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Geologie und Dichtkunst

Erdwissenschaftliche Inhalte in der deutschsprachigen Lyrik und Material für einen fächerübergreifenden Unterricht

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Naturwissenschaft

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von Franziska GUTJAHR

am Institut für Erdwissenschaften Begutachter: Ao. Univ-Prof. Dr.phil. Bernhard Hubmann

Graz, 2018 Danksagung Ich danke Herrn Prof. Dr. Bernhard Hubmann für seine Anregungen, die hervorragende Beratung und die besonders gute Zusammenarbeit, die nicht nur erheblich zur Entstehung dieser Diplomarbeit beigetragen haben, sondern die ich sogar als Voraussetzung für das Gelingen derselben betrachte. Außerdem bin ich meinen Freundinnen und Freunden dankbar, allen voran meiner Kollegin Mag. Mirjam Turza, weil sie mir immer das Gefühl geben, unterstützt und geschätzt zu werden. Danke an meine Eltern und Großeltern für ihre Hilfe und Liebe; meinen Großeltern vor allem für die finanzielle Unterstützung und den Zuspruch, meinem Vater für seine gewissenhafte Beratung und meiner Mutter für ihre unermüdliche liebevolle Hilfsbereitschaft. Ich danke meinem Mann Daniel, der mir zugleich Ruhepol und Motivator ist, der bedingungslos an meiner Seite steht und mir mit seinem Humor und seiner Weisheit einen Grund gibt, weiterzugehen, selbst wenn ich das Ziel vergessen habe. Danke, Verena, mein Sonnenschein, du Glück meines Lebens!

Inhaltsverzeichnis

1. EINFÜHRUNG 8

2. GEOLOGIE- UND LITERATURGESCHICHTE 10

2.1 . Die Geschichte der Geologie 10 Anfänge und frühe Überlegungen 11 Renaissance und Neuzeit 13 Beginn der modernen Geologie 16 Einige weitere Aspekte zur Entwicklung der Geologie 19

2.2. Naturwissenschaften und Literatur in Synthese 19 Vergleich und Verbindung von literature and science 20 Die Lehrdichtung in einer wechselhaften Geschichte 21 Metaphern der Natur(wissenschaft) 27

3. DIE GEOLOGIE IN DER LYRIK 28

3.1. Geopoetik 29

3.2. Die Gedichtsammlung – Entstehung und Ordnung 31

3.3. Die Gedichtsammlung – Ergebnisse und Erläuterungen 32 Die Autoren 33 Themen und Motive 44 Metaphorik 57 Gott und Schöpfung 58 Die Gedichtsammlung und die Geschichte der Geologie 59

4. GEDICHTANALYSE 62

3.1. Form und Sprache 62

3.2. Entstehung und historischer Kontext 64

ACHIM VON ARNIM: Chronologischer Abriss über Leben und Werk 64 Achim von Arnim und die Geologie 66 Philosophie, Lyrik und Wissenschaft in der Romantik 70

3.3. Erdwissenschaftliche Motivik 73

Neptunisten und Plutonisten 73 Der Neptunistenstreit 75 Der Neptunistenstreit in Arnims Gedicht 78 Die Entstehung von Kohle 79

Die Kohlenbildung in ARNIMs Gedicht 82

4. LYRIK IM BIOLOGIEUNTERRICHT – THEORETISCHER HINTERGRUND 84

4.1 Kreativität und Kunst im Unterricht 84 Kunst und Kreativität beim Lernen 85 Aufwand bei der Planung kreativen Unterrichts 88

4.2. Fächerübergreifender Unterricht – Potenzial und Herausforderung 89 Fächerübergreifender Unterricht in der Reformpädagogik 89 Jüngere Entwicklung und die Beständigkeit der Fächer 91 Fächerübergreifender Unterricht aus Sicht von Lehrpersonen 92 Deutsch als fächerübergreifender Gegenstand 93 Kritik am fächerübergreifenden Unterricht 94

4.3 Lehrplananalyse 95 Lehrplan Biologie und Umweltkunde 96 Lehrplan Deutsch 97

5. LYRIK UND GEOLOGIE IN EINER UNTERRICHTSEINHEIT 99

5.1. Planung 99

5.2. Unterrichtskonzept 102 Einstieg 102 Wissensvermittlung 103 Selbständige Arbeitsphase 103 Gedichtvortrag 104 Lückenfüller 104

5.3. Praxiserfahrung 105

6. RESÜMEE 106

INTERNETQUELLEN 108

4 LITERATURVERZEICHNIS 110

QUELLEN DER GESAMMELTEN GEDICHTE 119

ABBILDUNGSVERZEICHNIS 125

ANHANG 129

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Zusammenfassung Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen der Geologie und der deutschsprachigen Dichtkunst. Im Anhang befindet sich eine Anthologie von 100 Gedichten aus 1633 bis 2016, die ein erdwissenschaftliches Thema behandeln. Hieraus werden Beispiele herangezogen und teils analysiert; Schnittstellen zwischen der Natur- und der Geisteswissenschaft werden in diesem Zusammenhang aufgezeigt. Außerdem wird eine fächerübergreifende Unterrichtseinheit dargestellt. Die Untersuchung der Gedichte zeigt, dass vor allem die Themen Vulkanismus, Erdbeben, Gesteine, Berge und Bergbau, Evolution sowie die Entwicklung der Erde und die Urzeit aus der Geologie in die Lyrik übernommen wurden. Auch die Geologie selbst als Wissenschaft wurde lyrisch thematisiert. Es handelt sich um eine spezielle Form der Wissensvermittlung, eine künstlerische Darstellung von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und/oder um die lyrische Beschreibung von Fortschritten in der Geologie. Nicht zuletzt stellt die poetische Formulierung des erdwissenschaftlichen Forschungsstands oftmals die allgemeine Stimmungslage zu brisanten aktuellen Themen dar.

Das besondere Verhältnis zur Geologie, welches beispielsweise bei den Dichtern GOETHE

(1749-1832), CELAN (1920-1970) oder BRUNNER (geb. 1967) vorhanden ist, wird dabei genauso beleuchtet, wie das lyrische Schaffen von Geologen und Paläontologen. Zur Umsetzung einer fächerübergreifenden Lehreinheit wird der Sammlung ein Gedicht entnommen, das Schüler/innen einen besonderen Zugang zu dem behandelten erdgeschichtlichen Thema bietet. Diese Unterrichtseinheit basiert auf verschiedenen pädagogischen Überlegungen, die in der Diplomarbeit dargelegt werden. 100000114587

6 Abstract This thesis is dealing with the relation of and German poetry. In the attachment is an anthology of 100 poems from 1633 to 2016, that give attention to a geological topic. Out of this collection examples are described and/or analysed, the cut surfaces between science and arts are shown. Also, an interdisciplinary teaching unit is constituted. The analysis of the poems shows, that the topics volcanism, earth quake, rocks, mountains and mining, evolution of life and earth as well as primeval times are preferentially transferred from geology to lyrics. Also, geology itself, as science, was verbalized in a lyrical way. It`s a special form of knowledge transfer, an artwork of scientific findings and/or a lyrical description of the geological advances. Not least the poetic formulation of the current state of geology often constitutes the common disposition to actual controversial topics.

In this context the special relation of poets like GOETHE (1749-1832), CELAN (1920-1970) or

BRUNNER (*1967) is emblazed, just like the lyrical producing of geologists and palaeontologists is reviewed in this thesis. For the accomplishment of an interdisciplinary teaching unit a poem is taken out of the anthology and shows the students a special way to learn a geological topic. The arrangement of this lesson bases on various pedagogic considerations, that are explained in this thesis too.

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1. Einführung Als ich vor sechs Jahren begann, Biologie und Deutsch für das Lehramt zu studieren, wusste ich schon lange, dass ich Lehrerin werden wollte. In meinem Berufswunsch wurde ich bis zum Schluss bestätigt: Das Unterrichten als Aufgabe gefiel mir zunehmend. Auch die Wahl der Fächer, die ich aufgrund meiner Liebe zur Sprache und zur Natur getroffen hatte, sollte ich nicht bereuen. Allerdings hatte ich sie immer separat gesehen; die Biologie und die Germanistik mental sogar weiter aufgefächert: Da gab es die Geisteswissenschaft mit der Linguistik, der Literaturwissenschaft und der Geschichte auf der einen Seite, und die Naturwissenschaft mit der Botanik, der Zoologie und der Geologie auf der anderen. Erst im Zuge der vorliegenden Arbeit ist es mir gelungen, für mich persönlich eine Synthese dieser Gegenstände herzustellen.

Dafür habe ich meinem Diplomarbeitsbetreuer, Herrn Prof. Dr. Bernhard HUBMANN, zu danken, der mir seine Sammlung deutschsprachiger Gedichte mit geologischem Inhalt gezeigt hat. Im Rahmen meiner Diplomarbeit durfte ich sie fortführen und untersuchen. Bald stellte sich heraus, dass die Zahl solcher lyrischeren Werke beachtlich ist. Außerdem zeigte sich, bei welchen deutschsprachigen Dichter/innen eine besondere naturwissenschaftliche Neugier und ein spezielles Verhältnis zur Geologie feststellbar ist. Die gefundenen Gedichte sind darüber hinaus zum Teil derart opportun und/oder witzig, lehrreich und/oder beeindruckend, dass man sie als Lehrperson auch Schüler/innen nicht vorenthalten möchte. Dadurch ergab sich der fachdidaktische Teil meiner Diplomarbeit.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich also mit geologischen Inhalten in der deutschsprachigen Poesie. Dazu werden die folgenden Fragestellungen behandelt:

• Gibt es eine nennenswerte Rezeption erdwissenschaftlicher Inhalte in der deutschsprachigen Lyrik? • In welcher Weise setzen sich Dichter/innen in ihrer Lyrik mit geologischen Inhalten auseinander? • Welche erdwissenschaftlichen Phänomene und Aspekte werden in den lyrischen Werken aufgegriffen? • Kann den Gedichten mit geologischem Inhalt ein naturwissenschaftlicher Mehrwert entnommen werden und wenn ja, welcher im Konkreten? • Wie kann das behandelte Thema in der Schule umgesetzt werden?

8 Die Untersuchung dieser Fragen findet auf Basis verschiedener Quellen statt. Hier bilden die lyrischen Texte selbst natürlich die Primärquelle. Es handelt sich um 100 Gedichte deutschsprachiger Schriftsteller/innen, die im Anhang aufgelistet und nachzulesen sind. Sie stammen aus fünf Jahrhunderten der Literaturgeschichte und aus der Feder von 71 verschiedenen Autor/innen. Gefunden wurden sie von Herrn Prof. Dr. Bernhard HUBMANN oder von mir in verschiedenen Gedichtbänden und im Internet oder in Zeitschriften. Als Quellen für die theoretischen Ausführungen werden Sekundärliteratur, Autorenbiografien, Fachliteratur aus geologischen, pädagogischen und literaturwissenschaftlichen Bereichen sowie Internetquellen herangezogen. Als zusätzliche Quelle dient ein Interview mit dem

Lyriker und Biologen Helwig BRUNNER, welches sich verschriftlicht im Anhang befindet. Außerdem habe ich im Zuge dieser Arbeit eine Schulstunde im BG/BRG Oeversee abgehalten. Die Recherche ergab eine große Bandbreite aus Unterthemen zu den umfangreichen Fragen dieser Diplomarbeit. Dabei tauchte der Begriff „Geopoetik“ auf, dessen Bedeutungsebenen es im Laufe der Arbeit aufzurollen gilt. Die Lyrik an sich, eine besonders künstlerische Gattung, und ihre Beziehung zur Naturwissenschaft im Allgemeinen soll besprochen werden. Vor allem aber ist das Anliegen dieser Arbeit, die Verbindung zwischen der Geologie und der Dichtkunst im Laufe der Jahrhunderte darzustellen. Geologie-historische Ereignisse in Verbindung mit der Literaturgeschichte sind in diesem Zusammenhang besonders interessant. Dabei können natürlich auch die Geologen, welche dichterisch tätig waren – und umgekehrt Dichter/innen, welche ihre Begeisterung für geologische Themen in ihrer Lyrik sichtbar mach(t)en – als Personen nicht außenvorgelassen werden. 2001 erschien eine ansehnliche Sammlung aus Drucken von Zeichnungen und Gemälden unter dem Titel „Die Geologen und die Künste“. Die Paläontologin Ilse SEIBOLD fasste in diesem Buch mittels Beispielen die Beziehung zwischen den Erdwissenschaften und der bildenden Kunst zusammen. Sie stellt darin u.a. fest, welche wichtige Rolle in der Arbeit von Geolog/innen das Beschreiben einnimmt. Hier werden also bildliche Darstellungen zu Kunstwerken. Genauso lassen sich Geologen finden, die über die schriftliche Beschreibung ihrer Arbeitsfelder in die Welt der Lyrik eintreten. Erika SCHELLENBERGER-DIEDERICH (2006) führte wiederum in sieben Studien Dichter/innen an, deren Werke durch geologische Motive geprägt sind. In ihrer „Geopoetik“ erklärt sie die Thematik somit von der anderen, der literaturwissenschaftlichen, Perspektive. Auch in der Bildungsforschung wird die Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft diskutiert. Die Steigerung des Lernerfolgs durch die Einbindung von Kunst und Kreativität in den Schulalltag wird beispielsweise von

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Pädagoge Dr. Rainer E. WICKE (2004) in „Aktiv und kreativ lernen“ besprochen. Der Mehrwert eines fächerübergreifenden Unterrichts soll zusätzlich zum Thema dieser Diplomarbeit werden und ist ein wichtiges Argument für die im Laufe der Arbeit geplante Unterrichtseinheit. Allem voran soll die Zusammenfassung der Geologie- und Literaturgeschichte der Überblicksbildung dienen. Daraufhin wird konkret auf die Geologie in der deutschsprachigen Lyrik eingegangen, bevor ein Gedicht exemplarisch analysiert wird. Im sollen die fachdidaktischen Überlegungen zum Thema stehen. Einen Bericht über die Planung und die Erfahrung zu einer Unterrichtseinheit im Fach Biologie, in der ein Gedicht behandelt wird, bildet das darauffolgende Kapitel. Zum Schluss werden in einem Resümee die Ergebnisse zusammengefasst, indem die Ausarbeitungen aller Kapitel miteinander in Verbindung gebracht werden.

2. Geologie- und Literaturgeschichte Die Beschäftigung mit der deutschen Lyrik führt unweigerlich durch die Epochen der Zeit. Dabei lässt sich eine stete Veränderung, ein Reifen, Wachsen oder auch Schrumpfen, eine natürliche Entwicklung beobachten, welcher sich die Lyrik beugt. Nicht nur die deutsche Sprache wandelt sich mit der Zeit, es sind auch Stil und Inhalt, Formregeln und Philosophie, die sich in einen langsamen aber kontinuierlichen Entwicklungsprozess einfügen. Während meiner Studien von Gedichten mit geologischer Motivik kommt mir in diesem Zusammenhang unwillkürlich der Vergleich mit der sich allmählich veränderten Erde in den Sinn. In der Lyrik wie in der Erdgeschichte gibt es dabei Fixpunkte, deren Auffälligkeit automatisch ins Auge fallen und welche der Orientierung dienen. Die Gewissheit, dass es dort wie da immer noch eine weitere Entwicklung geben wird, ja dass die Entwicklung unmerklich auch in diesem Moment passiert, ist reizvoll. Aber auch die Wissenschaft selbst befindet sich im steten Wandel. Im Folgenden möchte ich die Geschichte der Geologie näher beleuchten. Später soll diese im Kontext mit der Literaturgeschichte und deren Dichter/innen und Werken betrachtet werden.

2.1. Die Geschichte der Geologie Die Entwicklung der Geologie zu einer etablierten wissenschaftlichen Disziplin ist eine lebhafte, aber junge Geschichte. Erst vor etwa 250 Jahren kann der Beginn der „modernen“ Geologie verzeichnet werden. Die Erdwissenschaften sind als solche also jung, doch

10 Spekulationen über die Entstehung der Erde haben neugierige Gemüter und interessierte

Denker schon sehr viel früher beschäftigt (HÖLDER 1989).

Anfänge und frühe Überlegungen Viele Fragen der Geologie wurden einst von der Religion beantwortet. Bis in die Neuzeit prägt die Schöpfungsgeschichte nach der Bibel die geologischen Überlegungen von

Philosophen und Forschern (LOTZE 1973). Mose sollte sogar einmal als „Oberalter aller Geologen“ bezeichnet werden, womit wohl der älteste Pionier der Erdwissenschaften gemeint war. Die Genesis berichtet immerhin von einer chaotischen, leeren Welt und der allmählichen Entwicklung der Pflanzen. Geologisch tatsächlich wertvolle Hinweise sind dem Buch Mose aber freilich nicht zu entnehmen (HÖLDER 1989).

Also soll der Anfang der Geologie besser bei ARISTOTELES (um 384-322 v. Chr.) (siehe

Abb. 1: Aristoteles-Büste, römische Kopie nach einer Skulptur des Bildhauers Lysippos. Rom, Palazzo Altemps.

Abb.1) gesucht werden, welcher sich in der Antike, wenn auch nicht empirisch forschend, so

ARBUCK Abbildungdoch eingehend 2: NICOLAUS mit STENO derAbbildung Entwicklung 3: ARISTOTELES von Erde-Büste, undrömische Ges Kopieteine nachn beschäftigte einer Skulptur (desT Bildhauers& LYSIPPOS. Rom, Palazzo Altemps 8575 LUTGENS 2009). Seine Festlegung auf die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde geht ursprünglich auf EMPEDOKLES zurück, spielt bis heute in Kreisen der Esoterik eine Rolle und die wissenschaftliche Beachtung der Vierteilung hielt immerhin bis in die Neuzeit an

Abbildung(WAGENBRETH 4: NICOLAUS 2015) STENO. DieAbbildung Entstehung 5: ARISTOTELES des Lebens-Büste, römischeerklärt AKopieRISTOTELES nach einer Skulpturwiederum des Bildhauersmit seiner L YSIPPOS. Rom, Palazzo Altemps 8575 Idee der „Urzeugung“, nach der sich Leben von selbst aus unbelebter Materie heraus entwickeln kann (HUBMANN 2009). Die Herkunft der Gesteine erklärten sich die meisten

Philosophen der Antike in Zusammenhang mit den Sternen. Erdbeben entstehen laut

AbbildungARISTOTELES 6: NICOLAUS durch STENO inAbbildung die Erde7: ARISTOTELES gepresste-Büste, Luft römische, und Kopie in nach der einer Folge Skulptur käme des Bildhauers es zu L YSIPPOS. Rom, Palazzo Altemps 8575 Vulkanausbrüchen (TARBUCK & LUTGENS 2009). Zweifelsohne fehlte es dem Denker an

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modernen erdwissenschaftlichem Grundwissen; aufgrund der Vielzahl seiner Schriften zu erdwissenschaftlichen Themen kann aber jedenfalls auf eine Begeisterung für geologische Phänomene geschlossen werden. Diese faszinierende Wirkung ging wohl auch von Fossilienfunden aus. Schon in der Antike wurden Fossilien in großen Mengen gesammelt und auf vielfältige Weise gedeutet. Vor allem Knochenfunde erregten Aufsehen. Sie wurden als Knochen homerischer Helden aufbewahrt, als Beweis für die Existenz von Fabelwesen betrachtet oder sogar als göttlich und heilend verehrt (VÀVRA 2013). Xenophanes von KOLOPHON (um 570-470 v. Chr.) war der Erste, der von marinen Fossilien auf die einstige Überschwemmung des Festlandes schloss. Zudem stellte er bereits die Vermutung an, dass sich gebirgsbildende und erodierende Zyklen abwechselten (HUBMANN 2009). Bis 1750 sind zwei gegengleiche Linien in den erdwissenschaftlichen Betrachtungsweisen nachzuvollziehen. Unabhängig voneinander entwickelten sich zum einen die Beobachtung von einzelnen Phänomenen, die vom Erdganzen unbeeindruckt blieb und zum anderen die Überlegungen zum Planeten als Ganzem, in denen aber von einzelnen geologischen

Ereignissen abgesehen wurde (WAGENBRETH 2015). Außerdem lassen sich zwei andere, für die Geologie typische, Ansätze feststellen: Die Erdwissenschaft erscheint als Nachvollzieherin einer Abfolge von Ereignissen, einer Geschichte – wie ja auch die bereits erwähnte Schöpfungsgeschichte. Andererseits zieht die Erdwissenschaft Schlüsse über die Erde ohne eine chronologische Abfolge im Hintergrund, eher auf einer Metaebene zum

Historischen, wie es eben auch von ARISTOTELES verstanden wurde (HÖLDER 1989).

Im Laufe der Antike bis zum Mittelalter beschäftigten sich vor allem auch THALES (um 620-

550 v. Chr.), PYTHAGORAS (um 570-510 v. Chr.) und später SENECA (um 1 v. Chr.-50 n. Chr.) mit der Geologie. Sie beobachteten die Phänomene, welche heute den Erdwissenschaften zugeordnet werden, formulierten Thesen zum Aufbau des Planeten und verschriftlichten ihre

Überlegungen zur Entstehung der Welt. PLINIUS der Ältere (24-79 n. Chr.) publizierte im ersten Jahrhundert nach Christus die „Naturalis historia“. Darin findet sich unter anderem eine Sammlung und Zusammenfassung der bisherigen Versuche, Vulkane, Erdbeben und

Versteinerungen zu erklären (LOTZE 1973). Der Denker befasste sich auch mit dem praktischen Aspekt, indem er die Verwendung der betreffenden Rohstoffe in der Kunst beschrieb. Beim Vesuvausbruch im Jahr 79 kommt PLINIUS dem Vulkan in seinem Forschungseifer zu nahe und erstickt an den Gasen, die bei dem Ausbruch entstanden sind

(HUBMANN 2009). Obwohl seine Arbeiten und die Gedanken anderer Philosophen sich in der späteren Forschung wiederfanden, blieben wirkliche wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem

12 Altertum, die für die Entwicklung der Geologie langfristig bedeutend wären, aus (LOTZE 1973). Auch das Mittelalter kann nicht als Zeit der großen geologischen Entdeckungen bezeichnet werden. Etwa ab dem 13. Jahrhundert wurde vor allem die Rolle des Wassers bei der

Entwicklung der Erde als signifikant angesehen. Forscher wie AVICENNA oder Ristoro d’AREZZO dachten darüber nach, welche Wirkung Wasserströme und die von ihnen nicht hinterfragte Sintflut auf die Entstehung von Bergen und Tälern gehabt haben. Immer noch wurde auf die Prägung der Gesteine durch die Sterne hingewiesen und verschiedene Naturphilosophen schlossen mangels Reise- und Erkundungsmöglichkeiten von ihrer heimatlichen Landschaft auf die ganze Erde (HÖLDER 1989). Albertus MAGNUS (1200-1280) publizierte in der Mitte des 13. Jahrhunderts ein System, indem er Mineralien als „Steine, brennbare Stoffe, Salze und Erze“ kategorisierte. Zur selben Zeit wurden von Petrus

Peregrinus de MAHARNCURIA erstmals die magnetischen Pole beschrieben. Ansonsten finden sich aus der Epoche des Mittelalters kaum Entdeckungen, welche die Geologie beeinflusst hätten (HUBMANN 2009).

Renaissance und Neuzeit Nach der Eroberung von Konstantinopel war ein Großteil der Philosophen, welche der antiken Tradition anhingen, nach Italien ausgewandert und die ersten bedeutenden Entdeckungsfahrten fanden statt. Die kirchliche Lehre wurde im selben Maß angezweifelt, wie die „alten Quellen“ kritisiert wurden und der Streit zwischen der spekulativ verfahrenden Scholastik und des in der Renaissance etablierten Empirismus` war entfacht.

Universalgelehrte wie Leonardo da VINCI (1452-1519) setzten sich mit erdwissenschaftlichen Themen auseinander, wobei vor allem das junge Alter der Erde und die Sintflut, die von der Kirche gelehrt wurden, in den Fokus der Fragestellungen gerieten. Die Bemühungen den Bergbau zu verbessern führten darüber hinaus zu praktischen geologischen Ideen, wobei vor allem der Stadtphysikus von Leipzig, Ulrich Rülein von CLAW (1465-1543), und der Bergbau-

Systematiker Georgius AGRICOLA (1494-1555) zu erwähnen sind. Ihre Arbeiten haben die damalige Geologie maßgeblich beeinflusst (HUBMANN 2009).

Die Mitte des 17. Jahrhunderts bildete schließlich eine Art Wendepunkt. James USHER (1581- 1656), ein irischer Erzbischof und einflussreicher Theologe, veröffentlichte eine Schrift mit großer Wirkung auf die darauffolgenden Überlegungen. In dem Werk fanden sich neben der Geschichte der Menschen auch eine chronologische Aufzählung der Geschehnisse, welche die

Entwicklung der Erde ausmachen sollten. USHER legte sich darüber hinaus auf das Alter des Planeten fest. Die Ideen des Bibelforschers erreichten eine derartig große Einflussnahme auf

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das Weltbild der Zeit, dass die Chronologie sogar in der Bibel gedruckt wurde (TARBUCK &

LUTGENS 2009). Somit verbreitete sich seine Vorstellung, die Erde sei im Jahr 4004 vor

Christus erschaffen worden, wobei sich USHER sogar auf einen genauen Zeitpunkt, den Abend des 22. Oktobers, festlegte (HUBMANN 2009).

Später erlangte Georges CUVIER (1769-1832) die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler Europas. Seine Thesen, welche unter dem Begriff „Katastrophentheorie“ oder „Kataklysmentheorie“ zusammengefasst werden, machten den Naturforscher zu einem der einflussreichsten Denker des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts. Die kurze Dauer der

Erdentwicklung, welche USHER und die Kirche festgelegt hatten, sollte durch diese Theorie schlüssig erscheinen. CUVIER behauptete nämlich, die Gestalt der Erde sei auf kurzzeitige mächtige Naturkatastrophen zurückzuführen. Sämtliche Landschafts- und Oberflächenformationen wurden über viele Jahrzehnte in dieser Weise gedeutet (siehe Abb. 2). Nicht nur wegen des biblischen Berichts von der Sintflut, sondern auch durch die Einbindung anderer religiöser Elemente, wie der Gottesfürchtigkeit, wurde die Theorie

CUVIERS – und damit die derzeitig vorherrschende Idee der Erdgeschichte – mit dem Alten

Testament in Verbindung gebracht (TARBUCK & LUTGENS 2009). Außerdem verbreitete

CUVIER die Vorstellung, Lebewesen seien unveränderlich, wie auch der Gedanke einer sich langsam wandelnden Erde nicht zu seinen Annahmen passte (HUBMANN 2009).

Abb. 2: Faltungsstrukturen am Vierwaldstätter See von Johann Scheuchzer 1708 als Folge der Sintflut gedeutet, nach Hölder (1989) So herrschte zusätzlich die Meinung vor, dass Gesteine nicht langsam entstanden wären, sondern als solche und in der heute sichtbaren Erscheinung erschaffen worden waren. Ins Gestein eingeschlossene Fossilien deutete man daher als Spielerein der Natur und nicht als

14 etwas Organisches, auch wenn sie an Lebewesen erinnerten. In der Mitte des 17. Jahrhunderts konnte aber der Naturforscher Nicolaus STENO (1638-1686) (siehe Abb. 3) durch den Vergleich mit den Zähnen eines Hundshaikadavers versteinerte Haizähne als solche identifizieren. Sogleich begann STENO mit der Untersuchung des Gesteins, welches die fossilen Zähne einschloss (HÖLDER 1989). Zusammengefasst kam er nach Jahren des, auf dieses Schlüsselerlebnis zurückzuführenden, Studiums zu den folgenden Thesen:

• Gesteinsschichten liegen übereinander. • Die unterschiedliche Zusammensetzung kommt durch das wechselnde Klima oder unbeständige Strömungen zu Stande. • Die höchste Schicht ist immer die jüngste (Diese Entdeckungen entsprechen dem heute selbstverständlichen Lagerungsgesetz). • Gesteine sind ursprünglich horizontal geschichtet. Eine abweichende Neigung geht auf Höhlungen und Einbrüche zurück. • Berge und Täler sind durch unterirdische Feuer und Wasserströme entstanden

(WAGENBRETH 2015). • Alle Einzelkristalle derselben Art schließen zwischen analogen Flächen gleiche

Winkel ein (STENO hatte also das „Gesetz der Winkelkonstanz“ aufgestellt)

(HUBMANN 2009).

Bei seinen Entdeckungen und Thesen vergaß STENO aber keineswegs auf die Schöpfungsgeschichte. Die Sintflut stellte für den Forscher allerdings nur eine einzelne

Abb. 3: Nicolaus Steno, das Porträt entstand in Schwerin kurz vor seinem Tod

Episode der Erdgeschichte dar. Anders als die zeitgenössischen Wissenschaftler SCHEUCHZER

(1672-1733) oder WHISTON (1667-1752) glaubte STENO nicht an die Sintflut als Auslöserin für die gesamte Gesteinsschichtung (HÖLDER 1989).

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Beginn der modernen Geologie Die Geburt der modernen Geologie kann im Schottland des 18. Jahrhunderts verortet werden.

Der Arzt und Gutsherr James HUTTON (1726-1797) revolutionierte mit seiner „Theory of the Earth“ die geologische Wissenschaft. Als Begründer des Aktualismus verschriftlichte er die Theorie, dass „physikalische, chemische und biologische Gesetzmäßigkeiten, die heutzutage Gültigkeit besitzen, auch in der Vergangenheit gültig waren“. Der Vordenker wusste also bereits um die Möglichkeit, von momentan ablaufenden Prozessen auf vergangene Phänomene zu schließen. Kein Forscher vor ihm stellte explizit dar, in welch langsamem und allmählichem Prozess sich die Erde zu ihrer jetzigen Gestalt entwickelt hat. Kräfte, welche in der Gegenwart schwach wirken mögen, so HUTTON, können über eine lange Zeitspanne hinweg zu gewaltigen Veränderungen in den Gesteinsformationen führen. Plötzlich auftretende Naturkatastrophen sind dagegen tatsächlich nicht stark genug, um Wandelerscheinungen mit dem Resultat von Gebirgen und Tälern auszulösen. HUTTONs Aussagen konnten durch seine empirische Arbeitsweise nachvollzogen werden und schlugen weite Wellen (TARBUCK &

LUTGENS 2009). Er bestand darauf, dass die Zeit in ihrer gesamten Dauer notwendig ist, um die relevanten Kräfte zu stärken und beschrieb im selben Zuge das neue Konzept der unendlich fortschreitenden Entwicklung. Der Anfang und das Ende waren für HUTTON dabei weitgehend Nebensache. Ein Ende ist nicht in Sicht und auf Vergangenes lässt sich durch Beobachtung der gegenwärtigen Prozesse schließen.

Mit seinem offenen System war HUTTON kein Systematiker der Mineralien und Gesteine. Sein

Zeitgenosse Abraham Gottlob WERNER (1749-1817) (siehe Abb. 4) hingegen hatte sich der

Abb. 4: Abraham Gottlob Werner, nach einem Porträt von Christian Leberecht Vogel.

Ordnung verschrieben. Anders als HUTTON ging er davon aus, dass die Gesteine aus einem Urozean hervorgegangen waren. Auf der Basis dieser Vorstellung entwickelte er ein geschlossenes, akkurates und somit überschaubares System. Dabei stellte er sich einen

16 Schaffensprozess vor, der einmalig am Anfang der Welt stattfand und alles als das hervorbrachte, was es auch in der Gegenwart ist. Komplexe zyklische Phänomene und die Unendlichkeit des Wandels kamen in den Thesen des Systematikers kaum vor. Ihm hat die Geologie aber einen guten Teil der Terminologie sowie die Ordnung von Gesteinen und

Mineralien zu verdanken (HÖLDER 1989). Obwohl WERNER, der als Begründer der Geognosie1 bekannt ist, einen positiven Einfluss auf den Fortschritt der Kartierung und des Bergbaus hatte, trübte ihm der feste Glaube an den Urozean als Herkunft sämtlicher Gesteine oftmals den Blick. Nachdem er, auf diese Basis aufbauend, den Basalt fälschlicher Weise als Sedimentgestein gedeutet hatte, wurde der so genannte Basaltstreit entfacht, der auch

Neptunistenstreit heißt, und auf den in Kapitel 4 näher eingegangen wird (WAGENBRETH 2015). In dem auf diese Entwicklungen folgenden „Goldenen Zeitalter“ von 1820-1860 wurden die

Geologie und die Paläontologie weiter ausgebaut. Es begann wohl mit K. E. A. von HOFF

(1771-1837), der erfolgreich die Entwicklung anorganischen Materials untersuchte und zur

Säkularisierung der Geografie beitrug (LOTZE 1973). Während dieser Zeit wirkte außerdem

Charles LYELL (1797-1875), der die Theorie des Aktualismus von HUTTON bestärkte. Er feilte den Ansatz weiter aus und veröffentlichte 1830-33 eines der bedeutendsten Bücher für die Geologie, die dreibändigen „Principles of geology“. Darin findet sich der Satz, der als Grundsatz für die geologischen Forschungsmethoden verstanden werden kann: „The present is the key to the past“. Zur Erklärung der unterschiedlichen Fossilien ging LYELL von steten „Hebungen und Senkungen der Erdkruste“ aus. Nun habe sich in jenen Zeitabschnitten der Hebungen über den Meeresspiegel keine Sedimentation gebildet und damit hätten Flora und Fauna eine Veränderung erfahren: Die Lebewesen passten sich nämlich an den Wandel an; Wanderungen und evolutionäre Prozesse fanden statt, neue Arten konnten entstehen, andere starben aus (HUBMANN 2009).

In derselben Zeit erschienen auch bedeutende Arbeiten von Charles DARWIN (1809-1882), dessen Evolutionstheorie bekanntermaßen bis heute prägend ist, und der den Aktualismus abermals bestätigte (HUBMANN 2009) und von (1831-1914), dessen „Antlitz der

Erde“ eine moderne Sicht auf geologische Bereiche warf (LOTZE 1973). Außerdem betrat ein neuer, bedeutender Begriff die Bühne der erdwissenschaftlichen Forschung, der auch gleich in einem Gedicht von Karl Friedrich SCHIMPER (1803-1867) fiel: „Eiszeit“. SCHIMPER und

Louis AGASSIZ (1835-1910) erforschten in diesem Zusammenhang Gletscher und stellten erste

1 ein Begriff der WERNER wegen damaliger Spannungen um diesen wissenschaftlichen Bereich sinniger schien als „Geologie“, aus heutiger Sicht aber kaum etwas anderes meint. 17

bedeutende Theorien zur Eiszeit-Lehre auf (HUBMANN 2009). Noch im selben Jahrhundert wurde außerdem die Bildung der Kohle durch die Umwandlung von Landpflanzen-Resten allgemein akzeptiert (JURASKY 1940) und die Geologie wurde in verschiedene Disziplinen aufgespalten. Eduard SUESS beschrieb die Urkontinente Gondwana und Tethys und Johannes

WALTHER (1860-1937) stellte die „Faziesregel“ auf. Dabei handelt es sich um den Grundsatz,

Abb. 5: , Foto um 1925 dass bei ungestörter Schichtung nur jene Fazies übereinander liegen, die zeitgleich nebeneinander vorkommen können. Das 20. Jahrhundert brachte eine Vielzahl neuer Erkenntnisse im naturwissenschaftlichen

Bereich. Um 1920 erlangte Hans STILLE (1876-1966) mit dem „Stille-Zyklus“ die Aufmerksamkeit im geologischen Diskurs. Diese Theorie erklärte die Gebirgsbildung durch Grabenbrüche und Krustenausdehnungen. Sie wurde allerdings später aufgrund der Erkenntnisse zur Plattentektonik verworfen. Zu dieser Zeit fehlte aber noch der Durchbruch einer bestimmten Idee, die besonders Alfred WEGENER (1880-1930) (siehe Abb. 5) zugeschrieben wird, nämlich der „Theorie der Kontinentalverschiebung“. Bereits 1912 veröffentlichte WEGENER die ersten Ansätze seiner These. Etwa zehn Jahre später publizierte er eine Neuauflage seines Werkes „Entstehung der Kontinente und Ozeane“ und erntete damit scharfe Kritik von Seiten anderer Forscher. Als Professor in Graz veröffentlichte er eine weitere Ausgabe jenes Buches und reiste erneut zur Gletscherforschung nach Grönland. Erst Jahrzehnte nach seinem Tod im Jahr 1930 wurden die Theorien um den Kontinentaldrift endgültig anerkannt. In diesem Zusammenhang sind vor allem Harry Hammond HESS (1906-

1969) und Robert S. DIETZ (1914-1995) zu nennen, welche mit ihren Theorien zur Geologie der Ozeanböden die Ideen WEGENERs weiter ausbauten und die moderne Plattentektonik etablieren konnten (HUBMANN 2009).

