Albert Schäfer Die Grube Harzberg bei Burglahr

Unter den Eisenerz fördernden Gruben des erzreiche Mittelgebirge Harz wäre ein Parallel- „Horhausener Spateisenstein-Gangzuges“ nahm beispiel für diese Vermutung. Für diese Annah- die Grube Harzberg in der Gemarkung Burglahr me spricht auch, dass man im Erzgebirge nach den Gruben Georg (), Louise (Bür- umgangssprachlich noch heute das Erz als „Arz“ denbach) und Silberwiese () den vier- bezeichnet. ten Rang mit einer Gesamtförderung von Der früheste Abbau der auf dem Harzberg 394.000 Tonnen1 ein. anstehenden Eisenerze ist nachweisbar: Ver- Ihrer Geschichte eingehender nachzugehen, schiedene Rennöfenstandorte wurden dort lohnt insofern, als aus ihr interessante und typi- während der letzten zwei Jahrzehnte, ähnlich sche Entwicklungen der heimischen Montanin- wie auf anderen Grubenfeldern im Horhausener dustrie ersichtlich sind; so der Übergang vom Bereich, ausfindig gemacht.2 Ob diese aus- Altbergbau auf moderne Bergbautechnik, die schließlich mittelalterlichen Ursprungs sind Probleme des Tiefbaus, die oft ungünstige Lage oder sogar einer keltischen Verhüttungstätigkeit in Bezug auf die Hütten, die Schwierigkeiten zugeordnet werden können, mag die montanar- beim Erztransport und der oft nachteilige, chäologische Wissenschaft erkunden, die den manchmal auch vorteilhafte Wechsel der „Horhausener Spateisenstein-Gangzug“ leider Betreiber. immer noch nicht für sich entdeckt hat.

Namensgebung und Frühgeschichte Der Harzberg im Fokus der Talhütten

Ihren Namen erhielt die Grube durch den Der Abbau der Harzberger Erzvorkommen topografischen Begriff „Harzberg“, jenes intensivierte sich erst mit dem Aufkommen der Höhenzuges, der bei der Mündung des Lahr- auf die Wasserkraft der Bäche angewiesenen baches in die Wied südöstlich von Oberlahr Talhütten. Es waren dies im Umkreis die „Alte ansetzt und sich bis in die Gemarkungen von Hütte“ im Hombachtal, die „Neue“ oder „Pleck- Burglahr und in westlicher Richtung hausener Hütte“ im Grenzbachtal, die „Rauba- fortsetzt. Nicht auszuschließen könnte eine ety- cher Hütte“ am Holzbach, die „Honnefelder mologische Deutung des Namens Harzberg sein: Hütte“ bei Jahrsfeld und der „Rasselstein“ am Durchstreift man nämlich die ausgedehnten unteren Lauf der Wied. Die Alte und Neue Hütte Waldungen dieses Höhenzuges, so trifft man waren nicht auf die Eisenerze des Harzberges allenthalben auf Spuren des Erzbergbaus: Pin- angewiesen, weil näher gelegene Vorkommen gen, Halden und verfallene Stollenmundlöcher. genutzt werden konnten; wohl aber nachweislich Könnte demnach durch eine Umlautung dieser auf dessen kupferhaltige Mineralien, die insge- „Erzberg“ zum „Harzberg“ geworden sein? Das samt im Wieder Revier mengenmäßig nur 250 Albert Schäfer Grube Harzberg (~1885). Sammlung A. Schäfer gering anstanden.3 Für die Raubacher Hütte, die Ihre Bergrechte in diesen Kirchspielen hatte zwar auch die Eisenerze in ihrer unmittelbaren die Gewerkschaft aber schon im Jahr 1769 end- Nähe (spätere Gruben Apollo, Reichenstein und gültig verloren, weil die Kurtrierische Nieder- Reichensteiner Berg) nutzte, gestaltete sich der erzstiftliche Verwaltung in Koblenz-Ehrenbreit- Transport der Harzberger Vorkommen (Grube stein die Horhausener Eisenerze ab diesem Lammerichskaule) trotz der Distanz von rund Zeitpunkt für den Sayner und Mülhofener Hüt- 20 km recht günstig, weil von den Fuhrwerken tenbetrieb exklusiv vorbehielt. Somit ergab sich entlang des Wied- und Holzbaches nahezu keine durch