aktenlesens. Wir ganisiert, frische Kleidung und das Mit- muß zumindest ein Jahr freiwillig mitarbei- standen vor bisher unentdeckten Massen- tagessen ausgeteilt und, wenn nötig, beglei- ten, da der Verein nur durch die unentgeltli- gräbern und Zeitzeugen berichteten uns, was tet er Kinder bei Behördengängen und Arzt- che Mitarbeit eines jeden existieren kann. dort geschah … Nein, das konnte nicht spur- besuchen. Diese Mitarbeit ist sehr interessant und es los an mir vorübergehen.“ … „Welche Spu- Als Grund für seine Entscheidung, ein wird von niemandem Unmögliches verlangt. ren dieses Jahr bei mir hinterließ, kann ich Jahr als Sozialdiener zu arbeiten, erzählt Pe- Ein selbstfinanzierter „Österreichischer Aus- noch nicht genau abschätzen. Ich brauche termair, daß er einmal „etwas völlig ande- landsdienst“ ist natürlich auch möglich. In erst Zeit, um es zu verdauen.“ res“ habe machen wollen. „Ich wollte haut- jedem Bundesland werden monatlich „Neu- „Ja, wir haben eine Verantwortung für nah miterleben, wie es Leuten geht, die in interessententreffen veranstaltet. „ das ‚unerwünschte Erbe‘ unter uns. Braunau ganz anderen Verhältnissen leben, und, wenn http://www.auslandsdienst.at am Inn ist im Ausland vielen bekannt, weil möglich, ein bißchen zur Verbesserung ihrer http://www.gedenkdienst.org ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 15 Speziell für Auslandsösterreicher Wahlrechtsänderung 2007 Hauptpunkte für AuslandsösterreicherInnen

Von Gesandtem Thomas Buchsbaum *)

it 1. Juli 2007 sind erhebliche Ver- Mbesserungen und Erleichterungen im österreichischen Auslands(österreicherIn- nen)-Wahlrecht in Kraft getreten, deren wichtigste Punkte hier zusammengefaßt sind:  Wählen ist nun schon ab dem 16. Ge- burtstag möglich, zum/r Abgeordneten für den Nationalrat und das Europäische Parlament gewählt werden kann man bereits ab dem 18. Geburtstag. Die Legis- laturperiode des Nationalrats wird auf fünf Jahre verlängert. Die Briefwahl wird all jenen im In- und Ausland eröffnet, die am Wahltag verhindert sind, ihre Stimme in einem Wahllokal abzugeben. Für die Stimmabgabe per Briefwahl sind keine „Zeugen“ mehr erforderlich, sondern nur eine eidesstattliche Erklärung per Unter- schrift. Foto: http://www.bilderbox.biz  AuslandsösterreicherInnen können Wahl-  AuslandsösterreicherInnen erhalten erst- allel dazu wird im Parlament gemeinsam mit karten für einen Zeitraum von 10 Jahren mals das Recht, sich auch an Volksbe- ExpertInnen eine Arbeitsgruppe eingerich- im Voraus bestellen. In Wählerevidenzen fragungen zu beteiligen. tet, die E-Voting einer verfassungsrechtli- eingetragene AuslandsösterreicherInnen  Weiters wird es AuslandsösterreicherIn- chen und technischen Machbarkeitsanalyse werden, sofern ihre Adressen der Wäh- nen künftig möglich sein, auch bei Land- unterziehen soll. lerevidenzgemeinde bekannt sind, über tagswahlen ihre Stimme abzugeben, Mit dieser Wahlrechtsnovelle wurden die kommende Wahlen sowie über ihre in wenn die jeweiligen Landtage dies be- vom Außenministerium unterstützten und Aussicht stehende Streichung aus der schließen und wenn seit der Verlegung vertretenen langjährigen Forderungen der Wählerevidenz – nach der maximal 10jäh- des Hauptwohnsitzes aus diesem Bundes- AuslandsösterreicherInnen und des Aus- rigen Eintragungsperiode – amtswegig land in das Ausland maximal 10 Jahre landsösterreicher- Weltbunds (AÖWB) nun verständigt. Auch über negative Entschei- vergangen sind. umgesetzt. Dies betrifft insbesondere das ver- dungen zu Anträgen auf Eintragung in die Damit wird der Kreis der österreichischen einfachte Wahlverfahren – „echte Briefwahl“ Wählerevidenz sowie zu Anträgen auf Wahlgänge, an denen sich Auslandsöster- statt notwendige „Zeugen“ –, die automati- Ausstellung von Wahlkarten müssen die reicherInnen beteiligen können, erheblich sche Zusendung der Wahlkarten – nicht mehr AuslandsösterreicherInnen von den Wäh- ausgeweitet. Er umfaßt nun Bundespräsi- Beantragung vor jeder Wahl –, die amtswe- lerevidenzbehörden verständigt werden. dentschaftswahlen, Nationalratswahlen, Wah- gigen Informationen über Wahlen, zu AÖ-  Als notwendiges Gegenstück zu diesen len der österreichischen Abgeordneten zum Anträgen und vor Streichungen aus der amtswegigen Informationen sind die in Europäischen Parlament („Europawahlen“), Wählerevidenz – Wegfall der informations- Wählerevidenzen eingetragenen Auslands- bestimmte Landstagswahlen, Volksabstim- losen „automatischen“ Streichung nach österreicherInnen in Zukunft verpflichtet, mungen und Volksbefragungen. Damit kön- 10 Jahren - sowie klare Schritte in Richtung ihrer Wählerevidenzgemeinde jede Adreß- nen sich AuslandsösterreicherInnen nun ver- Internet-E-Voting. änderung im Ausland – samt, wenn stärkt an politischen Entscheidungsprozes- Auslands(österreicherInnen)-relevante zutreffend, auch der E-Mail-Adresse – sen und somit an der Demokratie ihres Wahlinformationen des Bundesministeriums mitzuteilen. Landes beteiligen. für europäische und internationale Angele- Die Nationalratsabgeordneten mahnten genheiten finden Sie auf der Auslands- im Rahmen der Beschlußfassung der Wahl- österreicherInnen-Website des BMeiA – *) Gesandter Dr. Thomas Buchsbaum ist Leiter rechtsnovelle eine rechtzeitige Versendung http://www.auslandsoesterreicherInnen.at / der AuslandsösterreicherInnen-Abteilung im von Wahlkarten ins Ausland ein und ersuch- „Wahlen“, wo auch weitere Details und For- Bundesministerium für europiäsche und inter- ten die Regierung, die Vorbereitungsarbeiten mulare angeboten werden, sobald sie ver- nationale Angelegenheiten für E-Voting in Österreich fortzusetzen. Par- fügbar sind. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 16 Speziell für Auslandsösterreicher Von den Erfahrungen der Auslandsvorarlberger lernen Network 2007 in Schruns: Wirtschaft und Bildung als Schwerpunkte

LH Herbert Sausgruber lud zum »Network Vorarlberg«-Treffen nach Schruns Foto: VLK/R. Mohr

ereits zum 6. Mal lud Landeshauptmann Teilnehmern sind fünf Teilnehmer zum tretern des Bildungswesens (Lehrern) unter- BHerbert Sausgruber erfolgreiche Aus- ersten Mal dabei, 17 haben bereits an vergan- schiedliche Bildungssysteme – insbesondere landsvorarlberger zu einem Treffen nach genen Network-Meetings teilgenommen. jene bis zur Matura – und deren Auswirkun- Vorarlberg. Die wirtschaftliche Entwicklung „Das große Erfahrungspotential der teil- gen auf die Wirtschaft zu diskutieren. Neben in Vorarlberg und in den Ländern, in denen nehmenden Gäste soll gezielt genutzt wer- Wirtschaftslandesrat Manfred Rein nahm an die Auslandsvorarlberger tätig sind, bildete den, um detaillierte Informationen nicht nur dem Treffen auch Bildungslandesrat Siegi einen Schwerpunkt des diesjährigen Treffens über die derzeitige allgemeine wirtschaftli- Stemer teil. in Schruns, informierte Sausgruber im Ge- che Entwicklung in verschiedenen Regionen Auch die Auslandsvorarlberger führten im spräch mit Journalisten: „Von den Erfah- der Welt, sondern auch in einzelnen Bran- Pressegespräch die Bedeutung dieses alle rungen lernen und auf Basis der Ergebnisse chen, die für unser Land von Bedeutung zwei Jahre stattfindenden Treffens an: Von dieser Diskussion sollen Chancen und Ge- sind, und deren mittelfristige Entwicklungs- einer „anderen Sicht der Dinge kennen ler- fahren für Vorarlberg aufgezeigt werden.“ perspektiven zu erhalten“, betonte Landes- nen“ sprach der gebürtige Bludenzer Am Nachmittag standen Bildungsfragen im hauptmann Sausgruber. Auf Basis der Er- Thomas-Anton Heinzl, der jetzt bei einem Mittelpunkt des Network-Treffens. gebnisse dieser Diskussion sollen Chancen international tätigen Wirtschaftsberatungs- Network Vorarlberg ist eine Initiative mit und Gefahren für Vorarlberg aufgezeigt wer- unternehmen in Zürich tätig ist. Ein interes- dem Ziel, das Know-How und die Kontakte den. santes Treffen, bei dem man sich auch der von im Ausland erfolgreichen Vorarlbergerin- Das Nachmittagsprogramm war dem The- Vorarlberger Wurzeln besinnt, so Manfred nen und Vorarlbergern für die Zukunft des menschwerpunkt „Bildung“ gewidmet. Ziel Dönz (Siemens, München). „ Landes zu nützen. Von den diesjährigen 22 des Workshops war es, gemeinsam mit Ver- http://www.vorarlberg.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 17 Wirtschaft Wirtschaftswachstum bleibt weiterhin kräftig Mittelfristige Prognose der Österreichischen Wirtschaft 2007-2011 des Instituts für Höhere Studien (IHS)

as österreichische Wirtschaftswachstum Wichtige Prognoseergebnisse wird im Zeitraum 2007 bis 2011 laut D Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in Prozent Prognose durchschnittlich 2,6 % betragen 2002-2006 2007-2011 und damit um ¾ Prozentpunkte höher als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre ausfallen. Bruttoinlandsprodukt, real 1,9 2,6 Seit 2006 befindet sich die österreichische Privater Konsum, real 1,4 2,2 Wirtschaft in einer Hochkonjunkturphase. Nach 3,3 % im Vorjahr wird die Wirtschafts- Bruttoinvestitionen insgesamt, real 0,6 3,3 leistung in diesem Jahr um 3,1 % ansteigen, Ausrüstungsinvestitionen, real 0,0 4,4 auch im nächsten Jahr sollte das Wachstum Bauinvestitionen, real 1,3 2,5 noch 2,8 % ausmachen. Im weiteren Progno- sezeitraum verlangsamt sich das Tempo der Inlandsnachfrage, real 1,3 2,3 Wirtschaftsentwicklung, beträgt 2011 aber Exporte i.w.S., real 5,6 6,3 immer noch 2,2 %. Über den gesamten Pro- Waren, real (laut VGR) 6,4 7,2 gnosezeitraum hinweg sollte Österreich Reiseverkehr, real (laut VGR) 1,0 1,7 damit so schnell wie die Europäische Union (2 ½ %), aber doch merkbar rascher als der Importe i.w.S., real 4,5 6,2 Euroraum wachsen (2 ¼ %). Ein positiver Waren, real (laut VGR) 5,3 6,8 Wachstumsimpuls geht weiterhin von der Reiseverkehr, real (laut VGR) -2,5 2,1 Exportwirtschaft aus. Im Gegensatz zur Unselbständig Aktiv-Beschäftigte 0,6 1,1 Vorperiode entwickelt sich auch die Binnen- nachfrage recht kräftig. Nach einer Stag- Arbeitslosenquote: Nationale Definition*) 7,0 6,0 nation zieht die Investitionstätigkeit stark an, Arbeitslosenquote: EUROSTAT-Definition*) 4,7 4,3 und auch die Konsumausgaben der privaten Haushalte stützen die Konjunktur. Bruttolohnsumme pro Aktiv-Beschäftigten 2,1 2,5 Seit 2004 wächst die Weltwirtschaft Preisindex des BIP 1,6 1,6 äußerst kräftig. Während die Volkswirtschaf- ten im asiatischen Raum weiterhin deutlich Verbraucherpreisindex 1,8 1,6 expandieren, hat sich das Wachstumstempo 3-Monats-Euribor *) 2,6 4,3 in den USA etwas abgeschwächt. Im Vorjahr erholte sich die Wirtschaft in Europa und 10-Jahres-BM-Rendite öst. Staatsanleihen *) 4,1 4,6*) befindet sich seither in einer Boomphase. Es mehren sich die Anzeichen, dass insbeson- *) absolute Werte dere Deutschland einen wichtigen Teil seiner strukturellen Probleme überwunden haben größere Schocks in den nächsten fünf Jahren gleich verteilt sind. Einerseits besteht durch- könnte. Eine kräftige Wirtschaftsdynamik ausbleiben. Konkret nimmt die Prognose aus die Möglichkeit, daß das gegenwärtig weisen weiterhin die neuen Mitgliedstaaten einen stabilen Euro-Dollar-Wechselkurs so- sehr hohe Wachstumstempo in Europa auch der Europäischen Union auf. In den nächsten wie kein weiteres Ansteigen der Energie- noch bis zum Ende des Prognosezeitraums Jahren sollte sich die konjunkturelle Dyna- preise an. aufrecht bleibt. Dafür würde etwa sprechen, mik der Weltwirtschaft etwas verlangsamen, Technisch werden die Werte der Juni- daß in Europa, und insbesondere in Deutsch- die Weltwirtschaft bleibt aber auf einem sta- Prognose des Instituts für die Jahre 2007 und land, die Reformen die Wettbewerbsfähig- bilen Wachstumspfad. Über den gesamten 2008 übernommen und der Prognosezeit- keit erhöht haben. Notwendig wären aber Prognosezeitraum hinweg wachsen die Wirt- raum um die Jahre 2009 bis 2011 erweitert. zusätzliche Strukturreformen, vor allem in schaften der OECD-Länder um durchschnitt- Diese Prognose unterstellt, dass sich die so- Italien und Frankreich. Negative Risken ge- lich 2 ¾ %. Für die Länder im Euroraum genannte Outputlücke (Differenz zwischen hen hingegen von der Möglichkeit stark stei- wird ein durchschnittlicher Zuwachs der aktuellem und Potenzialoutput) bis zum En- gender Rohölpreise, sowie einer dauerhaften Wirtschaftsleistung von 2 ¼ % erwartet, ana- de des Prognosezeitraums deutlich verrin- Wachstumsschwäche der US-Wirtschaft, im log sollte sich die deutsche Wirtschaft entwi- gert, aber positiv bleibt. Das Institut geht Verein mit einer kräftigen Aufwertung des ckeln. Diese Prognose geht davon aus, daß davon aus, dass die Prognoserisiken etwa Euro gegenüber dem Dollar, aus. ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 18 Wirtschaft

Nach einem verhaltenen Wachstum in preise, einen stabilen Euro-Dollar-Wechsel- weitere Steuerreform. Eine Steuerreform ist den Vorjahren wird der private Konsum in Ös- kurs und eine beschäftigungsorientierte laut Regierungserklärung allerdings für 2010 terreich wiederum zu einer Stütze der Kon- Lohnpolitik. Der durch die Globalisierung geplant und könnte schon 2011 positive Im- junktur. Die durchschnittliche Wachstumsra- ausgelöste starke Wettbewerbsdruck sollte pulse für die österreichische Wirtschaft aus- te des Konsums der privaten Haushalte wird den Preisauftrieb weiterhin dämpfen. lösen. Da Umfang und Struktur dieser Steuer- sich auf knapp 2 ¼ % belaufen. Laut Pro- Die Hochkonjunktur hat zu einer deut- reform bisher nicht bekannt sind, sind ihre gnose wird die Sparquote heuer um ¼ Pro- lichen Belebung des Arbeitsmarktes geführt. Auswirkungen in der Prognose auch nicht zentpunkt ansteigen, im restlichen Prognose- Bereits im Vorjahr betrug das Beschäftigungs- berücksichtigt. zeitraum zuerst stagnieren, dann doch merk- wachstum 1 ¾ % und wird sich heuer auf 2 % Es ist viele Jahre her, daß alle wirtschaft- bar fallen, sodaß 2011 ein Wert von 9,1 % beschleunigen. Auch im restlichen Progno- lich relevanten Teile der Welt sich in einer erreicht wird. Damit kommt die Sparquote sezeitraum wird noch eine vergleichsweise guten bis exzellenten Konjunktursituation be- wieder auf dem Niveau von 2005 zu liegen. kräftige Arbeitskräftenachfrage erwartet, so- fanden. Auch die durch den Immobilien- In den vergangenen fünf Jahren hat die daß bis zum Jahr 2011 knapp 190.000 zu- markt ausgelöste Schwäche der US-Wirt- reale Investitionstätigkeit durchschnittlich sätzliche Arbeitsplätze entstehen könnten. schaft scheint weitgehend überwunden zu nur um ½ % zugenommen. Während die Aus- Die Arbeitslosenquote (laut nationaler Defi- sein; die US-Frühindikatoren deuten auf eine rüstungsinvestitionen stagnierten, betrug der nition) geht von 6,8 % im Jahre 2006 bis auf Wachstumsbeschleunigung in der zweiten Zuwachs bei den Bauinvestitionen 1 ¼ %. 6 % zurück. Für die Arbeitslosenquote laut Jahreshälfte 2007 hin. Die für Österreich Aufgrund der Konjunkturverbesserung zieht Eurostat wird ein Wert von 4 ¼ % erwartet. wichtigen Staaten Osteuropas werden auch die Investitionstätigkeit im Prognosezeit- in den nächsten Jahren ihre hohe Wachs- raum deutlich an. Die Investitionen werden tumsdifferenz gegenüber den alten EU- bis zum Jahr 2011 um durchschnittlich Mitgliedern beibehalten. Ein Ende des ra- 3 ¼ % wachsen, wobei sich die Ausrüstungs- schen Wachstums in diesem Raum ist noch investitionen mit knapp 4 ½ % stärker als die nicht absehbar. In Westeuropa fehlen zwar Bauinvestitionen (2 ½ %) beschleunigen. noch viele Reformen, das gilt insbesondere In den letzten fünf Jahren setzte sich der für Frankreich und Italien, die Anpassung an Integrationsprozeß der österreichischen den Globalisierungsdruck zwingt aber alle Wirtschaft in die Weltwirtschaft weiter fort. Mitglieder der EU, die Lissabon-Strategien Die realen Exporte sind in diesem Zeitraum auch umzusetzen. Die überraschend positive um durchschnittlich 5 ½ % angewachsen, Reaktion der deutschen Wirtschaft auf die damit verzeichnete die österreichische Ex- noch unvollständigen institutionellen Refor- portwirtschaft geringe Marktanteilsverluste. men in diesem Land hat auch in anderen Während die verhaltene Lohnentwicklung in Ländern, insbesondere in Frankreich, den Österreich die Exporttätigkeit gestützt hat, politischen Mut zu umfassenden Reformen wirkte die Aufwertung des Euro, zumindest gestärkt. kurzfristig, dämpfend. Die realen Exporte im Die Reformen erweisen sich dabei als ein weiteren Sinn laut VGR werden im Pro- Prozeß, der auch in Österreich noch keines- gnosezeitraum um durchschnittlich 6 ¼ % wegs abgeschlossen ist. Das unaufhaltsame zulegen, wobei die Warenexporte um 7 ¼ % weitere Voranschreiten der Integration aller steigen. Durch die kräftige Binnennachfrage Volkswirtschaften wird für alle diejenigen, zieht auch die Importtätigkeit an. Nach einer die sich in Privatwirtschaft und öffentlichem durchschnittlichen Zunahme von 4 ½ % im Bereich dem Wettbewerb stellen, positive Foto: http://www.bilderbox.biz Laufe der letzten fünf Jahre wird sich das Wohlfahrtswirkungen haben. Diejenigen, die Wachstum der Importe im weiteren Sinn laut Die Entwicklung am Arbeitsmarkt ist zwar diesen Prozess als Gefahr empfinden und ihn VGR im Durchschnitt der Jahre 2007 bis erfreulich, zeigt aber auch, daß ein nicht un- daher abzuwehren versuchen, indem sie Re- 2011 auf 6 ¼ % beschleunigen, wobei die beträchtlicher Teil der Probleme strukturell formen hinauszögern oder verhindern, wer- Warenimporte um durchschnittlich 6 ¾ % bedingt ist. Aus diesem Grund erscheint dem den erhebliche Nachteile für die Wohlfahrt zulegen. Institut der Einsatz von arbeitsmarktpoliti- ihrer Bürger in Kauf nehmen müssen. Angetrieben von der deutlichen Steige- schen – aber auch bildungspolitischen – Die österreichische Wirtschaftspolitik der rung der Energiepreise, ist der Verbraucher- Instrumenten, die insbesondere beim Miss- nächsten Jahre wird daher weiter intensiv an preisindex in den letzten fünf Jahren um Match-Problem ansetzen, notwendig. den Standortmerkmalen arbeiten müssen: durchschnittlich 1,8 % gestiegen. Ausgehend Die gute Konjunktur und das Ziel eines Verbesserung der Bildung durch zunehmen- von einer Inflationsrate von 1,8 % im heuri- ausgeglichenen Budgets dominieren die Ent- de Effizienz und auch zunehmende Aus- gen Jahr, erwartet das Institut für die Folge- wicklung der öffentlichen Haushalte im Pro- gaben im Bildungswesen, insbesondere im jahre eine verhaltene Preisentwicklung. Im gnosezeitraum. Für heuer rechnet das Insti- Bereich der Pflichtschulen; Verbesserung der Durchschnitt ergibt sich somit eine Infla- tut mit einem Defizit von 0,7 %, 2009 ist das Verkehrsinfrastruktur, insbesondere im Be- tionsrate von 1,6 %, womit Österreich wie- Budget laut Prognose ausgeglichen und ab reich der Schiene; Weiterführung der Re- der zur Gruppe der preisstabilsten Länder im 2010 könnten Überschüsse erzielt werden. formen im öffentlichen Bereich, d. h. Bun- Euroraum zählen dürfte. Die Prognose Dabei geht das Institut von der herrschenden des-, Staats- und Verwaltungsreform in unterstellt keinen weiteren Anstieg der Öl- Rechtslage aus und unterstellt daher keine Richtung New Public Management. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 19 Wirtschaft Anhaltende Hochkonjunktur, aber zunehmende Risken

