Lehnert E., U. Fickel, R. Halle, R. Weise, W. Hochstrate, M. Fiegle & R. Faupel

Schutzgebiete im -Hainich-Kreis Titelbild: Streuobstwiese mit Wiesenprimeln (Primula veris)

2 Schutzgebiete im Unstrut-Hainich-Kreis

3 4 Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...... 6

Flächennaturdenkmale ...... 9

Im Haurieden 10 Weinberg 12 Auf dem Weinberg und im Kirchgrund 13 Wolfsmilchsteppe 14 Kalkkopf 16 Breiter Berg 17 Steinbruch am Landgraben 19 Adoniswiese am Forstberg 20 Ziegeleigrube 22 Steinbruch am Bärental 24 Buchseewiese 26 Ringteich bei Peterhof 28 Wacholderdrift 29 Senkig 31 Badensee 32 Schmetterlingswiese 34 Kälberteich 36 Horsmarscher Grund 38 Rähmenbrunnen 40 Zimmerbach 42

Geschützte Landschaftsbestandteile ...... 45

Bahndamm Wendehausen/Diedorf 46 Wichtelgrund 48 Tongrube Kirchheilingen 50 Bothenheilinger Herzberg 52

Naturschutzgebiete ...... 55

Grabsche Berge 56 Großer Horn 59 Klosterschranne - Faulunger Stein 62 Kühmstedter Berg 65 Sonder 66 Unstruttal zwischen Nägelstedt und Großvargula 68 Volkenrodaer Wald 71 Flachstal 74 Zimmerbachtal - Hellerbachtal 79 Herbslebener Teiche 81

Landschaftsschutzgebiete ...... 85

Natur- und Nationalpark ...... 89

Natura 2000 Gebiete ...... 93

Literatur- & Quellenübersicht ...... 96

5 Einleitung

Der Naturschutzgedanke ist, sieht man vom Mit dem Reichsnaturschutzgesetz von 1935 Schutz einzelner Objekte ab, noch relativ jung. wurde der Naturschutz erstmalig in Deutsch- Von einigen Kleinigkeiten abgesehen, scheinen land einheitlich und umfassend geregelt. Drei die Gedanken von FLOERICKE (1909) hundert Schutzgebietskategorien wurden eingeführt. Jahre später durchaus noch eine gewisse Aktu- Naturdenkmale (§ 3), Naturschutzgebiete (§ 4 alität zu haben: siehe Auszug) und in § 5 Sonstige Landschafts- teile. „...Zwei Jahrtausende sind eine verschwin- dend winzige Zeitspanne, wenn wir sie an den Jahrmillionen unseres Planeten messen, und doch, wie gründlich hat es der Mensch ver- standen, innerhalb dieser kurzen Frist die Natur umzumodeln. Einst der eherne Tritt römischer Legionen und der jauchzende Jagdruf wilder Germanen - heute der hämorrhoidenkranke Bü- rokrat in dumpfer Amtsstube und das flanieren- de Gigerl mit dem Monokel im Auge auf der as- phaltierten und elektrisch beleuchteten Straße, einst undurchdringliche Urwälder mit knorrigen Riesenbäumen, belebt von Wildpferden, Bären, Elchen und Auerochsen - heute eintönige Na- delwälder ohne Unterholz mit schnurgeraden Wegen, deren militärisch gedrillte und fein säu- berlich in Reihen ausgerichtete Stämme höch- stens noch das Herz des Holzhändlers rascher schlagen lassen, und in denen ein paar küm- merliche, halbzahme Rehe unter dem Schutze von Gesetzen bei Wildleckpulvern und anderen Apothekermitteln ihr Dasein fristen, bis sie der Die Regelungen des Reichsnaturschutzge- Förster zum erstem Mai gegen Einhändigung setzes blieben nach dem II. Weltkrieg zunächst eines ‚blauen Lappens‘ von Jagdfexen abschie- Grundlage des Naturschutzes in beiden Teilen ßen läßt, die mit Zielfernrohr und ‚künstlichem Deutschlands. In der Bundesrepublik Deutsch- Schmalreh‘, mit ‚Freßkobern‘ und Rotsponpullen land blieb es bis 1976 gültig, in der DDR nur für ein paar Stunden per Automobil dem Häu- bis 1954. Schutz und Pflege der Natur für den sermeere der Großstadt entflohen sind; einst Menschen wurden mit dem neuen Naturschutz- unermeßliche Sümpfe und Moräste, wimmelnd gesetz, dem „Gesetz zur Erhaltung und Pflege von kreischenden Scharen unzähligen Wasser- der heimatlichen Natur“ vom 4. August 1954, geflügels - heute langweilige, tote und stumme Grundsatz des Umgangs der Gesellschaft mit Rübenfelder, so weit das Auge reicht, auf de- der Natur. Zu Beginn der siebziger Jahre wur- nen höchstens ein armseliger Lampe verdros- de dieses Gesetz durch das „Gesetz über die sen einherhoppelt, dem zu Ehren im Winter ein planmäßige Gestaltung der sozialistischen Lan- stattliches Aufgebot von bis an die Zähne be- deskultur in der Deutschen Demokratischen waffneten hinauszieht auf die verschneite Flur. Republik - Landeskulturgesetz“ (Gesetzblatt der Ja, wir habens herrlich weit gebracht!...“ DDR I, Nr. 12) ersetzt. Dieses Gesetz entsprach dem Gesamtanliegen der Führung der DDR, eine entwickelte sozialistische Gesellschaft zu Was würde der Autor wohl zu unseren heu- gestalten, in der alle Bereiche, auch die Natur tigen Problemen des Artenschwundes und der und die sie verändernde und gestaltende Tä- globalen Erwärmung sagen, meinen viele von tigkeit des Menschen, in Übereinstimmung mit uns doch, vor hundert Jahren sei alles besser den gesamtgesellschaftlichen Zielen entwickelt gewesen? werden sollten.

6 Insbesondere die Mehrzahl der Flächenna- Angaben zu Flora und Fauna. Heute ist für die turdenkmale (FND) in unserer Region wurden Ausweisung eines Schutzgebietes eine umfas- auf Grundlage dieses Gesetz in den achtziger sende Erfassung und Darstellung des Inventars Jahren ausgewiesen. Nach der Wiederverei- in einem so genannten Schutzwürdigkeitsgut- nigung kamen vergleichbar die geschützten achten erforderlich. Für einige Gebiete konnte Landschaftsbestandteile (GLB) hinzu. Bei den auf solche Gutachten zurückgegriffen werden. Naturschutzgebieten findet die Ausweisungs- Was in einem Schutzgebiet nach Naturschutz- periode in den frühen sechziger Jahren und in recht erlaubt ist und welche Nutzungen und der Nachwendezeit ihren Niederschlag. An den Freizeitaktivitäten eingeschränkt sind, ist in den einzelnen Perioden wird deutlich, dass für die jeweiligen Schutzgebietsverordnungen veran- Ausweisung von Schutzgebieten nach Natur- kert. Diese wurden bei der Ausweisung eines schutzrecht stets der gesellschaftliche Konsens jeden Gebietes durch Rechtsverordnung veröf- erforderlich ist. Gerade in den Zeiten des po- fentlicht. Diese Verordnungen sind bei der Na- litischen Umsturzes war die Begeisterung für turschutzbehörde des Landkreises einsehbar. Natur- und Umweltschutz groß und wurde von breiten Bevölkerungsteilen mitgetragen. Aktu- Zur Entwicklung eines Schutzgebietes, seiner ell, in Zeiten wirtschaftlicher Engpässe, ist nicht Tier- und Pflanzenwelt oder aber auch zum Er- nur das Interesse an Fragen des Naturschutzes halt seiner geologischen Besonderheiten bedarf deutlich geringer, sondern auch die Chancen, es zuerst einer Formulierung des Schutzzieles neue Gebiete auszuweisen. und daraus abgeleitet einer Beschreibung von Maßnahmen, wie dieses Ziel erreicht werden Seit dem 01. März 2010 gilt das Bundesnatur- kann. Dies erfolgt im Rahmen der Erarbeitung schutzgesetz - Gesetz über Naturschutz und eines Pflege- und Entwicklungsplanes. Dieser Landschaftspflege (BNatSchG) erstmals, seit ist dann Handlungsleitfaden für die Bewirtschaf- dem Reichsnaturschutzgesetz, wieder als in al- tung der Flächen, die Besucherlenkung und alle len Bereichen und Bundesländern unmittelbar weiteren Fragen des Managements. Leider lie- geltendes Recht. Die §§ 21-30 definieren aktuell gen nicht für alle Gebiete solche Grundlagen die unterschiedlichen nationalen Schutzgebiets- vor. Zudem müssten darüber hinaus Kontrol- kategorien. Hinzu treten Schutzgebietskatego- len stattfinden, um sicher zu stellen, dass die rien auf der Grundlage europäischen Rechts definierten Ziele tatsächlich zum gewünschten [NATURA 2000 Schutzgebietssystem - mit FFH Erfolg führen bzw. um regulierend das Pflege- Gebieten (Flora - Fauna - Habitat) und Vogel- konzept stets neu anzupassen. Hier stehen wir schutzgebieten (VSG)], geregelt im § 32 des noch an der gleichen Front, an der Professor BNatSchG. Floericke, den wir eingangs zitierten, vor 100 Jahren stand. Nicht nur für den Laien wird es zunehmend schwieriger, die einzelnen Kategorien hinsicht- lich ihrer Rechtsgrundlage und Zielsetzung zu differenzieren. In der hier vorgelegten Publikati- on stehen die nationalen Schutzgebiete im Vor- dergrund. Sofern sie sich gleichzeitig innerhalb des NATURA 2000 Schutzgebietssystems befin- den, wird dies erwähnt (vgl. auch WIESNER et al. 2008). Die Naturdenkmäler des Landkreises wurden bereits in dieser Reihe vorgestellt (vgl. WEISE et al. 2007).

In den kurzen Darstellungen zu den einzelnen Schutzgebieten wird auf die Charakteristika des Naturraumes, der Pflanzen- und Tierwelt ein- gegangen. Grundlage dazu bildet der Kenntnis- stand zu den Gebieten, der sehr unterschiedlich ist. Für Naturschutzgebiete wie „Großer Horn“ oder „Kühmstedter Berg“, beide 1961 unter Schutz gestellt, gibt es nur wenige aktuelle

7 8 Flächennaturdenkmale

9 Im Haurieden Lage: westlich von Ammern Gemarkung: Ammern Größe: 1,8 ha Unterschutzstellung: 1983

Das FND mit nahezu rechteckigem Umriss Im Zentrum des Feuchtgebietes breitet sich ein liegt, eingebettet in die Ackerflur, am nordwest- Grauweidengebüsch (Salix cinerea) stark aus. lichen Hangfuß des Weinberges im Übergang Der im Westen der Feuchtwiese angren- zum Schildbachtal im Norden. Das Gebiet wird zende, etwa 25 m breite Gebüschstreifen ver- im Westen durch einen ca. 1,5 m tiefen Melio- schiedener Weidenarten schirmt diese gegen rationsgraben, im Norden durch einen Feldweg die Hauptwindrichtung ab und beeinflusst so und im Osten durch eine Ackerfläche begrenzt. das Mikroklima positiv. Die mittlere Höhenlage liegt bei 245 m ü. NN. Die Nordwestecke des FND wird von zwei Den wertvollsten Teil des FND bildet ein etwa alten Schwarzpappeln (Populus nigra) begrenzt. 0,6 ha großes Feuchtgebiet. Im südlichen Teil Im Süden steigt das Gebiet zur Kuppe des dieser Feuchtwiese befindet sich eines der we- Weinbergs leicht an. An dem etwa 10° steilen nigen Vorkommen des Breitblättrigen Knaben- Nordhang ist ein durch Schafe beweideter Ma- kraut (Dactylorhiza majalis) als wertgebende gerrasen prägend. Art des Gebietes. Eine Erfassung der blühenden Erwähnenswert sind Vorkommen von Sumpf- Exemplare seit 1981 zeigt, dass der Bestand in dotterblume (Caltha palustris), Herbstzeitlose den letzten Jahren, offensichtlich durch feh- (Colchicum autumnale), Wiesen-Schaumkraut lende Pflegemaßnahmen, fast erloschen ist. Vor (Cardamine pratensis) und Weinrose (Rosa ru- allem der starke Bewuchs durch das Echte Mä- biginosa). Bis Anfang der 1980er Jahre befand desüß (Filipendula ulmaria) ist vermutlich eine sich an einem Wassergraben in der Feuchtwie- Ursache für den starken Rückgang. se auch ein Vorkommen des Sumpf-Herzblattes Das Orchideenvorkommen ist von besonde- (Parnassia palustris). rer Bedeutung, da die Art im Thüringer Becken Regelmäßig können rastende Kiebitze (Va- und seinen Randlagen nur selten vorkommt und nellus vanellus) während der Zugzeit im Gebiet ihre Vorkommen auch dort stark rückläufig sind. beobachtet werden. Ein Brutnachweis konnte

Anzahl

Bestandsentwicklung des Breitblättrigen Knabenkrautes

10 bisher nicht erbracht werden. Bei ausreichenden Niederschlagsmengen kommt es im nördlichen Gebiet zur Ausbildung eines temporären Flachgewässers, welches dann vor allem vom Grasfrosch als Laichplatz genutzt wird. Weitere festgestellte Amphibien sind Erdkröte (Bufo bufo), Teichfrosch (Pelophy- lax kl. esculenta) und Teichmolch (Lissotriton vulgaris; Syn.: Triturus vulgaris). Zum Erhalt des Breitblättrigen Knabenkrautes sollte unbedingt die südliche Feuchtwiese im Spätsommer nach der Samenreife gemäht wer- den. Des weiteren sollten etwa alle 5 Jahre bei gefrorenem Boden die Grauweiden im Zentrum der Feuchtwiese stark und bodennah zurück- geschnitten oder besser gerodet werden. Das Schnittgut sollte aus der Fläche geräumt oder zumindest am Ostrand abgelagert werden, um dort ein begrenzendes Gebüsch zu initiieren.

Breitblättriges Knabenkraut FND Haurieden im Oktober 2009

11 Weinberg Lage: nördlich Altengottern Gemarkung: Altengottern Größe: 0,4 ha Unterschutzstellung: 1983

Bei dem Flächennaturdenkmal handelt es Region mit der höchsten Kontinentalitätszahl. sich um eine aufgelassene Sandgrube über den Mit dieser Kennzahl wird die Abstufung der Kon- Schichten des oberen Gipskeupers. tinentalität der Pflanzen beschrieben. Sie trifft In dieser Grube sind Höhenschotter des Un- Aussagen über die Verbreitung der Pflanzen in strutsystems aufgeschlossen, die einem san- eher ozeanischen oder kontinentalen Gebieten. digen Warventon auflagern. Die Länge der Pro- Ein Wert von 1 steht für euozeanisch, ein Wert filwand beträgt ca. 20 m, die Mächtigkeit des von 5 für intermediär und ein Wert von 9 für Profils maximal 3 m. eukontinental. Eine hohe Kontinentalitätszahl Die Schichtenfolge repräsentiert die Land- weist auch auf Unempfindlichkeit gegenüber schaftsgenese des Mühlhäuser Beckens un- Frost hin, da mit zunehmender Kontinentalität mittelbar vor der in unserem Gebiet ältesten auch die Gefahr der Starkfröste wächst. Vereisung, dem Elsterglazial. Diese wird auf die Zeit vor ca. 300.000 Jahren datiert. Der Warventon stellt offenbar den Rest eines Eis- stausees dar, der durch die nachelsterzeitliche Landschaftsentwicklung (Absenkung des Mühl- häuser Beckens – beckenwärtige Verlagerung der Unstrut) als bisher einziger und letzter Sachzeuge dieser Landschaftsgenese im Terri- torium erhalten ist. Das Schutzziel besteht darin, den Erhalt der Hochterrasse des Mittelpleistozän zu gewährlei- sten. Darüber hinaus ist die Sandgrube jedoch auch Lebensraum für Grabwespen- und ver- schiedene Wildbienenarten. Wie bei allen Steinbrüchen oder ehemaligen Abbaugruben, in denen kein Hartgestein ge- wonnen wurde, setzen nach Beendigung der Weinberg, Aufnahme 2007 Abbautätigkeit Verwitterungsprozesse ein. Des- halb ist das FND langfristig gefährdet. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist die ge- samte Hügelkette nördlich von Altengottern vom „Roten Berg“ über den „Weinberg“ bis hin zum „Tiefen Tal“ und dem „Gotterschen Herz- berg“ bzw. weiter östlich dem „Bothenheilinger und Großwelsbacher Herzberg“ bedeutend. Zu nennen sind in dieser Aufzählung ebenfalls der „Breite Berg“ bei Bollstedt sowie die „Grabschen Berge“. Dieser Gebietskomplex wurde auf Grund seiner besonderen Artenausstattung als euro- päisches Schutzgebiet (FFH-Gebiet) „Keuper- hügel und Unstrutniederung bei Mühlhausen“ geschützt. Hervorzuheben sind insbesondere Pflanzenarten mit einer subkontinentalen Ver- breitung. So ist das auf Wegen der Mühlhäuser Hohle und des Tiefen Tales zu findende Hart- gras (Sclerochloa dura) die Pflanzenart unserer

12 Auf dem Weinberg und im Kirchgrund Lage: Keuperhügel zwischen Grabe und Bollstedt Gemarkung: Bollstedt Größe: 2,8 ha Unterschutzstellung: 1980

Das Schutzgebiet „Auf dem Weinberg und Anpflanzungen von Rosenhecken am Weinberg. im Kirchgrund“ ist Bestandteil des Natur- Ein indirekter Nachweis für diese Feststellung schutzgebietes „Grabsche Berge“. Die reiche ist, dass hier die Kleinblütige Rose (Rosa mi- Ausstattung mit seltenen, geschützten und crantha) vorkommt. Das ist eine Art sonniger gefährdeten Pflanzen berechtigt dessen Unter- Standorte, die in Thüringen nur gelegentlich schutzstellung. gefunden wird. Ihr Vorkommen bei Grabe Als Weinberg wird der Hügel östlich der Ver- könnte auf diese Anpflanzungen zurückgeführt bindungsstraße Bollstedt – Grabe bezeichnet. werden. Der nach Norden gerichtete Hang des Hier verläuft in Höhe der Grenzen des Sport- Weinberges zeigt auf seiner Talsohle vielfach flugplatzes die östliche Grenze des Natur- ruderale Eigenschaften. So gibt es einen rei- schutzgebietes. An dieser Stelle ist die Rispen- chen Bestand der Wollkopf-Kratzdistel (Cirsium Flockenblume (Centaurea stoebe) zu finden. eriophorum). Auf einem alten Fahrweg wächst Der steil nach Süden geneigte Hang ist reich neuerdings das kontinental geprägte Hartgras bestückt mit dem Frühlings-Adonisröschen (Sclerochloa dura). (Adonis vernalis). Die Grasfläche enthält außer- dem viel Aufrechte Trespe (Bromus erectus), dazwischen gute Bestände von Großblütiger Braunelle (Prunella grandiflora) und vereinzelt die Garten-Schwarzwurzel (Scorzonera hispani- ca). Auf der Höhe des Weinberges wächst das Zierliche Hartheu (Hypericum elegans), dieses findet hier seinen nordwestlichsten Punkt in Thüringen. Nach Berichten von Zeitzeugen sollte in den 1950er Jahren dieses Gebiet be- reits unter Schutz gestellt werden. Die entspre- chenden Unterlagen sind nicht mehr vorhan- den. Es wurde militärisches Übungsgelände. Noch heute findet man auf dem Weinberg Reste von Schützenlöchern. Erst 1980 erfolgte dann eine wirksame Unterschutzstellung. Das Zier- liches Hartheu wächst besonders in diesen Ein- senkungen. Bemerkenswert ist, dass auf dem Zierliches Hartheu Weinberg die sonst auf den Grabschen Bergen häufigen Arten Steppen-Spitzkiel Oxytropis ( pilosa) und Dänischer Tragant (Astragalus da- nicus) fehlen. Am südlichen Rand des Wein- berges, am Übergang zur Ackerfläche, wachsen Runder Lauch (Allium scorodoprasum ssp. ro- tundum), Rauhaariger Eibisch (Althaea hirsuta), Sommer-Adonisröschen (Adonis aestivalis) und Acker-Haftdolde (Caucalis platycarpos). Auf eine bemerkenswerte Beobachtung soll noch verwiesen werden. Am Abhang des Weinberges fallen in noch erkennbaren Reihen Rosenhe- cken auf. In den 1950er Jahren gab es eine Ak- tion zum Sammeln heimischer Heilkräuter, dazu gehörten auch die Hagebutten. So kam es zu

13 Wolfsmilchsteppe Lage: Keuperhügel zwischen Grabe und Bollstedt Gemarkung: Bollstedt Größe: 4,9 ha Unterschutzstellung: 1980

Auch das Flächennaturdenkmal „Wolfs- In den letzten Jahren wurden erstmals zwei milchsteppe“ ist Bestandteil des Naturschutzge- weitere Orchideenarten gefunden: das Purpur- bietes „Grabsche Berge“. Als Wolfsmilchsteppe Knabenkraut (Orchis purpurea) und die Helm- wird die große südexponierte Fläche des Kalk- Orchis (Orchis militaris). Es wird sich zeigen, ob magerrasens westlich der Ortsverbindungs- diese Arten dauerhaft heimisch werden. In einer straße Bollstedt/Grabe bezeichnet. Es ist die Senke im westlichen Teil der Wolfsmilchsteppe größte zusammenhängende Fläche von Kalk- steht die in Nordwest-Thüringen seltene Kart- magerrasen der Grabschen Berge. Quer zur häuser-Nelke (Dianthus carthusianorum). Am Hangneigung wird sie von einzelnen Runsen südlichen Ende der Wolfsmilchsteppe geht die- durchzogen. Dies sind Erosionsschluchten, die se in eine ehemalige Ackerfläche über, die heu- durch abfließenden Niederschlag entstehen. In te als Grünland genutzt wird. Am unmittelbaren der Strauchschicht findet man verschiedene Ro- Rand und im Schutz von Hecken wachsen hier sen- und Weißdorn-Arten. die seltenen Arten Rauhaariger Eibisch (Althaea Namensgebend gibt es reichliche Vorkommen hirsuta), Rundblättriges Hasenohr (Bupleurum der Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieria- rotundifolium), Runder Lauch (Allium scorodo- na), natürlich auch Zypressen-Wolfsmilch (Eu- prasum ssp. rotundum) und Feld-Rittersporn phorbia cyperissias). Wie an vielen Stellen der (Consolida regalis). Grabschen Berge wird auch die Wolfsmilchstep- pe in den Monaten März/April vom Frühlings- Adonisröschen (Adonis vernalis) geprägt. Die gesamte Vegetation wird von einer Viel- zahl für Kalkmagerrasen typischer Arten be- stimmt. Von den Gräsern sind die Aufrechte Trespe (Bromus erectus) und die Fieder-Zwenke (Brachypodium pinnatum), von den Sauergrä- sern die Frühlings-Segge (Carex caryophyllea) zu nennen. Von den Schwingel-Arten ist der Furchen-Schwingel (Festuca rupicola) vertre- ten. An vielen Stellen wachsen der Triften-Tragant (Astragalus danicus), die Zottige Fahnenwicke oder Steppen-Spitzkiel (Oxytropis pilosa), der Frühblühende Thymian (Thymus praecox), Klei- ner Wiesenknopf (Sanguisorba minor), Kleines Mädesüß (Filipendula vulgaris), Sichelmöhre (Falcaria vulgaris), Acker-Steinquendel oder Steinkölme (Acinos arvensis), Orientalischer Bocksbart (Tragopogon orientale) und immer wieder der Knollen-Hahnenfuß (Ranunculus bul- bosus). In der Mitte des Gebietes findet man die sonst auf Äckern wachsende Acker-Haftdolde (Caucalis platycarpos). Die Kalkmagerrasen der Grabschen Berge sind ausgesprochen arm an Orchideen. Einzig die Große Händelwurz (Gym- nadenia conopsea) wurde gefunden, und in den letzten Jahren gibt es zunehmende Bestände der schönen Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera).