18 Einige weitere Aspekte zur Entwicklung der Geologie Während sich die Geologen des 19. Jahrhunderts noch mit einer auf relativer Datierung beruhenden Zeiteinteilung der Erdgeschichte begnügen mussten, ist heute eine „ziemlich genaue“ Bestimmung von Zeitpunkten möglich. Diese Möglichkeit geht auf die Entdeckung radioaktiver Strahlung im Jahr 1896 zurück. Das Phänomen wurde eingehend untersucht und durch Forschungsfortschritte im Laufe des 20. Jahrhunderts konnte die Isotopenmessung zum

Mittel der Datierung von Gesteinen werden (TARBUCK & LUTGENS 2009). Auch das Rasterelektronenmikroskop, welches ab der Mitte des 20. Jahrhunderts eingesetzt wird

(HUBMANN 2009) und das EDV-Equipment der „Computer-Geologie“ sind Gerätschaften, welche das wissenschaftliche Arbeiten von Geologen beeinflussen (SMOLKA 1989). Zudem werden zur Erhebung von Daten zur Größe der Erde und zu Plattenbewegungen mittlerweile

Satellitenaufnahmen und GPS-Daten verwendet (HUBMANN 2009). Die Forschung auf dem Gebiet der Erdwissenschaften ist so weit, dass heutige Geolog/innen sich in der Lage sehen, eine „über Hunderte von Millionen Jahre reichende Prognose“ über die Weiterentwicklung der Erde zu wagen (WAGENBRETH 2015). Diese spannende und wechselhafte Geschichte einer außerordentlichen Wissenschaftsdisziplin im Hintergrund, ist es mir als angehende Lehrerin noch ein Anliegen zu erwähnen, dass erdwissenschaftliche Inhalte in den Lehrplänen österreichischer Schulen – zu meinem persönlichen Bedauern – mittlerweile einen verhältnismäßig sehr geringen Stellenwert haben

(HUBER & HUBER 2013). Zur Begründung dieses Umstandes, die verschiedene bildungspolitische Faktoren miteinschließt, fehlt an dieser Stelle der Raum.

Im Laufe der Geschichte der Geologie stellen auch Dichter der Zeit Überlegungen zu den aktuellen erdwissenschaftlichen Themen an, auf die in der Folge dieser Arbeit exemplarisch eingegangen wird. Umgekehrt finden sich unter den Geologen auch Männer, die sich selbst zum Verfassen von Gedichten berufen fühlten. Sie werden innerhalb der nächsten Kapitel ebenfalls Erwähnung finden.

2.2. Naturwissenschaften und Literatur in Synthese

„Dichtung ist immer auch Neuschöpfung einer Welt mit Sprache“, bemerkt Erika

SCHELLENBERGER-DIEDERICH (2006). Ich möchte diesen Gedanken fortsetzen: Die Poesie kann, wie die Kunst überhaupt, auf analytischer Ebene nie unter Ausschluss der kulturellen und historischen Bedingungen der Entstehung betrachtet werden. Dichter/innen sind Beschreiber, Erfinderinnen, Träumer und/oder Denkerinnen. Sie sind in der Lage, auf

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literarisch hochwertigem Wege ihren Gedanken und Wahrnehmungen Ausdruck zu verleihen. Damit sind sie sicherlich in einer gewissen Art und Weise als „Neuschöpfer“ zu betrachten, immer werden sie aber in ihren Ideen auch von ihrer Umgebung beeinflusst sein. Diese Gegebenheit führt selbstverständlich auch zur Aufnahme von naturwissenschaftlichen Themen, Bildern und/oder Vorstellungen in die Literatur. Überdies sind Schriftsteller/innen oftmals selbst naturwissenschaftlich begabte oder gelehrte Persönlichkeiten, was natürlich zu einer gegenseitigen Prägung ihrer beiden Interessengebiete führt. Einerseits können daher literarische Werke gefunden werden, die explizit der Veröffentlichung oder Weitergabe naturwissenschaftlicher Erkenntnisse dienen, die also gleichzeitig Dichtkunst und naturwissenschaftliches Essay sind. Andererseits werden Themen und Aspekte des aktuellen naturwissenschaftlichen Diskurses oder auffällige, vor allem sinnlich wahrnehmbare Naturerscheinungen zum Stoff der Literatur.

Vergleich und Verbindung von literature and science

Bereits der Literaturhistoriker Johann Joachim ESCHENBURG (1743-1820) versuchte die

Dichtkunst ähnlich der Natursystematik nach LINNÈ zu kategorisieren. Darüber hinaus stellt er in seinem „Lehrbuch der Wissenschaftskunde“ die Künste als Praxis neben die Wissenschaft als Theorie, sodass seinem Empfinden nach die Kunst nicht als wissenschaftliche Disziplin, sondern als Darstellungsinstrument von Erkenntnissen zu denken ist (ZELLE 2013). Tatsächlich werden Bild und Sprache natürlich benötigt, um Wissen zu vermitteln und die Literaturwissenschaft setzt sich durchaus auch mit Sachtexten auseinander. Textsorten, die der Veröffentlichung von wissenschaftlichen Erkenntnissen dienen, weisen ebenso wie künstlerische Gattungen bestimmte Merkmale der Performanz auf. Sie müssen nämlich auch diejenigen Stilmittel realisieren, mit denen eine gewisse Darstellungsintention und eine wirkungsvolle Inszenierung erreicht werden können (SCHELLENBERGER-DIEDERICH 2006).

Joseph VOGL (1997) sieht in diesem Überschneidungspunkt zwischen der Literatur- und der Naturwissenschaft eine Chance: Erkenntnisförderung auf beiden Seiten sei die positive Folge der Verknüpfung beider Disziplinen (SCHELLENBERGER-DIEDERICH 2006). Nicht nur zu diesem Zweck laufen interdisziplinäre Diskussionen um die offensichtlichen

Überschneidungen zwischen „literature and science“ (REULECKE 2008). Immerhin sind in der Geschichte revolutionäre naturwissenschaftliche Fortschritte oftmals in Verbindung mit weitreichenden Innovationen des literarischen Schaffens zu beobachten. Die Kommentation der Naturwissenschaft und die Beschreibung naturwissenschaftlicher Phänomene auf literarischem Wege können überhaupt durchgehend verfolgt werden (RICHTER 1972).

20 Andererseits wird auf die individuelle, biografische Ebene hingewiesen. Das Wissen um den Dichter oder die Dichterin als Urheber bzw. Urheberin von Texten scheint dem Objektivitätsanspruch der Naturwissenschaft zu widersprechen. Literarischen Schriften kann eine subjektive Ebene natürlich nicht abgesprochen werden. Die Biografie der meisten Dichter/innen, die sich naturwissenschaftlich äußern, weist aber auf eine professionelle

Auseinandersetzung mit den Themen hin (NATSVLISHVILI 2012). Selbst wenn dem nicht so sei: Eine überzogene Objektivitätsforderung ist der Literaturwissenschaft wohl genauso wenig zuträglich wie der Naturwissenschaft (SCHELLENBERGER-DIEDERICH 2006): Dort wie da müssen interpretatorische Spielräume gegeben sein und ein Literat kann genauso wenig wie ein Forscher von persönlichen Ideen und Ansätzen isoliert werden. Schriftsteller/innen und Wissenschaftler/innen müssen beide kreativ handeln, wozu Innovation, Inspiration und Spontanität gehören; Eigenschaften die durchaus von der Identität des schaffenden Geistes abhängen (BRAUN 2011). 2012 veröffentlichte NATSVLISHVILI in diesem Zusammenhang Studien zum „Dialog“ zwischen Literatur und Naturwissenschaft, wobei sie Werke aus der Erzählkunst des 20. Jahrhunderts erforschte. Auch die Grenzen der Naturwissenschaft werden in diesen Untersuchungen deutlich. Naturwissenschaftliche Fragen führen nämlich nicht selten zu philosophischen Gedanken, die schließlich in literarische Schaffensprozesse münden.

Die Lehrdichtung in einer wechselhaften Geschichte Die älteste bekannte Lehrdichtung ist zugleich eine der bedeutendsten Schriften der Naturwissenschaftsgeschichte. Es handelt sich um „De rerum natura“ (siehe Abb. 6), das mehrbändige Gedicht, welches LUKREZ (um 99-55 v. Chr.) im ersten Jahrhundert vor Christus auf Latein verfasste. Dieses lyrische Werk prägte einen Großteil der Lehrdichtung Europas.

Von VERGIL (um 70-19 v. Chr.) und OVID (um 43 v. Chr.-17 n. Chr.) über die Renaissance und schließlich noch bis zu GOETHE (1749-1832) weitergegeben, weckte das Schaffen des Römers Interesse unter Dichtern und Denkern. Das Werk wurde in verschiedenste Sprachen übersetzt und wurde sowohl für den Erkenntnisreichtum als auch für den dichterischen Stil gelobt. OVID bedachte LUKREZ daher mit dem Beisatz „der Erhabene“, GOETHE nannte ihn beeindruckt einen „poetischen Redner“ und in der aktuellen Literatur wird die „lukrezische Synthese von Naturphilosophie und Dichtung“ als einzigartig betrachtet. Poesie und Naturwissenschaft als Synthese scheinen hier also bereits in vollendeter Form vorzuliegen.

Für LUKREZ war es wohl eine Selbstverständlichkeit, seine naturwissenschaftlichen

Erkenntnisse in einem „hohen Ton“ zu verschriftlichen (ALBRECHT 2003).

21

Abb. 6: Abschrift von Lukrez` „De rerum natura“, erstellt von Girolamo di Matteo de Tauris im Jahr 1483

22 Durch die starke langanhaltende Wirkung solcher Schriften wie „De rerum natura“ wurde die Bezeichnung „Lehrgedicht“ lange Zeit ausschließlich als Terminus für Gedichte griechisch- römischer Autoren der Antike verwendet. Im Allgemeinen lässt sich eine gewisse Unklarheit bei der Definition von Lehrdichtung feststellen (HAYE 1997). Werner SUERBAUM gelingt 2002 aber eine durchaus treffende und bündige Begriffsbestimmung, indem er die Lehrdichtung als „nicht-narrative Dichtung“ mit der Vermittlung von „Wissen über Sachverhalte“ definiert und diese Informationsweitergabe als „konstitutives Element“ der Gattung bezeichnet. Die weitere literarische Tradition der Lehrdichtung bleibt in der Forschung aber weitgehend unberührt. Die Ausklammerung der christlichen Lehrdichtung der Spätantike ist dabei noch verständlich; handelt es sich doch um Werke, die zwar didaktisch, nicht aber fachwissenschaftlich informierend sind. Die mittelalterliche Lehrdichtung hingegen wäre durchaus interessant für die weitere Geschichte der Gattung, wurde aber trotzdem oft von

Literaturwissenschaftler/innen außer Acht gelassen (HAYE 1997). Das Mittelalter kannte noch keine Trennung zwischen unterschiedlichen Texten wie „der Beobachtung, dem Dokument und der Fabel“ (REULECKE 2008). Auch die mittelalterliche Alchemie vereinte künstlerische und naturwissenschaftliche Elemente. Wie in der Antike wurde im Mittelalter von einem einheitlichen Wissensbegriff ausgegangen (SEIDEL 2013). Darin liegt wohl auch die Vielzahl der Lehrgedichte aus dieser Zeit begründet. Warum aber wurden sie als solche kaum gehandelt? Vermutlich liegt es daran, dass die mittelalterlichen Verfasser sich selbst nicht als Dichter bezeichneten, sondern ihre Werke als Fachschriften sahen. Da die Teilung der Bildungsrichtungen in heutiger Form aber noch gar nicht vorherrschte, ist diese

Selbsteinschätzung irrelevant (HAYE 1997). Zudem ist die strikte Trennung literarischer und fachlicher Texte im Fall der Behandlung einer Gattung, die nun einmal Literatur und Naturwissenschaft in Verbindung bringt, ohnehin nicht sinnvoll. Für die Entwicklung der so genannten „zwei Kulturen“, also der Naturwissenschaft und der Kunst als separate Disziplinen, war der Humanismus in der Renaissance ausschlaggebend.

CICEROs (um 106-43 v. Chr.) Konzept der „studia humanitas“ aus der Antike wurde dabei wiederaufgenommen und führte in der Deutung des Humanismus zur Aufteilung der Bildung auf die „philologisch-historische“ und die „mathematisch-naturwissenschaftliche“ Seite

(JAKOBS 2006). Diesem ersten Ansatz zur Separation sind die „Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance und des Barocks“ entgegenzusetzen. Aus dieser Zeit finden sich nämlich beispielsweise ästhetisch hochwertig gestaltete sowie technisch nützliche und neuartige

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Gerätschaften, welche die Selbstverständlichkeit der Fusion von beidem, Kunst und Wissenschaft, demonstrieren.

Mit den Arbeiten und Erfolgen von Rene DESCARTES (1565-1650), Isaac NEWTON (1643-

1727) und Gottfried Wilhelm LEIBNIZ (1646-1716) wurde die Abgrenzung zwischen den Disziplinen allerdings weiter verschärft. In der Epoche der Aufklärung, in der die „experimentelle Philosophie“ sich im wissenschaftlichen Diskurs weitgehend durchsetzen konnte, lässt sich eine deutliche Wende in diese Richtung feststellen. Zwar wurde die Antike noch immer hochgehalten, der Empirismus war aber endgültig etabliert und stand für die Naturwissenschaften als Alleinstellungsmerkmal. Weitere Spezialisierungen und Unterscheidungen gegenüber den geisteswissenschaftlichen Bereichen waren die Folge. Mit der wachsenden Zahl an verschiedenen wissenschaftlichen Fachbereichen und Disziplinen vergrößerte sich auch der Graben zwischen Kunst und Naturwissenschaft. Die

Universalgelehrten, wie Leonardo DA VINCI gehörten nicht mehr zu den aktuell angestrebten

Vorbildern (SEIDEL 2013). Andererseits erlebte die Lehrdichtung im 18. Jahrhundert einen erneuten Aufschwung. Die deutsche Poesie dieser Zeit lässt eine rege Rezeption neuer Erkenntnisse aus der Naturwissenschaft erkennen. Allerdings rückten Lehrdichter der nämlichen Epoche in den Fokus der Kritik zeitgenössischer Poetologen und es entfachte eine Diskussion über das

Verhältnis des künstlerischen zum naturwissenschaftlichen Aspekt solcher Werke (RICHTER

1972). GOTTSCHED (1700-1766), LESSING (1729-1781) und SULZER (1727-1791)

Abb. 7: Albrecht von Haller, Gemälde von Johann Rudolf Huber 1736

24 argumentierten entschieden gegen die Aufnahme von Lehrgedichten in den lyrischen Kanon. Sie zählten ausschließlich jene Texte zur Dichtkunst, welche „Fabeln“, also Fiktionales, thematisierten. Laut GOTTSCHED reichte die Form der Lehrgedichte als einziges lyrisches Merkmal nicht aus, um diese als poetische Werke zu klassifizieren. Auch wichen sie von der aristotelischen Mimesis ab, nach deren Vorlage künstlerische Schriften zu verfassen seien

(JORGENSEN et al. 1990). Albrecht von HALLER (1708-1777) (siehe Abb. 7), der selbst als einer der wichtigsten Vertreter der philosophischen Lehrdichtung gilt, wusste hingegen: Lehrgedichte sind poetische Werke, weil zu deren Produktion „alle Dichtergaben“ gefordert sind (RICHTER 1972). In dem Streit zwischen den Neuhumanisten, die den Idealen der Antike treu blieben und den

Philantropinisten mit Fokus auf dem Praktischen und Nützlichen, nahm Johann Gottfried von

HERDER (1744-1803) eine Position der Mitte ein. Er vertrat die Ansicht, „Selbstverwirklichung“ sei der Bildungszweck und die Vielfältigkeit der Bildung sei zu fördern. Dabei wollte HERDER aber die Bildung nicht als Selbstzweck sehen, sondern erkannte an ihr durchaus auch das Nützliche. Bei der Bildungsreform, die um 1800 vor allem durch den Einfluss von Alexander von HUMBOLDT (1769-1859) geschah, ging es verstärkt um dieses Konzept der „allseitigen Bildung der Persönlichkeit“. Der Teilung von

Bildungsbereichen wollte HUMBOLDT in diesem Sinne entgegenwirken. Als Leitbild fungierten in diesem Zusammenhang nach wie vor die griechisch antike Kultur und das Studium der alten Sprache; Literatur wurde von den Humanisten daher höher gewertet als die Naturwissenschaft. Auch die Naturphilosophie des 18. und 19. Jahrhunderts sprach für die universelle Bildung, indem sie die Auffassung der Natur als Ganzes anstrebte (JAKOBS 2006). Daneben erhoben sich aber weiterhin von vielen Seiten die Stimmen gegen die Lehrdichtung, gegen die Gleichzeitigkeit und Gleichwertigkeit von Naturwissenschaft und Kunst.

Abb. 8: Karl Friedrich Schimper, Stich von C. Geyer um 1866

Unabhängig von Kanonisierung und offizieller Gattungssystematik lassen sich in der Literaturgeschichte Gedichte mit naturwissenschaftlich innovativem Inhalt finden. Im 19.

Jahrhundert verschriftlichte beispielsweise der Botaniker und Geologe Karl Friedrich 25

SCHIMPER (1803-1867) (siehe Abb. 8) seine Erkenntnisse zur Eiszeitlehre in lyrisch durchaus ansprechender Weise mit der „Eiszeit-Ode“ (siehe Anhang), die er an seinem Geburtstag und zugleich dem Geburtstag Galileo GALILEIs (1564-1642) im Jahr 1837 während eines Symposiums verteilte. Für diese Form der Publikation entschied sich der Forscher wohl unter anderem, um die Aufmerksamkeit von seinem Freund und Kollegen AGASSIZ auf sich zu lenken. Dieser gab SCHIMPERs Fortschritte in der Eiszeitforschung nämlich unterschwellig für die eigenen aus (IRMSCHER 2013). In lyrischer Form veröffentlicht gelangen wissenschaftliche Ergebnisse eben auf eine andere Ebene und berühren zusätzlich die emotionale und kreative Seite des Publikums. Nichtsdestotrotz ist um 1900 eine endgültige Abspaltung der Naturwissenschaft von der Kunst zu konstatieren. Die Institutionalisierung und die fortschreitende Ausdifferenzierung der Disziplinen sorgt zu dieser Zeit für eine deutliche Entfremdung zwischen den beiden

Bildungswegen. Georg Wilhelm Friedrich HEGEL (1770-1831) ruft als einer der größten Philosophen der Epoche zusätzlich das „Ende der Kunst als Medium der Wahrheitsfindung“ aus und der Kunst wird als Aufgabe nur noch die Betrachtung und Beschreibung zugeschrieben, nicht aber das Verstehen und Erklären der Welt. So lässt sich zunehmend auch das Losringen von Seiten der Kunst feststellen. Hat sich zuvor doch mehr die Naturwissenschaft um Autonomie bemüht, ist es jetzt auch die Kunst, die ihre

Eigenständigkeit und Freiheit zu demonstrieren sucht (SEIDEL 2013). Immer aber stehen die Kunst – eben vor allem die Literatur – und die Naturwissenschaft, wenn auch nicht offensichtlich, miteinander in Verbindung. Denn die Naturwissenschaft braucht Fantasie, Vorstellungskraft und Präsentationsmedien zur Verbreitung des Wissens. Im Gegenzug nimmt die Kunst Themen der Naturwissenschaft auf, die auf ihrer Ebene reflektiert und diskutiert werden. Nicht selten ist zwischen Lehrdichtung und Naturwissenschaft eine wechselseitige Kommunikation zu beobachten. So werden beispielsweise in Heinrich von

KLEISTs Erzählung „Der Findling“ Erkenntnisse der aktuellen Physik im Fiktionalen nachgespielt und erprobt, Johann Wolfgang von GOETHEs „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ sprechen neben vielen anderen Werken des Dichters für die Bedeutsamkeit der

Naturforschung und Jules VERNEs „Reise um den Mond“ stellt lange vor der ersten tatsächlichen Mondlandung Entwürfe und Ideen zur Raumfahrt vor. Außerdem war die Literatur mit solchem Inhalt in sämtlichen Epochen ebenso ein Sprachrohr zur „naturwissenschaftlich ungebildeten Leserschaft“, weil sie Interesse weckte und das Publikum durch die gebotene Unterhaltung und den künstlerischen Wert einen eigenen Zugang ermöglichte (REULECKE 2008).

26 Auch die neuere Literatur lässt naturwissenschaftliche Themen nicht aus. Im Jahr 2004 wurde sogar das Genre „Science-in-Fiction“ etabliert, welches „Diskurse der Naturwissenschaft“ an eine „breite Öffentlichkeit“ zu tragen sucht. Sein Begründer Carl DJERASSI ist Biochemiker und Romanautor und wurde aufgrund seiner Erfolge auf den verschiedensten Gebieten als „neuer Da Vinci“ gehandelt. In seinen Romanen informiert er die Lesenden nicht nur über die naturwissenschaftlichen Inhalte, sondern gibt auch einen Einblick in die Arbeitsweisen der Naturwissenschaft. Seinen Forscherkolleg/innen wirft er dabei indirekt vor, einseitig zu sein, wenn sie es versäumen, ihre Perspektive über das eigene Forschungsgebiet hinaus zu erweitern und auf die Metaebene zu treten (REULECKE 2008). Wichtig ist DJERASSI bei seiner Arbeit die Unterscheidung der „Science-in-Fiction“ zur „Science-Fiction“, die vor allem in der Glaubwürdigkeit des Erzählten liegt. Zur „Science-in-Fiction“ zählen keine Fantasy- Geschichten; sie ist ein realistisches Genre mit naturwissenschaftlichem Mehrwert neben der

Unterhaltung (JAKOBS 2006).

Metaphern der Natur(wissenschaft) Vor allem die Lyrik bietet ein weites Feld der Metaphorik, wobei die Natur und deren Phänomene besonders oft zum Einsatz kommen. Die beschriebenen Objekte und Prozesse sind selbstverständlich auch immer Inhalte der naturwissenschaftlichen Forschung. So kann auch in diesem Zusammenhang eine Verbindung zwischen Literatur und Naturwissenschaft gesehen werden, wobei ja auch die Wissenschaft, wenn sie beschreibt und erklärt, oftmals mit Metaphern operiert. Die Adressat/innen sind in beiden Fällen aufgefordert, ihre Fantasie, das persönliche Vorstellungsvermögen und das vernetzende Denkvermögen zu aktivieren. So werden doch mindestens zwei Gedanken in einer Formulierung dargestellt. Erkenntlich wird eine Metapher als solche, wenn ein Wort – oder näher: ein Bild – in einen bestimmten Kontext gestellt wird. Für das Verständnis dieser Übertragung und der dadurch entstandenen zusätzlichen Bedeutung ist der gesellschaftlich-kulturelle Rahmen Voraussetzung. Menschen einigen sich aus diesem Rahmen heraus unbewusst auf bestimmte Verständigungsformen

(SCHELLENBERGER-DIEDERICH 2006). Metaphern leisten dabei insofern einen besonderen Dienst, als mit ihnen einer sprachlichen Erklärungsnot ausgewichen oder ein Sachverhalt besonders anschaulich verdeutlicht werden kann. Darüber hinaus verleiht die Metapher Texten der Literatur häufig einen ästhetischen Mehrwert. Dabei sind einige Objekte, auf die Dichter/innen zur Bildung von Metaphern zurückgreifen, in der Literaturgeschichte häufiger zu finden als andere: Vom Löwen liest man beispielsweise häufiger als von der Ziege, von Flügeln öfter als von Flossen etc. Ist hiermit eine bestimmte Hierarchie der Schönheit bewiesen, der sich Dichter/innen auf einer

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metaphysischen Ebene bewusst sind? Auch könnte ein gewisser „Spieltrieb“ für die Häufung bestimmter Metaphern in literarischen Texten verantwortlich sein. Der Mensch ist nämlich geneigt, durch Reflexion und Gedankenexperimente mit Ordnungen und Ideen zu spielen, was sich literarisch in der Metapher äußern würde (KÖLLER 1975). So führen Literat/innen Bilder in einen bestimmten Zusammenhang, wobei nur ein bestimmter Teil des Bildes in dem nämlichen Rahmen eine Rolle spielt. Die Leserschaft nimmt diesen Teil wie automatisch heraus und versteht damit die Metapher (WEINRICH 1976). Ein Beispiel: „Der See ist ein Saphir.“ Beim Lesen dieses Satzes wird die Leserin, die über die Farbe des Saphirs Bescheid weiß, sofort einen glitzernden intensiv blauen See vor Augen haben. Sie setzt also intuitiv die optischen Eigenschaften, die Farbe und das Glitzern, des Saphirs mit dem See in Verbindung, ohne den Aggregatzustand oder die Form dieses Minerals auf das geschaffene Bild zu übertragen. Hier ergibt sich ein weiterer interessanter Aspekt der Metaphorik: Das genannte Beispiel, das übrigens vom amerikanischen

Kunstphilosophen Nelson GOODMAN stammt, ist zudem der Beweis für die Ambivalenz der Richtigkeit. Der Satz ist auf metaphorischer Ebene nämlich durchaus wahr, während er wörtlich genommen natürlich nicht stimmt. Würde einem Leser der Satz „Der See ist ein Rubin“ vorgelegt, könnte er keinen sinnvollen Zusammenhang herstellen und der Satz wäre auch auf metaphorischer Ebene unrichtig (COCHETTI 2004). Darüber hinaus zeigt das Beispiel, dass die Aufnahme von Gegenständen aus der Natur(wissenschaft) in der Literatur durchaus naheliegt. In vielen Werken, zumal in der Lyrik, lassen sich derartige Metaphern finden. Aus linguistischer und literaturwissenschaftlicher Perspektive mögen diese Sprachbilder auch eine entscheidende Rolle spielen. In Bezug auf die Lehrdichtung als Vermittlerin von tatsächlichem naturwissenschaftlichem Wissen und aus der Perspektive der Biologie oder Geologie ist diese Form der Verarbeitung von Themen aber eher als marginal zu betrachten. Zwar ist daraus das große Interesse an der Natur und die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten von Naturphänomenen ersichtlich, die dem Menschen intrinsisch gegeben zu sein scheinen; ein naturwissenschaftlicher Mehrwert kann aus den betreffenden Texten allerdings nicht erschlossen werden.

3. Die Geologie in der Lyrik Während das vorangehende Kapitel bereits Aufschluss über die allgemeinen und historischen Umstände der Entstehung von Gedichten mit geologisch-paläontologischem Inhalt gegeben hat, bietet dieses die Vertiefung in das Gebiet. Dazu werden verschiedene Aspekte der Gedichte behandelt und der Zusammenhang zwischen der Geschichte der Geologie und den

28 Gedichten mit erdwissenschaftlichem Inhalt wird beleuchtet. Einen fixen Anhaltspunkt bildet die Sammlung von Gedichten im Anhang dieser Arbeit, woraus Beispiele herangezogen werden, um die Themen und Hintergründe zu erklären.

3.1. Geopoetik Bei der Recherche zur Poesie mit geologischem Inhalt stößt man früher oder später auf den

Begriff „Geopoetik“. Der schottisch-französische Schriftsteller Kenneth WHITE (geb. 1936) gilt als Begründer des Begriffs, den er bereits 1978 in einem Essay zu den fließenden Grenzen zwischen Kunst und Wissenschaft verwendete. Die esoterische Idee dahinter ist die

Übereinbringung von Raum im geografischen und im übertragenen Sinne: WHITE hat eine Verbindung zwischen der wissenschaftlichen Beschreibung von konkretem Raum und der Erfassung des geistigen Raumes angedacht. Dazu suchte er nach Dichter/innen im wissenschaftlichen Umfeld und beschrieb insbesondere Überschneidungen zwischen Poesie und Geografie in Lebensläufen und Arbeiten von Geograf/innen und Dichter/innen. Die zugrunde liegende Philosophie ist der französisch-poststrukturalistische Ansatz, der u.a. von

Gilles DELEUZE (1925-1995) und Fèlix GUATTARI (1930-1992) vertreten wurde (MARSZALEK

& SASSE 2010). 1989 gründete WHITE das „Institut de International Gèopoètique“ zur Vereinigung von Philosoph/innen sowie Wissenschaftler/innen, die sich mit dem Planeten

Erde als Lebensraum beschäftigen (WHITE 1989). 2007 erschien sein Buch „Streifzüge des Geistes, Nomadenwege zur Geopoetik“, in dem die philosophischen Ideen abermals aufgegriffen und durch eine Art nomadische Wanderschaft im metaphorischen Sinne durchschritten wurden (SCHMUCK 2015). WHITE (1989) selbst schrieb über die Begründung des Begriffs:

If, around 1978, I began to talk of « geopoetics », it was for two reasons. On the one hand, it was becoming more and more obvious that the earth (the biosphere) was in danger and that ways, both deep and efficient, would have to be worked out in order to protect it. On the other hand, I had always been of the persuasion that the richest poetics come from contact with the earth, from a plunge into biospheric space, from an attempt to read the lines of the world.

1995 erhielt der Begriff „Geopoetik“ insofern auch eine politische Bedeutung, als der Poet

Igor SID (geb. 1963) den „Geopoetischen Klub der Krim“ gründete. Die Gruppe lehnte sich mit ihrem Ansatz bei der philosophischen Idee von WHITE an und wollte mit Poetik gegen Politik, mit der kulturellen Authentizität geographischer Territorien gegen „ethisch-nationale bzw. staatspolitische Interessen“ vorgehen. Es ging um die Wiedervereinigung von der

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Ukraine mit Russland, zu der dieser Klub aus Autor/innen seit der Gründung in Moskau tagte. Die Ziele der Vereinigung waren dabei im kulturellen und künstlerischen Dialog zu suchen. Eine „poetische Landkarte“ sollte gefunden werden, sodass die Politik durch die Kunst ersetzt und die Macht gegen das (dichterische) Schöpfertum als Handlungsmotivation ausgetauscht werden könnte (MARSZALEK & SASSE 2010). Mit der Zeit erhielt der Begriff also mehrere Bedeutungsebenen und der Wortteil „Geo“ ist nunmehr weniger mit der Geographie, sondern eben mit der Geologie in Verbindung zu bringen. In verschiedenen Instituten wurden unter dem in diese Richtung gedeuteten Motto Tagungen oder Ausstellungen abgehalten. Von September bis November 2007 fand beispielsweise an der Universität Marburg eine Ausstellung zur Metaphorik des Gesteins statt,

Abb. 9: Titelbild von Schellenberger-Diederichs „Geopoetik“, J. F. Hausmann: „Grundriss der großen Pinge zu Falun“ 1818 in deren Rahmen Gedichte gemeinsam mit mineralogischen Exponaten präsentiert wurden

(KAISER 2007).

2006 veröffentlichte die Literaturwissenschaftlerin Erika SCHELLENBERGER-DIEDERICH unter demselben Titel fünf Studien zu den Referenzen auf die Geologie, die sich in Werken von

Friedrich HÖLDERLIN, NOVALIS, Annette von DROSTE-HÜLSHOFF, Eduard MÖRIKE, Adalbert

STIFTER und Paul CELAN finden (siehe Abb. 9). Ihr Ansatz besteht in der Auslotung der Ästhetisierung von Gesteinen sowie in kurzen Exkursen aus der Geschichte der Geologie, die einen Zusammenhang zur Lyrik herstellen sollten. Dabei konzentrierte sie sich auf die Zeitspanne vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts und untersuchte die einzelnen Texte der genannten Autor/innen. Von der Geologie im engeren

Sinne sieht SCHELLENBERGER-DIEDERICH dabei jedoch ab. Vielmehr handelt es sich um die Analyse ausgewählter Gedichte, die auf metaphorischer Ebene einen entfernten Bezug zur Mineralogie oder Bergbaukunde aufweisen. Von besonderem Interesse waren in diesem

30 Kontext also nicht Lehrgedichte oder lyrisch formulierte Wissenskonzepte, sondern metaphysische, abstrakte Themen, welche durch die geologische Metapher ausgedrückt wurden. Mit den Gesteinen als Bilder der Metaphorik wurde in den vorgelegten Gedichten teilweise überhaupt auf gänzlich andere Lebensfelder referiert.

Für die Analyse der Gedichtsammlung im Anhang der vorliegenden Arbeit kann der Begriff „Geopoetik“ also aus mehreren Gründen keine Verwendung finden: Zum einen liegt das Missverständnis nahe, es könne sich um Gedichte zur Geografie handeln. Die Konzentration auf die Geologie und/oder Paläontologie war bei der Erstellung der Sammlung aber ausschlaggebend. Zum anderen hat der Begriff ja schon bei WHITE einen deutlich metaphorischen Beiklang. Zwar ist auch in dieser Diplomarbeit der Zusammenhang zwischen Kunst und Wissenschaft eine bedeutende Komponente, nicht aber auf die Metaphorik bezogen. Ein Vergleich zwischen einem konkreten und einem geistigen Raum ist daher kein zu besprechender Punkt; und geht es in einem der Gedichte um ein Gestein, so soll die Erwähnung desselben nicht nur als Ausdruck für eine bestimmte Idee dienen, vielmehr soll es auch vom geologischen Inhalt her von Interesse sein. Natürlich haben viele der Gedichte im Anhang eine metaphorische Ebene, worauf später auch eingegangen wird. In jedem aber liegt auch eine naturwissenschaftlich interessante Komponente. Im Übrigen wird der Begriff „Geopoesie“, der dem besprochenen allzu ähnlich ist, in Kreisen von Geolog/innen oft abwertend für wissenschaftlich mangelhafte bzw. laienhafte Arbeiten oder realitätsfremde Ideen verwendet.

3.2. Die Gedichtsammlung – Entstehung und Ordnung Die Sammlung der Gedichte im Anhang der vorliegenden Arbeit bildet eine Auswahl an lyrischen Texten mit erdwissenschaftlichem Inhalt. Die Entstehung derselben geht auf den

Vorschlag von meinem Diplomarbeitsbetreuer, Herrn Prof. Dr. Bernhard HUBMANN, zurück. Es sollten deutschsprachige poetische Werke zusammengestellt werden; Gedichte anderer Sprachen sowie Übersetzungen wurden nicht miteinbezogen. Der Bezug auf die Geologie muss in jedem der Texte eindeutig auszumachen sein. Auf Basis dieser Kriterien wurde die Suche nach lyrischen Werken zum Zusammentragen einer solchen Sammlung aufgenommen. Fundort für viele der Texte waren verschiedene Gedichtbände. Dabei waren Dichter/innen interessant, von denen aufgrund ihres Genres oder ihres persönlichen Bildungsweges betreffende Gedichte zu erwarten waren. Andererseits wurden Bände untersucht, welche lyrische Texte verschiedener Autor/innen beinhalten, also diverse Sammelbände. Letztere

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sind meist Sammlungen zu einer bestimmten literarischen Epoche, was eine Schlussfolgerung zur Verteilung geologischer Inhalte auf die Literaturgeschichte zuließ. Auch die Suche im Internet mittels Suchmaschinen und auf Homepages, die sich der Gedichtarchivierung widmen, war wichtig für die Erweiterung der Sammlung. Daraus ergab sich eine große Anzahl an Texten der deutschen Poesie, die sicherlich auch noch immer weiter ausgebaut werden kann. Schließlich erschien es aber zielführend, eine Anthologie mit einer Begrenzung aus der Liste herauszuziehen: Entstanden ist eine 100 Gedichte umfassende Aufstellung von 71 Dichtern (93%) und Dichterinnen (7%). Natürlich ist die Auswahl subjektiv. Es wurde jedenfalls jenen Gedichten der Vorzug gegeben, die besonders deutlich auf Geologisches verweisen. Die Sammlung sollte außerdem zeigen, in welcher Zeitspanne solche Werke verfasst wurden. Das älteste hier aufgezeichnete Gedicht wurde im Jahr 1633 veröffentlicht, das jüngste ist aus dem Jahr 2016. Zudem porträtiert die Anthologie die Literaturgeschichte auch in Bezug auf die Blütezeiten: Aus den Epochen, in denen besonders viele Gedichte mit erdwissenschaftlichem Inhalt verfasst wurden – das trifft insbesondere auf die Romantik zu – wurden mehr Texte in die Anthologie aufgenommen als aus jenen, welche weniger davon aufweisen. Dabei wurde der Bezug zur Geologie gegenüber der literarischen Qualität der Vorzug gegeben. Nicht immer ist es einfach, das Entstehungsjahr von einzelnen Gedichten festzustellen. Daher wurden die Werke im Anhang nach den Geburtsjahren der Autor/innen geordnet. Selbst dieses Datum ist allerdings in Einzelfällen nicht auszumachen, weswegen manchmal auch eine Schätzung zu der Reihung führte. Gegebenenfalls wurden Geburts- und/oder Sterbejahr aber angegeben. Sehr lange Texte wurden abgekürzt (gekennzeichnet durch das Zeichen [...] oder das Wort „Auszug“), um den Rahmen des Anhangs nicht zu sprengen. Aus urheberrechtlichen Gründen dürfen nicht alle Gedichte abgedruckt werden. In diesen Fällen findet sich unter der Überschrift ein Verweis auf die Quelle. Mit der Nummerierung ist nicht nur die Anzahl aller Gedichte, sondern auch die ungefähre Positionierung in der Literaturgeschichte und die Stellung innerhalb der Anthologie ersichtlich. Die Rechtschreibung wurde der vorliegenden Ausgabe entnommen und beibehalten, weswegen sie nicht in jedem Fall mit den neuesten Regeln konform geht. Ebenso wurde die Formatierung soweit wie möglich kopiert.