aut aktueller WIFO-Schnellschätzung Lwuchs die österreichische Wirtschaft im II. Quartal gegenüber dem Vorquartal um 1% und gegenüber dem Vorjahr um 3,8%. Die Dynamik war damit noch höher als im I. Quartal. Warenexport und Investitionen sind weiterhin die tragenden Säulen des Konjunkturaufschwungs, der private Kon- sum zeigt dagegen kaum Anzeichen einer Belebung. Für das 2. Halbjahr deuten die Turbulenzen auf den Finanzmärkten auf er- höhte Risken hin. Der WIFO-Konjunkturtest vom Juli zeigt eine anhaltende Hochstimmung in Industrie und Gewerbe. 41% der befragten Unterneh- men beurteilen ihre derzeitige Geschäftslage als gut, nur 10% sind damit nicht zufrieden. In den letzten Monaten hat sich diese Be- urteilung allerdings nicht mehr weiter ver- Foto: http://www.bilderbox.biz bessert. lich beschleunigt. Um Saison- und Arbeits- den Quartalen ist mit einer deutlichen Be- Die Konsumenten erwarten zwar eine tagseffekte bereinigt, erhöhte sich das Brut- schleunigung zu rechnen, wie auch die Er- Verbesserung der Wirtschaftslage, sie schät- toinlandsprodukt in Österreich im II. Quartal gebnisse des WIFO-Investitionstests erwar- zen jedoch ihre aktuelle finanzielle Situation gegenüber der Vorperiode real um 1%. So ten lassen. ungünstiger ein als je zuvor in den letzten dynamisch hatte es sich zuletzt im Jahr 1999 Nach wie vor weist der Konsum der pri- fünfzehn Jahren. Bei größeren Anschaffun- entwickelt. Gegenüber dem Vorjahr betrug vaten Haushalte nur wenig Dynamik auf. gen wollen sie deshalb sparen. Die Unzu- der Anstieg real 3,8%, nach +3,5% im Das Wachstum lag zwar im II. Quartal bei friedenheit läßt sich damit erklären, dass die I. Quartal. 0,6% gegenüber der Vorperiode, das I. Quar- privaten Nettoeinkommen der Beschäftigten Die Hauptimpulse für diese deutliche Ex- tal war jedoch durch den im milden Winter trotz des Konjunkturaufschwungs weiterhin pansion gingen abermals vom Export aus geringen Energieverbrauch nach unten ver- stagnieren. Die Inflationsrate ist infolge der (gegenüber der Vorperiode real +1,5%); da- zerrt. Während in einigen Konsumgüterkate- Verteuerung von Energie und Nahrungsmit- bei wuchs sowohl die Ausfuhr von Waren gorien sehr wohl konjunkturtypische Stei- teln gestiegen, sie erreichte im Mai und Juni (+1,4%) als auch von Dienstleistungen gerungen zu beobachten waren, zeigten sich die 2%-Marke. Angesichts einer Tariflohn- (+1,6%) kräftig. Die lebhafte Konjunktur für die Anschaffungen von Fahrzeugen noch steigerung von lediglich 2,4% und hoher ließ auch den Import weiter steigen (real keinerlei Auftriebstendenzen. Der öffentli- Grenzsteuersätze erhöht sich die Kaufkraft +1%). Hier expandierte die Wareneinfuhr che Konsum expandierte mit +0,2% schwä- eines Privathaushalts nur dann, wenn ein zu- (+1,2%) stärker als der Dienstleistungs- cher als der private. sätzliches Familienmitglied eine Beschäfti- import (+0,7%). Entsprechend der regen Entwicklung im gung aufnimmt. Die um Saison- und Arbeitstagseffekte Außenhandel profitierte vom Aufschwung Die Belebung der Wirtschaft schlug sich bereinigten Bruttoanlageinvestitionen erhöh- vor allem die Sachgütererzeugung. Mit real in einem kräftigen Zuwachs der Zahl der ten sich im II. Quartal mit real +0,8% gegen- +2,6% (saison- und arbeitstagsbereinigt) war Arbeitsplätze nieder (Juli +60.700 gegen- über der Vorperiode langsamer als im I. Quar- das zweite Mal in Folge das höchste Wert- über dem Vorjahr). Davon wird aber nur tal (+1,5%). Dabei spielte das milde Wetter schöpfungswachstum seit Beginn der Quar- etwa ein Drittel mit Arbeitslosen besetzt. zu Jahresanfang eine entscheidende Rolle, es talsrechnung (1988) zu beobachten. Eben- Der Rückgang der Arbeitslosigkeit (Juli begünstigte vor allem die Bauinvestitionen falls kräftig (+1,5%) expandierte das Re- –11.300) fällt deshalb, gemessen am Be- im I. Quartal. Diese expandierten im II. alitätenwesen, welches die sehr konjunktur- schäftigungsboom, relativ gering aus. Teil- Quartal mit real +0,6% wesentlich langsa- abhängigen unternehmensnahen Dienstlei- weise geht dies auch auf den Abbau von mer als in der Vorperiode (+1,4%). Die Aus- stungen umfaßt. In der Bauwirtschaft fiel Schulungsmaßnahmen – bei unverändertem rüstungsinvestitionen stiegen im II. Quartal das Wachstum schwächer aus (+0,2%) als in Mitteleinsatz für die Arbeitsmarktpolitik – mit real +1,5% abermals kräftig. Allerdings dem vom milden Winterwetter begünstigten zurück. war das Wachstum in dieser Investitions- I. Quartal (+0,7%). Die Baukonjunktur Laut aktueller WIFO-Schnellschätzung güterkategorie für einen Konjunkturauf- scheint allmählich an Kraft zu verlieren. „ hat sich der Aufschwung im Frühjahr neuer- schwung relativ schwach. In den kommen- http://www.wifo.ac.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 20 Wirtschaft OMV erwirbt vier Explorations- lizenzen in Australien

ie OMV, Mitteleuropas führender Öl- Dund Erdgaskonzern, verstärkt ihr E&P- Portfolio mit vier neuen Offshore-Explora- tionslizenzen im Carnarvon Becken vor der australischen Westküste. Die neuen Offshore- Explorationsblöcke WA-362-P, WA-363-P, WA-386-P sowie WA-387-P umfassen ein Gebiet von rund 37.000 km². Sie befinden sich in einem wenig untersuchten Gebiet des Carnarvon Beckens, nördlich großer Gas- funde, die eine wesentliche Basis der austra- lischen LNG Industrie sind. Als Teil eines internationalen Joint Ventures wird die OMV die Explorationsaktivitäten leiten, die 2008 mit 2D-seismischen Untersuchungen beginnen. Die Akquisition bedarf noch der Genehmigung durch die zuständigen Behörden. Helmut Langanger, OMV Vorstand für Exploration und Produktion: „Die neuen Foto: OMV Exploration & Production GmbH Explorationslizenzen sichern Gebiete mit Nach anfänglichen beschränkten Beteiligungen an Explorationsprojekten gelang der OMV mit der Übernahme der lokalen Erdölgesellschaft Cultus Petroleum im äußerst attraktivem Explorationspotenzial. Jahr 1999 ein Durchbruch in Australien. Dies ist ein bedeutender Schritt für die wei- tere Stärkung unserer Kernregion Australien/ Carnarvon Becken und in der Timor See. Durch den Erwerb von 35,7% an der Neuseeland.“ Mit einem Konzernumsatz von 18,97 Petrol Ofisi, dem führendem Unternehmen Die OMV hält ein ausgewogenes interna- Mrd. Euro und einem Mitarbeiterstand von im Tankstellen- und Kundengeschäft der tionales E&P-Portfolio in 20 Ländern, das 40.993 im Jahr 2006 sowie einer Markt- Türkei, baute OMV ihre führende Position im sich auf sechs Kernregionen aufteilt: Mittel- kapitalisierung von rund 13 Mrd. Euro ist die europäischen Wachstumsgürtel weiter aus. und Osteuropa, Nordafrika, Nordwesteuro- OMV Aktiengesellschaft das größte börse- Mit dem OMV Future Energy Fund pa, Mittlerer Osten, Australien/Neuseeland, notierte Industrieunternehmen Österreichs. wurde im Juni 2006 eine eigene Gesellschaft sowie Rußland/Kaspische Region. Die Ta- Als führendes Erdöl- und Erdgasunterneh- gegründet, die Projekte zu Erneuerbaren gesproduktion der OMV liegt bei rund men Mitteleuropas ist der OMV Konzern im Energien mit mehr als 100 Mio. Euro finan- 322.000 boe, die Öl- und Erdgasreserven Bereich Raffinerien & Marketing (R&M) in ziell unterstützen wird. Damit will die OMV betragen rund 1,3 Mrd boe. 13 Ländern tätig. Im Bereich Exploration & den Übergang von einem reinen Erdöl- und OMV Australia fungiert als Betriebsfüh- Produktion (E&P) ist die OMV in 20 Län- Erdgaskonzern zu einem Energiekonzern rer für die Explorationsphase und hält 30%, dern auf fünf Kontinenten aktiv. Der Bereich einleiten, der Erneuerbare Energien in sei- Eni ist Betriebsführer für die Test-, Ent- Erdgas verkauft jährlich über 14 Mrd. m³ nem Portfolio hat. wicklungs- und Produktionsphase und hält Gas, über die österreichische OMV Erdgas- Die OMV hat sich mit ihrem „Code of 30%, die Albers Group of Companies 40%. drehscheibe Baumgarten werden jährlich Conduct“ zu klaren Werten verpflichtet und Vertraglich wurde festgelegt, daß für OMV rund 47 Mrd m³ Gas transportiert. Der übernimmt Verantwortung für Mensch und und Eni nach Erfüllung des vereinbarten Ar- Central European Gas Hub der OMV zählt Umwelt vor allem in sozial und wirtschaft- beitsprogrammes die Option besteht, die je- zu den drei größten Hubs Europas. lich sensiblen Regionen. Das Unternehmen weiligen Lizenzanteile auf 40% zu erhöhen. Mit der Übernahme der Aktienmehrheit setzt laufend Schritte, um die wirtschaftli- Die OMV ist in Australien/Neuseeland, an der rumänischen Petrom entstand der größ- che, ökologische und soziale Dimension in eine ihrer sechs E&P-Kernregionen, seit te Öl- und Erdgaskonzern Mitteleuropas mit ihrem geschäftlichen Handeln zu berück- 1999 tätig. Ihre Niederlassungen liegen in Öl- und Gasreserven von rund 1,3 Mrd. boe, sichtigen. Die OMV berichtet alle zwei Jahre Perth (Australien) und Wellington (Neusee- einer Tagesproduktion von rund 322.000 boe in einem CSR Performance Report über ihre land). Die Aktivitäten der OMV Australien und einer jährlichen Raffineriekapazität von entsprechenden Aktivitäten und orientiert werden von 26 MitarbeiterInnen gesteuert. 26,4 Millionen Tonnen. OMV verfügt nun- sich an den international gültigen Berichts- Die OMV hat in Australien Anteile an 13 Ex- mehr über 2.511 Tankstellen in 13 Ländern. standards der GRI – Global Reporting Initia- plorationslizenzen, bei 12 Lizenzen ist sie Der Marktanteil des Konzerns im Bereich tive. „ Betriebsführer. Die Lizenzen liegen im R&M im Donauraum beträgt rund 20%. http://www.omv.com ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 21 Wirtschaft Arbeitsplatzrekord in Linz »Die Kommunalsteuereinnahmen, die heuer den Rekordwert von 110 Mio. Euro erreichen, machen Linz zur steuerreichsten Stadt Österreichs«, freut sich Wirtschaftsstadträtin Susanne Wegscheider.

ie Zahl der von der OÖ. Gebietskranken- ein gesellschaftspolitisches, sondern auch es von Juli 2006 bis Juli 2007 trotz Kon- Dkasse erfaßten unselbstständig Beschäf- ein wirtschaftspolitisches Erfordernis. junkturhoch nur noch etwas mehr als 1.000 tigten stieg in Linz von 177.016 Beschäfti- zusätzliche Arbeitsplätze. Dafür stieg die gungsverhältnissen im Juli 2006 auf 178.085 Vollbeschäftigung Anzahl der offenen Stellen auf 2.532. Jobs per Ende Juli 2007. Dazu kommen noch Nach dem massiven Rückgang der Linzer 15.083 BeamtInnen und 9.971 Selbständige. Mit 3.044 Arbeitslosen Ende Juli 2007 Bevölkerung von rund 19.500 EinwohnerIn- Mit 203.139 Arbeitsplätzen erreicht Linz ei- verzeichnet Linz-Stadt den niedrigsten Juli- nen bei der Volkszählung 2001, hat die Stadt nen neuen absoluten Arbeitsplatzrekord, der Wert seit 20 Jahren. Die Anzahl der offenen in den letzten Jahren wieder ein Bevölke- sogar die EinwohnerInnenzahl von knapp Stellen hat sich in den letzten fünf Jahren rungswachstum auf 189.343 Einwohner ver- 190.000 EinwohnerInnen immer deutlicher mehr als verdreifacht – 2.532 offene Stellen zeichnen können. Diesem Bevölkerungs- überragt. wachstum von knapp 6.000 EinwohnerInnen Die Arbeitslosenstatistik weist für Ende steht in den letzten fünf Jahren ein wesent- Juli in Linz-Stadt mit 3.044 Arbeitslosen den lich höheres Beschäftigungswachstum von niedrigsten Juli-Wert seit 20 Jahren aus. über 12.500 Jobs gegenüber. Gleichzeitig steht den Stellensuchenden ein „Linz hat 190.000 EinwohnerInnen und Rekordwert von 2.532 offenen Stellen ge- über 203.000 Arbeitsplätze. Die Stärke der genüber. Damit kommen in Linz-Stadt im Linzer Wirtschaft ist einzigartig unter Ös- Durchschnitt nur 1,2 Arbeitslose auf eine terreichs Städten“, betont Wirtschaftsstadt- offene Stelle. Mit einer Arbeitslosenquote rätin Wegscheider. Wie keine andere Stadt von 3,0 Prozent – der niedrigsten aller Lan- profitiert die Linzer Stadtverwaltung von der deshauptstädte – verzeichnet Linz Vollbe- wirtschaftlichen Dynamik und dem mit schäftigung. Abstand höchsten Kommunalsteuerniveau Die Linzer Betriebe schaffen Arbeit und der größeren österreichischen Städte. Wohlstand für die Menschen in dieser Stadt. 110 Millionen Euro sind heuer an Kom- „Die einzigartige Stärke der Linzer Wirtschaft munalsteuereinnahmen (3 Prozent der Lohn- ist für die Stadtentwicklung und Stadtge- summe) in Linz veranschlagt. Pro Einwoh- staltung der wichtigste Motor. Die Kommu- ner ergibt dies ein Kommunalsteuerniveau nalsteuereinnahmen, die heuer den Rekord- von 599 Euro. Die anderen Städte wie St. Pöl- wert von 110 Millionen Euro erreichen, ma- ten, Salzburg, Graz, Wien, Klagenfurt und chen Linz zur steuerreichsten Stadt Öster- Foto: http://www.bilderbox.biz Innsbruck kommen auf ein durchschnittli- reichs“, freut sich Wirtschaftsstadträtin Su- Ohne die stark steigende Frauen- ches Kommunalsteuerniveau von 375 Euro. sanne Wegscheider die Bedeutung der beschäftigung wäre das Linzer Damit liegt Linz mit seiner außergewöhn- Linzer Wirtschaft. Wirtschaftswachstum nicht möglich lichen Wirtschaft um 60 Prozent über dem In den letzten 10 Jahren stieg die Anzahl Kommunalsteuerniveau einer „normalen“ der unselbstständig Beschäftigten (ohne Be- bedeuten einen neuen Höchststand. Auf 10 Stadt. amtInnen und Selbstständige) um über offene Stellen kommen aktuell 12 Arbeits- Beim Kommunalsteuerniveau der ande- 25.000 (+ 16,6 Prozent) auf 178.085 Be- lose – vor 10 Jahren waren es im Durch- ren Städte (die ebenfalls Wirtschaftszentren schäftigte Ende Juli 2007. Bei den Männern schnitt noch 128 Stellensuchende. sind) würde Linz lediglich auf 70 Millionen gab es ein Beschäftigungsplus von 11.691 Die Arbeitslosenquote beträgt aktuell 3,0 Euro Kommunalsteuereinnahmen kommen. bzw. 14 Prozent auf 94.276 Mitarbeiter. Bei Prozent. Linz liegt damit im oberösterreichi- Tatsächlich nimmt Linz aber 110 Millionen den Frauen erhöhte sich der Beschäftigten- schen Durchschnitt und zum Teil deutlich Euro an Kommunalsteuer ein. Durch die stand sogar um 20 Prozent oder 13.701 auf vor den anderen Landeshauptstädten. über dem Durchschnitt liegende Stärke der 83.809 MitarbeiterInnen. 2.532 offene Stellen zeigen aber auch von Linzer Wirtschaft nimmt Linz um 40 „Ohne die stark steigende Frauenbeschäf- den Problemen vieler Betriebe, dringend Millionen Euro jährlich mehr ein. Das ist der tigung wäre das Linzer Wirtschaftswachs- gebrauchte MitarbeiterInnen zu finden. Das Gestaltungsspielraum, auf dem die positive tum nicht möglich“, ist Stadträtin Wegschei- behindert nicht nur die Entwicklung der Un- Entwicklung der Stadt z.B. im Kultur-, So- der überzeugt. Die Vereinbarkeit von Fa- ternehmen, sondern bremst auch die Zunah- zial- oder im Freizeitbereich beruht. milie und Beruf sowie die Karrierechancen me von Wohlstand und Steuereinnahmen. „Die Linzer Wirtschaft ist das Funda- von Frauen zu verbessern und Frauen und Während in Linz im Durchschnitt der ment, auf dem die positive Entwicklung die- Mädchen verstärkt für die Bereiche Technik letzten 10 Jahre jährlich rund 2.500 zusätzli- ser Stadt aufbaut“, so Stadträtin Susanne und Forschung zu motivieren sind nicht nur che Arbeitsplätze geschaffen wurden, waren Wegscheider. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 22 Wirtschaft Showdown am Möbelmarkt Lutz, Kika und Ikea in sämtlichen Kategorien in der oberen Liga der Einrichtungsgiganten

m Juli hat das Online Markt- und Mei- Inungsforschungsinstitut Marketagent.com in Zusammenarbeit mit dem „Wirtschafts- blatt“ den österreichischen Möbelhandel ins Auge gefaßt und die wichtigsten Unterneh- men der Branche seinem mittlerweile tradi- tionellen Image-Check unterzogen. 1001 Pro- banden zwischen 14 und 59 Jahren wurden rund um ihre Einstellungen zu den Handels- riesen befragt. Beim Einkauf in Möbel- und Einrichtungshäusern zählen ein gutes Preis- Leistungsverhältnis, sowie kompetentes und freundliches Personal. XXXLutz, Kika, Ikea, Leiner und Möbelix genießen in der Alpenrepublik einen Bekanntheitsgrad von rund 90 Prozent. Am liebsten richten sich die Österreicher mit schwedischem Design ein. Lutz, Kika und Ikea dürfen sich aktuellen Studienergebnissen zufolge sozusagen als „Aushängeschilder“ der Möbelbranche in Österreich titulieren. Etwa ein Viertel aller Umfrageteilnehmer kommt, befragt nach Wochen gesehen, gelesen oder gehört zu hältnis (68,9%), sowie kompetentes (63,0%) den ihnen bekannten Möbel- und Einrich- haben. In dieser Hinsicht kann dem Möbel- und freundliches Personal (62,2%). Für etwa tungshäusern, XXXLutz (Top of Mind: riesen keiner das Wasser reichen. Kika folgt jeden zweiten stellen weiters eine große Pro- 27,7%) oder Kika (Top of Mind: 24,6%) mit 37,9 Prozent schon ziemlich weit abge- duktauswahl (50,9%), Kunden-Orientierung spontan – also ungestützt – als erstes in den schlagen, Rang 3 belegt Ikea mit 33,1 Pro- (50,6%), leichtes Zurechtfinden (50,1%), ei- Sinn. Der Schwedenimport Ikea bringt es zent. ne angenehme Einkaufsatmosphäre (48,7%) auf immerhin 17,8 Prozent an Erstnennun- Herr und Frau Österreicher schätzen beim sowie Qualität (48,5%), entscheidende gen. Bei Vorlage einer Liste der wichtigsten Einkauf in Möbel- und Einrichtungshäusern Kaufkriterien dar. Besonders günstige Preise Unternehmen der Branche zeigen sich zwi- in erster Linie ein gutes Preis-Leistungsver- sind für 46,8 Prozent beim Einkauf im schen den bekanntesten Anbietern von Heim- Möbelhandel ausschlaggebend. einrichtungen in Österreich nur geringfügig Doch welche Unternehmen können in Unterschiede: Die Unternehmen XXXLutz diesen Belangen auftrumpfen? Ikea ist füh- (93,6%), Kika (92,2%), Ikea (91,6%), Leiner rend, was ein gutes Preis-/Leistungsverhält- (88,5%) und Möbelix (86,3%) genießen in nis (58,4%) und leichtes Zurechtfinden der Alpenrepublik einen Bekanntheitsgrad betrifft (31,0%), Leiner hat nach Meinung von rund 90 Prozent. der Befragten Produkte bester Qualität Am liebsten richten sich die Österreicher (54,0%) und das kompetenteste Personal, mit schwedischem Design ein. Ikea wird von XXXLutz punktet mit angenehmer Ein- jedem dritten Respondenten aus dem Mar- kaufsatmosphäre (38,0%), einer großen Pro- ketagent.com Online Access Panel bevor- duktauswahl (59,9%) und dem freundlich- zugt besucht (32,8%) und verdient sich so- sten Personal (31,1%). Möbelix stellt als mit die rühmliche Bezeichnung „Lieblings- Preisführer den Mitbewerb in den Schatten: unternehmen der Österreicher“. XXXLutz 48,5 Prozent schreiben dem Möbelhaus liegt mit 23,5% auf Platz 2, gefolgt von Kika besonders günstige Preise zu, 37,5 Prozent mit 17,1 Prozent Nennungen. Was Werbung häufige Preisaktionen. betrifft, hat XXXLutz, allbekannt durch das Die besten Image-Werte im österreichi- Werbekonzept mit der „Familie Putz“, klar schen Möbelhandel genießt Ikea mit einem die Nase vor den Mitbewerbern. 69,2 Pro- Wert von 47,3 Prozent („sehr gut"), gefolgt zent können sich spontan – also ungestützt – von XXXLutz mit 43,2 Prozent. Leiner daran erinnern, Werbung des österreichi- erreicht einen Image-Wert von 40,5 Prozent schen Möbelhauses XXXLutz in den letzten und liegt damit am dritten Platz. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 23 Wirtschaft Jackpot für Casinos Austria in Südafrika? Größter Deal der Firmengeschichte in Anbahnung

ür Casinos Austria bahnt sich der größte FDeal der Firmengeschichte an. Ein Kon- sortium rund um die größte südafrikanische Private Equity Gesellschaft Ethos ist in Ver- handlungen eingetreten, die an der Johan- nesburg Stock Exchange notierende Gold Reef Resorts Ltd (GRR) zu übernehmen. Der ins Auge gefasste Übernahmepreis von ZAR 34 (3,4 Euro) je Aktie bedeutet – inklusive der Übernahme der bestehenden GRR-Kredite – ein Transaktionsvolumen von über einer Milliarde Euro. An GRR ist Casi- nos Austria International (CAI) mit 21,7 Pro- zent beteiligt. „Der auf Casinos Austria entfallende Kaufpreis würde rund 200 Millionen Euro betragen. Gekauft wurden die Aktien mit einem Durchschnittspreis von ZAR 3, also nicht einmal einem Zehntel des jetzt mögli- cherweise zu erzielenden Verkaufspreises. Ein Angebot, das man nicht ablehnen kann,“ meint jedenfalls Casinos Austria Finanzvor- stand Josef Leutgeb, derzeit in Südafrika. GRR ist zuversichtlich, daß sich die Voraussetzungen für das Konsortium in den nächsten Wochen erfüllen und ein voll finan- ziertes Angebot vorgelegt wird. Aber auch ein allfälliger Wegfall des Übernahmevor- schlages wäre für CAI keine allzu große Enttäuschung, performen doch die südafri- kanischen Casinos recht gut. „Es ist jedoch eine tolle Bewertung in diesen Tagen“, meint Finanzfachmann Leutgeb im Hinblick auf die Fragezeichen für künftige Private Equity Deals.