14 Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana)

15 Kalkkopf

Lage: Keuperhügel zwischen Grabe und Bollstedt Gemarkung: Kleingrabe Größe: 3 ha Unterschutzstellung: 1980

Das FND Kalkkopf ist Bestandteil des NSG rakter von Streuobstwiesen angelegt. Unse- Grabsche Berge. Für Lage, Geologie, Klima und re Vorfahren wussten sehr gut, dass auf den Vegetation gelten im Wesentlichen die dort ge- durchlüfteten Böden die Süßkirschen beson- machten Aussagen. Die reiche Ausstattung mit ders gut gedeihen. Heute entsprechen diese seltenen, geschützten und gefährdeten Pflan- Anlagen nicht mehr den Anforderungen einer zen berechtigen die Unterschutzstellung. modernen Obstproduktion, trotzdem stehen im Die räumliche Zuordnung des FND bereitet Frühsommer etliche dieser Süßkirschbäume in allerdings einige Schwierigkeiten. Der namens- voller Blüte und fruchten regelmäßig. Östlich gebende Kalkkopf ist eine Anhöhe von 234 m des Kalkkopfes schließt sich ein nach Norden N.N. nahe des nördlichen Steilabbruches zur gerichteter steiler Taleinschnitt, das Birntal, an. Notter. In die Unterschutzstellungsunterlagen Hier wachsen große Bestände vom Frühlings- von 1980 wurden allerdings die Flurstücke des Adonisröschen (Adonis vernalis), in guten Jah- so genannten Birntales eingetragen. Es besteht ren sicher mehr als tausend Exemplare. ein offensichtlicher Widerspruch zwischen ge- wählter Namensgebung und den ausgewähl- ten Flurstücken. Es wird offen bleiben, welche Flurstücke vor Jahrzehnten geschützt werden sollten, eine Ursachenklärung dieses Wider- spruches ist heute nicht mehr möglich. Durch die Ausweisung der gesamten Grabschen Berge als Naturschutzgebiet hat dieses Problem auch nur noch historische Bedeutung. Im Folgenden soll auf den naturschutzfachlichen Wert der Ge- samtfläche hingewiesen werden. Im nördlichsten Teil des Naturschutzgebietes Grabsche Berge befindet sich das Plateau des Kalkkopfes, hier wurden Spuren einer frühge- Kalkkopf schichtlichen Besiedlung festgestellt. Der Steil- abbruch in Richtung Westen ist sicher auf den Gipsabbau vergangener Jahrzehnte zurückzu- führen. Der Westabfall ist stellenweise rude- ralisiert und z.T. dicht mit Hecken bewachsen. Wichtige Arten, die auf dem windexponierten Plateau wachsen, sind gute Bestände vom Haar-Pfriemengras (Stipa capillata) und vom Steppen-Spitzkiel (Oxytropis pilosa). An einigen Stellen wurde auch die Garten-Schwarzwurzel (Scorzonera hispanica) gefunden. Die für die Grabschen Berge typischen Arten Steppen- Wolfsmilch (Euphorbia seguierana) und Früh- lings-Adonisröschen (Adonis vernalis) kommen hier ebenfalls vor. Auf dem Plateau des Kalk- kopfes blüht der Große Ehrenpreis (Veronica teucrium). In den Mulden unterhalb des Kirchberges und auf dem Plateau des Kalkkopfes wurden vor längerer Zeit Obstplantagen mit dem Cha-

16 Breiter Berg

Lage: Keuperhügel östlich von Bollstedt Gemarkung: Bollstedt Größe: 3 ha Unterschutzstellung: 1980

Das Gebiet des FND Breiter Berg liegt etwa dem südwestexponierten Kalk-Magerrasen. An einen Kilometer östlich des Ortsteiles Bollstedt den Randgebieten der umgebenden Äcker findet in der Gemeinde Weinbergen. Es handelt sich man Ackerkohl (Conringia orientalis) und Acker- um einen Keuperhügel mit Gipsanteilen. An Haftdolde (Caucalis platycarpos). Am Übergang einigen Stellen findet man Platten von Marien- vom Kiefernforst zu den südexponierten Hän- glas, einer glasartigen, durchsichtigen, kristalli- gen wächst das Große Windröschen (Anemone nen Form von Gips (Unterer Gipskeuper). sylvestris). Auf diesen Hängen werden seit ei- Der Breite Berg besteht aus einem südwest- nigen Jahren stark wechselnde Bestände der exponierten Kalkmagerrasen mit sehr wert- Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) und seit lan- vollen Ackerrandstreifen. Die Kuppe des Breiten gem auch die Große Händelwurz (Gymnadenia Berges ist mit Kiefern aufgeforstet, sowohl der conopsea) gefunden. Im Jahre 2009 wurde hier heimischen Wald-Kiefer (Pinus sylvestris) als erstmals für die Region um Mühhausen das auch der südeuropäischen Schwarz-Kiefer (Pi- Dreizähnige Knabenkraut (Orchis tridentata, nus nigra). Die nach Süden ausgerichteten Flä- heute Neotinea tridentata) nachgewiesen. Es chen sind in den letzten Jahren stark verbuscht, ist abzuwarten, ob diese Orchidee an diesem hier sind Pflegearbeiten dringend erforderlich, Standort heimisch wird. Die wertvollste und das sonst verlieren diese Flächen ihren naturschutz- Gebiet charakterisierende Pflanze ist aber die fachlichen Wert. Goldhaar-Aster (Aster linosyris), die vorrangig Der besondere Wert des Gebietes liegt vor- am östlichen Ende des Schutzgebietes in z.T. rangig im Vorkommen seltener, geschützter beträchtlichen Beständen gedeiht. und gefährdeter Pflanzenarten. Auf den Kalk- Das kleine Gebiet verdient unsere Aufmerk- magerflächen wird eine Vielzahl von Insekten samkeit und unseren Schutz. Regelmäßige gefunden, die z.T. diese seltenen Pflanzenarten Pflegearbeiten, wie Schafhut, notfalls Gras- als Nahrungsgrundlage benötigen. mahd und das Entfernen der Schwarz-Kiefern- Von den seltenen Pflanzenarten des Schutz- Schösslinge sind nötig, um das Schutzgebiet gebietes sollen die folgenden aufgeführt wer- Breiter Berg zu erhalten. den: Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis), Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana) und Steppen-Spitzkiel (Oxytropis pilosa) auf

17 Breiter Berg

Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera)

18 Steinbruch am Landgraben

Lage: zwischen Struth und Eigenrieden am Landgraben Gemarkung: Eigenrieden Größe: 1 ha Unterschutzstellung: 1980

Das Gebiet gehört zu den „Nordwestlichen Randplatten des Thüringer Beckens“. Die Jah- resmitteltemperatur liegt bei 7-8 °C und die Mittlere Jahresniederschlagsmenge bei 600- 650 mm. Das Schutzgebiet wird im Wesentlichen durch einen mit Wasser gefüllten aufgelassenen Schaumkalk-Steinbruch gebildet. Die Gelände- oberkante liegt im Süden bei 460 m NN und fällt nach Norden auf ca. 450 m NN ab. Diese Höhe entspricht auch in etwa dem Wasserstand des Gewässers, das im Norden in Richtung Mühl- häuser Landgraben entwässert wird. Da selbst in trockenen Jahren der Wasserstand nur ge- ringfügig sinkt, kann vermutet werden, dass das Gewässer auch von einer Quelle gespeist wird. Die Ufer des Gewässers werden durch ver- wittertes Kalkgestein gebildet. Insbesondere in der westlichen Uferböschung finden die Ge- burtshelferkröten darin ihren Unterschlupf. Das überwiegend steile Ufer wird von Gemei- Der ehemalige Steinbruch in Herbstfarben. nen Eschen, Rotbuchen, Berg-Ahorn, Stielei- chen und Weiden gesäumt. Im Gewässer hat das Laichkraut (Potamoge- ton natans) bereits eine Fläche von mehre- ren Quadratmetern überzogen. Nachfolgende Amphibien wurden an dem Gewässer bisher nachgewiesen: Geburtshelferkröte, Erdkrö- te, Grasfrosch, Kammmolch, Bergmolch und Teichmolch.

Erdkrötenpaarung

19 Adoniswiese am Forstberg Lage: nördlich von Grabe am Rande des Standortübungsplatzes Gemarkung: Kleingrabe Größe: 1 ha Unterschutzstellung: 1983

Die Flora der Hügelketten östlich Mühlhau- begrenzt ein Weg das Gebiet. sens ist durch das Vorkommen des Frühlings- Auf Grund der flachen Bodenkrume wur- Adonisröschens (Adonis vernalis) bekannt. Ein de die Fläche zur Schafhut genutzt. Über die bedeutendes Vorkommen liegt außerhalb der Jahrzehnte entstand der für diese Bedingungen Keuperhügel ca. 1,5 km nördlich des Ortsteiles typische Kalk-Magerrasen, auf dem Pflanzen le- Grabe der Gemeinde Weinbergen auf dem MTB ben, die mit wenigen Nährstoffen auskommen. Blatt Schlotheim im Viertelquadranten 4729/32. Durch Düngertrift aus den benachbarten Acker- Das Gebiet kann vom Ort Grabe der Gemeinde flächen wachsen auch Grünlandpflanzen, die Weinbergen aus zu Fuß erreicht werden. Von mehr Nährstoffe im Boden vertragen. der B 249 in Richtung Schlotheim wird an der Auf dieser Fläche wachsen neben verschie- Rechtskurve in Richtung Ortsmitte auf einen denen Arten der Kalk-Magerrasen in großen Fahrweg in Richtung Norden gegangen. Bald Beständen das Frühlings-Adonisröschen und an erreicht man das FND Adoniswiese. Das FND den angrenzenden Ackerrändern das Sommer- grenzt unmittelbar an ein militärisches Schutz- Adonisröschen (Adonis aestivalis), beide sind gebiet, ein Teil von ihm gehört sogar dazu und in der Roten Liste Thüringens der geschützten darf demzufolge nicht betreten werden. Arten erfasst. Es handelt sich um eine Trockenrasenfläche, Die Unterschutzstellung erfolgte 1983. In die im Westen von einem Steingraben und im einem Gutachten aus den 1990er Jahren wur- Osten von Ackerflächen begrenzt wird. Der den die Gründe für diese Unterschutzstellung Steingraben schneidet die Ceratitenschichten nochmals bestätigt. (mo kt) des oberen Muschelkalkes an. Im Süden

20 Frühlings- (unten) und Sommer-Adonisröschen (oben) in Blüte

21 Ziegeleigrube

Lage: westlicher Ortsrand, nördlich der ehemaligen Bahnlinie Gemarkung: Körner Größe: 0,4 ha Unterschutzstellung: 1983

1978 stellte das Werk in Körner der VEB Zie- stand besitzt er eine hohe Standfestigkeit und gelwerke Höngeda seine Produktion ein. Das kann senkrechte Hänge von bis zu 15 m Höhe Gelände wurde nachfolgend von der Gemeinde bilden. genutzt. Ein Aufschluss im westlichen Bereich Der im Profil sichtbare Löss entstand in ver- des früheren Ziegeleigeländes konnte als An- schiedenen Perioden der Weichselkaltzeit (ca. schauungsobjekt frei gelegt und erhalten wer- vor 115.000 bis vor 10.000). den (vgl. WÄTZEL 1995). Mit der Warmzeit begann die Bodenbildung Die rechtliche Sicherung als Flächennatur- unter dem spezifischen Einfluss von Klima, denkmal erfolgte bereits am 07.07.1983 durch Wasserhaushalt, Relief, Bodenorganismen und den Mühlhäuser Kreistag. In der Schutzgebiets- Vegetation - nicht zuletzt auch durch mensch- ausweisung wurde darauf verwiesen, dass es liche Tätigkeit. Aus Löss entstanden die frucht- sich um ein bedeutsames Lössprofil handelt, barsten Böden der Gegend (z. B. Schwarzerde welches beispielhaft die Klima- und Erdge- oder Parabraunerde), gefördert durch seine schichte der Region dokumentiert. günstige mineralogische Zusammensetzung, Es bedarf jedoch auch einer dauerhaften den Kalkgehalt, die gute Durchlüftung und Was- Pflege des Aufschlusses, um den Demonstra- seraufnahmefähigkeit. Die Böden sind frucht- tionszwecken - nicht nur für Wissenschaftler bar, tiefgründig, leicht zu bearbeiten und somit - gerecht zu werden. Besonders interessant ist die ertragreichsten für die Landwirtschaft (ideal die Sichtbarkeit der verschiedenen Löss-Schich- für den Anbau von Weizen und Zuckerrüben). ten im Profil. Das Thüringer Becken gehört wie Aber auch Feldhase und Feldhamster lieben auch die Magdeburger oder die Hildesheimer diese tiefgründigen Landschaften und kommen Börde zu den großen Lösslandschaften Mittel- so nicht selten in Konflikt mit ihren motorisier- deutschlands. ten Kontrahenten. Löss ist ein homogenes, feinkörniges und Interessante Lebensräume für Fauna und Flo- meist ungeschichtetes Sediment, das entsteht, ra stellen manche „Lücken im Löss“ dar. Dies ist wenn Schluff (ein Sedimentgestein mit einer zum Beispiel bei den in der Gegend bekannten Korngröße von 0,002 - 0,063 mm Durchmesser) Keuperhügeln der Fall, die nur eine geringe Bo- bei fehlender Vegetationsdecke ausgeblasen denauflage besitzen und somit für den Acker- wird und sich nach einem kilometerweiten Luft- bau uninteressant sind. Hier entstanden (mit- transport in Bereichen mit dichterer Vegetation hilfe extensiver Schafbeweidung) Trocken- und wieder ablagert. Dieser „echte“ Löss wird auch Halbtrockenrasen mit einzigartiger Artenvielfalt. Flug-Löss genannt. Schwemm-Löss entsteht, Das besonders geschützte Frühlings-Adonisrös- wenn Löss durch Wasser abgetragen wird und chen ist sicher die bekannteste und prächtigste sich anderenorts wieder ablagert. Art - zu bewundern im Frühjahr in den nahelie- Als junge Deckschicht hat Löss eine hellgel- genden Schutzgebieten „Grabsche Berge“ süd- be bis gelblich-braune Farbe. Im trockenen Zu- lich von Grabe in ca. 3,5 km Entfernung.

22 Feldhase

Lössaufschluss

Ziegeleigrube im November 2009 Feldhamster

23 Steinbruch am Bärental Lage: östlich von Marolterode Gemarkung: Marolterode Größe: 0,8 ha Unterschutzstellung: 1983

Bei dem FND „Steinbruch am Bärental“ han- schichten (mo kt) erschlossen. Durch die ausge- delt es sich um ein geologisches Flächennatur- zeichnete Erschlossenheit der Steinbruchwände denkmal, einen aufgelassenen Kalksteinbruch. ist er als geologisches Lehrbeispiel geeignet. Dieser befindet sich ca. 500 m nordöstlich der Darüber hinaus ist er ein Fossilienfundort. Gemeinde Marolterode am Südhang des All- menhäuser Waldes, auf dem Messtischblatt Der Steinbruch liegt im Zentrum des Schlot- und der Geologischen Karte Blatt Ebeleben im heimer Grabenbruches und gewährt einen Viertelquadranten 4730/ 32. guten Überblick über diesen Landschaftsaus- Um zum Bärental zu gelangen, biegt man in schnitt. Von hier aus ist die fast einen Kilome- Marolterode kurz vor Ortsende in östlicher Rich- ter breite Grabenzone zwischen der Sonder am tung auf einen Fahrweg nach Norden ab und südlichen Rand und dem Südhang des Allmen- erreicht auf der linken Seite das Schutzgebiet. häuser Waldes gut zu erkennen. Neben sei- Der Steinbruch ist am Südhang des Allmen- ner Bedeutung als geologisches Naturdenkmal häuser Waldes terrassenförmig aufgeschlossen. konnten in unmittelbarer Nähe des FND auch Seine N-S- und seine W-E- Ausdehnung beträgt bemerkenswerte Pflanzen gefunden werden. So jeweils etwa 100 m. Zwischen Oberkante und wurde am Rand des Steinbruches erstmals das Bruchsohle beträgt die Höhendifferenz ca. 15 sehr seltene Flammen-Adonisröschen (Adonis m. flammea) nachgewiesen. Im Steinbruch wurde Im Wesentlichen sind die Schichten des im Jahre 2008 erstmals für Thüringen die Grün- oberen Muschelkalkes von der Basis des Trochi- blütige Wicke (Vicia melanops) entdeckt (vgl. tenkalkes (mo k) bis zu den unteren Ceratiten- FICKEL & FICKEL 2009).

