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I Interview Interview Gemeinsames Plattenhören bei PLATTEN HÖREN „L & P": Christa Ludwig TV: Böhm war einer von den drei wichti- und Thomas gen Dirigenten in ihrem Leben. Voigt. CL: Ja. Von Böhm habe ich gelernt, auf Christa Ludwig jeden kleinsten Notenwert zu achten; Karajan hat mir beigebracht, immer mit Bilder einer Bei dem folgenden Gespräch handelt es sich dem schönsten Klang zu singen; und von Bernstein habe ich gelernt, in die Tiefe der hochdramati- um ein öffentliches Interview, das am 11. Mai in schen Zeit: Musik und des Textes zu gehen. dem Plattenladen „L&P" in Berlin stattfand. Christa Und dann gab es noch einen großen Ludwig als Im Mittelpunkt standen die vielgerühmten Dirigenten in meinen späteren Jahren: Ortrud hochdramatischen Aufnahmen, die RCA/BMG . Alle Sänger lieben ihn, denn („", zum 70. Geburtstag von Christa Ludwig er läßt singen und atmet immer mit. Deutsche wiederveröffentlicht hat. Oper Berlin „Entweihten TV: Und wie war die Arbeit mit Otto 1962), Göttern" der volle Klang Klemperer? Leonore Später haben wir uns sehr gut ver- ins Publikum geht. Für den zwei- („", standen, ich habe dann ja in ten Akt hatte er in der Bühnenmitte einen CL: Die Aufnahmen, die wir zusammen Wien 1962) Bayreuth die Brangäne und die Turm gebaut, mit einer Holzwand, die den CL: Also, meistens finde ich mich sehr gemacht haben, sind ja Ende der fünfziger, und Kundry Kundry gesungen, und Wieland Klang nach vorne getragen hat. Und dann gut! Und jetzt, wo all diese Mitschnitte her- Anfang der sechziger Jahre entstanden. Und („", wollte mich auch als Brünnhilde hat er Anja Silja, die Sängerin der Elsa, auskommen aus Salzburg und Wien, da bin damals war ich einfach zu jung, um ihn zu Bayreuth und Isolde (diesen Cello-Klang von gebeten, von verschiedenen Stellen aus die ich manchmal überrascht, wie gut es auch verstehen. Erst hinterher ist mir klar gewor- 1967). Mezzosopranistinnen, den mochte „Entweihten Götter" zu singen - als Sopran live war. Im Studio gut zu singen, ist ja den, daß alles, was er machte, richtig war. er sehr für diese Rollen); aber dazu konnte sie das ja mit Leichtigkeit, für mich eigentlich keine Kunst, wenn man genü- ist es nicht mehr gekommen, war das zu schwer - so daß er hören konn- gend Zeit hat. Man singt's eben so lange, bis TV: Trotzdem ist bei Ihnen an Ausdruck Thomas Voigt: Wenn man all die Wieland ist ja 1966 gestorben. te, von wo aus der Klang am besten ins es schön ist. Aber dasselbe live zu schaffen, alles da. Platten aus den 48 Berufsjahren von Christa Publikum ging. das ist schon 'ne Leistung, finde ich. Ludwig zusammennimmt (angefangen von TV: Von dem Berliner „Lohen- CL: Dann war es nicht bewußtes Singen, ihren Kinder-Aufnahmen für den Hessi- grin" hat man mir erzählt, Ihre TV: Und der Effekt blieb auch nicht aus: TV: Da gibt es eine CD nur mit Live- sondern Intuition. Zumindest beim „ schen Rundfunk bis zum letzten Lieder- Ortrud hätte den Zuschauerraum jedesmal tosender Applaus mitten im Aufnahmen aus Salzburg - vom Kompo- von der Erde". Beim „Fidelio" war es wieder abend im Jahr 1994), haben wir eine solche mit Klang überflutet. Orchesterspiel. Wahrscheinlich mußte das nisten in der „Ariadne" 1955 bis zur Fär- was anderes, weil ich das Stück ja von Fülle von Material und eine sängerische Publikum die angestaute Emotion genauso berin 1974. Dazwischen ist auch ein Kindesbeinen an kannte. Vielseitigkeit - da würden wir morgen früh CL: Das war folgendermaßen: Ich endaden wie Sie als Sängerin auf der Bühne. „Fidelio" von 1968 - aber merkwürdiger- noch hier