3.3. Die Gedichtsammlung – Ergebnisse und Erläuterungen Im Folgenden werden Beispiele aus der Sammlung detailliert betrachtet, um Zusammenhänge zwischen Entstehung, Geschichte, Wissenschaft und Thematik der Gedichte herzustellen.

32 Die Autoren Wie bereits erwähnt, wurden die Gedichte im Anhang von 71 verschiedenen Dichter/innen verfasst; ein Umstand, der auf 71 individuelle Herangehensweisen an die Thematik Geologie schließen lässt. Ein gewisses Interesse an erdwissenschaftlichen Inhalten scheint natürlich allen Autor/innen gegeben zu sein, die diesen Gegenstand in ihre Lyrik aufnehmen. Durch die Lebensläufe der Verfassenden lässt sich eine solche Neigung am deutlichsten anhand ihrer Ausbildung herausfinden. Interessanter Weise haben aber nur 16 der 71 Autor/innen ein naturwissenschaftliches Studium abgeschlossen, acht davon ein erdwissenschaftliches Fach studiert (siehe Abb. 10).

Naturwissenschaftliche Bildung der Verfasser

11% Kein naturwissenschaftliches Studium 11% Studium der Geologie oder einer anderen erdwissenschaftlichen Disziplin Studium eines nicht 78% erdwissenschaftlichen, aber naturwissenschaftlichen Fachs

Abb. 10: Diagramm zur naturwissenschaftlichen Ausbildung der Dichter/innen

Die große Zahl der ausgewählten Schriftsteller/innen haben sich in ihrem Bildungs- und Berufsweg also hauptsächlich der Dichtkunst und nicht der Naturwissenschaft gewidmet. Dieses Ergebnis kann allerdings dahingehend interpretiert werden, dass Dichter/innen, die sich mit den großen Fragen der Welt beschäftigen und/oder die Natur beschreiben nicht an der Geologie vorbeikommen. Auf die Thematik der einzelnen Gedichte wird später noch näher eingegangen.

Einer der prominentesten in der Sammlung vertretenen Autoren ist Johann Wolfgang von

GOETHE (1749-1832) (siehe Abb. 11), dem ein besonderes Verhältnis zur Geologie

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nachgesagt wird. Ab 1776 wurde der Silberbergbau in Ilmenau wiederaufgenommen, mit dessen Aufrechterhaltung GOETHE betraut war. In dieser Zeit, also aus seiner Amtstätigkeit heraus, begann der Dichter und Naturforscher mit seinem eingehenden und lebenslangen

Abb. 11: Johann Wolfgang von Goethe, Ölgemälde von J. K. Stieler, 1828

Studium von Geologie und Mineralogie. Heute sind insgesamt 99 Aufsätze von GOETHE bekannt, die sich auf wissenschaftlicher Ebene mit der Geologie auseinandersetzen (ISHIHARA 2005). Aber der Dichter ließ die Thematik eben auch in seine literarischen Werke einfließen. In der anhängenden Anthologie ist er mit einem Text aus seinen „Zahmen Xenien“ vertreten. Dabei handelt es sich um eine Sammlung von Sprüchen und Gedichten zu verschiedenen wissenschaftlichen und im weitesten Sinn philosophischen Themen (MOSEBACH 2014). In den vorliegenden Zeilen behandelte GOETHE zum wiederholten Mal den bereits in Kapitel 2 erwähnten Basaltstreit in lyrischer Form. Dabei handelt es sich um eine Auseinandersetzung zwischen den „Neptunisten“, die sich die Erdentstehung aus einem Urozean erklärten und den „Plutonisten“, welche ein Zentralfeuer im Erdinneren für den Ursprung der Gesteine hielten.

Vor allem die Debatte zwischen Abraham Gottlob WERNER (1749-1817) und Johann Carl

Wilhelm VOIGT (1752-1827) war für GOETHE prägend. Der Kontakt zwischen VOIGT und

GOETHE entstand, als VOIGT dem Dichter 1779 WERNERs Systematik der Gesteine zukommen ließ. Zu dieser Zeit war auch VOIGT noch genauso wie WERNER vom Neptunismus überzeugt.

GOETHE beauftragte denselben aber 1780, eine „mineralogische Reise durch das Herzogtum Weimar“ zu unternehmen, auf der er sich eingehend mit dem Basalt beschäftigte, sodass er sich schließlich vom Neptunismus abwandte und dem Plutonismus Glauben schenkte.

WERNER hingegen, der GOETHE 1789 persönlich kennen lernte, blieb ein treuer Neptunist. Seine Theorien stimmten mit der Naturauffassung des Dichters überein und beide ließen 34 zeitlebens nicht mehr von der später überholten Idee des Neptunismus ab. Auch GOETHEs

„Faust“ ist Neptunist, während „Mephisto“ dem Plutonismus anhängt (ISHIHARA 2005). Auf die weitere Auseinandersetzung, vor allem zwischen WERNER und dem Plutonisten James

HUTTON, wird im folgenden Kapitel noch eingegangen.

GOETHEs Bedeutung für die Geologie ist aber nicht nur in der Argumentation in diesem wichtigen Konflikt zu suchen. Seine Theorien zur Farbenlehre veranlassten den Geologen

Christian KEFERSTEIN (1784-1866) dazu, ihn mit der Kolorierung der ersten geologischen

Karte Deutschlands zu beauftragen. KEFERSTEINs „Teutschland, geognostisch-geologisch dargestellt“ erhielt somit nach Anweisung von GOETHE einen Rotton für Granit, Gneis und Glimmer, ein „reines Grün“ für den Schiefer, ein „Blaßblau“ für die Kreidebildung usw. Auch der Ursprung für die Farbenlehre nach GOETHE kann auf ein geologisches Ereignis zurückgeführt werden: 1777 ließ sich der Dichter beim Abstieg vom Brocken auf einer Harzreise von den Schattierungen auf dem Gebirge beeindrucken. Im Abendlicht erschien ihm die Landschaft wie eine „Feenwelt“ und das Erlebnis wurde zur Inspiration für seine

Farbenlehre (ISHIHARA 2005).

Obwohl GOETHE, der im Übrigen eine private Sammlung von 18.000 Mineralien und

Gesteinen sein Eigen nennen durfte (ISHIHARA 2005), also ein beachtlich inniges Verhältnis zur Geologie hatte, kann er nicht als Geologe im eigentlichen Sinn betrachtet werden. Folgende in der Gedichtsammlung vertretenen Schriftsteller hatten hingegen ein erdwissenschaftliches Fach studiert und beruflich mit der Geologie zu tun:

KARL FRIEDRICH SCHIMPER (1803-1867)

Hauptsächlich war SCHIMPER Botaniker, er forschte aber im Bereich der

Klimapaläontologie, arbeitete dabei mit Louis AGASSIZ (1807-1873) zusammen und prägte den Begriff „Eiszeit“ (Frahm & Eggers 2001).

Abb. 12: Karl Friedrich Schimper um 1856, Stich von C. Geyer

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Während seiner frühen Zeit als Wissenschaftler untersuchte SCHIMPER (siehe Abb. 12) die

Blattstellung von Pflanzen. Da er dabei eng mit Alexander BRAUN (1805-1877) zusammenarbeitete werden die Erkenntnisse in dieser Sache noch heute als „Schimper- Braunsche Blattstellungslehre“ bezeichnet. Die Entdeckungen selbst gehen allerdings nur auf

SCHIMPER und nicht auf BRAUN zurück. 1870 wurde SCHIMPER mit der Aufgabe betraut, die Geologie der Alpen zu untersuchen. Dabei erkannte er die Rolle des Horizontaldrucks bei der Entstehung des Gebirges. Aber erst Jahrzehnte später wurde dieses Phänomen, neu entdeckt von Eduard SUESS (1831-1914), dokumentiert und anerkannt. Zum wiederholten Mal erhielt

SCHIMPER also nicht den ganzen Ruhm für seine Forschung, denn nun galt SUESS als

Entdecker des Phänomens. Auch in Bezug auf die Eiszeitlehre sind SCHIMPERs Erkenntnisse in den Hintergrund getreten. Schon in den 1830er-Jahren forschte der Wissenschaftler intensiv an seiner Idee von globalen Klimaschwankungen, nannte periodische Phasen dahingehend „Weltsommer und Weltwinter“ und untersuchte gemeinsam mit anderen

Geologen Gletscherspuren in Deutschland. Doch sein Kollege Louis AGASSIZ stellte

SCHIMPERs Erfolge größtenteils als die seinen dar. In dessen Buch über die Gletscherkunde wurde SCHIMPER einfach nicht erwähnt. SCHIMPER konnte sich trotz mehrerer Versuche nicht aus dem Schatten seines schwindlerischen Kollegen bewegen und galt noch lange nach seinem Tod nicht als Begründer der Eiszeitlehre. Einer der Versuche seine Urheberschaft für die Ideen zur Eiszeit zu etablieren, waren

SCHIMPERs Gedichte. Wie in Kapitel 2 bereits erwähnt, veröffentlichte der Botaniker die „Eiszeit-Ode“ an seinem 34. Geburtstag, dem 15. Februar 1837, indem er sie, wie ein

Flugblatt, verteilen ließ. In derselben Zeit hielt AGASSIZ Vorträge zu den „gestohlenen“

Eiszeitthesen. 1840 erschien dann eine weitere Ode SCHIMPERs, in welcher von einer

„diebischen Elster“ zu lesen ist. Damit war eindeutig AGASSIZ gemeint. Eine große Resonanz auf die Gedichte blieb allerdings aus; vor allem weil AGASSIZ mit seinen Fachschriften stets die ganze Aufmerksamkeit der Gelehrten auf sich ziehen konnte. Erst posthum erhielt

SCHIMPER nennenswerte Ehrungen: Nach ihm wurden ein Gletscher sowie eine Schule und eine Straße in Deutschland benannt (SCHÄFER 2005). In der Sammlung ist er mit folgenden Gedichten vertreten, die nur eine kleine Auswahl seines lyrischen Werks zu naturwissenschaftlichen Themen darstellen: • Die Eiszeit • Tod des Todes • Weltalter • Mannheimer Boden

36 • Gebirgsbildung • Blick auf die Naturwissenschaften

FRANZ VON KOBELL (1803-1882) Der Mineraloge entdeckte neue Gesteinsarten und veröffentlichte neben seinen

Gedichten auch Erzählungen (CZOIK 2017).

Abb. 13: Franz von Kobell 1875, Scan von F. S. Hanfstaengl

Ganz anders als sein Zeitgenosse SCHIMPER erhielt KOBELL (siehe Abb. 13) bereits zu seinen Lebzeiten eine Reihe von Ehrungen, hohe Orden und die Mitgliedschaft in verschiedenen wissenschaftlichen Gesellschaften. Zudem wurde ein Wismut-Antimon-Bleierz, der Kobellit, nach ihm benannt. Auch seine chemischen Methoden waren verbreitet und angesehen. Auf seinem Spezialgebiet, der Mineralcharakteristik und der Erforschung chemischer Eigenschaften von Gesteinen, war er einer der Begründer von neuen Techniken und erlangte innovative Erkenntnisse. Auch seine Erfindungen spielten eine Rolle für seinen Ruhm. Dazu zählen etwa das Stauroskop, mit dem die Schwingungsrichtungen polarisierten Lichts durch Kristalle beobachtet werden konnten, oder das Silberchlorid-Papier als Medium der damals jungen Fotografie.

KOBELLs kreative Ader äußerte sich durch sein Zitherspiel und sein literarisches Schaffen. Neben Gedichten und Erzählungen in oberbayerischer und kurpfälzischer Mundart wird seiner Feder auch das Studentenlied „Burschen heraus!“ zugeschrieben. Thematisch beziehen sich diese Werke vor allem auf Jagd, Liebe und Wein. Seine „Gschicht vom Brandner

Kasper“ wurde mittlerweile mehrmals als Theaterstück aufgeführt und verfilmt (PÖRNBACHER 1979). In der Sammlung findet sich folgendes Gedicht des bayerischen Professors: • Die Urzeit der Erde

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OSWALD HEER (1809-1883) Der Schweizer Phytopaläontologe erforschte vor allem die fossile Flora der Schweiz und der Arktis sowie die Evolution (ZOLLER 2008).

Abb. 14: Oswald Heer um 1860, aus der Sammlung der ETH-Bibliothek Zürich

Anfang der 1830er-Jahre untersuchte HEER (siehe Abb. 14) die Schweizer und Tiroler Alpen und wurde dabei zum Erstbesteiger der Berge Piz Linard und Piz Palü. Neben der Flora interessierte sich HEER auch für die Insektenwelt der Alpen. Im selben Jahrzehnt ordnete er die Insektensammlung des Kaufherrn Heinrich ESCHER-ZOLLIKOFER (1776-1853) in Zürich, wo er mit anderen Naturforschern in Kontakt trat. Er war der erste Paläontologe der tertiären Lebenswelt und der erste Pflanzengeograph der Alpen. Erstmals bezeichnete er die Insektengattung Chauliodites, den triassischen Farn Symopteris helvetica und weitere Arten von Insekten und Pflanzen. Seine Untersuchung von verschiedenen Fossilien waren auch in

Zusammenhang mit der aufkommenden Evolutionstheorie Charles DARWINs (1809-1882) interessant. Dessen „Origin of Species“ galt allerdings als umstritten und auch HEER, welcher im schriftlichen Austausch mit DARWIN stand, ließ sich nicht vollständig von der Abstammungstheorie überzeugen. Als 34-Jähriger war der Phytopaläontologe bereits Leiter des Botanischen Gartens Zürich, ein Jahr später außerordentlicher Professor für Botanik und Entomologie. In den 1850er-Jahren wurde HEER dann zum Ordinarius. Seine Vorlesungs- und Forschungsgebiete waren die Botanik, die Paläobotanik, die Entomologie und Paläoentomologie. Mit seinem Kollegen, dem Geologen Arnold Escher von der LINTH (1807-1872) leitete HEER mehrtägige Exkursionen in die Alpen. Geehrt wurde der Wissenschaftler durch eine Mitgliedschaft im Zürcher Kantonsrat, der Russischen Akademie der Wissenschaften, der Academy of Arts and Sciences und der Leopoldina sowie mit der Royal Medal, die ihm 1877 verliehen wurde. Außerdem ist das Heer-Land auf Spitzbergen nach ihm benannt worden und seit 2015 wird in der Schweiz der Oswald-Heer-Preis an hervorragende junge Wissenschaftler verliehen.

38 Seine meist lustigen Gedichte hatte HEER als Professor zur Unterhaltung auf Exkursionen an seine Studenten verteilt. Die Texte konnten zu verschiedenen bekannten Melodien gesungen werden. Vor allem handeln die humorigen Gedichte von der Botanik und dem Wandern.

HEERs literarische Werke können also der Gelegenheitsdichtung zugeordnet werden (FURRER 1969). Das Gedicht, welches in die Sammlung gefunden hat, heißt: • Gletscherzeit

ADOLF PICHLER (1819-1900) Der Tiroler Dichter und Gelehrte verfasste Erzählungen sowie Gedichte und erforschte die Alpen (RICCOBANA et al. 2018).

Abb. 15: Adolf Pichler vor 1900, Porträtist unbekannt

PICHLERs Beschäftigung mit der Geologie und Mineralogie war zu Beginn nicht beruflicher

Natur. Seine Arbeit als Gymnasiallehrer unterforderte ihn und so begann PICHLER (siehe Abb. 15) in seiner Freizeit mit geognostischen Forschungen. Dazu sammelte er auf Wanderschaft Gesteine der Tiroler Bergwelt und konnte bald genaue Beschreibungen der Exponate liefern, die zu einer herausragenden Gesamtschau über die Gesteinssystematik des Gebiets führten.

Insgesamt hatte PICHLER bereits Tausende von Mineralien gesammelt, als er 1863 eine aufsehenerregende Behauptung aufstellte: Der Gelehrte glaubte nämlich in einem schlackenartigen Mineral, dem Köfelsit, das Auswurfsprodukt eines Jungvulkans zu erkennen. Die Sensation: Die Fundstätte, Umhausen im Tiroler Ötztal, wäre nach dieser Deutung der einzige Ort im Alpenraum mit derartigem Vulkangestein gewesen. Aus heutiger Sicht hatte

PICHLER die bimssteinartige Gestalt des Köfelsits, welche auf die Hitzeentwicklung bei Bergstürzen zurückzuführen ist, mit verfestigter Lava verwechselt.

PICHLER war zwar erfolgreich mit seinen geologischen Forschungen, hatte aber vor allem eine Leidenschaft für die Schriftstellerei. Er verfasste schon früh Dramen und die Aufführung seiner Tragödie „Rodrigo“ im Nationaltheater Innsbruck war ein großer Erfolg. Die Gedichte

PICHLERs verhalfen ihm aber zu noch größerem Ruhm, als seine Theaterstücke. Vor allem

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seine „Hymnen“ waren sehr beliebt, aber auch seine Gedichtbände „Marksteine“ und „Neue Marksteine“ fanden Anklang bei der Leserschaft. Außerdem schrieb der Dichter Erzählungen, die er in Zeitschriften und Büchern veröffentlichte. Thematisch beschäftigte sich PICHLER in diesen literarischen Texten vor allem mit dem Wandern und der Naturbeschreibung (HUTER 1979). In unserer Sammlung findet sich: • Die Lawine

GUIDO STACHE (1833-1921) Der Geologe und Paläontologe wurde in Polen geboren und war vor allem mit seinen Forschungen zum alpinen Paläozoikum und Mesozoikum, aber auch zum Paläogen

Istriens sowie zu den Alpen erfolgreich (ERKINGER-KOVANDA 2016).

Abb. 16: Guido Stache um 1890, aus dem Archiv der Geologischen Bundesanstalt

In den Jahren 1858/59 hatte STACHE (siehe Abb. 16) die Karstgebiete des österreichischen Küstenlandes erforscht, bevor er 1864 die geologische Beschreibung der Karstformationen einschließlich einer geologischen Karte veröffentlichte. Außerdem brachte der Geologe Fossilienverzeichnisse von Fundorten in Unterkrain hervor und arbeitete mit dem

Chefgeologen Franz von HAUER (1822-1899) an der geologischen Untersuchung von

Siebenbürgen. In der Veröffentlichung zu diesen Aufnahmearbeiten führten STACHE und

HAUER den Begriff Dacit ein. Danach war STACHE mit geologischen Feldarbeiten um die ukrainische Stadt Unghvàr beschäftigt. 1874 wurde seine zusammenfassende Fachschrift über die Ostalpen publiziert, welche die geologisch wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem

Alpenabschnitt auch nachwirkend beeinflusste. STACHEs Forschungen zum Paläozoikum der Alpen und zum Lockersediment bei Isonzo sowie die Karstuntersuchungen um Triest sind ebenso zu erwähnen. Seine Kenntnisse und Leistungen brachten STACHE im Jahr 1892 den

Posten des Direktors der Geologischen Reichsanstalt ein (CERNAJSEK 2007). Gedichtet hatte der Geologe nebenbei in seiner Freizeit; es handelt sich bei seinem lyrischen Werk um reine Gelegenheitsdichtung. Von ihm gelangte folgendes Gedicht in die Sammlung: • Geologen-Kränzchen

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CLEMENS AUGUST SCHLÜTER (1835-1906) Der Bonner Professor für Geologie und Paläontologie veröffentlichte 1860 die „Geognostischen Aphorismen aus Westfalen“ und unternahm 1863 eine „ausgedehnte Studienreise“.

SCHLÜTER war vor seiner Laufbahn als Geologe im Bergbau in Essen tätig. Nach der Forschungsreise wurde er 1864 Privatdozent für Geologie und Paläontologie in Bonn. In den 1870er-Jahren brachte der Wissenschaftler eine dreiteilige Studie zu den „Cephalopoden der oberen deutschen Kreide“ hervor. 1882 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt. Sein Gedichtband „Natur und Gnade“ erschien 1890. Die darin abgedruckten Werke sind hauptsächlich als Naturkyrik zu bezeichnen. SCHLÜTER war Mitglied der Leopoldina (Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren). Zwei seiner lyrischen Texte wurden in die Sammlung aufgenommen: • Durch den Berg • Cubalkain

OTHENIO ABEL (1875-1946)

ABEL gilt gemeinsam mit Louis DOLLO als Begründer der Paläobiologie. Unter anderem machte ihn seine Erforschung der Drachenhöhle bei Mixnitz in der Steiermark bekannt

(KNIEFACZ & POSCH 2015).

Abb. 17: Othenio Abel um 1920, Fotografie Der österreichische Paläontologe und Evolutionsbiologe (siehe Abb. 17) assistierte dem

Geologen Eduard SUESS (1831-1914) ab 1898. Von 1900 bis 1907 war ABEL in der Geologischen Reichsanstalt beschäftigt. In derselben Zeit wurde er Professor für

Paläontologie an der Universität Wien. Unter anderem unternahm ABEL Expeditionen nach Griechenland, Amerika und Südafrika, die ihn bekannt machten. Aber auch die Erforschung

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von fossilen Wirbeltieren und der so genannten Drachenhöhle bei Mixnitz sind erwähnenswert. Mit seiner Evolutionsdeutung orientierte ABEL sich allerdings mehr an Jean-

Baptiste de LAMARCK (1744-1829). Der Paläontologe war Mitglied der Leopoldina und der Göttinger Akademie der Wissenschaften. Von 1985-2012 wurde in Österreich der „Othenio- Abel-Preis“ für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Paläobiologie verliehen. Die

Umbenennung des Preises im Jahr 2012 ist auf die Enthüllung von ABELs nationalsozialistischer Vergangenheit und antisemitischer Einstellung zurückzuführen. Der Paläontologe war schon während seiner Studienzeit in einer antisemitischen Verbindung gewesen und wurde im Dritten Reich Mitglied bei der NSDAP (SVOJTKA 2011).

Zu seinen Eindrücken von Wissenschaft und Landschaft verfasste ABEL neben seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen auch lyrische Texte. Das Gedicht, welches von ihm in die Sammlung aufgenommen wurde, heißt: • Grand Canyon

BRUNO SANDER (1884-1979)

Unter dem Pseudonym Anton SANTER schrieb der Begründer der Gefügekunde Gedichte.

Abb. 18: Bruno Sander um 1935, Fotografie

In Innsbruck hatte SANDER (siehe Abb. 18) verschiedene naturwissenschaftliche Fächer studiert, bevor er 1907 in Geologie promovierte. Er arbeitete ab 1913 an der Geologischen

Reichsanstalt und war dort mit der Kartierung Südtirols beauftragt. Ab 1922 war SANDER schließlich Professor für Mineralogie und Petrographie an der Universität Innsbruck.

Besonders bekannt ist SANDER für die Begründung der Gefügekunde. Unter anderem lieferte er interessante Beiträge in der Felsmechanik und der Ingenieurgeologie. Geehrt wurden

SANDERs Leistungen durch die Verleihung der Gustav-Steinmann-Medaille, des Antonio-

42 Feltrinelli-Preises und der Eduard-Sueß-Gedenkmünze. Der Geologe war außerdem Ehrenmitglied der Österreichischen Geologischen Gesellschaft. Ebenso war er Mitglied der Leopoldina. Das Gebäude der Fakultät für Geo- und Atmosphärenwissenschaften in Innsbruck wurde nach dem Geologen benannt.

Unter dem Pseudonym Anton SANTER veröffentlichte er seine literarischen Schriften. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg war er Mitglied des Dichterkreises „Brenner-Gruppe“, wobei seine Gedichte in dessen Zeitschrift „Der Brenner“ publiziert wurden. Außerdem erschienen

Gedichte von Anton SANTER in der Zeitschrift „Wort im Gebirge“ und in der „Seefelder

Zeitung“ (TANZBERGER 2017). Folgende Gedichte sind in der Sammlung zu finden: • Dolinen • Ellmau • Provence

Abb. 19: Helwig Brunner, Fotografie aus dem Online-Literaturportal des Literarischen Colloquiums Berlin und des Brandenburgischen Literaturbüros

Auch der Grazer Dichter Helwig BRUNNER (geb. 1967) (siehe Abb. 19) beschäftigte sich wissenschaftlich mit geologischen Themen. Bei der Kategorisierung der Autor/innen lässt er sich zwar nicht zu den Geologen zählen, da er kein erdwissenschaftliches Studium abgeschlossen hat, der Biologe und Musikwissenschaftler hat sich aber zeitlebens besonders für Fossilien und Gesteine interessiert. Durch das im Anhang verschriftlichte Interview mit dem Lyriker, konnten die zentralen Hintergründe zu der Verbindung zwischen seinem naturwissenschaftlichen und literarischen Schaffen erörtert werden. Es sei wichtig über etwas zu schreiben, mit dem man vertraut ist, und das man intellektuell erfasst hat, so BRUNNER. Das ist einer der Punkte, mit denen sich der Autor selbst erklärt, warum in einer Vielzahl 43

seiner Gedichte erdwissenschaftliche Inhalte aufgenommen wurden. Außerdem versteht er die Gesteinsschichten ähnlich wie die Seiten eines Buches als Ordnung zum Nachvollziehen einer Geschichte, sodass sich die Analogie zum Schreiben von selbst ergäbe. Mit der Umsetzung der naturwissenschaftlichen Themen, aber auch mit der Aufnahme des fachlichen Vokabulars in seine Dichtung, will BRUNNER lyrischen Klischees entfliehen. In diesem Zusammenhang sieht er in seinem naturwissenschaftlichen Wissen eine Bereicherung für das lyrische Werk. Die Vermittlung geologischen Wissens durch seine Gedichte schließt er allerdings aus: Die Gedichte erhalten durch die wissenschaftliche Ebene ihre Wirkung. Somit dient die Naturwissenschaft der Lyrik, nicht aber die Lyrik der Naturwissenschaft, wie das etwa bei

Lehrgedichten der Fall wäre (BRUNNER, aus dem Interview 2018, siehe Anhang).

Die genannten deutschsprachigen Geologen und Paläontologen haben also neben ihrer naturwissenschaftlichen Tätigkeit auch lyrische Werke hervorgebracht, die zum Teil inhaltlich mit ihrem Forschungsgegenstand übereingebracht werden können. Dabei haben sich unterschiedliche Formen der Rezeption ergeben: Während beispielsweise SCHLÜTER durch seine Gedichte mit geologischem Inhalt in eine Fantasiewelt abweicht, dient SCHIMPERs Lyrik ganz pragmatisch als Instrument zur Verbreitung von Thesen. BRUNNER wiederum bereichert sein literarisches Werk durch fachliches Vokabular und Metaphern aus der Geologie. Allen gemein ist die Beeinflussung ihrer Literatur durch das naturwissenschaftliche Arbeitsfeld. Bei der Recherche zu dieser Diplomarbeit ließ sich jedenfalls kein dichtender Geologe finden, der auf dahindeutende Themen in seiner Lyrik gänzlich verzichtet hätte. Wird davon ausgegangen, dass die Forscher sich in ihrem lyrischen Schaffen von der Arbeit und ihrem Alltagsleben inspirieren ließen und die naturwissenschaftlichen Themen deshalb zwangsläufig in die Gedichte einflossen, ist daran auch nichts Erstaunliches festzustellen. Demgegenüber überrascht es, welche große Zahl von Dichter/innen, die in der Sammlung vertreten sind, beruflich eben nichts mit der Geologie zu tun hatten und sie dennoch zur Ingredienz ihres Oeuvres werden ließen. In diesem Zusammenhang ist vor allem interessant, welche Teilbereiche und/oder Aspekte der Geologie in den Gedichten umgesetzt wurden.

Themen und Motive Da also der Großteil der Autor/innen in der Sammlung kein naturwissenschaftliches Studium absolviert hat, ist es nicht verwunderlich, dass die meisten vorkommenden geologischen Motive und Themen für die Allgemeinheit, also auch für Laien, nachvollziehbar und interessant sind. Die erdwissenschaftlichen Inhalte der gesammelten Gedichte lassen sich wie folgt unterteilen:

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Geologie als Wissenschaft Einige der Gedichte in der Sammlung sprechen die Geologie selbst und/oder die Arbeit von Geolog/innen an. Es sollte dabei keine Überraschung sein, dass vor allem jene Autor/innen zu diesem Thema dichten, welche selbst eine besondere Beziehung zur Geologie als Wissenschaft haben und zum Beispiel eben selbst Geologen sind. Hier findet sich eine Korrelation zwischen zwei Schlüssen, die sich aus der Sammlung ziehen lassen: 1.) 16 der 100 Gedichte wurden von Erdwissenschaftlern geschrieben. 2.) 16 der 100 Gedichte sind dem Thema „Geologie als Wissenschaft“ zuzuordnen. Allerdings handelt es sich nicht, wie möglicherweise vermutet, um dieselben Gedichte. Geologen, die dichten, lassen in ihren Werken die Geologie als solche durchaus auch außen vor. Andererseits stammen einige Gedichte zu diesem Thema von Literaten, die keine nennenswerte geologische Ausbildung haben. Zum Beispiel spricht der Dichter und Rechtswissenschaftler Franz GRILLPARZER in seinem Gedicht „Geologisch“ die Forscher der Erdwissenschaft explizit an und dieses ist somit der Kategorie „Geologie als Wissenschaft“ zuzuordnen.

Als weiteres Beispiel dieser Themenkategorie soll an dieser Stelle Oswald HEERs „Gletscherzeit“ dienen. Mit diesem lyrischen Werk gedenkt der Dichter und Paläontologe des

Gletscherforschers Johann von CHARPENTIER (1786-1855), indem er die – von Gletschern geprägte – Landschaft beschreibt und die Arbeit des Geologen lobt. CHARPENTIER hatte seine Forschung über die Gletscher in den 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts begonnen. Vor ihm hatte sich vor allem Horace-Bènèdict de SAUSSURE (1740-1799) mit Gletschern beschäftigt.

Reisen zu den Gletschern unternahm danach lange Zeit kein Forscher. Auch CHARPENTIER bestieg keinen Eisberg. Mit seiner Theorie, die Bewegung der Gletscher sei durch in Spalten eindringendes, gefrierendes und sich ausdehnendes Wasser zu erklären, schloss er sich an die alte Idee von Johann Jakob SCHEUCHZER (1672-1733) an. SAUSSURE hingegen hatte argumentiert, die Gletscherbewegung entstehe durch das Schmelzen der unteren Schichten, welches auf die Wärme der Erde zurückzuführen sei. Der Zeitgenosse CHARPENTIERs, Franz

Joseph HUGI (1791-1855), wollte nun die beiden Theorien verbinden. Er unternahm monatelange Reisen zu den Eismassen und erkannte schließlich den Unterschied zwischen gewöhnlichem Eis und Gletschereis. In der weiteren Diskussion über Gletscher kam die Idee auf, erratische Blöcke würden die Grenzen der Eismassen bilden, die zuvor zusammenhängend eine weitaus größere Fläche eingenommen hätten. CHARPENTIER schloss sich nach anfänglicher Skepsis dieser Vorstellung an und publizierte einflussreiche Schriften

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zu dem Thema. Im Jahre 1835 trat dann Louis AGASSIZ (1807-1873) mit der Bitte um fachliche Beratung an CHARPENTIER heran, woraufhin sich der Forscher auf weitere Expeditionen begab und die Theorie der Eiszeit mitbegründete. Weiterhin hatten die erratischen Blöcke und die Erkenntnisse CHARPENTIERs eine große Bedeutung in den Forschungen um Eiszeit und Gletscher (Eintrag in ein Lexikon von 1850). Der Wissenschaftler hatte bewiesen, dass die Gletscherbewegung auf das Moränenmaterial zurückzuführen ist und galt als „größter Glazialforscher seiner Zeit“ (KRENKEL 1957).

Dieser Ruhm um CHARPENTIER hat HEER wohl zu seinem Gedicht inspiriert. Er war schließlich selbst Paläontologe und ein Zeitgenosse des Gletscherforschers (ZOLLER 2008), wodurch sich das Interesse an der Tätigkeit anderer Erdwissenschaftler erklären lässt. Die

Erkenntnisse CHARPENTIERs waren neu und mögen beeindruckend gewesen sein. Mittlerweile wird die Gletscherbewegung allerdings noch exakter beschrieben: Zum einen kann das Eis „plastisch fließen“, wobei die Molekülschichten des Gletschers übereinander gleiten. Zum anderen kann ein „basales Gleiten“ festgestellt werden, bei dem Schmelzwasser das Eis hydraulisch anhebt und zum Rutschen bringt (TARBUCK & LUTGENS 2009).

Naturkatastrophen In der Anthologie finden sich 16 Gedichte, die sich auf Erdbeben, Lawinen, Vulkanausbrüche und/oder Tsunamis beziehen. Sie thematisieren also Naturkatastrophen, die auf geologische Phänomene zurückzuführen sind oder zumindest damit in Zusammenhang stehen. Bereits in der Literatur der Antike lässt sich ein reger Einbezug von Naturkatastrophen in die Literatur feststellen. Damals wurden sie für Texte dramatisiert oder sogar erfunden, aber auch dokumentiert und vielmals als göttliche Drohungen oder Strafen gedeutet. Besonders geläufig war die Verknüpfung politischer Ereignisse mit den zerstörerischen Phänomenen der Natur.

Der antike griechische Historiker Herodot von HALIKARNASSOS (um 490-430 v. Chr.) beschrieb beispielsweise ein Erdbeben auf der Insel Delos, welches die Griechen vor den bevorstehenden Kriegen mit den Persern warnen hätte sollen (SONNABEND 2013). Auch in der Neuzeit wurden Naturkatastrophen noch auf göttlichen Zorn zurückgeführt. In der christlichen Vorstellung bildet die Sintflut dabei die erste und größte Katastrophe. Mit Beginn des 18. Jahrhunderts – also in der Zeit, als sich die moderne Geologie entwickelte – wurde erstmals Kritik an dieser Ansicht geäußert, jedoch wurden Naturkatastrophen vor allem in der Literatur noch lange mit der Macht Gottes in Verbindung gebracht (JAKUBOWSKI-TIESSEN 2003).

Ein besonderes Beispiel dafür ist das Gedicht „Die Ruinen von Lissabon“, das Johann Georg

ZIMMERMANN (1728-1795) verfasste. Es lässt Gott als zerstörerischen Rächer gegen

46 Ungläubigkeit und Sünde erscheinen, welcher der Menschheit zur Strafe und Ermahnung ein Erdbeben sendet. Das Erdbeben von Lissabon fand am 1. November 1755, also am Allerheiligentag, statt und zerstörte die Küstenstadt: Insgesamt waren es drei aufeinanderfolgende Beben, die einen Tsunami, ein fünf Tage dauerndes Feuer, die

Vernichtung sämtlicher Gebäude und den Tod von 60.000 Menschen auslösten (KOPF 2008). Eigentlich war die Epoche der Aufklärung bereits im vollen Gange und die erkannten Naturgesetze hatten zum Verständnis vieler Phänomene beigetragen, die zuvor nur mittels Spekulationen erklärt hatten werden können. Dieses Erdbeben aber führte erneut zu regen Diskussionen und bekam eine große Bedeutung für die Philosophie des 18. Jahrhunderts. Der

Schriftsteller Johann Christoph GOTTSCHED (1700-1766), der Philosoph und Dichter

VOLTAIRE (1694-1778), der damals junge Philosoph Immanuel KANT (1724-1804), die

Dichter Friedrich Gottlieb KLOPSTOCK (1724-1803) und Johann Wolfgang von GOETHE (1749-1832) – sie alle und noch andere große Persönlichkeiten äußerten sich philosophisch zu der Naturkatastrophe und zogen sie somit zur Argumentation unterschiedlicher Ansichten heran. Das Ereignis wurde zum Auslöser epochaler philosophischer Fragen, und die literarische Auseinandersetzung damit blieb natürlich nicht aus (GÜNTHER 2005). Der geologische Hergang des Erdbebens ist aus heutiger Sicht wegen der lückenhaften Überlieferung nicht völlig sicher erklärbar. Computersimulationen sind allerdings große Hilfen bei der Rekonstruktion historischer tektonischer Ereignisse. Aufgrund derer und durch den Vergleich mit jüngeren Beben sowie mittels zusätzlichen Messungen kann der folgende Ablauf des Erdbebens von Lissabon als wahrscheinlich angenommen werden: Der Bebenherd war vermutlich „die Basis des Sediment-Gesteinskeils westlich der Straße von Gibraltar“. Nun wird eine Richtung Osten sinkende Subduktionszone und eine damit zusammenhängende Konvergenzbewegung vor der Meerenge von Gibraltar angenommen (siehe Abb. 20). Hier wurde wohl abrupt der Spannungsbetrag entladen und das Beben wurde ausgelöst. Es wird also davon ausgegangen, dass das Aufeinandertreffen der Krustenbewegung Richtung Osten und der Westwärts-Bewegung einer etwa 200 x 200 km großen Krustenscholle die

Katastrophe ergab (KOPF 2008).