Steinbruch am Bärental

24 Schutzgebiet in Verbuschung, 2008

25 Buchseewiese

Lage: nördlicher Ortsrand vom Ortsteil Schacht Pöthen Gemarkung: Menteroda Größe: 4 ha Unterschutzstellung: 1983

Das Schutzgebiet wurde ursprünglich durch garis), Kammmolche (Triturus cristatus) und eine in einer flachen Erdfallsenke liegende möglicherweise auch Fadenmolche (Lissotriton Feuchtwiese gebildet. Alljährlich im Frühjahr helveticus; Syn.: Triturus helveticus). wird diese ausschließlich durch Niederschlags- In Anbetracht der im nördlichen Landkreis wasser großflächig überflutet. Die Senke liegt geringen Gewässerdichte hat das Schutzge- in der herzynisch verlaufenden Klüftungszone biet auch während des Vogelzuggeschehen als des Schlotheimer Grabenbruches. Das Gebiet „Trittstein“ große Bedeutung. So wurden hier liegt unmittelbar nördlich der Siedlung Schacht auf dem Zug unter anderem Bekassinen (Galli- Pöthen bei einer Höhe von 360 m NN. Den geo- nago gallinago), Bruchwasserläufer (Tringa gla- logischen Untergrund bilden Schichten des un- reola), Flussregenpfeifer (Charadrius dubius), teren Keuper. Flussuferläufer (Actitis hypoleucos), Waldwas- Das Flächennaturdenkmal ist eines der ar- serläufer (Tringa ochropus) und Zwergtaucher tenreichsten Laichgewässer im Kreis. Seit 1983 (Tachybaptus ruficollis) beobachtet. wird es intensiv durch den ehrenamtlichen Nach FICKEL & FICKEL (2008) wurden aktu- Naturschützer Herrn Pritschow beobachtet. Er ell auch einige botanische Besonderheiten im übernahm auch die regelmäßige Betreuung des Gebiet nachgewiesen, so das Spiegelnde Laich- seit 1992 während der Amphibien-Frühjahrs- kraut (Potamogeton lucens) von dem bislang nur wanderung durch die Naturschutzbehörde er- ein Fund von 1960 in einem ca. 5 km entfernten richteten Schutzzaunes an der westlich des Ge- Gewässer bekannt war. Des Weiteren wurden bietes vorbeiführenden Straße Schacht Pöthen das Zwerg-Laichkraut (Potamogeton pusillus) –Menteroda. Hierdurch konnte ein langjähriger und das Haarblättrige Laichkraut (Potamogeton umfassender Überblick der zum Laichgewässer trichoides) als Neufund für die Region kartiert. einwandernden Amphibien geschaffen werden. Bisher war von Letzterem nur ein Fundort für Ende der 1980er Jahre wurde durch die für ganz Nord-West-Thüringen bekannt. Der große Naturschutz zuständige Abteilung des Kreises Bestand der Seekanne (Nymphoides peltata) im Nordwesten der Feuchtwiese ein Komplex mit ihren großen gelben Blüten geht sicher auf offener Gewässer geschaffen, wodurch das einen Gartenflüchtling zurück. FND zweifellos aufgewertet wurde. Das zeigt sich auch in den stetig gewachsenen Fanger- gebnissen am oben genannten Schutzzaun. Insbesondere nahm die Zahl der Erdkröten und Grasfrösche zu. Da im FND Buchseewiese neben den im Früh- jahr schnell erwärmten Flachwasserzonen der Feuchtwiese auch größere und tiefere Offen- wasserflächen vorhanden sind, bildet das Ge- biet nahezu optimale Lebensbedingungen für Amphibien. Bisher konnten im Schutzgebiet folgende Amphibien- und Reptilienarten nachgewiesen werden: Erdkröten (Bufo bufo), Grasfrösche (Rana temporaria), beide in großer Zahl, die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), Kreuzkrö- ten (Bufo calamita), Wasserfrösche (Pelophylax spec.; Syn. Rana spec.), Wechselkröten (Bufo viridis), Laubfrösche (Hyla arborea), Teich- molche (Lissotriton vulgaris; Syn.: Triturus vul-

26 Buchseewiese im November 2009

Amphibienschutzzaun Grasfrosch- und Erdkrötenlaich

27 Ringteich bei Peterhof

Lage: nördlich der Raststätte „Peterhof“ an der B 249 Gemarkung: Mühlhausen Größe: 0,1 ha Unterschutzstellung: 1983

Der Ringteich hat seinen Ursprung in einer Als Laichhabitat ist das Gewässer insbesonde- Befestigungsanlage aus dem Hochmittelalter re für den Kammmolch (Triturus cristatus) von (vgl. GRIMM & TIMPEL 1972). Die auch als Bedeutung. Weitere vorkommende Amphibien- „Schlößchen“ bekannte Anlage wird durch einen arten sind Bergmolch (Ichthyosaura alpestris; abgerundet quadratischen Hügel von etwa 1,5 Syn.: Triturus alpestris), Teichmolch (Lissotriton m Höhe über Wasserspiegel und 13,5 m Durch- vulgaris; Syn.: Triturus vulgaris), Erdkröte (Bufo messer gebildet. Dieser wird von einem etwa bufo) und Grasfrosch (Rana temporaria). 3 m breiten Wassergraben umgeben. Im Osten In den Jahren 1982/83 wurde das Gewässer ist die Insel über eine Steinbrücke zu erreichen. durch Naturschutzhelfer und Mühlhäuser Schü- Das kleine Schutzgebiet liegt auf einer Höhe ler von Holz, Glas und Plaste beräumt. Durch von 360 m NN. Im Süden, Westen und Norden den Forst wurde 1989/90 der Pappelbewuchs wird das Gebiet von Laubmischwald, vorwie- am Nordufer zurück geschnitten. Etwa 1993 gend Pappeln, umschlossen. Das Gebiet ist erfolgte eine Aufforstung der östlich liegenden auch mit Waldhimbeeren (Rubus idaeus) be- Brachfläche mit Eichen und Winter-Linden und standen. 1995 wurde das Gewässer auf Veranlassung der In der Mitte der Insel steht eine Stieleiche Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises (Quecus robur) mit einem Stammumfang von von Schlamm beräumt. 2,6 m in 1,50 m Höhe, damit dürfte sie um die 150 Jahre alt sein. Die Flora am Gewässer wird gekennzeich- net durch Sumpfseggen (Carex acutiformis) mit dichtem Bewuchs am Südufer, Flutendem Schwaden (Glyceria fluitans), Ästigem Igelkol- ben (Sparganium erectum), Gemeinem Frosch- löffel (Alisma plantago-aquatica) und Schwim- mendem Laichkraut (Potamogeton natans). Kleine Wasserlinsen (Lemna minor) bedecken im Sommer oft die ganze Wasserfläche.

Kammmolch, unser größter, aber auch seltenster Schwanzlurch

28 Wacholderdrift

Lage: westlich von Oberdorla, entlang der Straße nach Heyerode Gemarkung: Oberdorla Größe: 6,8 ha Unterschutzstellung: 1983

Das 6,8 ha große, in einer Höhenlage zwi- Als wertgebende Pflanzenarten treten im äu- schen 279 und 334 m ü. NN, am Nordostrand ßersten Osten der Gute Heinrich (Chenopodium des Hainich gelegene Schutzgebiet umfasst die bonus-henricus) und im Zentrum der Hochrote etwa 1.250 m lange, langgestreckte Wacholder- Löwenzahn (Taraxacum rubicundum) in zahl- heide nordwestlich von Oberdorla. Sie ist durch reichen Exemplaren auf. Am Ostrand konnte die langjährige Beweidung eines nicht ackerfä- 2006 außerdem ein Einzelexemplar der Grün- higen Erosionsgrabens mit Schafen entstanden. lichen Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha) Das Gebiet liegt fast vollständig im Bereich gefunden werden, während das Zierliche Tau- des Oberen Muschelkalks, der nach Osten hin sendgüldenkraut (Centaurium pulchellum) in leicht abgedacht ist und dort unter den Mer- der Fläche nicht mehr nachgewiesen werden gelschichten des Unteren Keupers verschwin- konnte. Das Vorherrschen von Weideunkräu- det. Die Wacholdertrift wird auch heute noch tern und das Vordringen von Gehölzen zeigt mit Schafen, gefördert über Landschaftspro- einen Grad von Unterbeweidung an, der ver- gramme, durch einen ortsansässigen Schäfer mutlich v.a. aus dem Fehlen von Ziegen in der beweidet. Im Osten ist bei fast vollständiger Herde herrührt. Besonnung ein Furchenschwingelrasen entwi- In den achtziger Jahren erfolgten durch eh- ckelt. Im Westen sind die Magerrasenflächen renamtliche Naturschützer des Kreises Mühl- durch alte Fichten überschattet und von Grä- hausen und Studentengruppen aus Mühlhausen sern mesophiler Standorte geprägt. Die Trift ist mehrfach Pflegeaktionen, wobei vorwiegend locker mit Wacholderbüschen durchsetzt, die Wildrosen aus den Wacholderbüschen ge- von den Schafen bekanntlich kaum befressen schnitten wurden. werden. Als Weideunkraut ist auch die Dornige Die Wacholdertrift hat auch kulturhistorische Hauhechel in großer Anzahl vorhanden. Im Os- Bedeutung für Oberdorla, säumt sie doch den ten fällt eine jüngere Lindenreihe auf, die den Weg zum Lindenrondell am Waldrand, einem Feldweg an der südlichen Schutzgebietsgrenze Festplatz und Naherholungsgebiet von Ober- begleitet. In der Mitte nimmt eine Sproßkolo- dorla. Bemerkenswert ist auch der Ausblick, nie der Schlehe fast die gesamte Breite ein und den man von hier über die Vogtei und die Stadt behindert den Durchgang der Schafherde. Das Mühlhausen bis zur Hainleite und den Fahner- Gebiet wird im Norden durch die Landstraße schen Höhen hin hat. Die Offenhaltung der zwischen Oberdorla und Heyerode begrenzt, im Wacholdertrift ist daher auch zum Erhalt der Süden durch die Ackerflur. Im Osten grenzt eine Blickbeziehungen vom Waldrand aus in die Fer- Obstanlage an. ne des Mühlhäuser Beckens zu gewährleisten.

29 Wacholderdrift (rechts der Straße), November 2009

30 Senkig

Lage: im Waldgebiet Hainich westlich von Oberdorla Gemarkung: Oberdorla Größe: 2 ha Unterschutzstellung: 1980

Beim Senkig handelt es sich um einen Ab- kraut (Hieracium cymosum; 2007 erstmals schnitt des oberen Seebachgrunds etwa 6 km nachgewiesen). nordwestlich von Oberdorla. Der Senkig liegt Insgesamt handelt es sich überwiegend innerhalb des geschlossenen Waldgebietes des um Arten, die auf besonntes Offenland an- nordwestlichen Hainich in einer Höhenlage von gewiesen sind. Um dem Artenschutzziel des etwa 390 m ü. NN. Es befindet sich am Nord- Gebietes gerecht zu werden, ist der Erhalt rand des Oberdorlaer Holzes, eines großen, des Offenlandcharakters wichtigstes Ziel. Das geschlossenen und daher dunklen Buchen- heißt, Aufforstungen sowie sukzessive natür- Plenterwaldes. Der geologische Untergrund liche Wiederbewaldung sollten vermieden und wird bestimmt von den plattigen Kalkschichten zurückgenommen werden. Der bestehende und mergeligen Zwischenlagen des Unteren Tümpel, welcher immer wieder austrocknete, Muschelkalks, die Hänge von den Mergeln des wurde mittlerweile durch einen Folienteich, er- Mittleren Muschelkalks. Das Kalkgestein wird setzt um als Laichgewässer bestand zu haben. seit Jahren auf einer Fläche von etwa 10 ha zur Freizeitnutzungen, wie Feuer machen und Zel- Verwendung als Straßenschotter und Werkstein ten, sollte entgegengewirkt werden. (Schaumkalkbänke) im Tagebau abgebaut. Unter Schutz steht eine 1,36 ha große Flä- che eines aufgelassenen Bereiches des Stein- bruches, in dem sich in einer Mulde zwischen zwei ehemaligen Abbauwänden Wasser ge- sammelt hat. Der so entstandene Tümpel wird von Amphibien und anderen Lebewesen kleiner Stillgewässer als Lebensraum genutzt. Es han- delt sich also um ein Biotop aus zweiter Hand. Wertgebend sind vor allem die Vorkommen der Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans). Entomofaunistische Untersuchungen durch ROMMEL erbrachten Nachweise seltener Falter- arten. In den 1980er Jahren wurden folgende Arten von ihm nachgewiesen: Eulenfalter (Brachyionycha nubeculosa), Sumpfwiesen-Perlmutterfalter (Clossiana se- lene), Spanner (Colostygia olivata), Spanner Senkig inmitten des Nordhainichs (Discoloxia blomeri), Spanner (Epirrita chri- styi), Spanner (Euphya biangulata), Spanner (Eupithecia selinata), Spanner (Jodis lactearia), Spanner (Idaea sylvestraria), Braunauge (Lasi- ommata maera), Kleiner Eisvogel (Limentis ca- milla), Senfweißling (Leptidea sinapis), Spanner (Perizoma blandiata), Eulenfalter (Phlogophora meticulosa), Spanner (Semiothisa signaria), Spanner (Theria primaria), Spanner (Trichopte- ryx carpinata). Seltene Pflanzenvorkommen im FND Senkig sind Rundblättriges Wintergrün (Pyrola rotun- difolia; seit 1991 bekannt) in einer ehemaligen Abraumhalde sowie das Trugdoldige Habichts- Geburtshelferkröte mit Eiern

31 Badensee Lage: östlich von Obermehler inmitten landwirtschaftlicher Fläche Gemarkung: Großmehlra Größe: 2,5 ha Unterschutzstellung: 1983

Der Badensee liegt, allseitig von Ackerflächen ren. Für eine sichere Artbestimmung kann unter umgeben, in einer flachen Erdfallsenke bei einer Umständen nur eine umfangreiche genetische Höhe von 275 m NN. Er wird durch Schicht- und Untersuchung Klarheit bringen. Von einer ein- Niederschlagswasser gespeist und in Richtung deutigen Artfestlegung wird hier deshalb abge- Nordosten durch einen Graben entwässert. sehen. Bereits auf dem in den Jahren um 1890 er- Mehrfach wurden auf dem Gewässer ein brü- stellten Messtischblatt MTB-VQ 4727/ 24 „Schlo- tendes Schwanenpaar (1994 / 2008), Blesshüh- theim“ ist der Badensee als ein See mit einigen ner (Fulica atra) auch zwei Paare der Reiherente Kartenzeichen für die Verlandung dargestellt. (Aythya fuligala) beobachtet. In der „Flora von Nordthüringen“ erstellt vom Sondershäuser Botaniker LUTZE (1892), wer- Wegen drohender Verlandung wurde das Ge- den einige Pflanzenarten beschrieben, welche wässer in den Wintermonaten 1992/93 ausge- schon längere Zeit nicht mehr belegt werden baggert und mit dem Aushub das Ufer erhöht können - so das Schmalblättrige Laichkraut (Po- und befestigt. Dabei mussten acht vollbeladene tamogeton lucens = P.n x zizii), welches als aus- Lastkraftwagen mit Autoreifen, Kraftstoffbe- gestorben gilt, das Ähren-Tausendblatt (Myrio- hältern und sonstigem Schrott, darunter auch phyllum spicatum), letzter Nachweis 1949, und größere Mengen Munition, abtransportiert wer- das Zungen-Hahnenfuß (Ranunculus lingua) mit den. Der größte Müllanteil dürfte Hinterlassen- letztem Nachweis 1960. schaft der sowjetischen Streitkräfte vom be- Die Schwanenblume (Butomus umbellatus) nachbarten Flugplatz gewesen sein. und das Spiegelnde Laichkraut (Potamogeton lucens) wurden auch schon länger nicht mehr nachgewiesen. Als aktuell erwähnenswerte Pflanzenart ist die Sumpf-Gänsedistel (Sonchus palustris) zu nennen. Das Gewässer ist allseitig von Weiden umstanden. Gesicherte Amphibiennachweise liegen für Erdkröte (Bufo bufo) und den Grünfrosch- Komplex (Rana spec.) vor. Da es sich bei dem Teichfrosch (Rana kl. esculenta) um eine Ba- stardform von Seefrosch (Rana ridibunda) und Kleinem Wasserfrosch (Rana lessonae) handelt, können die Erkennungsmerkmale stark variie- Rufender Teichfrosch 32 Badensee inmitten der Agrarlandschaft

33 Schmetterlingswiese Lage: südl. der Straßenkreuzung Windeberg - Menteroda Gemarkung: Saalfeld, Windeberg Größe: 2,9 ha Unterschutzstellung: 1980

Das 2,9 ha große, nahezu rechteckige FND Theria primaria) und Gnophos obscuratus. Schmetterlingswiese befindet sich auf einem Die Wiesenbrache wurde 1980 auf Initiative Muschelkalkplateau zwischen Menteroda und des Mühlhäuser Schmetterlingskundlers Werner Saalfeld der so genannten Thomasecke, am Schäfer zum Erhalt der artenreichen und zum Südwestrand der Mühlhäuser Hardt. Es liegt auf Teil seltenen Falterfauna unter Schutz gestellt. Saalfelder Gemarkung und befindet sich somit Die anhaltende Wechselfeuchte machte eine auf dem nördlichsten Zipfel der Fluren Mühlhau- ackerbauliche oder Wiesennutzung unökono- sens. misch und erleichterte die Unterschutzstellung. Das Gebiet ist leicht nach Südwesten geneigt Die Fläche wurde seither sporadisch mit Scha- und besteht aus, locker mit Fichten und Kiefern fen beweidet. verschiedenen Alters bewachsenen, wechsel- Nicht standortgerechte Fichten und Waldkie- feuchten Magerrasenbrachen. Die Fläche wird fern wurden vor etwa 55 Jahren von Jagdpäch- im Norden durch einen Entwässerungsgraben tern gepflanzt, um Wildtieren Unterschlupf zu begrenzt. Der Bodenstandort kann als wech- gewähren. Sie sind mittlerweile hoch gewach- selfeucht klassifiziert werden. Dies steht im sen und werfen z.T. intensiv Schatten. Weitere Zusammenhang mit den tonig verwitternden Nadelbäume sind aus Anflug aufgewachsen. Die Gesteinen des Oberen Muschelkalks. Die Ton- Nadelbäume sollten in Zukunft zurückgedrängt rückstände sorgen für eine Versiegelung des werden, um den strukturreichen Offenlandcha- ansonsten wasserdurchlässigen Kalkgesteins rakter und den Artenreichtum an Pflanzen zu und zeitweisen Wasserstau nach Regenperio- erhalten. Auch die Dornsträucher von Schlehe den oder der Schneeschmelze. und Weißdorn sollten sich nicht weiter als bis- 1993 wurden 119 Pflanzenarten nachge- her in der Fläche ausbreiten. wiesen, darunter das in Thüringen gefährdete zierliche Tausengüldenkraut (Centaurium pul- chellum). Die Artenliste weist viele Arten der Ma- gerrasen und zahlreiche Wechselfeuchtezeiger auf, die den Standort charakterisieren. In letz- ter Zeit wurde ein großes Vorkommen der Ge- meinen Natternzunge (Ophioglossum vulgatum) nachgewiesen. Die Flora, der Strukturreichtum der Fläche sowie die Waldrandlage bedingen eine vielfältige Falterfauna. Sie wurde zwischen 1991 und 1993 von ROMMEL (Ammern) unter- sucht. Von den dabei nachgewiesenen 229 Fal- terarten waren 10 in Thüringen vom Aussterben bedroht oder gefährdet. Aktuell werden noch 4 der genannten Arten in Thüringen als in ihrem Bestand gefährdet angesehen. Im Einzelnen handelt es sich dabei um den C-Falter (Polygo- na c-album), die Goldene Acht (Colias hyale), den Goldfalter (Palaeochrysophanus hipothoe), den Großen Fuchs (Nymphalis polychloros), den Sumpfwiesen-Perlmutterfalter (Clossiana sele- ne), Cyaniris semiargus, Adscita statices, den Schattenfelswald-Blattspanner (Euphyia bian- gulata), Calliclystis chloerata, die Schlehenhe- cken-Vorfrühlingsspanner (Theria rupicapraria,

34 Schmetterlingswiese, November 2009

Ampfer-Grünwidderchen Natternzunge

35 Kälberteich Lage: nordwestlicher Ortsrand von Volkenroda Gemarkung: Körner Größe: 1 ha Unterschutzstellung: 1983

Der Kälberteich ist ein Teich aus der ehema- verwendete Technik festgefahren und konn- ligen Teichanlage des Klostergutes Volkenroda, te erst nach mehreren Versuchen mit einem der bis heute erhalten geblieben ist. Die Teich- NVA-(Nationale Volksarmee) Panzer aus dem anlage des Zisterzienserklosters Volkenroda be- Schlamm geborgen werden. 1999 wurde der stand aus etwa einem Dutzend unterschiedlich Teich als Ausgleichsmaßnahme für Eingriffe in großer Einzelteiche, die sich alle oberhalb der Natur- und Landschaft durch die Straßenbau- Ortslage befanden und nur durch den Regen verwaltung entschlammt. Etwa 4.400 m³ Faul- gespeist wurden. Solche Teiche werden auch schlamm wurden dabei zur Gewässersanierung Himmelsteiche genannt. Sie haben eine beson- entnommen, wobei dies nur etwa 50% der tat- ders gute Wasserqualität, da keine Abwässer sächlich vorhandenen Schicht waren. hindurchfließen. Das naturnahe, in etwa ovale Standgewäs- Im Kälberteich wurden viele auch seltene und ser liegt bei 300 m ü. NN auf der Gemarkung schützenswerte Pflanzen und Tierarten nachge- der Gemeinde Körner (Ortsteil Volkenroda) am wiesen. Zahlreiche Amphibienarten nutzen ihn Südrand des „Tiergarten“, eines 65 ha großen als Laich- und Nahrungshabitat. Wertgebend Waldes südwestlich des Volkenrodaer Waldes. ist der selten gewordene Kammmolch (Triturus Der Teich ist etwa 140 m lang und 80 m breit. cristatus). Anfang der achtziger Jahre wurde durch einen 1983 wurde die Libellenfauna des Kälber- Anglerverein der Versuch unternommen, den teiches und des etwa einen Kilometer westlich Kälberteich zu entschlammen. Dabei wurde die gelegenen Grasteiches untersucht (vgl. HERT-

Kälberteich, März 2007

36 ZEL & FISCHER 1985). 14 Arten konnten nach- gewiesen werden. Aber auch viele andere, nicht so sehr im Zentrum das allgemeinen Interesse stehende Artengruppen konnten im Kälberteich nachgewiesen werden, z.B. Schwamm- und Nesseltiere, Weichtiere, Wasserkäfer und Was- serwanzen, Moostierchen. Auch einige Egelar- ten wurden gefunden. Bemerkenswert ist das Vorkommen des Medizinischen Blutegels, der Mitte der achtziger Jahre mehrfach gefunden wurde. Er ist in den Gewässern unserer Gegend bisher sonst nicht nachgewiesen. Möglich ist, Der Kälberteich ist Bestandteil des FFH-Ge- dass die Mönche diese Tiere eingesetzt und zur bietes Nr. 24 „Volkenrodaer Teiche“. medizinischen Behandlung verwendet haben.

Der Kälberteich wird an seinem flachen Ufer locker von z. T. alten Silberweiden und Som- merlinden gesäumt. Die Wasserfläche ist je- doch überwiegend besonnt. An den Ufern ist stellenweise ein mehrere Meter breites Kol- benried ausgebildet. Der Kälberteich wird als Angelgewässer genutzt. Sein Ufer ist daher besonders im Süden Trittbelastung ausgesetzt und durch eine Feuerstelle beeinträchtigt. Be- sonders stark wird das bisherige Artenspektrum durch das verbotswidrige Einsetzen von Aqua- rienorganismen, insbesondere von Fischen aus anderen Regionen, nachteilig verändert.