das Ausweichen auf die Harzberger Vor- Höhenunterschiede zu bewältigen waren. Größ- kommen für die Hüttengewerken Remy ein ter Interessent an den Harzberger Eisenerzen guter Ersatz, wenn sich auch damit längere war die Hüttengewerkschaft Remy, die den Ras- Transportwege bis zum Rasselstein verknüpf- selsteiner Hüttenbetrieb vom Wiedischen Gra- ten als von Horhausen aus. fenhaus zunächst in Pacht übernommen hatte Warum aber „Remy & Consorten“ im Jahr und später käuflich erwerben konnte. Unter- 1871 bereit waren, ihre Bergrechte auf dem schiedliche Grubenfelder waren von Hütten- Harzberg an die Essener Gussstahlfabrik, das meister H. W. Remy in der Kölnischen „Lahrer heißt an Alfred Krupp zu verkaufen, erschließt Herrlichkeit“ auf dem Harzberg und auch in den sich nicht. Möglicherweise mag dazu beigetra- benachbarten Kurtrierischen Kirchspielen gen haben, dass der Rasselsteiner Hütte durch Peterslahr und Horhausen gemutet worden, die Anpachtung der Grube Girmscheid (Gemar- oder er bezog das Eisenerz von so genannten kung Gierend bei Honnefeld) ab 1834 vom Wie- Eigenlöhnern. dischen Fürstenhaus und durch den späteren Die Grube Harzberg bei Burglahr 251 Kauf derselben ein ergiebiges Eisenerzvorkom- stahlfabrik bei Essen“ dieses neu ausgewiesene men zur Verfügung stand, das wesentlich näher Grubenfeld von der „Firma H. W. Remy u. zur Hütte gelegen war als die Harzberger Vor- Consorten zu Rasselstein bei Neuwied“.7 Diese kommen. Zudem hatte die Gewerkschaft weitere Übernahme ist eindeutig im Zusammenhang Gruben an der mittleren Lahn erworben. mit dem sechs Jahre zuvor von Alfred Krupp getätigten Kauf der Sayner und Mülhofener Hütte und der damit in wirtschaftlichem Ver- Die Konsolidierung der bund befindlichen Horhausener Gruben Georg, Harzberger Vorkommen Friedrich Wilhelm und Louise vom preußi- schen Staat zu verstehen8; auch im Zusammen- Typisch für die Grubenfelder auf dem Harz- hang mit dem ebenfalls im Jahr 1871 erfolgten berg ist deren Vielzahl und daraus folgernd Erwerb der „Hermannshütte“ bei Neuwied aus deren geringe Feldfläche. Bei den Ortschaften dem Besitz der „Weilburger Bergbaugesellschaft Oberlahr, Burglahr und Heckerfeld überschrei- Louis Vogts & Co.“ Die Kruppsche Verwaltung tet das ehemals Kurkölnische Land die Wied als betrachtete wohl die mit den genannten drei natürliche Landesgrenze linksseitig nach Süden Horhausener Gruben gegebene Erzbasis für die hin bis zum Höhenrücken des Harzberges. Wäh- drei Hütten (Sayn, Mülhofen und Neuwied) als rend entsprechend der Vorgabe der Kurkölni- möglicherweise nicht mehr ausreichend, so schen Bergordnung von 1553 in diesem Bereich dass weitere Grubenfelder zusätzlich gemutet zahlreiche Verleihungen ausgesprochen worden oder erworben werden9, auch bisherige eine waren, stehen die wenigen großen Grubenfelder Ausweitung erfahren.10 im nach Süden hin sich anschließenden Kurtrie- Positive Ergebnisse der seitens der Firma rischen Bereich des Kirchspiels Horhausen dazu Krupp durchgeführten geognostischen Untersu- im Gegensatz.4 chungen der Harzberger Erzvorkommen (Gang- Die Hüttengewerkschaft „Remy & Consorten“ verhalten und Erzqualität) bestärken das Sayner ist bemüht, der Vielfalt ihrer kleinen und dicht Hüttenamt, von dem aus der Betrieb der ange- beieinander liegenden Gruben auf dem Harz- schlossenen Horhausener Gruben geleitet wird, berg („Eisenkaulen“, „Obere Eisenkaulen“, „Häh- der Grube Harzberg so schnell wie möglich ein nen“ , „Hähnerberg“, „Oberer“ und „Unterer modernes