Casinos Austria in Südafrika Das »Gold Reef City Casino« nahe Johannisburg Foto: Casinos Austria Gold Reef Ressorts Ltd. ist in Südafrika seit 1998 operativ und betreibt derzeit fünf neben dem soliden und sehr erfolgreichen Casinos Austria Casinos: Gold Reef City Casino nahe Johan- Management zu den Grundpfeilern des International nesburg, Casino Mykonos in Langebaan, Unternehmenserfolges in Südafrika. Garden Route Casino in Mossel Bay, Golden Für die Errichtung der Casinos Nr. 6 und Die Casinos Austria International Gruppe Horse Casino in Pietermaritzburg und das Nr. 7 werden derzeit 130 Millionen inves- startete ihre erfolgreiche Tätigkeit am welt- Goldfields Casino in Welkom. tiert. Das Casino Queenstown in der Provinz weiten Markt vor über 30 Jahren. 2006 wurde Casinos Austria hat gemeinsam mit sei- Eastern Cape wird im Dezember 2007 eröff- mit 8600 MitarbeiterInnen ein Umsatz von nen Partnern die Forderungen der Black nen. In der Provinz Gauteng, nahe Johan- 990 Millionen Euro erzielt. 16,6 Millionen Economic Empowerment Politik stets kon- nesburg, wird das Casino Silverstar ab 2008 Gäste besuchten im vergangenen Jahr eines sequent umgesetzt. Diese Tatsache zählt zum Spiel laden. der 63 Casinos außerhalb Österreichs. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 24 Chronik Bevölkerungszahl Österreichs steigt weiter Zur Jahresmitte 2007 8,316 Mio. Einwohner – dennoch war in der ersten Jahreshälfte 2007 ein Geburtenrückgang um 2,2 Prozent zu verzeichnen

ach den vorläufigen Ergebnissen der in Österreich. Das entsprach 10% der Ge- 4% (+3.300 Personen). Die Zahl der Bul- NStatistik Austria waren in Österreich am samtbevölkerung und war ein Plus von rund garen und Rumänen erhöhte sich in den 1. Juli 2007 rund 8,316 Mio. Personen mit 12.000 Personen gegenüber dem 1.1.2006. ersten beiden Quartalen nach dem EU-Bei- Hauptwohnsitz gemeldet, um 0,2% (+17.600) Ein halbes Jahr später wurden bereits tritt um rund 16% (+4.700 Personen). Damit mehr als zu Jahresbeginn (1.1.2006: 8,266 840.494 Personen mit fremder Nationalität war der Bevölkerungsanstieg aus diesen bei- Mio.). Das Bevölkerungswachstum im er- registriert – ein Plus von rund 14.500 Perso- den Ländern absolut betrachtet fast so hoch sten Halbjahr 2007 lag damit leicht über dem nen gegenüber dem 1.1.2007. wie aus den EU-14. Die Zahl der Staats- Niveau des vergangenen Jahres (1. Halbjahr angehörigen aus dem Nicht-EU-Raum wies 2006: +13.600). Der Anstieg der Einwohner- hingegen nur eine leichte Zunahme in Höhe zahl ist wie in den letzten Jahren zum weit- von 0,3% (+1.700) auf. Die Zahl der Bürger aus überwiegenden Teil auf Zuwanderung aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Ju- aus dem Ausland zurückzuführen. goslawien (mit Slowenien) sank geringfügig um 0,6% (-1.800 Personen), jene der türki- Stärkstes Bevölkerungs- schen Staatsangehörigen stagnierte (+0,5% wachstum in Wien bzw. +500 Personen). Zur Jahresmitte 2007 waren nach den vorläufigen Ergebnissen ins- Wien verzeichnet bereits seit einigen gesamt 56.600 Staatsangehörige aus Asien Jahren die höchsten Bevölkerungszuwächse (+3,2%), 21.100 aus Afrika (+0,9%) und Österreichs, vor allem durch internationale 17.100 aus Amerika (+1,3%) in Österreich Wanderungsgewinne. Auch 2007, insbeson- mit Hauptwohnsitz gemeldet. dere im 1.Quartal, stieg die Einwohnerzahl in der Bundeshauptstadt überdurchschnitt- Geburtenrückgang lich. Mit einem Bevölkerungswachstum von 0,4% lag Wien vor Niederösterreich (+0,3%) In Österreich kamen im Juni 2007 um und Vorarlberg (+0,3%). Mit Ausnahme 1,0% weniger Babys als im gleichen Vor- Oberösterreichs (+0,2%), blieben die Ein- jahresmonat zur Welt. Die vorläufige Zahl wohnerzuwächse in allen anderen Bundes- der im Berichtsmonat lebend geborenen ländern unter dem Bundesdurchschnitt. Kinder lag nach Berechnungen der Statistik Auf regionaler Ebene scheint sich die Austria mit 6.360 um 62 unter dem Vorjah- Foto: http://www.bilderbox.biz räumlich differenzierte Bevölkerungsent- reswert (6.422). Von Jänner bis Juni des Jah- wicklung der vergangenen Jahre fortzuset- Unter den nicht-österreichischen Staats- res fiel der Rückgang in Summe mit -2,2% zen: Weiterhin die größten Gewinner waren angehörigen waren rund 288.700 Personen mehr als doppelt so hoch aus. Hochgerech- im ersten Halbjahr 2007 die Umland-Bezir- aus Ländern der Europäischen Union, davon net auf das gesamte Jahr 2007 bedeutet das ke Wiens und der Landeshauptstädte. Zu- 166.600 aus den alten EU-Staaten (EU-14) ein Absinken der durchschnittlichen Kinder- gleich verzeichneten auch die Kernstädte und 87.400 aus den zehn im Jahr 2004 bei- zahl auf unter 1,4 Kinder pro Frau (2006: selbst eine deutliche Bevölkerungszunahme, getretenen Ländern. Aus den neuen EU- 1,41). da hohe Wanderungsgewinne die Geburten- Staaten Bulgarien und Rumänien waren rund In fast allen Bundesländern wurden im defizite, sowie die Abwanderung in das Um- 34.600 Personen mit einem Hauptwohnsitz ersten Halbjahr des Jahres 2007 weniger land mehr als ausglichen. Weiterhin von Be- in Österreich gemeldet. Nach einzelnen Babys als im Vorjahr geboren. Nur im Bur- völkerungsrückgängen betroffen waren hin- Staatsangehörigkeiten betrachtet waren genland (+3,8%) und in Tirol (+2,9%) wur- gegen die inneralpinen Regionen der Steier- Bürger aus dem ehemaligen Jugoslawien den steigende Geburtenzahlen registriert. mark, sowie die grenznahen Bezirke Nieder- (302.200 Personen) die größte Ausländer- Die stärksten Geburtenrückgänge wurden österreichs und des Südburgenlandes. gruppe, gefolgt von deutschen Staatsange- von den Standesämtern in Kärnten (-5,9%) hörigen (118.000 Personen) und Bürgern aus gemeldet, gefolgt von jenen in Oberöster- Zahl der EU-Bürger in der Türkei (109.300 Personen). reich (-4,3%), in Niederösterreich (-3,8%) Österreich hat sich erhöht Der Anstieg von Staatsangehörigen aus und in Salzburg (-2,8%). In Wien (-2,1%), in den EU-14 Staaten betrug in den ersten sechs der Steiermark (-0,6%) sowie in Vorarlberg Am 1.1.2007 hatten 826.013 ausländi- Monaten des Jahres 2007 rund 3% (+4.800 (-0,2%) wurden jeweils unterdurchschnittli- sche Staatsangehörige ihren Hauptwohnsitz Personen), jener aus den neuen EU-10 rund che Rückgänge verzeichnet. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 25 Chronik AUA-Flug für Juventute-Kinder Austrian Airlines und der Flughafen Salzburg ermöglichten »Pro Juventute«-Kindern einen unvergesslichen Rundflug über die Alpen Foto: Andreas Kolarik

uf Initiative von Pilot Christian Wenger feuerwehrautos als Beifahrer testen. Der an- hilfe führt zur gemeinsamen Entwicklung Aund Künstler Günther Edlinger konnten schließende Rundflug mit einem Canadair von Perspektiven und Zukunft. Die Men- die Kinder aus vielen österreichischen „Pro Regional Jet in einer Flughöhe von 3000 m schen werden dadurch gestärkt, sowie ent- Juventute“-WGs in die Lüfte abheben und brachte den „Pro Juventute“-Kindern die Al- lastet und das zum Wohle der Familie und sich die Welt von oben anschauen. Für viele pen zum Angreifen nahe. der Kinder. war es der erste Flug ihres Lebens und für Die „Pro Juventute“ hat eine lange Die „Pro Juventute“-Tagesbetreuung ist da alle auf jeden Fall ein unvergessliches Er- Geschichte und feiert heuer ihr 60jähriges für Familien mit Kinder-Betreuungsbedarf lebnis. Bestehen. Seit 1947 ist man für Kinder, und ergänzt das familiäre Miteinander tags- Edlinger, Künstler und Salzburgerer, ist Jugend und Familie da, auch dort, wo sonst über. Pro Juventute unterstützt die Eltern, selbst in einer „Pro Juventute“-Einrichtung keiner mehr ist. fördert die Kinder und gibt Familien eine aufgewachsen und unterstützt die Organisa- Jeden Tag verlieren in Österreich sieben Zukunft in unserer Gesellschaft. Kindern tion bereits seit vielen Jahren. Mit Erlebnis- Kinder ihr Zuhause. Gründe dafür sind bei- von 1 bis 10 Jahren wird damit die Familien- ferien und anderen Aktionen hat er den spielsweise Überforderung in der Kinder- qualität gesichert. Kindern schon viele sehr schöne Erlebnisse erziehung, Gewalt in der Familie, Ver- Im „Pro Juventute“-Pflegeelternzentrum beschert. Edlinger: „Man darf nie vergessen nachlässigung oder Verwaisung. werden Pflege- und Adoptiveltern ausgebil- wo man herkommt! Ich habe ,Pro Juventute‘ Die „Pro Juventute“- Wohngemeinschaf- det und begleitet. Seit der Gründung 1947 viel zu verdanken und freue mich, nun einen ten sind vor allem für vernachlässigte Kinder hat „Pro Juventute“ für über 5000 Kinder in Teil davon zurückgeben zu können!“ da. In einem familiären Umfeld übernehmen Österreich ein Daheim geschaffen. 30 „Pro Die „Pro Juventute“-Kinder hatten einen die „Pro Juventute“-Mitarbeiterinnen und - Juventute“-Einrichtungen in ganz Österreich erlebnisreichen Tag. Zuerst gings zum Mit- Mitarbeiter Aufgaben der Eltern. stellen ein ansehnliches Netzwerk für Kin- tagessen in das Flughafenrestaurant Salz- Die Kinder werden gefördert und gefor- der, Jugend und Familie dar. burg, wo sie mit den Red Bull-Kickern Patrik dert, gemeinsam werden zukunftsorientierte „Pro Juventute“ finanziert sich über Jezek, Alexander Zickler und Vratislav Perspektiven entwickelt. Das alles für ein Spenden, staatliche Subventionen und Tag- Lokvenc zusammentrafen. Die Fußballstars eigenverantwortliches Leben und zum Woh- sätze. Ohne Spender und Sponsoren wäre hatten sichtlich Spaß daran, den Kindern mit le der Kinder und der Gesellschaft. die Arbeit nicht gesichert, da viele Leistun- Autogrammen und Insider-Infos aus der Die „Pro Juventute“-Beratung ist für gen von den öffentlichen Stellen nicht geför- Welt des Fußballs zur Verfügung zu stehen. Menschen in stürmischen Zeiten da. Durch dert werden. Seit 2002 führt Pro Juventute Danach gings zur Flughafen-Führung und Beratung und Begleitung wird ein besseres das österreichische Spendengütesiegel. „ die Kinder durften sogar die Flughafen- Miteinander ermöglicht. Hilfe zur Selbst- http://www.projuventute.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 26 Chronik Rein ins Rathaus! Bis 11. August pulsierte die bunte Kinderstadt im Wiener Rathaus

as wienXtra-ferienspiel stellte das Rat- Dhaus auf den Kopf. Bis 11. August hieß es für Kids von 8 bis 13 Jahren: „Rein ins Rathaus“! Dort konnten sie in eine Stadt ein- ziehen, um sie ganz selbst gestalten und ver- walten. Die jungen BürgerInnen machten Politik, verdienten mit den „Holli Cents“ ihr eigenes Geld und steuerten die Wirtschaft der Kinderstadt. Neu bei „Rein ins Rathaus“ waren die Gesundheitsberatung, das Künst- lerInnen-Atelier und die stark ausgebaute Medienarbeit mit einer eigenen Werbe- und Marketing-Agentur. Ob TaxifahrerIn, Bür- germeisterIn oder JournalistIn – bei „Rein ins Rathaus“ erlebten Kinder spielend, wie eine Stadt und Stadtpolitik funktioniert.

Mitbestimmen, mitgestalten Vbgm. Grete Laska und LAbg. Jürgen Wutzlhofer beim Mediengespräch mit der „,Rein ins Rathaus‘ zeigt, wie sehr Kinder Kinderstadtregierung Foto: Pressefoto Votava für Stadtpolitik zu begeistern sind. Selbst vielschichtige Prozesse wie die heurige Wäh- Kinder-Redaktionen hielten die BürgerInnen raterInnen animierten zur „bewegten Arbeits- rungsreform der ,Holli Cents‘ oder die tägli- der Kinderstadt auf dem laufenden. Ganz pause“ und luden die BürgerInnen in die che BürgermeisterInnen-Wahl werden hier neu war die Marketing- und Werbeagentur Hüpfburg und zu Tanzkursen ein. Außerdem mit großer Leichtigkeit und Lust angegan- mit ihrer großen Info-Leinwand in der zeigen die Gesundheits-Coaches der Kinder- gen. Und Kinder verstehen in der Kinder- Volkshalle des Rathauses. Auf ihr wurden stadt in Kooperation mit dem Gasthaus zum stadt blitzschnell, wie sehr sich Eigeninitia- aktuelle Entwicklungen in der Kinderstadt, Rathausmann, was gesunde Ernährung aus- tive auszahlt“, gab sich Vizebürgermeisterin neue Gesetze, Wahlen oder ganz einfach macht. und Kinderstadträtin Grete Laska bei einem auch Termine und Spielregeln kommuni- Mediengespräch gemeinsam mit der Kin- ziert. Die Inhalte bereiteten natürlich Kinder Werke aus dem derstadtregierung vom einzigartigen Enga- für Kinder auf. Aber auch erwachsene Be- KünstlerInnen-Atelier gement begeistert. Der zu diesem Zeitpunkt sucherInnen durften hier staunen, was sich amtierende Kinderbürgermeister – der neun- gerade in der Kinderstadt abspielt. Außer- konnten gekauft werden jährige Niko Kantner – hatte beispielsweise dem gab es die von Kidsweb betreute Online- Täglich entstanden im KünstlerInnen- bereits zum sechsten Mal dieses Amt inne Redaktion, die http://www.reininsrathaus.at/ Atelier der Kinderstadt tolle Kunstwerke. und gehörte somit längst zu den „Rein ins ständig mit neuen Inhalten fütterte, die Kiku- Neu war, daß die jungen KünstlerInnen Rathaus“-Vollprofis. Redaktion, die rasenden ReporterInnen des damit auch „Holli Cents“ verdienen konn- Verwaltung und Politik lag in der Kin- Rein ins Rathaus-Radios und die Filmwerk- ten. Ob Design-Haarspange, Skulptur oder derstadt ganz in Kinderhänden. Die jungen Stadt. einfach ein gemaltes Bild – wer mochte, PolitikerInnen hatten die Verantwortung für konnte sein Werk auf dem freien Markt der Ressorts und kümmerten sich um ihre Äm- Zu gesunder Lebensweise Kinderstadt anbieten. Der Rathaus-Shop ter. Alle KinderpolitikerInnen wurden von in der Stadt motiviert wurde damit auch zur Kunstgalerie und zum den KinderbürgerInnen täglich gewählt und Auktionshaus. mußten sich mit ihrem Wahlprogramm in der Zum ersten Mal konnten Kinder heuer in Auch bei Post, Müllabfuhr, Rathauswa- Kinderstadt behaupten. Sie setzen die Steuer- der Kinderstadt den Beruf der Gesundheits- che oder TouristInnen- Information gab es politik um, koordinieren den Kinder-Stadtrat beraterin wählen. Ihre Aufgabe war, das Ge- für Kids viel zu tun. In der Aktionswerk- und informieren ihre BürgerInnen. sundheitsbewußtsein der Kinderstadt-Bürge- Stadt standen den Nachwuchs-Wirtschafts- rInnen zu wecken und zu fördern. Bewegung treibenden freie Geschäftsflächen zur Ver- Die Info-Leinwand und Sport liegt dabei den Gesundheitsbera- fügung. Bei Shopping-Touren bummelten terInnen besonders am Herzen – ein Schwer- die BewohnerInnen durch den „Alles Shop“, Die Medienlandschaft der Kinderstadt punkt, den Vizebürgermeisterin Grete Laska besuchten eine Zeichenschule oder ließen wurde heuer stark ausgebaut. Insgesamt fünf natürlich voll unterstützt. Die Gesundheitsbe- sich in einer Anwaltskanzlei beraten. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 27 Chronik »Am Gänsehäufel. Ein Strandbad wird 100«

eteorologisch ideal datiert, zeigt das MWien Museum seit dem heißen 19. Juli und bis 7. Oktober 2007 eine Ausstellung zum 100-jährigen Bestehen des Wiener „Gänsehäufels“. „Ein Strandbad wird 100“, von Susanne Breuss und Hans-Christian Heintschel als Kuratoren betreut, stellt ver- schiedene Aspekte der viel geliebten Frei- zeitoase der WienerInnen dar, erzählt, so Dir. Wolfgang Kos bei der Medienpräsen- tation, „Bädergeschichte als Gesellschafts- geschichte“. Die Geschichte des Bades wird ebenso dargestellt wie sein Mythos hinter- fragt, das Zusammenspiel von Natur und Zi- vilisation thematisiert und das Gänsehäufel als wichtiger Ort der Wiener Freizeit- und Alltagskultur, als Urlaubsdestination an der Wiener U-Bahn gewürdigt. Die kompakte Schau illustriert das Thema mit verschiede- nen Exponaten, von alten Fotos mit Nostal- gietouch bis hin zu aktuellen Videos, in de- nen u.a. Kabanenbesitzer über ihr Paradies erzählen. Das 100-Jahr-Jubiläum des Gänsehäufels bezieht sich auf das kommunale Bad, das im Jahr 1907 eröffnet wurde, nachdem bereits vorher der Naturapostel Florian Berndl die Insel in der Alten Donau entdeckt hatte, das erste große stehende Gewässer der Stadt, das im Gefolge der Regulierung der Donau (1875) entstanden war. Auf die „Wildnis“ Berndls folgte die kommunale „Bewirtschaf- tung der Natur“, so die satirisch formulierte Strandkabinen im Gänsehäufel, 1910er Jahre Foto: Wien Museum Kritik bereits aus frühen Gänsehäufel-Zei- ten. Das riesige Areal mit rund zwei Kilo- seums zahlreiche Illustrationen, die das Bad zwei weitere Sonderausstellungen: „Im Wirts- metern Strand entwickelte sich bereits vor in allen Phasen seiner Geschichte zeigen. haus“ und „Ganz unten“. dem ersten Weltkrieg zu einer gut organi- Die Schau informiert über geänderte Bade- sierten Freizeitoase der Wiener. Als Stadtlido sitten von getrennten Bereichen für Männer, Alt Wien feierte ausgelegt, gab es hier auch Sandkuren, Gast- Frauen und Familien vor hundert Jahren bis stätten sorgten für das leibliche Wohl, Mu- zum heutigen FKK-Areal im Gänsehäufel, Am Samstag, dem 4., und am Sonntag, sikkapellen für Unterhaltung. Weitgehend gibt über Werbung und Utensilien wie Bade- dem 5. August, fand dann im Strandbad von den Brüchen der historischen Entwick- kleidung, Rucksack und Proviantdose ein Gänsehäufel das große Geburtstagsfest zum lung abgekoppelt, blieb das Gänsehäufel ein Bild der Gewohnheiten der Besucher, prä- 100-jährigen Jubiläum statt. Auf die Besu- sommerlicher Fluchtpunkt der Wiener, bis sentiert Literatur und Liedgut zum Bad, cher wartete an beiden Tagen ein ganztägi- Bomben im Zweiten Weltkrieg das alte Bad zeigt Präparate von Landtieren und erschre- ges buntes Festprogramm. Bereits am 1945 zerstörten. Als Prestigeobjekt des sozi- ckend großen Fischen, die über und unter Vormittag sowie, zwischen den Bühnenacts alen Städtebaues wurde das Bad 1950, ge- Wasser rund ums Gänsehäufel siedeln und mit, z.B. und Willi staltet von Max Fellerer und Eugen Wörle führt mit Videos in die Unterwasserwelt der Resetarits, erfolgen Auftritte der Straßen- wieder errichtet und gilt heute als beispielge- Alten Donau sowie zu den Besuchern des theatergruppe „Grüne Insel“, die in histori- bend für die Freizeitarchitektur dieser Ära. Gänsehäufels, die glaubhaft begründen, war- schen Kostümen vergnüglich-frivole Szenen Den Besucher erwarten in der kompakten um es hier so schön ist. aus den frühen Tagen des Strandbades spiel- Ausstellung im zweiten Stock des Wien Mu- Das Wien Museum zeigt derzeit auch te. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 28 Personalia Franz Antel in Wien gestorben Die österreichische Regielegende ist in der Nacht auf den 12. August im 95. Lebensjahr in Wien-Währing gestorben Foto: ORF / Pedro Domenigg In memoriam Franz Antel: der ORF änderte sein Programm und gedachte des Regisseurs, unter anderem mit einem Porträt

