Kleist in Alfter „Ab dem 21. Mai 1987, 16:11 Uhr,...“ Wer schon einmal eine biografische Notiz von und über den Kölner „ein geistliches Werk Neuer Musik“ (12. 2004) Komponisten Andreas Wagner (Jahrgang 1962) gelesen hat, wird über folgenden Passus geschmunzelt haben: „Ab dem 21. Mai 1987, 16:11 Uhr, begann die Beschäftigung mit frei improvisierter Musik und Neuer Musik als von Andreas Wagner Saxophonist und Klarinettist in den verschiedensten Formationen.“ Auch das Studium an der Kölner Musikhochschule, bei Johannes Fritsch, nahm Wagner in der Kunststation St. Peter nach jenem Stichtag auf, und die ersten ins Werkverzeichnis aufgenommenen Leonhard -Tietz-Str. 6, 50676 KÖLN Kompositionen stammen von 1988. 22. April 2005, 19:30 Uhr Hinter dieser strikten Terminierung verbirgt sich indes kein Schlüsselerlebnis, sondern gleichermaßen Sinn für Humor, ja, die Lust, Verwirrung zu stiften, und Eintritt 5,- Euro der Wille, eine wichtige Entscheidung pointiert zum Ausdruck zu bringen. Seinen künstlerischen Neigungen – Wagner ist auch auf den Feldern Video, Klangskulptur und Bildender Kunst tätig – ging er zwar seit der Kindheit nach, sie mussten sich aber gegen andere Interessensgebiete erst noch durchsetzen. Nun spielen in der Tonkunst geistliche „Inhalte“ und geistig-philosophische Blockflöten: Lucia Mense Fragen eine maßgebliche Rolle; allein schon aufgrund ihrer flüchtigen Existenz (der Moment des Erklingens impliziert zwangsläufig das Verklingen) deutet : David Cordier Musik stets über sich hinaus und gerät – im Spannungsfeld von Vergänglichkeit und Ewigkeit – zur Projektionsfläche existenzieller und spiritueller Belange. Angesichts der Erkenntnis der eigenen Endlichkeit ist der Verweis auf ein Schlagzeug: Norbert Krämer Höheres von jeher Motivationsfaktor für Kunst überhaupt. Im Schaffen von Andreas Wagner, zumal in seinen vielfältigen Aktivitäten als Instrumentalist in Live-Elektronik/Technik: hans w.koch verschiedenen Improvisationsgruppen, haben sich derlei Aspekte bislang freilich nicht aufgedrängt. Spiritualität kam eher latent zum Vorschein, etwa in seiner Live-Elektronik/Technik: Andreas Wagner Komposition „Fraktale 7“, einer assoziativen Annäherung an die Farbe Rot, wo Videoprojektionen von kargen Landschaften die Wahrnehmung in Richtung Einsamkeit, Sehnsucht und Selbstreflexion beeinflussen. Programmtext: Egber Hiller Anders in dem 2002-2004 entstandenen „Kleist in Alfter“ für Blockflöten mit Live-Elektronik, Countertenor, Schlagzeug und Achtspurtonband, das Wagner Technik und Aufnahme: Ansgar Ballhorn im Untertitel ausdrücklich als „ein geistliches Werk Neuer Musik“ bezeichnet. Dabei handelt es sich nicht um Kirchenmusik im engeren Sinne; wohl aber Texte: Dieter M. Gräf nimmt die groß dimensionierte Komposition (mit einer Spieldauer von über zwei Stunden) eine Sonderstellung in seiner künstlerischen Arbeit ein. Wandte sich Wagner in den letzten Jahren, zumal in seinem „Fraktale“-Zyklus, verstärkt dem Prinzip der offenen Form und grafischer Notation zu, so manifestiert sich in „Kleist in Alfter“ auch die Rückkehr zu tradierter Schreibweise und streng fixierten Vorgaben – wenngleich Erfahrungen aus der Beschäftigung mit offenen Formen eingeflossen sind: Hinsichtlich Artikulation, Geräuschanteil und Ausdifferenzierung des mikrotonalen Spektrums sind den Interpreten subtile zuzuwenden. Freiheiten zugestanden. Auch gibt es zwei „fraktale Lücken“, die für das „Kleist“ und dem Motiv der