Konzept zu geben: Harzberg“ und „Tiefer Stollen“) durch eine Kon- – Der bisherige Stollenbetrieb wird mit dem solidierung derselben ein Ende zu setzen. Die Abteufen des Harzberger Schachtes, begin- dazu notwendigen Maßnahmen wie Feldesbe- nend 1871, nach und nach auf Tiefbau umge- sichtigungen, Vermessungsarbeiten und „Ver- stellt. lochsteinungen“5 ziehen sich über die 1830er – Ein aus heimischem Bruchstein errichtetes Jahre hin, bis endlich am 19. Juli 1841 seitens Schachtgebäude bietet Raum für die Förder- des Oberbergamtes Bonn das erstrebte neue maschine und für die Handscheidung der große Grubenfeld „Harzberg sammt Beilehen“ Erze. für die Hüttengewerkschaft ausgewiesen wird.6 – Zwei eiserne Röstöfen „älterer Art“, wohl von einer anderen Grube herbei geholt, erweisen sich als viel zu groß, so dass der Kohlever- Die Krupp’sche Ära brauch unverhältnismäßig hoch ist. Neue der Grube Harzberg Öfen sind erforderlich. – Die Förderung aus dem „Tiefen Harzberger Fast genau 30 Jahre später, am 15. Mai 1871, Stollen“ wird wieder in Gang gesetzt und erwirbt nun die „Firma Friedr. Krupp, Guss- intensiviert. 252 Albert Schäfer – Besonders das „Hähner Gangmittel“ wird folgenden Jahren wegen sich verschlechtern- nach Südosten in Richtung der Grube Lam- der Abbauverhältnisse bis zum Betriebsjahr merichskaule verfolgt, da es sich mit bis zu 1894/95 auf 97 Mann. 18 m Gangbreite am ergiebigsten erweist. Man erhofft sich ein durchgehendes Gang- verhalten zu den Vorkommen der Grube Die Bleichert’sche Drahtseilbahn, Lammerichskaule, die 1871 dem bisherigen eine technische Neuerung Be treiber, der Gewerkschaft Freudenberg im Erztransportwesen (Raubacher Hütte), abgekauft wurde. – 1873 wird eine bei der Baroper Maschinen- In den Jahren 1769 und 1770 war auf Veran- bau-Gesellschaft konstruierte „Zwillingsför - lassung des Trierischen Kurfürsten Clemens dermaschine mit Vorgelege“ erworben, die Wenzeslaus die Sayner Hütte errichtet worden, vorher auf der Grube „Gute Hoffnung“ bei deren Erzbedarf, wie erwähnt, ausschließlich Diez / a. d. Lahn im Einsatz war. Sie dient der aus den Vorkommen der Horhausener Gruben Lastenförderung bis zum Niveau der Hänge- gedeckt werden sollte. Weite Transportwege bank und der Personenförderung bis zum dorthin mussten jedoch in Kauf genommen Niveau des „Tiefen Stollens“. werden. An dieser Verbindung zweier Indus- – Für die Wasserhaltung wird gesondert eine triestandorte (Rohstoffgewinnung bei Hor- Fördermaschine aus der Produktion der hausen und Rohstoffverarbeitung bis zum Firma A. u. H. Öchelhäuser aus Siegen er- Fertigprodukt) änderten die nachfolgenden worben. politischen Entwicklungen und Besitzverhält- – In rascher Folge werden die Sohlen angelegt. nisse nichts.11 (10-, 20-, 40-, und 75-Lachtersohle) Indem die Essener Gussstahlfabrik unter – 1893/94 wird als zunächst letzte die 180 m- Alfred Krupp die Gruben einschließlich der Sohle angesetzt. Hütten in Sayn und Mülhofen bei Bendorf im – Neue Förderrollen werden mit verschleißfes- Jahr 1865 und die Hermannshütte bei Neuwied tem Basalt ausgekleidet. Die früher übliche im Jahr 1871 übernommen hatte, stellten sich Auskleidung der Rollen mit Eichenholz wird auch ihr die gleichen Transportprobleme dort- nicht mehr praktiziert. hin, wie sie zuvor schon bestanden hatten. Aus- – Im Tiefen Harzberger Stollen wird die aus schließlich mit dem üblichen Pferdefuhrwerk früherer Betriebszeit vorhandene Spurweite bewältigte man diesen Transport. der Grubenbahn von 560 mm = 20 Zoll bei- Die