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Abb. 20: Lage der Straße von Gibraltar und Lissabons, Google Earth-Aufnahme

ZIMMERMANN beschäftigte sich in seinem Gedicht freilich nicht mit dem geologischen Ablauf, beschrieb aber eindrücklich die sinnliche Wahrnehmung der Ereignisse und die Folgen der Naturkatastrophe, die er allerdings selbst nicht miterlebte. Ein Auszug:

Gleichwie der Ocean mit schreckendem Gemurmel Fern von dem Strand erthönt, und bald der Fluten Wuth, Bald der Gewitter Streit, durch ganze Länder dringet; So steiget aus dem Schutt versunkener Paläste, Wo mancher lebend noch ein traurig Grab bewohnt,

Ein ängstliches Geschrey durch die Gewölber auf: Gequetschter Menschen Fleh`n, die mit dem Tode ringen, Erhebt sich hier umsonst; umsonst schrey`n andere dort: Ach! Brüder, tödet mich! Verzweiflung, Hunger, Schmerzen, Der Flüchtling hört erstaunt, den Thon, der ihn verfolget, Er eilt zurück, er weint, und kehrt mit Schauer um.

Die emotionale Wirkung und das Potenzial für philosophische Gedanken, welches mit solchen zerstörerischen Ereignissen einhergeht, kann zur Erklärung der regen Aufnahme solcher Texte in die Literatur herangezogen werden.

48 Berge und Bergbau 14 der vorliegenden Gedichte behandeln das Themengebiet Berge und/oder Bergbau. Dabei handelt es sich um Beschreibungen vom Äußeren und/oder Inneren eines bestimmten Gebirges oder von Bergen allgemein. Auch werden in Gedichten dieser Kategorie das Leben und/oder die Arbeit von Bergarbeitern geschildert. Hier stehen die Kategorien Berge und Bergbau gemeinsam, da Gedichte über Bergwerke und -leute deshalb einen geologischen inhaltlichen Mehrwert haben, weil sie sich auch mit dem Berg an sich beschäftigen. Schon früh in der Geschichte des Bergbaus tauchten so genannte Bergmannslieder (auch „Bergreihen“) auf. Sie waren in verschiedenen Ländern verbreitet und wurden vor allem im auslaufenden Mittelalter und speziell im Raum Sachsen (Erzgebirge) kultiviert. Zu feierlichen Anlässen schlossen sich musikalische Bergleute zu Chören zusammen, um mit ihren Liedern aufzutreten. Der Stil des typischen Bergmannsliedes ist volkstümlich und ungezwungen natürlich. Sammlungen von Bergreihen stammen vermehrt aus dem 16.-18. Jahrhundert. Inhaltlich geht es in den meisten dieser Lieder um die Arbeit der Bergleute und um die Bergstädte. Häufig sind zudem Bergmannslieder mit geistlichem Beiklang. Zu Beginn des 19.

Jahrhundert wollte der Geologe Sigmund von HERDER (1776-1838) mit der Veranlassung neuer Sammlungen und des Zusammentragens mündlich überlieferter Lieder die Bergreihen- Kultur wiederbeleben. In seinem Todesjahr erschienen die „Grubenklänge“, die von Kunstdichtung geprägt sind. Später kamen Lieder und Gedichte über Bergwerkskatastrophen zu den klassischen Bergreihen dazu (SEEMANN 2001).

Als Beispiel soll an dieser Stelle das „Bergmannsleben“ von Theodor KÖRNER (1791-1813) angeführt werden. Das Gedicht ist kein Bergmannslied im engeren Sinn, zeigt aber die damalige Wahrnehmung vom Berginneren als etwas Geheimnisvolles, als Sinnbild der Finsternis und des Verborgenen und beschreibt, wie der Titel verrät, das Leben von Bergmännern. Als Auszug die fünfte von sieben Strophen:

Durch des Stollen weite Länge, Durch das Labyrinth der Gänge Wandern wir den sichern Weg. Über nie erforschte Gründe, Über dunkle Höllenschlünde Leitet schwankend uns der Steg. Ohne Grauen, ohne Zaudern Dringen wir in's düstre Reich,

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Führen auf metallne Wände Jauchzend den gewalt'gen Streich.

Abb. 21: Berg Kawi in Indonesien

Ein weiteres Beispiel für diese Kategorie stellt die Schilderung des „Berg Kawi“ von Max

DAUTHENDEY (1867-1918) dar. In dem elfzeiligen Gedicht beschreibt der Autor den „atmenden“ Berg im „östlichen Abendlicht“. Der Butak Kawi (siehe Abb. 21) ist ein Schichtvulkan auf der indonesischen Insel Java. Er hat eine Höhe von 2.561 Metern und gilt als inaktiv (Smithsonian Institution 2013).

Evolution Nur drei der 100 gesammelten Gedichte beschäftigen sich mit der Evolution. Dennoch soll diese Kategorie hier gesondert erwähnt werden, da sie eine eigene Sparte der Erdwissenschaft darstellt. Nun darf nicht der Eindruck entstehen, die Evolution wäre eine Seltenheit in der deutschsprachigen Poesie. Das Gegenteil ist der Fall: 1998 erschien das Buch „Darwin in der

Poesie“ von Peter SPRENGEL, und 2007 veröffentlichte Philip AJOURI das Werk „Erzählen nach Darwin“ – Ausführungen, welche die Bedeutung der Evolutionslehre in der deutschen Literaturgeschichte belegen. In der anhängenden Sammlung allerdings sind eben jene dieser Gedichte vertreten, die vor allem eine Verbindung zur Geologie schaffen.

Christian MORGENSTEINs (1871-1914) „Evolution“ bezieht sich dabei auf das Unumkehrbare des evolutionären Fortschritts, vermittelt die Sehnsucht nach dem Ursprung und die Vorschau auf weitere „Äonen“. Die Menschheit schien für ihn in diesem Zusammenhang das letzte Fragment der Reihe, sozusagen die Krone der Schöpfung, zu bilden – aber eben mit einem negativen Beiklang. In Guido STACHEs (1833-1921) „Geologen-Kränzchen“ wird hingegen die Affenabstammung des Menschen behandelt, während der Dichter hiermit gleichzeitig den

50 Fund von Fossilien beschrieb. In diesem Fall ist die evolutionäre Entwicklung der Menschheit auf ironisch-witzige Weise als etwas Beschämendes präsentiert. Im Traum eines Geologen tanzen Menschenaffen miteinander. Genauso ließ sich auch Erich KÄSTNER (1899-1974) mit dem Gedicht „Die Entwicklung der Menschheit“ zu einem bissigen Gedankenspiel über die Abstammung des Menschen vom Affen hinreißen.

Gesteine Wie vermutet können dieser Kategorie die meisten, nämlich 21 Gedichte aus der Sammlung zugeordnet werden. Dabei treten allerdings sehr unterschiedliche Herangehensweisen auf. Zum einen findet sich hier jene Dichtkunst, die sich mit Steinen im Allgemeinen befasst, beispielsweise Gustav SACKs „Der Stein“. Zum anderen gibt es Gedichte, in denen es um bestimmte Eigenschaften von Gesteinen geht, nämlich die Beständigkeit, das Alter und dergleichen. Eine solche Beschreibung liefert „Der Stein“ von Fredrik VAHLE (geb. 1942). Als dritte Unterkategorie sind außerdem jene Werke zu nennen, in denen explizit auf ein bestimmtes Gestein eingegangen wird, wie etwa in „Der Granit“ von Joseph Victor von

SCHEFFEL (1826-1886). Steine haben für die Menschheit schon äußerst früh eine große Bedeutung. Schon in der Steinzeit, waren sie unter anderem zur Herstellung von Waffen und Werkzeugen vonnöten. Aber auch in Form von Höhlen kann der Stein als Material von Schut und Sicherheit der frühen Menschheit angesehen werden. Außerdem wurden Steinwände zu den ältesten Medien der Kunst, nämlich als Untergrund für die Höhlenmalereien. Später wurde der Stein zum Baumaterial für ganze Städte, es gab vermeintliche Heilsteine und wertvolle Schmucksteine. Selbst in der religiösen Symbolik spielen die verschiedenen Steinarten eine Rolle. Mit dem wachsenden Wissen um die Beschaffenheit und die verschiedenen Arten von Steinen kamen weitere Fragen auf: Wie und wann ist das Gestein entstanden? Welches Gestein ist das härteste? Gesteine wurden und werden erforscht und sind natürlich nach wie vor für das zivilisierte Leben der Menschheit in vielfältiger Weise von größter Wichtigkeit. Somit scheint die positive Konnotation mit dem Steins an sich – selbst abseits aller symbolischer Bedeutungsebenen – natürlich zu sein. Es ist also nur allzu verständlich, warum Steine auch in der Literatur verschiedentlich als Inhalt zum Einsatz kommen (SCHELLENBERGER-

DIEDERICH 2006).

Zur Veranschaulichung soll an dieser Stelle „Der Bernstein“ von Theodor DÄUBLER (1776- 1834) beleuchtet werden. In diesem Gedicht wird nicht nur das Aussehen, nämlich die besondere Farbe und die Form eines Exemplars dieses fossilen Harzes beschrieben; sondern

51

auch die „Fähigkeit“ desselben Fossilien einzuschließen. Auch der Quarz und der Granit kommen in je einer der 16 Strophen vor, aber der Bernstein wird mit einem überschwänglichen Lob besungen, der den anderen Gesteinsarten nicht zuteilwird. Ein Auszug:

Es pocht mein Herz, Du Bernstein sprichst: sei leiser! Nun bin ich still, still wie Dein Athemgold, Denn Bernstein, heller Stein, ich bin Dein Weiser, Ich weiß wie hold sich Ewiges entrollt.

Tatsächlich ist der Bernstein ein besonderes Gebilde. Geläufig ist er vor allem als Schmuckstein; dass er zudem einen der „besten elektrischen Isolatoren mit einem spezifischen Widerstand“ darstellt, ist heute kaum bekannt. Bernstein besteht aus Säuren und Alkohol, wobei die Konzentrationen der Einzelbestandteile variieren. Auch das Aussehen verschiedener Bernsteine ist unterschiedlich: Ob das fossile Harz hellgelb, honiggold oder bräunlich, klar oder undurchsichtig, glänzend oder matt ist, hängt von verschiedenen Faktoren bei der Bildung und von der Zusammensetzung ab. In jedem Fall handelt es sich um verfestigtes Harz, das aus – meist eozänen – Nadelbäumen ausfloss, sich im Boden anreicherte und unter den Meeresspiegel gelangte. Heute kann man Bernstein besonders häufig in der so genannten Blauen Erde an der Ostsee finden, wo er sich abgesetzt hat. Die vielfachen Einschlüsse von Kleinsttieren und Pflanzenteilen ermöglichen Rückschlüsse auf die Flora und Fauna der Entstehungszeit (Spektrum 1999). Der Bernstein bildete auch für

Kadaver von zartesten Tierformen, wie Insekten, eine „Schutzhülle“ (TARBUCK & LUTGENS 2009). Nicht nur einzelne Tiere, wie auf Abb. 22 erkennbar, wurden so fixiert; auch verschiedene Lebensabschnitte, z.B. Häutungen oder Paarungen und Symbiosen zwischen unterschiedlichen Taxa sind durch Bernsteineinschlüsse dokumentiert (WEITSCHAT 2009). Der schnell verwesende und leicht zu zerdrückende Körper dieser Tiere konnte nur durch das Klebenbleiben in einem Harztropfen vor Wasser und Luft geschützt und somit für die

Nachwelt erhalten werden (TARBUCK & LUTGENS 2009).

52

Abb. 22: Insekt in Bernstein eingeschlossen, so genannte Bernstein-Inkluse

Diese Eigenschaft des Bernsteins ist wohl auch der Grund, warum DÄUBLER in einer anderen Strophe des Gedichts vom Harz verlangt: „Erzähl mir deine eingefrorne Mär!“ Die letzten vier Strophen sind dann der Sagenstadt Vineta gewidmet, die wie die Blaue Erde an der

Ostsee gelegen haben soll (GOLDMANN 2002).

Ur- und Vorzeit Zu dieser Kategorie sind neun der Gedichte zu zählen. Sie beinhalten vor allem Beschreibungen und/oder Vorstellungen von einer Zeit, welche dem Menschen nur durch die Erkenntnisse der Erdwissenschaften nachvollziehbar wird.

Besonders ist hier „Der Ichthyosaurus“ von Joseph Victor von SCHEFFEL (1826-1886) zu erwähnen. In dem Gedicht wird vom Leben und Tod des Fischsauriers in einer Landschaft des

Juras erzählt. Zum Schluss stellt SCHEFFEL fest, dass diese Geschichte heute durch ein Albumblatt auf einem Koprolith (fossiles Exkrement) dokumentiert wird. Es ist ein witziges Gedicht über das Aussterben der Saurier, dessen ironischer Anklang durch die Verwendung von naturwissenschaftlichen Fachausdrücken verstärkt wird. Die Figuren bilden dabei die verschiedenen Dinosaurierarten, nämlich der Plesiosaurus, der „in Saus und Braus“ lebt, der Pterodaktylus, der „betrunken nach Haus“ fliegt, ein „frecher“ Iguanodon und eben der Ichthyosaurus, welcher traurig ist, weil er den bevorstehenden Untergang der Dino-Welt ahnt.

Mit diesem Gedicht von 1854 schuf SCHEFFEL eine frühe Rezeption der damals noch neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse über Sauropoden. Die ersten Funde von gut erhaltenen Saurierfossilien wurden zwar bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert gemacht, diese wurden aber nicht als das erkannt, was sie waren (DWORSKY 2011). Zuvor hatte Georges CUVIER (1769-1832) bereits eine Einteilung des Tierreichs vorgenommen und erkannt, dass in

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früheren Zeitaltern eine andere Fauna vorgeherrscht hatte, da es beispielsweise

Gesteinsschichten ohne Säugetier-Fossilien gab (HUBMANN 2009). Nun ist die Idee eines Zeitalters der Reptilien aufgrund der Funde von Dinosaurierresten auf denselben Forscher zurückzuführen. CUVIER sprach darüber als eine Zeit der „kaltblütigen“ Reptilien. Um das

Jahr 1820 machten William BUCKLAND (1784-1856) und Gideon MANTELL (1790-1852) schließlich die Entdeckung von Landsaurier-Fossilien. Die Geologen konnten diese als erste Forscher urzeitlichen Reptilien zuordnen, weswegen sie als Entdecker der Dinosaurier gelten. Der Begriff „Dinosaurier“ wurde allerdings erst Jahrzehnte später eingeführt. Die Ähnlichkeit der fossilen Zähne zu denen heutiger Echsen führte dazu, dass die ausgestorbenen Tiere lange Zeit schlicht als „Riesenechsen“ bezeichnet wurden. Zur selben Zeit war aber bereits bekannt, in welcher Epoche die Reptilien gelebt haben mussten: im Jura. Ein weiterer Zahnfund

MANTELLs ließ auf einen großen Leguan schließen, was zu dem Namen Iguanodon

(„Leguanzahn“) führte, der uns in dem Gedicht SCHEFFELs begegnet. Die riesigen Zähne waren gemeinsam mit der Größe der gefundenen Knochen auch der Anlass, sich die Welt der „Riesenechsen“ als eine Herrschaft von Bestien vorzustellen. So bildete der britische Maler

John MARTIN (1789-1854) die vorzeitlichen Tiere als Ungeheuer in einer höllengleichen

Umgebung ab (DWORSKY 2011) (siehe Abb. 23).

Abb. 23: Dinosaurier-Bild von John Martin 1842.

In SCHEFFELs Gedicht wiederum wirken die Saurier friedlich und lustig, mit ihren menschlichen Gefühlen geradezu liebenswert. Dieselbe freundliche Stimmung vermittelte

1838 George RICHARDSON (1796-1848) in seinen Zeilen über das ausgestorbene Leben:

54 Each and all were flamed for bliss; Form`d to share without alloy, Each it`s element of joy, By that power that rules to bless, All were made of happiness!

Ob glücklich oder schrecklich – 1841 erhielten die ausgestorbenen Reptilien schließlich ihren

Namen, „Dinosaurier“.2 Diesen haben sie dem Paläontologen Richard OWEN (1804-1892) zu verdanken, der die Fossilien erstmals als Reste eines eigenen Reptilientaxons erkannte

(BUGGISCH & BUGGISCH 2006).

Entstehung und Entwicklung der Erde Die Gedichtsammlung lässt eine Zuordnung von elf Gedichten in diese Kategorie zu. Wie bereits erklärt, ist die Frage nach der Entstehung der Erde und ihrer Entwicklung zur heute sichtbaren Gestalt eine sehr alte und umstrittene. In den gefundenen Gedichten wird teilweise von einer göttlichen Schöpferkraft ausgegangen, die vor allem mit der Entstehung des Lebens in Verbindung gebracht wird. Andere lyrische Werke machen die lange Zeitspanne deutlich, in der die Erde sich entwickelt hat, wie etwa in „Nur ein paar Millimeter“ von Rüdiger

KELLER (geb. 1942) nachzulesen. Walter HAAGE (1916-1945) versucht sich hingegen in einer kompletten „Erdgeschichte“.

Mit dem Gedicht „An die Zeit“ von Albert HEIM (1849-1937) haben wir ein Gedicht vor uns, welches die genannten Aspekte vereint. Die Ansprache der Zeit als schöpferische Einheit wirkt dabei wie ein Dankesgebet an einen Schöpfer, während die Anführung derselben als eine solche allgegenwertige und gestaltende Kraft die Unendlichkeit der Entwicklung unserer

Welt darstellt. Interessant ist, wie HEIM bereits die „Urzelle“ erwähnt: „Auf einer ersten Zell` als Keime hast du gebaut.“

2 Dieser Name deutet allerdings wiederum auf den Bestien-Charakter hin, ist er doch mit „Schreckensechse“ zu übersetzen. 55

Themen im Überblick

Thematik

Geologie als Wissenschaft 10% 16% Naturkatastrophen 11% Gesteine Berge und Bergbau 9% 16% Evolution 3% Ur- und Vorzeit

14% 21% Entwicklung der Erde Sonstiges

Abb. 24: Diagramm zur Verteilung der Gedichte auf die verschiedenen Themengebiete Das Diagramm (siehe Abb. 24) gibt nun einen Überblick über alle genannten Themen im Verhältnis zueinander. Die Prozentangaben sind aufgrund der Summe der Gedichte (100) zugleich als Anzahl von gesammelten Werken zu betrachten. Unter die Kategorie „Sonstiges“ fallen jene Gedichte, die entweder der bereits genannten Naturbeschreibung dienen oder aus anderen Gründen nicht zuordenbar sind. Beispielsweise thematisiert eines dieser zehn

Gedichte die Eiszeit („Die Eiszeit“ von Karl Friedrich SCHIMPER), ein anderes wiederum den

Karst („Der Karst“ von Hugo ZUCKERMANN). Diese Gedichte fokussieren sich also spezifisch auf ein Thema, das mangels anderer Beispiele aber nicht zu einer Kategorie wurde. Zusammenfassend gesagt, kann durch die behandelten Themen keine allgemeine Aussage über die Auswahl geologischer Inhalte gemacht werden. Sowohl auf den ersten Blick emotional besetzte Themen, wie die Naturkatastrophen, als auch sehr „wissenschaftliche“ Inhalte, wie die Entwicklung der Erde, wurden auf verschiedenste Weisen in die Gedichte aufgenommen. In Anbetracht der Vielschichtigkeit der Erdwissenschaften an sich, kann aber geschlossen werden, dass einige Themen aus Geologie und Paläontologie für die deutschsprachige Lyrik kaum von Interesse zu sein scheinen. Es konnte kein Gedicht gefunden werden, das sich mit dem Erdkern und den darüber liegenden Schichten näher auseinandergesetzt hätte, und auch die Plattentektonik und Kontinent-Entstehung wurden in keinem der Gedichte behandelt, um nur zwei Beispiele zu nennen. Dennoch kann bei der Sammlung von einer bunt gemischten Kollektion an Themen und Motiven aus den

56 Erdwissenschaften gesprochen werden, die ja – wie erwähnt – auch noch zu unabsehbaren Dimensionen ergänzt und erweitert werden könnte.

Metaphorik Bereits im vorherigen Abschnitt wurde erklärt, warum die Metaphorik in dieser Arbeit keine allzu große Rolle spielen kann. In Bezug auf die Gedichtsammlung im Anhang kann allerdings nicht auf eine kurze Erwähnung der dominant vorkommenden Metaphorik verzichtet werden (siehe Abb. 25). Richten wir den Blick etwa auf Paul CELANs (1920-1970) Gedichte, von denen drei in die Anthologie aufgenommen wurden, so haben wir geologisch durchaus interessante Werke vor uns, deren metaphorische Ebene aber zu brisant ist, um sie zu ignorieren. Überhaupt weist die Mehrzahl der Gedichte in der Sammlung zusätzlich zu dem Inhalt, der naturwissenschaftlich zu betrachten ist, eine gewisse Metaphorik oder Symbolik auf. Ein Doppelsinn ist literaturwissenschaftlich gesehen ohnehin etwas, das der

Gattung Lyrik allgemein zugeordnet wird (FELSNER et al. 2012).

Metaphorik

36%

Metaphorische Bedeutung

64% Kaum bis keine Metaphorik

Abb. 25: Diagramm zur Metaphorik in den Gedichten

Aber zurück zu CELAN, dessen „geologische Lyrik“ hier kurz als Beispiel für die Metaphorik der geologischen Inhalte dienen soll. Das Wissen des Dichters über die Erdwissenschaften ging unter anderem auf Lehrbücher, wie beispielsweise LOTZEs „Geologie“ von 1955, zurück, die in seiner Privatbibliothek gefunden werden konnten. Die autodidaktische Bildung CELANs ist in diesem Zusammenhang evident und wichtig für das Verständnis seiner Werke mit geologischem Inhalt, in denen der Stein eben nicht nur ein symbolischer ist. Ähnlich wie

BRUNNER konnte CELAN sich die geologische Arbeit wie die Entschlüsselung einer

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Geschichte vorstellen. Das auf den ersten Blick nicht Erkennbare wird somit freigelegt, und so verhält es sich auch mit CELANs Lyrik, die eine ähnliche Strategie zur Ergründung tieferer Schichten nahelegt. „Die Halde“, eines der Gedichte im Anhang, ist dabei nur eines von vielen Beispielen. Außer einer biografischen Bedeutung ist in diesem Gedicht der Halde an sich ein geologischer Aspekt zuzuordnen: Im erdwissenschaftlichen Sinne ist eine Halde nämlich die „Anhäufung von Gesteinsbruchstücken aller Art“. Jene Halden, die natürlich durch Verwitterung im Gebirge entstanden sind, gelten als Beweis für die stete Dynamik des oberirdischen Gesteinsmaterials und dienen damit als Sinnbild für den steten Wechsel von

Bildung und Verfall (WERNER 1998). Dass in den verschiedenen Teilbereichen der Geologie ein großes Potenzial zur Überführung ins Metaphorische liegt, gilt es hier nur noch einmal zu betonen, aber aus den angesprochenen Gründen nicht weiter auszuführen. Ich verweise dazu auf die bereits erwähnten Studien zur

„Geopoetik“ von Erika SCHELLENBERGER-DIEDERICH (2006).

Gott und Schöpfung Ähnlich wie mit der Metaphorik verhält es sich auch mit den Verweisen auf das Göttliche und Schöpferische, die sich in einigen der gesammelten Gedichte erkennen lassen. Aus naturwissenschaftlicher Sicht sind sie weitgehend nicht beachtenswert, ihre Präsenz in der Lyrik ist allerdings zu groß, um unerwähnt zu bleiben. Gerade bei der Beschäftigung mit den genannten Themen sah sich der Mensch in der Geschichte oft mit Hinweisen auf eine göttliche Idee konfrontiert. Auch die Geschichte der Geologie als Wissenschaft (siehe Kapitel 2) zeigt eine Dominanz der Religion, vor allem aber der katholischen Kirche, die in diesem Zusammenhang naturwissenschaftlichen Fortschritten sogar im Weg stehen konnte. Religion und Literatur können davon unabhängig ohnehin als „miteinander verflochten“ betrachtet werden, wie beispielsweise in Daniel WEIDNERs (2016) Vorwort zu dem „Handbuch Literatur und Religion“. Bei der Betrachtung unserer Sammlung fällt allerdings auf, dass die Referenz auf Gott und die Schöpfung im Verlauf der Zeit abnimmt (siehe Abb. 26).

58 40

35

30

25

20

15

10

5

0 Jahre 1633-1800 Jahre 1800-1900 Jahre 1900-2017

Gott und Schöpfung Keine Referenz auf Göttliches

Abb. 26: Diagramm zur Entwicklung des Gottesbezugs der Gedichte Die Anzahl der Gedichte ist hier unbedingt im Verhältnis zueinander zu sehen. Da ja nicht aus jedem Zeitabschnitt gleichviele Werke in die Sammlung aufgenommen wurden; es müssen also die Zahl der Gedichte mit- und die der Gedichte ohne Gotteshinweis verglichen werden. Aus diesem Diagramm wird Folgendes erkenntlich:

• Vom ersten Gedicht der Sammlung bis zum 19. Jahrhundert übertrifft die Anzahl der religiösen Gedichte jene von Gedichten ohne Referenz auf Göttliches. • Ab dem 19. Jahrhundert „überholen“ die nicht-religiösen Gedichte die anderen. • Der Abstand vergrößert sich in weiterer Folge.

Diese Ergebnisse lassen sich wohl am ehesten durch die abnehmende Dominanz der Kirche und den Fortschritt der Naturwissenschaften erklären. Es bleibt zu bemerken, dass hier lediglich 100 Gedichte betrachtet wurden. Diese Zahl eignet sich natürlich nicht für eine repräsentative Studie und dient in dieser Arbeit ja auch hauptsächlich zum Aufzeigen von Beispielen. Die Abnahme der religiösen Bezüge erscheint aber angesichts der fortschreitenden Säkularisierung durchaus glaubhaft.

Die Gedichtsammlung und die Geschichte der Geologie Mittels eines Zeitstrahls (siehe Abb. 27) wurde die Geschichte der Geologie mit der Erscheinung von in diesem Zusammenhang besonders interessanten Gedichten aus der Anthologie grafisch verbunden. Auf der rechten Seite des Zeitstrahls sind wichtige Ereignisse

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in der Wissenschaftsgeschichte vermerkt, während auf der linken Seite die Erscheinungsjahre der Gedichte markiert sind. Den Beginn für den erfassten Zeitraum macht dabei das Jahr der

Veröffentlichung von Martin OPITZ` „Vesuvius“ (1633), woraufhin die Veröffentlichung

James USHERs (1650) folgt, in der er glaubte, das genaue Datum der Erdentstehung festgestellt zu haben. Der Zeitstrahl endet mit der Veröffentlichung zum „seafloor sprading“

(WILSON 1965) bzw. mit dem „Museumsschweigen“ (RINGELNATZ 1929), wobei der Hinweis auf neuere lyrische Werke, die auch in der Sammlung vorkommen, gegeben ist. Alle geschichtlichen Ereignisse sind in Kapitel 2 nachzulesen, die Gedichte wiederum sind dem Anhang zu entnehmen. Sichtbar wird ein Zusammenhang zwischen den Themen der lyrischen Werke mit den Fortschritten in der Geologie. Das liegt natürlich daran, dass ohne den Fortschritt und die Erkenntnisse in der Naturwissenschaft der Stoff für die Dichtkunst in der Form gar nicht gegeben wäre. Die Gedichte, die sich – zumindest in interpretatorisch weitgefasster Weise – auf Geschichtsereignisse beziehen, erscheinen natürlich stets etwas später als die betreffenden Geschehnisse selbst. Werke, die bereits in Zusammenhang mit Debatten und/oder Fortschritten in der Geologie erläutert wurden, sind hier übrigens bewusst nicht verzeichnet worden. Dadurch wird die Fülle derartiger Bezüge noch deutlicher. Andererseits kann festgestellt werden, dass manche Gedichte mit geologischem Inhalt völlig abseits der Geologie-Geschichte verfasst wurden.

60

Abb. 27: Zeitstrahl zu der Geschichte der Geologie und den Entstehungsdaten der Gedichte 61

4. Gedichtanalyse

Die folgende Analyse des Gedichts „Geologie“ von ACHIM VON ARNIM dient exemplarisch zur Darstellung der Vielschichtigkeit und Tragweite eines lyrischen Werkes mit geologischem Inhalt. Sie soll aufzeigen, welche wissenschaftlichen Fragen das Gedicht durchdringen, welches Verhältnis der Autor zur Geologie hatte und wie sich dieses im Gedicht äußert. Zuvor wird über die verwendete Form und Sprache aufgeklärt, und ein historischer Abriss über die Epoche der Entstehung setzt die Analyse in einen entsprechenden zeitlichen Kontext.

Zuallererst steht aber einmal das Gedicht als solches. Ich zitiere es nach Renate MOERING, die sich ausführlich mit der Originalquelle beschäftigt hat und füge den Zeilen zur Erleichterung der Analyse eine Nummerierung hinzu.

Geologie 1Nicht vulkanisch und nicht neptunisch bin ich gesinnet, 2Wasser und Feuer ist uns beyd zum Schaffen von Noth. 3Frische Erde, da bildet Natur den künftgen Geschlechtern die Wälder, 4Doch vergehen die Bäume so wird Kohle in jeglicher Art. 5Also für Feuer gesorgt in jedem Falle im voraus, 6Vulkanisten wir sind schaffen alles damit. 7In den Höhlen da bildet sich Wasser aus sinkenden Wolken. 8In der Tiefe es steiget aus dem nahen Meer, 9Nimmer mangelt es Menschen in ihm die Dinge zu lösen, 10Die nach seiner Natur scheidet das Feuer daraus.

3.1. Form und Sprache In der Romantik wurden in Abhebung von der Klassik scharfe Grenzen vermieden. In dieser Epoche ging es nämlich um das Aufbrechen von Regeln und Ordnungen. So verschwammen auch die Grenzen zwischen den Textgattungen; Epik und Lyrik sind nicht immer einfach zu unterscheiden (PENZENSTADLER 2000). Die Lyrik als Gattung wurde ohnehin erst spät konzeptualisiert und bis heute gibt es Diskussionen über den Begriff sowie unterschiedliche

Lyriktheorien (MÜLLER 2008). Mit Festlegung auf jene Definition, die dem landläufigen

62 Gebrauch der Wörter „Lyrik“ und „Gedicht“ entspricht, handelt es sich bei den vorliegenden

Zeilen von ACHIM VON ARNIM aber zweifelsfrei um ein Werk der Lyrik. Die Kennzeichen eines Gedichts sind in den meisten Fällen nämlich ein gegliedertes Layout, eine rhythmische Ebene, ein gewisser Doppelsinn und ein bestimmter – oft subjektiver – Ton, der dem Inhalt

Nachdruck verleiht (FELSNER et al. 2012). Diese Merkmale treffen auf ARNIMs Werk zu. Die einzelnen Verse unterliegen einer klaren, durch trennende Absätze bewirkten Gliederung. Es handelt sich um zehn Zeilen, die unabhängig von der Punktation jeweils mit einem Großbuchstaben beginnen. In der Sprache kann ein feierlich anmutender Klang ausgemacht werden. Das Gedicht ist reimlos, lässt aber – vor allem laut gelesen – einen bestimmten Rhythmus erkennen, der aus den musikalisch wirkenden Assonanzen und der spezifischen Länge der Zeilen heraus entsteht. Die Verse 7 und 8 weisen eine Anapher auf und auch die Wiederholung von Wörtern wie „Wasser“, „Feuer“ und „Natur“ scheint, neben der semantischen Sphäre, der rhythmischen Vervollständigung zu dienen. Deutlich erkennbar ist dieser Zweck auch an dem wiederholten Wortpaar „da bildet“. Auch die von der Norm abweichende Wortstellung scheint dem Rhythmus zu dienen, was vor allem in Vers 5 klar erkennbar wird. An dieser Stelle die Anregung zu einem kurzen Experiment: Man lese das Gedicht laut, indem man den Vers 5 durch die folgende Zeile ersetzt: „Also für Feuer ist in jedem Fall im Voraus gesorgt.“ Die von mir vorgeschlagene Zeile ist in Wortwahl und Sinn identisch mit der ursprünglichen. Sie wirkt aber, in das lyrisch fließende Werk ARNIMS eingefügt, störend und unförmig, verleiht dem Gedicht einen diskrepanten Zwischenklang.

Durch Anaphern, eigene Wortstellungen und Wiederholungen wird ARNIMS Text also zu einem aus fein aufeinander abgestimmten Versen bestehenden Gedicht. Derartige sprachliche Detailorientiertheit und die Hingabe an die Vielfältigkeit der Möglichkeiten von Rede und

Worten sind typische Merkmale von ARNIMS Schaffen. Er ist für eine besondere, fast überschwängliche Freude an jeglichen Form- und Sprachspielen bekannt. Sein Repertoire sprachlicher Modulationen und seine Begeisterung für deren Umsetzung lassen sich in sämtlichen Werken wiederfinden. Interessanter Weise zählt normalerweise auch der Reim zu den häufig verwendeten Stilmitteln ARNIMS (GERHARD 1958). Warum er in dem vorliegenden Fall genau darauf verzichtet, darüber kann vielleicht die Entstehungsgeschichte zu diesem Gedicht Aufschluss geben.

63

3.2. Entstehung und historischer Kontext Zur Analyse eines Gedichts gehört der Blick auf die Entstehungsgeschichte, wobei der Schaffensvorgang zeitlich, geografisch und kulturell einzuordnen ist. Inhaltliche wie auch poetologische Bezüge sind nur mittels einer Positionierung in der Literaturgeschichte vollständig zu begreifen (FELSNER et al. 2012).

ACHIM VON ARNIM: Chronologischer Abriss über Leben und Werk

Abb. 28: Achim von Arnim, Gemälde von Peter Edward Ströhling 1803

1781: Im Jänner dieses Jahres wird der Dichter als Ludwig Achim von ARNIM (siehe Abb. 28) in Berlin geboren. Er ist der Sohn eines preußischen Diplomaten, der später Intendant der

Berliner Königlichen Oper wird. Seine Mutter stirbt drei Wochen nach der Geburt. ACHIM wächst mit seinem Bruder bei der Großmutter Elisabeth von LABES auf.

1793-1798: ARNIM besucht das Joachimsthal Gymnasium in Berlin.

1798: Im selben Jahr, in dem ARNIM die Schule abschließt, inskribiert er sich an der Universität von Halle als Student der Rechts- und Naturwissenschaften und Mathematik.

1799: Der erste Text von ARNIM über elektrische Phänomene wird veröffentlicht. Außerdem lernt ARNIM in diesem Jahr Ludwig TIECK (1773-1853) im Haus des Komponisten und

Musikdirektors Johann Friedrich REICHARDT (1752-1814) kennen.

1800: ARNIM wechselt von der Universität Halle zur Universität Göttingen, um sein Studium der Mathematik zu vertiefen.

1801: In Göttingen trifft ARNIM Johann Wolfgang von GOETHE (1749-1832) und Clemens

BRENTANO (1778-1842). Hier beginnt auch die Freundschaft zwischen ihm und BRENTANO,

64 woraufhin sich ARNIM von den Naturwissenschaften abwendet und die Entscheidung trifft, Schriftsteller zu werden.

1801-1803: Im Herbst 1801 begibt ARNIM sich auf eine dreijährige Reise durch Europa. Auf

Abb. 29: Des Knaben Wunderhorn, Entwurf eines Gemäldes von Moritz von Schwind seinem Weg nach Prag, Regensburg und München besucht er TIECK in Dresden. In Wien arbeitet er an „Ariels Offenbarungen“, er besucht BRENTANO in Frankfurt und lernt dessen

Schwester respektive seine spätere Frau Bettine BRENTANO (1785-1859) kennen. Mit

Clemens BRENTANO reist er weiter. Stuttgart, Zürich, Mailand, Turin, Genua, Nizza, Toulon und Marseilles sind die folgenden Stationen. „Hollins Liebeleben“ wird 1802 in Göttingen veröffentlicht. 1803 trifft ARNIM in Paris auf Dorothea und Friedrich SCHLEGEL (1772-1829), die seine „Erzählungen von Schauspielen“ in der Zeitschrift „Europa“ veröffentlichen. Daraufhin wird die Reise über Bologna nach London, Wales und Schottland fortgesetzt.

1804: ARNIM und BRENTANO kehren zurück nach Berlin. ARNIMs Vater stirbt im August.

BRENTANO und ARNIM reisen im Oktober nach Ziebingen, wo sie TIECK treffen. „Ariels Offenbarungen“ werden in Göttingen veröffentlicht.

