3 Frühneuzeitliche Klosterhöfe St. Blasiens

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3 Frühneuzeitliche Klosterhöfe St. Blasiens 3 FRÜHNEUZEITLICHE KLOSTERHÖFE ST. BLASIENS 3.1 Überblick und Auswahlkriterien Als Folge des Bauernkrieges verlor das sanblasianische Meieramt wie mit Ver- weis auf Th. Simon bereits dargelegt an Bedeutung, weshalb der Großteil der bis- herigen Meier-Aufgaben dem übergeordneten Amtmann übertragen wurde.1 Die ab diesem Zeitpunkt seltener fassbaren Meierhöfe werden in den folgenden Fall- studien auch daher lediglich soweit bekannt und den vorzustellenden Amtshöfen verwaltungsrechtlich zuzuordnen erwähnt. Ihre Erforschung bleibt ein Desiderat und soll mit den im Anhang dieser Arbeit zusammengetragenen Informationen angeregt werden.2 In den folgenden Unterkapiteln werden sieben den Meierhöfen klar übergeordnete Klosterhöfe St. Blasiens – ländliche und städtische Amthäu- ser bzw. Propsteien sowie Stadthöfe – monografisch behandelt, was sich ange- sichts der bisher nur in Teilen existenten und davon wiederum nur in Teilen wis- senschaftlichen Anforderungen genügenden Sekundärliteratur als unerlässlich erwies, um in einem zweiten Schritt die eingangs formulierten Fragestellungen an sie richten zu können. Die Auswahl erfolgte nach einer Reihe von Kriterien, die sich im Lauf der Bearbeitung als interessant herauskristallisiert haben, und die folgenden Aspekten gerecht werden möchten: Einerseits sollen Höfe unter- schiedlicher Funktion und Lage vorgestellt werden, um einen Eindruck der Fülle der Aufgaben und Bedürfnisse einer grundherrlichen Abtei zu gewinnen, ande- rerseits sollen diese auch im Verlauf des 16. – 18. Jahrhunderts in struktureller und topografischer Hinsicht vergleichbar bleiben sowie Beobachtungen zur Abfolge von Bauform und -stil in Südwestdeutschland und der Nordwestschweiz ermög- lichen. Es scheint daher sinnvoll, die Auswahl weitgehend chronologisch zu ord- nen, was aufgrund späterer Umbauten, die – soweit bekannt oder am Bau ables- 1 Simon 1995, 202. 2 Siehe Kap. 6.2. 49 50 Frühneuzeitliche Klosterhöfe St. Blasiens bar – miteinbezogen werden, zum Teil nicht auf den ersten Blick klar ersichtlich erscheinen kann. Insgesamt stellt die relative Chronologie jedenfalls sicher, dass aus den (kunst-)historischen Epochen Spätgotik, Renaissance und Barock sowie den Übergangsphasen dazwischen mindestens ein städtischer und ein ländlicher Hof vorgestellt wird. Um ein möglichst ausgewogenes Feld der ab 1560 erbauten Höfe analysieren zu können, werden mittels intensiver Quellenarbeit auch zwei nach 1900 niedergelegte Höfe vorgestellt. Ein weiteres Auswahlkriterium ergibt sich aus den politischen Aktivitäten der Abtei: So werden Stadthöfe St. Blasiens miteinbezogen, die im Zusammenhang stehen dürften mit den unterschiedlichen Sitzen der vorderösterreichischen Re- gierung, sowie Höfe der Ämter, die innerhalb der reichsrechtlichen Bestrebungen der Abtei bedeutsam waren. Die letzte Fallstudie widmet sich einer Propstei, de- ren Neubau in die Zeit der Erlangung der Reichsfürstenwürde des Abtes 1746 fällt. Angesichts der größtenteils bislang unausgewerteten Materialfülle und den bereits formulierten und im Ergebniskapitel zu diskutierenden Fragestellungen, scheint – auch im