Distanz der Grube Harzberg zu den Hüt- behalten, während die Förderbahnen auf den ten war eindeutig die größte verglichen mit den neuen Sohlen eine Spurweite von 604 mm = anderen Horhausener Gruben. Von Grube Georg 25 Zoll erhalten. aus betrug diese bis zur Sayner Hütte annä- – Der Erztransport zur Sayner, Mülhofener und hernd 22 km, bis zur Mülhofener Hütte noch Hermannshütte bei Neuwied wird zunächst weitere 2 km zusätzlich. Für die Strecke von wie zur Betriebszeit der Grube unter der Hüt- Grube Harzberg bis zur Grube Georg in Will- tengewerkschaft Remy mit Pferdefuhrwerk roth müssen noch einmal weitere 8 km veran- ausgeführt, erweist sich aber als zu zeit- und schlagt werden, so dass sich für den Transport kostenaufwändig. Überlegungen zur Moder- der Harzberger Eisenerze nach Sayn bzw. nisierung des Erztransportes kommen in Mülhofen eine Gesamtstrecke von rund 30 bzw. Gang. 32 km ergibt. Hinzu kam, dass die Steigungs- – Die Belegschaft beträgt im Betriebsjahr strecke von Bruchermühle bis zur Willrother 1882/83 190 Mann, schwindet aber in den Höhe mit einem Höhenunterschied von rund Die Grube Harzberg bei Burglahr 253 230 m den Transport mit Pferdefuhrwerk noch Unterstützungen sind auf obiger Länge 102 erheblich erschwerte.12 Stück vorhanden.15 Fahrzeuge laufen auf der Wie die Sayner Hüttenverwaltung in Abspra- Strecke 60 mit je 180 kg Inhalt.“ che mit der Essener Gussstahlfabrik diesen Aus der Grubenchronik geht hervor, dass die Umstand wenigstens teilweise zu verbessern neue Drahtseilbahn im Monat Juli des Jahres suchte, ist der „Chronik für das consolidierte 1878 in Betrieb kommt. Eisenerzbergwerk Harzberg“ (s.o.) unter der Wie sehr die Firma Alfred Krupp mit dem Rubrik „Transportverhältnisse und Frachten“ zu Bau dieser Bahn fördernd auf die weitere Ent- entnehmen: wicklung der Seilbahnen als Transportmittel für „Die Lage der Grube Harzberg ist insofern Massengüter wirkte, stellt Manfred Hötzel ungünstig, als diese auf dem linken Ufer des heraus: „Die berühmte Firma Krupp in Essen ist Wiedbaches gelegen ist, welcher bei den gering- für die Entwicklung der Firma Bleichert von gro- sten Regengüssen gleich zu bedeutender Höhe ßer Bedeutung gewesen.“16 Er weist nach, dass anwächst und unpassierbar wird. die Harzberger Seilbahn die Nummer 5 aus der Brücken sind in der Nähe nicht vorhanden laufenden Produktion der Firma Bleichert dar- und hätte man daher, um nicht vom Wiedba- stellte, und nennt weitere Seilbahnen auf ande- che abhängig zu bleiben, eine Brücke über ren Krupp’schen Betrieben. denselben bauen, eine Verlegung des Weges am Wo genau beim Haus Bruch sich die Endsta- Dorfe Oberlahr vorbei machen müssen, was tion der Seilbahn befand, ist aus den Grubenak- nach der Lage der örtlichen Verhältnisse mit ten nicht ersichtlich. Zu vermuten ist, dass die großen Kosten verbunden gewesen wäre, ohne „Wagen“ 17 der Seilbahn wohl direkt durch eine eine nennenswerthe Ermäßigung der bisheri- Kippvorrichtung in die zum Weitertransport gen Frachtsätze zu ermöglichen. verwendeten Ackerwagen oder -karren der Man entschloß sich daher zur Anlage einer Eisen erzfuhrleute entleert werden konnten. Von Drahtseilbahn nach dem den Herren Bleichert der Grube Harzberg war mit dem Bau der neuen und Otto in Stenditz bei Leipzig patentierten Sys- Seilbahn nun eine stetige Versorgung der Mül- tem und führte diese Bahn als eine der ersten in hofener und der Hermannshütte sicher ge - der Rheinprovinz und Westfalen aus. Die Bahn stellt18, weil sie völlig