1805: ARNIM und BRENTANO befinden sich im Mai in Heidelberg. Im Juli wird „Des Knaben Wunderhorn“ (siehe Abb. 29) fertiggestellt und bald darauf veröffentlicht. Dezember: In

Weimar trifft ARNIM GOETHE. 1806: „Des Knaben Wunderhorn“ ist sofort ein großer Erfolg. In der Volksliedersammlung, geschrieben gemeinsam mit BRENTANO, erscheint auch die „Romanze vom großen Bergbau

65

der Welt“. Nach der Niederlage von Preußen im deutsch-französischen Krieg flieht ARNIM nach Königsberg. Dort trifft er Heinrich von KLEIST.

1807: ARNIM kehrt nach Berlin zurück, trifft dann in Weimar Bettine und GOETHE sowie in

Kassel Jakob (1785-1863) und Wilhelm GRIMM (1786-1859). 1808-1811: Die „Zeitung für Einsiedler“, „Der Wintergarten“, „Armut, Reichtum, Schuld und

Buße der Gräfin Dolores“ sowie „Halle und Jerusalem“ werden veröffentlicht. ARNIM lernt

Joseph von EICHENDORFF (1788-1857) und Adalbert von CHAMISSO (1781-1838) kennen. Die

Großmutter ARNIMs stirbt. Im selben Jahr heiratet er Bettine BRENTANO.

1812: Das erste von ARNIMS sieben Kindern wird geboren. „Isabella von Ägypten“ und „Melück Maria Blainville“ werden veröffentlicht.

1813-1815: ARNIM ist Hauptmann eines Berliner Landsturmbataillon während der

Befreiungskriege gegen NAPOLEON, zieht auf ein Gut in Wiepersdorf und veröffentlicht die Zeitung „Preußischer Correspondent“ und die Sammlung „Schaubühne“.

1816: ARNIM erkrankt an rheumatischem Fieber und besucht nach der Genesung Wilhelm

GRIMM und BRENTANO. 1817-1824: Veröffentlichung von mehreren Erzählungen, Novellen, Dramen und Gedichtbänden, darunter: „Die Kronenwächter“, „Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau“, „Die Gleichen“, „Owen Tudor“ sowie „Raphael und seine Nachbarinnen“ ereignen sich in diesen Jahren.

1828: ARNIM unternimmt eine Sommerreise nach Aachen, Belgien, Luxemburg und an den Rhein. 1829: Eine Reise nach Bayern, Wien und Prag folgt.

1831: ARNIM stirbt an einem Schlaganfall in Wiepersdorf. Wilhelm GRIMM veröffentlicht in

Bettines Auftrag die Werke ARNIMS.

(HOERMANN 1984)

Achim von Arnim und die Geologie In der Beschäftigung mit der Geschichte des Gedichts kommt man nicht an der Geschichte des Dichters vorbei. Das Leben, die Ansichten und das Oeuvre des Autors können Auskunft über unterschiedlichste Aspekte bei der Gedichtanalyse liefern. Deshalb sind in der Werkanalyse der Blick auf die vorhergehende Chronologie sowie die folgende Konzentration auf die erdwissenschaftlichen Ambitionen Achim von ARNIMS von Relevanz. Hinweise über die verwendete Motivik und Form sind im Zusammenhang mit den Arbeits- und Denkweisen des Autors zu betrachten (BURDORF 2015). So ist beispielsweise die bereits erwähnte Liebe

66 ARNIMS zu Sprachspielen jeglicher Art von Interesse. Folgerecht ist diese Neigung besonders ausgeprägt in den lyrischen Werken des Dichters zu finden (GERHARD 1958).

Warum aber verzichtet ARNIM bei der „Geologie“ auf Reime? Dazu ist anzumerken, dass der

Autor sich bei der Entstehung des Gedichts auf Reisen befindet (LENZ 1938). Im Herbst 1803 reist ARNIM durch , Wales und Schottland, wo er Englisch lernt und Eindrücke sammelt, die er später in bekannten Novellen, wie „Mistriss Lee“ oder „Die Ehenschmiede“ zusammenfassen sollte (HOERMANN 1984). Im Zuge dieser Tour entstehen aber auch acht Hefte mit kurzen Abrissen und Gedichten, darunter auch das Gedicht „Geologie“. Der Zustand der Notizen und die Aufteilung der Texte auf die verschiedenen Hefte weisen nun darauf hin, unter welchen Umständen das Gedicht verfasst wurde. Schnell und unordentlich geschrieben, auf der holprigen Kutschfahrt verfasst oder mit fast unsichtbar heller Tinte notiert, sind manche der Texte kaum noch lesbar. Das Gedicht „Geologie“ entsteht dementsprechend nicht in einer Situation, in der ARNIM lange Zeit zum Ausklügeln der sprachlichen Gestalt hat. Es scheint viel eher das Produkt einer spontanen, aber eindrucksvollen Inspiration zu sein.

Die Einfälle sind ARNIM wohl bei der Betrachtung von Naturerscheinungen gekommen. In seiner Lyrik verarbeitet er Impressionen von meteorologischen Ereignissen und Landschaften. Aber auch die Entwicklung der Eisenbahnen und der Bergbau in Großbritannien (siehe Abb.

30) faszinieren ihn offenbar. In Briefen an seinen Freund und Kollegen Clemens BRENTANO beschreibt er seine Erlebnisse in diesem Zusammenhang ausführlich. Auch aus geologischer Sicht sind seine Formulierungen zum Bergbau interessant. Die Wege durch den Berg umschreibt er beispielsweise als „schwarze Geäder der Bronchien“, die „gräuligen Salze“ erinnern ihn an Tränen und auch die Tätigkeit der Bergleute selbst, das Finden und den Abbau verschiedener Rohstoffe aus dem Erdinneren, beeindrucken ARNIM (MOERING 2003).

67

Abb. 30: Bergbau um 1800 aus dem Jahrbuch für Berg- und Hüttenkunde Er interessiert sich für die Zusammensetzung der Stoffe, für die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Rohstoffen. Immerhin hatte ARNIM Chemie und Physik studiert und einige naturwissenschaftlich erfolgversprechende Publikationen hervorgebracht. Bevor sein Interesse für die schönen Künste – befördert durch die Bekanntschaft mit Dichtern, Musikern und Verlegern – ihn dazu bewogen, Schriftsteller zu werden, hatte er

Naturforscher werden wollen (LÜTZELER 1997).

Die Geologie, eine junge und damals neue Wissenschaft (siehe Kapitel 2), scheint ARNIM am Anfang des 19. Jahrhunderts nach wie vor ganz besonders zu beeindrucken. Neben einer Reihe von Gedichten in den Heften der England-Reise schreibt er das Stichwort „Geologie“. Möglicherweise war er im Begriff, eine eigene Anthologie an „geologischen“ Gedichten anzulegen oder er hielt die Texte für wissenschaftlich interessant und archivierungswürdig. Auch lyrische Abrisse über Phänomene der Meteorologie erhielten den Zusatz „Geologie“

(MOERING 2007). Das besondere Verhältnis zur Geologie geht also wahrscheinlich auf seine Studienzeit zurück, in welcher er sich auch bemühte, die „Kraft“ nachzuweisen, die für die

Veränderung und Vielgestalt der Natur verantwortlich ist (BURWICK 2007). Aber auch Jahre nach diesen naturwissenschaftlichen Studien lässt sich die Begeisterung für die Geologie aus ARNIMS Lyrik herauslesen. Nicht nur das hier zu analysierende Gedicht lässt diese Neigung, Geologisches in der Dichtkunst zu verarbeiten, erkennen. ARNIM veröffentlicht in seinem ersten Gedichtband gemeinsam mit Clemens BRENTANO beispielsweise auch die „Romanze vom großen Bergbau der Welt“, mit der wiederum eine Ode an den Bergbau anklingt und ein Gott verehrt wird, dem das Gebirge zu verdanken sei. Hier ein Auszug:

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Gott hat in diesem Erdenball So mancher Erze reichen Fall Mit weiser Hand verborgen. Gold, Silber, Kupfer auf sein Wort, Streicht in den edlen Gängen fort, Die Menschen zu versorgen

In einer anderen Notiz (auch mit „Geologie“ betitelt) schreibt er:

Ueber die Gräser, da legte sich Ton, legte in Schichten. Schiefer habet ihr nun, so auch die Gräser darin. Was ihr von Steinregen liest, das wecket auf jeglichen Regen Jener bildet den Stein, der hier zersprenget den Stein.

Oder aus einem Text mit dem Titel „Seewasser“:

Seewasser löst ein jegliches Ding, so löst es Stein und Metalle Jedes Wasser enthält mehr oder weniger Salz. Also bildet sich jetzt die neue Steinwelt im Meere, Und die alte rollt herab ins gewaltige Meer. [...] Habt ihr Granit wohl gesehen im rauschenden Meere Wie durchglühet zerfällt, der den Lüften sonst trotzt.

Immer ist ARNIM dabei bemüht, die naturwissenschaftliche Perspektive auf die beschriebenen Erscheinungen aufzuzeigen. Im selben Text aber übernehmen die geologischen Motive meist auch eine metaphorische Funktion. Es sind allegorische Bilder, Hinweise auf das menschliche Leben und Sein und gleichzeitig ästhetisch verschriftlichte Erkenntnisse zu naturwissenschaftlichen Phänomenen (PAPE 2007). ARNIM lehnt dahingehend auch stets eine Trennung zwischen Natur- und Kunstpoesie ab, die beispielsweise von seinem Zeitgenossen

Jacob GRIMM vorgenommen wird. So streitet er Gegensätze und starre Grenzen im Allgemeinen ab, sieht ein Ganzes in der Welt, eine Einheit, die keiner Trennungen bedarf

(GERHARD 1958).

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Philosophie, Lyrik und Wissenschaft in der Romantik

Johann Wolfgang von GOETHE rezensiert Achim von ARNIMs und Clemens BRENTANOs Gedichtband „Des Knaben Wunderhorn“ im Jahr 1806 durchaus wohlwollend, ohne zu wissen, welchen Meilenstein das Werk in der Literaturgeschichte später darstellen sollte. Das romantische Lied ist geboren, ein neuer Ton, ein Kunstton für Traditionelles, der sofort größte Beliebtheit erfährt. Die Lyrik hat in der Romantik ohnehin ihre Blütezeit. Von 1790 bis 1830 entstehen nach einer ungefähren Schätzung 20.000 Gedichte, welche der Romantik zugeordnet werden. Zum einen ist die Lyrik als Gattung ein anspruchsvoller Rahmen, eine Sprachkunst, die in dieser Zeit hochgeschätzt wird. Zum anderen wird diese Gattung nach der Klassik nun nicht mehr in strengen Korsetts, sondern als Vorlage für Variationen, Gesang und als „Gerüst für die eigene Erfindung“ gesehen. Sie dient – neuerdings äußerst einfach lesbar – genauso der Lust der Lesenden wie auch der Wissensvermittlung an dieselben. Sprachexperimente, Märchensequenzen, fantastische Inspirationen und wissenschaftliche

Gedanken – all das ist Lyrik in der Romantik (FRÜHWALD 1984). Der Heidelberger Romantik, die nach der Jenaer Frühromantik etwa bis 1815 reicht, werden die Literaturzentren Heidelberg, Dresden und Berlin zugeordnet. ARNIM und BRENTANO sind

Hauptvertreter und die von ARNIM herausgegebene Zeitschrift „Zeitung für Einsiedler“ ist repräsentativ für den Epochenabschnitt. Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, welche – heute abnorm wirkende – Nationalverbundenheit während der Kriege gegen NAPOLEON von den preußischen Dichtern in diesem Rahmen verschriftlicht wurde (CONRADY 1979). Diese Gedichte führen sogar bei ihren Schöpfern selbst nach einer Zeit der Aufarbeitung zu

Selbstkritik. So drückt beispielsweise BRENTANO im Nachhinein in einem Brief an seine Schwester sein Bedauern über die eigenen Kriegs- und Kampflieder aus. Bedauerlicherweise werden diese Gedichte im Dritten Reich wiederum herangezogen, um für nationalsozialistische Ziele eingesetzt zu werden (FRÜHWALD 1984). Natürlich aber ist auch die romantische Lyrik zu einem bestimmten Teil von der politischen Aufladung (die amerikanische Unabhängigkeitserklärung, die Französische Revolution,

Koalitionskriege, die Kriege NAPOLEONs, die Heilige Allianz, der griechische Freiheitskampf und die Juli-Revolution) der nämlichen Zeit beeinflusst (SCHULZ 2008). Daneben sind andererseits die verschiedenen nichtpolitischen Entwicklungstendenzen, eben auch die wissenschaftlichen und philosophischen, nicht außer Acht zu lassen. Kunst und Naturwissenschaft sollen in der Romantik keine Gegensätze sein, sollen sich eher ergänzen, widersprechen einander jedenfalls nicht. ARNIM ist dabei keineswegs der einzige romantische Dichter, der einen ausgeprägten Hang zu den Naturwissenschaften hat. Die Neigung

70 romantischer Literaten zur Naturwissenschaft soll an dieser Stelle anhand einer kurzen Aufstellung von Beispielen verdeutlicht werden:

Tabelle 1: Dichter der Romantik und ihr naturwissenschaftliches Interesse

Dichter Verhältnis zur Naturwissenschaft JOHANN WOLFGANG VON GOETHE war Naturforscher NOVALIS Studium verschiedener Naturwissenschaften, darunter auch Bergbau und Paläontologie FRIEDRICH SCHILLER Studium der Medizin HEINRICH VON KLEIST Studium der Mathematik und Physik ADALBERT VON CHAMISSO war Naturforscher ACHIM VON ARNIM Studium von Naturwissenschaften

Aus den verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen werden in der Romantik neben den Themen und Stoffen auch fachliche Ausdrücke in die Literatur übernommen (KURZ 1998).

Die Epoche der Romantik ist aber nicht nur von (teilweise neu aufkommenden) Wissenschaften geprägt, sondern ist auch eine Ära der philosophischen Strömungen. Somit ist auch die Philosophie in der Romantik eng mit der Literatur verknüpft. Neue Perspektiven auf die Welt werden nach der Aufklärung eröffnet, und es kommt erwartungsgemäß zu

Vernetzungen zwischen den verschiedenen Disziplinen (WINTER 2001). Die romantische Naturphilosophie beispielsweise prägt bis heute die philosophischen Denkansätze. Diese wiederum geht hauptsächlich auf das Programm von Friedrich W. J. SCHELLING zurück, welches er Ende des 19. Jahrhundert verfasst hat. SCHELLING will die Entstehung und Ganzheit der Welt auf einer tieferen Ebene erklären, als die Naturwissenschaften das vermögen. Durch die deutliche Gegenüberstellung von Naturwissenschaft und -philosophie, die

SCHELLING vornimmt, indem er die Wissenschaft der oberflächlichen Betrachtung der Natur zuschreibt, während die Philosophie für die „Tiefenanalyse“ zuständig sei, gerät der Ansatz bald in Verruf. Die meisten Naturwissenschaftler lehnen die Naturphilosophie schon früh ab.

Vor allem der spekulative und assoziative Charakter von SCHELLINGs Theorien gilt unter den

Forschern der Romantik bereits als unwissenschaftlich und einfältig (KÖCHY 2017). Die Dichter der Zeit allerdings sind oft gerade auf den Erhalt der Subjektivität in wissenschaftlichen Schriften bedacht. GOETHE beispielsweise lehnt die Trennung zwischen Persönlichem und Naturwissenschaftlichem ab, beschreibt teilweise autobiografisch, wie er

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Abb. 31: Lorenz Oken, Lithographie von Friedrich Oldermann um 1825; Graphische Sammlung der Zentralbibliothek Zürich

zu seinen naturwissenschaftlichen Überlegungen kommt und glaubt an eine gegenseitige

Beeinflussung der Instanzen Forscher und Natur (WUTHENOW 2001).

Nach Definition von Professor Lorenz OKEN (siehe Abb. 31), der seine Schriften Anfang des 19. Jahrhunderts publiziert, ist die Naturphilosophie „die Wissenschaft von der ewigen Verwandlung Gottes in der Welt“. Es geht um die Entstehung der Erde und des Lebens sowie um deren ständige Weiterentwicklung. Neben der Geologie fordert OKEN dahingehend die Anerkennung der so genannten Geosophie als eine eigene Wissenschaft. Diese soll nicht die „einzelnen Zustände der Erden“ beschreiben – denn das sei Aufgabe der Geologie – sondern sich auf die fortschreitende Entwicklung und die dahinterstehende Dynamik konzentrieren

(BIETAK 1940).

Wie bereits erwähnt, ist auch ARNIM während seines Studiums auf der Suche nach der Kraft, die für die Veränderung in der Welt verantwortlich ist. Der damit verbundene, in der Romantik vorherrschende Gedanke ist die „kontra-faktische Idee“. Kurz erklärt handelt es sich dabei um ein Phänomen, das nicht mit empirischen Methoden nachgewiesen wird.

Instanzen wie das Göttliche sind laut diesem Ansatz, den ursprünglich Immanuel KANT entwickelt hat, nicht empirisch beweisbar. Dem Menschen sei aber intrinsisch eine Gewissheit gegeben, welche ihm die Existenz von Gott, Totalität und Freiheit (drei wichtige

Parameter in den Theorien KANTS) versichert. Die Dichter der Romantik halten diese Ideen hoch und wollen sie in ihre Werke einbringen (PETERSDORFF 2014).

72 3.3. Erdwissenschaftliche Motivik

Das Gedicht ARNIMS bezieht sich durchaus auf Erkenntnisse der zeitgemäßen Geologie. Die Zeilen 1, 2 und 6 sowie 9 und 10 betreffen den damals herrschenden Streit der Neptunisten gegen die Vulkanisten (später „Plutonisten“ genannt). In den Versen 3 bis 5 wird die Entstehung der Kohle beleuchtet und darauf folgen Ausführungen über das Wasser.

Neptunisten und Plutonisten Die Anhänger des Neptunismus sind der Auffassung, die Entstehung der Erde sei auf das Wasser, näher: auf ein „wässriges Chaos“ zurückzuführen. Vor allem der Bezug auf die Bibel wird dabei unterstrichen. Im ersten Kapitel der „Heiligen Schrift“ wird Moses als Mann des Wassers beschrieben. Den Neptunisten gefällt die Vorstellung einer Verknüpfung ihrer Religion mit der Wissenschaft. Die Gebirgs- und Gesteinsbildung soll nach dieser Vorstellung aus niedergeschlagenem Wasser entstanden sein oder sich daraus abgesetzt haben. So seien neben chemischem Niederschlag auch gewaltige Fluten als Entstehungsursachen in Betracht zu ziehen.

Bereits die Forscher PALISSY, MAILLET und PALLAS gehen in ihrem Bild der Erdentwicklung von einem wässrigen Ursprung aus. Die Theorie wird aber vor allem vom Begründer der

Geognosie Abraham Gottlob WERNER (1749-1817) geprägt. Der religiöse Wissenschaftler erklärt sich die Entstehung von sämtlichen Gesteinen und dem sogenannten Urgebirge aus „nasser Auflösung“ heraus. Seiner Ansicht nach kam es in der Erdgeschichte erst in sehr jungen Perioden zu klastischen Niederschlägen und Versteinerungen. Im neptunistischen Erdbild entwickelten sich aus einem heißen Urozean nach der Reihe erstens kristalline Gesteine, insbesondere Granit, zweitens so genannte Übergangsgebirge und drittens nichtkristalline Schichtgesteine. Die nicht horizontal verlaufenden Schichten erklärten sich Neptunisten durch die Unregelmäßigkeit des Meeresbodens. Ihre Ursache sei in sporadischen Niederschlag und Setzung des Materials zu erblicken. Das allmähliche Sinken des Urozeans sollte das Auftauchen des Gebirges und der Länder bewirkt haben (HÖLDER 1989) (siehe Abb. 32).

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Abb. 32: Sedimentation im Urozean nach Werner, Abb. adaptiert nach Hölder (1989)

Die Vulkanisten hingegen erklärten sich die Entstehung aller Steine aus dem Hervorquellen von heißer Flüssigkeit vom Erdinneren und dem darauffolgenden Erstarren derselben

(SCHMINCKE 1996). Später wurde dieser Ansatz als Plutonismus bezeichnet, während sich der Begriff „Vulkanismus“ heute auf die Entstehung von Vulkanen und vulkanischem Gestein bezieht. Plutonisten beschäftigten sich seinerzeit auch besonders mit den von Vulkanen verursachten Phänomenen. Sie gingen davon aus, dass der Planet Erde aus einem „glühenden Fluidum“ besteht. Die weitere Entwicklung des Erdballs wurde innerhalb des Plutonismus unterschiedlich erklärt: Während BUFFON überzeugt war, das Alter des Planeten sei aus der

Abkühlungszeit herauszulesen, ging HUTTON gar nicht auf das Wie und Wann der Erdentstehung ein. Die stete Veränderung der Landschaft galt für ihn als Beweis für den beweglich flüssigen Aggregatzustand der Erde (HÖLDER 1989). Dementsprechend ließ sich

HUTTON auf folgende Punkte festlegen:

Abb. 33: Plutonist James Hutton, 74Portrait von Henry Raeborn

1. Die Vorgänge, welche zur Bildung von Gesteinen führen, kann man in Flussbetten, am Meer und an Vulkanflanken erkennen: Entstehung, Erosion, Ablagerung, Veränderung und wiederum Erosion. 2. Die Erde entwickelt sich stets weiter. Somit ist keiner der geologischen Prozesse tatsächlich abgeschlossen. 3. Die geologischen Phänomene geschehen langsam und allmählich. Sie sind kurzfristig nicht sichtbar und nachvollziehbar, sondern offenbaren sich im Laufe von Äonen

(ISHIHARA 2005).

Anders als dem Neptunismus lag es dem Plutonismus fern, die Wissenschaft mit der Religion zu verbinden. Genau diese bibelferne Einstellung ließ HUTTON (siehe Abb. 33) zu Beginn auf Widerstand stoßen. Aber auch die prinzipielle Gegensätzlichkeit der Aussagen von Plutonisten und Neptunisten führten bereits früh zu einer weitreichenden Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteien (HÖLDER 1989).

Der Neptunistenstreit

Der Schweizer Dr. HÖPFNER rief im Jahr 1787 mit der Frage „Was ist der Basalt?“ Forscher zu einem Wettbewerb auf. Dazu gaben sowohl Vertreter des Neptunismus als auch des Plutonismus ihre Arbeiten ab und das Preisausschreiben wurde zu Gunsten des Neptunisten

WIEDEMANN entschieden. Im darauffolgenden Jahr entdeckte WERNER basaltisches Gestein am Scheibenberger Hügel, in dessen Nähe er wohnte, und veröffentlichte wiederum seine den

Neptunismus stützenden Erkenntnisse zum Basalt. Der Plutonist VOIGT antwortete mit einer „Berichtigung“ der Annahmen, und es folgte eine Reihe von Streitschriften aus beiden

Richtungen (WAGENBRETH 2015). Der sogenannte Basaltstreit wurde zu einer Diskussion zwischen zwei strikten gegensätzlichen Deutungen: Der Basalt sei entweder Produkt des Feuers oder des Wassers.

Neptunist WERNER sah den Basalt als Wassererzeugnis, sei er auch Schichtgesteinen zwischengelagert, söhlig vorliegend oder in Form von Basaltgängen vorhanden (HÖLDER 1989). Basaltberge seien Reste von flachen Schichtungen. Unter den Plutonisten gab es verschiedene Vorstellungen über die Entstehung des Basalts (siehe Abb. 34): Entweder sei jeder Basaltberg ein Vulkan gewesen, Basaltberge seien Reste eines Riesenvulkans oder die

Berge stellen die inneren Kerne ehemaliger Vulkane dar (WAGENBRETH 2015).

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Abb. 34: Überlegungen der Plutonisten zur Entstehung von Basaltbergen. 1: Die Vertiefung auf der Bergspitze bildet den vermuteten Krater. 2: Vermuteter Riesenvulkan in Strichelung angedeutet, darunter drei Basaltberge als dessen Reste. 3: Basaltberge als innere Kerne von ehemaligen Vulkanen, als Aufschüttung (li.) oder in der Erdkruste (re.). Abb. adaptiert nach Wagenbreth (2015) Die immer hitziger werdende Diskussion schlug weite Wellen. Unter den Dichtern der Zeit zeigte nicht nur ARNIM Interesse an der Thematik. Wie bereits erwähnt involvierte sich vor allem GOETHE, ein Freund WERNERs, in den Streit. Auch nach dem Tod des Neptunisten verteidigte GOETHE dessen Ansichten unbeirrbar. Der Basaltstreit wurde sogar Teil des Fauststoffs. Auch nachdem die Argumente von Seiten der Plutonisten schon viele frühere

Anhänger WERNERs in einigen Punkten überzeugt hatten, ließ sich GOETHE zu keinem eindeutigen Eingeständnis des Irrtums hinreißen (RIEDEL et al. 2009). Die Geologen der Zeit waren allerdings mehr und mehr von den Argumenten des Plutonismus überzeugt (HÖLDER 1989). Aus heutiger Sicht deckten sich sowohl Auffassungen der Neptunisten als auch der

Plutonisten mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen. WERNER beschrieb die Gesteinslagerung und die Landschaft des Harzes und seines Vorlandes nahezu richtig.

Plutonist VOIGT wiederum erkannte bereits Störungszonen, senkrechte Gesteinsgrenzen und Zusammenhänge zwischen Untergrund und Landschaftsform, indem er das Profil der Rhön bis in den Raum Halle untersuchte (siehe Abb. 35) (WAGENBRETH & STEINER 2015).

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Abb. 35: Profil von der Rhön bis zum Halleschen Porphyrkomplex nach Johann Carl Wilhelm Voigt 1785. Abb. adaptiert nach Wagenbreth & Steiner (2014) Den Basalt selbst betreffend erklärt die heutige Geologie, dass er als schichtähnlicher Deckenerguss entstehen kann. Basaltberge sind demzufolge als Abtragungsreste von diesen Ergüssen zu betrachten (siehe Abb. 34). Es handelt sich beim Basalt also durchaus um ein

Vulkangestein, nämlich um das Produkt des Ausbruchs eines Schildvulkans (WAGENBRETH 2015). Die kleineren solcher Vulkane bilden komplexe Basalplateaus. Man findet diese vor allem in geodynamischen Zonen, wo Platten auseinandergezogen werden. Hier finden sich die kleinen flachen Schildvulkane, deren Gipfelbereiche typischerweise minimale

Einbruchskrater aufweisen (SCHMINCKE 1986). Der Großteil der basaltischen Magmen gehen auf die „partielle Aufschmelzung des mafischen Gesteins Peridotit“ zurück. Dieses Mantelgestein kann durch einen langsamen Konvektionsstrom an den mittelozeanischen Rücken aufsteigen, der Umgebungsdruck senkt sich und die Magmen bilden sich. Außerdem entstehen basaltische Magmen an Subduktionszonen. Dort ruft nach unten gelangtes Wasser eine partielle Aufschmelzung der Mantelgesteine hervor. Das Basaltgestein selbst ist dunkelgrün bis schwarz, feinkörnig und besteht aus Pyroxen, Plagioklas, Olivin und Amphibol. Bei kantig vorkommendem porphyrischen Gefüge sind in einer dunklen Grundmasse Feldspatphänokristalle oder glasartige Olivine eingebettet. Der Basalt macht den größten Teil von Hawaii, Island und anderen Vulkaninseln aus und bildet die obere Schicht der ozeanischen Kruste (TARBUCK &

LUTGENS 2009). Warum aber hatte WERNER sich auf die Idee festgelegt, der Basalt sei aquatisch entstanden? Der Systematiker hatte die Basaltvorkommen am Scheibenberg bei

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Annaberg (sächsisches Erzgebirge) festgestellt und untersucht. Dort gab es scheinbar einen gleitenden Übergang zwischen dem Basalt und den Sand- und Tonsteinen, die sich darunter schichteten, wodurch es zu dem Fehlschluss kam, das vorkommende Gestein sei in Folge einer Wasserbedeckung entstanden (ISHIHARA 2005). Die Erdentstehung betreffend kann jedenfalls weder den Neptunisten noch den Pultonisten Recht gegeben werden: Tatsächlich ist die Erde nach ihrer Entstehung vor etwa 4,6 Milliarden Jahren mit dem Protoplaneten Theia kollidiert, was zur Entstehung eines Magma-Ozeans auf der gesamten Erdoberfläche führte. Etwa eine Million Jahre darauf bildete sich durch die Kondensation während der Abkühlung der Erde Wasser. In weiterer Folge war die Erde wohl tatsächlich eine Zeitlang völlig mit Wasser bedeckt (HUBMANN & FRITZ 2015). Hitze und Wasser – Beide Faktoren spielten und spielen auch weiterhin eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Erde und der Gesteine.

Der Neptunistenstreit in Arnims Gedicht

1Nicht vulkanisch und nicht neptunisch bin ich gesinnet, 2Wasser und Feuer ist uns beyd zum Schaffen von Noth.

Achim von ARNIM zeigt mit den ersten beiden Zeilen der „Geologie“ seine Unentschlossenheit in Bezug auf den Neptunistenstreit. Er wird sich auf keine der Seiten festlegen, erkennt den Wert und die Kraft sowohl des Wassers wie auch des Feuers (MOERING 2007). Dennoch wird deutlich, wie sehr ihn die Fragen dieses Streits auch noch 1803 fesseln und in welchem Maße sich ARNIM, wie so viele andere Forscher der Romantik auch, mit der Entstehung der Welt, dem Schaffensprozess an sich und der Entwicklung der Erde beschäftigt. In den letzten beiden Zeilen des Gedichts wird die Wichtigkeit von Wasser und Feuer noch präzisiert: 9Nimmer mangelt es Menschen in ihm die Dinge zu lösen, 10Die nach seiner Natur scheidet das Feuer daraus.

Die Zeile 9 beschreibt dabei, wie Wasser als Lösungsmittel eingesetzt werden kann und Zeile

10 kann als Formulierung der Zerstörungskraft des Feuers gedeutet werden. So scheint ARNIM an den beiden Elementen vor allem zu faszinieren, wie andere Stoffe durch sie verändert werden. Dem Streit um den Vorrang eines der beiden schließt sich ARNIM mit diesem Gedicht jedenfalls nicht an. Er enthält sich sozusagen der Stimme, vermutet offenbar die Wahrheit zwischen den Gegenpolen und lässt sich nicht davon beeindrucken, dass die

78 Auseinandersetzung im Entstehungsjahr des Gedichts eigentlich schon zu Gunsten der Plutonisten entschieden ist. Auch auf seinen momentanen Aufenthaltsort Großbritannien oder

Schottland geht er in seinen Zeilen nicht ein. Interessanterweise hatte sich James HUTTON nämlich nur wenige Jahre zuvor in Edinburgh geologische Forschungen betrieben (HUBMANN 2009).

Anders als bei GOETHE, der den eigenen Irrtum nicht offen zugibt und deshalb ab einem bestimmten Zeitpunkt einer klaren Stellungnahme ausweicht, ist aus ARNIMs Gedicht weniger eine Unsicherheit herauszulesen, als die Sicherheit über die Unentscheidbarkeit des Streites zugunsten der einen oder anderen Partei. Die Zeile 6 „Vulkanisten wir sind, schaffen alles daraus“ ist dabei nicht unabhängig von dem vorhergehenden Vers zu sehen, der die Kohle als Mittel zum Feuermachen beschreibt. Sie ist also kein Bruch mit der anfangs festgelegten Gleichstellung von Wasser und Feuer, sondern ein einzelnes Argument für die Seite des Feuers. In der Folge geht es in dem Gedicht wiederum ausführlich um das Wasser.

Die Entstehung von Kohle

In seinem Gedicht schreibt ARNIM von der Entstehung eines besonderen Gesteins, nämlich der Kohle. Anders als andere Gesteine besteht die Kohle aus organischem Material. Unter der Lupe sind die pflanzlichen Gefüge zu erkennen. Pflanzenteile wie Blätter und Borke sind in der Kohle, obwohl chemisch verändert, noch immer sichtbar. Immerhin ist Kohle aus Unmengen von Pflanzenteilen entstanden, die in stehendem Sumpfwasser, welches sauerstoffarm ist, vor der Oxidation bewahrt worden sind. An der Atmosphäre wird das Pflanzenmaterial nämlich relativ schnell zersetzt. Bakterien greifen die Reste der Pflanzen aber auch im Sumpfwasser an und zersetzen sie gleichsam, wobei

Sauerstoff und Wasserstoff frei werden (TARBUCK & LUTGENS 2009). Dabei handelt es sich um jene Bakterien, die unter diesen Bedingungen leben können, also anaerob sind, und den

Sauerstoff nicht aus der Luft, sondern aus dem organischen Material beziehen (PETRASCHECK 1956). So wird der Kohlenstoffgehalt erhöht und die Bakterien werden nach und nach von den Säuren vernichtet, welche die Pflanzen bei dem Prozess freisetzen. Die Zersetzung der Pflanzenteile bleibt dadurch unvollendet, es entsteht Torf.

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Abb. 36: Bildung von Kohle, Diercke-Weltatlas

Als elastischer, brauner Stoff wird der Torf durch Überdeckung nach der Zeit zu Braunkohle (Lignit) umgesetzt, die immer noch eine weiche Konsistenz und die braune Farbe aufweist. Die weitere Schichtung führt zur Erhöhung von Temperatur und Druck. Diese Bedingungen befördern die Erzeugung von Wasser und Gasen. Die folgende Auflagerung bewirkt wiederum das Herauspressen des Wassers und der Kohlenstoffgehalt steigt weiter an. Mit diesem erhöht sich auch der Brennwert der Kohle. Die steigende Last auf der Braunkohle erzeugt eine Verdichtung, was dann zur Entstehung der Steinkohle führt (TARBUCK &

LUTGENS 2009). Bei diesem Prozess, der so genannten Inkohlung, wird das pflanzliche Lignin in Humite umgewandelt (RICHTER 1974). Durch die starke Kompression ist so aus einer

Schicht Torfkohle eine um das Zehnfache dünnere Schicht Steinkohle entstanden (TARBUCK

& LUTGENS 2009) (siehe Abb. 36). Vom Absterben der Pflanzen bis zum Produkt Steinkohle können mehrere Millionen Jahre vergehen. Zur Entstehung eines großen Flözes hat sich einst eine Schicht von

Pflanzenmaterial ansammeln müssen, die 50-100 m Dicke messen musste (PETRASCHECK 1956). Die Zeitabschnitte der Erdgeschichte, in denen die Kohlebildung in solchen Ausmaßen möglich wurden, sind das vor allem das Karbon und auch das Paläogen (RICHTER 1974). Tektonisch gesehen kann das Karbon als unruhiger Zeitabschnitt bezeichnet werden. Die Bildung des variszischen Gebirges ist dominant und verläuft schrittweise (1. Bretonische

Faltung, 2. Sudetische Faltung, 3. Asturische Faltung) (LOTZE 1973). Diese Gebirgsbildung geht auf die Kollision von Afrika mit Laurussia (damaliger Nordkontinent) zurück und lässt den Superkontinent Pangea entstehen (HUBMANN & FRITZ 2015). 80 Dadurch ändert sich das Bild des Planeten in dieser Periode in erheblichem Maße. In Folge der sudetischen Faltung entsteht nördlich des sich bildenden Gebirges ein meernaher Bereich. Im Süden hingegen kommt es durch starke Bodensenkung und Abtragung zur Bildung klastischer Sedimente. Eine mächtige Flora kann sich im nordwestlichen Gebiet entwickeln, wo ein tropisches Klima und häufige Niederschläge die besten Bedingungen für das

Pflanzenwachstum bilden (LOTZE 1973). In den randmarinen Gebieten erstreckt sich der so genannte paralische Kohlegürtel „über das nordwestliche Südamerika, das südliche Nordamerika, Zentraleuropa und Asien“. Dieser „Linie“ entlang herrschte also ein feucht-

tropisches Klima, das sich als damaliger Äquator interpretieren lässt (HUBMANN & FRITZ 2015). Folgende Faktoren zusammen machen das Karbon (siehe Abb. 37) somit zur Zeit der Kohlebildung:

• Das Klima: tropisch-feuchtwarm, niederschlagsreich. • Die Flora: üppiges Wachstum von Landpflanzen, die noch nicht von Schädlingen eingeschränkt sind. • Die Senkung: Bodensenkungen in den Vortiefen, welche die Bildung von Waldmooren begünstigen.

(LOTZE 1973)

Abb. 37: Landschaft im Karbon, Aquaerell von Josef Kuwasseg, um 1850, Neue Galerie Graz am Universalmuseum Joanneum

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Steinkohle gilt nun wie die Braunkohle als biogenes Sedimentgestein. Durch erhöhten Druck und steigende Temperaturen kann sich dieses Sediment aber weiter verändern. Wasser und flüchtige Bestandteile werden immer weiter entweichen, während der Gehalt an gebundenem Kohlenstoff stetig relativ erhöht wird. Prozesse wie die Faltung und Umformung von Sedimentschichten bei der Gebirgsbildung führen deshalb zur Umwandlung von Steinkohle zu dem harten Gestein Anthrazit (TARBUCK & LUTGENS 2009).