verlorenen Existenz und des gescheiterten Schlagzeug zwar exakt notiert sind, den anderen Interpreten aber Spielraum Künstlers gegenüber steht „Alfter“ – wobei der Ortsname in „Kleist in Alfter“ gewähren, auf Schlagzeug und Tonband zu reagieren. Dieser Spielraum ist die vorproduzierten Tonspuren des zuerst entstandenen Zuspielbandes allerdings selbst wiederum begrenzt, da in einer zweiten Partitur („Fraktale symbolisiert. Das Material des Achtkanaltonbandes stammt, so Wagner, Lücke 1 & 2“) Anweisungen für mögliche „Reaktionen“ festgehalten werden. ausnahmslos von Aufnahmen, die der Komponist von „der Abschlussklasse der Alanus-Kunsthochschule in Alfter 2002 während ihres kreativen Gestaltens“ Bindung und Freiheit machte – er hat „die Maler und Bildhauer in ihren letzten Tagen vor der Enge – durch das Tonband bestimmte – zeitliche Rasterung steht in „Kleist in Diplomprüfung begleitet und dokumentiert“ und daraus eine abstrakte Alfter“ in produktivem Spannungsverhältnis zu interpretatorischen Klangwelt extrahiert, die als vierstündiges Tonbandstück „während der „Reaktionsräumen“, zu „dehnbaren Zeitfenstern“ oder „Zeitblasen“, die der gesamten Vernissage am 12.10.2002 in der Schnürsenkelfabrik in Wuppertal zu Komponist „mit Ausstülpungen in einem flexiblen Gitter“ vergleicht. Und die hören war.“ daraus resultierenden Krümmungen der Zeitachse können (und sollen) als Indem dieses Tonbandstück nun – in komprimierter Form – zur Grundlage der Zonen lyrischer Anverwandlung verstanden werden: „Wie lange braucht ein Komposition „Kleist in Alfter“ geriet, bildet es zwar die Folie für deren in Blüte stehendes Bambusrohr an einem Teich bis es sich von der Last des wortgestützten semantischen Gehalt, zugleich stellt es aber auch dessen Regens bis ins Wasser neigt“ (Andreas Wagner). (Starre) Bindung und Gegenpol dar. Wagner lässt die von der Textebene repräsentierten (poetische) Freiheit sind dialektisch miteinander verknüpft – eine existenziellen Dimensionen in spitzfindigen Dialog mit der haptisch-kreativen Doppelbödigkeit, die sich in „Kleist in Alfter“ auch noch auf anderen Ebenen (und handwerklichen) Seite des künstlerischen Prozesses treten, ja, es mag die widerspiegelt. Bereits der Titel zeugt davon, denn in dem unscheinbaren reale Erfahrung der Begrenztheit des eigenen Daseins (eine schwere Örtchen Alfter (im Vorgebirge zwischen Köln und Bonn gelegen) ist der Wirbelsäulenverletzung brachte Wagner im Sommer 2002 in Lebensgefahr) Dichter und Dramatiker Heinrich von Kleist (1777-1811) gewiss nie gewesen. gewesen sein, die Wagner motivierte, widerstreitende Ebenen künstlerischer Dennoch dient der Titel nicht nur der Verwirrung, geschweige denn ist er als Identität, die Möglichkeit des eigenen Scheiterns eingeschlossen, in einem bloßer Witz gemeint. Vielmehr verbirgt sich dahinter eine Tiefendimension, die „geistlichen Werk“ zusammenzuführen. sowohl auf den Gehalt als auch auf den Entstehungsprozess des Werks zurückverweist. „Death is swallow’d up in victory“ Neben einem Ausschnitt aus dem Abschiedsbrief Heinrich von Kleists (vom Gleichermaßen in Kongruenz und Gegenspannung zu den vertonten Texten, 10. November 1811) vertonte Wagner auch zwei Texte des Kölner Autors die ein (imaginäres) Zeitfeld vom Mittelalter über die Kleist’sche Sphäre der Dieter M. Gräf, die neben zwei Gedichten aus dem spätmittelalterlichen „Buch Frühromantik und deren Wendung in die Moderne durch den der Johannser“ den