sitzen, wenn wir nur das hatte ja nie eine Riesenstimme, und In Ihrem Buch schreiben Sie zu dieser weise ohne die Arie. TV: Bei der Fidelio-Arie ist mir wieder Wichtigste spielen wollten. Deshalb haben Wieland wollte, daß bei diesen Stelle: „Das war so ein Augenblick, wo ich einmal klar geworden, wie schwer sie ist. wir uns auf eine bestimmte Facette konzen- richtig Freude an meinem eigenen Geschrei CL: Bezeichnenderweise! Denn der Jede Sopranistin hat Respekt vor diesem triert: das hochdramatische Fach. Fidelio, hatte, in dem ich am ganzen Körper vor Fidelio war immer mein großes Sorgen- Stück, wie muß es erst für einen Mezzo- Ortrud, Isolde, Brünnhilde, Kundry, Lust und Intensität zitterte." kind. Ich weiß noch, bei dieser Aufführung sopran sein! , Ariadne, Färberin - all die begehr- in Salzburg, da war ich so furchtbar nervös, ten, teilweise auch verbotenen Früchte. TV: Zu dieser Zeit haben Sie in CL: Das stimmt, ja. Es war ein ungeheu- daß der Wiener Kritiker Franz Endler CL: Jaja! Aber alle Dirigenten sagten: „Sie Christa Ludwig, wann war eigentlich der Wien den „Parsifal" unter Karajan rer Moment! geschrieben hat: „Wir wünschen ihr und können das!" Und was da mir alles angebo- Zeitpunkt, wo Sie begonnen haben, mit gesungen, den „Fidelio" für die Platte uns ruhigere Abende." Da hab' ich mir ten wurde! Zum Beispiel hat man mir in der diesen Sachen zu liebäugeln? (unter Klemperer) und den „Lohen- TV: Und den hören wir jetzt in der gedacht: „Der Mann hat recht, ich werd's „Frau ohne Schatten" alle drei Partien ange- grin", hier in Berlin an der Deutschen Aufnahme unter Rudolf Kempe. nicht mehr singen." Drei Jahre später war boten, die Amme, die Färberin und sogar Christa Ludwig: Das war schon immer Oper, mit als ich in New York, da hatte sich die Birgit die Kaiserin. Dann Sachen wie Salome und so! Denn meine Mutter, Eugenie Besalla, Regisseur. In Ihrem Buch haben Sie CL: Sie können sich gar nicht vorstellen, Nilsson einen Arm gebrochen und konnte Donna Anna - einfach alles! Da ist es natür- hat ja den Fidelio und die Elektra gesungen verschiedene Briefe veröffentlicht, die wie das ist, wenn man jung ist und Stimme nicht die Elektra singen. Und da es noch nie lich schwierig, die Grenzen herauszufinden - und das fand ich schon als Kind toll. Wieland Wagner Ihnen geschrieben hat und so richtig loslegen kann - das ist an der Met vorgekommen war, daß eine - selbst wenn man eine Mutter hat, die auf Später habe ich gesagt: „Einmal den Fidelio hat, und in einem bezeichnet er Sie als toll! Aber bei dieser Aufnahme fehlt natür- Vorstellung abgesagt wurde, mußte sich einen aufpaßt. Ob man's dann auch singen singen und dann sterben." Das erschien mir „Wiener Kammersängerin". War das lich der Applaus. Vielleicht kommt eines Rudolf Bing, der damalige Direktor, etwas kann oder nicht, das entscheidet sich mei- damals unerreichbar, denn erstens war ich ja ein Kompliment oder eine Beleidi- Tages ja noch eine Live-Aufnahme heraus. einfallen lassen. Also hat man mich angeru- stens erst auf der Bühne. Zu Hause kann leider kein Sopran, sondern Mezzosopran, gung? fen: „Können Sie morgen den Fidelio sin- man ja vieles singen; aber die letzte Woche und außerdem hatte ich anfangs überhaupt TV: Es gibt Sänger, die mögen ihre gen?" Ich fühlte mich gut bei Stimme, hab' vor der Premiere, diese ganzen Proben plus keine Höhe. Also hat es sehr lange gedauert, CL: Er meinte es als Beleidigung. Es Aufnahmen gar nicht hören, andere hören mich getraut - hatte ja gar keine Zeit mehr, Aufregung - das ist das Entscheidende. bis ich mich an diese dramatischen Sopran- ging