Becher-Azurjungfer 37 Horsmarscher Grund Lage: nordöstlich Windeberg, dem Wald vorgelagerte Fläche Gemarkung: Windeberg Größe: 1,5 ha Unterschutzstellung: 1983

Das FND „Horsmarscher Grund“ wird durch Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis) eine artenreiche extensiv genutzte Feuchtwie- und dem gemeinen Hornkraut (Cerastium ho- se gebildet. Sie liegt am Ostrand des Rähmen, losteoides). Im Spätsommer dominieren Kohl- eines Buchen-Eichen-Wäldchens am Südzipfel Kratzdistel (Cirsium oleraceum) und Echtes der Mühlhäuser Hardt. Die Höhenlage beträgt Mädesüß (Filipendula ulmaria). Im Juni 1982 etwa 340 m NN. Die Feuchtwiese wird von konnte noch ein kleiner Bestand des Schmal- einem nach Osten zum Schaftal entwässernden blättrigen Wollgrases (Eriophorum angustifoli- Graben durchzogen. um) nachgewiesen werden. Der Rähmen und angrenzende Flächen befin- den sich im Bereich des Oberen Muschelkalks, 1982, 1985 und 2008 wurden in der Feucht- die tonig verwittert sind. Auf den Verwitte- wiese juvenile Grasfrösche (Rana temporaria) rungstonen sind wechselfeuchte Böden entwi- beobachtet. ckelt, die für anhaltende Staunässe sorgen. Der Die Feuchtwiese unterliegt einer extensiven Abfluss ist dann oft oberirdisch. Die Feuchtwie- Mahd. Sie ist zu den umliegenden, intensiv be- se entspricht der Sumpfdotterblumen-Wiese wirtschafteten Äckern scharf abgegrenzt. Von (Calthion). dort ist eine Abdrift von Dünge- und Spritzmit- Bemerkenswert ist ein reiches Vorkommen teln in die Schutzgebietsfläche anzunehmen. Im des bedrohten Breitblättrigen Knabenkrautes Osten finden sich mit Gemeinem Löwenzahn, (Dactylorhiza majalis). Der Bestand der Orchi- Gemeinem Knaulgras und Gänsefingerkraut Pi- dee schwankt stark. 1986 wurden 100 Exem- onierpflanzen feuchter Standorte, die sich dort plare gezählt, 1992 sogar 200, im Mai 2005 nur an offenen Bodenstellen angesiedelt haben, die 40, im Mai 2008 mindestens 300 und im Mai von Wildschweinen durch starkes Wühlen er- 2009 mindestens 312. Die hohe Individuenzahl zeugt wurden. der letzten beiden Jahre lässt auf eine Stabili- sierung des Bestands hoffen. Die Sumpfdotterblume (Caltha palustris) prägt im Mai den Blühaspekt zusammen mit der Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi), dem

38 Breitblättriges Knabenkraut und Sumpf-Dotterblumen Feld - Stiefmütterchen

Horsmarscher Grund - im Hintergrund Windeberg

39 Rähmenbrunnen Lage: nordöstlich von Windeberg, an der Straße nach Menteroda Gemarkung: Windeberg Größe: 0,6 ha Unterschutzstellung: 1983

Der Rähmenbrunnen liegt unmittelbar nörd- lich der Straße Windeberg – Menteroda im Sü- den der Mühlhäuser Hardt. Der Name des Schutzgebietes ist in gewisser Hinsicht irreführend. Der eigentliche Rähmen- brunnen wird von einer Quelle gebildet, die in einem etwa 1,5 m Durchmesser gemauerten Brunnen gefasst ist und sich etwa 150 m west- lich befindet. Das in einem Bach abfließende Wasser wird an einem von der Straße in nörd- licher Richtung abzweigenden Feldweg gestaut und bildet hier ein Laichgewässer. Ein Stillge- wässer, an allen Seiten von Kopfweiden umge- ben, begrenzt das Gebiet nach Süden. Floristisch bemerkenswert ist die Einspelzige Teichsimse (Eleocharis uniglumis) (REUTHER & FICKEL 2004). Faunistisch konnten bisher fol- gende Amphibienarten nachgewiesen werden: Grasfrosch, Bergmolch und Teichmolch.

Bemerkenswert ist die Feststellung, dass in den Fangeimern eines mehrere Jahre aufge- bauten Amphibienschutzzaunes im Bereich zwi- schen Brunnen und Teich u. a. eine größere An- zahl Erdkröten gefangen wurde, die praktisch unmittelbar westlich am Teich vorbei zu einem etwa 500 m südlich gelegenen Schilftümpel wanderten, aber nicht im Teich des Schutzge- bietes ablaichten. Es wird vermutet, dass we- gen der kurzen Fließstrecke des Quellwassers die Wassertemperatur im Teich für das Ablai- chen der Erdkröten zu niedrig ist. Zwischen 1987 und 1991 wurden einige Lauf- bzw. Wasserkäferarten erfasst, so der Schlucht- wald-Laufkäfer (Carabus irregularis), Badister unipustulatus und Bembidion schüppeli.

Bereits vor der Unterschutzstellung 1983 erfolgten im Jahre 1981 durch ehrenamtliche Naturschützer und Einwohner der Gemein- de Windeberg mehrere Pflegemaßnahmen in Form einer Entbuschung auf dem Gebiet zwi- schen Teich und Brunnen. Eine Sanierung des Teiches durch Entschlammung erfolgte in den Wintermonaten 1992/93 auf Veranlassung des Umweltamtes. Sumpf-Helmkraut

40 Der Rähmenbrunnen im Wechsel der Jahreszeiten

41 Zimmerbach Lage: Tal zwischen den Ortschaften Zimmern u. Bad Langensalza Gemarkung: Ufhoven Größe: 6 ha Unterschutzstellung: 1985

Das Flächennaturdenkmal umfasst die Erd- fallquellen „Große Golke“ und „Kleine Golke“, den Verlauf des Zimmerbaches sowie den öst- lichen Teilbereich des Hellerbaches. Seit dem Jahr 2000 unterliegen diese Flächen auch dem Schutz als Naturschutzgebiet.

Das FND ist reich strukturiert und enthält als wesentliche Landschaftselemente Kopfweiden- bestände, Obstbäume, Feuchtstellen, Sträucher und Hecken, Halbtrockenrasen sowie die natür- lich verlaufenden Bachläufe.

Das Ziel der Unterschutzstellung bestand in der Erhaltung des Gebietes als repräsentative Bachbiotope sowie in der Erhaltung der Lebens- räume der im Gebiet vorkommenden Vogel- und Amphibienarten.

Im Gebiet ist eine sehr gute Brutvogelpopu- lation nachgewiesen, u.a. vom Rotmilan und Eisvogel. Weitergehende Informationen siehe unter NSG „Zimmerbachtal – Hellerbachtal“.

Der Eisvogel -eine Charakterart naturnaher Bäche

42 43 44 Geschützte Landschaftsbestandteile

45 Bahndamm Wendehausen / Diedorf Lage: an der ehemaligen Bahntrasse zwischen den beiden Orten Gemarkung: Wendehausen/Diedorf Größe: 28,4 ha Unterschutzstellung: 1994

Das Gebiet verläuft östlich des Haselbaches fe Einschnitte zu schaffen. An verkehrstech- zwischen den beiden Ortschaften Wendehau- nisch wichtigen Punkten baute man aus dem sen und Diedorf der Gemeinde Katharinen- in nahe gelegenen Steinbrüchen erschlossenen berg. Es umfasst eine Fläche von ca. 28 ha Kalkgestein Viadukte. Die beeindruckendsten und schließt, auf Grund botanischer und zoo- Aufschlüsse der Gesteinsformationen, soge- logischer Besonderheiten, neben dem eigent- nannte „Sichtfenster der Geologie“, befinden lichen Bahndamm auch Steilhangbereiche und sich zwischen Heyerode und Landesgrenze angrenzende Saumbiotope sowie den ca. vier- südwestlich von Wendehausen (PATZELT 1994). hundert Meter südlich von Diedorf liegenden Am 29.09.1968 wurde die Strecke offiziell still- Osthang des „Drachentales“ mit ein. gelegt. 1969 fuhr der letzte Zug im Abschnitt Das Gebiet befindet sich in einer geologischen Wendehausen-Kalkwerk Richtung Diedorf. Der Störungszone, in welcher das anstehende Ge- Rückbau von verwendbaren Materialien wie stein durch Wellenkalk gebildet wird. Der Bahn- Schwellen, Gleise, Schotter u.ä. zog sich ab- damm ist neogenen Ursprungs und wurde aus schnittsweise noch über 2 Jahrzehnte hin. Muschelkalk aufgeschüttet. Aufgrund seiner Der GLB „Alter Bahndamm“ ist seit 1993 als Eigenart und Schönheit, der das Landschafts- geschützter Landschaftsbestandteil ausgewie- bild prägenden Gestalt sowie seiner beson- sen. Vorangegangen waren zahlreiche Exkur- deren Bedeutung vor allem in Hinblick auf die sionen von Biologen, hauptsächlich Botanikern, Erhaltung des Erholungswertes der Landschaft die im Verlauf der Jahrzehnte nach Stilllegung für die anliegenden Gemeinden Wendehausen an der Art und Weise der natürlichen Besied- und Diedorf soll das Gebiet nachhaltig gesichert lung durch Pflanzen und Tiere Interesse hatten. werden, insbesondere aber auch wegen der Die geologische, klimatische, forstbotanische hier teilweise noch massenhaft vorkommenden und vegetationskundliche Einstufung des Ge- gefährdeten und geschützten Pflanzen- und bietes ist u.a. durch PATZELT (1994), REUTHER Tierarten wie z.B. Silberdistel, Fransen-Enzian, & WEISE (1996), FAUPEL & DEGENHARDT Große Händelwurz, Roter Sitter, Breitblättriger (2000) beschrieben worden. Sitter, Rundblättriges Wintergrün, Buchenspar- Vor allem an Sommerabenden fühlt man sich gel, Leberblümchen und Zottiger Klappertopf, in diesem Geländeabschnitt in mediterrane Feuersalamander, Zauneidechse, Glattnatter, Gefilde versetzt. In den Mittagsstunden einiger Blindschleiche, Admiral, Ochsenauge, Schwal- Hochsommer-Tage werden an der Südhangla- benschwanz, Mohrenfalter, Schillerfalter, Bluts- ge bis zu 50 °C gemessen. Bei untergehender tröpfchen und andere mehr. Sonne flimmert der südwestlich geneigte Hang Im Auftrag der Preußischen Staatsbahn wur- im glänzenden Rot des Mittleren Zittergrases. den zu Beginn des 20. Jahrhunderts die um- Zu den zahlreich vorkommenden Reit-, Strauß-, fangreichen Planungen zum Bau einer Bahn- Schwingel-, Knäul-, Rispen-, Trespen- und Blau- trasse von Mühlhausen über den Höhenrücken Gräsern müssen ebenso wie zu den Seggen des Hainich ins Werratal in die Realität umge- noch eingehende Untersuchungen im Gebiet setzt. Mit hohem materiellen und menschlichen erfolgen. Einsatz galt es immerhin auf einer Strecke von Während die Saumbereiche zu angrenzenden rund 31 km eine Wegbarkeit für Dampflokomo- Weiden-, Acker- und Waldzonen von dem be- tiven zu schaffen, die dem Höhenunterschied reits erwähnten typischen Gemisch unserer von fast 300 m auf relativ kurzer Strecke tech- heimischen Nadel- und Laubgehölze geprägt nisch gerecht wurde. In die Hanglagen wur- sind, finden wir in den offenen Flächen den den Terrassen getrieben und Böschungen neu Wachholder vor. Bei Spaziergängen trifft man angelegt. Zahlreiche Sprengungen wurden an warmen Sommertagen immer wieder auf vorgenommen, um vor allem im Kammbereich Blindschleichen und Zauneidechsen. Grabwes- des Muschelkalkhöhenzuges bis zu 30 m tie- penarten sind ebenso zu beobachten wie mit

46 lautem Brummen auf Schmetterlingsjagd be- findliche Hornissen. Mit nur jeweils sehr we- nigen Fundstellen sind Nachweise von Sand- mohn, Sommer-Adonisröschen und Ebenästige Rentierflechte bekannt. Im Kontrast zu den tro- ckenwarmen Standorten finden wir in der schat- tigen und leicht staunassen Talkehle an zwei Stellen das seltene Rundblättrige Wintergrün. Es bevorzugt eher den Wald- und Gebüschsaum bzw. die Halbschattenlagen der Taleinschnitte Richtung Wendehausen. Von besonderem Reiz zeigt sich das kleinflächige, ca. 120 Exemplare zählende Vorkommen des Großen Windrös- chen. Dieses Hahnenfußgewächs wird auch Hain- oder Waldanemone genannt und belebt mit seiner weißen Blütenpracht auffällig die westlich auslaufende Talsaumgesellschaft auf einer schmalen vorgelagerten Magerwiese. Im Haselbachtal liegt eine völlig andere Bi- otopsituation vor. Im Steilhangbuchenwald mit Block- und Felsschutthalden ist nur eine sch- male offene Schneise in Breite des einstigen Gleisbettes geblieben. Hier kann man mit etwas Glück wie auch an anderen Abschnitten der Bahntrasse die Wildkatze beobachten. Ebenso gelingen in den Sommernächten immer wieder Beobachtungen von Fledermausarten, die hier ihren Flugkorridor auf der Jagd nach den zahl- reich vorkommenden Insekten gefunden ha- ben. Der Hainich-Werratal-Radweg wurde aus Rücksicht auf die schützenswerten Biotope zwi- schen Diedorf und Wendehausen zum Teil an die Dammbasis und entlang des Haselbaches verlegt. Blickfänge sind immer wieder die gehäuft auftretenden Flechten wie etwa die Röhrige Blasenflechte und die Gelbflechte. An Zweigen Haselbachtal - der Bahndamm ist rechts der Landesstraße und auf der Borke von vorwiegend Laubge- hölzen finden wir sie entlang der Strecke. Flech- ten gehören zu den langlebigsten Lebewesen überhaupt (bis 4500 Jahre) (vgl. WIRTH & DÜLL 2000) und sind bedeutende Zeigerorganismen (Bioindikatoren) für Umweltbedingungen, ins- besondere für Luftqualität.

Feuersalamander

47 Wichtelgrund Lage: südwestlich von Diedorf Gemarkung: Diedorf Größe: 1,4 ha Unterschutzstellung: 1994

Der „Wichtelgrund“ liegt ca. 1 km südwestlich die abwechselnd zur Mahd oder für Beweidung von Diedorf an der Gemarkungsgrenze der Orte mit Rindern genutzt werden. Bereits direkt an Diedorf und Wendehausen. Der Grund wird dem steil abfallenden Felssaum der Ortsver- geprägt durch ein Erosionstal, das sich in den bindungsstraße beginnend, erstreckt sich keil- mittleren und unteren Muschelkalk einschnei- förmig Richtung Nordwesten ein sich deutlich det. Es durchläuft die Ceratiten- und Trochi- vom Umland abgrenzender Magerrasen, der im tenschichten. Das Erosionstal wird von der Ei- Verlauf zunehmend durch den Gemeinen Wach- chenberg-Saalfelder Störungszone beeinflusst. holder dominiert wird. Die Böden sind entsprechend des Untergrundes flachgründige Kalkrendzinen. Die steinigen Kleinflächig kommen Gemeiner Wundklee, Grabenbereiche sind geprägt von zeitweiliger Stengellose Kratzdistel, Zottiger Klappertopf, Wasserführung. Acker-Wachtelweizen, Golddistel, Schopfkreuz- Der „Wichtelgrund“ mit seinen struktur- blümchen, Scharfer Mauerpfeffer, Fiederzwen- reichen angrenzenden Lebensräumen erfüllt ke, Wiesenprimel und Kleiner Wiesenknopf vor. eine wichtige Korridorfunktion für den Aus- Als erloschen gilt der Bestand der Gemeinen tausch, den Wechsel und die Verbreitung von Kuhschelle (vgl. MEHLER 1963, unveröffent- Pflanzen und Tieren zwischen den Schutzge- lichte Aufzeichnungen). Noch vorhanden, aber bieten „Bahndamm Diedorf-Wendehausen“ und stark rückläufig ist das Zittergras, der Wiesen- dem „Grünen Band“ entlang der hessisch-thü- salbei, Gelber Zahntrost, die Große Händelwurz, ringischen Landesgrenze. das Weiße Waldvöglein und das Gefleckte Kna- In der Gemarkung Katharinenberg - Wende- benkraut. Die sich im Verlauf der letzten 20 hausen konnten sich trotz der auch hier immer Jahre vor allem am Grabensaum und in den intensiver werdenden Land- und Forstwirt- schaft über Jahrzehnte sehr kleine, aber arten- reich strukturierte Feld-, Wiesen- und Waldbio- tope erhalten. Dies liegt zunächst an der durch abschüssige und vielerorts steinige Hanglagen geprägten naturräumlichen Situation. Vor allem aber wirkt hier wohl der Faktor der Be- schwerlichkeit in der von Mechanisierung, also der vom Einsatz der Großtechnik abhängig ge- wordenen konventionellen Landwirtschaft. So konnten, bedingt durch das Geländeprofil mit seinen kleinen Unwegbarkeiten, viele Refugien der Tier- und Pflanzenwelt noch nicht entrissen werden. Den Namen „Wichtelgrund“ dürfte dieser Landstrich wohl in Anlehnung an das in dieser Region vorkommende, sehr bekannte und be- liebte „Wichtelgeld“ erhalten haben. Bei den auch unter der Bezeichnung „Bonifatiuspfen- nige“ gehandelten steinernen Fundstücken han- delt es sich um die fossilen einstigen Glieder der Seelilien, die in dieser Formation des Graben- bruchs oft zu finden sind. Die nach Nordosten ansteigende Talmulde ist geprägt von mit He- ckenstreifen durchsetzten Grünlandparzellen,

48 Hanglagen stark verdichtenden Baum- und Strauchgehölze bilden an vielen Abschnitten inzwischen undurchdringliche Hecken. In deren Begleitung finden wir den Kleinen Odermennig, Kronwicke, die Ackerwitwenblume, Gemeines Leimkraut, Zypressenwolfsmilch, Wilde Karde, Nesselblättrige Glockenblume, Wiesen-Pippau, Weiße Schwalbenwurz, Saat-Esparsette, Ährige Teufelskralle, Gemeiner Dost, Kleine Pimpinelle, Kleearten, Labkräuter und Gräser, wie etwa das Deutsche Weidelgras, Wiesenrispengras, Glatt- hafer und das Wiesen-Lieschgras.

In der fast ungestörten Gräserdecke der oberen Lagen des Wichtelgrundes finden wir neben einigen Heuschrecken- und Spinnen- arten vor allem zahlreiche Falterarten. Neben Admiral, Kleinem Fuchs, Landkärtchen, Kaiser- mantel, Zitronenfalter, Gemeinem Bläuling, Di- stel- und Schachbrettfalter hat unter weiteren Arten auch das Blutströpfen hier eine wichtige Fortpflanzungstätte. Die kräftig rot gefärbten Flecken auf schwarzem Grund der Flügeldecken gaben diesen kleinen Faltern wohl den Namen. Blütendetail vom Acker-Wachtelweizen Die meisten Arten dieser Gattung (Zygaena) spalten sich in viele geographische Rassen auf, die nur der erfahrene Spezialist unterscheiden kann. Viele kommen nur auf Kalkboden vor. Dementsprechend haben sich ihre Raupen auch auf meist nur eine der hier typischen Pflanzen wie Hornklee, Hufeisenklee, Kronwicke, Espar- sette, Thymian oder Pimpinelle als Nahrungs- grundlage spezialisiert.