Die Kohlenbildung in ARNIMs Gedicht Die bereits erwähnte Begeisterung für den Bergbau und die naturwissenschaftlichen

Kenntnisse Achim von ARNIMs sind in den Zeilen über die Entstehung von Kohle in der „Geologie“ verdeutlicht:

3Frische Erde, da bildet Natur den künftgen Geschlechtern die Wälder, 4Doch vergehen die Bäume so wird Kohle in jeglicher Art. 5Also für Feuer gesorgt in jedem Falle im voraus

Schon zu Zeiten der Entdeckung von Kohle geht eine faszinierende Wirkung von dem

Gestein aus. Es war Marco POLO, der das brennbare Material im 13. Jahrhundert von China nach Europa brachte. Doch die frühsten Zeugnisse auf Kohleabbau in Europa führen sogar auf das Jahr 1000 und in das sächsische Zwickau zurück. Anfangs wurde aber nur die Steinkohle genutzt; ein weitaus beliebteres Heizmaterial waren über Jahrhunderte hinweg ohnehin Holz und Holzkohle. Erst als das Holz langsam zur Mangelware wurde, nahm die Verwendung der Kohle als Brennmaterial in Europa zu. Mit dem Mittelalter begann dann das Forschen nach den Ursprüngen der Kohle. Die Naturforscher dieser Zeit waren aber mangels geologischer Kenntnisse mit der Lösung dieses Rätsels heillos überfordert. Später galt die Kohle als Erzeugnis aus den Tiefen der Ozeane. Die homogene, dunkle Fazies erinnerte die Menschen nämlich an kein anderes Gestein an der Erdoberfläche, und die sichtbare Schichtung ließ auf das Zusammentreffen von Wassermassen schließen, wodurch Material „aneinander geflößt“ worden sei. Vom „Flößen“ stammt auch der heutige Ausdruck „Flöz“ ab. Das Pflanzenmaterial wurde in dieser These auf

Tang und andere Wasserpflanzen zurückgeführt (JURASKY 1940).

ARNIM weiß aber offensichtlich, dass der Ursprung der Kohle nicht auf dem Grund des Meeres zu finden ist. Ganz richtig schreibt er von „Wäldern“ und „Bäumen“. Zu Beginn des

82 19. Jahrhunderts, als das Gedicht entstand, hatte bereits ein Streit unter den Naturforschern angefangen, der sich mit der Herkunft der pflanzlichen Stoffe in der Kohle befasste. Erst Jahrzehnte später konnten die Landpflanzen als Ausgangsmaterial eindeutig identifiziert und der Meerestang ausgeschlossen werden (PETRASCHECK 1956). Anders als im

Neptunistenstreit schlägt ARNIM hier also eine ganz klare Richtung ein, stellt sich eindeutig auf die Seite der einen Partei. Aus heutiger Sicht behält er in beiden Fällen Recht: Zur Bildung vom geologischen Bild der Erde haben sowohl Wasser als auch Feuer (im weiteren Sinne) beigetragen und Kohle entsteht durch die Umwandlung von Landpflanzen.

Interessant ist auch, wie ARNIM die Themen in Verbindung bringt. Die Entstehung der Kohle bildet in diesem Gedicht ein Argument für die Wichtigkeit von Feuer, für das „im Voraus gesorgt“ (Vers 5) ist. Wer „sorgt“ dafür? ARNIM scheint eine Art Vorbestimmung zu vermuten: Eine höhere Instanz hat demnach Jahrmillionen zuvor geplant, dass die Wälder, wenn sie einmal „vergehen“ (Vers 4) zu brennbarem Material für die Menschheit werden. Diese Vorausschau wiederum bekräftigt den Standpunkt der Plutonisten, indem sie auf die Unverzichtbarkeit von Feuer hindeutet. Anders ausgedrückt, und diesen Gedanken unterstelle ich ARNIM, von dessen Gläubigkeit ich weiß, an dieser Stelle kurzer Hand: Wenn Gott mittels eines aufwändigen Prozesses für die Existenz dieses trefflichen Brennmaterials gesorgt hat, kann Feuer sicher kein unbedeutendes Element sein. Die Verbindung zwischen Vulkanismus und Kohle kann auch auf den Irrglauben der frühen Geologie zurückgeführt werden, dass Vulkanausbrüche auf brennende Kohleflöze im

Erdinneren zurückzuführen seien (SZEGLAT 2017). Dieses Fehlurteil soll ARNIM aber gar nicht unterstellt werden. Bei der Analyse des Gedichts entsteht vielmehr der Eindruck, seine Intention liegt im Unterstreichen der Wichtigkeit und Allgegenwärtigkeit von Feuer und

Wasser. Immerhin verweist ARNIM auch eindringlich auf die Bedeutsamkeit des Wassers bei der Inkohlung: Durch Wasser wird den Pflanzen als Ausgangsmaterial für die Kohle „frische“ (Vers 3), also fruchtbare Erde geboten. Außerdem beschäftigen sich die Zeilen 7 und 8 noch einmal ausführlich mit der Herkunft des Wassers:

7In den Höhlen da bildet sich Wasser aus sinkenden Wolken. 8In der Tiefe es steiget aus dem nahen Meer

Folglich kann das Gedicht auch als eine Hommage an den Zusammenhang der geologischen Phänomene angesehen werden. Das Wasser ist Ausgangspunkt, das Feuer letztes Produkt eines wichtigen Prozesseses. Die Kohlebildung dient gleichsam als Beispiel zur Begründung

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der Notwendigkeit von beidem: Wasser und Feuer. Warum ARNIM jene Gedanken nun auf diesem poetischen Wege formuliert, kann womöglich ein abschließendes Zitat desselben erklären:

Alles geschieht in der Welt der Poesie wegen, das Leben mit einem erhöhten Sinne und in einem erhöhten Sinne zu leben, die Geschichte ist der Ausdruck dieser allgemeinen Poesie des Menschengeschlechts, das Schicksal führt dieses grosse Schicksal an.

(Achim von ARNIM aus dem Briefwechsel mit Clemens BRENTANO 1802 bezüglich

eines „Lebensplans“, zitiert nach PAPE 2008)

4. Lyrik im Biologieunterricht – Theoretischer Hintergrund Das Ziel des vorliegenden Elaborats besteht unter anderem in der Konzeption und erfolgreichen Durchführung einer Unterrichtseinheit. Im Fach Biologie und Umweltkunde soll ein Gedicht mit geologisch lehrreichem Inhalt behandelt werden. Die Unterrichtseinheit wird als projektorientierter, offener Lehr- und Lernentwurf geplant, um die Lernenden zu kreativem Umgang mit der Dichtkunst und dem Inhalt des Werkes zu motivieren. Zur Begründung eines solchen Konzepts wird untersucht, warum Kreativität und Kunst im Unterricht sinnvoll sind, welchen Zweck und Wert der fächerübergreifende Unterricht hat und welche diesbezüglichen Forderungen im Lehrplan verankert sind.

4.1 Kreativität und Kunst im Unterricht Bei der Beschäftigung mit der Sinnhaftigkeit von Kreativität im Unterrichtskontext stellt sich zunächst die Frage nach der Definition des Begriffs. Etymologisch gesehen geht das Wort „Kreativität“ auf das Lateinische zurück. „Creare“ bedeutet „schaffen, erschaffen“ und „vis“ kann mit „Kraft, Stärke“ übersetzt werden (URBAN 2004). Die Bedeutung von „Kreativität“ ist aber durchaus vielschichtig. Seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts bemüht sich eine

Reihe von Forscher/innen (u.a. Ethnologin Margaret MEAD, Psychologin Lotte SCHENK-

DANZINGER und Psychologe Ellis Paul TARRANCE), die Merkmale von Kreativität festzulegen. Eine einheitliche Definition blieb aus (GERR 2014). Auch Biologinnen und Biologen stoßen an ihre Grenzen, wenn es gilt sämtliche, dem Begriff

Kreativität zugeordneten, Merkmale mittels Genetik und Neurobiologie zu erklären (HOLM-

HADULLA 2007). Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Interpretationsansätze wird der komplexe Charakter des Phänomens deutlich. Es scheint unmöglich, alle Aspekte in einer

84 bündigen Definition zu vereinen. Im Folgenden soll, angepasst an diesen Rahmen, von einer Begriffsbestimmung Gebrauch gemacht werden, die vor allem praxisbetont ist.

Demnach werden folgende Merkmale der Kreativität miteinbezogen: • Kreativität führt zur Produktion von Neuem. • Kreativität setzt offenes, flexibles Denken voraus. • Kreativität bezieht auch Inspiration und Zufall mit ein. • Kreativität mündet, in Abgrenzung zur Fantasie, in Handlungen und/oder Produkten.

(BRAUN 2011)

Beim Kunstbegriff verhält es sich ähnlich und noch komplexer. Die bloße Existenz der unzählbaren Definitionsversuche von „Kunst“ verdeutlicht die Unmöglichkeit, Kunst mit

Worten zu erklären (u.a. RESSLER 2007). Da im vorliegenden Kontext ausschließlich poetische Werke und nicht die Kunst per se diskutiert werden, soll ein kurzes Zitat von

GOETHE als Denkanstoß eine Definition ersetzen:

Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichen. (aus: Maximen und Reflektionen, Nr. 729; in: Goethes Werke, Bd. 55, unveränderter

Nachdruck der Ausgabe Weimar 1897, Weimar 1999)

Kunst und Kreativität beim Lernen Wie aber hängen Kunst und Kreativität nun mit Lernprozessen in der Schule zusammen? Unabhängig von der Definition des Begriffs „Kreativität“ besteht eine durchwegs positive Konnotation für dieses Phänomen. So ist auch schon seit Anbeginn der Pädagogik als Wissenschaft unstrittig, dass das kreative Denken und Handeln von Kindern zu fördern ist. Unter anderem im Zusammenhang mit der steten Bestrebung fast aller Strömungen von Erziehungswissenschaften, Kinder zu selbsttätigen, indeterminierten Individuen heranzuziehen, spielt die Kreativität eine wichtige Rolle. Schon von ROUSSEAU wurde auf die Wichtigkeit kreativer Fähigkeiten hingewiesen. Ins Schulwesen kehrten derlei Grundprinzipien aber lange Zeit nicht ein. Erst durch die Reformpädagogik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hält die natürliche Neugier und deren Potenzial zur Entfaltung lerndienlicher Denkweisen Einzug in Unterrichtskonzepte (URBAN 2004). Gewiss kann Kindern genau diese natürliche Neugier zugeschrieben werden, die sie oft zu äußerst kreativen Handlungen befähigt; auch haben Kinder einen eigenen Blick auf die Welt, 85

einigen sich erst als Erwachsene auf verschiedene Normen und Konventionen. Häufig kommt diese individuelle Perspektive durch philosophisch anmutende Äußerungen oder künstlerisch erscheinende Gemälde von Kindern zum Ausdruck (DOEHLEMANN 2001) (siehe Abb. 38). Bei Kindern scheint eine Kreativität, die dem Menschen evolutionsbiologisch gesehen per se zuzuschreiben ist (HOLM-HADULLA 2007), auf besondere Weise ans Tageslicht zu treten.

Abb. 38: Gemälde re. nach li. von Aurelian (2 J.), Lisa (4 J.), Noel (5 J.), entstanden in einem Kreativkurs

Für einen gelingenden Unterricht kann diese Fähigkeit zu kreativem Denken und der spezielle Zugang junger Menschen zur Kunst aktiv genutzt werden. Ein Unterrichtskonzept, das der Kreativität von Schüler/innen Rechnung trägt, wird nicht nur deren Motivation steigern, sondern auch einem ganzheitlichen Lernerfolg dienen (WICKE 2004). So kann kreatives Handeln sogar als Bedingung eines effektiven Lernprozesses betrachtet werden. Die Merkfähigkeit, Konzentration und Freude beim Lernen werden durch die kreative Gestaltung von Seiten der Lehrenden wie auch der Lernenden selbst verstärkt. Zusätzlich bietet sich die Möglichkeit, das Lernen an sich zu lernen, während Schüler/innen auf kreative Weise Probleme erkennen und lösen. Die kreativ gefundenen Lösungswege können oftmals auf andere Herausforderungen übertragen werden (SCHRÖDER 2002). Kinder lernen, wenn ihre Kreativität gefördert wird, Probleme im (Berufs- und Alltags-) Leben selbständig zu meistern. Dieser Umstand hat zusätzlich zur Folge, dass Heranwachsende zu einem höheren Selbstbild und -wert gelangen. Sie trauen sich selbst also mehr zu und schätzen sich kompetenter ein. Selbstbewusstsein und ein positives Selbstwertgefühl schaffen nicht nur eine Grundvoraussetzung für ein glückliches Leben, sondern dienen auch der

Bildung weiterer Problemlösungs- und Lernstrategien (BRAUN 2011). Neben der Fähigkeit zu kreativem Handeln und Denken scheint gerade bei Kindern auch die Begabung zum Erkennen ästhetischer Werte besonders ausgeprägt zu sein. Zwar wird Kindern im Allgemeinen keineswegs ein außerordentliches kunsttheoretisches Wissen

86 zugeordnet und sie sind auch nicht intrinsisch befähigt, sich auf höchstem Niveau über ästhetische Erkenntnisse auszutauschen. Doch tragen sie eine Anlage in sich, welche sie als Erwachsene immer weniger haben werden: Da sich die stete Rationalität bei der Betrachtung der Welt erst entwickelt, erblicken Kinder natürlicherweise nicht hinter allem, was sie sehen, eine Zweckmäßigkeit. Kinder haben somit eine sehr sinnlich ausgeprägte Wahrnehmung, die das Erfassen des künstlerischen Gehaltes von Werken erleichtern kann (BENDER 2010). Dass der Zugang zu ästhetischen Werten Kindern auf natürliche Weise gegeben ist, bietet die Chance, ihnen Erfahrungen auf diese spezifische Weise zu vermitteln. Bereits durch die Reformpädagogik in den ersten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Einbindung des Künstlerischen in den Unterricht zu Gunsten natürlicher Begabungen von Kindern als notwendig festgehalten (DETHLEFS-FORSBACH 2005). Lebenserfahrungen, Wissen, Kultur, Bildung, Gefühle und Humanität, vieles, was Kindern in der Schule vermittelt werden soll, findet sich in Werken der Künste wieder. Kunst ist dabei keineswegs ein Luxusgegenstand oder ein Genussmittel für Gutbetuchte. Sie findet sich im Alltag aller Gesellschaftsgruppen und stellt Lebensbereiche und -elemente unterschiedlicher Gruppen dar. Auf künstlerischer Ebene kann Wissen auf eine Art ausgedrückt werden, die in der Wissenschaft unmöglich und unsinnig wäre, die aber anschaulich verdichtend wirkt. Ästhetische Erfahrungen und die daraus zu beziehenden Werte werden Lernenden in der Schule jedoch kaum geboten (HENTSCHEL 2009). Nicht nur im Kunstunterricht, der ohnehin oft spärlich Raum im Schulalltag findet, wäre die Beschäftigung mit Kunstwerken aber durchaus sinnvoll (LIEBAU 2011). Das Bildungssystem ist allerdings auf Ökonomie und Leistung ausgelegt und lässt oftmals schlichtweg keine Zeit für künstlerisches Denken und Arbeiten. Der Kunst den Eingang in den Schulalltag zu gewähren, ist aber mehr als gerechtfertigt, „wenn unter Bildung nicht nur Kompetenzentwicklung, sondern auch Persönlichkeitsentwicklung verstanden wird“ (HENTSCHEL 2009). Die Kunst ist zudem eine Sprache der interkulturellen Kommunikation. Durch die Globalisierung und das Zusammenleben und -wachsen verschiedener Kulturen ist es unabdingbar geworden, Schüler/innen den Mehrwert der Künste für die Bildung zu unterbreiten. Das Arbeiten mit ästhetischen Werken sensibilisiert Lernende in diesem Zusammenhang für kulturabhängige und -unabhängige, individuelle und objektive Interpretations- und Betrachtungsweisen und stärkt dahingehend die Akzeptanz fremder

Perspektiven (LIEBAU 2011).

87

Aufwand bei der Planung kreativen Unterrichts So bietet die Einbindung von Kunst und Kreativität in den Schulunterricht weitaus mehr als nur eine Möglichkeit zum kurzen Abschwenken von Lehrbüchern, um Langeweile zu vermeiden. Es wäre also durchaus zielführend, sich als Lehrperson die Zeit dafür zu nehmen. Doch bei dem ernsthaften Versuch, die Ansätze sinnvoll umzusetzen, wird den Lehrenden mehr als nur die Zeit für die Planung abverlangt. Nicht selten wird dem Schulsystem vorgeworfen, die natürliche Neugier und Begabung von Kindern zu unterdrücken, anstatt zu fördern (u.a. ULLMANN 2012). Dem gilt es selbstverständlich entgegen zu wirken, wobei sich aber unvermeidlich die Frage nach dem WIE stellt. Lehrer/innen müssen selbst kreativ werden, um ihren Schüler/innen Kunst und Kreativität näher bringen zu können. Prinzipiell muss Lernenden zur Generierung kreativen Denkens und Handelns eine Aufgabe vorgestellt werden, an deren Erfüllung sie ernsthaft interessiert sind. Dabei kann es sich um ein Problem handeln, das gelöst werden muss oder um Impulse, die in einen Kontext gebracht werden sollen. Die Lehrperson steht in diesem Zusammenhang der Herausforderung gegenüber, den Schüler/innen kein fertiges Produkt zu servieren und sich mit dem eigenen Wissen zurückzuhalten. Es bietet sich für Lehrer/innen eher an, selbst an der Problemlösung teilzunehmen, um den Kindern Strategien und Wege zum Ziel vorzuleben (GRUNDER 2001). Lehrpersonen müssen außerdem darauf verzichten, sich im Vorhinein auf bestimmte Antworten und Lösungswege zu fixieren. Die Kinder wissen um das Vorhandensein der einen „richtigen“ Antwort und verfolgen dann nur das Ziel, sie zu finden, um die Lehrperson zufriedenzustellen. Die Herausforderung soll aber darin bestehen, kreativ zu werden und nicht darin, die von Lehrerin oder Lehrer erdachten und im Vornherein festgelegten Antworten herauszufinden. In diesem Fall würden die Lernenden nur eine Art Ratespiel betreiben, statt in kreativem Denken zu eigenen Lösungen zu gelangen (AKOUN & PAILLEAU 2014). Das Problem oder die Aufgabe selbst muss die Lernenden ergreifen, sie neugierig und ehrgeizig machen (GRUNDER 2001). Die Aufgabenstellung soll also inhaltlich möglichst an die Lebenswelt der Schüler/innen angepasst sein. Natürlich ist das nicht immer möglich. Wenn zum Beispiel im Biologieunterricht die Flechten erforscht werden sollen, finden sich hier weitaus weniger Verbindungspunkte zum Alltag der Heranwachsenden, als wenn es sich um eine Einheit zum Thema Haustiere oder Ernährung handeln würde. In solchen Fällen können eine heuristische Herangehensweise und das zielorientierte kreative Arbeiten der Schüler/innen aber auch auf andere Weise generiert werden. Oft bietet sich das Mitbringen interessanter Gegenstände an. Bilder oder künstlerische Werke können stark motivieren. Eine

88 fiktive Geschichte, etwa eine Detektivgeschichte rund um ein Thema, beleben auch jenen

Lehrstoff, der oftmals als langweilig empfunden wird (WICKE 2004). Wichtig für das Wecken der Neugierde bei Schüler/innen ist nicht zuletzt, sie als Individuen anzuerkennen und zu respektieren. Nur auf diesem Wege kann es gelingen, ihre Bedürfnisse und Interessen herauszufinden und sinnvoll in den Unterricht einzubauen. Zudem lernen Kinder und Jugendliche grundsätzlich leichter in einer Umgebung, in der sie sich angenommen und unterstützt fühlen (WOOLFOLK 2008).

4.2. Fächerübergreifender Unterricht – Potenzial und Herausforderung Der Anspruch auf ein offenes, kreativitätsförderndes Lernumfeld wurde bereits erläutert. Anders ausgedrückt soll selbstständiges Lernen, abseits von kreativitätseinschränkenden autoritären Strukturen und Grenzen, ermöglicht werden. Zu einem solchen Konzept, das als

„ganzheitliches Lernen“ bezeichnet werden kann (GUDJONS 2003), gehört im weiteren Sinne auch der fächerübergreifende Unterricht. Darunter wird die Abwendung von den Fächergrenzen hin zu einem offenen System der vernetzten Unterrichtsgestaltung verstanden. Durch eine grobe Einteilung können drei verschiedene Herangehensweisen des fächerübergreifenden Unterrichts unterschieden werden:

1. Der schlichte Hinweis auf Querverbindungen und eine damit verbundene kurzfristige Abweichung vom eigentlichen Fach, ohne aber die systematische Fächerung zu durchbrechen. Zum Beispiel: Eine Biologielehrerin schneidet bei dem Thema Zugvögel auch Bereiche der Geografie an. 2. Ein einmaliger Workshop, ein Projekt oder eine Exkursion mit Themen aus mehreren Fächern. Zum Beispiel: Eine Deutschlehrerin fährt mit einer Klasse zur Gedenkstelle Mauthausen. Dort werden die Schüler/innen historisch informiert, bekommen ethische Grundsätze vermittelt und lernen etwas über die Literatur zum Zweiten Weltkrieg. 3. Die Generierung von langfristigen Arbeitsbereichen, vergleichbar mit dem Sachunterricht in der Volksschule. Themen werden dabei unabhängig von jeglichen Fächern behandelt

(SKIERA 1994).

Fächerübergreifender Unterricht in der Reformpädagogik Die Idee fand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit der Reformpädagogik erstmals größere Beachtung in der Diskussion und ist bis heute aktuell. Durch aufkommende Kritik und Forderungen, gerichtet an das Schulsystem des 19. Jahrhunderts, wurden 89

zusammengefasst Schul- und Unterrichtskonzepte entwickelt, die besser an die Bedürfnisse der Lernenden angepasst sind (DETHLEFS-FORSBACH 2005). Der so genannte Gesamtunterricht hielt mit der damaligen Bewegung Einzug in die Pädagogik. Damit gewann das „ganzheitliche Lernen“ an Bedeutung, das neben dem zu erlernenden Inhalt auch

Emotionales, Individuelles, Soziales und Musisches miteinbezieht (STÖCKER 1961). Wird nun in diesem Zusammenhang von „fächerübergreifendem Unterricht“ gesprochen, so ist damit die Hinwendung zu einem offenen, Grenzen aufbrechenden Unterricht zu verstehen. Abgesehen von begründeter Fachzentriertheit in einzelnen Fragen, gilt es in weitgreifenden Themengebieten vernetzt zu denken. Der fächerübergreifende Unterricht möchte darüber aufklären und das Denken in größeren Zusammenhängen schulen. Durch die starren Grenzen, die einzelne Fächer voneinander isolieren, wird laut Kritiker/innen in der Reformpädagogik eine Vorstellung von der Welt erzeugt, die dem realen Leben nicht entspricht (SKIERA 1994). Darüber hinaus ist auch auf streng wissenschaftlicher Ebene zur Lösung eines Problems häufig der Blick aus verschiedenen fachlichen Perspektiven notwendig (SCHAUMBURG 2010). Ein etwas komplexeres Experiment im Biologieunterricht beispielsweise kann in den wenigsten Fällen ohne einiges Wissen über chemische, physikalische und mathematische Grundsätze erklärt oder durchgeführt werden. Kommt in diesem Fall dann sogar noch eine ethische Komponente hinzu, etwa der Umweltschutz oder bezieht man sich zudem auf die wirtschaftliche Bedeutung des verwendeten Materials und fordert von den Schüler/innen, zu dem Versuch einen kleinen Text auf Englisch zu schreiben, bewegt man sich in die Richtung einer Unzahl von einzelnen Fächern.

Laut STÖCKER (1961) kann das Unterrichtssystem in gefächerter Form die eben beschriebene „Gesamtschau“ nicht bieten. Es schränkt somit die natürlich offene Sicht des lernenden Kindes künstlich ein und behindert die Entstehung (oder das Bestehen-Bleiben) einer dem Lernerfolg dienenden Umgebung. Kinder haben von sich aus keinerlei Bezug zu der in der Schule üblichen Fächerung. Nun kommen sie in die Schule – eine Umgebung aufgesplitterter und abgegrenzter Wissensbereiche. Mehrmals täglich wird zusammenhanglos und abrupt von einem zum anderen Fach gewechselt. Mit der Zeit gewöhnen sich die Kinder an diese künstlich herbeigeführte Situation, verlieren aber zwangsläufig mehr und mehr den Überblick, fangen an zu vergessen, was sie zuvor eigentlich in sich gespürt haben: Dass das Leben und die Welt eine „Gesamtwirkung“ haben. Zunehmend wird es schwierig, komplexe Probleme anhand zusammengefügter Einzelteile aus den unterschiedlichsten Unterrichtssequenzen zu lösen, so STÖCKER.

90 Die Fächerung ist somit sicherlich neben anderen Faktoren für die Interesselosigkeit eines Teils der Schülerschaft verantwortlich. Es besteht kein offenbarer Zusammenhang mehr zwischen Gelerntem und im Leben Brauchbarem. Dadurch kann sich bei manchen Schüler/innen eine gewisse Frustration einstellen, wenn sich ihnen die Frage nach dem Sinn und Zweck des Lernens stellt. Diese demotivierende Lernsituation ist darüber hinaus teilweise auch für eine rein pragmatische Weise des Lernens verantwortlich: Das so genannte Bulimie- Lernen, bei dem der Stoff kurzfristig und ausschließlich für die Prüfung eingepaukt und danach sofort wieder vergessen wird, hat mit Lernen im wirklichen Sinne bedauerlicherweise nichts zu tun (SIEGMUND 2015).

Jüngere Entwicklung und die Beständigkeit der Fächer Nachdem der fächerübergreifende Unterricht innerhalb der Reformpädagogik als neues

System von Schule an sich entworfen und verstanden wurde (STÖCKER 1961), führte die Idee mehr und mehr in eine andere Richtung. Das System der Fächerung blieb bekannter Weise erhalten. Der fächerübergreifende Unterricht bezieht sich demnach meist nicht mehr auf eine Schulreform, sondern schlicht auf einzelne Stunden und Projekte, auf Nebenerscheinungen des Regelunterrichts und auf Phänomene, die im gefächerten Unterricht ohnehin ungeplant auftreten und im weitesten Sinne als fächerübergreifend bezeichnet werden können. So nimmt

GUDJONS (2006) eine Einteilung des fächerübergreifenden Unterrichts vor, die das Konzept in Form eines Schulsystems gar völlig ausschließt. Er nennt folgende Möglichkeiten:

• Fachüberschreitender Unterricht, der stattfindet, wenn eine Lehrperson über das eigene Fach hinausreichendes Wissen vermittelt. • Fächerverknüpfender Unterricht, den beispielsweise zwei Lehrende gemeinsam abhalten, wobei die Fächer auf der Grundlage eines bestimmten Themas verbunden werden. • Fächerergänzender Unterricht, was einen Kurs nebst dem regulären Fachunterricht meint. • Fächerkoordinierender Unterricht, bei dem aufwändig ein gemeinsames Projekt verschiedener Fachlehrer/innen geplant wird. • Fächeraussetzender Unterricht, der wiederum in Form eines Projekts stattfindet, welches beispielsweise durch einen externen Experten zum Thema unterstützt wird.

Der Fächerkanon wird, obwohl zweifellos willkürlich entstanden, als eine Selbstverständlichkeit betrachtet. Er ist in den wissenschaftlichen Konzeptionen in einem 91

solchen Maße und über eine derart lange Zeit verankert, dass er kaum noch in Frage gestellt werden will. Zwischen Schulfächern und universitären Wissenschaftsbereichen besteht allerdings ein entscheidender Unterschied. In der Schule soll es vor allem, anders als an der Universität, um das Lernen über das Leben, das lebensnahe Entdecken, Denken und Verstehen gehen. Die Schule bildet auch in sich einen Lebensraum für Kinder und Jugendliche: Lehrpersonen an Schulen sind Erzieher/innen, Ratgeber/innen, oft Konfliktlöser/innen und Moderator/innen. Dabei fällt auch ein negatives Licht auf die als Nebendisziplin der allgemeinen Didaktik anerkannte Fachdidaktik. Diese konzentriert sich auf keine der zuvor genannten Aufgaben, nimmt stets Bezug Inhalte des eigenen Faches und tritt kaum über die Grenzen hinaus. Von der allgemeinen Didaktik ist daher keinesfalls abzusehen – wozu Fachpädagoginnen und - pädagogen aber zuweilen neigen. Sie bietet vielmehr den großen Rahmen und dient der Verknüpfung der Fächer sowie der unterschiedlichen Aufgabenbereiche von Lehrenden

(GLÖCKEL 2001). Die Fachdidaktik wird aus diesen Gründen seit Jahrzehnten kritisch diskutiert, ist nämlich unklar, ob es sich dabei nicht schlicht um „angewandte Fachwissenschaft“ oder im besten Fall um den Verbindungsversuch zwischen Didaktik und dem jeweiligen Fach handelt (HERICKS & KUNZE 2004).

Fächerübergreifender Unterricht aus Sicht von Lehrpersonen

Diese eingefahrene Situation führt laut GUDJONS (2006) zu einer Verunsicherung der Lehrkräfte, wenn es darum geht, fächerübergreifend zu unterrichten. Obwohl sich die meisten Unterrichtenden über die Unzulänglichkeiten des gefächerten Unterrichts im Klaren sind und zum Teil auch unter einer den Fächern zugeordneten Hierarchie leiden, kann es schwerfallen, sich auf fächerübergreifende Konzepte einzulassen. Die Fachlehrer/innen sehen sich selbst zuvorderst als Expertinnen und Experten in ihren Disziplinen. Außerhalb der eigenen Fächer – so wird es empfunden – fehlen Qualifikation und vor allem über die Jahre eingewöhnte Routinen. Es fehlt der Mut dazu, den gewohnten sicheren Rahmen zu überscheiten. Mit steigender Schulstufe und Komplexität des Stoffes verstärkt sich die Problematik der Verunsicherung. Den Fächern sind nicht nur bestimmte Stoffgebiete, sondern auch eigene Vorgehensweisen und Methoden zugeordnet. Die Begrenztheit auf die enge fachdidaktische Kenntnis der Lehrer/innen anstelle einer allgemein didaktischen Bildung ist dabei, wie bereits erklärt, ein zusätzliches Manko. Lehrpersonen, die aus diesen Gründen vom fächerübergreifenden Unterricht absehen, kann dementsprechend kein Vorwurf gemacht werden. Um die Qualität und die professionelle Sicherheit zu gewährleisten und nicht Gefahr zu laufen, den Lernenden

92 Fachfremdes auf dilettantische Weise oder ihnen gar Irrtümer zu vermitteln, bleiben sie innerhalb der Grenzen. So wird das Sichere dem Unsicheren vorgezogen und kurzerhand die gewohnte Struktur beibehalten. Dazu kommt noch die Sorge, mit fächerübergreifenden Ideen alleine gelassen zu werden. Oftmals sind Kolleginnen und Kollegen, die bei fehlenden Kenntnissen aushelfen könnten und auch die Zeit und Muße dafür haben, schwer zu finden. Kommt es nach Überwindung dieser Schwierigkeit zu einer Kooperation, sind die Lehrpersonen außerdem dazu gezwungen, das eigene Wissen und die individuellen Vorstellungen des Unterrichts vor den Kolleginnen und Kollegen auszubreiten und zu artikulieren. Was ansonsten im geschlossenen Klassenzimmer und im Dialog zwischen Schüler/innen und der Lehrperson als Autorität stattfindet, wird zu einem Fachgespräch unter Kolleginnen und Kollegen. Auch dieser Umstand kann ungewohnt sein und zu Verunsicherungen führen. In einem solchen Gespräch müssen dem eigenen Fach darüber hinaus die Grenzen deutlich zugeschrieben werden. Die Erschöpfung seines Potenzials muss eingestanden werden. Oft verhindert die Identifikation mit dem eigenen Fach und/oder das Fehlen selbstreflexiver Fähigkeiten die Bereitschaft zu solchen Eingeständnissen (GUDJONS 2006). Kooperationen zwischen Lehrpersonen stellen allerdings, wenn erst einmal durchgeführt, eine erhebliche Entlastung für Lehrpersonen dar. Der Lehrberuf ist mit einem hohen Maß an Verantwortung und Zeitaufwand verbunden. Lehrpersonen bekommen darüber hinaus oft keinerlei Rückmeldung zu ihrer Arbeit. Abgesehen vom Feedback der Schüler/innen, das freiwillig eingeholt werden kann, erhalten sie somit keine zufriedenstellende Beurteilung ihrer Tätigkeit. Durch effektive Kooperationen kann sich der Druck von Verantwortung und Zeitaufwand auf mehrere Lehrkräfte verteilen, und ein zielführendes Feedbacksystem dient der Reflexion und möglichen Überarbeitung von Arbeitsweise und Methodik. So kann eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Lehrer/innen sogar dem in dieser Berufsgruppe vermehrt festgestellten, Burn-Out-Syndrom vorbeugen (KULLMANN 2010).

Deutsch als fächerübergreifender Gegenstand Als angehende Deutschlehrerin möchte ich an dieser Stelle auf die Unmöglichkeit hinweisen, Deutsch als ein in sich geschlossenes Fach zu unterrichten. Zum einen kann im Deutschunterricht – und das gilt selbstverständlich für den Sprachunterricht allgemein – inhaltlich nicht ausschließlich das Sprachliche selbst gelehrt werden. Nicht nur im Literaturunterricht kommen unvermeidlich Themen auf, die ursprünglich anderen Fächern zugeordnet würden. Auch beim Erlernen von Grammatikregeln oder der Rechtschreibung sowie vor allem beim Üben verschiedener Textsorten, fließen sprachferne Inhalte mit ein.

93

Beim Verfassen eines Leserbriefs beispielsweise beschäftigen sich Lernende oft mit politischen Themen. Wenn Schüler/innen die Kommasetzung üben, so arbeiten sie höchstwahrscheinlich nicht mit einem Text über Kommasetzung, sondern es wird im besten Fall ein Text ausgewählt, der sie inhaltlich anspricht. Zum anderen ist Deutsch in Österreich die Unterrichtssprache. Somit begegnet diese Sprache den Schüler/innen auch in allen anderen Fächern. Beim Lernen von jedwedem Thema lesen und schreiben die Schüler/innen auf Deutsch, hören die Lehrperson auf Deutsch darüber sprechen. Auch die Fähigkeit zu denken ist sprachlich bedingt. Schüler/innen erfüllen abseits des Deutschunterrichts auch sprachliche Aufgaben, wie das Beschreiben eines Vorgangs (bspw. in Physik), das Begründen einer Antwort (bspw. in Mathematik) oder das Erklären einer Entwicklung (bspw. in Geschichte). Sprachliches Handeln wird in allen Fächern gefordert (SCHMÖLZER-EIBINGER & DORNER 2012). Dieser kurze Exkurs zeigt nicht nur die Wichtigkeit literaler Handlungen auf, sondern soll auch einen Denkanstoß bieten: Was beim Fach Deutsch auf besondere Weise auffällt, gilt bei genauer Betrachtung für nahezu alle Fächer. Die unterschiedlichen Kompetenzen (sprachliche, mathematische, philosophische...) sind in sämtlichen Lernbereichen auf die eine oder andere Weise vertreten.

Kritik am fächerübergreifenden Unterricht Wie bereits ausgeführt, wird das Fächersystem in Schulen und an Universitäten lange praktiziert und an sich nach der reformpädagogischen Strömung kaum mehr angezweifelt. Die Fächerung dient der Ordnung, die sich in einem fächerübergreifenden Unterrichtskonzept zu verlieren scheint. Sowohl der Lehrstoff wie auch der Lehrplan wird nach Fächern eingeteilt, und an Schulen richten sich die Zeitstruktur, die Räumlichkeiten und die Sammlungen von Lehrmaterial nach dieser Einteilung. Lehrer/innen sind in Fachbereichen verteilt, Schüler/innen haben Lieblingsfächer, können in dem einen oder anderen Fach zur Nachhilfe gehen, sich in der Bibliothek an der Einteilung nach Fächern orientieren (DETHLEFS-

FORSBACH 2005). Fächer haben in diesem Zusammenhang ihre Berechtigung als Organisationshilfe und Ordnungsraster.