as Historische Museum der Stadt Wien, Kenntnisse absolvierte er von 1931 bis 1932 setzen, und sich erfolgreich oder wenig Dheute „Wien Museum“, zeigte vor weni- die erste Wiener Tonfilmakademie. Bis zum erfolgreich dem jeweiligen Trend und dem gen Jahren im Rahmen der Ausstellung „Alles Jahr 1936 war er Kameraassistent von Hans Publikumswunsch anzupassen. Zahlreiche Leinwand. Franz Antel und der österreichi- Theyer bei der Sascha-Film, 1936 drehte er seiner einst gescholtenen Unterhaltungsfil- sche Film“ Schwerpunkte österreichischen seinen ersten Film „Unsterbliche Melodie“. me gelten heute als ernsthaft gewürdigte Filmschaffens der letzten fünf Jahrzehnte. Im gleichen Jahr führte sein Weg nach Ber- Klassiker. Dazu zählen unter anderem Filme Im Vordergrund stand die Filmkultur der lin, wo er zunächst bei der Terra-Film und wie „Der alte Sünder“ (1951) oder „Hallo 50er und 60er Jahre, zu der Franz Antel, als später bei der Tobis Produktionsleiter wurde. Dienstmann!“ (1951, mit Paul Hörbiger und einer der kommerziell erfolgreichsten Re- 1946 drehte Franz Antel nach einem eige- Hans Moser). Neben seiner Domäne, dem gisseure und Produzenten dieser Zeit, ent- nen Buch den preisgekrönten Kulturfilm Lustspiel, und, von Kritikern oft als „leich- scheidende Beiträge lieferte. „Österreich ruft die Welt“; 1946 folgte te“ Themen abqualifizierten Inhalten, wid- In der Entwicklung des österreichischen Antels erster Spielfilm in Alleinregie „Das mete sich Franz Antel auch ernsten Stoffen Films ist Franz Antel, dessen Arbeit heute singende Haus“ (mit Hans Moser und Curd wie „Spionage“, 1955 mit Ewald Balser und allgemeine Anerkennung findet, ein nicht Jürgens). Oskar Werner. wegzudenkender Teil. Franz Antel war in mehr als 100 Filmen Mit seinem Werk „Der Bockerer I“ Franz Antel, der 1913 in Wien als Sohn entweder als Regisseur oder als Produzent (1981), der heute den Rang eines Kultfilmes eines Beamten zur Welt kam, entwickelte und Produktionsleiter tätig. Trotz aller Hö- einnimmt, lieferte er einen entscheidenden bereits ab dem 14. Lebensjahr eine große hen und Tiefen, Anfeindungen und Lobes- Beitrag zum österreichischen Film, der seine Begeisterung für den Film. Zur Vervollstän- hymnen, ist es Franz Antel immer wieder Fortsetzung mit den Filmen „Bockerer II“, digung seiner theoretischen und praktischen gelungen, sein filmisches Schaffen fortzu- „Bockerer III“ und „Bockerer IV“ fand. ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 29 Personalia

Zahlreiche Ehrungen, Auszeichnungen und Preise konnte Regiemeister Franz Antel schon in Empfang nehmen: darunter 1993 den zum ersten Mal verliehenen „Rouge & Noir“-Filmpreis, im April 2000 die Platin- Romy für sein Lebenswerk, im September 2001 den Kärntner „Oscar“ für zahlreiche „Wörthersee“-Filme, im Oktober 2001 das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich, im No- vember 2001 das Große Ehrenzeichen des Landes Burgenland und im November 2004 die „Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold“. In der Nacht auf den 12. August 2007 wurde seiner Frau, Sibylla Antel, mitgeteilt, daß er um 1.15 in seinem Zimmer im „Seniorenheim an der Türkenschanze“ ge- storben sei. Er wird am 23. August auf dem Foto: »Der Bockerer IV.« / Pedro Domenigg Wiener Zentralfriedhof in Nachbarschaft mit Regisseur Franz Antel mit »Bockerer« Karl Merkatz in der Folge 4 des Films Falco und dem jüngst verstorbenen Journa- listen Alfred Worm in einem Ehrengrab bei- gesetzt werden. die Zustimmung des Kinopublikums wich- Antel war ein geselliger und politischer Bundeskanzler Alfred Gusenbauer erklär- tig. Ohne Zweifel hat er diese in seinen Wer- Mensch, ein streitsamer und liebenswerter te zum Tod Franz Antels, dieser sei eine ös- ken erfahren. Daß Filme mehr sein können Mensch. terreichische Legende gewesen. Durch seine als bloße Unterhaltung, hat er in seinen Ver- Er hat über Jahrzehnte hindurch die Liebe zum Film habe er nie unterschieden, filmungen des ,Bockerers‘ bewiesen. Sie österreichische Filmszene dominiert und nie ob er nun seichte oder gehobene Unterhal- wurden gleichsam zum komisch tragischen aufgehört, stets neue Pläne zu schmieden. tung produziert habe. „Für ihn war lediglich Spiegelbild der österreichischen Seele. Franz Wir werden seinen Humor, sein Streben nach Professionalität und seinen bedin- gungslosen Einsatz für den Film vermissen. Österreich hat mit seinem Tod einen großen Künstler verloren“. Unsere Anteilnahme gehört in dieser Stunde seinen Angehörigen. Auch Kulturministerin Claudia Schmied zeigte sich betroffen von der Nachricht des Ablebens von Franz Antel. Er habe, so Schmied, in seinem Schaffen die Tiefen und Höhen der österreichischen Filmproduktion repräsentiert und sei für viele nachfolgende junge Talente Lehrmeister und Inspiration gewesen. „Franz Antel war besessen vom Film und vermochte es dadurch, Unterhal- tung auf allen Ebenen zu produzieren. Seine Geselligkeit, seinen Optimismus setzte er auch zu Wohle des österreichischen Films ein. Er verstand sich nie als Grand Seigneur der heimischen Filmszene, aber er war einer der Großen in diesem Kunstfach. Ein Jahr- hundert der österreichischen Filmgeschichte ist mit seinem Tod zu Ende gegangen.“ Der ORF änderte sein Programm und brachte, neben einem einfühlsamen Portrait über Franz Antel, auch alle ,Bockerer‘-Fol- gen, die selbst nach mehrmaligem Sehen eine seltene Mischung aus Betroffenheit und Heiterkeit hervorrufen. Auch Filme wie Bürgermeister Michael Häupl (re .) überreichte Franz Antel am 10. November 2004 „Hallo, Dienstmann“ (mit Hans Moser) oder die »Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold« Foto: mediawien „Liebesgrüße aus Tirol“ waren zu sehen. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 30 Personalia Hohe Landesauszeichnung für einen Ausnahmekünstler Landeshauptfrau Gabi Burgstaller zeichnete Plácido Domingo mit dem Goldenen Ehrenzeichen des Landes Salzburg aus Foto: Franz Neumayr

Landeshauptfrau Gabi Burgstaller verlieh nach der Vorstellung »Amor, vida de mi vida« im Großen Festspielhaus das Goldene Ehrenzeichen des Landes Salzburg an Plácido Domingo. Rechts im Bild Festspielpräsidentin Helga Rabl Stadler.

lácido Domingo gilt als einer der größten von Domingo, Ana Maria Martinez und dem Pavarotti, wiederholt große Arenen und Sta- Pund vielseitigsten aller lebenden Tenöre: Mozarteum Orchester unter Jesus Lopez dien. Domingo ist zudem Generaldirektor Er hat bisher mehr als 130 Rollen gesungen Cobos. der Oper von Washington, D.C., und der Oper und ist in allen großen Opern- und Festspiel- Plácido Domingo wurde am 21. Januar von Los Angeles. Er ist zunehmend auch als häusern der Welt aufgetreten. Sein Debüt bei 1941 in Madrid, als Sohn zweier Zarzuela- Dirigent tätig. 1993 gründete er „Operalia“, den Salzburger Festspielen gab er am 11. Au- Sänger geboren. Er wuchs in Mexico auf und einen wichtigen Wettbewerb für junge gust 1975 als Don Carlo in der gleichnami- debütierte schon 1959 in einer kleinen Rolle Opernsänger, der seither jährlich in verschie- gen Verdi-Oper. in Mexico City und am 19. Mai 1961 als denen Städten der Welt durchgeführt wird. Der Ausnahmekünstler Plácido Domingo „Alfredo“ in der Traviata in Monterrey/ Plácido Domingo erhielt im Laufe seiner habe Salzburg und seinen Festspielen seit Mexico. Von 1962 bis 1965 war er zusam- mehr als 45jährigen Bühnentätigkeit zahlrei- mehr als 30 Jahren die Treue gehalten. Nun men mit seiner Frau Marta Ornelas in Tel che internationale hohe Auszeichnungen und absolvierte er seinen 50. Auftritt in Salzburg. Aviv tätig, bevor seine eigentliche interna- Ehrendoktorate. Plácido Domingos Operninterpretationen tionale Karriere mit einem sehr erfolgrei- Er gründete nach dem großen Erdbeben und Konzerte zählten stets zu Sternstunden chen Auftritt 1966 an der New York City in Mexico City, bei dem er auch eigene Fa- des sommerlichen Festivals bzw. der Oster- Opera begann. milienangehörige verlor, ein Kinderdorf für festspiele. Der Künstler sei außerdem für Im Mittelpunkt von Domingos sehr brei- die Waisen des Erdbebens. Immer wieder seine vielfältigen Wohltätigkeitsveranstal- ten Repertoires steht das italienische und unterstützt er Hilfsprojekte in aller Welt, tungen und -aktionen bekannt, betonte Lan- französische Fach. Daneben hat er sich auch speziell solche, die sich benachteiligter deshauptfrau Gabi Burgstaller am Abend des als Wagner-Sänger profiliert. Bis in die jüng- Gruppen annehmen (Kinder, Behinderte 9. August, als sie den Künstler mit dem Gol- ste Zeit eignete er sich immer wieder neue etc.). 2006 wurde er – gemeinsam mit den denen Ehrenzeichen des Landes auszeichne- Rollen an, vielfach auch aus weniger be- Wiener Philharmonikern – von der Schwei- te und dem Künstler für sein großartiges kannten Stücken bzw. neuen Werken. Er ist zer Hörgerätefirma Phonak zum „Botschaf- künstlerisches Schaffen, sein soziales Enga- Bayerischer und Österreichischer Kammer- ter des Hörens“ ernannt und unterstützt eine gement und seine Verlässlichkeit dankte. sänger und Ehrenmitglied der Wiener Staats- weltweite Kampagne „Hear the World“ zum Die Ehrung erfolgte in der Salzburg-Ku- oper. Als einer der „drei Tenöre“ füllte er, Schutz des Gehörs und zur Hilfe für Hör- lisse im Anschluß an das Zarzuela-Konzert gemeinsam mit José Carreras und Luciano geschädigte. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 31 Wissenschaft & Technik »Urban Mining« In Abfallheizkraftwerken fallen -zigtausende Tonnen Verbrennungsrückstände an, die nach dem Recycling von Eisen verfestigt werden. Dabei gehen jedoch auch andere wertvolle Nährstoffe, Metalle und Minerale, wie zum Beispiel Phosphor, verloren. Das Projekt »Urban Mining« der ASH DEC findet Wege, wie man diese Rohstoffe herausfiltern und weiter nutzen kann.

Von Michael Mössmer. Alle Fotos: ASH DEC Umwelt AG Phosphate haben auch in Pflanzen eine ganz wichtige Funktion als Energieträger, sind für die Bildung von Zucker verantwortlich

as Wiener Start-Up-Unternehmen ASH umwobenen „Stein der Weisen“ führte den schrieb. Dieser machte sich, ohne Kunckel DDEC AG ist angetreten, um aus Klär- deutschen Apotheker und Alchemisten Hen- davon zu informieren, nach Hamburg auf, schlammasche Phosphat wiederzugewinnen, nig Brand zur Entdeckung von Phosphor. um Brand – unter der Bedingung, nieman- einen der drei Hauptnährstoffe, der für die dem davon zu erzählen – allen vorrätigen Landwirtschaft lebensnotwendig ist. „Wir Die Geschichte Phosphor abkaufte. Obwohl Phosphor zu die- haben Phosphat in unserem Körper, in jeder ser Zeit noch keine Verwendung außer als Zelle, in Knochen und Muskeln, in der DNA Hamburg, 1669. Brand dampft Urin bis Nachtlampe fand, wurde es mit Gold aufge- und RNA, und Phosphate erfüllen bestimm- zur Trocknung ein. Als er den Rückstand un- wogen. Hennig Brand hatte von seiner Ent- te Aufgaben. Gleichzeitig haben Phosphate ter Luftabschluß glühte, entstand durch Re- deckung, wie so viele seiner Leidensgenos- auch in Pflanzen eine ganz wichtige Funk- duktion mit organischer Materie weißer sen, selbst nicht viel – außer die Nennung in tion: Sie sind dort im wesentlichen der Ener- Phosphor, der im Dunkeln aufgrund der Phos- verschiedenen Lexika. Kraft jedoch verdien- gieträger, sind für die Bildung von Zucker phoreszenz leuchtete. Ein paar Jahre später te Geld damit, den Phosphor verschiedenen verantwortlich“, erklärt Louis Hermann, erzählte er seinen Freunden davon und so gekrönten Häuptern Europas vorzustellen. Vorstandsvorsitzender der ASH DEC Um- erfuhr auch der Alchemist Johannes Kunckel Weißer Phosphor wurde anfangs auf welt AG. aus Bernau bei Berlin davon, der wiederum Grund seiner faszinierenden Eigenschaft der Machen wir einen kleinen Ausflug in die an seinen Alchemisten-Kollegen Johann Phosphoreszenz als Heilmittel verwendet. Vergangenheit: Die Suche nach dem sagen- Daniel Kraft über die neue Entdeckung Später spielte er eine wichtige Rolle bei der ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 32 Wissenschaft & Technik

nicht aus, womit es, zusammenfassend, zwei Hauptgründe gibt, mit Phosphor sorgsamer umzugehen, als dies bisher der Fall war: die natürliche Balance unsere Gewässer zu er- halten und, rechtzeitig, Ersatz für die irgend- wann abgebauten natürlichen Reserven zu schaffen. Immerhin hat die amerikanische Behörde US Bureau of Mines jüngst festge- stellt, daß zu derzeitigen Abbaubedingungen (was in erster Linie die Kosten dafür angbe- langt) Phosphor nur mehr etwa 100 Jahre verfügbar sein wird. Das heißt natürlich

Das Wasser »kippt«, wenn der natürliche Kreislauf nicht mehr funktioniert Streichholzherstellung; da weißer Phosphor Bisher Umweltbelastung hochgiftig ist, kam es jedoch oft zu schweren statt Bio-Dünger Vergiftungen bei Arbeitern. Weißer Phosphor spielte aber auch in der Militärgeschichte als „Da Phosphor nicht verbraucht wird, lan- Waffe eine Rolle – dies sei hier nur am Ran- det es vielfach noch immer über die Nah- de angeführt. rungskette in Abwässern, wird von dort über Bäche und Flüsse ins Meer transportiert und Absolut lebensnotwendig sorgt dort für die, nicht nur für Urlauber unangenehme Veralgung des Meeresbodens. Louis Hermann, Vorstandsvorsitzender Erst im Laufe des späten 20. Jahrhunderts Das hat zur Folge, daß das Wasser ,kippt‘, der ASH DEC Umwelt AG stellte sich die lebensnotwendige Funktion also der natürliche Kreislauf nicht mehr dieses mit dem Symbol P und der Ordnungs- funktioniert“, so Louis Hermann. Bei Bin- nicht, daß es dann keine Vorkommen mehr zahl 15 gekennzeichneten Elements heraus. nengewässern kann man, wie vielfach schon gibt, sondern daß die Gewinnung dann mit Phosphorverbindungen sind Bestandteil der bewiesen, erfolgreich dagegen vorgehen, das wesentlich höherem technischen Aufwand DNA- und RNA-Moleküle, der Trägersub- Gleichgewicht wieder herstellen. Für die und entsprechenden hohen Kosten verbunden stanz der Erbinformationen aller Lebewesen. Flüsse und Weltmeere reichen diese Rezepte sein wird. „Ein nicht unwesentlicher Faktor Die stark phosphorhaltige Verbindung Ade- nosintriphosphat spielt eine entscheidende Rolle beim Energiestoffwechsel (aktivierte Zucker) der Zellen. Phosphor ist weiterhin in Zuckerphosphaten, Phospholipiden und Co- enzymen enthalten – weshalb es als Dünger in der Landwirtschaft unentbehrlich ist. Von den weltweit jährlich geförderten rund 100 Millionen Tonnen an Rohphosphaten werden etwa 90 Prozent zur Herstellung von Dün- gemitteln verwendet – und können derzeit durch keinen anderen Stoff ersetzt werden. Da Phosphor nicht „nachwächst“ und die Lagerstätten, vor allem in Marokko, der West- sahara, in China und in Florida – und aus- schließlich in gebundener Form – voraus- sichtlich „nur mehr“ rund 100 Jahre wirt- schaftlich abbaubar sind, setzt sich die Wis- senschaft schon heute mit Alternativen aus- einander. Das Klärschlammkraftwerk in Wien Simmering fungiert als »Rohstofflieferant« ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 33 Wissenschaft & Technik ist auch, daß Europa – bis auf verhältnismä- ßig kleine Vorkommen in Finnland – voll- kommen von Importen aus aller Welt ange- wiesen ist“, so Louis Hermann. Das ist wohl auch mit Grund dafür, daß sich, federführend durch die ASH DEC, international anerkann- te Institutionen wie etwa die Technische Uni- versität Wien, die Universität für Boden- kultur Wien, die Deutsche Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin, die Deutsche Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Mannheim, die Eidgenös- sische Technische Hochschule Zürich, die Università degli Studi di Trento, das N.I. Vavilov Institute of Plant Industry in St. Pe- tersburg – um nur einige zu nennen – in die- ses Projekt „eingeklinkt“ haben.

Klärschlamm als »Rohstoff« „Das von ASH DEC entwickelte Verfah- ren zur Herstellung von hochwertigem Dün- ger basiert darauf, in der Asche von Klär- schlamm vorhandene chemische Verbindun- gen aufzubrechen und auf diesem Wege nicht nur gewünschte, sondern auch unge- wünschte Bestandteile herauszulösen“, er- läutert Louis Hermann. Die Asche wird in einer eigens dafür konstruierten Anlage (es handelt sich hier um eine Technikumsanlage in Leoben, die – wenn auch als Prototyp – bereits mehrere Tonnen an hochwertigem, in Österreich bereits ganz offiziell zugelassenem Dünger geliefert hat) werden chemische Re- aktionen ausgelöst, deren Ergebnis feuchtes Rohgranulat ist.

