Neuere Entwicklungen Und Perspektiven Der Photovoltaik
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Beuth Hochschule für Technik Berlin LABOR für REGELUNGSTECHNIK und PROZEßSIMULATION University of Applied Sciences Photovoltaik 0. Ziel und Zweck Der kommerzielle Einsatz neuer innovativer Techniken gelingt häufig später als erwartet wurde oder wünschenswert wäre. Dafür sind neben umwelt-, gesellschafts- und wirtschaftspolitischen auch häufig technische Detailprobleme verantwortlich. Dies wird hier am Beispiel der Photovoltaik gezeigt. Die technischen Grenzen der Systeme werden ausgelotet und die daraus folgenden speziellen Einsatzbedingungen untersucht. (Anmerkung: der Photvoltaische Effekt wurde 1839 von Becquerel entdeckt, 1941 wurde die erste Silizium-Solarzelle patentiert). 1. Entwicklungen und Perspektiven der Photovoltaik Der Ausbau erneuerbarer Energiequellen als Ergänzung zu den herkömmlichen Energieformen ist in vollem Gange. Die Photovoltaik (PV) ist eine dieser neuen, öffentlich geförderten Energiewandlungs- techniken. Charakteristischen Merkmale der Photovoltaik sind: Einfachheit der Systeme, geringe Wartungsanforderungen, geringe Unterhaltskosten, Umweltfreundlichkeit und breitgefächerte Anwendungsmöglichkeiten. Bei einer Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren liefert eine PV-Anlage etwa 5 bis10 mal soviel Energie, wie zu ihrer Produktion gebraucht wurde. Es gibt eine Vielzahl von erprobten, zuverlässig arbeitenden Photovoltaik-Systemen für die ver- schiedenen Anwendungen in einem breiten Leistungsspektrum: • Minigeneratoren für Uhren, Taschenrechner, Messgeräte, smart cards, wearable computing (Minicomputer in Bekleidung und Accessoires) im mW-Bereich • Haus-, Geräte-, Campingstrom- und Verkehrssignalversorgungen im W-Bereich • Stromversorgungen für abgelegene Dörfer oder Bewässerungssysteme im kW-Bereich • netzverbundene Solar-Kraftwerke im MW-Bereich. Beispiele: Freianlagen: Auf Gut Erlasee (Franken) wurde 2006 das größte PV-Kraftwerk mit zweiachsig nach- geführten Modulen errichtet (11,4 MWp, 1464 Module, Fläche 85 ha, 14 GWh/Jahr, 70 Mio €). In Köthen steht eine Anlage (45 MWp, 56 ha, 205000 Dünnschicht-Module First Solar) mit 13 GWh/Jahr , in Finow liefert die erste Stufe (24,5 MWp ,22,4 GWh/Jahr, 58 Mio. €, 77ha, 90000 polykristalline Module) ab Mai 2010 Strom . Auf dem Gelände der stillgelegten Grube Göttelborn (Saarland) wurde ein Solarkraftwerk von 8,4 MWp Leistung gebaut (Fläche 16 ha, 50000 Module, 8,4GWh/Jahr, Investition 35 Mio€). Der Bavaria Solarpark hat Ende 2004 an 3 Standorten insgesamt 10,1 MWp (58.000 Module, 25 ha) errichtet, wobei die Module einachsig nachgeführt werden (System Power- tracker). In Brandis (bei Leipzig, Solarpark Waldpolenz) wurden bis 2009 550000 Solarmodule (Fläche 110 ha, Dünnschichttechnologie, First Solar, 130 Mio.