wohl um die Darstellung. Bei der sie nur aus der Distanz und sprechen von nervös zu werden. Aber Böhm war fürch- rollen überhaupt herangetraut habe. Das Ortrud waren wir nicht auf einer sich in der dritten Person: „Das singt er/sie terlich nervös. Zum Glück ging es sehr gut, TV: Da gibt's doch diese Geschichte, wo war in den Jahren 1961/62, also erst nach Linie, und wahrscheinlich habe ich aber schön!" Wie ist das bei Ihnen, wenn Sie und so konnte ich die Rolle mit ruhigem Sie die ganze Isolde Ihrer Mutter und der 16, 17 Bühnenjahren. gar nicht begriffen, was er wollte. Ihre eigenen Aufnahmen hören? Gefühl abgeben. vorgesungen haben.

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CL: Ja, das war so: Meine drei großen gemeint: „Sie sind wie eine Katze, die erst CL: Einerseits könnte ich sagen: „Schade, Höngen war die wilde Kundry und die Dirigenten, die wollten alle von mir die Diskographische Hinweise schaut, ob sie springen kann oder nicht. daß ich nie die ganze Elektra gesungen Geläuterte im dritten Akt, und ich die Ver- Isolde. Der erste, der sie mir angeboten hat, Einem Hund, dem befiehlt man: .Spring!' - habe." Andererseits aber auch: „Gott sei Beethoven, FideÜO (Titelpartie) Wagner, Parsifal (Kundry) führerin im zweiten Akt. Natürlich war das war Karajan. Als Böhm das hörte, sagte er: und er springt." Kollo, Fischer-Dieskau, Frick, Hotter, Dank." Denn sonst hätte ich nicht noch so Vickers, Berry, Frick, Hallstein, Unger u.a., nicht gut. Ich wußte ja gar nicht, woher die „Das ist ein Verbrecher!" Und nach einer , Klemperer Kelemen u.a., Wiener Philharmoniker, Solei Also, wenn die Sänger Hunde sind und lange Lieder singen können. Und auf Dauer Kundry kommt und was sie ist. Aber Pause kam dann: „Weißt du, mit mir könn- EMI 1961 (2 CD) Decca 1971 (4 CD) alles tun, was man ihnen sagt, dann ist es ihr wäre ich nie eine echte Hochdramatische danach habe ich immer die komplette Rolle test du's singen!" Und als dritter fragte eigener Fehler! In diesem Punkt nehme ich gewesen, dazu sind meine Stimmbänder Bizet, (Titelpartie) Christa Ludwig - A 70th Birthday gesungen. Sie war auch eine meiner letzten Bernstein. Also habe ich mir den Auszug den Karajan in Schutz. Man konnte immer nicht robust genug. Schock, Prey, Muszely u.a., Berliner Tribute Szenen aus: Elektra, Die Frau ohne Partien an der Met - mit Jon Vickers. Sein genommen und bin die Partie immer wie- zu ihm kommen, wenn man Schwierig- Schatten, , Götter- Symphoniker, Stein Parsifal war für mich eines der größten der durchgegangen. Und dann war ich in keiten hatte. Und wenn man ihn gebeten EMI 1961 (2 CD) dämmerung u.a. Berry, Orchester der TV: Den Sie da als „Traumbild" ansingen, Bühnenerlebnisse überhaupt. Erstmal war New York bei der Zinka Milanov, meine hatte: „Bitte, diese Stelle etwas schneller Deutschen Oper Berlin, Hollreiser war ein Sänger, der auch privat eine wichti- Eurodisc Vickers, wenn er auf der Bühne stand, nie Mutter war auch dabei. Ich sehe die beiden nehmen, da habe ich Schwierigkeiten" - Strauss, ge Rolle in ihrem Leben spielte: Walter (Färberin) Rysanek, Berry, Thomas, 1964; ein Tenor, sondern immer die Figur, die er heute noch vor mir, wie sie da auf dem Sofa dann hat er das gemacht. Berry, mit dem sie 13 Jahre verheiratet Hoffman, Wunderlich, Popp u.a., Wiener verkörperte. Und wenn er als Parsifal diesen thronen. Ich habe ihnen also die ganze Philharmoniker, Karajan waren und mit dem sie sich langsam in großen Ausbruch gesungen hat: „Amfortas, Isolde vorgesungen, von Anfang bis Ende - Live-Aufnahme Wien 1964; Deutsche (CD) TV: Hat Karajan Ihnen jemals die