Im breiten Spektrum der im Gebiet vorkom- menden Arten seien als Brutvögel des Gebietes vor allem die Dorngrasmücke, Mönchsgras- mücke, der Neuntöter, die Schwanzmeise, die Heckenbraunelle, der Zaunkönig, der Distelfink, der Bluthänfling, der Fitis und die Singdrossel genannt. Greifvögel wie Mäusebussard, Turm- falke, Sperber und Roter Milan werden hier re- gelmäßig auf Nahrungssuche gesichtet. Nicht unerwähnt soll das regelmäßige Vor- kommen der Zauneidechse und Blindschleiche bleiben, die gern an den alten kleinen, teilweise noch nicht überwucherten Lesesteinhaufen aus früherer Kleinbewirtschaftung der Feldparzellen anzutreffen sind. Für die gesamte Fortentwick- lung als artenreiches Refugium GLB „Wichtel- grund“ wäre eine ausgewogene Heumahd oder eine fachlich abgestimmte Schafhutung zur Er- haltung des Charakters sehr notwendig. Ohne diese wird der Verbuschungsgrad weiter deut- lich zunehmen. Skorpionsfliege

49 Tongrube Kirchheilingen Lage: südwestlich von Kirchheilingen an der B 84 Gemarkung: Kirchheilingen Größe: 5,6 ha Unterschutzstellung: 2004

Die Tongrube Kirchheilingen liegt südwestlich im Zentrum des Thüringer Beckens zu einer des Ortes an der Bundesstraße 84. jährlichen Grundwasserneubildung von 0 bis 10 Im Zentrum des Thüringer Beckens herr- mm. Die vorherrschende Windrichtung ist Süd- schen Hügelländer vor, an deren Oberfläche westen. Gesteine des Oberen Muschelkalkes und des Der geschützte Landschaftsbestandteil wur- Unteren Keupers anstehen, welche an Nordost- de durch Abgrabung herausgebildet. Die Soh- bis Osthängen mit Lössschichten überzogen le der Gruben liegt 3 – 4 m unter dem Niveau sind. Das Gebiet bei Kirchheilingen wird durch ihrer Umgebung. Nach Aufgabe der Nutzung anstehende Gesteine des Unteren Keupers be- der Tongrube haben sich unterschiedliche Bi- stimmt. otoptypen herausgebildet. Neben dem natur- Die Tongrube befindet sich am schwach nahen Kleingewässer sind Großseggen- und geneigten (ca. 5 %) welligen Südhang des Röhrichtflächen, Feldgehölze sowie Gras- und Schwerzelbachtales. Die Tongrube selbst stellt Staudenfluren entstanden. Damit hat sich in eine kesselige Einwölbung in den Hang dar. der ansonsten ausgeräumten Agrarlandschaft Über Tonmergel und Dolomitmergel haben des Thüringer Beckens ein strukturreicher sich hier die Bodenformen Ton-Rendzina mit wertvoller Lebensraum mit einer an Wasser ge- Übergängen zu Ton-Schwarzerden gebildet. Die bundenen Fauna und Flora entwickelt, der das Bodenart schwankt zwischen lehmigem Ton bis lokale Landschaftsbild bereichert. Ton. Diese Böden sind weitgehend skelettfrei und bis maximal 40 cm humos. Bedeutung hat das Areal insbesondere für Den wichtigsten Grundwasserstauhorizont die Tierwelt. Erfassungen wurden für die Ar- im Gebiet stellen die Schichten des Mittleren tengruppen Vögel, Amphibien, Reptilien und Muschelkalkes dar. Diese Schichten erweisen Libellen vorgenommen. Trotz der geringen sich als gute Grundwasserleiter und haben im Größe der ehemaligen Tongrube konnten 21 Gebiet Mächtigkeiten von 50 bis 100 m. Die Brutvogelarten nachgewiesen werden (vgl. Grundwasserleiter der Muschelkalkformation KÄDING 1996). Neben der Knoblauchkröte, stellen ausgesprochene Karstgrundwasserleiter der Kreuzkröte und dem Kammmolch wurden dar. Das Wasser bewegt sich in den Klüften und bei Untersuchungen zur Erstellung des Schutz- unterirdischen Gerinnen teilweise ähnlich wie in würdigkeitsgutachtens insgesamt 9 Amphibien- oberflächlichen Fließgewässern. Der Grundwas- arten erfasst. Bei Untersuchungen im Sommer serflurabstand beträgt im Gebiet der Tongrube 1995 wurden 9 Libellenarten nachgewiesen. ca. 100 m. Die Hauptgrundwasserfließrichtung ZIMMERMANN (1997) konnte später sogar 15 verläuft von Ost nach West. Libellenarten feststellen. In der stillgelegten Tongrube hat sich über Gezielte Pflegeeingriffe sind zur Erhaltung der mehrere Jahrzehnte ein artenreiches Stand- Biotopstrukturen nötig, ansonsten führt eine gewässer aufgrund von stauenden Zwischen- fortschreitende Sukzession zur Verbuschung. schichten gebildet. Durch den Abschluss eines mehrjährigen Pfle- gevertrages ist die Erhaltung der Wiesenflächen Das Gebiet der Tongrube ist zum Klimabezirk durch Mahd gegenwärtig gesichert. „Thüringer Becken“ zu rechnen. Im Übergangs- Eine Belastung der Gewässerqualität durch bereich zwischen dem ozeanisch (atlantisch) Eintrag von Düngemitteln und Pestiziden aus geprägten west- und dem kontinental gefärbten den angrenzenden Ackerflächen muss vermie- osteuropäischen Klima liegend, weist es bereits den werden. eine deutlich kontinentale Klimatönung auf. Die Niederschläge liegen im zentralen Thüringer Becken unter 500 mm im Jahr. Bei einer mitt- leren Jahrestemperatur von 8,7 °C kommt es

50 51 Bothenheilinger Herzberg Lage: südwestlich von Bothenheilingen Gemarkung: Altengottern, Bothenheilingen Größe: 7,8 ha Unterschutzstellung: 2010

Der Grünlandkomplex des Bothenheilinger erwähnen. Auf dem Halbtrockenrasen werden Herzberges gehört zu einer Kette von Keuper- eine Vielzahl recht seltener Pflanzenarten ge- hügeln, die sich im Naturraum „Innerthüringer funden, z.B.: Frühlings-Adonisröschen (Adonis Ackerhügelland“ östlich von Mühlhausen - um- vernalis), Steppen-Spitzkiel (Oxytropis pilosa), geben von intensiv landwirtschaftlich genutzten Büschel-Glockenblume (Campanula glomerata), Flächen – landschaftsbildprägend entlang zieht. Geflecktes Ferkelkraut Hypochoeris( maculata) Auf Grund des anstehenden Keupers sind die und die Garten-Schwarzwurzel (Scorzonera hi- Böden besonders mager. Eine über Jahrhun- spanica). derte hinweg andauernde extensive Nutzung Im südlichen Bereich – unmittelbar angren- bedingte die Entwicklung der heute anzutref- zend an den Trockenrasen - schließt sich ein fenden Trocken- und Halbtrockenrasen. überregional bedeutsamer, steiniger Acker- Der Bothenheilinger Herzberg – wie die ge- streifen mit Fundpunkten von seltenen und ge- samte Hügelkette von den Grabschen Bergen fährdeten Arten der Ackerwildkrautflora an. So über den Breiten und Roten Berg bis zum werden hier u.a. die folgenden Arten gefunden: Gotterschen Herzberg – wird aus den Schichten Rauhaariger Eibisch (Althaea hirsuta), Dreihör- der Unteren Gipskeuperfolge, dem untersten niges Labkraut (Galium tricornutum), Schlitz- Abschnitt des Mittleren Keupers, gebildet. Be- blättriger Stielsame (Podospermum laciniatum) sonders an den vegetationsfreien Stellen, den und als ganz besondere Seltenheit der Acker- so genannten Badlands, sind die roten bis Schwarzkümmel (Nigella arvensis). grau-violetten Tonmergel des Keupers mit da- Darüber hinaus ist das Vorkommen der zwischen liegenden Gipsschichten und festen Zwerg-Heideschnecke (Trochoidea geyeri) von Dolomitmergeln gut erkennbar (vgl. REUTHER besonderem Interesse, da sie vom Herzberg & WEISE 1996). erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde Die Halbtrockenrasenflächen sind gekenn- und damit eine weltweite Bedeutung besitzt zeichnet durch eine hohe Vielfalt stark gefähr- (vgl. auch ZEISSLER 1998). deter Arten sowohl aus floristischer als auch Nordöstlich ist auf Grund der Topographie aus faunistischer Sicht. Für die Tierwelt, ins- das Eindringen von Nährstoffen aus den an- besondere für die wärme-, licht- und trocken- grenzenden Ackerflächen erkennbar. Außerdem heitsliebenden Arten der Offenlandschaften liegt der Bothenheilinger Herzberg isoliert in- stellt der Bothenheilinger Herzberg einen wich- mitten intensiv bewirtschafteter landwirtschaft- tigen Rückzugsraum dar und ist Lebensstätte licher Flächen, ebenso wie die anderen Teilflä- hier vorkommender gefährdeter Tierarten wie chen der Keuperhügelkette. insbesondere Mollusken, Laufkäfer, Tagfalter, Heuschrecken, Spinnen und Wildbienen. Innerhalb der Wirbellosenfauna sei auf das Vorkommen der in Thüringen stark gefähr- deten, blinden Ameisenassel hingewiesen, welche unterirdisch bei Formiciden lebt. Als Charaktertier des Trockenhanges kommt der stark gefährdete Grauflügelige Erdbock Ibe- ( rodorcadion fuliginator) vor. Bemerkenswert ist auch die Typenlokalität der Trauermücke (Bra- dysia lembkei) (Diptera: Sciaridae), welche vom Bothenheilinger Herzberg als neu für die Wis- senschaft beschrieben worden ist. Unter den Tagfaltern und Widderchen ist der Grasheiden- Scheckenfalter (Melitaea aurelia) besonders zu

52 Bothenheilinger Herzberg - Aufnahme August 1999

Dänischer Tragant zerstreut im Gebiet vertreten Zwergheideschnecke

53 54 Naturschutzgebiete

55 Grabsche Berge Lage: zwischen Grabe und Bollstedt/Gemeinde Weinbergen Gemarkung: Bollstedt, Kleingrabe Größe: 54,4 ha Unterschutzstellung: 1996

Am nordwestlichen Rand des Thüringer Be- ßenden Höhenzüge dem Keuper zugeordnet. ckens liegen die Grabschen Berge. Sie gehören Die Grabschen Berge sind seit langem wegen zu den Gemarkungen Grabe und Bollstedt in ihrer Naturausstattung, besonders ihres Pflan- der Gemeinde Weinbergen des Unstrut-Hainich- zenreichtums bekannt. Kontinuierlich wurden Kreises. Es sind Anhöhen, die sich im Winkel und werden sie von Botanikern aufgesucht. zwischen der Notter und ihrer Einmündung in Ihre Beobachtungen wurden in diversen Ver- die Unstrut ausbreiten. Das Naturschutzgebiet öffentlichungen allgemein zugänglich gemacht, wird nach Westen und Norden durch die Not- von REUTHER & FICKEL (2006) liegt eine Zu- ter begrenzt. Der Prallhang der Notter ist am sammenfassung zu wesentlichen Erkenntnissen Kalkkopf sehr steil, das Höhenniveau der Notter zum NSG Grabsche Berge vor, dort sind auch liegt hier bei 192 m NN. Der Kalkkopf ist 240 m weiterführende Literaturangaben aufgelistet. hoch, der Kirchberg 246,9 m und der Weinberg Bereits frühzeitig setzten Bemühungen ein, 247,7 m NN. Die welligen Abhänge sind nach diese wertvollen Naturrefugien zu schützen. Im Süden und Südwesten geneigt, vorwiegend nur Jahre 1980 wurden drei Teilareale des Gebietes flach und nur am Weinberg steiler. Geologisch als Flächennaturdenkmale „Kalkkopf“, „Wolfs- sind die Grabschen Berge typisches Triasgebiet milchsteppe“ und „Auf dem Weinberg“ unter und werden dabei wie auch die sich anschlie- Schutz gestellt. 1996 erhielt dann eine 56,4 ha umfassende Fläche als Naturschutzgebiet mit der Bezeich- nung „Grabsche Berge“ gesetzlichen Schutz, damit war erstmals das gesamte Gebiet ge- schützt. Seit 2004 sind die Grabschen Berge gemein- sam mit weiteren angrenzenden Keuperhügeln als FFH-Gebiet Nr.: 201 mit der EU-Nr. 4829- 301 als „Keuperhügel und Unstrutniederung bei Mühlhausen“ geführt und finden damit europa- weite Anerkennung. Die Naturausstattung und die Besonderheiten der Flora des NSG wurden in dieser Broschüre in den Abschnitten zu den FND „Auf dem Weinberg und im Kirchgrund“, „Wolfsmilchsteppe“ und „Kalkkopf“ ausführlich beschrieben. Darüber hinaus sind für das NSG die folgenden herausragenden Pflanzenvor- kommen zu nennen: Der Venuskamm (Scan- dix pecten-veneris), die Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata) und die Bologneser- Glockenblume (Campanula bononiensis). Im NSG Grabsche Berge wurden mehr als 300 Pflanzenarten gefunden, davon stehen 20 Arten auf der Roten Liste Thüringens.

Das Gelände ist völlig waldfrei und die Flä- chen zu großen Teilen mit Kalk-Magerrasen be- deckt. Auf der Höhe befinden sich Äcker, in den geschützten Lagen der Mulden Streuobstwie- sen mit einem hohen Anteil an Süßkirschen, die

56 schon vor langer Zeit hier auf den durchlässigen tum, dass Düngung generell zu verbessertem Kalkböden angepflanzt wurden. Pflanzenwachstum führt. Im Gegenteil: Die Die Kalk-Magerrasen sind vorrangig als Halb- Pflanzen der Kalkmagerrasen sind an relativ trockenrasen ausgebildet. Sie sind entstanden nährstoffarme Verhältnisse angepasst. Eine ein- durch die Tätigkeit des Menschen, die die ur- zige kräftige Gabe von Mineral-Dünger kann auf sprünglichen Wälder dieser Gebiete zurück- den mageren Standorten eine negative Wirkung drängten und die Flächen vorrangig mit Schafen entfalten. Ganze Pflanzen-Populationen können und Ziegen beweideten. aussterben. Damit wird auch die Gefahr deut- Für den Natur- und Artenschutz sind sie von lich, die den Kalkmagerrasen aus der Luft droht, herausragender Bedeutung. Sie entwickelten vornehmlich durch die Stickstoff-Verbindungen sich auf sehr trockenen und kalkhaltigen Böden, im Regenwasser. vor allem auf südlich ausgerichteten sonnigen Hängen. Für die Entstehung von Trocken- und Halb- Als ein Kultur-Biotop, das durch menschliche trockenrasen war nicht nur die Nutzung, son- Einwirkung an die Stelle des Waldes getreten dern auch das Klima verantwortlich, allerdings ist, können sie nur fortexistieren, wenn die weniger das Regionalklima und die Niederschlä- Nutzungsform, die ihre Entstehung bewirkt hat, ge, sondern vielmehr das lokale Mikroklima, das nicht über allzu lange Zeit entfällt. von Bodentyp, Exposition, Hangneigung und Diese Biotope gehören allgemein zu den ar- Nachbarschaft zu Wäldern oder Feuchtgebieten tenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Sie geprägt wird. bieten mehreren Hundert Pflanzen- und Tierar- ten einen Lebensraum. Ihre typischen Arten sind sehr genügsam, was die Versorgung mit mineralischen Grund- stoffen angeht. Es ist ein weit verbreiteter Irr-

NSG Grabsche Berge am Rande des Thüringer Beckens

57 Zottige Spitzkiel (Oxytropis pilosa)

Goldene Acht

58 Großer Horn Lage: nordöstlich der Gemeinde Blankenburg Gemarkung: Blankenburg, Mittelsömmern Größe: 150 ha Unterschutzstellung: 1961

Das 1961 ausgewiesene Naturschutzgebiet tung über einen grabenartigen Bach, der im hat Flächenanteile in den Landkreisen Unstrut- Sommer über Monate austrocknet. Die Umge- Hainich und Kyffhäuserkreis. Es liegt südlich bung gilt als ein von Wassererosion gefährdetes von Freienbessingen bzw. nordöstlich der Ge- Gebiet, insbesondere aufgrund der auf Acker- meinde Blankenburg. Es handelt sich um ein als bau ausgerichteten Bewirtschaftung. Das Wald- Waldinsel in einem landwirtschaftlich geprägten gebiet selbst übt eine ausgleichende Funktion Raum geschütztes Schutzgebiet. Es wurde zum auf den Wasserhaushalt aus. Zweck der forstwissenschaftlichen bzw. waldö- kologischen Forschung ausgewiesen. Ziel war Beim Naturschutzgebiet „Großer Horn“ han- und ist es u.a., die Struktur und Dynamik lin- delt es sich um ein reines Waldschutzgebiet, in denreicher Eichen-Hainbuchenwälder und die dem sich ein rund 21 ha großes Totalreservat klimatische und bodenklimatische Wirkung von befindet. Der Name ist auf die Bezeichnung Restwäldern in Trockengebieten auf die umge- „horn“, die wohl „sumpf“ bedeutet, zurückzu- bende Landschaft zu untersuchen. führen. Prägend ist der Lindenreiche Eichen- Hainbuchenwald. Im NSG befinden sich meh- Das NSG liegt auf der nach Südwesten ge- rere Gruppen von Hügelgräbern und zahlreiche neigten Abdachung der Sömmerschen Höhen. Grenzsteine. Die „Laubwaldgenossenschaft Mit- Die Umgebung und der Norden des Natur- telsömmern“ bewirtschaftete das Gebiet lange schutzgebietes werden durch Schichten des Zeit ziemlich einheitlich als Mittelwald. Unteren Keupers geprägt, die meist von einer mehr oder weniger mächtigen Lösslehmdecke Vegetationskundlich sind die feuchten und überlagert sind. An den am Südrand des NSG wechselfeuchten Eichenwälder hervorzuheben. heranragenden Grabenbrüchen (Schlotheimer Hier ist vor allem der Silgen-Eichenwald als seg- Graben) steht Oberer und Mittlerer Muschelkalk genreiche Variante mit Sumpfsegge sowie si- an. ckerfrische Ausbildungsformen mit Orchideen- Das Schutzgebiet liegt am Rand des kontinen- Vorkommen zu nennen. Andererseits sind auch tal-subatlantischen Klimabereiches. Es zeichnet die schwach wärmegetönten und trockeneren sich durch relativ niedrige Niederschlagsmen- Standorte des Lindenreichen Eichen-Hainbu- gen von ca. 550 mm aus, von denen ein hoher chenwaldes zu erwähnen. Eichenverjüngung Prozentsatz auf die Vegetationszeit entfällt. fehlt heute fast völlig, dagegen konnte sich die Das NSG entwässert in südwestlicher Rich- Rotbuche erfolgreich ausbreiten.

59 Floristisch interessant sind die Vorkommen von Weißem Fingerkraut, Sibirischer Schwert- lilie, Kleinem Träubel, Knolliges Lungenkraut, Gewöhnlicher Natternzunge und Stattlichem Knabenkraut.

Eine Besonderheit stellen die nach Süden exponierten Waldaußenränder im Süden des Schutzgebietes dar. Hier haben sich dorn- strauchreiche, stufige Waldrandstrukturen aus- gebildet.

Das NSG zeichnet sich durch seinen Vogel- reichtum aus, vor allem Spechte kommen hier zahlreich vor. Die Population des Mittelspechtes wird als überregional bedeutsam eingestuft. Daneben sind Wendehals, Schwarz- und Grau- specht, Mäusebussard, Habicht und Rotmilan anzutreffen. An Kleinsäugern wurden bisher u. a. Waldmaus, Schermaus, Erdmaus, Maulwurf, Waldspitzmaus, Zwergspitzmaus und Feldspitz- maus nachgewiesen. Hervorzuheben ist das Vorkommen der Brandmaus. Bei Netzfängen 2003 wurden Bechsteinfledermaus, Mopsfleder- maus und Großes Mausohr unter den Fleder- mäusen festgestellt.

1999 wurden bei Untersuchungen zur Erstel- lung des Schutzwürdigkeitsgutachtens 17 Land- schneckenarten festgestellt, weiterhin 28 xylo- bionte Käferarten (so der Bockkäfer Corymbia scutellata), 25 Laufkäferarten (darunter Caloso- ma inquisitor) und 55 Spinnenarten mit Xysticus luctuosus und Walckenaeria melanocephala.

Das Gebiet des NSG zählt zusammen mit den Waldkomplexen „Große Sonder“ sowie „Ober- holz“ durch die Meldung im Jahr 2004 als FFH- Gebiet an die EU zum Schutzgebietssystem Natura 2000. Mit der Meldung ist die Verpflich- tung verbunden, den Zustand des Gebietes zu bewahren.

Negativ fallen die überdimensionierten und zahlreich anzutreffenden jagdlichen Einrich- tungen auf. Außerdem bestehen Gefährdungen für das Naturschutzgebiet durch illegale Müll- entsorgung.

Mittelspecht

60 Weißes Fingerkraut und Knolliges Lungenkraut, zwei Charakterarten des Großen Horn

61 Klosterschranne - Faulunger Stein Lage: südlicher Teil des thüringischen Eichsfeldes, zwischen den Orten Struth, Faulungen und Lengenfeld u. Stein Gemarkung: Faulungen, Lengenfeld u. Stein Größe: 298,3 ha Unterschutzstellung: 1996

Zwischen Faulungen, dem Kloster Zella und Faulunger Grundes mit ihren naturnahen Hang- Struth liegt das Naturschutzgebiet „Kloster schuttwäldern. Der eigentliche Steilhang wird Schranne – Faulunger Stein“. Namensgebend vom Unteren Wellenkalk, der Oolithzone und für dieses Schutzgebiet sind zwei bedeutende dem Mittleren Wellenkalk gebildet. Die Tere- Felsbildungen, welche einen hohen land- bratelzone liegt im Bereich der oberen Hang- schaftsästhetischen und kulturellen Stellenwert kante. Die Plateaubereiche des Schlegelberges haben. Das Gebiet ist Bestandteil der süd- und des Brandkopfes werden durch den oberen eichsfelder Muschelkalkplatte, aus welcher der Wellenkalk bis zur Schaumkalkzone geprägt. Brandkopf und der Schlegelsberg, durch die aus Im Nordwesten des Gebietes bis östlich von Richtung Struth fließende Frieda und den aus Faulungen ist auch der Rötsockel in das NSG Richtung Eigenrieden kommenden Faulunger einbezogen. Die rotbraunen und grünen Ton- Bach abgeteilt wurde. und Schluffsteine mit Gipseinschaltungen des Den Kernbereich des Naturschutzgebietes Röts sind von Wellenkalkschuttmaterial und bilden die west- und nordexponierten Steil- stellenweise von Bergsturzmassen und Gleit- hänge des Wellenkalkes im oberen Friedatal schollen bedeckt (vgl. JOHNSEN & KLENGEL und die südexponierten Wellenkalkhänge des 1972, PATZELT 1993).