unabhängig vom jeweili- führt von der Grube nach der -Neu- gen Wasserstand der Wied arbeiten konnte. Das wieder Chaussee beim Hofgut Haus Bruch und Fehlen einer Brücke über die Wied in der Nähe überspringt dabei zweimal den Wiedbach.13 des Harzberger Schachtgebäudes wird, vom Erz- Dieselbe liegt in verschiedenen Niveaus und transport abgesehen, auch sonst als nachteilig hat besonders am Ende eine starke Steigung 1:10. für den Grubenbetrieb empfunden. Erst für das Die Länge derselben beträgt 2150 Meter und Betriebsjahr 1892/93 berichtet die Grubenchro- schließt einen Winkel von 143 Grad ein.14 nik vom Bau einer Wiedbrücke am westlichen Die Laufseile sind Drahtseile mit lang gewun- Ortsende von Oberlahr. Man muss davon aus- denen Drähten und hat das Seil für die belade- gehen, dass vorher mancher Bergmann auf nen Fahrzeuge 28 mm Durchmesser und das für Grube Harzberg je nach Wohnort nur über einen die leeren Wagen 26 mm. Die Seile sind in ver- Steg dorthin gelangen konnte. schiedenen Stücken angeliefert und werden Die Bleichert’sche Drahtseilbahn verlor auch durch Muffen, in welche sie eingegossen sind, mit über 1884 hinaus nicht ihren Zweck, als die Links- und Rechtsgewinde gekuppelt. Firma Krupp zeitgleich mit dem Bau der Bahn- Das Zugseil ist aus Stahldraht und nur 13 mm linie – Siershahn – Bendorf von stark, hat sich aber so gelängt, dass es nur mehr Grube Louise aus eine fast 7 km lange Schmal- 11 mm Durchmesser besitzt. spurbahn gebaut hatte, für die beim Staats- 254 Albert Schäfer Auszug aus einem Foto der Belegschaft der Grube Harzberg (1886). Sammlung B. Büdenhölzer, Oberlahr bahnhof eigens eine Erzverladerampe Anmerkungen zur Belegschaft errichtet wurde. Das Harzberger Erz wurde ab 1884 dieser Schmalspurbahn direkt von der Die in der „Chronik der Eisenerzgrube Harz- Seilbahn aus beim Brucher Hof zugeladen. berg“ abgefassten Betriebsberichte befassen Fortan war also kein Eisenerzfuhrwerk mehr sich jährlich auch mit den „Arbeiterverhältnis- vom Brucherhof aus mit Harzberger Eisenerz in sen“. Hauer, Lehrhauer, Zimmerhauer, Förderer Richtung der genannten Hütten unterwegs. und Maschinisten werden zahlenmäßig aufge- Mancher Eisenerzfuhrmann mag die techni- listet. Mit Stolz wird festgehalten, wenn es im sche Weiterentwicklung im Eisenerztransport- verflossenen Jahr zu keinen nennenswerten wesen durch die Eisenbahn bedauert haben, fiel Unfällen kam. Unfälle mit Todesfolge sind nur doch nun eine Verdienstmöglichkeit für immer äußerst selten zu vermerken. Das Lohngefüge weg. Einzig die Grube Georg in Willroth musste unterscheidet sich nicht von dem auf den ande- immer noch ihr Erz mit Hilfe der Erzfuhrleute ren Krupp`schen Gruben auf dem Horhausener auf herkömmliche Art ins Rheintal transportie- Spateisenstein-Gangzug. Die Zahl von durch- ren, bis sie 1899 bei der Grube Louise durch die schnittlich 311 Schichten pro Kopf im Betriebs- Pohlig’sche Drahtseilbahn, die zweite Seilbahn jahr 1882/83 gibt einen gewissen Hinweis auf im Horhausener Bereich, an die Kruppsche die wenig erfreuliche wirtschaftliche Situation Schmalspurbahn angeschlossen wurde. der Belegschaft. Doppelschichten sind üblich, Die Grube Harzberg bei Burglahr 255 Peterslahr gehauen, ein deutlicher Hinweis dar- auf, dass eine Fortführung des Betriebes schon als gefährdet betrachtet werden muss. Auf der 180 m-Sohle reißt unerwartet das Gangvor- kommen ab und kann nicht wieder ausgerichtet werden. Erstmals wird offen erwogen, ob die sich verschlechternden Gangverhältnisse bald zur Einstellung des Betriebes führen könnten, denn nur mehr 13.492 Tonnen konnten im Betriebsjahr 1892/93 gefördert werden, wäh- rend sich in den vorauf gehenden Betriebsjah- ren die Förderung auf durchschnittlich 15.