Technikumsanlage in Leoben, die bereits mehrere Tonnen an hochwertigem, in Das Verfahren Österreich bereits ganz offiziell zugelassenem Dünger geliefert hat Das wird dann getrocknet und vorge- war uns wichtig zu beweisen, daß dabei Hermann. Es gibt für diesen „Biodünger“ wärmt, um dann bei 900-1000 °C in einem keine zusätzlichen schädlichen Substanzen zwar noch keine Zulassung, sie wird aber Thermoreaktor gebrannt zu werden. Dabei anfallen, die schwierig zu entsorgen wären“, angestrebt. werden die extrem giftigen Schwermetalle erklärt Louis Hermann, ganz im Gegenteil, wie Cadmium und Blei abgeschieden und denn Cadmium und Blei sind ja, wie ein- Das Ziel gleichzeitig werden Phosphate, Magnesium, gangs erwähnt, gezielt entsorgbar. Hermann Kalium und andere Nährstoffe in Verbin- weist auch noch auf eine „Kleinigkeit“ hin, Angestrebt wird nun Unterstützung, die- dungen übergeführt, die von den Pflanzen die für die Landwirtschaft aber sicher von ses Projekt über die Akzeptanz in und Zu- gut aufgenommen werden können. Letzter Interesse sein wird: „Während wir heute im stimmung aus Österreich hinaus auch vorerst Schritt ist die Herstellung von staubfreiem Mineraldünger mit chemisch voll aufge- auch im europäischen Ausland „salonfähig“ Düngerkorn, das mit herkömmlichen Land- schlossenen, also wasserlöslichen Phosphaten zu machen. In zwei oder drei Jahren könnte wirtschaftsmaschinen auf die Felder gestreut konfrontiert sind, sind sie bei unserem der von ASH DEC hergestellte „Biodünger“ wird. Das von ASH DEC derart hergestellte Dünger nur wenig wasserlöslich, werden von Europas Landwirtschaft sinnvoll und Düngemittel wurde von der Österreichischen aber im Boden von der Pflanze aufgeschlos- vor allem nachhaltig eingesetzt werden. Agentur für Ernährungssicherheit getestet, sen. Wir haben es also mit einem langsame- Daß man sich heute bereits so intensiv für gut befunden und verfügt seit 2006 über ren, nachhaltigeren Dünger zu tun, den – um Alternative kümmert, ist wohl ein deut- eine Zulassung. Darüberhinaus wurde mit theoretisch – auch die Biolandwirtschaft ein- licher Beweis für den hohen Stellenwert die- einer Reihe von Gutachten die Qualität des setzen könnte, die den aufgeschlossenen ses Elements. „ ASH DEC-Verfahrens nachgewiesen. „Es Mineraldünger ja nicht verwenden darf“, so http://www.ashdec.com ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 34 Wissenschaft & Technik Den Mechanismen des Zelltods auf der Spur Medizinische Universität Innsbruck ist Partner in einem neuen, europäischen Ausbildungsnetzwerk für Nachwuchswissenschaftler

m Marie Curie Netzwerk „DeathTrain“ Projekt leitet START-Preisträger Prof. An- Iwerden die Mechanismen des program- dreas Villunger von der Sektion für Ent- mierten Zelltods (Apoptose) untersucht, um wicklungsimmunologie am Biozentrum der die Grundlagen für verbesserte Krebsthe- Medizinischen Universität Innsbruck: „Das rapien zu schaffen. Die von Univ.-Prof. An- gemeinsame Forschungsprojekt bietet eine dreas Villunger geleitete Sektion für Entwick- ideale Plattform für die Ausbildung von jun- lungsimmunologie am Biozentrum Inns- gen, vielversprechenden Nachwuchsforsche- bruck ist Gründungsmitglied dieses neuen, rinnen und -forschern. Diese werden sowohl europäischen Netzwerks. Ein wesentliches lokal als auch im Rahmen des Netzwerks Ziel ist die Ausbildung von erfolgreichen gefördert und auf die Herausforderungen der Nachwuchswissenschaftlern auf dem Feld modernen Wissenschaft vorbereitet“, so der Apoptoseforschung. Andreas Villunger. Bei der Apoptose – auch programmierter Das Projekt hat sich bei der EU in einem Zelltod genannt – handelt es sich um ein zweistufigen Verfahren gegen 900 weitere genetisches Programm, das jeder Zelle inne- Forschungsanträge durchgesetzt und ist wohnt und dazu dient, entartete, schlecht eines von 90 neuen Marie Curie Ausbil- funktionierende oder überalterte Zellen ge- dungsnetzwerken in Europa. Die zur Ver- zielt zu entfernen. Dieser Prozeß spielt be- fügung stehenden 20 Ausbildungsplätze für

reits in der Embryonalentwicklung eine Fotos: Medizinische Universität Innsbruck Nachwuchswissenschaftler werden derzeit bedeutende Rolle und dient im erwachsenen Univ.-Prof. Dr. Andreas Villunger, vergeben. „ Organismus dazu, das zelluläre Gleichge- Sektion für Entwicklungsimmunologie http://www.i-med.ac.at wicht in Organen und Geweben aufrecht zu erhalten. „Besonders interessant für uns ist, dass Fehler in der Zelltodkontrolle zur Ent- stehung von Tumoren und Autoimmuner- krankungen beitragen können“, erläutert Prof. Andreas Villunger. „Wir versuchen, die molekularen Grundlagen dieser Prozesse zu verstehen und hoffen, daß diese Erkennt- nisse zur Entwicklung von neuen oder zur Verbesserung bestehender Behandlungsstra- tegien herangezogen werden können.“

Junge Forscherinnen und Forscher fördern Jetzt wurde ein europaweites Netzwerk gebildet, um diese Forschung gemeinsam voranzutreiben und Nachwuchswissenschaft- ler heranzuziehen. Das neue Ausbildungs- netzwerk „DeathTrain“ umfaßt 15 Partner aus Universitäten und Unternehmen in neun europäischen Ländern und verfügt über ein Budget von über 4 Millionen Euro. Das auf vier Jahre anberaumte Projekt wird von der Europäischen Union im sechsten Forschungs- rahmenprogramm gefördert. Koordiniert wird das Netzwerk von Prof. Simone Fulda von der Universität Ulm, das Innsbrucker Den Mechanismen des Zelltods auf der Spur (Symbolfoto) ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 35 Wissenschaft & Technik Was auf Zellwänden geschieht BiophysikerInnen der Johannes Kepler Universität Linz haben eine neue Methode in der Atomkraftmikroskopie entwickelt und machen kleinste Details sichtbar

e besser die Struktur einer Zellwand auf- fenviren aufgezeichnet. Die dabei erzielte zur Bestimmung lokaler elastischer Para- Jgelöst und je größer sie abgebildet werden Auflösung von etwa einem halben Nano- meter, und das alles im Nano-Bereich. kann, desto besser können WissenschafterIn- meter ist eine Größenordnung höher als bei Eine Kooperation mit der Curie Universi- nen verstehen, was sich auf den Zellmem- der herkömmlichen Methode. tät in Paris wurde bereits vereinbart. branen abspielt und welche Funktionen mit- Die Anwendungsbereiche der neuen Me- Die von den BiophysikerInnen entwickel- einander in Beziehung stehen. Die Biophysi- thode sind sehr vielfältig: einerseits kann sie te neue Methode wird heute auch in den in kerInnen der Universität Linz können nun für Strukturaufklärungen von biologischen Fachkreisen höchst renommierten Physical mit einer neuen Methode in der Atomkraft- Proben herangezogen werden, andererseits Review Letters publiziert. „ mikroskopie Zellmembranen im Nanometer- bereich darstellen. Wenn man mit einem Atomkraftmikro- skop eine Zellwand „betrachtet“, so wird dabei die Zellwand von einem Sensor – einer winzigen Blattfeder, an deren Unterseite sich eine auf den Kopf gestellte Pyramide befin- det – abgerastert. Die Blattfeder wird beim Rastern durch ein Magnetfeld in Schwin- gung versetzt, wodurch die Probe nur punkt- weise berührt und nicht beschädigt wird. Beim Rastern über die Probe beeinflußt das Höhenprofil der Probe die Schwingungs- amplitude der Blattfeder. Über einen elektri- schen Regelkreis erhält man somit das Hö- henprofil der Probe – soweit die herkömmli- che Methode. Jene kürzlich von den BiophysikerInnen der JKU entwickelte Methode, macht sich ein Prinzip aus der Musik zu nutze: Analog zur menschlichen Stimme, zu Blasinstrumen- ten oder einer gestrichenen Violinsaite schwingt die Blattfeder des Atomkraftmikro- skops während der Probenabrasterung nicht nur mit der Frequenz, mit der sie angetrieben wird. Im Frequenzspektrum der Blattfeder tauchen wie bei den Instrumenten ganzzahli- ge Vielfache dieser Frequenz auf, welche in der Musik als Obertöne oder Harmonische bezeichnet werden. Die Kombination all die- ser Obertöne definiert die „Klangfarbe“ des jeweiligen Instruments und eben diese „Klangfarbe“ ermöglicht es dem Zuhörer, zwischen unterschiedlichen Instrumenten zu unterscheiden, auch wenn sie dieselbe Note mit derselben Lautstärke spielen. Im Falle der schwingenden Blattfeder er- möglicht dieser Mechanismus die Unterschei- dung von unterschiedlichen Wechselwirkun- gen und Materialzusammensetzungen. In einem Experiment wurde gezeigt, daß diese Methode tatsächlich funktioniert: Die Obertöne wurden während der Abrasterung

einer Bakterienoberfläche und von Schnup- Foto: Johannes Kepler Universität Linz ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 36 Wissenschaft & Technik Klima und Leben vor 140 Millionen Jahren

Sensationeller Coup eines Österreichischen Wissenschaftlers

lexander Lukeneder, Paläontologe am ANaturhistorischen Wien, erforscht ab 1. Jänner 2008 für drei Jahre – als Leiter eines internationalen Projektes – das Klima und die Lebewesen der Dolomiten vor 140- 90 Millionen Jahren. Der Österreicher leitet also in Italien ein Projekt, das mit 22 Top- Wissenschaftern aus 7 Nationen das Klima und das Leben in den Dolomiten der Krei- dezeit beleuchten soll. Das Projekt, das vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF (Projekt P20018- N10) finanziell getragen wird, sieht Luken- eder als Projektleiter. Sensationell dabei ist, daß er sein Team in ein Gebiet führen darf, das in naher Zukunft als UNESCO Weltkul- turerbe installiert wird, um dieses Gebiet auf über 2400 Meter Seehöhe zu untersuchen. Heute ist dieses Herzstück der Dolomiten um Wolkenstein schon Naturpark und das Projektteam wird bestmöglich von den dorti- gen Naturpark Verantwortlichen unterstützt. Das FWF Projekt ist eine Kooperation des Naturhistorischen Museums Wien mit dem Naturmuseum Südtirol. Der wissenschaftli- che Titel: „Multitasking: An integrative high resolution Project. Macro- and Microfossils, Isotopes, Litho-, Cyclo-, Magneto-and Bio- stratigraphy as Tools for Investigating the Lower Cretaceous within the Dolomites (Southern Alps, Northern Italy) – The Puez Area as a new Key region of the Tetyan Realm“.

Kurzfassung des Projektvorhabens Paläogeographisch war das Mittelmeer- gebiet der Unterkreide durch Mikroplatten gekennzeichnet, die in mitten des Tethys Ozeans zwischen den afrikanischen und europäischen Landmassen gelegen waren. Kreidezeitliche Ablagerungen bilden ein wesentliches Element der Süd-Alpen und speziell der Dolomiten. Überraschenderwei- se wurde eine der komplettesten, fossilreich- sten und best aufgeschlossenen Kreide Ab- folgen Europas noch nicht genau studiert.

Das Team um Alexander Lukeneder möchte Fotos: Alexander Lukeneder ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 37 Wissenschaft & Technik die Gelegenheit wahrnehmen, Informationen aus diesem erstaunlichen, einzigartigen Fundpunkt zu extrahieren, indem moderne integrative Methoden angewendet werden. Der Ausgangspunkt innerhalb dieses FWF Projektes ist ein großes Aufschlußgebiet, das am südlichen Seitenrand der Puez Hoch- ebene gelegen ist. Er befindet sich im Be- reich des Puez-Geisler Naturparks im Nord- teil der Dolomiten Die Hauptthemen der Untersuchungen innerhalb des oben be- schriebenen Rahmens sind die biostratigra- phische, paläoökologische, paläobiogeogra- phische, lithostratigraphische, zyklo-strati- graphische und magnetostratigraphische Entwicklung der Unterkreide des Puez Ge- bietes. Dieser Bereich scheint das Potential zu haben, ein Schlüsselabschnitt innerhalb der Dolomiten zu werden und hat eine Zwischenposition auf dem Alpen-Karpaten Alexander Lukeneder (rechts) mit Mitarbeitern des Naturmuseums Südtirol und den verantwortlichen des Naturparks Dolomiten Mikrokontinent der zusätzlich eine verbin- dende Position im europäischen Tethys Reich einnimmt. Weitere Untersuchungen betreffen die Lage und die Klimabedingun- gen des Ablagerungs-Gebietes. Die Antworten, die sich Alexander Lu- keneder erwartet: klimatische, geodynami- sche, paläoozeanographische und paläobio- logische Schlußfolgerungen. Schließlich wird ein neues Verständnis über den Le- bensraum und der Paläobiologie Kreide Le- bewesen erwartet. Ein Ziel dieses multi-tas- ken Projektes ist es eine entscheidende Tat- sache bei der weltweiten Arbeit mit Unter- kreide Sedimenten hervorzuheben: interdis- ziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Wis- senschaftern ist wesentlich und notwendig. Um Resultate mit weitreichenden Auswir- kungen zu erhalten, ist es erforderlich, mit modernen Mitteln wie Isotopen, Magnetostr- atigraphie, Zyklostratigraphie zusammen mit spezifischen Makrofossil-Gruppen wie Ammoniten, Belemniten, Brachiopoden und Mikrofossil-Gruppen wie Radiolarien und Foraminiferen, sowie Nannofossilien zu arbeiten. Diese Kombination liefert ein Bild der Unterkreide-Meeresspiegelschwankun- gen, erlaubt es Aussagen zum Paläoklima zu treffen und erbringt Resultate zum biostrati- graphischen Alter, verbunden mit exakten Altersdatierungen. In Übereinstimmung mit dem integrati- ven Ausgangspunkt des Projektes, ist es das Dieses und das Bild auf der Seite davor gibt einen Eindruck über das mächige entscheidende Ziel, im Herzen Europas eine Dolomiten-Massiv, das Alexander Lukeneder mit seinem Team erforschen wird neue europäische ‚Key-Sektion‘ für die Kreide Wissenschafter vieler Disziplinen der topen, der Magnetostratigraphie, der Zyklo- zischen Klimaänderungen herauszufiltern, Paläontologie aufzustellen. Verschiedene stratigraphie und geochemischen Analysen wie durch den Meeresspiegel und das Klima Untersuchungen und unterschiedlichste Fos- kombiniert, um die Geschichte der Kreta- angezeigt. „ silgruppen werden mit Analysen von Iso- http://www.nhm-wien.ac.at/NHM/Geolog/lukeneder.htm ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 38 Kultur »Ich bin selbst ein einsamer Steppenwolf« Das schrieb Helene Funke 1944 an Hermann Hesse. Das Lentos Kunstmuseum Linz präsentiert nun die erste Museumsretrospektive der österreichischen Malerin Alle Fotos: Lentos Kunstmuseum Linz

Helene Funke, Weg am Fluss mit großem Baum, 1906/07, Öl auf Leinwand, 50 x 56 cm, Privatsammlung Willi Hoffinger, Wien

it der Ausstellung Helene Funke prä- den Katalogs, legt das Lentos Kunstmuseum Die Künstlerin Helene Funke zählt zu Msentiert das Lentos Kunstmuseum Linz einen Grundstein, das bisher weitgehend un- jener Künstlerinnengeneration des frühen die erste Museumsretrospektive der österrei- entdeckte Schaffen von Helene Funke einer 20. Jahrhunderts, die bis heute noch nicht chischen Malerin Helene Funke (1869-1957), breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. ihrem Wirken entsprechend gewürdigt wor- die zu den wichtigsten Wegbereiterinnen der Weiters trägt die Ausstellung zum 50. Todes- den ist. Die 1869 in Chemnitz geborene Ma- internationalen Avantgarde zählt. Mit insge- tag der Künstlerin dem programmatischen lerin, die 1906 von München zu den „Wil- samt 125 ausgestellten Werken, vorwiegend Trend Rechnung, Künstlerinnen und Neu- den“ nach Paris aufbrach, übersiedelte 1913 Gemälde, Aquarelle und einige Grafiken, entdeckungen im Ausstellungsprogramm endgültig nach Wien, wo sie bis zu ihrem sowie mit der Publikation eines umfassen- des Lentos zu forcieren. Tod 1957 lebt. Ihre innere Emigration wäh- ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 39 Kultur rend des zweiten Weltkrieges und ihr zu- reich, das Verlassen der Familie, das Aufge- Spannungsfeld von Spätimpressionismus, rückgezogenes Leben haben zu ihrer weitge- ben aller bürgerlichen Sicherheiten lassen Fauvismus, Klassischer Moderne und ihrer henden „Unbekanntheit“ beigetragen. Das darauf schließen, daß Funke das einsame Le- Nachfolge. Werkgruppen von der Jahrhun- Leben dieser Einzelgängerin, deren Oeuvre ben einer Nomadin jenem von bürgerlichen dertwende bis in die 1950er Jahre geben zu großen Teilen verbrannt, zerstört oder Strukturen vorzog. einen Überblick über Kontinuität und Wan- verschollen ist, ist nur lückenhaft dokumen- del charakteristischer Stilentwicklungen. tiert und bleibt daher größtenteils rätselhaft. Zur Ausstellung Die Ausstellung gewährt Einblicke in das Der Kunstkritiker der Künstlerin, Jorg bislang verborgene Schaffen einer der inter- Lampe, berichtet über Helene Funke, daß es Die Ausstellung im Lentos erschließt mit essantesten österreichischen Malerinnen der ihr mit ihrer Kunst immer ernst war: Das der 125 Werke umfassenden Retrospektive ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die sich Kunststudium in München, die langen Auf- dieser „Klassikerin der Moderne“ eindrucks- zeitlebens in verschiedenen Künstlerinnen- enthalte in Paris und ihre Reisen durch Frank- voll das Lebenswerk der Künstlerin im Vereinigungen engagierte.

Helene Funke, Mädchen mit Puppe, 1925, Öl auf Leinwand, 84 x 79 cm, Galerie Kunsthandel Dr. Ursula Hieke, Wien ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 40 Kultur

„Helene Funke war nicht nur eine vielsei- tig inspirierte, sondern vor allem eine pha- senweise international präsente Künstlerin. Sie verbrachte, wie Kubin, den Großteil ihrer Schaffensjahre in Österreich und be- schritt in der Jugend den Weg der internatio- nalen Moderne. Ihr Leben und Schaffen kon- frontiert mit den neuen kunsthistorischen Strömungen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Sie war Zeitzeugin dieser wichtigsten Entdeckungen der Avantgarde, erlebte Fauvismus, Kubismus, Expressionis- mus in den Zentren ihrer Entstehung hautnah mit. Der ausklingende Jugendstil Klimts, der Japonismus, die Fauves, die Secession in Wien und die Neue Sachlichkeit, sie alle sollten Helene Funke prägen und vielseitige, künstlerische Schwerpunkte ausbilden.“ (zit. Helene Funke)

Das Werk Nur ein geringer Teil von Helene Funkes Werken befindet sich im öffentlichen Besitz und in musealen Sammlungen. Fünf Gemäl- de und somit den größten Anteil an Funke- Gemälden innerhalb von Österreich ver- zeichnet die Österreichische Galerie Belve- dere, die auch das Hauptwerk „Die Träu- mende“ (1913) besitzt. Das Belvedere hat seinen gesamten Funke-Bestand für diese Retrospektive zur Verfügung gestellt. Das Lentos Kunstmuseum verfügt mit „In der Helene Funke, In der Loge, 1904/07, Öl auf Leinwand, 99 x 90 cm, Lentos Kunstmuseum Linz Loge“ (1907), „Drei Mädchen“ (1915) und zwei Zeichnungen über weitere wichtige zuerst nach München, um ihre Ausbildung Secession und des Künstlerhauses beteiligte. Werke. In ihrer Geburtsstadt Chemnitz fin- zu vertiefen. Da Frauen erst ab 1920 zur 1918 war sie Mitbegründerin der radikal- det sich mit insgesamt 12 Funke-Werken die Kunstakademie zugelassen wurden, studier- expressionistischen Künstlergruppe „Bewe- weitaus größte Sammlung, wenn auch der te sie von 1899 – 1902 an der Damen-Aka- gung“. Ende der 1910er/Anfang der 1920er überwiegende Anteil der Gemälde, Zeichnun- demie des Münchner Künstlerinnen-Vereins Jahre erfuhr sie öffentliche Anerkennung gen und Grafiken im Privat- und Galeriebe- unter den Professoren Friedrich Fehr und durch ihre „Musik“-Bilder. 1920 Ankauf des sitz weilt oder gänzlich im Verborgenen ruht. Angelo Jank. Erste Ausstellungsbeteiligun- (verschollenen) Bildes „Musik“ durch den gen in München und Berlin (1904). 1906 zog Österreichischen Staat. 1928 Österreichi- Biografisches sie nach Paris, dem damaligen Zentrum der scher Staatspreis für „Tobias und der Engel“. Kunst, und lebte bis 1911 mit wechselnden Während der nationalsozialistischen Herr- Helene Maria Funke wurde am 3. Septem- Aufenthalten in Paris, im Mittelmeerraum schaft lebte sie zurückgezogen in Wien und ber 1869 im sächsischen Chemnitz geboren. und in der Bretagne. Zwischen 1907 und erwarb erst 1946 die österreichische Staats- Sie war das zweite Kind des Kaufmanns 1911 stellte sie sowohl im jährlichen „Salon bürgerschaft. 1948 fand die erste Kollektiv- Hermann Funke und seiner Ehefrau Auguste des Indépendants“ als auch im „Salon Ausstellung in der Galerie Welz statt, gefolgt Amalie Eleonore Helene Maria, geb. Freiin d‘Automne“ in Paris aus. Begegnungen mit von einer Ausstellung im Konzerthaus Wien. d‘Orville von Löwenclau. Zusammen mit den Impressionisten und den „Nabis“, mit 1955 verlieh ihr der österreichische Bundes- vier Brüdern wuchs sie als einziges Mäd- Matisse und den „Fauves“ und mit den Ver- präsident Theodor Körner den Titel „Pro- chen in einer von Männern dominierten Welt tretern der Schule von Pont-Aven. Ab 1909 fessor“. Am 31. Juli 1957 starb Helene Fun- auf. Leider ist über die Jugend und die frühe Ausstellungsbeteiligungen in Chemnitz, Ham- ke im Alter von 88 Jahren mittellos in Wien Ausbildung von Helene Funke wenig be- burg, Dresden, Bremen, Mannheim, Stock- und ist auf dem Zentralfriedhof begraben. kannt und nichts überliefert. Mit 30 Jahren holm und Wien. Korrespondierendes Mit- Nach ihrem Tod wurde sie weitgehend ver- löste sie sich von ihrer Familie und entschied glied der Vereinigung Bildender Künstlerin- gessen und erst in den 90er Jahren im Zuge sich für ein Leben als selbständige Malerin – nen Österreichs. Ab 1911 lebte sie in Wien, der Forschungen zu Künstlerinnen in Öster- entgegen den Vorstellungen der damaligen wo sie sich regelmäßig an Ausstellungen des reich wieder entdeckt. „ Gesellschaft vom Leben einer Frau. Sie ging Hagenbundes, der Wiener Kunstschau, der http://www.lentos.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 41 Kultur LIFE – Eine Reise durch die Zeit. Fotografien von Frans Lanting – 30. August bis 25. November 2007 im Naturhistorischen Museum Wien Alle Fotos: © Frans Lanting