literarischen Assoziationsraum bilden und unmittelbar auf zeitgenössischen Lyriker Dieter M. Gräf eröffnen, knüpft Wagner auch in der Kleist bezogen sind. Gräfs zweites Poem „Vogel“ greift dessen gemeinsamen Musik ganz konkret an die Tradition an, und zwar an die Epoche des Freitod mit Henriette Vogel auf, der vordergründig im künstlerischen „Spätbarock“. Er erweist Georg Friedrich Händels Oratorium „Messias“ Scheitern (Kleist blieb zu Lebzeiten weitgehend erfolglos) seine Ursache hatte. insbesondere mit zwei Zitaten Referenz, deren Bedeutung für „Kleist in Alfter“ Im Hintergrund lauert aber das Sehnen nach Erlösung (durch den Liebestod) über den Charakter einer bloßen Reminiszenz weit hinausgeht. Zum einen als charakteristisches (und zeittypisches) Phänomen, in dem ein im seelischen unterstreicht Wagner solcherart die Anbindung an die formale Disposition des Erleben wurzelndes tiefgründiges Leiden an der Welt und mithin das Oratoriums als nichtszenische mehrteilige Musikalisierung einer geistlichen Künstlerbild der (Früh-)Romantik aufscheint. Gepaart sind Leiden an der Handlung, obwohl seinem Werk keine „Handlung“ im engeren Sinne (etwa eine Welt und Todessehnsucht mit einem künstlerischen Sendungsbewusstsein, Episode aus der Bibel) zu Grunde liegt. Zum anderen sind es die ausgewählten das den preußischen Hauptmannssohn bewog, den Dienst in der Armee zu Textausschnitte aus dem „Messias“ selbst, die, indem sie prägnant Geburt und quittieren und sich der Philosophie und Schriftstellerei überhaupt erst Tod umreißen, den geistlichen Kern von „Kleist in Alfter“ bilden – wobei die letzte (dem „Messias“ entlehnte) Zeile „Death is swallow’d up in victory“ den „Unschärfe“ der Gestaltung in „Kleist in Alfter“, dem erklärten Aspekt der Auferstehung, ein zentraler Topos des Christentums, ins Zentrum Nachfolgeprojekt, nur mehr eine untergeordnete Rolle zugedacht. Auch rückt. Nicht zuletzt nehmen die „Messias“-Zitate auch dramaturgisch bleiben die in „Unschärfen vorab“ aufscheinenden existenziellen Dimensionen Schlüsselpositionen ein: Das „1. Rezitativ“ stellt als elfter von 21 – jeweils mit in „Kleist in Alfter“ auf das akustische Spektrum begrenzt, wodurch im einer Überschrift versehenen – Abschnitten, eingebunden in ein Triptychon Gegenzug, im Zeichen erhöhten Abstraktionsgrads, die durch konkrete aus einleitender „Rezitativvorbereitung“ und folgendem „großen Atmen“, den Visualisierung bedingte Lenkung (und mithin Begrenzung) der Wahrnehmung Mittelpunkt dar, und das „2. Rezitativ“ markiert (mit besagter Zeile „Death is ihrerseits aufgehoben wird. Indes, eine vollkommene Ausblendung des visuellen swallow’d...“) den eigentlichen Höhepunkt, dem sich das „letzte Atmen“ quasi Elements ist gar nicht möglich und auch nicht beabsichtigt – was allein schon als Epilog anschließt. in der Wahl des Uraufführungsortes zum Ausdruck kommt. Nicht nur, dass die Indes, der Symmetrie auf großformaler Ebene wird nicht durch symmetrische Kirche St. Peter in ihrer Doppelidentität als „Sakralraum“ und „Kunststation“ Organisation des Tonsatzes entsprochen. Im Hinblick auf die vom Tonband für ein „geistliches Werk“ der Tonkunst von vorneherein prädestiniert ist, auch bestimmten strengen Vorgaben wäre Wagner bei einer solchen lässt sie in ihrer strengen Erhabenheit, gepaart mit grandioser Schlichtheit, Vorgehensweise auch Gefahr gelaufen, sich in hypertropher Konstruktivität optische Phänomene unaufdringlich einfließen, ohne der