62 Oberhalb des Rötsockels befinden sich Quell- insbesondere durch Verbuschung stark gefähr- horizonte, in denen aus Muschelkalkfolgen und det sind. Für den Naturschutz sind auch die Vor- Bergsturzbereichen Sickerwasser meist in Form kommen der Brustwurz-Kohldistel-Feuchtwiese von Sumpfquellen austritt. Besonders konzen- und der Mädesüß-Flur am Quellhang und ent- triert sind die Quellbereiche im Kerbtal zwi- lang der Waldränder im Zellaer Grund bedeut- schen dem Brandkopf und dem Schlegelsberg. sam. Das austretende Wasser ist stark angereichert Im NSG „Kloster Schranne – Faulunger Stein“ mit gelöstem Kalkmaterial, so dass es unterhalb wurden schon über 350 Farn- und Blütenpflan- der Quellen zu beachtlichen Ablagerungen von zen nachgewiesen. Dem Besucher zu jeder Süßwasserkalken kommt. Jahreszeit auffällig sind die Eiben (Taxus bac- Durch die stark variierende Hangneigung und cata), die im Hangwald oberhalb der Ortslage Hangexposition hat sich im Gebiet ein Mosaik Faulungen bis in die Hangbereiche des Brand- an unterschiedlichen Bodenformen herausgebil- kopfes mit dem Schrännfelsen in mehreren det. Auf den Hochflächen entwickelte sich aus hundert Exemplaren zu finden sind. Im Verlauf den Kalken in ebener Lagerung ein mittelgrün- einer Vegetationsperiode können im Gebiet diger tonig-steiniger Lehm mit Berglehm-Rend- neben der wintergrünen Nadelbaumart minde- zina. In den Hangbereichen sind flachgründige stens 25 weitere Pflanzenarten gefunden wer- Böden aus stark steinigem Lehm, feinerdearmer den, die durch die Bundesartenschutzverord- Hangschutt bis hin zum anstehenden klüftigen nung streng geschützt sind und zum Teil auch in Kalkstein verbreitet. Überwiegende Boden- der Roten Liste Thüringens geführt werden. Der formen sind hier Fels-, Berglehm- und Schutt- überwiegende Teil dieser Pflanzen sind Orchi- Rendzina sowie Kalk-Syrosem. Auf dem Rötso- deen (14 Arten), darunter das Breitblättrige und ckel sind Ton-Rendzina und Tonschutt-Rendzina das Stattliche Knabenkraut (Dactylorhiza maja- die vorherrschenden Bodenformen. lis und Orchis mascula), die Zweiblättrige und Auch mikroklimatisch weist das Schutzgebiet die Grünliche Waldhyazinthe (Platanthera bifo- eine große Variationsbreite auf. Die südexpo- lia, Platanthera chlorantha), das Weiße und das nierten Hanglagen sind relativ starken Schwan- Rote Waldvöglein (Cephalanthera damasonium, kungen der Temperatur und des Wasserdarge- Cephalanthera rubra). Die Akelei (Aquilegia vul- bots ausgesetzt, während in den Talbereichen garis) und die Türkenbundlilie (Lilium martagon) meist feucht-kühle Standortbedingungen vor- sind recht zahlreich vertreten, die Silberdistel herrschen. (Carlina acaulis) ist inzwischen nur noch sel- Das Naturschutzgebiet ist zwar überwiegend ten zu sehen. Den giftigen Echten Seidelbast mit Wald bestockt, wird aber durch zahlreiche (Daphne mezereum) kann man im Vorfrühling oft sehr kleinflächige Vegetationstypen und blühend entlang des Wanderweges finden. Biotopstrukturen wie Kalkmager-, Halbtrocken- Auch die Flechten und die Pilzvorkommen im und Trockenrasen, Streuobstwiesen, die natur- NSG sind durch zahlreiche Artnachweise be- nahen Bachläufe und Kalktuffquellen und auch merkenswert. die stark variierenden orografischen Gegeben- heiten strukturiert und damit aufgewertet. Die naturnahen Waldbereiche im NSG werden von Buchenwäldern geprägt. Der Orchideen- Buchenwald ist hier weit verbreitet, weiterhin ist auch Waldgersten-, Waldmeister- und Eiben- Buchenwald zu finden. Weitere Waldtypen sind Spitzahorn-Sommerlinden-Hangschuttwald und Eschen-Ahorn-Schlucht- und Schatthangwald an nordexponierten Steilhängen. Kleinere Fichten- und Kiefernbestände wur- den vor Jahrzehnten aufgeforstet und sind so- mit derzeit im Gebiet auch noch vorhanden. Blaugras-Trockenrasen bilden natürliche Ve- getationseinheiten auf den exponierten Fels- köpfen. Auf den südexponierten ehemaligen Hutungsflächen im Faulunger Grund haben sich Enzian-Schillergras-Rasen entwickelt, die aber

63 Eiben sind vor allem in den Steilhängen zu finden

Das Schutzgebiet gehört zum Einzugsgebiet der Frieda

64 Kühmstedter Berg Lage: südlich der Unstrut, auf dem Höhenrücken zwischen den Orten Zella und Horsmar Gemarkung: Lengefeld Größe: 39,2 ha Unterschutzstellung: 1961

ria majalis) und Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus). Das in einem Schreiben (Jena, 23.12.1955) als floristisch bemerkenswert erwähnte Vor- kommen der Mandel-Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides) und des Rundblättrigen Winter- grün (Pyrola rotundifolia) konnte 2008 und 2009 trotz intensiver Suche nicht mehr nachgewie- sen werden. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass zumindest das Rundblättrige Wintergrün auf Grund seiner geringen Größe noch vor- kommt. Im Herbst 2009 wurde die Herkuleskeule (Clavariadelphus pistillaris) gefunden, mit wei- teren Vertretern der Pilze ist zu rechnen.

In den zum Teil großflächigen Fahrspurrinnen können immer wieder Erdkröten und Berg- molche nachgewiesen werden.

Das Schutzgebiet besteht aus buchenreichen Eichen-Hainbuchenwäldern und liegt im Grenz- bereich des Innerthüringischen Keuperbecken zu den westlichen Muschelkalkrandplatten des Eichsfeldes. Es bildet einen flachen Rücken in etwa 350 m NN und repräsentiert pflanzenge- ographisch das bereits subozeanisch geprägte Hügelland des Eichsfeldes.

Der artenreiche Laubholzmischwald setzt sich vorwiegend aus Rotbuche (Fagus sylvati- ca), Traubeneiche (Quercus petraea), Winter- linde (Tilia cordata), Gemeine Esche (Fraxinus excelsior), Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus), Spitz-Ahorn (Acer platanoides), Hainbuche (Car- pinus betulus), Elsbeere (Sorbus torminalis) und Vogel-Kirsche (Prunus avium) zusammen. Als Bodenvegetation tritt Waldmeister (Ga- lium odoratum) fast flächendeckend auf. Des Weiteren finden wir u. a. Buschwindröschen

(Anemone nemorosa), Maiglöckchen (Convalla- Herkuleskeule

65 Sonder Lage: südlich der Stadt Schlotheim Gemarkung: Marolterode, Neunheilingen, Schlotheim Größe: 89,5 ha Unterschutzstellung: 1961

Die Große Sonder ist der zentrale Teil eines isolierten Waldrestes in der extrem gehölzar- men, hügeligen und fruchtbaren Ackerland- schaft des trockenwarmen innerthüringischen Beckens. Das Schutzgebiet hat eine Größe von fast 90 ha und liegt etwa 3 km südlich Schlo- theims auf dem nach Nordnordost abgeflachten Höhenrücken der Heilinger Höhen zwischen 310 m NN im Norden und 335 m NN im Süden. Nach Nordosten fällt es steil zum Grabenbruch der Marolterode-Schlotheimer-Störungszone ab. Das Klima befindet sich im Einfluss des tro- ckenen Klimabezirks „Thüringer Becken“. An- gaben aus dem Jahre 1974 geben eine mittlere Jahrestemperatur von 7,9 °C (bei einer Januar- Mitteltemperatur von -0,9 °C und einer Juli- Mitteltemperatur von 17 °C) an. Die mittlere jährliche Niederschlagssumme beträgt 560 mm. Geologisch gehört das Gebiet zum Thürin- ger Keuperbecken. Der Untergrund besteht vorrangig aus Letten des unteren Keupers. Die gesamte Fläche ist mit einer mehrere Meter mächtigen Schicht aus Lösslehm bedeckt. Die Waldgeschichte des Gebietes ist durch ausführliche Pollendiagramme gut untersucht und dokumentiert. Vorgeschichtlich war die Rotbuche vorherrschend. Infolge der frühmit- telalterlichen Rodungen wurde die Rotbuche zugunsten anderer Baumarten verdrängt. Es bildete sich ein lindenreicher Eichen-Hainbu- chenwald aus. Vorherrschende Baumarten sind vergleichbarer Hochmoore im Thüringer Wald. Stieleiche, Traubeneiche, Winterlinde, Hainbu- Die Erhaltung eines so sensiblen Biotops in der che und Rotbuche. Landschaft verlangt Aufmerksamkeit und das Im Gebiet befinden sich mehrere Erdfälle. kontinuierliche Erfassen sichtbarer Verände- Diese bildeten sich bevorzugt an geologischen rungen. Störungszonen durch Auslaugung von Steinsalz Hochmoore sind nährstoffarme, so genann- und Gips im Untergrund. te oligotrophe Biotope. Sie werden von Torf- Der größte Erdfall ist der 2,97 ha große be- moosen (Sphagnum spec.) gebildet. Ein gesun- deutende „Hanfsee“. Die Senke ist abflusslos des Moor ist ein aus Torfmoosmasse mit Wasser und wird nur vom Regen gespeist. Es ist kein vollgesogener Moos-Schwamm. See, sondern ein Moor, das einzige Hochmoor in Thüringen nördlich des Thüringer Waldes. Der Hanfsee hatte 1959 große Wasserver- Der aus Sicht des Naturschutzes hohe Wert luste im Zusammenhang mit Löscharbeiten des Hanfsees ergibt sich aus seiner geogra- bei einer Erdgashavarie bei Marolterode. 1961 phisch isolierten Lage. So empfängt er mit ca. wurde das Gebiet als Naturschutzgebiet ausge- 560 mm nur die Hälfte der Jahresniederschläge wiesen.

66 In den Folgejahren setzte eine langsame Re- ten Jahrzehnten einige seltene Pflanzenarten generation ein. Auch wenn der frühere Wasser- verschollen sind, gehört der Hanfsee noch zu stand nicht wieder erreicht wurde, ist der Moor- den herausragenden, schützenswerten Lebens- körper wieder intakt. räumen. Beispielhaft sollen die folgenden Pflan- zenarten genannt werden: Schmalblättriges Der Name „Hanfsee“ hängt sicherlich mit der Wollgras (Eriophorum angustifolium), Sumpf- einheimischen Wirtschaft der benachbarten Blutauge (Potentilla palustre), Fieberklee (Me- Stadt Schlotheim zusammen. Spinnen und We- nyanthes trifoliata), Rundblättriger Sonnentau ben des Flachses zu Leinen war in früheren (Drosera rotundifolia), Sumpf-Reitgras (Calama- Jahren auf dem Lande eine häusliche Winterbe- grostis canescens), Kamm-Wurmfarn (Dryopte- schäftigung. In Schlotheim wurden im großem ris cristata), Sumpffarn (Thelypteris palustris) Rahmen Seile hergestellt. Noch heute weisen und Faden-Segge (Carex lasiocarpa). hier Straßennamen wie Weberstraße, Seiler- straße und Flachsmarkt, aber auch der Name Wenn interessierte Bürger den Hanfsee be- Hanfsee auf diesen Ursprung hin. Ca. 15 km suchen, sollten sie nicht nur wegen des Betre- westlich vom Hanfsee befindet sich das NSG tungsverbotes in Naturschutzgebieten, sondern Flachstal dessen Name die gleiche Ursache hat. auch aus Respekt vor der Lebensumwelt der seltenen Pflanzenarten die Moorfläche nicht Die Fläche ist mit Moorbirken (Betula pube- betreten. scens) und teilweise mit Schwarzerlen (Alnus glutinosa) bestanden. Auch wenn in den letz-

Rundblättriger Sonnentau

67 Unstruttal zwischen Nägelstedt und Großvargula Lage: Unstrut zwischen den Orten Nägelstedt und Großvargula Gemarkung: Großvargula, Nägelstedt, Gräfentonna (Kreis Gotha) Größe: 192,6 ha Unterschutzstellung: 1996

Das Gebiet wird durch das Kerbtal der in Zufluss von sulfathaltigem Schichtenwasser aus diesem Bereich noch natürlich verlaufenden den Keupergesteinen des Plateaubereiches in Unstrut geprägt. Die südexponierten Talhänge den Bereich der Aue, treten dort Schwefelquel- werden von Halbtrockenrasen-Gesellschaften len als hydrologische Besonderheiten zu Tage. bedeckt, die nordexponierte Hanglage ist im Das Relief ist reich gegliedert. Wesentlichen von Eichenmischwäldern be- Die Bodenbildung ist auf Grund des breiten stockt. Der Talgrund ist durch Feuchtwiesen, geologischen Mosaiks sehr vielgestaltig. An den extensiv genutztes Grünland, Erlenbruchwald Steilhängen des Haupttales und der Nebentä- und einige Quellen gekennzeichnet. Obstge- ler sind auf Kalkuntergrund Rendzinaböden mit hölze säumen den parallel zur Unstrut verlau- partieller periglazialer Lössauflage ausgebildet. fenden Wanderweg im nördlichen Teil fast in Die Unterhangbereiche sind zusätzlich mit Ge- ganzer Länge. Im Uferbereich der Unstrut sto- röll oder abgeschwemmter Feinerde aufgefüllt. cken größere Bestände von Kopfweiden. Das Im Bereich der eiszeitlichen Flussterrassen Naturschutzgebiet liegt inmitten einer von in- herrschen alluviale Böden vor. tensiver Ackernutzung geprägten Landschaft. Das Naturschutzgebiet gehört zum trocken- Die geologische Struktur des Gesamtgebietes warmen thüringischen Becken mit subkonti- wird im oberen und mittleren Plateaubereich nentalen Zügen. Das Großklima ist durch eine durch tonige Keuperschichten des mittleren Jahresmitteltemperatur von 8,5 °C und einen und unteren Keuper charakterisiert, die von durchschnittlichen Jahresniederschlag von 506 Schwemmlehm- und Lößschichten überdeckt mm gekennzeichnet. sind. An den unteren Hangpartien des Durch- Ehemalige Weinberge, Trocken- und Halbtro- bruches mit seinen drei seitlichen Erosionstä- ckenrasen, Trockengebüsche, Quellbereiche, lern werden die Schichten des oberen Muschel- Feuchtstellen im Auenbereich, aufgelassene kalk angeschnitten. Der starke Neigungswinkel Kalksteinbrüche, alte Lehmgruben, alte Obst- der unteren Hangpartien ließ die anstehenden baum- und Kopfweidenbestände, Fett- und Muschelkalktafeln aus ihrer Schichtung abrut- Frischwiesen, Laubmischwaldflächen und Aue- schen, so dass die Hangbasis teilweise reichlich wald prägen diese einzigartige Landschaft in- mit Kalksteinmaterial überrollt ist. Durch den nerhalb des Durchbruchstales der Unstrut.

68 Unstruttal zwischen Nägelstedt und Großvargula

69 Auf Grund des Strukturreichtums bietet das ter, Grasheiden- und Östlicher Scheckenfalter, Naturschutzgebiet einer Fülle von Tier- und Pflaumen-Zipfelfalter, Großpunkt-Bläuling, Him- Pflanzenarten einen Lebensraum. Besonders melblauer Bläuling, Quendel-Ameisenbläuling, wertvolle Pflanzengesellschaften des Natur- Roter Würfelfalter, Schwarzbrauner Würfelfalter schutzgebietes sind Brustwurz-Kohldistel- und Mattscheckiger Baumdickkopffalter. Wei- Feuchtwiese, Sumpfstorchschnabel-Mädesüß tere wertgebende Arten befinden sich unter Flur und Wiesenknopf-Silau-Feuchtwiese im den nachgewiesenen Spanner-, den Eulen- und Feuchten sowie die großflächigen Adonisrös- Bärenfaltern. chen-Fiederzwenken-Halbtrockenrasen, im trockenen Bereich. Insgesamt wurden bisher Bereits 1939 wurde das Tal wegen seiner fast 500 Pflanzenarten nachgewiesen. Die Vor- Schönheit und Eigenart sowie seiner Funkti- kommen des Frühlings-Adonisröschen zählen on als Naherholungsgebiet zum Landschafts- zu den größten Beständen in Thüringen. Weiter schutzgebiet erklärt. Gleichzeitig ist das hervorzuheben sind Echter Eibisch, Dänischer Unstruttal als FFH-Gebiet Bestandteil des eu- Tragant, Deutscher Alant, große Bestände des ropäischen Schutzgebietssystems Natura 2000. Echten Eisenkrautes sowie eine Vielzahl von Auf dem Gebiet liegt ein enormer Druck durch Orchideenarten. Erholungssuchende. Durch das Gebiet verläuft Auch die Tierwelt weist einen bemerkens- der stark frequentierte überregionale Unstrut- werten Artenreichtum auf. Unter den Säugetie- radweg. Bei schönem Wetter sind an Wochen- ren sind Igel, Maulwurf, Hermelin und Feldhase enden oder Feiertagen sehr viele Menschen an- erwähnenswert. Über 60 Vogelarten brüten zutreffen. Wahre Pilgerströme setzen jedes Jahr im Gebiet. Für sieben weitere Arten besteht im Frühjahr ein, um die über Thüringen hinaus Brutverdacht. Unter den Brutvögeln sind lo- bekannte „Orchideenversuchsfläche“ aufzusu- kal selten gewordene Arten wie Beutelmeise, chen. Nach Aussagen der Orchideentouristen Grauammer, Raubwürger, Rotmilan und Wen- sparen sie sich somit das Geld für eine Mittel- dehals. Regelmäßig beobachtet werden können meerfahrt, da die Arten ja mit weniger Aufwand auch der in Nägelstedt brütende Weißstorch, auch hier zu betrachten sind. Dass man damit Rebhühner, Rohrweihen und als Zugvogel der gleichzeitig gegen das bestehende Wegegebot Waldwasserläufer. Unter den Reptilien sind im NSG verstößt, wird hierbei verdrängt. Glattnatter und Zauneidechse, unter den Lur- Als Herausforderung stellt sich die Eindäm- chen Wechselkröte, Seefrosch und Kammmolch mung der zunehmenden Verbuschung von zu nennen. In der Unstrut lebt die Westgroppe. Kalktrockenrasen dar. Untersuchungen aller vorhandenen Mollusken- Lebensräume in den 1990er Jahren belegen eine außerordentliche hohe Artenvielfalt. Im Schutzgebiet wurden des Weiteren 18 Heu- schreckenarten, darunter der Warzenbeißer, die hygrophile kurzflüglige Schwertschrecke und symbiontisch lebende Ameisengrille gefunden. Auch elf Libellenarten sind bekannt, so konnte an der Unstrut die Gebänderte Prachtlibelle mit ihren blauen Flügelmalen nachgewiesen wer- den. Bei den meisten anderen beobachteten Arten handelt es sich um euryöke Stillgewäs- serarten, die sich an ruhigeren Flussbereichen fortpflanzen oder das Flusstal als Jagd- und Ru- hezone bzw. als Wanderkorridor nutzen. Bemer- kenswert sind die Einzelfunde der Fledermaus- Azurjungfer und der Gebänderten Heidelibelle. Das Naturschutzgebiet beherbergt auf Grund seiner ausgedehnten Trockenhänge, trotz der isolierten Lage inmitten von Ackerflächen, eine reichhaltige Tagfalterfauna. Zahlreiche, meist thermophile Arten wurden beobachtet, darun- ter Großer Fuchs, Magerrasen-Perlmutterfal- Deutscher Alant

70 Volkenrodaer Wald Lage: nordöstlich des Ortsteiles Volkenroda Gemarkung: Körner Größe: 27,3 ha Unterschutzstellung: 1961

Das Naturschutzgebiet „Volkenrodaer Wald“ Untergrund versinkt. Der oberflächennahe geo- ist ein unter einem Eschen-Bachwald gelegener logische Untergrund wird von den Kalken des Abschnitt des Schaftals im südöstlichen Volken- Oberen Muschelkalkes gebildet. Der Oberboden rodaer Wald 1,5 km nordöstlich von Volkenro- ist gut durchfeuchtetes Kolluvium. Der hohe da. Die Unterschutzstellung erfolgte auf Grund Feinerdegehalt und der durch die Bodenfeuch- des reichen flächenhaften Märzenbechervor- te bedingte hohe Mineralstoffumsatz hat ei- kommens (Leucojum vernum) im artenreichen nen eutrophen Bodenstandort geschaffen. Die Unterwuchs des Bachwaldes. Im Norden und Krautschicht ist artenreich und weist mehrere Süden geht es in Buchenwälder bzw. junge Lin- zeitlich gestaffelte Blühaspekte der Frühblüher den-Mischwälder über. Im Osten befinden sich auf. Das Frühjahr beginnt mit dem weißen Blü- auch jüngere, nicht standortgerechte Fichten- tenteppich des Märzenbechers. Leider werden wälder innerhalb der Schutzgebietsgrenzen. Im in dieser Zeit immer wieder unvernünftige Be- Norden ist Douglasie beigemischt, im Westen sucher angetroffen, die sich Sträuße pflücken. Europäische Lärche. Das 27,3 ha große NSG ist 1 km lang (Ost-West-Richtung) und von Norden Der naturnahe Eschen-Bachwald ist zu er- nach Süden nur 300 m breit. Es liegt im Höhen- halten und das Nadelholz allmählich herauszu- bereich zwischen 290 m ü. NN am Giebelberg nehmen. Von maschinellen Bewirtschaftungs- im Südwesten und 270 m ü. NN an der Ostgren- formen ist dabei abzusehen. Der Waldumbau ze. Die Westgrenze bildet die Ortsverbindungs- in den Nadelholzbereichen sollte allmählich straße zwischen Volkenroda und Obermehler. durch Auflichtung und Unterbau mit standort- Der Steingraben liegt die meiste Zeit des gerechten Laubholzarten erfolgen. Jahres trocken, kann nach der Schneeschmelze oder nach anhaltenden Regenfällen aber auch viel Wasser führen und bildet dann eine Bach- schwinde aus, an der das Wasser zum Teil im

71 Märzenbecherblüte im Volkenrodaer Wald

72 73 Flachstal Lage: Tal zwischen Reiser, Windeberg und Kaisershagen Gemarkung: Reiser, Windeberg, Kaisershagen Größe: 182,2 ha Unterschutzstellung: 1999

Das Naturschutzgebiet liegt im Flachstal, einem 4 km langen Trockental im Bereich der nordwestthüringischen Muschelkalkplatten zwi- schen Kaisershagen und Reiser im nördlichen Unstrut-Hainich-Kreis. Es wird von einem Stein- graben dominiert, der sich bis zu etwa 50 m in die leicht wellige Muschelkalk-Hochebene ein- getieft hat. Der Talzug nördlich von Kaisersha- gen, in einer Höhenlage von 355 m ü. NN, ver- läuft zunächst von Nordwesten nach Südosten und macht nach 1,5 km einen Knick nach Süd- südwesten. Die letzten 500 m verlaufen dann in ostwestlicher Richtung. Er läuft westlich der Eisenbahn-Unterführung an der Ostflanke des Unstruttales, südöstlich von Reiser, aus.