So vergleicht GUDJONS (2006) die Fächer mit Regalen, die zur „Aufbewahrung von Wissen und Erfahrungen“ praktisch seien. Er geht von der Annahme aus, Fächer seien als Gliederungsinstrumente eine Hilfe für Schüler/innen, wenn sie in ihrer Erinnerung nach bestimmten Wissensbereichen „suchen“. Dem ist allerdings der bereits erwähnte Umstand entgegenzuhalten, dass Lernende keine wirklichen Lebensprobleme oder komplexere Aufgabenstellungen lösen werden, indem sie Kapitel eines bestimmten Faches zusammenhanglos reproduzieren können. In diesem Sinne trifft der Vergleich mit Schubladen

94 wohl eher zu, als der mit Regalen. Schubladen sind voneinander unabhängige, verschlossene Aufbewahrungseinheiten. Nicht ohne Grund spricht man nur mit negativer Konnotation vom so genannten „Denken in Schubladen“. Der weite Horizont, der Lernenden geboten werden soll, droht sich durch die starke Abgrenzung von Fächern erheblich zu verengen, weshalb die Ordnung zugunsten der Fähigkeit des offenen Denkens in den Hintergrund treten sollte. Ein weiterer Kritikpunkt am fächerübergreifenden Unterricht betrifft die Allgemeinbildung. Lernende müssen zum einen darüber informiert sein, welche Fächer es überhaupt gibt, damit sie beispielsweise später die Wahl ihres Studiums treffen können. Zum anderen sollte die Fächerung sicherstellen, dass alle möglichst das Gleiche und das Wichtigste lernen, die sogenannte Allgemeinbildung erhalten. Fraglich ist allerdings, warum dabei nicht auch etwa die Medizin, das Rechtssystem oder Soziales in den Kanon aufgenommen werden. In der Auswahl der Fächer wird die Unklarheit und Unsicherheit deutlich und lässt sich eine gewisse Willkür erblicken. Obwohl die Fächerung im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte vielfach weiterentwickelt wurde, geht sie traditionell doch auf die Antike zurück. Das Konzept der aufgegliederten Wissensaufnahme blieb dasselbe und ist in Anbetracht der unzähligen

Bereiche des Wissens und Forschens unzureichend (geworden) (DETHLEFS-FORSBACH 2005). Ein Argument für den gefächerten Unterricht, das freilich nicht außer Acht gelassen werden darf, betrifft die Lehrpersonen als solche: Ein Geschichtelehrer, der für sein Fach große Begeisterung hat, kann diese auch auf die Lernenden übertragen. Umgekehrt wird eine Biologielehrerin, die selbst kein großes Interesse an der Botanik hat, Schüler/innen nicht unbedingt davon überzeugen können, das Sezieren von Pflanzenteilen sei eine spannende Sache. Lernende müssen motiviert werden, was aber motivierte Lehrpersonen voraussetzt. Meist wird das von den Lehrenden unterrichtete Fach auch dasjenige sein, für das sie die

Kinder am ehesten zu begeistern in der Lage sind (ESSLINGER-HINZ et al. 2007). Andererseits ist es eine Illusion, dass eine Lehrperson von ihrem Fach voll und ganz, mit all seinen Teilaspekten, hellauf begeistert sein kann. Der Lehrplan enthält natürlich auch Inhalte, welche die Lehrperson aufgrund mangelnden persönlichen Interesses eher lustlos unterrichten wird. So kann im fächerübergreifenden Unterricht auch darauf Rücksicht genommen werden: In einer Kooperation mehrerer Fachlehrkräfte etwa kann eine Absprache nicht nur über das Themengebiet an sich, sondern auch über die jeweiligen Spezialgebiete getroffen werden.

4.3 Lehrplananalyse Auch in den Lehrplänen finden sich Hinweise auf die angesprochenen Konzepte. Im Folgenden sollen die Lehrpläne Biologie und Umweltkunde sowie Deutsch für die allgemein

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bildende höhere Schule (AHS) auf relevante Forderungen untersucht werden. Die vorangestellte Frage lautet also: Wie begründet sich der Einsatz von Lyrik im Biologieunterricht aus dem österreichischen Lehrplan heraus? Dazu werden die Lehrpläne von der Homepage des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung herangezogen.3

Lehrplan Biologie und Umweltkunde In den ersten vier Schuljahren sollen Schüler/innen an einer AHS Grundkenntnisse in den Komplexen „Mensch und Gesundheit“, „Tiere und Pflanzen“ sowie „Ökologie und Umwelt“ erlangen. Dahingehend sind alle Teilforderungen auf diese Bereiche aufgeteilt. Vor der Auflistung der Einzelziele in Bezug auf den Lehrstoff werden aber noch prinzipielle Forderungen gestellt. Im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit sind folgende dieser Prinzipien besonders relevant:

• Es soll erreicht werden, dass die Lernenden Zusammenhänge erkennen. Darunter fallen nach meiner Interpretation zum einen die Zusammenhänge der biologischen Systeme miteinander, aber natürlich auch die Zusammenhänge zu anderen Fächern. • Die Schüler/innen sollen zu Umwelt und Natur positive Emotionen entwickeln, und ihre emotionale Intelligenz soll gefördert werden. Dies kann durch die Einbeziehung von Werken der Dichtkunst erzielt werden, die ja Emotionen weckt und deren ästhetische Aspekte zum rein naturwissenschaftlichen Inhalt in Beziehung gesetzt werden kann. • Zudem werden kreativitätsfördernde Methoden und die Förderung der Sprachkompetenz explizit verlangt (LP B U, S.1.).

Des Weiteren stellt der Lehrplan Biologie und Umweltkunde die „didaktischen Grundsätze“ vor, die zur Anwendung kommen sollen. In diesem Zusammenhang werden Lehrpersonen aufgefordert, die Schüler/innen zu Selbstständigkeit und Lösungsorientiertheit zu erziehen. Zudem sind der fächerübergreifende Unterricht und das offene Lernen anzustreben (LP B U, S.2.). Diese Forderung kann in einer Biologiestunde etwa durch Verwendung eines Gedichtes mit naturwissenschaftlichem Inhalt abgedeckt werden, wobei die Lernenden mit der selbstständigen Lösung einer entsprechenden Aufgabe betraut werden.

3 Im Folgenden zitiert als „LP B“ oder „LP D“ für „Lehrplan Biologie und Umweltkunde“ oder „Lehrplan Deutsch“ mit dem Zusatz U für Unterstufe und O für Oberstufe und der jeweiligen Seitenzahl. 96 So erarbeiten die Schüler/innen in einem fächerübergreifenden Rahmen eigenständig und unbeeinflusst einen konkreten Lösungsweg. Auch die auf Seite 2 des Lehrplans erwähnte Forderung, die Lernenden seien auf die „verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Lebewesen“ hinzuweisen, wird durch den geologischen Inhalt der Unterrichtsstunde erfüllt, wenn die Entstehung der Erde und des Lebens sowie die Evolution damit zu verknüpft werden. Was die einzelnen Themenbereiche betrifft, die im Laufe der ersten vier Schulstufen zu bearbeiten sind, ist die genaue Aufteilung auf die verschiedenen Klassen zu beachten. Bezüglich des Themas Geologie fällt dabei vor allem das Konzept für die 3. Klasse ins Auge. Hier sollen sowohl der Boden (Fundort für Gesteine und Oberfläche der Erdkruste) als auch die Erdgeschichte behandelt werden (LP B S.4.). Auch die Pläne für die anderen Klassen können selbstverständlich, zumindest im weiteren Sinne, mit geologischen Themen in Verbindung gebracht werden. Beispielsweise wird in jeder der ersten vier Klassen der Umweltschutz unterrichtet. Dazu gehört der Einfluss von Menschen auf die Natur, worunter auch der Abbau von Gesteinen fällt. Außerdem wird der Begriff „Umweltschutz“ oft im selben Atemzug mit „Klimaschutz“ erwähnt, wobei die Geologie Auskunft über die Kälte- und Wärmeperioden in der Erdgeschichte Auskunft geben kann (LP B U, S.2f.).

Im Lehrplan Biologie und Umweltkunde für die AHS-Oberstufe sind nach wie vor die Themengebiete „Mensch und Gesundheit“ sowie „Ökologie und Umwelt“ vertreten. Hinzu kommen noch „Weltverständnis und Naturerkenntnis“ sowie „Biologie und Produktion“, wohingegen die Gliederungseinheit „Tiere und Pflanzen“ nicht mehr begegnet. Die prinzipiellen und didaktischen Grundsätze bleiben zum Großteil dieselben (LP B O, S.1f.). In Bezug auf die Geologie sind folgende Themen besonders zu erwähnen:

• Die „Stellung der Erde im Weltall, Wissen um Aufbau und Struktur der Erde und der geodynamischen Formungskräfte als Grundlage der Entstehung ausgewählter österreichischer Landschaften“ und der Klimawandel in der 6. Klasse, • die „Ordnungsprinzipien der Organismen“ und die Bewegungsmechanismen in der 7. Klasse, wenn die Evolution miteinbezogen wird und • die Evolutionstheorie an sich in der 8. Klasse.

Lehrplan Deutsch Zu Beginn des Lehrplans Deutsch für die AHS-Unterstufe steht der Appell, die Schüler/innen seien zu sprachlicher Handlungsfähigkeit auszubilden. Diese Forderung wird folgendermaßen 97

näher erläutert: Lernende sollen sich ausdrücken können und andere verstehen lernen, sollen ihre sozialen Kompetenzen über die Sprache stärken. Außerdem gehören zur sprachlichen Handlungsfähigkeit die Interpretation von sachlichen und literarischen Aussagen (LP D U, S.1.). Durch das Arbeiten mit einem lyrischen Text, der Sachthemen beinhaltet, werden diese Ziele zugleich verfolgt. Die Schüler/innen sind dabei gefordert, das Gedicht als Träger von lyrischer Form und literarischen Stilmitteln sowie als Vermittler naturwissenschaftlicher Information zu erfassen. Zudem wird bereits auf der ersten Seite festgestellt, dass den Kindern in den Klassen 1 bis 4 die Verbindung verschiedener Fächer zu bieten ist. Unter der Überschrift „Natur und Technik“ werden Lehrpersonen dazu angehalten, die Schüler/innen auf der sprachlichen Ebene zum Verständnis von verschiedenen Naturerscheinungen zu befähigen (LP D U, S.1.). Deutschlehrer/innen sind also ausdrücklich auch dafür verantwortlich, wie die Lernenden mit Texten und deren Inhalten aus anderen Fächern umgehen können.

Um die Fächer Biologie und Deutsch effektiv zu verknüpfen, sollen an dieser Stelle kurz die Lernziele für die 3. Klasse aus dem Fach Deutsch analysiert werden. In dieser Klasse sind im Fach Biologie die Erdgeschichte und die geologischen Grundsätze durchzunehmen. Das Fach Deutsch verlangt in diesem Lernjahr u.a. folgende Inhalte:

• Kinder sollen befähigt werden, sich Sachinformationen einzuholen, also lernen, in welchen Informationsquellen diese zu finden sind. • Sachliche Informationen sollen aus Texten effektiv erschlossen werden. • Schüler/innen sollen lernen, sich mit dem Für und Wieder von sachlichen Themen auseinanderzusetzen. • Die Beschäftigung mit literarischen Gestaltungsmöglichkeiten wird verlangt. (LP D U, S.6f.)

Damit liegt es nahe, in der dritten Klasse ein Gedicht mit geologischem Mehrwert zu bearbeiten. Sowohl der Biologie- als auch der Deutschlehrplan für die dritte Klasse schreibt Ziele einer solchen Unterrichtseinheit vor. Zum Abschluss dieses Kapitels möchte ich die eingeholte Information und die daraus resultierende Begründung für den Einsatz eines Gedichts mit geologischem Inhalt im Schulunterricht in Form einer Mindmap darstellen (siehe Abb. 39).

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Abb. 39: Mindmap Begründung der Unterrichtseinheit

5. Lyrik und Geologie in einer Unterrichtseinheit Im vorherigen Kapitel wurde die Begründung für die Einbeziehung von Gedichten mit geologischem Inhalt in der Schule ausgeführt. In diesem Kapitel wird nun dargestellt, wie eine solche Unterrichtseinheit gestaltet werden kann. Dazu wird kurz auf die Planung eingegangen, Materialien und ein Konzept werden präsentiert und der Verlauf einer Praxiserfahrung wird kurz dokumentiert.

5.1. Planung Die Planungsphase gilt bei der Unterrichtsvorbereitung nicht nur als erster und daher maßgeblicher Schritt, sondern auch als Periode wichtiger pädagogischer Überlegungen. Die Lehrperson muss sich darüber im Klaren werden, welche Ziele und Inhalte sie vermitteln möchte und bezieht dabei verschiedene Faktoren mit ein. Dabei wird der Lehrplan als Basis für die inhaltlichen Ziele herangezogen, der ja innerhalb dieser Arbeit bereits analytisch beleuchtet wurde. Darüber hinaus stellt sich die Lehrperson aber bei der Unterrichtsplanung noch die folgenden Fragen:

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Wann und wie lange wird der betreffende Inhalt unterrichtet? Beim Zeitpunkt und der Zeitspanne geht es um die Stellung im Lehrplan für die betreffende Klasse; das Vorwissen der Schüler/innen ist entscheidend. Außerdem sind vor allem im Biologieunterricht oft die Wetter- und Klimabedingungen entscheidend für den Unterrichtsinhalt, weswegen hier auch die Jahreszeit berücksichtigt werden muss. Wie wird der betreffende Inhalt unterrichtet? Dieser Punkt stellt die zentrale Fragestellung der Planung einzelner Unterrichtseinheiten dar. Die Antwort ist von vielen Faktoren abhängig. Beispielsweise werden hier auch die Klassenstärke, das räumliche Angebot, der Schulzweig usw. berücksichtigt. Die Methodenwahl wird natürlich auch von persönlichen Präferenzen und/oder Erfahrungen in den verschiedenen Klassen beeinflusst. Welche Bedeutung hat der betreffende Inhalt (für die Schüler/innen)? Unterfragen hierzu können wie folgt lauten: Welche Verbindung besteht zur Lebenswelt der Schüler/innen? Was bedeutet der behandelte Inhalt für die Wirtschaft, für die Umwelt, für die Geschichte usw.? Je nach Schul- und/oder Klassentyp oder aus aktuellen Anlässen können verschiedene Bedeutungsebenen der Inhalte mitunterrichtet werden. Welche Ziele werden neben der Vermittlung des betreffenden Inhalts verfolgt? Unter diese weiteren Ziele können beispielsweise das soziale Verhalten oder verschiedene Lerntechniken fallen.

Zur Planung gehört auch die Evaluation und Nachbereitung bereits absolvierter Einheiten. Der Unterricht kann nämlich nicht ein für alle Mal geplant und daraufhin nach demselben Schema umgesetzt werden. Das Überdenken, die Korrektur, das Variieren und die Revision von Unterrichtsplänen ist vor allem deshalb obligat, weil sie den sich ändernden Umständen angepasst werden müssen (ECKERLEIN & POLLANDT 2007).

Für die vorliegende Arbeit wurde ein Unterrichtskonzept für eine unbekannte Klasse erstellt. Daher konnte die Planung nicht an eine bestimmte Schüler/innen-Gruppe angepasst werden. Das Ergebnis sind Materialien und Überlegungen, die je nach der gegebenen Situation adaptiert werden können. Allerdings wurden folgende Voraussetzungen für die geplante Unterrichtseinheit festgelegt:

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• Methodik und Materialien sind für die siebte Schulstufe (dritte Klasse Unterstufe) geeignet. Hier ist auch der Lehrplanbezug am größten (siehe Kap. 4). • In der Klasse sollten nicht mehr als 25 Schüler/innen sein. • Die Klasse sollte bereits eine Einführung in die Thematik „Erdgeschichte“ erhalten haben. Die Schüler/innen müssen wissen: o In welchem Zeitraum sich die Erde entwickelt hat. o Dass die Lebewesen evolutionär entstanden sind und sich dahingehend laufend weiterentwickeln. o Dass es unterschiedliche Saurier-Arten – auch Fischsaurier und Flugsaurier – gab.

Die oben gestellten Fragen zur Planung sollen wie folgt beantwortet werden:

Zeitpunkt und Zeitspanne: Wie bereits erwähnt soll die Schulstunde in einer siebten Schulstufe unterrichtet werden. Als Jahreszeit bietet sich der Winter an, da es sich um ein wetterunabhängiges Thema handelt. Das geforderte Vorwissen wurde bereits erörtert und wird nicht mehr als zwei Einführungsstunden in Anspruch nehmen. Die Einheit ist für eine einzelne 50-minütige Schulstunde geplant. Methodenwahl: Die Methoden sollen zur Motivation der Schüler/innen beitragen und dem fächerübergreifenden Aspekt der Einheit dienen. Dafür sind vor allem offene, freie Methoden geeignet, welche die Kinder zu eigenständigem Arbeiten auffordern und individuelle Ergebnisse hervorbringen (mehr dazu in Kapitel 5 und in der folgenden Beschreibung der Vorgehensweise). Bedeutung: Die Erdgeschichte ist ein interdisziplinäres Themenfeld, das auf verschiedenen Ebenen von Interesse ist. Gerade der Fokus auf das Leben und Sterben der Saurier kann für die Schüler/innen im Alter von 12 bis 14 besonders spannend sein. Viele Kinder haben in diesem Alter eine Vorliebe für Themen rund um die Tierwelt und gerade Buben begeistern sich häufig für die großen wilden Tiere der Vorzeit.

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Ziele: • Die Schüler/innen erhalten einen Überblick über das Leben und Sterben der Saurier und setzen diese mit der gesamten Erdgeschichte in Verbindung. • Die Schüler/innen lernen ein einfaches Reimschema kennen und wenden es selbstständig an. • Die Schüler/innen üben das Vortragen von Gedichten. • Die Schüler/innen verstehen, dass die Erkenntnisse über die Vorzeit durch die Arbeit der Geologen und Paläontologen möglich sind; wissen nach der Unterrichtseinheit also überblicksmäßig über Fossilienfunde und Datierungen etc. Bescheid. • Die Schüler/innen werden in Bezug auf ihre sozialen Kompetenzen, ihre Fähigkeit zum selbständigen Erarbeiten von Themenbereichen und ihre kreativen Begabungen gefördert.

5.2. Unterrichtskonzept Um die Überlegungen während der Planung umzusetzen, werden Teilschritte der Unterrichtseinheit an die Kriterien des Bundesinstituts für Bildung Bifie angepasst. Dieses beschreibt auf der Homepage die vom Unterrichtsgesetz geforderten Bildungsstandards und stellt dahingehend Kompetenzmodelle vor. Die Kompetenzen werden dabei in drei Dimensionen (Anforderung, Handlung, Inhalt) unterteilt und danach weiteren Unterkategorien zugeordnet. Im Folgenden wird das geplante Unterrichtskonzept beschrieben und die Teilschritte der Lehreinheit werden diesen Kategorien zugeordnet.

Einstieg Ein gelungener Einstieg ist eine Motivation für das kommende Unterrichtsgeschehen. Die Schüler/innen sollen aufmerksam werden und gespannt sein, was im Folgenden auf sie zukommt (WERTENBROCH 2013). Daher sollen die Kinder zu Beginn selbst herausfinden, worum es gehen wird: Mittels eines Smartphones oder des Klassencomputers werden ihnen Saurier-Geräusche vorgespielt. Die Schüler/innen raten – evtl. mit der Aufforderung die Augen geschlossen zu halten und sich zu entspannen – welches Thema aufgrund dessen, was sie hören, heute behandelt wird. Haben die Lernenden die richtige Antwort geliefert, wird diese von der Lehrperson groß auf die Tafel geschrieben.

102 Kompetenzen nach Biefie: W1 (Vorgänge und Phänomene in Natur, Umwelt und Technik beschreiben und benennen), E1 (zu Vorgängen und Phänomenen in Natur, Umwelt und Technik Beobachtungen machen oder Messungen durchführen und diese beschreiben).

Wissensvermittlung Als nächstes erhalten die Schüler/innen verschiedene Fragen oder Informationen zum Thema. Ein Schüler bekommt beispielsweise einen Zettel mit dem Bild eines Ichthyosauriers, auf dem eine kurze Beschreibung des Tieres zu finden ist.4 Eine andere Schülerin bekommt einen Zettel, auf den die Frage „Was ist ein Ichthyosaurus?“ geschrieben wurde. Die Lernenden lesen sich ihre Informationen oder Fragen kurz im Stillen durch. Wenn sie den Inhalt erfasst haben, müssen sie sich zu Pärchen zusammenfinden: Der/diejenige mit der passenden Frage sucht den/diejenige/n mit der richtigen Antwort und umgekehrt. Nachdem sich die Partner/innen auf diese Weise gefunden haben, fragt die Lehrperson: Wer von euch kann mir sagen, ab wann die Saurier gelebt haben etc. und notiert die Antworten knapp an der Tafel oder lässt sie in einer vorbereiteten PowerPoint-Präsentation erscheinen. Diese Methode ist eine Form des fragend-entwickelnden Unterrichtsverfahrens. Sie zählt zwar zum Frontalunterricht, ist aber vor allem durch die Meldungen der Schüler/innen dominiert und kann eine gute Basis für das weitere selbständige Arbeiten der Lernenden bilden (MATTES 2011). Danach werden die Informationen noch einmal von der Lehrperson zusammengefasst. Kompetenzen nach Bifie: W2 (aus unterschiedlichen Medien und Quellen fachspezifische Informationen entnehmen), S1 (Daten, Fakten und Ergebnisse aus verschiedenen Quellen aus naturwissenschaftlicher Sicht bewerten und Schlüsse daraus ziehen).

Selbständige Arbeitsphase Als nächstes erhalten die Schüler/innen die ersten 20 Zeilen des Gedichts „Der

Ichthyosaurus“ von JOSEPH VIKTOR VON SCHEFFEL. Ein/e freiwillige/r Schüler/in trägt die ersten paar Verse vor. Die Lehrperson erklärt das Reimschema. In einer Partnerarbeit sollen die Kinder das angefangene lyrische Werk nun fortsetzen. Dabei sollen sie folgende Wörter in beliebiger Reihenfolge einbauen: Kreide (Zeitabschnitt), , Stein, Asteroid oder Vulkan (die Kinder sollen entscheiden, wie die Saurier ausgestorben sind) und Knochen. So können die Lernenden ihr neu erworbenes Wissen auf kreative Art und Weise anwenden und wiederholen. Die Partnerarbeit dient aus lernpsychologischer Perspektive vor allem der Team- und Kommunikationsfähigkeit sowie der Kompromissbereitschaft und der

Lösungsorientiertheit (MATTES 2011).

4 Die schriftlichen Materialien für die Unterrichtseinheit befinden sich im Anhang der vorliegenden Arbeit. 103

Kompetenzen nach Bifie: W2 (aus unterschiedlichen Medien und Quellen fachspezifische Informationen entnehmen), S1 (Daten, Fakten und Ergebnisse aus verschiedenen Quellen aus naturwissenschaftlicher Sicht bewerten und Schlüsse daraus ziehen), N1 (Daten, Fakten und Ergebnisse aus verschiedenen Quellen aus naturwissenschaftlicher Sicht bewerten und Schlüsse daraus ziehen).

Gedichtvortrag Am Ende der Stunde sollen die selbst erstellten Verse präsentiert und besprochen werden. Diese Präsentationsphase dient nicht nur der Übung vom Gedichtvortrag an sich, sondern erhöht auch die „fachliche, kommunikative, methodische und soziale Kompetenz der Lernenden.“ In einer Schülerpräsentation werden nämlich die eigenen Ergebnisse dargestellt, besprochen und argumentiert, und das vor einem Publikum – eine kommunikativ recht anspruchsvolle Aufgabe. Der Inhalt bleibt bei dieser Methode besonders lange im Gedächtnis und die Situation des Präsentierens steigert in den meisten Fällen das Selbstvertrauen der

Schüler/innen (MATTES 2011). Kompetenzen nach Bifie: W2 (aus unterschiedlichen Medien und Quellen fachspezifische Informationen entnehmen), S1 (Daten, Fakten und Ergebnisse aus verschiedenen Quellen aus naturwissenschaftlicher Sicht bewerten und Schlüsse daraus ziehen), N1 (Daten, Fakten und Ergebnisse aus verschiedenen Quellen aus naturwissenschaftlicher Sicht bewerten und Schlüsse daraus ziehen).

Lückenfüller In den meisten Fällen können nicht alle geplanten Schritte einer Unterrichtseinheit innerhalb der 50 Minuten durchgeführt werden, denn die spontan auftretenden Umstände oder Situationen innerhalb einer Klasse (z.B. Verspätungen einzelner Schüler/innen, Disziplinierungsmaßnahmen, Unterbrechungen durch Außenstehende etc.) nehmen ungeplant Zeit in Anspruch. Zur Sicherheit sollte aber immer eine Aufgabe für schnellere Schüler/innen mitgebracht werden bzw. etwas, das am Ende der Stunde gemacht werden kann, wenn doch noch Zeit bleibt. In diesem Fall soll ein Worträtsel als „Lückenfüller“ dienen. Das Rätsel behandelt das Thema Fossilien und wurde dem Buch „Spiele zur Unterrichtsgestaltung

Biologie“ (PAULI 2014) entnommen. Kompetenzen nach Bifie: W2 (aus unterschiedlichen Medien und Quellen fachspezifische Informationen entnehmen), S1 (Daten, Fakten und Ergebnisse aus verschiedenen Quellen aus naturwissenschaftlicher Sicht bewerten und Schlüsse daraus ziehen).

104 5.3. Praxiserfahrung Am 7. Mai 2018 habe ich diese Unterrichtsstunde in einer dritten Klasse des Oeversee- Gymnasiums abgehalten. Die Schüler/innen waren die gesamte Zeit über bei der Sache und es gab keine Komplikationen; der Verlauf gestaltete sich wie geplant. Anzumerken ist allerdings, dass die Lernenden sich über die Aufforderung zur Verfassung eines Gedichts zu

Beginn nicht freuten. Nachdem sie die witzigen Zeilen SCHEFFELs gelesen hatten, und sich zu zweit an die Arbeit gemacht hatten, waren aber alle motiviert dabei. Zwei der Gedichtausgänge von Schüler/innen sind in Abb. 40 nachzulesen. Da es sich bei der Klasse um eine kleine handelte (nur 16 Kinder), gab es keinerlei Zeitprobleme, der Lückenfüller kam aber auch nicht zum Einsatz. Die Schüler/innen haben in dieser Unterrichtsstunde sicherlich etwas dazugelernt, und durch die kreative Umsetzung des neuen Wissens wird dieser auch auf einer emotionalen Ebene und somit längerfristig behalten.

Abb. 40: Zeilen von Schüler/innen als Ende des Gedichts „Der Ichthyosaurus“ von J. V. v. Scheffel.

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6. Resümee Was hat die Geologie mit der deutschen Poesie zu tun? Diese Frage hat die vorliegende Arbeit im gegebenen Rahmen behandelt. Die dazugehörigen Einzelfragen sind wie folgt zu beantworten:

Gibt es eine nennenswerte Rezeption erdwissenschaftlicher Inhalte in der deutschsprachigen Lyrik? Bereits bei Betrachtung der Lyriksammlung, die durch 100 Beispiele im Anhang vertreten ist, wird die große Zahl „geologischer“ deutschsprachiger Gedichte deutlich. In welcher Weise setzen sich Dichter/innen in ihrer Lyrik mit geologischen Inhalten auseinander? In Kapitel 3 dieser Diplomarbeit wurden Dichter/innen, die durch ihre Biografie oder ihr Werk bei der Recherche besonders aufgefallen sind, beleuchtet. Zudem sind in diesem Kapitel die Themen der Gedichte eingeteilt und beleuchtet worden. Die Poet/innen, welche in der Gedichtsammlung vertreten sind, haben sehr unterschiedliche Zugänge zur Geologie. Neben den historisch bedingten Umständen, werden sie durch die eigene Ausbildung und naturwissenschaftlichen Kenntnisse in ihrem Schaffen beeinflusst. Natürlich ist das künstlerische Werk des einzelnen immer auch eine Manifestierung des persönlichen Zugangs zum Beschriebenen und die Lyrik als besonders ästhetische, emotionale Gattung ist oftmals durch den Charakter der/des Dichterin/Dichters selbst geprägt. So finden sich einige humorige Gedichte über das Leben in der Vorzeit ebenso wie ernste dichterische Denkschriften über die Entstehung der Erde und auch lobsingende Beschreibungen von Gesteinen. Welche erdwissenschaftlichen Phänomene und Aspekte werden in den lyrischen Werken aufgegriffen? Wie bereits erwähnt, gibt das Kapitel 3 Auskunft über die Themen der Gedichte. Dort ist eine Unterteilung der geologischen Inhalte in Unterkategorien sowie die Kurzanalyse von Beispielen für die verschiedenen Themen zu finden. Vor allem behandeln die Gedichte die Geologie als Wissenschaft, Gesteine, Vulkanismus und Erdbeben, Berge und Bergbau, Vor- und Urzeit und die Evolution. Ebenso wird bereits im Kapitel 2 der Zusammenhang zwischen der Geschichte der Geologie und der Literaturgeschichte präsentiert, welcher die Entstehung mancher der Gedichte zu bedingen scheint.

106 Welcher naturwissenschaftliche Mehrwert kann den Gedichten mit geologischem Inhalt entnommen werden? Die Gedichte mit geologischem Inhalt liefern den Einblick in das Verhältnis zu dieser naturwissenschaftlichen Disziplin durch die Jahrhunderte. Sie zeigen die Beziehung von Dichter/innen zur Geologie und die verschiedenen Forschungsansätze, also die Entwicklung der erdwissenschaftlichen Arbeit, durch das kreative Perspektiv der Dichtkunst. Diese besondere Darstellungsform geologischer Inhalte verdeutlicht darüber hinaus den Zusammenhang zwischen Kunst und Naturwissenschaft. Außerdem ist es die Geologie, die bereits mit ihrer Entstehung den damaligen Mainstream der Wissenschaft in Frage stellt. Die besondere Geschichte dieses verhältnismäßig jungen naturwissenschaftlichen Fachs kann durch die Betrachtung der Gedichte auf eine spezielle, eindrucksvolle Weise verfolgt werden. Wie kann das behandelte Thema in der Schule umgesetzt werden? Kapitel 4 und 5 der vorliegenden Arbeit beschäftigen sich mit Didaktik und Pädagogik. Die Diskussion über den fächerübergreifenden Unterricht, den Einbezug von Kunst und Kreativität in den Unterricht sowie eine Lehrplananalyse bilden dabei den Hintergrund zu einer konkreten Unterrichtsplanung. Die Durchführung der Lehreinheit mit einem Gedicht in einer Biologiestunde zeigt dabei zum wiederholten Mal, welchen gegenseitigen Einfluss Wissen und Kunst aufeinander haben. Die Ergänzung des Kreativen durch die Naturwissenschaft und umgekehrt die Bereicherung des Geologie-Unterrichts durch die Dichtkunst wurde in der erfolgreichen, weil motivierenden und lehrreichen Schulstunde deutlich.

In diesem Fall wurde also eine Biologiestunde mit einem Gedicht bereichert. Das Konzept, die Naturwissenschaft mit der Kunst (oder im weiteren Sinne mit den geisteswissenschaftlichen Disziplinen) attraktiver zu machen, ist nicht neu. Das Joanneum in Graz bietet beispielsweise ein „spartenübergreifendes Vermittlungsprogramm“ an, wobei künstlerische Gemälde in diesem Naturkundemuseum ausgestellt werden (Hompage Joanneum). Auch steht seit Kurzem die Verpflichtung zu einer sprachwissenschaftlichen Lehrveranstaltung für Lehramtsstudierende aller, also auch naturwissenschaftlicher, Fächer zur Diskussion. Das ist ein weiteres Beispiel für den Einbezug der Geistes- in die Naturwissenschaft. Die Beeinflussung von Natur- und Geisteswissenschaft, von Kunst und Wissen ist allerdings eine wechselseitige. Der Gedanke liegt nahe, es deshalb in Zukunft einmal umgekehrt zu probieren: Warum sollten geologische Themen denn nicht auch den Deutschunterricht bereichern? Wieso soll ein naturhistorisches Objekt in einer passenden

107

Kunstausstellung denn nicht interessant sein? Die Wechselwirkung und Gleichberechtigung von Kunst und Wissenschaft wird in der heutigen Zeit kaum noch angezweifelt; die Umsetzung von Projekten in diesem Zusammenhang stellt sich bis jetzt allerdings recht einseitig dar. Abschließend sei an dieser Stelle also ein Denkanstoß in die andere Richtung gegeben, denn „es ist nicht genug zu wissen – man muss auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen – man muss auch tun“ (GOETHE 1854).

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• SCHEFFEL, Joseph Victor von: Der erratische Block. In: Zeno. Meine Bibliothek: http://www.zeno.org/Literatur/M/Scheffel,+Joseph+Viktor+von/Gedichte/Gaudeamus. +Lieder+aus+dem+Engeren+und+Weiteren/Naturwissenschaftlich/Der+erratische+Bl ock [Abruf: 28.05.2018].

• SCHEFFEL, Joseph Victor von: Der Granit. In: Zeno. Meine Bibliothek: http://www.zeno.org/Literatur/M/Scheffel,+Joseph+Viktor+von/Gedichte/Gaudeamus. +Lieder+aus+dem+Engeren+und+Weiteren/Naturwissenschaftlich/Der+Granit [Abruf: 28.05.2018].

123

• SCHEFFEL, Joseph Victor von: Der Ichthyosaurus. In: Zeno. Meine Bibliothek: http://www.zeno.org/Literatur/M/Scheffel,+Joseph+Viktor+von/Gedichte/Gaudeamus. +Lieder+aus+dem+Engeren+und+Weiteren/Naturwissenschaftlich/Der+Ichthyosaurus [Abruf: 28.05.2018].

• SCHEFFEL, Joseph Victor von: Der Tazzelwurm. In: Zeno. Meine Bibliothek: http://www.zeno.org/Literatur/M/Scheffel,+Joseph+Viktor+von/Gedichte/Gaudeamus. +Lieder+aus+dem+Engeren+und+Weiteren/Naturwissenschaftlich/Der+Tazzelwurm [Abruf: 28.05.2018].

• SCHEFFEL, Joseph Victor von: Guano. In: Zeno. Meine Bibliothek: http://www.zeno.org/Literatur/M/Scheffel,+Joseph+Viktor+von/Gedichte/Gaudeamus. +Lieder+aus+dem+Engeren+und+Weiteren/Naturwissenschaftlich/Guano [Abruf: 28.05.2018].