freien Entfaltung des zu verlieren. Statt sich auf serielle Strukturen zu stützen, setzte er bei der „geistigen Auges“ im Wege zu stehen. Die solcherart durch die räumlichen Ausprägung des Tonsatzes zumal auf subjektives Empfinden und Begebenheiten bedingte auratische Umhüllung spiegelt sich in „Kleist in Alfter“ kompositorische Entscheidungsfreiheit. Und es ist gerade der geistliche intuitiv wider, konstituiert zumal der Tonband-Part, in seiner Ambivalenz Kontext, der in der Polarität von komprimierter Besetzung und hoher zwischen extrem abstrakter Klanglichkeit und deren konkret fasslicher klanglicher Intensität den inneren Zusammenhalt der 21 Abschnitte Herleitung (s.o.), doch einen mystischen Urgrund, aus dem die einzelnen gewährleistet. Zwar steht „Kleist in Alfter“ allein vom Umfang her (von Abschnitte der Komposition auftauchen und in den sie wieder versinken. Klanginstallationen abgesehen) singulär in Wagners Schaffen dar, eine Art Ganz aus der Stille hebt „Kleist in Alfter“ mit verzerrten menschlichen Lauten Vorläufer gibt es aber schon – die Konzertinstallation „Unschärfen vorab“ für und Geräuschen vom Tonband an, in zartesten Regungen erwachen die Achtspurtonband, präpariertes Tenorsaxophon und Live-Elektronik, realisiert Instrumentalstimmen zum Leben. Im 2. Abschnitt tritt der Vokalpart hinzu und im Herbst 2003 während eines sechswöchigen Aufenthalts in der Villa Aurora formiert sich mit Flöte und Schlagzeug, jenseits eines hierarchischen, die in Los Angeles. Dieses Werk entstand auf Einladung des Konzeptkünstlers Ira Instrumente zur Begleitung degradierenden Verhältnisses, zu einem Marom und korrespondierte unmittelbar mit dessen Installation dreistimmigen Kontrapunkt. Ist der 1. Abschnitt schlicht mit „Beginn“ „Familienalbum: Hörbare Chronik des Zerfalls“. Darin projizierte Marom Fotos überschrieben, so lautet der 2. „1 + 2 Gesprächsgruppe (1. Hinweis)“ – wobei aus seinem Familienalbum als „Digitale Mandalas“ mittels eines speziellen Dieter M. Gräfs Gedicht „Vogel“, dessen Chiffren in symbolistischer Laserdruckverfahrens auf Sand. Durch unter der Sandfläche verborgene Überhöhung über Kleists Selbstmordgedanken schweben, den nüchternen (auf Lautsprechermembranen versetzte Wagners Musik nun Maroms „Sandbilder“ die Psychotherapie anspielenden) Begriff „Gesprächsgruppe“ hintersinnig in Vibration, wodurch sie nach und nach deformiert wurden und sich in konterkariert. Unterbrochen wird die Textvertonung von den eingeschobenen akustische Resonanzformen auflösten. So thematisierte diese Interaktion den Tonband-Abschnitten „1. Hämmern“ und „Geschnatter/feilen/2. Hämmern“, (ewigen) Widerspruch zwischen der Vergänglichkeit alles Irdischen einerseits die wie Signale aus einer fremden Welt – die als Abstraktion kreativer und dem tiefen Wunsch nach Bewahrung und Erinnerung andererseits – Geschäftigkeit durchaus doppelbödig an einen für den Künstler womöglich optische und akustische Ebene vereinten sich in sinnlicher Erfahrbarmachung paradiesischen Zustand gemahnen – in die Sphäre von Reflexion und zu einem Memento mori, das Andreas Wagner auf einen biografischen Anlass Todessehnsucht hinüberwinken. Kaum schärfer könnte der Kontrast zum bezog: Er bezeichnete „Unschärfen vorab“ als „Requiem“ für seinen Vater. anschließenden „1. Tenorsolo“ sein, in dem, wie im folgenden „2. Hinweis (biegen und brechen“) und vormals in der „Gesprächsgruppe“, syllabische und Auratische Umhüllung