Interesse des Lesers – eine Beschränkung auf aussagekräfti- ge Beispiele wünschenswert, die nach Möglichkeit mehrere der angeführten Kri- terien abdecken. Informationen zu Höfen, die im Verlauf der Arbeit recherchiert worden sind, jedoch nicht im Umfang von Kurzmonografien verwertet werden konnten, werden im Anhang in Form von Kurzsteckbriefen aufgeführt.3 Die nun folgenden Monografien sind jeweils in Forschungsstand und histori- schen Überblick, Informationen zu verwendeten Schrift- und Bildquellen sowie einer auf diesen und dem erhaltenen Bau basierenden Beschreibung der Anlage, ihres Hauptgebäudes und dessen Raumstruktur gegliedert. Anschließend erfolgt eine architekturhistorische Einordnung des Bauwerks und seiner gestalterischen Mittel insbesondere hinsichtlich ihrer semantischen Qualitäten, bevor Überlegun- gen zu Funktion und Nutzung des Hofs folgen. Der Übersichtlichkeit halber werden anschließend an alle Kurzmonografien sanblasianischer Höfe Hauptmerkmale und -erkenntnisse vorläufig zusammen- geführt. 3 Siehe Kap. 6.2. Fallstudien 51 3.2 Fallstudien 3.2.1 Der Stadthof in Kleinbasel4 (Sog. „Bläserhof“, ehemals Untere Rebgasse 23/25 und ehemals Untere Reb- gasse 22/24, 4058 Basel, Kt. Basel-Stadt) Forschungsstand und historischer Überblick Der 1560 – 64 neu erbaute, 1572 – 78 erweiterte, nicht erhaltene Stadthof wurde zu- nächst von geschichtswissenschaftlicher Seite untersucht: K. Bader und H. Ott -ha ben die Gebietsentwicklung des sog. Baselamtes erforscht, C. A. Müller die Bezie- hungen zwischen St. Blasien und Basel.5 V. Feller-Vest fasste die Ergebnisse 1986 ergänzt um eine Liste der Kleinbasler Pröpste und Amtmänner zusammen.6 Die teilweise erhaltene Ausstattung eines Raumes wurde 1912 von dem (Kunst-)His- toriker E. A. Stückelberg beschrieben, weitere Ausstattungsstücke 1926 in einer Bürgerhaus-Reihe publiziert, der Komplex 2004 von T. Lutz in einem Kunstdenk- mälerband vorgestellt.7 St. Blasien war von 1025 bis zum Vogteistreit 1125 der Kastvogtei der Basler Bi- schöfe unterstellt und erhielt von diesen zahlreiche Güter im südlichen Breisgau. Schenkungen niederadliger Familien und den Herren v. Rötteln abgekaufte Gü- ter kamen im 13. Jahrhundert hinzu, wodurch dem Kloster ein „zusammenhän- gendes Gebiet zwischen Feldberg und Rheinknie, zwischen Dinkelberg, Isteiner Vorhöhen und Blauen“8 gehörte. Weitere Güterkäufe in der Umgebung der Stadt sind bis ins 16. Jahrhundert zu beobachten, jedoch nicht im Süden.9 Untergliedert war das wahrscheinlich kurz nach dem Kleinbasler Grundstückskauf 1256 vom Breisgauamt abgetrennte, neu gegründete10 „Amt Basel“ unter der Leitung eines Propstes in die Bezirke Istein, Lörrach und Wiesental und es umfasste Meierhöfe 4 Die rechtsrheinisch gelegene Stadt Kleinbasel war bis zur Vereinigung mit der links- rheinischen Stadt Großbasel 1392 eine Stadt mit eigenen Rechten. Im Sprachgebrauch werden die beiden Stadthälften bis heute Klein- bzw. Großbasel genannt. 5 Bader 1851b. – Ott 1969, 14. – Müller 1961. 6 Feller-Vest 1986, 376 f. 7 Stückelberg 1912. – Bürgerhaus Basel-Stadt 1926, Tafeln 82, Abb. 2 sowie 98 – 99.– Lutz 2004, 404 – 410. 8 Müller 1961, 21. 