Das Wasser einer im mittleren Bereich des Tales entspringenden, schwach schüttenden Quelle fließt ganzjährig, verschwindet aber je nach Jahreszeit bald als so genannter „Hunger- bach“. Insbesondere nach der Schneeschmelze im Frühjahr sowie nach stärkeren Niederschlä- gen kann der Bach jedoch enorme Wassermen- gen führen. Es kann dann zu Ufererosionen oder sogar zu Bachverlagerungen kommen. Der Bach mündet linksseitig in die Unstrut. Die mei- und später der Bundeswehr als Truppenü- ste Zeit des Jahres liegt er jedoch weitgehend bungsplatz genutzt wurde. Die Beweidung war trocken und weist ein steinig-blockiges Bach- zur Offenhaltung der Schießbahnen in dieser bett aus kantengerundetem Muschelkalk-Geröll Zeit sehr intensiv. Trotzdem aufgekommener auf. Mitunter findet man hier auch Fossilien des Gehölzaufwuchs wurde regelmäßig im Spät- Muschelkalks. An den Talhängen sind die Ge- herbst abgeflämmt. steinsschichten des Oberen und Mittleren Mu- schelkalks angeschnitten. Das Flachstal ist auch Die Unterschutzstellung als Naturschutz- eine wichtige Kaltluft-Abflussbahn für die umlie- gebiet am 25. Mai 1999 erfolgte, auf Basis genden, ackerbaulich genutzten Hochflächen. eines Schutzwürdigkeitsgutachtens von 1994, zum Erhalt der darin aufgeführten seltenen Die steilen Talflanken werden seit vielen Jah- Biotoptypen sowie der darin lebenden Pflan- ren mit Schafen beweidet. Flachere Bereiche zen- und Tiergemeinschaften, im Speziellen wurden bis nach dem 2. Weltkrieg als Äcker der dort nachgewiesenen seltenen und Rote- oder Wiesen genutzt. Bereits die Ausgabe von Liste-Arten. Das Gebiet gehört auch zu den 1854 der Königlich Preußischen Landesaufnah- thüringischen FFH-Gebieten des europäischen me im Maßstab 1:25 000 (HMTB) zeigt die für Schutzgebietssystems NATURA 2000. Schaftriften typische Ödlandsignatur. Die Be- weidung mit Schafherden, denen immer auch Seit der Unterschutzstellung erfolgt die Be- Ziegen beigemischt waren, erfolgte auch, als weidung mit Schafen und Ziegen durch ortsan- das Flachstal von der Nationalen Volksarmee 74 Flachstal aus Richtung Reiser, Juni 2008

Gestreiftes Leinkraut Waldvogel oder Schornsteinfeger

75 sässige Schäfer als Maßnahme zur Offenhaltung auch der Gartenrotschwanz genannt werden. des Gebietes. Die Schäfer erhalten dafür För- Ein Brutnachweis des Uhus, es handelte sich dermittel aus dem Kulturlandschaftsprogramm. um eine Baumbrut, ist als Ausnahmeerschei- Im Südteil des Gebietes wurde ein Häcksler nung anzusehen. eingesetzt, um den starken Gehölzaufwuchs Im Rahmen einer 1977 ins Leben gerufenen zurückzudrängen. Die Flächen wurden jedoch landesweiten Aktion zur Erfassung der Amphi- vom dornigen Häckselgut nicht beräumt, was bien und Reptilien wurden 1984 erstmalig meh- sich als Fehler erwies, denn die Flächen sind rere Vorkommen der Geburtshelferkröte (Alytes seither für Schafe unzugänglich. Die Gehölze obstetricans) in Bachkolken und schwach flie- wuchsen umso besser in diesen Flächen nach. ßenden Abschnitten des Baches nachgewiesen (SCHIEMENZ & GÜNTHER 1994). Diese Art er- An den offenen Talhängen sind durch die reicht in Thüringen ihre östliche Verbreitungs- langjährige Beweidung strukturreiche Kalkma- grenze und verdient daher einen besonderen gerrasen entstanden. Charakteristisch sind aus- Schutz. Die Population lebt hier unter nahezu gedehnte Enzian-Schillergrasrasen, die durch natürlichen Bedingungen. Deshalb wurden in Liguster-Schlehen-Gebüsche an den Talflanken den Jahren 2003–2008 weitere umfangreiche und durch Holunder-Schlehen-Gebüsche auf Untersuchungen an den Geburtshelferkröten der Talsohle stark gegliedert werden. Liguster -Vorkommen im Flachstal durchgeführt. Dabei ist in den genannten Dorngebüschen jedoch konnte 2007 und 2008 für Larven der Geburts- selten. Er wird durch Weißdorn abgelöst. helferkröte erstmalig für Mitteleuropa eine Entlang des Steingrabens treten kleinflächig 2-fache Überwinterung in einem Bachkolk we- auch Auwaldrelikte vornehmlich aus Esche nige Meter unterhalb der Quelle nachgewiesen sowie Kopfweiden auf. Die steilen Osthänge werden (vgl. UTHLEB 2009). Weitere Amphibi- wurden zu Zeiten des Truppenübungsplatzes enarten des Gebietes sind Erdkröte (Bufo bufo), mit Wald- und Schwarzkiefer aufgeforstet, die Grasfrosch (Rana temporaria) und Bergmolch für das Flachstal allerdings untypisch sind. (Ichthyosaura alpestris; Syn.: Triturus alpestris) Das hintere Talholz dagegen ist ein naturna- und Teichmolch (Lissotriton vulgaris; Syn.: Tri- her Waldgersten-Buchenwald mit artenreicher turus vulgaris). Krautschicht und Übergängen zu Rotbuchen- Trockenwald in den Steilhangbereichen. Insbesondere die Untersuchungen durch Rolf-Peter Rommel (Ammern) führten zu zahl- Seltene Pflanzenarten treten im Gebiet nur reichen Nachweisen seltener Falterarten. Ein wenige auf. Genannt sind Gemeines Katzen- Hauptaugenmerk des Artenschutzes im NSG pfötchen (Antennaria dioica) und Guter Heinrich Flachstal wird demzufolge auf diese Artengrup- (Chenopodium bonus-henricus). Am ostexpo- pe gelegt. nierten Hang wurden in Höhe der Hochspan- Die Liste der Tagfalter (ROMMEL & SCHÄ- nungsleitung etwa 50 Exemplare der Bienen- FER 1999) des Gebietes ist lang. Stellvertre- Ragwurz (Ophrys apifera) beobachtet. Weiter tend seien die Goldene Acht (Colias hyale), der zu erwähnen ist die Große Händelwurz (Gym- Kommafalter (Hesperis comma), die Perlbinde nadenia conopsea), das Helm-Knabenkraut (Or- (Hamearis lucina), der Pflaumen-Zipfelfalter chis miltaris) und auch die Massenvorkommen (Satyrium pruni), der Rote Würfelfalter (Spilia von der Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera) sertorius), der Skabiosen- oder Goldener Sche- nach der Entbuschung. Im Vordergrund steht ckenfalter (Euphydryas aurinia), der Thymi- im NSG Flachstal daher der faunistische Arten- an- oder Quendel-Ameisenbläuling (Maculinea schutz. Von den Tiergruppen sind insbesondere arion) und der Veilchen- oder Silberfleckperl- die Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und mutterfalter (Boloria euphrosyne, Syn.: Clossi- Schmetterlinge gut untersucht. Durch nachge- ana euphrosyne) genannt. wiesene Arten mit einem europäischen Schutz- status (FFH Richtlinie) erlangt das NSG Flachs- Die Liste der Schmetterlinge ließe sich noch tal europaweite Bedeutung für den Arten- und um zahlreiche Spanner (ROMMEL & SCHÄFER Biotopschutz. 1999), von denen nur der seltene Augentrost- Blütenspanner (Eupithecia laquaearia) erwähnt Als Charakterarten des Gebietes unter den werden soll, die Spinner (ROMMEL & SCHÄFER Brutvögeln können Rotmilan, Habicht, Wende- 2003) und die Eulen (ROMMEL, SCHÄFER & hals, Grünspecht, Grasmücken, Neuntöter und QUAST 2001) erweitern.

76 Rotfuchs

Goldammer

77 Zimmerbach

Trockenhänge im Schutzgebiet

78 Zimmerbachtal - Hellerbachtal Lage: Tal westlich der Stadt Bad Langensalza Gemarkung: Ufhoven, Bad Langensalza Größe: 50,7 ha Unterschutzstellung: 2000

Das Naturschutzgebiet liegt südwestlich von Bächen liegenden Ettenberg befinden sich mit Bad Langensalza, die Teilfläche „Hellerbachtal“ den Löss-Schwarzerden vernässungsfreie Bo- verläuft weitgehend unmittelbar entlang der dentypen. In den Tälern beider Bachläufe ste- Bundesstraße 84. Es ist 50,7 ha groß. hen Auelehme an. Diese typischen Talböden zeichnen sich durch hochstehendes, aber stark Die Täler von Zimmerbach und Hellerbach lie- schwankendes Grundwasser aus, unterliegen gen am westlichen Rand des inneren Thüringer periodischen Überflutungen und haben einen Beckens. Landschaftsprägend sind keuperge- feuchten, nährstoffreichen Charakter. füllte Mulden, über die sich schwellenartig he- Zimmerbach und Hellerbach liegen auf der rausgehobene Muschelkalktafeln erheben. Nie- Muschelkalktafel der Harthberge, einem Hai- derungen und flache Höhenrücken über sanft nich-Ausläufer. Charakteristisch für die hydro- ansteigende Hänge gehen ineinander über. logische Situation im Muschelkalk ist eine sehr Der Ettenberg (über 240 m) und der Rath- geringe Gewässerdichte, Folge günstiger Versi- berg (bis 364 m) sind Teil einer herzynisch strei- ckerungsbedingungen im klüftigen Untergrund. chenden Muschelkalkschwelle, den so genann- Während der Hellerbach zeitweise trocken- ten Harthbergen. Die namensgebenden Bäche fällt, führt der Zimmerbach ganzjährig Was- haben sich mit deutlich kerb- bzw. kastenför- ser. Das Quellgebiet des Hellerbaches liegt im migem Querprofil eingeschnitten. Nördlich des Norden des Waldgebietes „Mönchenholz“ auf Zimmerbaches sowie auf dem zwischen beiden den Harthbergen. Seine Länge beträgt von

79 der Quelle bis zum Zusammenfluss mit dem teil mit hoher Nutzungsvielfalt. Zimmerbach etwa 5 km. Der Zimmerbach ist in etwa ebenso lang und entspringt zwischen Das NSG und hierbei insbesondere das Zim- dem Langensalzaer Stadtwald und Zimmern. merbachtal zeigt sich gegenwärtig in einem Etwa einen Kilometer südwestlich von Ufhoven sehr schlechten Pflegezustand. Die Kopfweiden – heute ein Stadtteil von Bad Langensalza – flie- sind überaltert und drohen an vielen Stellen ßen beide Bäche zusammen und vereinigen sich auseinanderzubrechen. Die Halbtrockenrasen mit den Karstquellwässern der beiden „Golken“. an den Bachhängen sind stark von Verbuschung Ab hier trägt der Bach den Namen „Salza“, der betroffen. Die Streuobstwiesen sind stellenwei- schließlich nach 5 km in die Unstrut mündet. se kaum noch als solche zu erkennen. Eine Besonderheit stellen die erwähnten „Golken“ dar, beides hydrologisch-geologische Andererseits haben die fehlenden Pflegee- Naturdenkmale. Es handelt sich um ständig ingriffe zu einer Erhöhung des Totholzanteiles schüttende Karstquellen, deren Wasser Kluft- geführt, so dass vermutet werden kann, dass systemen des Muschelkalkes entstammt. Dieses das Schutzgebiet Lebensraum für weitere Tier- führt die am Nordost-Abhang des Hainich gefal- arten geworden ist. Dies muss jedoch noch un- lenen Niederschläge wie in einem Drainagesy- tersucht werden. stem heran. Ein Problem stellen auch die überalterten Der Raum um Bad Langensalza liegt inner- Pappelbestände dar, die ersetzt werden sollten. halb des Klimabezirkes „Börde- und Mittel- Zum einen verläuft ein Wanderweg entlang des deutsches Binnenklima“. Die zentrale Keuper- Hellerbaches in Richtung Harth. Außerdem be- mulde des Thüringer Becken gehört zu den finden sich im Gebiet einige Brunnen, die für wärmsten Gebieten Thüringens. Das regionale die Trinkwasserversorgung der Region von Klima kann als wintermildes, sommerwarmes, erheblicher Bedeutung sind. Ein Umbau kann maritim-kontinentales Übergangsklima charak- jedoch nur schrittweise erfolgen, da gerade terisiert werden. (METEOROLOGISCHER UND diese Baumbestände wichtige Funktionen als HYDROLOGISCHER DIENST DER DDR 1953) Brutplätze erfüllen und z.B Horststandorte von Das Jahresmittel der Temperatur für Bad Lan- Rot- und Schwarzmilan sind. gensalza liegt bei 8,5 °C, bei mittleren Janu- ar- und Julitemperaturen von ca -0,5°C bzw. 17 Die für den Menschen aufgrund seiner haut- °C. Die häufigsten Windrichtungen sind West, schädigenden Wirkung gefährliche Pflanze des Nordwest und Südwest. Der mittlere Jahresnie- Riesenbärenklau hat sich leider auch an einem derschlag erreicht nur einen Wert von 532 mm, Standort im NSG etabliert und wird sich bei feh- bedingt durch die Lage im Lee des Hainich. lender Bekämpfung weiter ausbreiten.

Zimmerbach und Hellerbach sind natürlich Das Naturschutzgebiet ist ein lokales Naher- verlaufende Bäche, wie sie heute nur noch sel- holungsgebiet für die Bevölkerung von Ufhoven ten anzutreffen sind. Sie verfügen noch über und Zimmern. Es ist als „südöstlichster Zipfel“ eine Eigendynamik, die durch Verlagerung des auch Bestandteil des Naturparks Eichsfeld-Hai- Bachbettes, Mäanderbildungen und beson- nich-Werratal. ders im Frühjahr durch Überschwemmung der Talaue gekennzeichnet sind. Dadurch treten ab- wechslungsreiche Uferzonen mit steilen Prall- hängen, flachen Gleithängen, Kolke, Schlamm- und Kalkschotterbänken auf. Die Bachstruktur wird durch ein Mosaik an Pflanzen und Pflan- zengesellschaften sowie insbesondere entlang des Zimmerbaches von hunderten Kopfweiden begleitet. Bedeutung hat das Gebiet als Element für den Biotopverbund zwischen Hainich und Un- strutaue sowie als Lebensraum insbesondere für Vogelarten. Außerdem repräsentiert es ei- nen kulturhistorisch bedeutsamen Landschafts-

80 Herbslebener Teiche Lage: östlich der Gemeinde Herbsleben in der Unstrutaue Gemarkung: Herbsleben Größe: 99,3 ha Unterschutzstellung: 2000

Das Naturschutzgebiet erstreckt sich öst- Betonplattenweges gelegene Schilffläche vom lich von Herbsleben auf einer Ausdehnung von Rat des Kreises Bad Langensalza als „Wasser- 1,3 km Länge in Ost-West-Richtung und knapp vogelschongebiet“ ausgewiesen (BELLSTEDT & 1 km in Nord-Süd-Richtung. Das Teichgebiet FAULSTICH-WARNEYER 1994). verdankt seine Entstehung der anthropogenen Das Naturschutzgebiet befindet sich in einer Nutzung des dort lagernden holozänen Kalk- bis 3 km breiten alluvialen Flussaue im Verbrei- sandes. Die gewerbliche Nutzung nahm Ende tungsgebiet des Keupers. Es ist gekennzeichnet des 19. Jahrhunderts mit der Verwendung als durch holozäne Ablagerungen mit Auelehm, Scheuersand ihren Anfang. Später erfolgte der feinkörnigem, sehr reinem Kalksand, Torf z.T. industrielle Abbau des Kalksandes, der in der mit Kalksandanteil, Ton und Kies. Glasindustrie verwendet wurde. Die Tiefe der Der Auelehm zeigt durch Beimengungen an Abbaugruben schwankt und reicht bis maximal Kalksand und fossilen Schneckenschalen einen 3,5 m. Insgesamt gehören neun ehemalige beträchtlichen Kalkgehalt. Die Grenze zum lie- Abbaugruben, die nördlich und südlich eines genden Kalksand ist meist deutlich ausgebildet. mitten durch das Teichgebiet verlaufenden Die höchste Kalksandmächtigkeit erreicht 3,5 m Betonplattenweges liegen, zum NSG. Die ehe- (BELLSTEDT1992). maligen Abbaugruben haben sich zu einem Das Keuperbecken liegt im südlichen Ausläu- Refugialgebiet insbesondere für Wasservo- fer des „mitteldeutschen Trockengebietes“. Das gelarten entwickelt und beinhalten die größte Klima ist sehr trocken, die Niederschlagsumme zusammenhängende Schilffläche Thüringens. liegt unter 500 mm, die Jahresmitteltemperatur Bereits zu DDR-Zeiten wurde die nördlich des über 8 Grad Celsius.