melismatisch-schwelgerische Textvertonung alternieren. Nahm in „Unschärfen vorab“ die Improvisation breiten Raum ein, so ist dieser Bizarr leuchtender Klangstrom auch der Instrumentalpart an: Mit engschrittiger Melodik und zahlreichen Im 7. Abschnitt „hohes Pfeifen“ (und im „1. Zwischenspiel“) verändert sich Tonrepetitionen umrahmen Sopranblockflöte und Glockenspiel den freien Flug mit der Hinwendung zu Gräfs Gedicht „Grüne Gläser“ die musikalische der Singstimme. Ohne Zäsur gleitet „abfilzen“ in den „4. Hinweis“ hinüber, der Charakteristik. Während die Worte suggestiv zwischen Nibelungensage („die auf das Adjektiv „schön“ insistiert und seinerseits direkt zur „Morgensonne“ Klinge beginnt im Stamm zu leuchten“) und Kleists tiefen Zweifeln an überleitet. Deren trügerische Leuchtkraft verblasst allerdings rasch und mündet unverrückbaren Wahrheiten changieren, ist die Musik von wachsender in ein statisches Klangfeld ein, auf dem sich die letzten Worte des Strenge geprägt, die sich nicht nur in rein syllabischer Textvertonung, Abschiedsbriefs förmlich einbrennen: „und Du wirst begreifen, dass meine sondern auch in stoisch akzentuierter, jedem Anflug von Verspieltheit ganze jauchzende Sorge nur sein kann einen Abgrund tief genug zu finden, um enthobener Vortragsweise manifestiert. Das zunächst instrumentale „2. mit ihr hinabzustürzen.“ Zwischenspiel“ lässt das Assoziationsfeld „Grüne Gläser“ subtil nachklingen und leitet zur „Rezitativvorbereitung“ und mithin zum zentralen Triptychon „Ab dem 22. April 2005, 19:30 Uhr,...“ über. Zwar zeigt in einem Triptychon die mittlere Tafel gewöhnlich die Dramatisch-pathetische Aufladung (die Wagners Sache per se nicht ist) „Hauptszene“ – während das „große Atmen“ als letzter der mit Abstand erfahren indes auch diese Zeilen nicht; vielmehr verwandelt sich die umfangreichste der drei Abschnitte ist. Das „große Atmen“ wird jedoch vom „Morgensonne“ in ein Prisma, in dem sich – in „Grüne Gläser“ – Gräfs lyrische zentralen „1. Rezitativ“ ausgelöst, und es basiert strukturell auf Time- Anverwandlung des Kleist’schen Gedankenkosmos erneut spiegelt und bricht. Stretching der Altarie „Oh du, die Wonne verkündet in Zion...“, die ebenfalls Fast meditativ, mit starker Präsenz des Tonbands, stimmt dann der „Regen“ aus Händels „Messias“ stammt. In gedehnter Bogenform entfaltet sich ein auf das „2. Rezitativ“ ein, dessen Kernaussage und Hoffungsstrahl „Death is bizarr leuchtender Klangstrom, der, den physiologischen Vorgang des Atmens swallow’d up in victory“ aber keinen affirmativen Schluss provoziert, sondern (als Inbegriff des Lebens selbst) mit Ein- und Ausatmungsphase aufgreifend, eher in einen Abgrund stummen Zweifels eintaucht, aus dem sich das „letzte zunächst anschwillt, um sich schließlich in rückläufiger Entwicklung allmählich Atmen“ (mit dem mittelalterlichen Gedicht „Heimliche Kunde“) sachte ins Raum- und Zeitlose zu verflüchtigen, ja, in den imaginären Abgrund der hervortastet. Noch einmal schwingt sich „Kleist in Alfter“ mit komplexem „1. fraktalen Lücke“ zu stürzen. Satzgefüge zu hohem Erregungspotenzial auf, um mit fragmentarischen Zwischen 1. und 2. „fraktaler Lücke“ rufen sich im „3. Hinweis“ die „Grünen Einsprengseln endgültig in den Urgrund der Stille einzutauchen – eine Stille, in Gläser“ in Erinnerung – wobei die vormalige Strenge, als würde sich die Sicht die hinein die Musik freilich noch lange nachklingen wird. trüben und zugleich der Blickwinkel erweitern, in