9 Dies dürfte mit dem Besitz der Bischöfe v. Basel zusammenhängen: Den erst 1141 ak- zeptierten Vogteiverzicht hatte sich der damalige Bischof mit vier sanblasianischen Höfen im Süden Basels entschädigen lassen, siehe Ott 1969, 14. 10 Mit dem Kauf einer Liegenschaft 1256 wird allgemein die Gründung des sog. Baselamts gleichgesetzt – Feller-Vest 1986, 376. 52 Frühneuzeitliche Klosterhöfe St. Blasiens in Efringen, Fahrnau, Kleinkems, Raitbach, Weil am Rhein, Steinen (Lkr. Lörrach) sowie in Riehen (Kt. Basel-Land).11 In Folge der Einführung der Reformation in Basel verlegte St. Blasien 1529 sein Verwaltungszentrum in den nahe gelegenen Meierhof in Weil am Rhein, was ab 1537 gegen Zahlung eines jährlichen Schirmgeldes an die Stadt Basel rückgängig gemacht werden konnte.12 Ab 1560 erfolgte von Basel aus auch die Verwaltung des Besitzes des aufgehobenen Priorats Weitenau.13 Nach dem Ende der Alten Eidgenossenschaft hob das Kloster 1799 das Amt auf und vermietete seinen Hof. Die Gebäude östlich der Unteren Rebgasse, Nr. 22/24, dienten nach dem Verkauf 1805 zunächst als Wohn- und Gasthaus, bevor sie 1895 abgebrochen wurden.14 Der westlich der Gasse gelegene Teil des Bläserhofs (ehe- mals Untere Rebgasse 23/25) fiel 1806 an Baden, das ihn 1809 verkaufte.15 Dieser ab 1828 industriell genutzte Hofteil wurde 1909 niedergelegt, wobei Teile seiner Bauskulptur in das Historische Museum Basel gelangten.16 Die erwähnte Raum- ausstattung befindet sich in Privatbesitz.17 Schrift- und Bildquellen 1799 wurde das Archiv des Baselamts in die Abtei verbracht, weshalb es sich heu- te teils im Generallandesarchiv Karlsruhe, teils in St. Paul befindet.18 Urkunden der Jahre 1256 – 1633, die im Zusammenhang mit Bauaktivitäten des an der Stadt- mauer gelegenen Hofs stehen, bewahrt zudem das Staatsarchiv Basel auf.19 Zu- 11 Bader 1851a, 194. – Sanblasianische Gebäude in den genannten Ortschaften siehe Schü- lin 1972 bzw. Kap. 6. 12 Feller-Vest 1986, 377. 13 Setzler 1975, 648. 14 Der östl. der Rebgasse gelegene Hofteil wird von Müller 1961 (bes. Anm. 39) u. Lutz 2004 als „Egringerhof“ bezeichnet, evt. eine Bezeichnung, die auf ein Steinhaus an der Stadtmauer zurückgeht (?), das St. Blasien um 1500 erworben hatte. St. Blasien bezeich- nete seinen Hof stets gesamthaft als „Bläserhof“. – Vgl. die sehr ähnl. Situation in Frei- burg, wo die Hofteile im 18. Jh. auch durch eine Straße voneinander getrennt waren. 15 Müller 1961, 56 f. 16 Für sein großes Engagement bei der Suche nach der Bauskulptur sei Herrn lic. phil. Andreas Rüfenacht, Basel, herzlich gedankt. Einige Teile sind seit einem Umbau der Magazinräume verschollen, da es versäumt wurde, den neuen Standort auf der jew. In- ventarkarte nachzutragen. Ich habe daher überwiegend mit den v. Museum dankens- werterweise zur Verfügung gestellten Fotografien gearbeitet. 17 Teile der Wandvertäfelung wurden 1920/26 in das Privathaus Villa Clavel in Augst ein- gebaut u. dabei offenbar ergänzt – Lutz 2004, 404 f. – Vgl. Stückelberg 1912. 18 Die nach St. Paul verbrachten Archivalien sind mikroverfilmt im GLA einsehbar: GLA Q St. Paul. – Teile sind ediert: Thommen 1928, 299. 19 StABS, Hausurkunden 450,1. Fallstudien 53 sammen mit Grundbucheinträgen ab 1572 bzw. ab 1589, Brandversicherungsakten von 1807 und dem Brandlagerbuch von 1830 lässt sich der Baubestand
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