as Naturhistorische Museum Wien prä- in die Natur, schreibt seine Bücher und nach Antarktika, von Kongo nach Indien und Dsentiert vom 30. August bis 25. Novem- bereitet sich auf Vorträge vor. Wer mehr über China. Kaum ein Winkel dieser Welt, den ber 2007 die Foto-Ausstellung „LIFE – Eine Frans Lantings Aktivitäten erfahren möchte, Lanting noch nicht vor seiner Linse hatte. Reise durch die Zeit“. kann sich auf seiner Homepage informieren: Die Verbindung zwischen Frans Lanting Es ist nicht das erste Mal, daß die Werke http://www.lanting.com/welcome.html und dem Naturhistorischen Museum Wien des renommierten Naturfotografen Frans Durch seine inspirierenden Bilder will er ist leicht zu ziehen. Denn so, wie dieser enga- Lanting im Naturhistorischen Museum Wien dem Publikum seine Faszination für die gierte Mann, setzt sich auch das NHM Wien ausgestellt werden, schon im Jahr 2003 fand Mannigfaltigkeit der Natur vermitteln. Als für die Erforschung und Erhaltung unserer seine Fotoausstellung „Jungles“ großen An- umweltbewußter Künstler mit naturwissen- Natur ein. Die Methoden mögen unter- klang. schaftlichen Ambitionen will er die Men- schiedlich sein, die Ambition ist dieselbe: Seit Jahrzehnten setzt sich Frans Lanting schen, angesichts der Schönheit und Einzig- das Publikum zu verblüffen mit dem Reiz in seiner Arbeit für die Erhaltung der Arten- artigkeit unserer Umwelt, staunen machen. der Tiere und Pflanzen, die mit uns und rund vielfalt und der verschiedenen Lebensräume Seine Fotografien entstanden auf unzähli- um uns leben. Aufrichtiges Staunen ange- auf unserem Planeten ein. Der gebürtige Hol- gen Reisen rund um den Erdball und bilden sichts der Schönheit der Welt, das – hoffent- länder betreibt mit seiner Frau, der Video- in ihrer Aussage und Ästhetik doch eine Ein- lich – in Respekt allen Mitwesen gegenüber spezialistin Chris Eckstrom, das erfolgreiche heit. Diese Einheit ist die Person Frans Lan- mündet, sowie in dem Wunsch, aktiv und Frans Lanting-Studio in Santa Cruz, Kali- ting, sein persönlicher Blickwinkel, sein persönlich seinen Anteil zum Schutz unserer fornien. Dort präsentiert er nicht nur seine emotionaler Zugang zum jeweiligen Bild- Erde beizutragen. ambitionierten Fotoarbeiten, sondern organi- motiv und sein Wille genau – ganz genau – Das Naturhistorische Museum, das sich siert auch Workshops zum Thema Fotogra- hinzusehen. Seine Unternehmungen führten in seinen modernen Konzepten vor allem der fie, macht mit den Teilnehmern Exkursionen den Fotografen von Alaska und Madagaskar Vielfalt des Lebens und der Ökologie ver- ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 42 Kultur pflichtet fühlt, bietet den idealen Rahmen für diese besondere Ausstellung. „LIFE“ wurde schon mit großem Erfolg in den USA gezeigt und wird bestimmt auch in Europa ein be- geistertes Publikum finden. Das Thema dieser neuen Ausstellung ist die Entstehung des Lebens auf der Erde. Die einzigartigen Naturfotografien folgen einem präzisen Ausstellungskonzept in Form einer Zeitlinie. Der Zeitbogen beginnt mit der Ent- stehung des Universums vor etwa 13,7 Mil- liarden Jahren und führt über die Geburt unseres Planeten vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren bis zur Entstehung des ersten Lebens vor ca. 4 Milliarden Jahren. Bis zum Auf- treten des Homo sapiens vor 200.000 Jahren folgt eine immense Zeitspanne, die von einer unvorstellbaren Fülle von Tier- und Pflan- zenarten bevölkert wurde. Sind wir von der Blumen-Hutqualle, Monterey Bay Aquarium, Kalifornien, USA heutigen Artenfülle beeindruckt, so sollten Ich war fasziniert, als ich die vielfarbigen Tentakel an der Nadelstreifenglocke die- wir bedenken, daß die allermeisten Tier- und ser außergewöhnlichen Blumen-Hutqualle wogen sah, die sich in den Meeresströ- Pflanzenarten inzwischen wieder ausgestor- mungen treiben lässt, aber auch zeitweise am Meeresgrund entlanggleitet. Die Vorfahren der Quallen gehörten zu den ersten Tieren, deren Körper eine organi- ben sind, auch wenn sie über viele Millionen sierte Struktur aufwies, mit zu Gewebe verbundenen Zellgruppen, die eine ein- Jahre auf unserem Planeten existiert haben. heitliche Funktion ausübten (Frans Lanting) Mit „LIFE“ zeichnet Lanting nicht nur die Entstehung des Lebens auf unserem Pla- neten nach, sondern entdeckt in seinen Bildern auch heute lebende Pflanzen und Tiere als Botschafter längst vergangener Epochen. Was heute als scheinbar harmoni- sches Zusammenleben verschiedenster Le- bensformen wirkt, hat eine Geschichte von vielen Jahrmillionen hinter sich. Die heute gemeinsam existierenden Tiere und Pflanzen sind in verschiedenen erdge- schichtlichen Epochen entstanden. Dass sie heute noch existieren, zeichnet sie als Über- lebende von diversen Massensterben, Natur- katastrophen und Änderungen der Umwelt- bedingungen aus. Ihr bloßes Vorhandensein ist ein Faszinosum. Jedes kleine Tierchen – jeder Krebs, jedes Insekt, jede Spinne – erzählt durch sein Dasein die Geschichte der Entstehung seiner Art und des Überlebens seiner Artgenossen. Diatomeen, Farlow Herbarium, Harvard University, Massachusetts, USA Wer sich diese faszinierende Tatsache Eine Auswahl von Diatomeen aus einer Meerwasserprobe, die ich durch ein Mikro- durch Lantings Bilder vor Augen führt, wird skop fotografierte, zeigt die kaleidoskopische Geometrie ihrer Formen. Es sind die Welt um sich herum mit anderen Augen Kieselskelette einzelliger Algen, die überall im Süß- und Salzwasser gedeihen, aber so winzig sind, daß 25 Millionen in einen Teelöffel passen würden. Algen sind betrachten. Worüber man nicht reden kann, uralt, sie entstanden vielleicht schon vor 1,8 Milliarden Jahren. Diatomeen entwik- soll man schweigen, ist ein bekanntes Zitat. kelten sich erst in jüngerer Zeit, heute sind sie so zahlreich, daß sie für bis zu Warum sich in diesem Falle nicht „ein Bild einem Viertel aller Photosyntheseaktivitäten auf dem Planeten verantwortlich sind. Mehr als 70.000 Arten sind bisher beschrieben worden. (Frans Lanting) machen“, insbesondere wenn es so großarti- ge Aufnahmen sind, wie die von Frans Lan- einigen Bildern darzustellen, Frans Lantings Millionen Jahre Entwicklung zurück! ting. Fotografien jedoch sind von dieser Vielfalt „LIFE – Eine Reise durch die Zeit“ ist ein Diese Ausstellung sieht man nicht, man und Großartigkeit durchdrungen. Erlebnis, das eine Reise in das Naturhisto- genießt sie, läßt sich berühren vom Reiz der Überzeugen Sie sich selbst! Tauchen Sie rische Museum Wien mehr als wert ist. „ Perfektion. Es scheint zwar unmöglich, die ein in die Mannigfaltigkeit des Lebens selbst http://www.nhm-wien.ac.at Vielfalt und Großartigkeit des Lebens in und legen Sie in wenigen Metern Fotostrecke ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 43 Kultur Maria Moser. Triebwerke. In einem ungewöhnlichen Umfeld – in der Schausammlung »Schwerindustrie« des Technischen Museums Wien – präsentiert die oberösterreichische Künstlerin Maria Moser bis 7. November 2007 großformatige Werke. Alle Fotos: Copyright: Technisches Museum Wien

n der Museumsabteilung „Schwerindustrie kuppel umschlossene Raum wird dominiert Iund Bergbau“ des Technischen Museums von einem 130 Tonnen schweren LD-Tiegel, Wien werden rund 20 Gemälde der oberös- welcher zur Stahlerzeugung diente. In einem terreichischen Malerin Maria Moser präsen- Experiment laden nun die Werke Maria tiert. Die meisten Bilder wurden eigens für Mosers ein, sich auf einen außergewöhn- diese Ausstellung geschaffen. Frei abge- lichen Dialog zwischen Kunst und tech- hängt, an Objekten und Wänden platziert nisch-kulturhistorischer Ausstellung einzu- oder auch in den Raum gestellt, bilden sie lassen. einen interdisziplinären Exkurs mit Rück- Kunst und Technik – wie paßt das zu- wirkung. sammen? Mehr als man zunächst denken Feuer und Eisen, als Auseinandersetzung möchte: So waren beispielsweise früher die mit der Verwandlung von Natur in Kultur, „Künste“ ein Sammelbegriff für komplizier- bilden die Grundthemen des Schaffens der te mechanische Vorrichtungen; dazu zählten Künstlerin Maria Moser. Davon zeugen die „Wasser-“ und „Förderkünste“ im Berg- großformatige abstrakte, farbenkräftige Bil- bau. Eine weitere Verbindung besteht darin, der, sowie Skulpturen. Die Schausammlung dass im Zeitalter der frühen Industrialisie- „Schwerindustrie und Bergbau“ informiert auf 2500 Quadratmetern über Bergbau, über oben: Triebwerke I, 2005/2006 Erzeugung und Verarbeitung von Metallen Öl auf Leinwand, 400 x 300 cm im ökonomischen und sozialen Umfeld. Der links: Einsame Kraft, 2005 nach oben hin offene, von einer Jugendstil- Öl auf Leinwand, 180 x 400 cm ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 44 Kultur rung viele Maschinen eine künstlerische sionen zu verleihen. Sie ergänzt und ver- In den letzten Jahrzehnten sind in Öster- Ausführung erhielten. Davon zeugen etwa fremdet gleichermaßen die Zeugnisse tech- reich viele gewerbliche und Industrie- die Verzierungen an der Konstruktion eines nischer Kultur und schärft unseren Blick für Ensembles stillgelegt worden. Nicht wenige gusseisernen Zylinder-Hochofengebläses die intensiven Farben von Schmelze und von ihnen erfahren eine neue Nutzung für aus dem Jahr 1847, das in der Schausamm- Glut wie auch für die Kraft und Dynamik der touristische Zwecke. Wer zum Beispiel lung „Schwerindustrie“ gezeigt wird. Dort Bewegungen, welche für diesen Bereich der einen alten Sensenhammer besucht, erlebt ist auch ein Gemälde mit dem Titel „Der materiellen Produktion charakteristisch sind. vor Ort die Besonderheit des jeweiligen Erzberg“ ausgestellt, welches Richard Harl- Den Kontrapunkt zu diesen Bildern bildet Standorts, sieht bei Vorführungen den Arbei- finger 1929 geschaffen hat – eine Darstel- eine Stahlskulptur Maria Mosers rechts vor tenden zu, hört die Wasserräder, welche die lung, die in expressionistischer Anmutung dem Eingang zum Museum. Hämmer antreiben, riecht das erhitzte Me- die Erz-Aufbereitungsgebäude am Fuß des tall, befühlt die hergestellten Gegenstände. „steirischen Brotlaibs“ dokumentiert und Schwerindustrie Werden Produktionsmittel und Erzeugnisse damit als Beleg für die abbildende Funktion und Bergbau aber in ein Museum überführt, so stellt sich von Kunst gelten kann. die neue Herausforderung, wie die Arbeits- Mit der Ausstellung „Triebwerke“ geht Im Westflügel des Erdgeschosses im Tech- welt mit anderen Mitteln sinnlich erfahrbar das Technische Museum Wien neue Wege in nischen Museum Wien veranschaulichen gemacht werden kann. Im Bereich „Schwer- der Vermittlung von Technik durch zeitge- hunderte Objekte die Technik des Bergbaus industrie“ wird zu diesem Zweck mehrmals nössische Kunst. Wie vielleicht keine andere sowie der Erzeugung und Verarbeitung von täglich eine kurze, aber intensive Klanginstal- Künstlerin ist Maria Moser mit ihren groß- Metallen. Einen Schwerpunkt bilden dabei lation eingespielt, in der die vielfältigen Ge- formatigen, farbenkräftigen Bildern und der Abbau von Eisenerz sowie die Produk- räusche der Metallverarbeitung zu hören sind. Stahlskulpturen – eine davon steht für die tion von Roheisen und Stahl in den Alpen- In der Ausstellung „Triebwerke“ mit Bildern Dauer dieser Schau vor dem Eingang zum ländern vorwiegend im 20. Jahrhundert. Die von Maria Moser wird nunmehr die Schau- Museum – befähigt, diese zu gestalten. Mit Schausammlung wird dominiert von einem sammlung zum Schauplatz einer optischen Erfolg stellt sie sich der Herausforderung, mächtigen Tiegel, einem der ersten, in denen „Intervention“, die mit künstlerischen Mit- mit ihren Werken vor den wuchtigen Ob- ab 1952 in den Linzer VOEST-Werken nach teln unseren Gesichtssinn für diesen Bereich jekten dieser Ausstellung nicht zur zu beste- einer neuen Methode Eisen in Stahl umge- menschlichen Schaffens sensibilisiert. „ hen, sondern ihnen sogar noch neue Dimen- wandelt wurde. http://www.technischesmuseum.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 45 Kultur Ernst Krenek Sein Leben hat in über neun Dezennien und auf zwei Kontinenten Kulturgeschichte geschrieben. Die Ernst-Krenek-Institut-Privatstiftung in Krems dokumentiert nicht nur minutiös Leben und Werk des Künstlers, sie sorgt nun auch für dessen lang geschuldete Publizität in seiner ursprünglichen Heimat.

m 23. August 1900 wurde der Exil- Archiv der Ernst-Krenek-Institut-Privatstif- gen. Im Stiftungseigentum sind auch Kre- Akomponist und -literat Ernst Krenek in tung (EKIP). Unter den mehr als 25.000 Sei- neks über 80 Aquarelle, die im Rahmen der Wien geboren, vor etwas mehr als 15 Jahren, ten finden sich Krenek-Highlights wie die Veranstaltungsreihe „Ernst Krenek – der im Dezember 1991, verstarb er im kaliforni- Autographe von „.“, (große Oper mit Sprachmusiker“ erstmals auf Initiative von schen Palm Springs. Sein Leben Mag. Preinfalk im Linzer Lentos hat in über neun Dezennien und gezeigt wurden. auf zwei Kontinenten Kulturge- Die Stiftung agiert Dank der schichte geschrieben, wie seine engagierten und professionellen Memoiren „Im Atem der Zeit“ Führung und Aufarbeitung der eindrücklich beweisen (Hoff- Sammlung durch das Team um mann und Campe, 2002). die Generalsekretärin als gefrag- Mit dem Ernst-Krenek-Insti- te Anlaufstelle für Veranstalter, tut wurde 1997 eine internatio- Zeitzeugen sowie Krenek-For- nal außerordentlich aktive scher und zunehmend als Leih- Anlaufstelle geschaffen, die sich geberin für Krenek-Exponate mit steigendem Erfolg der Si- (Ausstellungen unter anderem in cherung und Förderung des Paris, Berlin, Barcelona und Krenek‘schen Erbes annimmt; Linz). mit Univ. Prof. Ernst Kovacic Im Jahr 2006 wurde Kreneks als Vorstandsvorsitzendem und Nachlaß an literarischen und unter der langjährigen Leitung Musik-Manuskripten, sowie be- der Generalsekretärin Petra deutenden Notizen (aus dem Preinfalk. Besitz der EKIP), der professio- Petra Preinfalk, die seit der nellen Digitalisierung zugeführt. ersten Stunde mit intensivem, Die digitalisierten Daten der persönlichem Engagement und mehreren tausend Seiten stellen Professionalität dabei ist, hat nicht nur eine wertvolle Siche- wesentlich die Erfolge des Insti- rung der Archivalien dar, son- tuts für die Sache Kreneks in den dern stehen nun für verschiede- zehn Jahren seines Bestehens ne weitere Verwendungszwecke geprägt. Ihre enge, freundschaft- zur Verfügung. liche Beziehung zur Witwe Kreneks war mit ausschlagge- Digitalisierung bend dafür, daß Kreneks großer und Vernetzung Nachlaß nach Österreich zurück- gekommen ist, wie Gladys Kre- Portrait von Ernst Krenek der Berliner Fotografin Suse Byk Gleichzeitig mit der Digita- nek gerne betont. Im Jahr 2004 Alle Fotos: Ernst-Krenek-Institut-Privatstiftung lisierung wurden vom Team der holte Preinfalk den „amerikani- EKIP (bis vor kurzem Dietlind schen Nachlaß“ eigenhändig zurück, der fünf Akten, die 2008 bei den Bregenzer Pichler und Katharina Prager) alle relevan- seither im Archiv der Stiftung aufgearbeitet Festspielen zu sehen sein wird“) und „Jonny ten Werkdaten in eine umfangreiche Daten- wird. Für sie eines der bewegendsten Erleb- spielt auf“ sowie eine umfangreiche Korres- bank eingearbeitet und mit entsprechenden nisse ihrer langjährigen Tätigkeit als Gene- pondenzsammlung – und das Archiv wird Querverbindungen zu weiteren Material- ralsekretärin. stetig erweitert. sammlungen, zur Primär- und Sekundär- Der gesamte Sammlungsbestand ist literatur und zum Fotoarchiv versehen. Dies Nach 10 Jahren Eigentum der Ernst-Krenek-Institut-Privat- stellt einen bedeutenden Fortschritt in der tatsächlich gelungen stiftung (z.B. der von der Witwe Gladys Erreichung eines übersichtlichen Status in Krenek eingebrachte umfangreiche „ameri- der schwierigen bedingten Situation bei Seit Anfang 2007 liegen an die 75 Pro- kanische Nachlaß“), bzw. erhielt die Stiftung Kreneks Werken und Verlagen dar, die vor zent der Krenek-Autographe aufbereitet im Leihgaben von Privatpersonen und Verla- allem auf die emigrationsbedingte Zerstreu- ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 46 Kultur

Das Werk (auszugsweise)

Frühzeit  Erstes Streichquartett op. 6  Zweite Symphonie op. 12  „Der Sprung über den Schatten“ op. 17 (Komische Oper in drei Akten)  „“ op. 21 (Oper in drei Akten)  „“ op. 45 (Oper in zwei Teilen)

Mittlere Periode  „“ op. 60 (große Oper in fünf Akten)  Reisebuch aus den österreichischen Alpen op. 62  Durch die Nacht op. 67  „Kehraus um St. Stephan“ op. 66 (Satire mit Musik in zwei Teilen) Anna Mahler modelliert eine Büste ihres Ehemannes Ernst Krenek  „Karl V.“ op. 73 (Bühnenwerk mit Musik in zwei Teilen) ung der Vertragspartner zurückzuführen ist. Verlag Argus im Jahr 2005 begonnene Pu-  Sechstes Streichquartett op. 78 Die wesentlichsten Werkdaten sind über die blikationsreihe der Ernst Krenek Studien ver-  Lamentatio Jeremiae Prophetae op. 93 informative Website des Instituts abrufbar. antwortlich, deren erster Band sich der Be-  Ballade von den Eisenbahnen op. 98 Verschiedene, auf Initiative und Hinter- ziehung Kreneks und Oskar Kokoschkas wid-  Santa Fé Timetable op. 102 grundarbeit der EKIP basierende Notenedi- mete, bzw. dem Opernkomponisten Krenek (für gemischten Chor) tionen (z.B. ein Sammelband mit allen Kre- in Band 2; Band 3 „Echoes from Austria“  Symphonische Elegie op. 105 nek-Klaviersonaten) machten einzelne Werke wird sich Kreneks Beschäftigung mit Volks-  „Medea“ op. 129 (Dramatischer überhaupt erst verfügbar und initiierten ent- musik widmen und im Herbst 2007 erschei- Monolog für Mezzosopran und sprechende Aufführungen, wie im April 2007 nen (Edition Argus, Verlag Ulrich Schmitt, Orchester) die höchst erfolgreiche Aufführung von D-79418 Schliengen).  „Pallas Athene weint“ op. 144 (Oper Kreneks Kammeroper „Tarquin“ im Linzer Seit seinem Bestehen ist das Ernst- in einem Vorspiel und drei Akten) Landestheater. Krenek-Institut für seine kreativen und qua-  Sestina op. 161 (für Sopran und Petra Preinfalk zeichnet zu den bisher litätsvollen Veranstaltungsreihen, Symposien Orchester) genannten Schwerpunkten auch für die beim und Initiativen bekannt. In Lehre und For- Spätzeit  „Chrysomallos“ oder „Der goldene Bock“ op. 186 (Oper in vier Akten)  Horizon Circled op. 196  „Sardakai“ op. 206 (Oper in elf Szenen)  „The Dissembler“ op. 229 (Monolog für Bariton und Kammerorchester)  Opus sine nomine op. 238 (für Solisten, gemischten Chor und Orchester) Aus seinem reichen literarischen Schaf- fen seien „Selbstdarstellung“ (1948), „Zwölfton-Kontrapunktstudien“ (1952), „Zur Sprache gebracht“, „Im Zweifels- falle“ (1984), „Prosa, Dramen, Verse“ (1965) und in englischer Sprache „Music here and now“ (1939), „Johannes Ocke- ghem“ (1952), „Horizons circled“ (1974), und „Im Atem der Zeit“ (1998 aus seinem Nachlaß veröffentlichte Memoiren) er- Ausführlicher Bericht über die Aufführung von Krenek‘s »Karl V.« in Prag wähnt. ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 47 Kultur schung setzte die EKIP im April 2007 wieder einen vielbeachteten Akzent: In Zusammen- arbeit mit der Linzer Anton-Bruckner- Universität fand unter dem Titel „Ernst Krenek – der Sprachmusiker“ eine Veran- staltungsreihe mit Konzerten, Bühnenauf- führungen, zwei Ausstellungen, einem Work- shop und einem Symposium statt, die Theo- rie und Praxis ideal verband. Im Jahr 2006 wurde erstmals mit der von der EKIP ge- schaffenen Krenek-Förderung eine Disser- tantin bei ihrem Forschungsaufenthalt in Krems unterstützt. Als Markstein in der Geschichte der EKIP ist sicherlich auch der Entschluß zu werten, Ernst Kreneks Leben und Werk in einer per- manenten Ausstellung zu präsentieren. Hierfür fand sich im Laufe des letzten Jahres in dem vom Land NÖ der Revitalisierung

zugeführten Minoritenkloster Krems-Stein Foto: Ernst Krenek Institut Privatstiftung / Georg Spitzer ein geeigneter Ort. (Idee: Prof. Ernst Kova- Generalsekretärin Petra Preinfalk, Gladys N. Krenek und Univ.-Prof. Ernst Kovacic cic, Kurator: Matthias Henke). finanziellen Mitteln (von der Stadt Wien und der Öffentlichkeit zu erschließen. Durch die Schwieriger Start dem Bund) ausgestattet, mußte erst eine In- Gründung der EKIP durch Kreneks Witwe frastruktur und ein Bewußtsein für Kreneks im Jahr 2004 (und entsprechende Absiche- Als das EKIP im Jahre 1997 von Krenek- großes Vermächtnis aufgebaut werden. Man rung durch Bund und Land Niederöster- Enthusiasten und späteren Vorstandsmitglie- begann mit nicht viel mehr als zwei Schreib- reich) wurde der Verein abgelöst. Heute wird dern als Verein gegründet wurde, hatte es tischen, einem Telefon und einem Computer von dem nach Entwürfen der Generalsekre- einen schwierigen Start: Mit eher geringen in einem Durchgangszimmer… Mit Pionier- tärin attraktiv gestalteten 200m²-Büro die geist stellte sich das Institut der Herausfor- Öffentlichkeit weiter mit Krenek bekannt Die Ernst Krenek Institut Privatstiftung derung, Kreneks Werke in seiner alten Hei- gemacht und Forscher sowie alle Interessen- im niederösterreichischen Krems mat Österreich zu sammeln, zu fördern und ten werden kompetent beraten. Foto: Ernst Krenek Institut Privatstiftung / Höfinger ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 48 Kultur