Elektra Richtung dramatisches Fach entwickelt die Wunde!", dann ging bei mir ein und dann meinte die Zinka: „Ja, schön. angeboten? Grammophon (3 CD) haben. Wie war das, wenn Sie beide ge- Tränenstrom los, so intensiv war das. Und warum willst du das jetzt singen? Nur meinsam auf der Bühne standen? Wagner, Lohengrin (Ortrud) um die eigene Befriedigung zu haben? Du CL: Natürlich, für eine Aufnahme. Und Thomas, Grümmer, Fischer-Dieskau, Frick, TV: Haben Sie nicht eine Narbe von ihm bist eine gute Brangäne, was soll das?" da habe ich natürlich hin- und herüberlegt: CL: Schlimm. Er war nervös, und ich war Wiener; Wiener Philharmoniker, Kempe - als Andenken an eine „Carmen"-Probe? „Wie schaffe ich das?" Von einer Elektra nervös, wir haben uns gegenseitig hochge- EMI 1962/63 (3 CD) TV: Also nie die Isolde auf der Bühne, kann ich ja nicht jeden Tag drei Stunden schaukelt. Er hatte die gesünderen Stimm- CL: Jaja, er hat mich gestochen. Ich kam und nie Elektra. Aufnahmen machen, da bin ich am zweiten bänder, er konnte immer singen, konnte TV: Allerdings war's eine Partie mit hefti- Denn mit ihm habe ich diesen Schluß der nach Hause und blutete am Bauch, mußte Tag heiser. Und dann haben wir's gelassen. abends lachen und reden und trinken - und gen Strichen, über die sich manche „Götterdämmerung" bei einem Konzert in eine Tetanusspritze kriegen und was nicht CL: Und wie gerne hätte ich die Elektra Es hatte keinen Sinn. wurde nie heiser. Während ich schon heiser Journalisten kürzlich wieder aufgeregt Hamburg gesungen, und auch den Liebes- alles. Am nächsten Tag bin ich sofort zur gesungen! Meine Mutter hatte die Partie in wurde, wenn ich bei einer Gesellschaft nur haben, als der Wiener Mitschnitt heraus- tod der Isolde. Nach dem Konzert ist er zu Requisite und habe dem Vickers ein • gesungen (unter Karajan, der TV: Immerhin haben Sie die Orest-Szene die Nase zur Tür hereinstreckte. Und wenn kam. mir in die Garderobe gekommen, mit ihm Gummimesser besorgt. Wie ich ihm das damals dort Generalmusikdirektor war), ich eingespielt - für mich eines der schönsten er seine Nervosität abreagiert hatte, war er war die Erna Schlüter, die großartige von meiner Wunde erzähle, hat er nur kannte die Oper also schon als Kind und und ausdrucksvollsten Dokumente hoch- ganz ruhig - und ich noch nervöser! Aber CL: Egal. Die Oper ist sowieso zu lang. Elektra und Brünnhilde, und beide haben gesagt: „Och ja..." Noch nicht mal Blumen konnte sie auswendig. Nach den vielen dramatischen Gesangs überhaupt. das war nicht der Grund, warum wir uns Und manchmal ist sie auch nicht sehr gesagt: „Du bist eine Hochdramatische!" hat er mir geschickt! Proben, die ich schon gesehen hatte, ging getrennt hatten. Wir haben uns halt nicht schön; es gibt Stellen, die furchtbar sind. Die sind's schuld! meine Tante mit mir in die Premiere und aufeinander zu entwickelt, sondern vonein- Warum soll man da nicht streichen? Aber TV: Carmen gehört zwar nicht zum hoch- sagte am Schluß, kurz bevor Klytäm- ander weg. nestra ermordet wird: „Erschrick dich eins muß man sagen: Keine Opern haben TV: Nochmal zur Artikulation: Text- dramatischen Fach, aber so, wie Sie sie nicht, gleich gibt es einen Schrei!" Da so einen guten Text wie die Opern von deutlichkeit ist die eine Sache, Eloquenz die gesungen haben, klingt es wirklich hochdra- TV: Und sind doch weiterhin hab' ich nur müde abgewinkt: „So'n Strauss/HofmannstJhal. andere. matisch. Deshalb möchte ich zum Schluß gemeinsam aufgetreten. Bart!" noch Ihre Carmen spielen - es ist eine TV: Was bei Ihren Aufnahmen sofort auf- CL: Ja, es sollte so sein, daß der Regen