81 Das Teichgebiet ist gekennzeichnet durch lichen, konnten an den Herbslebener Teichen die ehemaligen Abbaugruben – die jüngeren fast 1.000 Tierarten nachgewiesen werden (südlich des Plattenweges) sind als mesotro- (BELLSTEDT 1994). phe Klarwasserflachseen einzuordnen, die äl- So weist das NSG ein vielfältiges Angebot an teren Gruben (nördlich des Plattenweges) als für Libellen zur Fortpflanzung geeigneten Ge- eutrophe Trübwasserflachseen mit Röhrichten wässern unterschiedlichster Ausprägungen auf. und Saumbereichen. Die Gruben zählen zu den Dies schlägt sich in einer überdurchschnittlich wichtigsten Armleuchteralgengewässern Thü- artenreichen Libellenfauna nieder. So konnten ringens. im Schutzgebiet bisher 29 Libellenarten nach- Als kleinstrukturierter Feuchtlebensraum gewiesen werden, von denen 12 bestandsbe- haben die Herbslebener Teiche mit ihren Vor- droht sind. Das Spektrum reicht von einer Pi- kommen von nahezu 100 Brutvogelarten eine onierart wie der Kleinen Pechlibelle über Arten überregionale Bedeutung gewonnen (GRÜN vegetationsreicher Gewässer wie Fledermaus- & BELLSTEDT 2000), darunter Zwerg- und Azurjungfer, Großes und Kleines Granatauge, Schwarzhalstaucher, Knäkente, Löffelente, der Röhrichtart-Keilflecklibelle, Arten vegetati- Schnatterente, Tafelente, Graugans, Flussre- onsreicher wechselfeuchter Gewässer wie der genpfeifer, Tüpfelralle, Wasserralle, Drossel- Glänzenden und der Kleinen Binsenjungfer und rohrsänger, Raubwürger, Bart- und Beutelmeise der Gefleckten Heidelibelle bis zu den, quell- sowie Blaukehlchen. Früher gehörten auch bzw. grundwasserbeeinflusste Gräben besie- Rohrdommel, Zwergdommel, Kiebitz und Stein- delnden, Arten Helm-Azurjungfer und Kleiner schmätzer zu den Brutvögeln. Für jeden Besu- Blaupfeil. In den flachen, sich schnell erwär- cher leicht zu erkennen sind die verschiedenen menden Gewässern finden sich zudem wär- Entenarten sowie die Graugänse (REUTHER & meliebende Arten wie Südlicher Blaupfeil und WEISE 1996). Gebänderte Heidelibelle (vgl. ZIMMERMANN, Besonders bemerkenswert ist die Brutkolonie PETZOLD & FRITZLAR 2005). der Uferschwalbe in der angrenzenden Abbau- grube mit bis zu 200 Brutpaaren. Neuerdings Die Flächen des Naturschutzgebietes sind hat sich auch die Nilgans (Neozoe, seit dem Jahr Bestandteil des FFH-Gebietes „Unstrutniede- 2000 Brutvogel in Thüringen) im Teichgebiet rung nordöstlich Herbsleben“, welches mit ei- etabliert. Bedeutsam für die Thüringer Avifauna ner Größe von 201 ha im Jahr 2004 an die EU sind auch die Brutkolonien von Graureiher und gemeldet wurde. Außerdem sind sie Bestandteil Lachmöve. Als Rastplatz für durchziehende Vo- des 5.508 ha großen EU-Vogelschutzgebietes gelarten spielten das Teichgebiet und die um- „Gera-Unstrut-Niederung um Straußfurt“. gebende Feldflur nur eine mittlere Bedeutung im Vergleich zu den Top-Plätzen im Thüringer Es lastet ein hoher Freizeitdruck auf dem Becken, wie das Rückhaltebecken der Unstrut Naturschutzgebiet. Neben dem Angeln finden zwischen Gebesee und Straußfurt sowie z. B. Vereinsfeste und andere Veranstaltungen (z.B. dem Dachwiger Stausee (schriftl. Mitteilung des Landesangelfischereiverbandes Thüringen BELLSTEDT 2010). mit durchaus knapp 200 Teilnehmern) statt. Das Teichgebiet ist neben seiner Funktion als Die Amphibienfauna des Teichgebietes ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen aufgrund sehr vielfältig (BELLSTEDT 1994). Sehr bemer- der ausgeräumten Unstrutaue natürlich vor kenswert ist die äußerst große Seefrosch-Popu- allem ein Naherholungsgebiet für die Einwohner lation im Herbslebener Teichgebiet, welche von der Umgebung. Es ist ein hohes Maß an gegen- überregionaler Bedeutung ist. seitigem Verständnis aller Interessengruppen notwendig. Aber nicht nur die Wirbeltierfauna erweist sich als artenreich und von Besonderheiten geprägt. Untersuchungen der Wasserkäfer und Laufkäfer belegen ebenfalls die Bedeutung des Gebietes. 1991 gelang mit dem Nachweis des Schwimmkäfers Potamonectes canaliculatus ein Erstnachweis für Thüringen (BELLSTEDT, PLATT & HARTMANN 1991). Im Rahmen 15jäh- riger Forschungen, vorwiegend von Ehrenamt-

82 Graugänse sind regelmäßige Brutvögel und Zuggäste an den Teichen

Schilfrohrsänger

83 84 Landschaftsschutzgebiete

85 Im § 5 des Reichnaturschutzgesetzes (RNG) Nach dem Landeskulturgesetz wurden am vom 26. Juni 1935 wurde die Möglichkeit ge- 26.08.1970 u.a. die Landschaftsschutzgebiete schaffen, unter dem Begriff „Sonstige Land- „Mühlhäuser Stadtwald und Hügelland um schaftsteile“ Flächen in der freien Natur zu Lengefeld/Stein“ mit einer Größe von 2.980 ha schützen, die nicht als Naturdenkmal oder als und „Fahner Höhe“ mit einer Gesamtgröße von Naturschutzgebiet ausgewiesen werden konn- 1.000 ha durch den Bezirkstag ausgewie- ten. Am 31. Mai 1939 wurden aufgrund der sen. entsprechenden Paragrafen des RNG die „Was- serläufe und Bruchwiesengelände im Bereiche Nach der Wiedervereinigung Deutschlands der Stadt Bad Tennstedt und das zwischen den und der Gründung des Freistaates Thüringen Gemeinden Nägelstedt und Großvargula liegen- wurde das „Thüringer Gesetz für Natur und de Unstruttal… dem Schutze des Reichsnatur- Landschaft“ für unsere Heimat die gültige schutzgesetztes unterstellt.“ Damit wurden de Rechtsgrundlage. Durch das Thüringer Lan- facto die ersten Landschaftsschutzgebiete für desverwaltungsamt wurde am 26. August 2009 den heutigen Unstrut-Hainich-Kreis geschaffen. auf dieser Rechtsgrundlage das Landschafts- schutzgebiet „Obereichsfeld“ mit einer Fläche von 38.503 ha durch Verordnung ausgewiesen. Mit dieser Verordnung wurde das LSG „Mühl- häuser Stadtwald“ auf den Flächen außer Kraft gesetzt, auf denen sich eine Überschneidung mit dem LSG „Obereichsfeld“ ergibt.

Seit 01. März 2010 ist das neue Bundesna- turschutzgesetz in Kraft, welches nicht mehr wie bisher lediglich Rahmengesetz ist, sondern vielmehr überwiegend unmittelbar geltendes Recht. Dieses Gesetz regelt in § 26 die Katego- rie Landschaftsschutzgebiete folgendermaßen:

„(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechts- verbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein Der Begriff „Landschaftsschutzgebiet“ wird besonderer Schutz von Natur und Landschaft dann im „Gesetz zur Erhaltung und Pflege der erforderlich ist heimatlichen Natur“, dem ersten Naturschutz- 1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wieder- gesetz der DDR vom 4. August 1954, im § 2 mit herstellung der Leistungs- und Funktionsfähig- folgender Definition verwendet: keit des Naturhaushalts oder der Regenerations- fähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit „Zu Landschaftsschutzgebieten können Land- der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von schaften oder Landschaftsteile erklärt werden, Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter die besondere nationale Bedeutung haben oder wild lebender Tier- und Pflanzenarten, die besondere Eigenarten und Schönheiten auf- 2. wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit weisen und deshalb geeignet sind, der werk- oder der besonderen kulturhistorischen Bedeu- tätigen Bevölkerung als Erholungsgebiete und tung der Landschaft oder Wanderziele zu dienen.“ 3. wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung. Im „Landeskulturgesetz“ der DDR vom 14. (2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind Mai 1970 wurde im § 13, Abs.: 3 formuliert: unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 (Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der „Zu Landschaftsschutzgebieten können von Landschaftspflege ist die besondere Bedeu- den Bezirkstagen Landschaften oder Land- tung einer natur- und landschaftsverträglichen schaftsteile erklärt werden, die wegen ihrer Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Er- Schönheit für die Erholung der Bevölkerung be- haltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu sonders geeignet, wegen ihrer Eigenart erhal- berücksichtigen.) und nach Maßgabe näherer tungswürdig oder Beispiele vorbildlicher Land- Bestimmungen alle Handlungen verboten, die schaftspflege sind.“ den Charakter des Gebiets verändern oder dem 86 besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. „ Gegenüber den Naturschutzgebieten han- delt es sich bei Landschaftsschutzgebieten von heute in der Regel um großflächigere Gebiete mit wesentlich geringeren Nutzungseinschrän- kungen. Veränderungsverbote haben vor allem das Ziel, den "Charakter" des Gebietes, die Viel- falt, Eigenart und Schönheit und damit den Er- holungswert der Landschaft zu erhalten. Land- und Forstwirtschaft können eingeschränkt werden, sofern sie den Charakter des Gebietes verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlau- fen.

Der Mühlhäuser Stadtwald wird gern von Erholungssuchenden besucht und ist gleichzeitig ein be- liebter Ort für Veranstaltungen, spielerisch mehr über unsere Natur zu erfahren - hier Kinder beim sogenannten „Raupenspiel“ während der Waldjugendspiele 2008

87 88 Naturpark & Nationalpark

89 Zwischen und Heiligenstadt im We- sind, sich in einen Zustand zu entwickeln oder in sten Thüringens erstreckt sich der Naturpark einen Zustand entwickelt zu werden, der einen Eichsfeld-Hainich-Werratal mit seiner einma- möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgän- ligen Natur und seiner gewachsenen Kulturland- ge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleistet. schaft. Ein Naturpark ist ein geschützter, durch Nationalparke haben zum Ziel, in einem über- langfristiges Einwirken, Nutzen und Bewirt- wiegenden Teil ihres Gebietes den möglichst schaften entstandener Landschaftsraum. Die- ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer se Kulturlandschaft soll in ihrer heutigen Form natürlichen Dynamik zu gewährleisten. Soweit bewahrt, aber gleichzeitig auch touristisch ver- es der Schutzzweck erlaubt, sollen National- marktet werden. Initiiert wurde der etwa 87.000 parke auch der wissenschaftlichen Umweltbe- ha große Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal obachtung, der naturkundlichen Bildung und im Jahre 1990. dem Naturerlebnis der Bevölkerung dienen. Die zugrunde liegende Idee ist ein Schutz Der Nationalpark Hainich wurde am durch Nutzung, deshalb ist die Akzeptanz und 31.12.1997 als 13. Nationalpark Deutschlands die Beteiligung der Bevölkerung am Schutz der und bisher einziger Thüringens gegründet Kulturlandschaft und Natur sehr wichtig. Dabei (KLAUS & REISINGER 1995, GROSSMANN & sollen der Schutz der Natur und die Bedürfnisse BIEHL 2007). Seine Fläche beträgt 7.500 Hektar. von Erholungssuchenden so verknüpft werden, Mit einer Gesamtfläche von ca. 16.000 Hektar dass beide Seiten davon profitieren: nachhal- ist der Hainich das größte zusammenhängende tiger Tourismus mit Respekt vor dem Wert der Laubwaldgebiet Deutschlands. Im Nationalpark Natur und Landschaft stehen im Vordergrund Hainich soll sich der „Urwald mitten in Deutsch- (näheres regelt der § 27 BNatSchG). land“ ungestört entwickeln können. Entspre- Der Park wird von Muschelkalkplateaus mit chend dem Motto der deutschen Nationalparke, hohen Buchen und zahlreichen Klippen geprägt. „Natur Natur sein lassen“, sind aktuell bereits Natürliche Eibenvorkommen im Eichsfeld su- 90% der Gesamtfläche des Nationalparks unge- chen ihresgleichen in Deutschland. Nur wenige nutzt. Lediglich Nadelwaldbestände und Weide- Straßen queren den Naturpark. Im Südwestteil flächen unterliegen noch einer Nutzung. schlängelt sich die Werra durch schroffe Fels- Das bedeutet, dass der Hainich mit ca. 5.000 wände bei Probsteizella. Im Süden beginnt der Hektar zur Zeit die größte nutzungsfreie Laub- Urwald des Hainich. waldfläche in Deutschland aufweist. Der Hainich Verträumte Dörfer und Kleinstädte liegen ist ein Muschelkalk-Höhenzug; seine höchste harmonisch in der Landschaft eingebettet. Ro- Erhebung ist mit 494 Metern der Alte Berg. mantische Burgen, Kirchen und gut erhaltene, Kennzeichnend für den Nationalpark sind die alte Ortskerne, mit den typischen Fachwerk- in Mitteleuropa typischen Laubwälder. Es sind bauten, gewähren Einblicke in die reiche Histo- Waldflächen, wie sie von Natur aus in Mittel- rie der Region. Die Nähe zur ehemaligen Grenze europa ohne Einfluss des Menschen großflächig und militärische Nutzungen haben einzigar- auftreten würden, mit der Rotbuche als domi- tige Kultur- und Naturlandschaften im Herzen nierende Baumart. Der Hainich weist ein großes Deutschlands bewahrt. Gemäß dem Leitsatz Spektrum von Buchenwaldgesellschaften auf, „Mensch und Natur gehören zusammen“ bie- in denen neben der Rotbuche auch zahlreiche tet der Naturpark seinen Besuchern zahlreiche andere Laubbaumarten, wie Eschen, Ahorne, Möglichkeiten, die Natur und Kultur dieser ab- Linden und die seltene Elsbeere vorkommen. wechslungsreichen Landschaft zu entdecken. Buchenwälder gibt es nur in Europa, schwer- Vom Naturpark umschlossen wird der Natio- punktmäßig in Mitteleuropa. Der Nationalpark nalpark Hainich mit seiner faszinierenden, unbe- Hainich ist weltweit einzigartig, da er als ein- rührten Landschaft mit einer seltenen Pflanzen ziger Nationalpark Kalk-Buchenwälder auf Mu- und Tierwelt. Nationalparke sind rechtsverbind- schelkalk in mittlerer Höhenlage schützt. Im lich festgesetzte einheitlich zu schützende Ge- Gegensatz zu vielen anderen Waldgebieten biete, die großräumig, weitgehend unzerschnit- Deutschlands und Mitteleuropas sind im Hai- ten und von besonderer Eigenart sind, in einem nich die Waldbestände trotz Jahrhunderte lan- überwiegenden Teil ihres Gebietes die Voraus- ger Nutzung relativ naturnah geblieben. Natur- setzungen eines Naturschutzgebietes erfüllen fremde Bestände nehmen nur geringe Anteile und sich in einem überwiegenden Teil ihres Ge- ein; so beträgt im Nationalpark der Nadelholz- biets in einem vom Menschen nicht oder wenig anteil nur ca. 3% der Gesamtfläche. beeinflussten Zustand befinden oder geeignet

90 Rotbuche (Keimling) - die Hauptbaumart des Hainich

91 92 Natura 2000 Gebiete

93 Als Natura 2000 wird ein Netz besonderer Schutzgebiete innerhalb der Europäischen Uni- Schwerpunkt der Meldung dieser Gebiete on bezeichnet. Hierzu zählen die Vogelschutz- sind die Vorkommen von Arten wie Kamm- gebiete (nach der Richtlinie 79/409/EWG) und molch, Gelbbauchunke, Abbiß-Scheckenfalter, die Flora-Fauna-Habitat (kurz FFH)-Gebiete Schmaler Windelschnecke, Helm-Azurjungfer (nach der Richtlinie 92/43/EWG), wobei letz- sowie Fledermausarten wie dem Großen Maus- tere als „Gebiete von gemeinschaftlicher Be- ohr oder der Bechsteinfledermaus. Die Gebiete deutung“ gelten. Der Schutz der FFH-Richtlinie wurden darüber hinaus aufgrund von Lebens- gilt den Arten und Lebensraumtypen „von ge- raumtypen wie Waldmeister- und Orchideen- meinschaftlichem Interesse", d. h. denjenigen Buchenwäldern, Labkraut-Eichen-Hainbuchen- Lebensraumtypen und wildlebenden Arten, die wäldern, Trespen-Schwingel-Kalk-Trockenrasen, europaweit bedroht oder sehr selten sind. Die extensiven Mähwiesen des Flach- und Hügel- Europäischen Vogelschutzgebiete werden für landes oder Oligo- bis mesotrophen kalkhal- bestimmte Brutvogelarten und für Rast- und tigen Gewässern mit Armleuchteralgenbestän- Überwinterungsplätze von Zugvögeln ausge- den gemeldet. wiesen. Außerdem befindet sich im Ökumenischen Hainich-Klinikum Pfafferode ein so genanntes 231 Lebensraumtypen (Anhang I, FFH- FFH-Objekt - eine Wochenstube der Kleinen Richtlinie) und mehr als 1.000 Tier- und Pflan- Hufeisennase. zenarten (Anhang II, IV, V) sind insgesamt in den Anhängen der FFH-Richtlinie aufgelistet. Vogelschutzgebiete im Landkreis sind: Im Rahmen der Vogelschutzrichtlinie werden 1. Hainich 524 europäische Vogelarten in Schutzgebieten 2. Südliches Eichsfeld geschützt. 3. Gera-Unstrut-Niederung um Straußfurt.

Die Mitgliedstaaten der EU waren aufgefor- In diesen Gebieten geht es um den Schutz dert, Gebiete vorzuschlagen, welche die Ziel- solcher Arten wie Rotmilan, Schwarzmilan, setzungen und Kriterien der Richtlinien erfüllen, Wespenbussard, Schwarzspecht, Mittelspecht, d.h. wenn bestimmte Lebensraumtypen in ent- Schwarzstorch, Neuntöter, Wachtelkönig und sprechender Größe und Ausprägung vorhanden anderen. sind (z.B. Waldmeister-Buchenwald oder Step- penrasen), so bestand die Verpflichtung, diese Für alle Natura 2000-Gebiete gilt: Der Erhal- an die EU zu melden. Gleiches gilt für das Vor- tungszustand der dort geschützten Arten und kommen von Tier- und Pflanzenarten. Lebensräume soll sich nicht verschlechtern. Das Land Thüringen hat im Bereich des Un- Alle Veränderungen und Störungen, die zu ei- strut-Hainich-Kreises 11 Gebiete mit einer Grö- ner erheblichen Beeinträchtigung eines Natura ße von insgesamt ca 17.500 ha gemeldet. Dies 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele entspricht in etwa 18% der Landkreisfläche. Im oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestand- einzelnen handelt es sich um folgende Gebiete: teilen führen können, sind unzulässig.

1. Muschelkalkhänge von Großbartloff bis Eine wesentliche Verpflichtung der Mitglied- Faulungen staaten im Rahmen der FFH-Richtlinie ist es, alle 2. Dörnaer Platz 6 Jahre über den Zustand der Bestandteile des 3. NSG Flachstal Natura 2000-Netzes in ihrem Zuständigkeitsbe- 4. Volkenrodaer Teiche reich Bericht zu erstatten. Damit soll kontrol- 5. Sonder-Oberholz-Großer Horn liert werden, ob die Ziele dieses europäischen 6. Hainich Netzes von Schutzgebieten erreicht werden. 7. NSG Unstruttal zwischen Nägelstedt und Großvargula Näheres zu den zum Natura 2000-Schutz- 8. Unstrutniederung nordöstlich Herbsle- gebietsnetz zählenden Vogelschutzgebieten ben enthält das Buch „Die EG-Vogelschutzgebiete 9. Bruchwiesen bei Bad Tennstedt Thüringens“ (WIESNER et al. 2008). 10. Treffurter Stadtwald nördlich Treffurt 11. Keuperhügel und Unstrutniederung bei Mühlhausen.

94 Rotmilan und Haussperling - nicht nur sie selbst sind gemäß VSRL geschützt, sondern auch ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten

Lebensraumtypen wie der Waldmeister - Bu- chenwald u. a. werden von der FFH - Richtlinie erfasst (Anhang I)

95 Literatur & Quellenübersicht:

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WEISE, R.; E. LEHNERT; D. MEY; W. SCHRAMM, T. SY & M. ERHARDT (1997): Lurche und Kriechtiere des Unstrut-Hainich-Kreises. Naturschutzinformationszentrum Nordthürin- gen e.V., Mühlhausen.

97 Impressum:

Herausgeber: Naturschutzinformationszentrum Nordthüringen e.V. (NIZ)

Druck: Thüringer Druckhaus Gast & Frisch GmbH/Mühlhausen

Satz & Layout: Natur- & Landschaftsfoto - Dr. Weise/Mühlhausen

Bezug: Umweltzentrum Unstrut-Hainich-Kreis e.V., Feldstraße 1, 99974 Mühlhausen

Zitiervorschlag: Lehnert E., U. Fickel, R. Halle, R. Weise, W. Hochstrate, M. Fiegle & R. Faupel (2010): Schutzgebiete im Unstrut-Hainich-Kreis. Naturschutzinformationszentrum Nordthüringen e.V. (NIZ), Mühlhausen.

In der gleichen Reihe erschienen bereits:

REUTHER, R. & R. WEISE (1996): Der Unstrut-Hainich-Kreis mit seinen Landschaften, Natur- schönheiten und Schutzgebieten.

WEISE, R., E. LEHNERT; D. MEY, W. SCHRAMM, T. SY & M. LEHNERT (1997): Lurche und Kriech tiere des Unstrut-Hainich-Kreises.

ZEISSLER, H. (1998): Die Schnecken und Muscheln in der Umgebung von Mühlhausen in Thüringen.

ROMMEL, R. - P. & W. Schäfer (1999): Die Tagfalterfauna Nordwestthüringens.

ROMMEL, R. - P. & W. Schäfer (1999): Die Spannerfauna Nordwestthüringens.

FAUPEL, R. & U. DEGENHARDT (2000): Taxus, Fagus, Tilia.

ROMMEL, R. - P., W. Schäfer & P. QUAST (2001): Die Eulenfalterfauna Nordwestthüringens.

ROMMEL, R. - P. & W. Schäfer (2003): Die Spinner- und Schwärmerfauna Nordwestthüringens.

REUTHER, R. & U. FICKEL (2004): Die seltenen, geschützten und gefährdeten Farn- und Blüten pflanzen der Region um Mühlhausen.

WEISE, R., U. FICKEL, R. HALLE, W. HOCHSTRATE, E. LEHNERT, R. FAUPEL & R. KAISER (2007): Naturdenkmale im Unstrut-Hainich-Kreis.

Die Veröffentlichungen können zum Preis von 5,00 Euro bezogen werden.

98 Die Publikation wurde über die Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen (FI- LET), Programm „Entwicklung von Natur und Landschaft“ (ENL) gefördert.

Die Fördermittel werden von der Oberen Naturschutzbehörde im Thüringer Landesver- waltungsamt ausgereicht.

Hier investieren Europa und der Freistaat Thüringen in die ländlichen Gebiete.

Ausschnitte aus den topografischen Karten unmaßstäblich mit Genehmigung des Thüringer Landesvermessungsamtes, Genehmigungsnummer 101 580 / 2008

Schutzgebietsgrenzen aus dem Fachinformationssystem Naturschutz (LINFOS) - linzenzfreies Landesdatennetz der TLUG, Zugriff durch Untere Naturschutzbehörde

Fotos: Autoren, sowie Dirk Röbke/Mühlhausen, Peter Mauckner/Bad Langensalza & Ronald Bellstedt/Gotha

Für die Manuskriptdurchsicht danken wir Frau Kathrin Seidel/Weimar und Dr. Gerhard Patzelt/Mühlhausen.

Vierte Umschlagseite - temporärer Bach im Flachstal

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