Im Rückblick auf die zehnjährige erfolg- 1939-1942 Professor of Music am Vassar reiche Aufbauarbeit (acht Jahre davon als Biographie College in Poughkeepsie, N.Y. (auszugsweise) 1942-1947 Professor of Music, Head of Generalsekretärin und zeitweise einzige Angestellte des Krenek-Instituts) resümiert 1900 geboren am 23. August in Wien the Department of Music und Dean Petra Preinfalk: „Gut in Erinnerung ist mir 1906 erster Musikunterricht und erste of the School of Fine Arts an der Kompositionsversuche Hamline University, St. Paul, noch die buchstäbliche ,Ausgrabung‘ von 1916 Beginn des Studiums an der Wiener Minnesota Krenek-Autographen aus Umzugskartons in Musikakademie 1945 Zuerkennung der amerikanischen der Garage eines früheren Krenek-Verlages 1918 Militärdienst Staatsbürgerschaft in Deutschland“, kommentiert Petra Prein- 1919 Philosophiestudium an der Wiener 1947-1966 ständiger Wohnsitz in Los falk eines ihrer Erlebnisse aus der bewegten Universität (zwei Semester) Angeles Geschichte des Instituts. Das zeigt, wie 1920-1923 Staatliche Musikhochschule in 1948 deutsche Erstveröffentlichung der durchaus diffizil die Arbeit, die kontinuier- Berlin Autobiografie Selbstdarstellung lich im Hintergrund geleistet und kaum öf- 1921 erste Kompositionen in freier 1950 heiratet die Komponistin Gladys fentlich mit der Person verbunden wurde, Nordenstrom; Wiederaufnahme von Atonalität gestaltet ist. 1923-1925 Aufenthalt in der Schweiz, Konzert- und Vortragsreisen in Eu- Begegnung mit Rainer Maria Rilke ropa; Dozent bei den Darmstädter und Werner Reinhart Ferienkursen 1924 erste Begegnung mit Theodor W. 1956 serielle Kompositionen; Beschäfti- Adorno; Reise nach Frankreich; gung mit elektronischer Musik und Auseinandersetzung mit der Musik mittelalterlichem Kontrapunkt Igor Strawinskys und Les Six; 1957 Gastprofessur an der Princeton kompositorische Annäherung an University den Neoklassizismus; heiratet Anna 1966 Umzug nach Palm Springs, Mahler California 1925-1927 Assistent von Paul Bekker an 1967 Gastprofessur am Peabody Institute der Staatsoper Kassel; literarische in Baltimore, Maryland und an der Auseinandersetzung mit der Gat- University of Hawaii tung Oper; Beschäftigung mit der 1968 Europareise mit intensiver Dirigier- Musik Schuberts; „romantische“ und Lehrtätigkeit Kompositionsphase 1975 75. Geburtstagsfeier am College of 1927 folgt Paul Bekker als Assistent an the Desert in Palm Desert, die Staatsoper Wiesbaden; Urauf- California führung von „Jonny spielt auf“ in 1978 Gründung des Ernst-Krenek- Leipzig; internat. Anerkennung Archivs an der University of California San Diego

1928 heiratet die Schauspielerin Berta Foto: Ernst Krenek Institut Privatstiftung / Georg Spitzer 1980 Gründung des Ernst-Krenek- Haas (Hermann); Rückkehr nach Generalsekretärin Wien; Bekanntschaft mit Karl Archivs in der Wiener Stadt- und Petra Preinfalk Kraus Landesbibliothek 1929 Nordafrikareise; Intensivierung der 1982 Ausstellung der Wiener Stadt- und lebenslangen literarischen Tätig- Landesbibliothek "Dank an Ernst „Die Herausforderung, vor der wir wei- keit; Auseinandersetzung mit musi- Krenek"; Beginn jährlicher terhin stehen, ist, die in akribischer Klein- kästhetischen Fragen und der Sommeraufenthalte im Mödlinger arbeit gesammelten, nun in beachtlicher An- Zwölftontechnik Arnold-Schönberg-Haus zahl und Qualität vorliegenden Artefakte aus 1984 Erstaufführung von Karl V. an der 1932-1933 mit Alban Berg, Rudolph Plo- Kreneks ,one-man-history of 20th-century- derer und Willi Reich Gründung Wiener Staatsoper music‘ entsprechend für die Zukunft zu ar- der Musikzeitschrift „Dreiund- 1986 Erster Kompositions-Wettbewerb zwanzig; tätig in der IGNM; erste um den Ernst-Krenek-Preis der chivieren, Künstler, Veranstalter, Medien Kompositionen in Zwölftontechnik Stadt Wien und die wissenschaftliche Öffentlichkeit zu 1933 Kompositionsauftrag der Wiener 1990 Erstes Erscheinen des Newsletters informieren aber sie darüber hinaus zu einer Staatsoper für „Karl V.“; Krenek des Ernst-Krenek-Archivs (USA) verstärkten Auseinandersetzung mit Kreneks kommt auf die schwarze Liste der 1991 gestorben am 22. Dezember in Leben und Werk zu bewegen.“ Nazis gesetzt Palm Springs „Im Ausblick auf solche Erfolge wie den 1934 aus politischen Gründen wird die 1992 Überführung und Beisetzung in großartigen Krenek-Schwerpunkt bei den Aufführung von „Karl V“. vom einem Ehrengrab der Stadt Wien Bregenzer Festspielen 2008, der mir persön- Unterrichtsminister verhindert; 1994 Gründung des Ernst-Krenek- lich ein besonderes Anliegen ist, kann ich Spanienreise Vereins in Palm Springs mit viel Freude auf das in zehn bewegten 1937 erste Amerikareise 1997 Gründung des Ernst-Krenek- Jahren Geleistete und für die Sache Kreneks 1938 zweite Amerikareise; verläßt Vereins in Wien (Auflösung 2004) Erreichte zurückblicken. Das bestätigt und Österreich nach dem Anschluß an 2004 Gründung der Ernst-Krenek- motiviert mich für meine Arbeit in der Zu- das Deutsche Reich; Vorträge und Institut-Privatstiftung in Krems an Konzerte im amerikanischen Exil der Donau kunft,“ so Petra Preinfalk. „ http://www.krenek.com ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 49 Volksmusik 700 Musiker aus sechs Alpenländern »Perlen der Alpen« – eine der bekanntesten Veranstaltungsreihen im Bereich Volkskultur und Tradition, läßt international auf- beziehungsweise zuhorchen.

om 8. bis 16. September 2007 wird der VPongauer Ort Werfenweng erneut zum Zentrum der Brauchtumswelt. „Die Werfen- wenger Weis“, eine der bekanntesten Ver- anstaltungsreihen im Bereich Volkskultur und Tradition, läßt unter dem Motto „Perlen der Alpen“ international auf- beziehungs- weise zuhorchen. Über 700 Akteure aus sechs Alpenländern folgen der Einladung des Pongauer Ortes. Die weit über Österreichs Grenzen hinaus bekannte Veranstaltungsreihe wählt dieses Jahr mit „Perlen der Alpen“ den internatio- nalen Weg. Musiker, Tänzer, Handwerker und bildende Künstler aus Italien, Frank- reich, Schweiz, Deutschland, Slowenien und Österreich werden mit ihren Beiträgen das abwechslungsreiche Programm mit Höhe- punkten füllen. Durch die Veranstaltungs- reihe wird bewiesen, daß Musik und echte Volkskultur Völker im Sinne des Wortes ver- binden kann. „Es ist ein schönes Gefühl, dass unsere Einladung zur Weis so viel Anklang bei den Musik- und Brauchtumsgruppen der Alpen- orte gefunden hat und im Laufe der Woche insgesamt über 700 Mitwirkende zu uns nach Werfenweng kommen“, erzählt Bür- germeister Peter Brandauer. Den Veranstaltern ist es gelungen, ein be- merkenswertes, mehrsprachiges Aufgebot an Künstlern zur Weis in die „Perle“ Werfen- weng zu bringen. So werden beispielsweise Stellvertretend für alle anderen 700 Musikanten: die schon im Jahre 1801 gegrün- die Musikgruppe Walter Zobrist (Alphorn- dete »Musikkapelle Villnöß« aus St. Peter in Südtirol Foto: TV Werfenweng bläser aus Interlaken), die Villnößer Musik- kapelle, der Frauenchor Steinegg, der Carin- erneut für die aktive Mitarbeit bei der Verkostung entscheiden die Geschmacks- thia Chor aus Millstatt, der Drehorgelspieler Veranstaltung gewonnen zu haben“, freut nerven über persönliche Präferenzen. Marcel Calvat aus Villard de Lans, die sich Bürgermeister Peter Brandauer. „Durch das Perlenzelt wird es möglich, Schloßbergmusikanten aus Bad Reichenhall, Kulinarisch wird der Speck, als heimi- wetterunabhängig zu sein. Das heißt, daß die Marktkapelle Berchtesgaden, die Neu- sches Produkt in allen Ländern der Perlen alle Veranstaltungen auch bei nicht so schö- kirchner Weisenbläser, die Familienkapelle der Alpen, zum Höhepunkt der „Werfenwen- nem Wetter durchgeführt werden können. Butzerin aus Arosa und viele weitere Teil- ger Weis“ 2007 werden. Seinen besonderen Für eine Großveranstaltung wie die Werfen- nehmer hochwertiges, unverfälschtes Kultur- Auftritt feiert der Speck beim „Speck-Fest“ wenger Weis geht das mittlerweile auch gut präsentieren. im Perlen-Zelt am Donnerstag, 13. Septem- nicht mehr anders“, sagt Bürgermeister „Sepp Forcher wird als Moderator des ber. Ob Speck aus Südtirol, Lardo aus dem Brandauer. Perlen-Festes am 8. September die Veran- Aostatal, Speck aus Carnia, Bündnerfleisch An den Veranstaltungstagen gibt es auch staltungsreihe stilvoll eröffnen … gehört er aus dem Berner Oberland, Hirsch- und Rin- täglich Neues in Werfenweng zu genießen. doch zu den beliebtesten Fernsehmodera- derschinken aus Berchtesgaden oder Bauern- Das detaillierte Programm finden Sie auf toren Österreichs. Wir sind stolz darauf, ihn speck aus Werfenweng, nach eingehender http://www.werfenweng.org ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 50 Kultur Was es bedeutet, unberührbar zu sein Brigitte Voykowitsch *) über die soziale Situation der Dalits, wie sie (über)leben und sich politisch organisieren. Sie zeichnet ein erschütterndes Bild der sozialen Realität hinter der Märchenkulisse des beliebten Reiselands Indiens.

2. und letzter Teil Alle Fotos: Brigitte Voykowitsch

Bildtext folgt!

ama hat sich von den steten Erniedri- allem aber dank der Kraft und Selbstorgani- K. R. Narayanan, der kurz vor der Millen- Bgungen nicht unterkriegen lassen. Trotz sation der Dalits in den letzten Jahrzehnten niumswende als erster Unberührbarer ins aller Schmähungen hat sie ihren Bildungs- gebildet hat. Amt des indischen Bundespräsidenten auf- weg fortgesetzt, hat heute eine fixe Arbeit als Rein rechtlich gesehen haben die Dalits stieg. Im selben Jahr wurde freilich in Volksschullehrerin und ist daneben Schrift- ja tatsächlich alle Chancen. Ein Dalitkind, Südindien M. Murugesan ermordet, weil er stellerin. Das einstöckige Haus, das sie sich das heute noch in irgendeinem abgelegenen als Dalit es nicht nur gewagt hatte, für die in ihrem Wohnort Uthiramerur in Tamil Na- Dorf die Volksschule besucht, kann Parla- Funktion des Dorfvorstehers zu kandidieren. du hat bauen lassen, zeugt von ihrem be- mentsabgeordneter werden. Unter den der- Er hatte nach seiner Wahl auch darauf be- scheidenen Wohlstand. Bama gehört einer zeitigen Abgeordneten befinden sich tatsäch- standen, sein Amt anzutreten und auszuüben. Dalit-Mittelklasse an, die sich dank staatli- lich nicht wenige Dalits. Ein Dalitmädchen Er hatte den Anspruch gehabt, die Dinge so cher Fördermaßnahmen wie Stipendien und kann es zur Chefministerin (Landeshaupt- zu verändern, dass in seinem Dorf die näch- reservierte Arbeitsplätze im Staatsdienst, vor frau) bringen – wie Frau Mayawati, die mit ste Generation unter anderen Lebensbedin- ihrer Partei bei den Landeswahlen im nörd- gungen heran wächst als seine eigene. Dafür *) Dr. Brigitte Voykowitsch ist außenpolitische lichen Bundesstaat Uttar Pradesh in diesem mußte er mit seinem Leben bezahlen. Redakteurin der Tageszeitung „Der Standard“ Jahr einen eindrucksvollen Sieg feierte. Ein Seit die Dalits sich verstärkt für ihre und Mitarbeiterin der ORF-Auslandsredaktion Dalitkind kann Staatschef werden. So wie Rechte engagieren, steigt die Gewalt gegen ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 51 Kultur

sie stets eine Bettelschale, womit ihre Stel- lung auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie festgeschrieben wurde. Segrega- tion, Unberührbarkeit und ökonomische Unterjochung bestanden – und bestehen – weiter. Für Dalit-AktivistInnen stellt das Jogini- System eine besonders schlimme Form der Ausbeutung von Dalitfrauen dar. In vielen Regionen werden die traditionellen Rituale nicht mehr durchgeführt, Joginis sind einfach schlecht – oder oft gar nicht – bezahlte Prosti- tuierte, die sich als Tagelöhnerinnen in der Landwirtschaft oder am Bau ihr Leben ver- dienen. Eine Ehe zu schließen, ist der Jogini verboten. Ihre Kinder, für die kaum je ein Vater die Verantwortung übernimmt, wach- sen nicht nur in größter Armut auf. Ein Kind, das in der Schule nicht den Namen des Vaters nennen kann, wird doppelt diskrimi- niert. Grace Nirmala, die selbst Dalit ist, hat es sich zu ihrem Lebensziel gemacht, Joginis zum Ausstieg aus dem System zu verhelfen und die Weihe neuer Joginis zu verhindern. Es ist eine schwierige Aufgabe. Zum einen verteidigen auch viele Joginis selbst das System, teils unter dem Druck der höheren Kasten, teils im Glauben an die alten Tra- ditionen. Zum anderen ist es unmöglich, stets darüber auf dem laufenden zu sein, was in den häufig sehr entlegenen Dörfern vor sich geht. Sobald Grace Nirmalas Organisa- tion Aashray von einer neuen Weihung er- fährt, reist Grace Nirmala selbst oder eine ihrer Mitarbeiterinnen in das Dorf, um die neue Jogini wieder zu befreien. Aashray, wo vor allem ehemalige Joginis arbeiten, wird von der Landesregierung von Andhra Pradesh wie auch von internationa- Bildtext folgt! len Gebern unterstützt. Mit der Befreiung sie. Dalitfrauen werden vergewaltigt, Dalits milien- und Dorffesten galt als Glück brin- der Joginis ist es ja nicht getan: Die Frauen werden ermordet, ihre Häuser werden in gend, sie war erforderlich, um eine gute Ernte müssen betreut werden und benötigen neue Brand gesteckt. zu sichern und die Fruchtbarkeit von Mensch Lebensperspektiven für sich und ihre Kin- Im südindischen Bundesstaat Andhra und Tier ebenso wie das Wohl der gesamten der. Denn solange die Frauen in Armut und Pradesh leben bis heute rund 40.000 Joginis Gemeinde zu gewährleisten. Die Shakti, die völliger Abhängigkeit von den oberen Ka- (Tempeldienerinnen), und in entlegenen Dör- weibliche Kraft der „Tempeldienerinnen“ sten im Dorf leben, ist die Gefahr groß, dass fern werden weiter neue Joginis geweiht, wurde auch in der sexuellen Vereinigung mit ihre Töchter wiederum zu Joginis geweiht obwohl das Jogini-System seit 1988 gesetz- Priestern und Angehörigen der oberen Ka- werden. Besonders wichtig wäre es daher, lich verboten ist. sten nutzbar gemacht. So läßt sich der Glau- den Kindern – und zumal den Mädchen – Die Joginis, die in manchen Regionen be nachweisen, daß ein Mann aus einer hohen eine gute Bildung zu ermöglichen und damit auch als Jogatis, Basavis oder Matangis be- Hindukaste durch die Begegnung mit einer eine bessere Zukunft zu sichern, sagt Grace zeichnet werden, erfüllten einst wichtige Jogini mit göttlicher Energie aufgeladen Nirmala. Ein erster Schritt ist – unter ande- rituelle Rollen, die einen integralen Bestand- würde. Außerhalb ihrer rituellen Aufgaben rem mit Unterstützung aus Österreich – be- teil der religiösen Gebräuche in den Fami- wurden die Joginis, die mehrheitlich Unbe- reits getan. Seit Juni 2007, dem Monat, in lien, im Dorf und im Tempel bildeten. Als rührbare waren, allerdings auf die dem dem in Indien das Schuljahr beginnt, besu- Ritualexpertinnen waren sie traditionsgemäß Kastensystem entsprechende Distanz gehal- chen 20 Töchter von (Ex-)Joginis aus beson- unentbehrlich, um die Göttin wohlgesonnen ten. So gehörte es zu ihren „Rechten“, um ders armen Dörfern in Andhra Pradesh eine zu stimmen. Ihre Gegenwart bei vielen Fa- Nahrung zu betteln. Bei ihrer Weihe erhielt Volksschule in Hyderabad. Acht Monate ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 52 Kultur lang wurden sie von einer Privatlehrerin dar- auf vorbereitet. Unterkunft finden sie in einem für sie angemieteten Haus, wo sie pro- fessionell betreut werden. Das Heim ist ein kleiner Anfang. In den Dörfern warten hun- derte andere Mädchen auf die gleiche Chan- ce. Je nach Verfügbarkeit der Mittel wird Grace Nirmala weitere Mädchen nach Hy- derabad holen. Denn so wie die Autorin Bama und deren Eltern ist auch Grace Nirmala fest davon überzeugt, daß Bildung für die Emanzipation der Dalits von größter Wichtigkeit ist . Insgesamt ist der Weg bis zur tatsäch- lichen Gleichstellung der Dalits noch lang. Täglich gibt es neue Meldungen über Dis- kriminierung und Gewalt gegen Dalits. Am 15. August dieses Jahres begeht Indien den 60. Jahrestag seiner Unabhängigkeit. Doch das Land ist weit davon entfernt, die Unbe- rührbarkeit beseitigt zu haben, die der große Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi unter anderem als Fluch, Krebs und Geschwür be- Bildtext folgt! zeichnet hatte. Bis heute stellen sich unzäh- lige Dalits Fragen, wie sie Bama in ihrer Autobiografie Karukku aufwirft: „Die Leute verdrehen ihre Gesichter und sehen uns mit Abscheu an, sobald sie unsere Kastenzugehö- rigkeit erfahren. Es ist unmöglich, die Qual zu beschreiben, die uns solche Blicke verur- sachen. Aber neben der Qual empfinden wir auch eine große Wut. […] Wieso halten uns Leute für so abscheulich, daß sie in einem Verkehrsmittel nicht einmal neben uns sitzen wollen? Sie sehen uns mit dem gleichen Blick an, mit dem sie einen Menschen anbli- cken würden, der an einer Ekel erregenden Krankheit leidet. Wo immer wir hingehen, erleiden wir Schläge. Und Schmerz. Wird es nie Erleichterung geben? […] Sind Dalits keine Menschen? […] Was fehlt uns denn? Sie behandeln uns, wie es ihnen paßt, als ob wir Sklaven wären, die keine Menschen- würde besitzen.“ Wenn Sie die Initiative … bei der Finan- zierung von Schülerinnenheim und Schul- besuch von Dalitmädchen unterstützen woll- len, ist Ihre Spende herzlich willkommen: PSK-Konto Nr. 82.268.585, BLZ 60.000

Das Buch Brigitte Voykowitsch Dalits – Die Unberührbaren in Indien 224 Seiten, Ganzleinen mit Schutzumschlag, fadengeftet, 24 Farb-Abb., 236 x 146 mm, € 26,80 / CHF 47,20 ISBN-13: 978 3 85450 143 5 Verlag Der Apfel, Wien 2006 http://www.verlagderapfel.at Bildtext folgt! ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 53 (Österreichischer) Film Musikfilm-Festival auf dem Wiener Rathausplatz Von Malgorzata Glac.

er Wiener Rathausplatz ist heuer bereits Dzum 17. Mal Treffpunkt für Musik- freunde aus aller Welt. Laut Wiens Bür- germeister Michael Häupl macht das Musik- film-Festival „in einzigartiger Atmosphäre die kulturelle Vielfalt und Offenheit unserer Stadt erlebbar“. Noch bis 2. September 2007 finden täg- lich bei Einbruch der Dämmerung Projek- tionen von Aufnahmen der berühmtesten Opernstücke, Operetten, Konzerte und Tanz- vorführungen der letzen Jahre statt. Bei gutem Wetter kann man unter dem Wiener Sternenhimmel direkt vor dem großen Bildschirm Platz nehmen oder aber bei einem Spaziergang durch den romantischen Rat- hauspark die Musik auf sich wirken lassen.

Oper Die zahlreichen Opernfans erwartet(e) unter anderen noch die Inszenierung Daniel Barenboims von „Carmen“ (Georges Bizet) mit Marina Domashenko und Rolando Villa- zón, in Begleitung der Staatskapelle Berlin; zwei Stücke von Giacomo Puccini – das gigantische Projekt Daniel Orens zu „Tosca“ und Giancarlo de Monacos filmische Insze- nierung von „La Bohème“, aufgenommen im Teatro real in Madrid; zwei weitere von Giu- seppe Verdi – die bei den Bregenzer Fest- spielen aufgeführte unkonventionelle Inter- pretation Robert Carsens von „Il Trovatore“ mit Iano Tamar und Carl Tanner, begleitet von den Wiener Symphonikern, und aus dem Opernhaus Zürich „Rigoletto“ mit Leo Nucci in der Titelrolle. Darüber hinaus die aktuelle Inszenierung der Wiener Staatsoper von „Manon“ (Jules Massenet) mit Anna Netreb- Alle Fotos: Malgorzata Glac ko und Roberto Alagna; und zum Abschluß, Offenbach), eine Zeit- und Gesellschafts- Staatsorchester unter der Leitung Carlos Klei- bereits im September, Claus Guths Inszenie- karikatur des zweiten Kaiserreichs in Frank- bers hören, mit einem Repertoire von Lud- rung von „Le Nozze di Figaro“ (W.A. Mo- reich anhand antiken Stoffes, und „Die Csár- wig van Beethoven, W.A. Mozart, und Jo- zart), einem Opernstück, mit dem das „Haus dásfürstin“ (Emmerich Kálmán), inszeniert hannes Brahms; Carl Orffs berühmtes für Mozart“ in Salzburg eröffnet wurde, mit auf der Seebühne in Mörbisch, mit Harald Musikstück „Carmina Burana“, das unter der Anna Netrebko und Ildebrando d`Arcangelo. Serafin und Mirjana Irosch. Leitung von Jean-Philippe Sarcos an verschiedenen Pariser Plätzen gefilmt wurde; Operette Konzerte wir hören auch J. S. Bach, gespielt von dem berühmten Pianisten Glenn Gould und An- Unter den Operetten werden noch zwei zu Dank der reichen Auswahl an Konzert- tonin Dvorák interpretiert von dem Cellisten sehen sein – „Die schöne Helena“ (Jacques mitschnitten werden wir das Bayerische Mstislav Rostropowitsch unter der Leitung ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 54 (Österreichischer) Film von Carlo Maria Giulini. Die Waldbühne in Berlin verwandelte sich letztes Jahr zum Schauplatz von „Tausendundeine Nacht“; in diesem schönen Amphitheater geben die Ber- liner Philharmoniker alljährlich Sommer- konzerte.