subtiler Anreicherung durch Die Dichte der musikalischen Strukturen, die den Interpreten Höchstes klangfarbliche Reize verschwimmt. Will man die 21 Abschnitte der abverlangen, ohne auf herkömmliche Virtuosität zu zielen, und das tiefgründige Komposition in 3 x 7 Teile gliedern (was in Anbetracht christlicher Ineinandergreifen von (verschiedene Stufen durchlaufender) klanglicher Zahlensymbolik – die sieben Tage der Schöpfung, die sieben Todsünden – Abstraktionskraft einerseits und – im Verein mit der Auswahl der Texte und nahe liegt), so gibt es dafür Anhaltspunkte, wenngleich sie im Klangbild nur ihrer Montage – vielschichtig aufbereitetem spirituellen Gehalt andererseits unterschwellig zum Tragen kommen. Die erste Siebenergruppe endet mit dem machen „Kleist in Alfter“ gleichermaßen zu einem Bekenntniswerk und entrückten „hohen Pfeifen“, dem sich als Einleitung der zweiten Gruppe und Kulminationspunkt im Oeuvre von Andreas Wagner. Nun schließt es sich bei Prolog zum Komplex des „1. Rezitativs“ (Triptychon) die Zwischenspiele dem 1962 geborenen Komponisten aus, von einem Spätwerk zu sprechen, fest anschließen. „1. fraktale Lücke“ und „3. Hinweis“ runden die Mittelgruppe ab, steht aber, dass nach „Kleist in Alfter“ in Wagners mannigfaltiger und stark während die „2. fraktale Lücke“ das instrumentale Vorspiel zur finalen experimentell ausgerichteter künstlerischer Arbeit nichts mehr so sein kann wie Siebenergruppe bildet. In dieser tritt – ab dem folgenden Abschnitt „abfilzen“ vorher. Wohin die weitere Entwicklung weist, wie sich „Kleist in Alfter“ auf sein – eine neue textliche Dimension hinzu, die mit der Vertonung von Kleists zukünftiges Schaffen auswirken wird, darf indes, ebenso wie die klangliche Abschiedsbrief den poetischen Schleier dunkler Vorahnungen lüftet und der Realisierung des Stücks selbst, mit Spannung erwartet werden: „Ab dem 22. prosaischen Realität des Todes („will mit mir sterben“) unmittelbar Ausdruck April 2005, 19:30 Uhr,...“ verleiht. „Prosaisch“ mutet, trotz hoher, ans Ätherische gemahnender Lage, Egbert Hiller Die Block- und Traversflötistin Lucia Mense erhielt ihre musikalische Außerdem trat er bei den Festspielen in Glyndebourne, Salzburg, Dresden, Ausbildung an den Musikhochschulen Köln, Amsterdam und Mailand bei Prof. Berlin und Edinburgh, den BBC Proms, den Händelfestspielen in Halle, Günther Höller, Marijke Miessen, Walter van Hauwe und Pedro Memelsdorff. Karlsruhe und Göttingen sowie beim Stuttgarter und Leipziger Bachfest auf. Sie schloss mit dem Konzertexamen der Musikhochschule Köln und dem Dabei musizierte er mit Dirigenten wie Stefan Soltesz, Ingo Metzmacher, Examen “Uitvoerend Musicus” des Sweelinck-Konservatoriums Amsterdam Hartmut Haenchen, Peter Eötvös, William Christie, Ivor Bolton, Alessandro de ab. Marchi, Trevor Pinnock, und Ton Koopmann. Als Konzert- Lucia Mense widmet sich einerseits dem traditionellen Repertoire des und Oratoriensänger war er in beinahe allen europäischen Ländern, den USA Mittelalters, der Renaissance und des Barock. Darüberhinaus gilt sie auf ihrem und in Asien zu Gast. Zahlreiche Aufnahmen dokumentieren seine Tonkunst. Instrument als eine der bekanntesten Interpretinnen zeitgenössischer Musik und sieht es als eine ihrer Schwerpunkte an, das Repertoire zusammen mit Norbert Krämer Komponisten ständig zu erweitern. Sie konzertiert als Solistin und als Mitglied Studium an der Hochschule für Musik und Theater Hannover und