€) installiert, die Jahresleistung soll 40 GWh/Jahr betragen. Lieberose (Brandenburg) mit einer 53 MW Anlage auf 162 ha Fläche (150 Mio. €, 700000 Dünnschicht Module, First Solar) und Straßkirchen (Bayern) (54 MWp, 140 ha, Q-Cells, 160 Mio€) hatten die Führung nach Größe inne. In diesen Tagen ans Netz geht der Solarpark Meuro (Oberspreewald-Lausitz, 152 ha, 70 MWp), Ende 2011 soll Finow auf 84,5 MWp (Suntech-Module, Wechselrichter SMA, Gestelle Mounting Systems, 112 Mio€) erweitert sein. Im Wasserwerk Tegel 2 steht die größte Anlage Berlins: 5434 m (Dünnschicht, First Solar), 560 kWp, 537 MWh/Jahr Ertrag. Für Italien ist eine 150 MWp- Anlage geplant, für Australien 190 MWp, die größte Anlage in Spanien hat 60 MWp. Dachanlagen: Die Anlage der Beuth Hochschule (ehemal. Bewag-Projekt SolarInvest) hat 30 kWp, eine 145 kW-Anlage steht auf einer Neubausiedlung in Pankow (GSW, 1360 m2, Phönix Solarinitia- tive), eine 130 kWp Anlage im Moabiter Werder, eine 370 kWp-Anlage (Berliner Energieagentur, 1500 Module, 6900 m2, 309MWh/Jahr) im Wohngebiet Eiserfelder Ring, der neue Haupt-Bahnhof 2 hat eine PV-Fassade mit 189 kWp (1800 m ). 2007 wurde das Projekt „Solarstrompark Berliner Schulen“ gestartet, bei dem auf 24 Dächern öffentlicher Gebäude in 6 Bezirken PV-Anlagen doc Seifert 2011 Seite 1 von 18 Photovoltaik installiert werden sollen. Ende 2008 standen in Berlin 1585 PV-Anlagen mit 9,85 MWp Leistung. Die größten dachintegrierten Anlagen in Deutschland befinden sich in Herne (1 MWp ) und in München (Messe, 2,1 MWp). OBI stellt die Dachflächen seiner Baumärkte für PV-Anlagen der Solarstrom AG zur Verfügung (erster Schritt: 20 Anlagen mit insges. 1MW). Die Photovoltaikfassade (1400 m2 Folie aus nanokristallinen Siliziumzellen) der Duisburger Warmbandspaltanlage der Thyssen Krupp-Stahl bietet eine Nennleistung von 51 kW, Schott Solar in Alzenau erzeugt 11000 kWh/Jahr aus der 2 Fassade, Audi am Servicecenter Ingolstadt aus 400 m Fassade 17 kWp, eine BP-Solar-Anlage auf dem Dach des Münchener Flughafens (2000 m2, 2,65 Mio €) 450 kW , auf dem Dach der Messe Freiburg 440 kW, auf einem ehemaligen Erz- und Kohlebunker in Gelsenkirchen 355 kW. Die Audienzhalle des Vatikans ist mit 2400 Solarmodulen (Solarworld, 220 kWp 300 kWh/Jahr) auf dem Dach ausgestattet. 15% des Energiebedarfs der Berliner Regierungsbauten sollen aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Das Bundespräsidialamt hat eine Anlage (400 m2, 44 kW, Solon AG), auf dem Paul-Löbe- Haus wurde eine 123 kW-Anlage (3239 m², semitransparent, nachführbar, 500 Wh/ kWinst., 4,5 Mio DM) aus amorphem Silizium (Solon AG) errichtet. Das Bundeskanzleramt hat eine 149 kW-Anlage (1270 m2), das Bundeswirtschaftsministerium ein 102 kW Solardach (monokristallin, 1000 m²). Sonstige: Ein Solarschiff (21 m lang, 100 Personen) mit 17 kW verkehrt im Hafen von Sydney, ein Boot (100 Personen) mit 8,2 kW PV-Anlage und Elektroantrieb wird in Hamburg eingesetzt, ein 20 kW-Katamaran (33 m lang, 200 Personen) ist für den Einsatz auf den Juraseen geplant, auf dem Neckar verkehrt ein Solarboot (25 m lang, 110 Personen, 5,78 kWp, 24 V Versorgung, 200V Antrieb). In Berlin steht ein Solarkatamaran (SolarWaterWorld C60, 60 Personen, 5,6 kWp) für Stadtrund- fahrten zur Verfügung. An der BAB 6 (Sausenheim) und in Österreich an der A2 (Gleisdorf) stehen Solar-Lärmschutzwände mit je 100 kW Leistung. Das Schweizer Solarflugzeug „Solar Impulse“ (64 m Spannweite, 12000 Solarzellen) konnte im Juli 2010 einen Nonstop-Flug von mehr als 24 Stunden zurücklegen. Hinweis: das Projekt „Desertec“ will überwiegend Kraftwerke einsetzen, kaum PV. Ende 1996 waren in Deutschland ca. 16 MWp, weltweit ca. 500 MWp installiert, Ende 2001 in Deutschland 190 MWp . Ende 2005 waren es in Deutschland 1910 MWp, Ende 2006 2742 MWp, Ende 2007 3846 MWp. , Ende 2008 5979 MWp, Ende 2009 9785 MWp, Ende 2010 17 GWp. Damit ist Deutschland weltweit an zweiter Stelle (hinter Japan, vor USA). Langfristig (2010) rechnet die deutsche Solarstrombranche mit bis zu 100.000 neuen Arbeitsplätzen, in 2004 haben die deutschen PV-Hersteller erstmals einen Umsatz von über 1 Mrd.