Tanz Auf Ballett- und Tanzfreunde warten noch Aufnahmen von „Cinderella“ (Sergei Pro- kofjev), mit musikalischer Begleitung des Philharmonischen Orchesters von Monte Carlo; „Cosi fan tutte“ (W. A. Mozart), auf- genommen beim Festival d`Aix en Proven- ce, und drei Darstellungen des innovatori- schen Nederlands Dans Theater mit der Cho- reografie von Jirí Kylián – „Bella Figura“, „Sleepless“ und „Birth-Day“.

Jazz am Sonntag Zusätzlich zu dem allabendlichen Pro- gramm gibt es jeden Sonntag den Jazzfrüh- schoppen bei dem man viele Jungtalente der Wiener Jazzszene live erleben kann.

Treffpunkt Rathausplatz Der Rathausplatz ist in den Sommer- monaten lange nicht mehr einzig und allein Spielort des Musikfilm-Festivals. Begleitet von einer Reihe kulinarischer Angebote aus verschiedenen Ländern, hat er sich zu einem modernen Treffpunkt und Wiener Fixpunkt

Die neue Leinwand vor dem Wiener Rathaus gehört qualitativ und flächenmäßig zu den ganz großen Spielflächen in Europa

für Wien-Besucher jeden Alters entwickelt. was eine Verdopplung zu den Vorjahren So kann man einen schönen Festival-Abend bedeutet. Somit gehört sie qualitativ und flä- bei einer Speise aus der heimischen oder chenmäßig zu den ganz großen Spielflächen ausländischen Küche und einem Glas guten in Europa. Weines ausklingen lassen. Durch die Form des Platzes haben sich ringförmige Tribünenelemente ergeben, die Neue Technik gleichzeitig die Gesamtwirkung verstärken und als Abgrenzung zum Gastrobereich und Eine neue Leinwand stellt gemeinsam mit Park dienen. Die bewußte Öffnung der Achse den Projektoren und der neuen Tonanlage Burgtheater/Rathaus durchschneidet die bei- das Herzstück der neuen Technik dar. Die den Tribünen und schafft eine Torsituation. neue Anlage ist auf HD-fähige Vorführungen Notwendig wurde daher eine Reduktion der im Bildformat 16:9 mit einer Lichtleistung Technikbereiche auf den minimalistischen von 60.000 Centerlumen (2 Stk. Christie Projektorturm und die Anordnung der VIP Roadie Projektoren HD + 30 K) und einer Terrasse als keilförmiges Kreissegment. „ 5.1 Tonanlage ausgelegt und bespielt nun- Programminformationen finden Sie unter mehr eine Projektionsfläche von 20 x 11,5 m, http://www.wien-event.at/ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 55 ÖJ-Reisetip Urlaub wie ich will! Allein sein zu müssen, ist schwer – allein sein zu können, ist schön.

Von Rabindranâth Tagore.

m Juni 2006 fiel der Startschuß für den IBau des AVIVA**** Single Resort & Spa im oberösterreichischen St. Stefan am Walde. Der alte Kraftplatz mit seinem besonderen Flair und der atemberaubenden Aussicht ist der ideale Ort für das ehrgeizige und europa- weit einzigartige 15 Mio. Euro-Hotelprojekt. Offiziell wird das AVIVA am 1. September 2007 eröffnet, Interessierte können das mo- derne Haus aber bereits ab 15. August zum halben Preis testen.

Alleinreisende auf dem Vormarsch Basis für das von Werner Pürmayer und der Firmengruppe GastroDesign entwickelte Hotelkonzept war eine umfangreiche Markt- forschungsstudie, die in Zusammenarbeit mit der Österreich Werbung im Sommer 2004 Das AVIVA Vier-Sterne-Hotel mit 100 stilvollen und mit modernster Technik aus- gestatteten Wohlfühlzimmern und Suiten eröffnet am 1. September 2007 und Winter 2004/2005 durchgeführt wurde und die im Bereich der Single-Reisenden Das AVIVA Single Resort & Spa schafft enormes Potenzial erkennen läßt: So ist laut 50 neue Arbeitsplätze. Ein Mitarbeiterhaus T-Mona-Studie der durchschnittliche Single- sowie neue Ansätze in der Aus- und Weiter- Urlauber 43 Jahre alt, wobei das Geschlech- bildung machen das AVIVAzudem zu einem terverhältnis relativ ausgewogen ist. Was die besonders attraktiven Arbeitgeber. Bildung betrifft, so sind Single-Reisende for- Die 100 stilvollen und mit modernster mal etwas gebildeter und liegen beim Ein- Technik ausgestatteten Wohlfühlzimmer und kommen deutlich über jenem der Österreich- Suiten sowie ein Vital-, Relax- und Spa- Urlauber gesamt. Als Urlaubsmotiv gaben bereich garantieren zudem Komfort auf 37 Prozent der Sommer-Single-Urlauber „Er- höchstem Niveau. Eine neue Dimension der holung“ an, ebenfalls populär sind Wander-/ Kommunikation wiederum findet man in Bergsteig- (35 Prozent) sowie Badeurlaube Restaurant, Bar, Lounge, Weinkeller und dem mit 21 Prozent. Seine Urlaubsinformationen Veranstaltungs- und Gästebereich des Hotels. bezieht der Single-Reisende verstärkt aus Auch kulinarische Köstlichkeiten verwöh- dem Internet, was eine informative Home- nen im AVIVA die Sinne: Vom reichhaltigen page mit online buchbaren Angeboten – Frühstücksbuffet bis zum exquisiten 5-Gang- jeder fünfte Singleurlauber bucht über das Menü reicht der Genuß. Der AVIVA Genuß- Internet. club weiß mit Schmankerln aus dem Genuß- Alleinreisende und Singles sollen künftig land Oberösterreich zu verwöhnen. im vom Architekturbüro ARKADE und Gastro-Design umgesetzten Vier-Sterne- Eröffnungsangebot Hotel einen Urlaub nach Maß genießen. Ideal, um das brandneue AVIVA**** Single

Egal, ob man sich eine Auszeit nehmen, Fotos: AVIVA Resort & Spa kennenzulernen, ist das AVIVA neue Menschen kennen lernen oder sich mit Exklusiv-Angebot: zwei Tage/eine Übernach- Freunden ein paar schöne Tage machen tung im Panorama-Wohlfühlzimmer, Früh- möchte, das Resort & Spa bietet eine Viel- stücksbuffet, 5-gängiges Abenddinner, Ent- zahl an Möglichkeiten. So werden sportliche spannen in der einzigartigen Wellness-, Relax- Aktivitäten ebenso angeboten wie Kommu- und Vitalwelt und vieles andere mehr gibt es nikationsinseln oder exklusive Rückzugs- bereits ab 120 Euro. „ möglichkeiten. http://www.singleresort.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 56 ÖJ-Reisetip Das weite Land für Genießer Niederösterreich ist reich an regionaltypischen Spezialitäten – elf Regionen und ihre Spezialitäten wurden von Lebensministerium und Agrarmarkt Austria zu »Genuß-Regionen« erklärt. Alle Fotos: Niederösterreich-Werbung

n Niederösterreich, dem Land für Ge- Genuss-Regionen und die dazu gehörigen wächst, trifft auf eine Vielzahl von Wirten Inießer, wächst auf Feldern, Weiden und in Produkte ausgezeichnet – so viel wie in kei- und Köchen, die das Angebot zu schätzen Gewässern eine unvergleichliche Vielfalt an nem anderen Bundesland. Neben dem Wald- und in schmackhafter Form auf den Teller zu regionalen Spezialitäten heran, die nicht nur viertler Karpfen, dem Mostviertler Birnen- bringen wissen. Speziell die Niederösterrei- für höchste Gaumenfreuden sorgen, sondern most, dem Waldviertler Mohn und dem chische Wirtshauskultur – eine Vereinigung auch Grundlage für zahlreiche traditionelle Marchfelder Spargel, die schon 2005 zu von über 260 Wirten – bemüht sich seit mehr Feste sind. „Genuß-Regionen“ erklärt worden sind, als zehn Jahren erfolgreich, bodenständige Kein österreichisches Bundesland verfügt wurden dieses Jahr gleich sieben regionale Gerichte aus regionalen Spezialitäten zu über eine so landschaftliche Vielfalt wie Spezialitäten in den Genuß-Katalog aufge- einem optimalen Preis-/Leistungsverhältnis Niederösterreich. Und weil jede Landschaft nommen: der „Mostviertler Schofkas“, der zu servieren. Das Streben nach saisonge- ihre eigene Landwirtschaft hervorbringt, ist Kürbis aus dem Retzer Land, das Jungrind rechter Regionalität fällt den Wirten in Niederösterreich auch das Bundesland mit vom Schneebergland, die Wachauer Marille, Niederösterreich leicht, können sie doch der größten Vielfalt an landwirtschaftlichen die Waldviertler Erdäpfel und ihr Wein- neben den Spezialitäten der elf Genuss-Re- Produkten und Spezialitäten. Niederöster- viertler Pedant sowie das Weinviertler Ge- gionen auf viele weitere niederösterreichi- reich macht seinem Namen als „Land für treide. sche Qualitätsprodukte wie etwa den Alpen- Genießer“ alle Ehre: „Genuß Region Öster- lachs, das Weinviertler Strohschwein oder reich“, eine Initiative von Lebensministe- Vom Landwirt zum Wirt die Waldviertler Weidegänse zurückgreifen. rium und Agrarmarkt Austria (AMA), die Außerdem fördert die Niederösterreichische regionaltypische Lebensmittel und Speziali- Die Vielfalt, die auf den Feldern, Weiden Wirtshauskultur auch den Anbau von alten täten stärken soll, hat in Niederösterreich elf und in den Gewässern Niederösterreichs Obst -und Gemüsesorten wie der Quitte oder ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 57 ÖJ-Reisetip der Heumrübe und neuen Genüssen wie der Artischocke aus dem Marchfeld.

Zur Feier des Genusses Landestourismusmanager Klaus Merkl weist auf einen angenehmen Nebeneffekt hin, den die landwirtschaftliche Vielfalt auf den Tourismus hat: „Genußreisende profitie- ren von dem kulinarischen Reichtum nicht nur in Wirtshäusern und Restaurants, son- dern auch bei den vielen Festen, die zu Ehren der in Niederösterreich heimischen Produkte gegeben werden.“ Speziell zur Erntezeit steht eine Fülle von kulinarischen Festen an.

Speisekammer Österreichs Daß Niederösterreich das „Land für Ge- nießer“ ist, dokumentieren nicht nur die zahl- reichen Spezialitäten, die regionalbewussten Wirten und die große Anzahl von kulinari- schen Festen, sondern auch die Statistik:  In Niederösterreich sind demnach die meisten Biobauern Österreichs zuhause, nämlich 4222 und damit 20 Prozent aller Biobauern Österreichs.  Niederösterreich besitzt mit 600 Bio- Direktvermarktern ein Drittel aller österr- reichischen Bioläden. Innerhalb von 20 Minuten ist in den meisten Bezirken Nie- derösterreichs ein Bio-(Hof)laden erreich- bar.  85 Prozent der heimischen Erdäpfel kom- men aus Niederösterreich. Auf rund 18.000 Hektar werden hier etwa 580.000 Tonnen der beliebten Knolle erzeugt.  Niederösterreich ist die Kornkammer Österreichs: Jährlich werden hier ca. 2 Mil- lionen Tonnen Getreide – und damit fast 50 Prozent der heimischen Produktion – geerntet. Oben: saftiges »Blunzngröstl«, links: Apfel-Nuß-Schmarren aus Niederösterreich

 Niederösterreich ist das mit Abstand süßeste Bundesland: Drei Viertel aller heimischen Zuckerrüben werden hier ge- erntet.

Niederösterreich, das Land für Genießer, ist natürlich auch im Internet vertreten: Auf http://www.landfuergeniesser.at finden Gour- mets nicht nur die Top-Wirte und die besten Restaurants in Niederösterreich, sondern auch Informationen zu den schönsten kulina- rischen Festen, Adressen von Delikatessen- Herstellern und Ab-Hof-Verkäufern, zahlrei- che Rezepte sowie eine Fülle von Ideen für Genussreisen ins weite Land um Wien. „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 58 ÖJ-Reisetip Wo die Liebe wohnt … Urlaub zwischen Himmel, Hölle und Paradies.

Von Rabindranâth Tagore.

er Garten Eden, Himmel und Hölle ver- Deinen sich zu einem Schlaraffenland für Liebende im Partnerhotel des AVIVA, dem ****s Romantik Resort Bergergut im Nor- den Oberösterreichs. Für liebeshungrige Ro- mantiker ist die Anlage in Afiesel der siebte Himmel. Verführerische Erlebnis-Suiten wie die Luxus-Suite „Romeo und Julia“, die „Moonlight“- oder die „Rosensuite“ warten auf zweisame Herzen. Das 180 Quadratme- ter große Penthouse „Traumwelt“ läßt keine irdischen Wünsche offen und entführt ins Reich der Sinnlichkeit. Für die etwas ver- ruchteren Gäste gibt es dunkle Teufelshöhlen, während die „Engerl“ in den „Himmels“- und „Paradiessuiten“ ihren Urlaub genießen. Zwischen Himmel und Hölle pendelt auch das kulinarische Angebot. Von der Himmels- stube über den „Garten Eden“ bis zur Teufels- Stube, der Gaumen von Engerl und Bengerl wird mit Köstlichkeiten verwöhnt. Dazu gibt es edle Tröpfchen aus dem Romantik-Wein- keller.

Eintauchen in die Oase der Sinnlichkeit Zum Eintauchen verführt auch der Indoor-Wellnessbereich des außergewöhn- lichen Hotels. Verführerisch und vor allem absolut entspannend präsentiert sich dabei Für die etwas verruchteren Gäste gibt es dunkle Teufelshöhlen die Beauty- und Massagewelt mit der „Oase der Sinnlichkeit“. Für Outdoor-Aktivitäten steht der Lauf- und Fitnesswanderweg rund um das Resort zur Verfügung. Walkingtou- ren, Fitnesstraining für Körper, Geist und Seele oder eine Vitalmassage wecken roman- tische Gefühle. Das Training auf den hausei- genen Tennisplätzen und dem Putting-Green treiben den Puls der Bewohner des „Mühl- viertler Himmels“ zusätzlich in die Höhe. Zum Eintauchen in die Welt der Liebe bietet das Bergergut das spezielle „Roman- tik-Wellness-Erlebnispaket“ an. Von Sonn- tag bis Freitag zum Beispiel in der Teufels- Höhle „scharfe“ Stunden verbringen und für nur vier Tage bezahlen. Auch Liebescocktail und exquisites Romantik-Dinner sind natür- lich im Preis von 440 Euro pro Person inbe- griffen. „ http://www.romantik.at Das 180 m² große Penthouse »Traumwelt« läßt keine irdischen Wünsche offen ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 59 ÖJ-Reisetip Hitliste der Wiener Sehenswürdigkeiten 2006 Schloß Schönbrunn / Foto: Österreich Journal

uch 2006 stand das Schloß Schönbrunn Seit 2005 bietet der WienTourismus aus- 10. Naturhistorisches Museum / 368.801 Aan der Spitze der Wiener Sehenswür- gewählten Sehenswürdigkeiten bzw. Events 11. Leopold Museum / digkeiten: 2,5 Millionen Besucherinnen und in der Umgebung Wiens die Möglichkeit, MuseumsQuartier / 301.000 Besucher ließen sich diese Attraktion nicht gegen Gebühr in sein Marketing integriert zu 12. Schatzkammer / Hofburg / 283.585 entgehen. Den zweiten Platz nahm der Tier- werden. Die ersten drei Partner, die von dem 13. Technisches Museum / 282.104 garten Schönbrunn ein, der 2,270.996 Tier- Angebot Gebrauch machten, waren das 14. Haus des Meeres / 247.012 freunde und -freundinnen anzog, den dritten Festschloß Hof, der Archäologische Park 15. Kaisergruft / 246.600 die Albertina, deren Ausstellungen 725.759 Carnuntum und das Stift Klosterneuburg. 16. BA-CA-Kunstforum / 230.508 Kunstbetrachter/inne/n besichtigten. Das Schloß mit seiner barocken Erlebniswelt 17. Spanische Hofreitschule / 218.000 Zu den weiteren Top-Hits des Vorjahres weist 2006 insgesamt 184.000 BesucherIn- 18. MUMOK - Museum Moderner Kunst / gehörten auf Platz vier das Riesenrad mit nen aus, 130.000 verschafften sich in Car- MuseumsQuartier / 206.000 656.000 Fahrgästen, auf Platz fünf das impe- nuntum Einblick in das Leben einer Metro- 19. Mozarthaus / 203.098 riale Dreiergespann Kaiserappartements, pole im antiken Rom und 108.000 besichtig- 20. Haus der Musik / 200.743 Sisi Museum und Silberkammer in der Hof- ten das Chorherrenstift vor den Toren Wiens. 21. MAK - Museum für burg, für das 634.000 Kombitickets verkauft Angewandte Kunst / 196.127 wurden. Das Kunsthistorische Museum, das Die Hits 2006 22. Stephansdom (nur Turm- und von 618.522 Personen besucht wurde, und Katakombenführungen) / 168.000 Die 30 Meistbesuchten / Besucher das Belvedere, in das es 430.073 zog, liegen 23. Palmenhaus Schönbrunn / 156.146 auf den Plätzen sechs und sieben. Zu den 1. Schloß Schönbrunn / 2.507.000 24. Österreichische Nationalbibliothek „großen 10“ gehören noch der Donauturm, 2. Tiergarten Schönbrunn / 2.270.996 (Prunksaal) / 155.316 von dem aus 408.080 Besucher/innen den 3. Albertina / 725.759 25. Karlskirche (nur Liftfahrten zu Rundblick über Wien genossen, das Kunst- 4. Riesenrad / 656.000 Deckenfresken) / 150.000 HausWien in das 388.571 Kunst-Fans ka- 5. Kaiserappartements + Sisi Museum 26. Kunsthalle Wien / men, und das Naturhistorische Museum, + Silberkammer (Kombiticket) / MuseumsQuartier / 140.504 dessen Exponate von 368.801 „Naturfor- Hofburg / 634.000 27. Secession / 112.560 scherInnen“ bestaunt wurden. Der Stephans- 6. Kunsthistorisches Museum 28. Wien Museum Karlsplatz / 110.911 dom ist in dieser Aufzählung nicht enthalten, (Hauptgebäude) / 618.522 29. Zoom Kindermuseum / denn als Gotteshaus ist er zumeist bei freiem 7. Belvedere / 430.073 MuseumsQuartier / 101.625 Eintritt zugänglich, sodaß seine BesucherIn- 8. Donauturm / 408.080 30. Schmetterlinghaus + Palmenhaus / nen nur geschätzt werden können. 9. KunstHausWien / 388.571 Hofburg / 99.254 „ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 51 / 17. 08. 2007 60 ÖJ-Reisetip Pilgern auf zwei Rädern

eit Jahrhunderten erwandern sich viele SMenschen auf den bekannten steirischen Mariazellerwegen geistige Kraft. Neben den Fußwallfahrern kann man nun wallfahren im sprichwörtlichen Sinn, nämlich mit dem Rad auf dem beschilderten Pilgerradweg „Pilgern auf zwei Rädern“ vom kleinen Wallfahrtsort Klein-Mariazell am Eichkögl in der Ost- steiermark (nahe St. Margarethen a. d. Raab) in den größten Wallfahrtsort Mitteleuropas, Mariazell, das 2007 sein 850-Jahr-Bestehen zelebriert. Auf der (leichteren) 145-km-Variante passiert man folgende Wallfahrtsstätten: Klein Mariazell, Gleisdorf, Graz mit u.a. Ba- silika Mariatrost (nach Mariazell das wich- tigste Marienheiligtum der Steiermark, am 13. jeden Monats Fatimawallfahrt zur Basili- ka) und Kalvarienberg mit Felsaltar, Thal mit der Jakobuskirche von Ernst Fuchs, Wall- fahrtskirche Judendorf-Strassengel (der „stei- rische Stephansdom“ aufgrund der Turm- höhe und des Grundrisses), Pernegg mit der Wallfahrtsstätte Marienkirche, Bruck mit Abstecher nach Frauenberg – Maria Reh- kogel (bedeutende Marienstätte, jeden 13. des Monats Wallfahrt mit Lichterprozes- sion), Kirche in Thörl mit dem Kreuzweg von Hans Fronius, Probstei Alfenz mit dem mystischen Stein als Heilstein und ab Mai 2006 der Ausstellung „Aus Teufels Küche und Gottes Apotheke“, Tutschacher Kreuz und Kalvarienbergkapelle (direkt am Maria- Mariazell ist der größte Wallfahrtsort Mitteleuropas – im Bild die Basilika zellerweg) und dem Ziel Basilika Mariazell. Wer sich den Weg der inneren Einkehr körperlich herausfordernder gestalten möch- te, kann die 165-km-Variante wählen und von Klein-Mariazell über Gleisdorf, Weiz (Wallfahrtskirche Weizberg und Spiritueller Weg Weiz), Passail, Teichalm (Pilgerstätte Schüsserlbrunn mit Heilbrunnen, 1 Stunde Gehzeit), Breitenau/Hochlantsch mit Wall- fahrtskirche St. Erhard mir Erhardibründl für Augenleiden und ab Pernegg weiter der „Leichtvariante“ nach Mariazell fahren. Wallfahrten sind eine allgemein reli- gionsgeschichtliche Erscheinung, die im Glauben an die örtliche Präsenz oder Ge- bundenheit der Gottheit oder eines Heros wurzeln. Im frühen Christentum entwickelte sich die Wallfahrt aus dem Märtyrerkult, indem man die Grabstätte eines Blutzeugen zuerst am Todestag, allmählich aber auch in allerlei Anliegen aufsuchte. „ Fotos: Steiermark Tourismus / Meyer http://www.pilgern.info Die geistlichen Herren geben den einen oder anderen Anstoß – auch den Bikern.