- bis 23.000 Tonnen belief.21 Die Chronik der Grube endet mit dem Bericht über das Betriebsjahr 1892/93. Der Betrieb wird noch bis 1898 aufrecht erhalten, danach endgültig eingestellt, weil sich eine Fortführung nun gar nicht mehr rechnet. Es ist dies die Zeit, in der die Grube Louise bei zunehmender Teufe ihrer besten Zeit entgegen geht, so dass bei den Hütten in Mülhofen und Neuwied auf die Erze der Grube Harzberg Schematische Darstellung des Schacht- und 22 leicht verzichtet werden kann. Dass 32 Jahre Sohlenbildes der Verbundgruben Harzberg später das Harzberger Gangverhalten noch ein- und Silberwiese. mal aufgeschlossen werden sollte, konnte 1898 Zeichnung: Die Sideriterzgänge im Sieger- niemand erwarten. land-Wied-Distrikt; Geologisches Jahrbuch Die Übertageanlagen werden restlos abgeris- Reihe D, Heft 77; Hannover 1985 sen, wie dies vier Jahre zuvor auf Grube Friedrich Wilhelm (Horhausen-Huf) bereits ge - schehen war. Erhalten haben sich Pingen und Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfa- Halden und in Burglahr das ehemalige Oberstei- brikation aus wahrscheinlich sehr alten Bauen gerhaus, das bis vor wenigen Jahren noch im neu erschlossen wurden“, schreibt Hans Dietrich Giebeldreieck durch das Emblem des Bergbaus Gleichmann.24 Wie viele Male zuvor in ihrer geziert wurde: Schlägel und Bergeisen. Mancher Geschichte war die Grube Silberwiese wieder mineralogische Schatz aus den Abbauen der einmal gestundet, was dem Bochumer Verein als Grube Harzberg mag noch in Sammlungen exis- günstige Gelegenheit erschien, endgültig Zugang tieren, so etwa der prächtige Himbeerspat, für zu den Eisenerzen des Horhausener Gangzuges den sie bekannt war.23 zu erlangen, nachdem dies 1865, als der preußi- sche Staat zum Verkauf der Horhausener Gru- ben Georg, Friedrich Wilhelm und Louise bereit Neues Leben auf Grube Harzberg war, nicht gelungen war, weil ihm Alfred Krupp durch ein höheres Kaufangebot zuvorkam. „Eine späte Bedeutung erfuhren die nördlich Es muss als eine mutige betriebswirtschaftli- (Anm.: der Grube Harzberg) fortsetzenden Vor- che Entscheidung angesehen werden, dass der kommen der Grube Silberwiese, die erst 1917 vom Bochumer Verein schon unmittelbar nach der 256 Albert Schäfer um den Lebensunterhalt der Familien zu einzelnen Mitteln bricht der Eisenstein rein, auf sichern.19 Der errechnete durchschnittliche anderen dagegen findet sich sehr viel Kupfer und Schichtlohn der Hauer auf Grube Harzberg, die Schwefelkies, so dass die Aufbereitung sehr auf- im Gedinge arbeiten, beträgt im Jahr 1883 merksam erfolgen muß.“ 1892/93 wird, weil sich 2,15987 Mark und unterscheidet sich nicht von die bekannten Erzvorkommen verschlechtern, dem auf den anderen Horhausener Krupp’schen eine neue Suchstrecke in Richtung des westlich Gruben. gelegenen Grubenfeldes Friedrichzeche bei Mehrfach wird jedoch herausge- stellt, dass die Hauerleistung auf Grube Harzberg geringer ist als auf den Nachbargruben.20 Eine Begrün- dung dafür wird nicht angegeben, stattdessen bemerkt, dass „über- haupt die Harzberger Belegschaft allen anderen in jeder Beziehung nachsteht.“ 1881 wird auf Grube Harzberg der „Lahrer Knappen-Ver- ein“ gegründet, ein Zeichen dafür, mit wie viel Zuversicht man dem weiteren Betrieb der Grube entgegen sah.