an der verschiedener Kammermusikensembles und Orchester (u.a. Canzoni Cölln, Musikhochschule Köln. Seit 1997 Lehrbeauftragter in den Fächern Schlagzeug/ Duo Blockflöte/Laute bzw. 10-jährige Mitgliedschaft bei Flautando Köln). Percussion und Rhythmische Gehörbildung an der HMT Hannover. Neben zahlreichen Radio-Produktionen ist sie an CD-Einspielungen bei Ars Zusammenarbeit mit Kammermusikensembles und Ensembles für Neue Musik Musici, Mode Records/ New York, Touch Records/London und Los Angeles wie beispielsweise Ensemble S, Das Neue Ensemble Hannover, Schlagquartett River Records beteiligt. Köln, ohton Ensemble Oldenburg, Kammermusikensemble Neue Musik Berlin. Lucia Mense war als Solistin u. a. zu Gast beim Festival Blokflute & Electronics Aushilfe in Symphonischen Orchestern und Theater- und Opernproduktionen im Ijsbreker/ Amsterdam, dem Schleswig-Holstein-Festival, den Alte Musiktagen u.a. NDR Hamburg, Staatstheater Bremen, Staatstheater Oldenburg, in Herne und Stockstadt, dem New Music Festival Waterford/Ireland, Villa Südwestphälische Symphonie Orchester. Aurora/ Los Angeles, Musikprotokoll im Steirischen Herbst/ Graz. Mitbegründer des Percussion Ensemble anthos, welches sich in erster Linie die 1999 war sie Gastdozentin am Centro Cultural in Managua/ Nicaragua. Werke des Komponisten Karlheinz Stockhausen widmet. 1997 1.Preis des Hochschulwettbewerbes in Hannover mit Ensembles anthos David Cordier begann seine Sängerkarriere als Knabensopran im Domchor 1998, 1999 und 2000 jeweils den 1.Preis bei den internationalen Stockhausen- seiner Heimatstadt Rochester in Kent und studierte dann am King´s College Kursen in Kürten mit dem Ensemble anthos. in Cambridge und am Royal College of Music in London. Sein Repertoire Tätigkeit als Vibraphonist und Percussionist in verschieden Jazz-, Funk-, reicht von englischen Lautenliedern des 17. Jahrhunderts bis hin zu Avantgarde- und Big Bands, u.a. Jazz Orchester Niedersachsen zeitgenössischen Opernpartien. (Kulturförderpreis des Landes Niedersachen 2000). Mitwirkender bei Zu seinen wichtigsten Rollen gehören die Titelpartien von Händels Giulio verschiedenen Musicalproduktionen u.a. Der König der Löwen (Hamburg). Cesare, , , Giustino, und , Bertarido in Rodelinda, Vibraphonist bei SENOR COCONUT & HIS ORCHESTRA, Electro-Latinjazz Andronico in Tamerlano, Dardano in Amadigi, David in Saul und Daniel in – Tourneen und Konzerte in Europa, Süd- und Nordamerika, Rußland, Japan. Belshazzar sowie Orfeo in Glucks Orfeo ed Euridice, Orlowsky in Strauß´ Die Fledermaus, Edgar in Reimanns Lear, Oberon in Brittens A Midsummer hans w. koch (*1962), komponist, performer, installateur, lebt in köln. Night´s Dream, Prinz Go-Go in Ligetis Le Grand Macabre, Refugee in Doves neben der konzeption von performances und offenen formen für Flight und Olga in Eötvös´ Drei Schwestern. verschiedenste besetzungen, meist intermedial, liegt ein weiterer schwerpunkt Er sang unter anderem an den Staatsopern in Stuttgart, München und auf der entwickelung von (klang-)installationen und der arbeit mit Hamburg, der Semperoper Dresden, der Komischen Oper Berlin, dem Aalto- elektronischen medien. Theater Essen, am Badischen Staatstheater Karlsruhe, der Deutschen Oper seine künstlerische arbeit führte ihn in zahlreiche länder europas, japan und die am Rhein Düsseldorf sowie am Musiktheater Amsterdam und an der usa. Königlichen Oper Kopenhagen. weitere informationen unter www.hans-w-koch.net