Studio-Aufnahme von 1961, in urfranzösi- CL: Ja, im „Rosenkavalier" zum nach Regen, und die Sonne nach Sonne scher Besetzung: Rudolf Schock, Hermann TV: Für Karajan hat Ihre Mutter fällt: Sie sind nicht nur textdeutlich, son- Beispiel, das ging. Aber die „Frau klingt. Das ist ohnehin schon schwierig Prey, Iwan Rebroff, am Pult . nicht nur die Elektra, sondern auch dern scheinen richtig Lust an einer präg- ohne Schatten", das ging nicht mehr. Übrigens: Was hat denn Ihr zweiter Mann, Altpartien gesungen, sie ist ständig nanten Artikulation zu haben. Ein genug, aber beinahe nicht zu schaffen, Denn in der Oper kommt das Paat ja der französische Schauspieler und Regisseur zwischen tiefer und hoher Lage Paradebeispiel ist für mich Ihre Studio- wenn man nicht in seiner Muttersprache hinterher wieder zusammen. Paul-Emile Deiber, zu dieser Aufnahme gependelt... Aufnahme der Schlußszene von „Götter- singt. Das geht einfach nicht. Zum Beispiel dämmerung", wo sie trotz unbequemer habe ich mal mit Georges Pretre die „Nuits gesagt? TV: Wenn man den Mitschnitt der Lage und unbequemer Konsonanten immer d'ete" von Berlioz gesungen - und habe mir CL: ...und hat sich damit die Wiener Karajan-Produktion hört, den Text singen. Zum Beispiel dieses später die Platte von der Regine Crespin CL: Sie werden lachen: Er hatte sie schon Stimme kaputtgemacht. fällt auf, daß Sie aus der Färberin kei- „Grane, mein Roß, sei mir gegrüßt." angehört: Ja, welch ein Unterschied! Die lange bevor wir uns kennenlernten und nen Hausdrachen machen (so wie konnte mit den Worten spielen, das kann schätzt sie heute noch sehr. Sie ist ja immer TV: Das erste Karajan-Opfer? das viele andere tun). Zum Beispiel CL: Die bequeme Variante wäre: „Sei mir man als Ausländer nicht. wieder neu aufgelegt worden - und wird die Stelle: „So ist's gesprochen und so immer noch verkauft. CL: Ich bin absolut gegen das Wort ge-gaßA" Nein, ich finde, Textdeutlichkeit geschieht es!" - das klingt bei Ihnen TV: Eine ihrer wichtigsten Wagner-Partien Opfer. Denn jeder Sänger trägt für ist unsere erste Pflicht gegenüber dem nicht herrisch, sondern unsicher. haben wir noch nicht erwähnt: Kundry in TV: Und bringt nach wie vor was ein. sich selbst die Verantwortung. Und Publikum. Die Oper lebt ja vom Text „Parsifal". Das hat ja, 1961 unter Karajan, wenn er feststellt, daß es nicht gut genauso wie von der Musik. Nehmen Sie CL: Natürlich, die Färberin ist ja mit einem Torso angefangen. CL: Wenig! Dazu muß ich noch was geht, dann kann er's ja lassen. So wie zum Beispiel diese herrliche Auseinander- auch unsicher und unglücklich. Sie erzählen: Ich bekam eine Abrechnung vom ich manche Sachen probiert habe und setzung zwischen Wotan und Fricka. Wenn will weg von diesem Mann, sie sucht CL: Das war die Zeit der großen Hessischen Rundfunk, das waren zwei dann zu Karajan sagte: „Tut mir leid, man da nicht den Text versteht, ist die ganze etwas anderes. Diese Partie - auch Teilungen. Karajan hat in diesen Jahren ja alle Mark fünfzig - für eine Sendung mit dem wenn ich das soundsoviel Mal hinter- Szene sinnlos. Ja, die „Starke Scheite" - das wenn sie stimmlich für mich an der möglichen Partien aufgeteilt, zum Beispiel Titel „Auch kleine Dinge können ent- einander singe, bekomme ich ge- ist auch sowas, was Spaß macht! Eigentlich l Grenze lag - habe ich geliebt. auch den Tenorpart im „Lied von der Erde". zücken." Das hab' ich mir aufgehoben! schwollene Stimmbänder." Da hat er war auch der Knappertsbusch etwas schuld an meinen Ausflügen ins Hochdramatische. Und bei der Kundry war es so. Elisabeth D 36 MO FORM 8/98 8/98 momm 37