Das vorläufige Ende der Grube Harzberg

Die Förderzahlen der Grube sind laut Chronik der Grube während einiger Jahre gut zu verfolgen, weil seit der Inbetriebnahme der Blei- chert’schen Drahtseilbahn über deren Transportleistungen eine genaue Statistik geführt wird. Zu bemerken ist jedoch, dass dabei das bereits aufbereitete Erz registriert wird. Beim fortschreitenden Abteu- fen der Grube wird festgestellt, dass sich die Erzgänge mehr und mehr verrauen, indem sich dem Spateisen- stein zunehmend Quarzanteile beimischen. Manche Gangteile „Trum(m)“ erweisen sich bald als kaum mehr bauwürdig. 1883 schon wird vermerkt: „Die Qualität des Fahne des Lahrer Knappen-Vereins, gegründet 1881. Eisensteines ist sehr verschieden. Auf Foto: Sammlung A. Schäfer Die Grube Harzberg bei Burglahr 257 Wiederaufnahme des Betriebes auf Grube Sil- berwiese von deren 280 m-Sohle eine Suchstre- cke in das Gangvorkommen der Grube Harzberg Quellen ansetzen ließ, die tatsächliche bauwürdige Vor- 1 Die Sideriterzgänge im Siegerland-Wied-Distrikt; Hannover 1985, kommen von Spateisenstein neu erschloss. S. 347. 2 Vgl.: Albert Schäfer: Der Horhausener Spateisenstein-Gangzug - ein Diese Fernstrecke bildete die 6. Tiefbausohle der Zentrum früher Eisenerzverhüttung; in: Heimatjahrbuch des Land- Grube Harzberg. Somit war neues Leben dort kreises Altenkirchen 2015, S. 205 – 2010. 3 Vgl.: Albert Schäfer: Die „Alte“ und „Neue Hütte; Zwei vergessene eingekehrt, nachdem die letzte Schicht, – Stätten rheinischer Eisengießkunst; in: Zeitschrift zur Geschichte damals noch unter Krupp’scher Leitung –, am des Berg- und Hüttenwesens; Fischbach/Nahe, Heft 2/2011 u. Heft 1/2012. 30. September 1895 verfahren worden war. Der 4 Anmerkung: Die Grubenfeldkarte des Horhausener Spateisenstein- alte Schacht der Grube Harzberg wurde beim Gangzuges (Blatt Oberlahr), Oberbergamt Bonn 1910/11, weist dies augenfällig aus. neuen Betrieb nicht wieder aufgewältigt, statt- 5 Anmerkung: Die Eckpunkte der Grubenfelder werden durch das Set- dessen erfolgte die Personen- und Lastenförde- zen von Grenzsteinen markiert, in deren Oberseite mittig eine kreis- runde Vertiefung zur Aufnahme der Vermessungsstäbe eingemeißelt rung durch den Silberwiesen-Schacht auf der ist. Höhe oberhalb von Oberlahr. Der Verbund bei- 6 Die Protokolle der Feldbesichtigungen und Vermessungsarbeiten sind der „Chronik für das consolidierte Eisenerzbergwerk Harz- der Gruben stellt in der Geschichte des Eisenerz- berg, Gemarkung Burglahr, Bürgermeisterei-Amt Flammersfeld, bergbaus an Sieg und Lahn keine Besonderheit Kreis Altenkirchen“ in Abschrift voran gestellt. (Archiv der Barbara- Rohstoffbetriebe, Langenfeld /Rhld.) dar, weil das Zusammenlegen benachbarter 7 Niederschriften wiedergegeben in der „Chronik“ der Grube Harz- Betriebe allein schon aus wirtschaftlichen Grün- berg; s. o. 8 Notarieller