€ erzielt und ca. 20.000 Arbeitsplätze bereitgestellt, für 2007 hat allein Q-Cells einen Umsatz von 1,2 Mrd. € gemeldet, für 2009 werden 2Mrd.€ angestrebt. Die auf den Weltmarkt drängenden chinesischen Solarmodul-Hersteller machen den deutschen Firmen zunehmend zu schaffen. In 2011 sind jetzt viele der Firmen in den roten Zahlen. Der Preis für Dünnschichtmodule ist derzeit auf 0,85$/Wp gefallen. Die technische Entwicklung der Solarzelle bzw. des Solarmoduls, die neben Anwendungen in der Sensortechnik vor allem auf die Energieversorgung von Satelliten gerichtet war, hat in den letzten 30 Jahren Fortschritte gemacht. Die Leistung der Module hat sich zwischen 1984 und 1996 nahezu vervierfacht. Heute können Solarzellen mit fast 20 % Wirkungsgrad (Verhältnis von erzeugter elekt- rischer Energie zu eingestrahlter Solarenergie) hergestellt werden. Aufgrund der Abhängigkeit der Systeme vom wechselnden Energieangebot der Sonne ist für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Einsatzort von entscheidender Bedeutung. Bei gleicher Auslegungsleistung eines Systems können sich damit die wirtschaftlichen Randbedingungen wesentlich verändern. Trotz der erreichten Fortschritte im Hinblick auf Kostensenkung und Wirkungsgradsteigerungen von PV-Systemen ist eine preisliche Konkurrenzfähigkeit mit herkömmlichen Energiewandlungssyste- men (Kohle, Öl, Gas, Kernenergie) noch nicht gegeben. Wesentliche Gründe sind einerseits die immer noch hohen Herstellungs- und Anlagenkosten von ca. 3€/Wp in 2007 (1995 noch 30 DM/Wp), der erst jetzt überwundene Engpaß beim Rohstoff Silizium sowie die geringe Energiedichte und die begrenzte Verfügbarkeit der Energiequelle Sonne, andererseits auch die Subventionierung anderer Energiequellen (Kohle, Kernkraft). Auch die sehr niedrigen Betriebskosten der Solaranlagen (keine Brennstoffkosten) können das nicht ganz ausgleichen. Ein wirtschaftlicher Einsatz von PV-Systemen ist daher heute nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich (s. Bild 3): • möglichst großes Energieangebot (Sonnenscheindauer pro Jahr), doc Seifert 2011 Seite 2 von 18 Photovoltaik • eine preiswerte Netzversorgung ist nicht vorhanden bzw. sehr teuer (Kabelverlegung über große Entfernungen), und/oder • andere dezentrale Energieversorgungssysteme (Dieselgeneratoren) haben hohe Betriebskosten, • die Subventionierung anderer Energiequellen entfällt, • auch die Umweltentlastung wird monetär bewertet. Die derzeit stark steigenden Energiekosten konventioneller Systeme werden diese Einschätzungen verändern können, auch wenn die staatliche Förderung für PV z.Z. reduziert wird. Branchenexperten sagen die „Grid parity (Netzparität)“ in Deutschland für 2016 voraus, optimistische Schätzungen schon für 2011/12. Die Reduktion der Investitionskosten von PV-Systemen