Vertrag vom 24. März 1865. Vgl.: Kruppsches Archiv den angeraten war. Essen, Villa Hügel; Best. WA 44/1357.1. Der Abtransport der Silberwieser-Harzberger 9 Nöchelchen (Güllesheim), Lammerichskaule (Oberlahr), Girm- scheid (Oberhonnefeld-Gierend) und Crispinus (). Erze zu den Hütten erfolgte mit Hilfe einer 10 Georg-Anschluss, Nöchelchen-Anschluss. Schmalspurbahn, die unweit des Brucher Hofes 11 1803: Übernahme der Gruben und der Sayner Hütte durch Nassau- Weilburg; 1805 Übergang an Preußen. der 1912 in Gang gekommenen Bahnlinie Linz – 12 Siehe dazu: Albert Schäfer: Der Eisenerztransport von den Horhau- Seifen zugeleitet wurde. H. D. Gleichmann (a. a. sener Gruben zur Sayner und Mülhofener Hütte sowie zur Her- mannshütte bei Neuwied; Willroth 2015, Eigenverlag. O.) legt dar, dass zwischen den Jahren 1920 und 13 Anmerkung: Erste Überquerung unmittelbar unterhalb des Schacht- 1930 immerhin bis zu 60.000 Tonnen Erz pro gebäudes; 2. Überquerung am südöstlichen Ortsende von Oberlahr. 14 Anmerkung: Diese Abknickung dürfte sich unmittelbar unterhalb Jahr aus beiden Grubenfeldern gefördert wur- des Schachtgebäudes befunden haben. Von dort aus konnte die den. Der Harzberger Anteil ist nicht bekannt. Bahntrasse in gerader Linienführung dem natürlichen Verlauf des Wiedtales bis zu Hofgut Haus Bruch folgen. Die Richtungsänderung Wie bei nahezu allen Eisenerzgruben des Sie- des Seilbahnverlaufs wird laut Beschreibung in der Grubenchronik gerländer-Wieder Bezirks verjüngten sich die mit Hilfe einer eigens konstruierten „Kurvenstation“ erreicht. 15 Aus verschiedenen Betriebsberichten der 1890er Jahre ergibt sich, „Erzgänge“ beider Vorkommen der Teufe zu, so dass diese „Unterstützungen“ aus Fichtenholzstämmen gefertigt dass der Betrieb auf Grube Silberwiese, und waren, die wegen Fäulnis nach wenigen Jahren ausgewechselt wer- den mussten. somit auch auf Grube Harzberg, endgültig im 16 Manfred Hötzel (u. Stefan Krieg): Adolf Bleichert und sein Werk; Jahr 1941 eingestellt werden musste.25 Beucha 2007. 17 = Hängeloren. 18 Anmerkung: Zum genannten Zeitpunkt gab es auf der Sayner Hütte Immerhin: Als Kind habe ich gesehen, wie keine Eisen- und Stahlproduktion mehr. 19 Nachweis in den Schichtenbüchern der Gruben Georg und Louise. sich die Förderräder noch drehten. 20 1882/83: 298,4 kg pro Schicht auf Grube Harzberg, dagegen 327,5 kg auf Grube Louise. 21 H. D. Gleichmann: Von Wingertshardt bis Silberwiese; Siegen 1997, S. 54. 22 Anmerkung: Die Sayner Hütte hatte schon 1869/70 ihre Eisen- und Stahlproduktion eingestellt. 23 Vgl.: Golze, Henrich, Hucko: Siegerland & Westerwald; Bergbauge- schichte, Mineralienschätze, Fundorte; Borken 2013, S. 628. 24 Hans Dietrich Gleichmann: a. a. O., S. 55. 25 Siehe dazu: Beschreibungen rheinland-pfälzischer Bergamtsbezir- ke; Band 1: Bergamtsbezirk Betzdorf; Essen 1964, S. 188. 258 Albert Schäfer