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Abbildungsverzeichnis 1. Aristoteles Büste 11 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles [Abruf: 20.02.2018] 2. Faltungsstrukturen am Vierwaldstättersee 14 Quelle: HÖLDER, Helmut 1989: Kurze Geschichte der Geologie und Paläontologie. Ein Lesebuch. Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo: Springer. S. 55. 3. Nicolaus Steno 15 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Nicolaus_Steno [Abruf: 21.02.2018] 4. Abraham Gottlob Werner 16 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Abraham_Gottlob_Werner [Abruf: 21.02.2018] 5. Alfred Wegener 18 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Wegener [Abruf: 10.03.2018] 6. De rerum natura 22

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Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/De_rerum_natura#/media/File:Lucretius,_De_rerum_natura.jpg [Abruf: 21.02.2018] 7. Albrecht von Haller 24 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_von_Haller [Abruf: 21.02.2018] 8. Karl Friedrich Schimper 25 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Friedrich_Schimper [Abruf: 23.02.2018] 9. Geopoetik 30 Quelle: SCHELLENBERGER-DIEDERICH, Erika 2006: Geopoetik. Studien zur Metaphorik des Gesteins in der Lyrik von Hölderlin bis Celan. Bielefeld: Aisthesis. 10. Naturwissenschaftliche Ausbildung 33 Quelle: Eigenentwurf 11. Johann Wolfgang von Goethe 34 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Wolfgang_von_Goethe [Abruf: 23.02.2018] 12. Karl Friedrich Schimper 35 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Friedrich_Schimper [Abruf: 23.02.2018] 13. Franz von Kobell 37 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Kobell [Abruf: 23.02.2018] 14. Oswald Heer 38 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Oswald_Heer [Abruf: 23.02.2018] 15. Adolf Pichler 39 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Pichler [Abruf: 21.02.2018] 16. Guido Stache 40 Quelle: https://www.geologie.ac.at/ueber-uns/unser-haus/geschichte/ [Abruf: 21.02.2018] 17. Othenio Abel 41 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Othenio_Abel [Abruf: 21.02.2018] 18. Bruno Sander 42 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Sander [Abruf: 22.02.2018] 19. Helwig Brunner 43 Quelle: http://www.literaturport.de/Helwig.Brunner/ [Abruf: 28.02.2018] 20. Straße von Gibraltar 48 Quelle: Google-Earth mit eigener Beschriftung 21. Berg Kawi 50 Quelle: https://nl.wikipedia.org/wiki/Kawi_(berg) [Abruf: 07.03.2018] 22. Bernsteinincluse 53 Quelle: https://www.sunbird-images.com/thumbnails.php?similar_id=89101 [Abruf: 07.03.2018] 23. Dinosaurier-Bild 54

126 Quelle: https://www.pinterest.de/pin/493073859175802349/ [Abruf: 07.03.2018] 24. Themengebiete 56 Quelle: Eigenes Diagramm 25. Metaphorik 57 Quelle: Eigenes Diagramm 26. Gottesbezug 59 Quelle: Eigenes Diagramm 27. Zeitstrahl 61 Quelle: Selbst erstellt 28. Achim von Arnim 64 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Achim_von_Arnim#/media/File:Ludwig_Achim_von_Arnim.jp g [Abruf: 15.02.2018] 29. Des Knaben Wunderhorn 65 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Achim_von_Arnim#/media/File:Moritz_von_Schwind_- _Des_Knaben_Wunderhorn_-_Entwurf.jpg [Abruf: 15.02.2018] 30. Bergbau um 1800 68 Quelle: https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Bergbau/Bilder [Abruf: 15.02.2018] 31. Lorenz Oken 72 Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Lorenz_Oken [Abruf: 17.02.2018] 32. Sedimentation im Urozean nach Werner 74 Quelle: HÖLDER, Helmut 1989: Kurze Geschichte der Geologie und Paläontologie. Ein Lesebuch. Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo: Springer. S. 39. 33. James Hutton 75 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/James_Hutton [Abruf: 17.02.2018] 34. Überlegungen der Plutonisten 76 Quelle: WAGENBRETH, Otfried 2015: Geschichte der Geologie in Deutschland. Berlin, Heidelberg: Springer. S.38. 35. Profil nach Voigt 77 Quelle: WAGENBRETH, Otfried & STEINER, Walter 2015: Geologische Streifzüge. Landschaft und Erdgeschichte zwischen Kap Arkona und Fichtelberg. 4. Aufl. Freiberg, Weimar: Springer. S.184. 36. Bildung von Kohle 80 Quelle: https://www.diercke.de/content/entstehung-von-braunkohle-inkohlungsreihe-978-3- 14-100800-5-67-3-1 [Abruf: 18.02.2018] 37. Landschaft im Karbon 82 Quelle: http://www.geopfad-gossdorf.com/html/hankehubel.html [Abruf: 19.02.2018]

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38. Gemälde von Kindern 86 Quelle: http://www.superweb.de/atelier_im_elkan_haus/atelier- bilder_und_videos/4_gemalte_bilder_von_kindern_u_erw.htm [Abruf: 20.01.2018] 39. Mindmap 99 Quelle: Selbst erstellt 40. Zeilen von Schüler/innen 105 Quelle: Eigenaufnahme

128 Anhang Interview mit Helwig Brunner 07.02. 2018

Erzählen Sie mir bitte etwas über Ihr Gedicht „verwerfung“! 2016 ist im, für Lyrik sehr relevanten, KOOKbooks-Verlag eine Anthologie zum Thema „Lyrik im Anthropozän“erschienen. Das Anthropozän ist die geologische Epoche, die vom Menschen geprägt ist, in der der Mensch in den Schichten seine Spuren maßgeblich hinterlegt hat – also die jetzt laufende Epoche. In dieser Anthologie habe ich ein Gedicht veröffentlicht, wo eine geologische Verwerfung durchgeht. Es ist auch als konkrete Poesie zu sehen, denn es zieht sich sichtbar eine Verwerfungslinie durch das Gedicht. Da kommen alle möglichen Materialien vor, die eben hier auch in dieses anthropozäne Stratum, in diese Schicht, charakteristisch eingebettet sind. Da ist zunächst die Rede vom „neandertal zum digital“. Das ist ungefähr diese Zeitspanne, von der wir hier reden. Da kommen verschiedene geologische Termini vor, vom Gletscherschliff über die Endmoränen, die tektonische Senkung... Das Leitfossil rattus, also die Ratte, die uns überleben wird, zieht sich als Leitfossil durch. Weiter unten finden sich auch die Dinge, die an Holocaust und Konzentrationslager erinnern. Sie sind in diese Schicht als Fossilien eingelagert. Das ist auch das Beklemmende, worauf dieses Gedicht hinausläuft. Aber grundsätzlich wird es hier aus einer nüchternen geologischen Perspektive betrachtet.

Haben die geologischen Motive für Sie auch eine symbolische oder metaphorische Wirkung? Ich finde, dass die Geologie, als Betrachtungsweise mit diesem Bild der Stratigraphie, der geschichteten Abfolge von einerseits Ereignissen, aber andererseits auch der Erzählung über Ereignisse, eine Analogie zu einem Buch, in dem man blättern kann, nahelegt. Ich habe von meiner Jugend an mit Begeisterung Fossilien gesammelt und sehr gerne in dieser Stratigraphie „geblättert“. Das ist einfach eine zeitliche Öffnung, eine Ausdehnung dessen, was man ungefähr auch mit einem Buch tut. Deshalb finde ich, dass die Geologie mit ihren Konzepten und ihren Begrifflichkeiten ein starkes poetisches Potenzial beinhaltet. Ich glaube aber, dass man in sehr vielen unterschiedlichen Stoffen poetisches Potenzial finden kann. Wichtig ist, dass man sich einigermaßen auskennt. Man sollte über das schreiben, worüber man Bescheid weiß und umgekehrt sollte man darüber Bescheid wissen, worüber man schreibt. Ich finde oft in Gedichten oder in Texten Ausführungen naturwissenschaftlichen

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Inhalts, die offensichtlich von nicht naturwissenschaftlich ausgebildeten Leuten stammen und da wird es schnell einmal peinlich. Genauso bin ich selbst sehr vorsichtig, wenn ich mich inhaltlich in Themenbereiche bewege, in denen ich mich nicht auskenne.

Die Gedichte sind für Sie also nicht nur Genussmittel, sondern dienen auch der Wissensvermittlung? Sie sind Erkenntnismittel, würde ich sagen. Gedichte dienen für mich sehr stark einer Fokussierung, einer Bündelung der Erkenntnismöglichkeiten.

Können Gedichte also naturwissenschaftlich lehrreich sein? Das würde ich so nicht sagen, dass ich mit einem Gedicht naturwissenschaftliche Fortschritte erziele. Aber ich verwende das Instrumentarium und das Vokabular einer naturwissenschaftlichen Disziplin, um poetische Fortschritte zu erzielen, also anders herum. Und die Genauigkeit und Verbindlichkeit, die Präzision dieses Wortschatzes, die mir hier zur Verfügung stehen, auch die Bildkraft, die in diesen Begriffen steckt, mache ich mir zunutze. Es gibt also zwei Gebiete, in denen ich mich von meinen Studien her auskenne: Das eine ist die Naturwissenschaft, das andere ist die Musik. Entsprechend kommt beides relativ häufig in meinen Gedichten vor.

Beziehen Sie, anders ausgedrückt, die Inspiration für Ihre Gedichte aus der Wissenschaft? Mich interessiert im Vergleich zu Naturlyrikern weniger das Momentum der sinnlichen Wahrnehmung, sondern mich interessieren vor allem die präzisen Begrifflichkeiten und die klaren Konzepte, das Welterklärungspotenzial, das in den Naturwissenschaften steckt. Das versuche ich in die Dichtung mitzunehmen und daraus auch poetische Qualität zu generieren. Natürlich geht es mir auch oft so, dass, wenn ich in der Natur bin, Freiräume eröffnet werden, die für das literarische Schreiben durchaus zu gebrauchen sind. Aber ich würde wirklich sagen, der naturwissenschaftliche Input in meine Lyrik liegt weniger in diesem sinnlichen Erleben oder in einem romantischen Zustand, sondern viel mehr in einer aktiven Nutzung der präzisen Begrifflichkeiten und der naturwissenschaftlichen Konzepte. Es ist ein Transfer einer Denkmethodik und eines Begriffssystems aus den Naturwissenschaften in die Lyrik. Das Fachvokabular hat auch einen großen Reiz, weil es unabgenützt ist, was das Klischeerisiko betrifft. Einer der größten Gefahren beim Schreiben von Gedichten ist es, dass man in lyrische Klischees verfällt. Wenn man das Fachvokabular der Naturwissenschaft, in diesem Fall der

130 Geologie oder Paläontologie benutzt, hat man ein poetisch nicht vorbelastetes Sprachmaterial. Das Herz-Schmerz-Vokabular, das Gedichte oft so unerträglich macht, ist dann weit weg. Man ist in einer ganz anderen sprachlichen Ebene unterwegs und in einem anderen Register. Es ist insofern auch eine Form der sprachlichen Ernüchterung.

Meinen Sie, dass man mit naturwissenschaftlichem Vokabular emotionale Themen ausdrücken kann, ohne in Klischees zu verfallen oder bleiben Sie auch inhaltlich von solchen Themen fern? Ich komme mit diesem Vokabular schon auch an emotionale Inhalte heran, aber eben auf eine viel nüchternere und auch zeitgenössischere Art, als wenn ich in irgendwelche quasi- romantischen Lyrikvokabulare hineinrutsche, die einfach schon verbraucht und vorbelastet sind. Ich glaube, zeitgenössische Lyrik besteht zu einem nicht geringen Teil darin, dass man Dinge vermeidet, dass man eben nicht in Klischees verfällt und dass man bewusst Methoden sucht, um sich davon abzugrenzen. Auch Selbstironie spielt dabei eine Rolle. Ich habe hier zum Beispiel ein sehr ironisches Gedicht. Das Augenzwinkern oder das ironische Moment ist in Gedichten oft sehr wichtig, um diesen hohen Ton und dieses Pathos, die romantisierende Haltung, die sich allzu leicht in Gedichten einschleicht zu unterlaufen (zeigt mir das Gedicht „ECHOLOT. LUFTLINIENSCHRIFT (2)“, erschienen in „Gehen, schauen, sagen“, Steirische Verlagsgesellschaft 2002). Als Mensch horcht man hinein in eine Stille, die keine ist, weil dort die Ultraschalllaute der Fledermäuse sehr wohl unterwegs sind. Daher auch am Ende der Schluss: „wie wenig ich auslote mit Worten“. Damit wird der Mensch auch ein bisschen von seinem Podest heruntergeholt. In einem weiteren Gedicht, das sehr ironisch, geradezu lustig ist, geht es quer durchs Tierreich (zeigt mir das Gedicht „Die Überlebenden“, erschienen in „Denkmal für Schnee“, Berger Verlag 2015). Am Ende des tierischen Glücks, kommt der Mensch, der aus irgendwelchen Nerveneindrücken, „Photonengewitter Nachricht von den Dingen“ erhält und das „Augenglück“ erlebt. Hier sind viele Informationen beinhaltet, die man eigentlich nur hat, wenn man einigermaßen befasst ist mit Naturwissenschaften.

Heißt das, dass viele Ihrer Gedichte, nie entstanden wären, wenn Sie nicht auch Biologe wären? Das stimmt auf jeden Fall. Dass ich Biologe bin, ist einfach Teil meines Bildungswegs und meiner Persönlichkeit. Wenn ich nicht Biologe geworden wäre, wäre ich etwas anderes geworden, dann würde ich meine Quellen woanders finden.

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Lyriker wären Sie also auf jeden Fall? Das glaube ich schon. Wie ich vorhin erwähnt habe, man sollte über das schreiben, womit man sich auskennt. In meinem Fall sind das die Naturwissenschaften. Ich bin überzeugt, wenn man etwas Geisteswissenschaftliches oder etwas Mathematisches studiert, dann wird man auch dort in der Lage sein, sich genug Material für Gedichte zu holen. Ich halte es einfach für das Ehrlichste, das Authentischste und Naheliegendste, mir dort mein Material herzuholen, wo ich behaupten kann, eine gewisse Kompetenz zu haben, darüber zu reden.

Haben Sie schon gedichtet, bevor Sie studiert haben? Naja, ich habe als Jugendlicher angefangen, so wie man eben als 17-Jähriger seine Herz- Schmerz-Gedichte schreibt und dann sehr bald festgestellt, dass das alles Schrott ist. Ich habe in den ersten wenigen Jahren einen Tausenderordner mit Gedichten gefüllt, von denen zum Glück die allermeisten unpubliziert geblieben sind (lacht). Das waren auch Fingerübungen. Mir war in den Anfangsjahren sehr wohl bewusst, dass vieles, was ich da mache, Etüden sind, Übungsstücke zur Erlangung einer gewissen technischen Fertigkeit und auch ein Hocharbeiten. Ich habe durchaus in strengen gebunden Formen geschrieben, einfach, weil ich das einmal können wollte. So wie ich mich in der Musik einmal mit dem klassischen Tonsatz beschäftigen muss, um dann zeitgenössisch werden zu können. Ich bin eher misstrauisch, wenn jemand all das auslässt und dann glaubt, er ist auf der Höhe der Zeit. Das mag bei manchen funktionieren, bei mir sicher nicht. Ich habe es gebraucht, dass ich mich allmählich hocharbeite. So kann auch ein Germanistikstudium sinnvoll sein, wobei ich auch Fälle kenne, in denen einem das Akademische beim literarischen Schreiben im Weg steht. Daher bin ich ganz froh, dass ich die akademische Ausbildung in einer anderen Kunstgattung, der Musik, hatte und beim Schreiben davon eher unbefleckt war. Ich habe also schon geschrieben, bevor ich Biologie studiert habe, wobei auch mein naturwissenschaftliches Interesse in meine frühste Jugend zurückreicht. Stoff oder Themen in Gedichten war das in der Anfangszeit aber noch nicht, soweit ich mich erinnere.

Können Sie sich erinnern, wann Sie das erste Mal naturwissenschaftliche Inhalte in Gedichten verwendet haben? Da müsste ich jetzt wirklich nachgraben. Es ist eben eines der vielen Register, das ich zur Verfügung habe. Ich sitze wie vor einer Orgel, habe hier meine Register, die ich ziehen kann, das reicht von einer wissenschaftlichen Schreibweise über eine essayistische Schreibweise,

132 über eine erzählende Schreibweise, über Prosagedichte bis hin zur Lyrik im engsten Sinne. Das ist ein Spektrum, wie ein Organum, vor dem ich sitze. Ich kann die verschiedenen Register auch mischen. Ich kann durchaus wissenschaftliche Klangfarben aktivieren und gleichzeitig irgendwo im Lyrischen unterwegs sein. Dieses Bild der Orgel verdeutlicht das, glaube ich, sehr gut: Diese vielen Register, die man wegschalten oder dazu schalten kann und aus denen sich dann ein gesamtes Klangbild ergibt bzw. in dem Fall eben eine sprachliche Mischung, die eben aus unterschiedlichen Quellen gespeist ist. Ich würde das Naturwissenschaftliche in meiner Lyrik nicht überbewerten wollen. Ich würde also nicht sagen: Das ist das beherrschende Moment in meiner Lyrik, sondern es ist ein Mittel.

Es gibt aber auch viele Dichter, die von der akademischen Ausbildung her nichts mit Geologie zu tun haben, und trotzdem eine geologische Motivik haben. Können Sie sich das erklären? Die Geologie ist, glaube ich, mit ihren Konzepten der Stratigraphie und des Rückblätterns in frühere Kapitel und dem Einbetten von Fossilien, Spuren des Lebens, interessant. Das bietet sich natürlich an und man muss sicherlich kein naturwissenschaftliches Studium gemacht haben, um das reizvoll zu finden.

Auch Naturphänomene, die auf geologische Prozesse zurückgehen, wie zum Beispiel Vulkanausbrüche und Erdbeben werden oft beschrieben. Was sagen Sie dazu als Lyriker? Das Bild des Erdbebens ist, glaube ich, ein gutes Beispiel: Damit kommt man leicht in eine pathetische Ecke. Das Terramoto, also das große Erdbeben – man gerät in biblische Dimensionen. Da komme ich doch sehr schnell in etwas pathetisch Aufgeladenes hinein, was ich eigentlich vermeiden will, während wenn ich von einer „Verwerfung“ spreche, dann bin ich viel nüchterner. Eigentlich ist es inhaltlich das Gleiche.

Was sagen Sie in diesem Zusammenhang über Ihr Gedicht „Tage und was es gab“ (erschienen in „gehen, schauen, sagen“, Steirische Verlagsgesellschaft 2002)? Ja natürlich, das ist auch sowas. Da ist sozusagen die Zeit, die wir erleben in eine geologische Metaphorik gefasst. Das war eine Zeit, in der ich zum Teil sehr intuitiv geschrieben habe. Gerade in dieser Zeit habe ich mir ein sehr assoziatives Schreiben erlaubt und hier lässt sich nicht alles rational erklären und herunterbrechen. Das ist auf jeden Fall ein gutes Beispiel. Ich bin sicher, wenn ich meine elf Gedichtbände durchblättere, würde sich noch mehr finden

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lassen. Was dabei aber schon immer wichtig ist – und ich glaube, das lässt sich in jedem dieser Gedichte nachweisen – ist, dass es sich dann nicht auf den naturwissenschaftlichen und geologischen Bereich beschränkt, dass eigentlich das Naturwissenschaftliche dann immer ein Instrumentarium ist oder ein Sprachregister, mit dem ich aber letztlich etwas anderes sage. Es ist vielmehr so, dass ich das Instrumentarium zum Beispiel der Geologie übertrage, herüber in einen literarischen Text, aber der Inhalt dieses Textes ist deshalb noch lange nicht reduzierbar auf das Naturwissenschaftliche. Eigentlich ist es Mittel, um ganz anderes zu sagen, zum Beispiel Menschliches zu fassen. Ich habe über diesen Aspekt nicht sonderlich viel nachgedacht, vieles macht man einfach. Oft ist es so, wenn ein Text in eine andere Sprache übersetzt wird, dann kommen Fragen vom Übersetzer, da fängt man erst an, sich gewisse Fragen zu stellen und sich Gedanken zu machen. Bei so einem Interview ist es das Gleiche. Da werden einfach bestimmte Aspekte plötzlich durchleuchtet und hinterfragt, die man einfach macht. Für mich ist es etwas Gewachsenes. Natürlich war das literarische Schreiben für mich immer auch eine Überbrückung der Kluft, die ich immer hatte, zwischen meinem naturwissenschaftlichen Studium und meinem Musikstudium. Dazwischen habe ich etwas gebraucht; etwas Verbindendes und etwas, das dieses Ganze zusammengefasst hat und dessen bin ich mir schon bewusst. Meine allererste Veröffentlichung im Jahr 1991 war ein Bändchen mit Siebzehnsilbern und Haikus, das hat „Gelebter Granit“ geheißen. Weil eigentlich der Granit in seiner Körnigkeit und dadurch, dass er aus Feldspat, Quarz und Glimmer zusammengesetzt ist und zu Sand erodieren kann, immer auch Inbegriff für ein sehr hartes, festes Gestein ist. Das war auch schon eine geologische Metapher. So kann ich die Frage von vorhin nach den Anfängen auch beantworten: Das war 1991, da war ich 24, dieser Bezugspunkt ist also offenbar schon sehr früh aufgetaucht.

134 Sammlung der Gedichte 1. Martin Opitz (1597-1639): Vesuvius Von dem, was weltlich ist, in ihren Armen hält, Natur, von derer Krafft Lufft, Welt und Himmel sind, Die Welt, das grosse Buch, auß derer Thun und Wesen Des Höchsten Meisterrecht und erstgebornes Kind, Er von demselben kan auff allen Blättern lesen, Du Schwester aller Zeit, du Mutter dieser Dinge, Der sie erschaffen hat und seines Segens Krafft O Göttin, gönne mir, daß mein Gemüte dringe So reichlich in sie geußt. Solt' uns die Wissenschafft In seiner Wercke Reich und etwas sagen mag, Nicht frey und offen stehn, was wolten wir viel leben? Darvon kein Teutscher Mund noch biß auff diesen Tag Ist's darumb, daß wir nur nach Golt' und Gelte streben, Poetisch nie geredt; ich will mit Warheit schreiben, Auff Pracht und Ehre gehn, uns füllen Nacht und Tag Warumb Vesuvius kan Steine von sich treiben, Und etwas anders thun, das ich nicht sagen mag? Woher sein Brennen rührt und was es etwan sey, Alsdann kan erst ein Mensch sich einen Menschen Darvon der Glut sich nehrt. Apollo, komm herbey nennen, Mit deiner Musen Schar, laß ihre Hand mich leiten Wann seine Lust ihn trägt, was über uns zu kennen, Auff dieser neuen Bahn, so will ich sicher schreite, Steigt Eyffers voll empor und dringt sich in das Schoß Wohin mein Geist mich trägt; und du auch, edler Heldt, Und Gründe der Natur; da geht sein Hertze loß, Piastens grosser Zweig, du Bild der alten Welt Lacht von den Sternen her der Zimmer, die wir bauen, Und Liecht der jetzigen, du Hertzog von Geblüte, Deß Goldes, welches wir tieff auß der Erden hauen, Doch mehr von Dapfferkeit, von Gaben und Gemüte, Wie auch der Erden selbst. Und wann er oben her Das niemahls under liegt, o unsers Landes Lust, Den engen Klumpffen sieht, der theiles durch das Meer O deines Volckes Trost, verzeihe, wie du thust Bedecket, theiles bloß und unbewohnet lieget, Auß Demuth deiner Macht, verzeihe mir mit Gnade Ist Sand und Wüsteney, wird niergend gantz gepflüget, Daß ich unangesagt mit Schrifften dich belade, Und klagt hier Schnee, da Brand, so fängt er bey sich an: Die gar zu schlecht für dich, ich weiß und sehe wol, Ist dieses da der Punct, der nimmer ruhen kan, Daß einer etwas mehr als ich besitzen soll, Er werde dann durchs Schwerdt und Feuer abgetheylet? Der Fürsten schencken will. Doch laß die Gunst mir Ist dieses, wo der Mensch nach nichts so embsig eylet? scheinen, Wir Thoren; jenes soll der Teutschen Gräntze seyn, Vermöge welcher du es pflegest wol zu meynen Darüber greiffe man nicht dem Frantzosen ein; Mit aller Wissenschaft; so lieb dir je mag seyn, So weit geht Spanien. Ein Sinn, der Weißheit liebet, Wann dieser wilde Krieg in Kürtzen seiner Pein Sieht, was man heute nimbt und morgen wieder giebet, Ein Ende machen wird, daß du mit reichen Segen Mit sichern Augen an und ist gar wol vergnügt, Deß Himmels, der dich liebt, den Grundt-Stein müssest Wann er den Todt und Neyd durch Wissenschafft besiegt legen Und kennt, wie möglich ist die Ursach aller Dinge. Der neuen Sicherheit, daß deine treue Hand O, wer verleyht auch mir, daß ich mich nunmehr Sich rege wider die, so unser Vatterlandt schwinge Gesonnen dörfften seyn in Blut und Brand zu setzen, Auff meinen Vorsatz zu. Mein Sinn der steiget schon Daß Feldt und Stätte sich an dir vollauff ergetzen Geflügelt in die Lufft und reisset mich darvon. Und daß du mögest selbst noch sehn mit Augen hier Was will ich aber dich durchauß von allen Ecken, Die Freyheit deiner Leut' und deiner Kinder Zier. Campanien, besehn? Ein jedes Orth und Flecken Der Mensch, das kluge Thier, pflegt zwar mit vielen Hat seine Lust für sich. Zwar Welschland, gibt man zu, Dingen Ist aller Erden Zier, deß welschen Landes du. Die Zeit, das kurtze Pfandt deß Lebens, zu vollbringen Der Himmel lacht dich an, die Lüffte, so hier streichen, Und leget allen Witz bey schönen Künsten an, Sind nimmer ungesund, hier will noch Ceres weichen, Doch bessers weiß er nichts, damit er zeigen kan, Noch Bacchus, jene rühmbt ihr Korn, der seinen Wein, Daß er, die kleine Welt, zum Herren sey gesetzet Und Flora heisset es zwey mal hier Frühling seyn, Der grossen, die ihn nehrt, als wann er sich ergetzet Beblümet zwier das Feldt. Kein Meer ist mehr bebauet, Mit seiner Sinnen Krafft, beschaut diß weite Hauß Kein Hafen weit und breit wird schöner nicht geschauet Vom höchsten Giebel an zu allen Seiten auß Als umb Cajeta her, umb den Misener-Strandt Mit Augen der Vernunfft, verschicket das Gemüthe Und wo Anchisen Sohn den Weg zur Höllen fand, In seines Schöpffers Werck, da alles reich an Güte Durch stilles Finsternüß geführet von Sibyllen, Und voller Weißheit ist, und macht ihm auff den Grundt Auch wo das Römer-Volck der schönen Bäder willen Die Sitten der Natur sampt ihrem Wesen kundt. In voller Ueppigkeit die lange Zeit vollbracht Er steiget bevorauß dahin, woher er kommen, Und selbst der Hannibal verlohren seine Macht, Auff seinen Himmel zu, auß welchem er genommen Durch Laster, nicht durch Krieg. An Püschen zwar unnd Das Theil der Göttlichkeit; da sieht er und erkiest, Wilde Wie dieses Hauses Zeug gantz schlecht und einfach ist, Sind viel Gebierge reich; hier stehn die Weingefilde, Von Ansehn und Gestalt gewölbet auffgeführet, Der edle Massicus, das trächtige Surrent, Daran kein Winckelmaß noch Grösse wird gespüret, Und Gaurus, welchen Pan für allen Klippen kennt, Rein an Beschaffenheit, gantz, nimmer wandelbahr, Wo offtmahls Nereis bey stiller Nacht gegangen Vollkommen, zirckelrund, erleuchtet hell' und klar, Und in ein Rebenblat die Threnen auffgefangen Beweglich, schneller Art, an Würckung reich unnd Für Liebe, die sie trug, und etwan Galathee mächtig, Den wilden Satyren nechst dem Lucriner-See An Kreysen wo der Thron des Höchsten stehet prächtig Durch List entgangen ist. Jedoch wird zu gegeben, Und wo die Sternen gehn, der Nächte Trost und Zier. Es sey Vesuvius für allen zu erheben, Auff diesen Himmelsleib erlernt er mit Begier Mein Zweck, Vesuvius. Für seinen Augen her, Die Cörper unter ihm, Lufft, Feuer, Wasser, Erde, An seinen Wurtzeln schier, fleußt das Tyrrhener Meer, Ein jedes, wie es ist und was auß ihnen werde, In welchem Prochyta und Pithecusa stehen, Wann warm, kalt, trucken, naß zusammen sind gebracht, Und Nesis, wo die Lufft fast schädlich pflegt zu gehen, Durch welche Mischung dann die Farbe wird gemacht Die Ziegen-Insel auch, da jener Keyser saß Der Dinge, denen ist verliehen und gegeben Und sein betrübtes Brod mit Furcht und Zittern aß, Schmack, Kochung und Geruch, ingleichen Seel' und Bloß auß Gewissens-Angst zum Spiegel der Tyrannen, Leben. Die erstlich gute Leut', hernach sich selbst verbannen, Darunter dann der Mensch nichts Edlers finden kan, Seynd aller Menschen Schmach und müssen blutig hin Als sich, den Menschen selbst, der billich geht voran Nach kurtzer Grausamkeit zur Ceres Eydam ziehn. Für wilder Thiere Schar, für Pflantzen und Metallen, Noch näher lieget ihm Neapolis, die schöne, Für diesem, was wir sehn hier auff der Erden wallen Parthenope genandt vom Grabe der Sirene, Und was die Lufft gebiehrt, für allem, was die Welt Da wo Sebethus rinnt und wo nicht weit darvon

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Das reiche Vorwerck stund, gebaut von Pollion, Und derselben Wüten bricht. Pausilypus genandt; auch Maro wolte wissen 8. Hier seine Todtes-Grufft bey dieses Berges Füssen, Tausend Brüche, deren Lücken Der trächtig umb und an in schönen Wiesen liegt, Fast wie Rachen offen stehn, Der Vieh und Früchte hegt, und kühlen Schatten kriegt Abgerollte Felsen-Stücken, Mit einer stillen Lust von seines Weines Reben, Welche nicht zu übersehn, Dem alle Zeiten her das gute Zeugnuß geben, Dornen, deren rauhe Hecken Ihm gehe nichts zuvor. Der Musen Sommer-Hauß, Voller Furcht und Grauen stecken, Parnassus, steckt wie er zwey hohe Spitzen auß Klippen, die dem Erden-Ball Und raget in die Lufft. O daß doch alle Gaben Droh'n mit ihrem nahen Fall. Der gütigen Natur so viel Gebrechen haben, 9. So mißlich allerseits und unvollkommen sind! [...] Hölen, wo die Wölf' und Eulen, 2. Barthold Heinrich Brockes (1680-1747): Die Schlangen, Bären, Sturm und Wind Berge Brausen, zischen, schreyen, heulen; Die Berge gehen hoch hervor, und die Breiten Thäler, die stets dunckel sind, setzen sich herunter zum Ort, den Du ihnen gegründet Halb-verdorrte selt'ne Fichten, hast. Ohne Laub und leer an Früchten, 1. Und ein Boden, dessen Schooß Lasst uns Gott ein Opfer bringen, Nichts trägt, als ein faules Moß. Und, Sein' Allmacht zu erhöhn, 10. Auch der Berge Bau besingen, Wenn man an der Berge Füssen Die so ungeheuer schön, Den verworr'nen Zustand sieht, Daß sie uns zugleich ergetzen, Sollte man fast glauben müssen, Und auch in Erstaunen setzen. Mit erstaunendem Gemüth: Ihre Gröss' erregt uns Lust, Es läg', durch die Macht der Flammen Ihre Gähe schreckt die Brust. Alles dergestalt zusammen, 2. Da es, wenn mans recht ermisst, Welche Cörper! welche Spitzen! Einer Brand-Stätt' ähnlich ist. Welche Welt von Kies und Stein! 11. Welche Hölen, Brüch' und Ritzen Recht wie ausgebrannte Steine, Sieht man, wo viel Berge seyn! Schutt und Kohlen, Asch' und Graus, Was für Spalten! welche Grüfte! Siehet, nach dem Augen-Scheine, Welche Klippen! welche Klüfte! Vieles bey den Bergen aus. Gipfel, deren steile Höh'n Wenn, durch's Feuers Kraft, mit Knallen, Selbst die Wolcken übergehn. Mauren bersten und zerfallen, 3. Siehet man, mit Furcht erfüllt, Ihre graue Häupter decken Ein den Felsen gleiches Bild. Unvergänglichs Eis und Schnee, 12. Ihre Felsen-Füsse stecken Welcher Mensch kann wohl begreifen, In dem Grund der tiefsten See, Wie sich doch an einem Ort Und die starre Brust erträget So verschied'ne Felsen häufen, Unverändert, unbeweget Und woher bald hier bald dort Alle Wetter, Frost und Hitz', Solche Haufen Stein' entstehen, Donner, Hagel, Sturm und Blitz. Denn sie sind, wie leicht zu sehen, 4. Nicht gebracht, weil sie zu groß, So viel Jahre, so viel Zeiten Nicht gewachsen, weil sie los. Nagen auf der Berge Rumpf: 13. Doch wird auf den schroffen Seiten Wann Burnet der Berge Höhen, Der Verwesungs-Zahn selbst stumpf, Als von der geborst'nen Welt Und es will ihr steifer Rücken Rest und Zeichen, angesehen, Sich vor keiner Aend'rung bücken: Und durch Fluth verursacht hält: Aller Elementen Macht Sollt' ihr Schutt fast glaubend machen, Wird von ihnen nichts geacht't. Daß vielleicht die Welt, mit Krachen, 5. Durch die Gluht, schon einst verheert, So entsetzlich sind die Höhen, Und, durch Brand sey umgekehrt. Die bald steil, bald rauh, bald glatt, 14. Daß der Blick von vielem Sehen, Ob nun gleich der Berge Spitzen Und so ferner Reife, matt, Oed' und grausam anzusehn; Kaum zum Gipfel kann gelangen, Sind sie doch, indem sie nützen, Die, wenn sie voll Wolcken hangen, Und in ihrer Grösse, schön. Nach dem blöden Augen-Schein Wer wird jeden Vortheil nennen, Selbst des Himmels Stützen seyn. Zählen und beschreiben können, 6. Den, zur Lust und Nutz der Welt, Wenn man jemand, dessen Augen Der Gebürge Raum enthält? Niemahls ein Gebürg' gesehn, 15. Sollt' im Schlaf zu bringen taugen Daß auch in der Erden Gründen Auf der Alpen rauhe Höh'n, Eine solche Felsen-Last, Und ihn dort erwachen lassen; Die erstaunlich ist, zu finden; Würd' er nicht vor Furcht erblassen? Wird die Ursach leicht gefasst. Glaubend, daß er nun nicht mehr Würde nicht der Bau der Erden Lebend und auf Erden wär. Leichtlich aufgefressen werden, 7. Sonder Felsen, durch die Wuth Der abscheulich-tiefen Gründe Einer unterird'schen Gluht? Unbelaubte Wüsteney 16. Die zerborst'ne Felsen-Schlünde, Bald deckt Marmor, bald hüllt Kreide, Das entsetzliche Gebäu Bald nur Kies, bald Kieselstein Der ohn' Händ' erbauten Thürne, Ihr geschätztes Eingeweide, Deren Eis-beharn'schte Stirne Als in festen Mauren, ein. Mit Wind, Luft und Wolcken ficht, Alle kostbare Metallen, 136 Diamanten, Berg-Krystallen, Silber, Gold (der Menschen Lust) Es kommet jedes Sand-Korn mir Steckt in ihrer finstern Brust. Als wie ein kleines Glied 17. Des Gewässers Sturtz und Brausen, Der allgemeinen Mutter für. So aus ihren Gipfeln springt, Von unsrer Welt ist es ein wircklich Theilchen mit. Und, mit Lust-vermischtem Grausen, Die Kleinheit, Festigkeit, die Klarheit, Glätt' und Ründe, Ein drob schwindelnd Aug' durchdringt, Die ich in manchem Sand-Korn finde, Wenn es schäumend abwärts fliesset, Wodurch sie sich nicht gantz verbinden können, Rauschend über Felsen schiesset, Und eben dadurch allem Saft In die Thäler wirbelnd fällt, Vom Regen oder Thau, zu der Gewächse Kraft, Träncket und beström't die Welt. 18. Den Aufenthalt und Durchgang gönnen, Lasst uns, nach den innern Schätzen, Ist ja Bewunderns-werth. Noch mehr, da sie vereint, Auch die äusserlichen sehn! Und doch nicht gantz, (indem sie sonst versteint,) Welch ein nützliches Ergetzen So können sie den Pflantzen nützen, Tragen uns der Berge Höh'n Den Wurtzeln Raum, sich auszubreiten, geben, Wenn sie, in den süssen Reben, Auch, wenn dieselbigen sich aufwärts heben, Leib' und Geiste Labsal geben? Ist nicht der beliebte Wein Dieselben so viel besser stützen. Fast der Berge Frucht allein? 19. Ich nahm hierauf ein Häuflein Sand, Sieht man nicht mit grösten Freuden, Betrachtet' es genau, und fand So viel Lämmer, Schaf' und Küh' Den Unterschied, daß er nicht mancherley, Auf der Berge Gipfeln weiden? Nein, in der That unzählig sey. Wie viel Gemsen nähren sie? Ich konnte tausend Form- und Ecken Merckt, wie sehr der Berge Spitzen, Durch der Kräuter Menge, nützen, Auch an dem kleinsten Sand entdecken. Welche nirgend so voll Kraft Theils sind die Körner lang, theils rund, theils groß, theils Und gesunder Eigenschaft. klein, 20. Theils schwartz, theils braun, theils gelb, theils grau, Wie viel tausend Aecker drücken, Theils röthlich, weißlich theils, theils blau, Mit der Aeren süssen Last, Es sind die meisten dicht und dunckel, viele helle, Vieler Berge breiten Rücken, Durchsichtig, gläntzend, rein. Die der Sonnen Strahl umfasst, Eh noch, als die niedern Felder. Ich wurd' auf mancher Stelle Wie viel ungeheure Wälder Verschiedener, die, wie Krystall so klar, Zinsen, für der Kälte Wuth, Mit Lust und mit Verwunderung gewahr. Auf den Bergen, Holtz zur Gluht. 21. Indem ich nun die Kleinheit übersehe, Sprich, verwildertes Gemüthe, Und alles dieses überlege; Kommt dieß alles ohngefehr, Oder aus der Macht und Güte Erstaun' ich, wenn ich recht erwege, Eines weisen Wesens her? Daß alle Grösse dieser Welt, Sprich, verdienen solche Wercke Ja selbst die Welt aus Kleinigkeiten nur, Nicht einmahl, daß man sie mercke? Wie groß sie uns auch scheint und wircklich ist, bestehe. Wer's Geschöpfe nicht betracht't, Es fiel mir ferner bey, Schändet seines Schöpfers Macht. Wie Kleinigkeiten fast in allen Sachen 3. Barthold Heinrich Brockes (1680-1747): Der Besondere Veränderungen machen. Sand Was ist die schöne Kunst der edlen Mahlerey, So gar auf einem öden Lande, Die guten Theils aus Farben nur bestehet, Wo weder Baum, noch Strauch, noch Gras, Und diese wiederum aus Sand und Erden? Selbst in dem unfruchtbaren Sande Wodurch jedoch die schönsten Bilder werden. Find't ein betrachtend Auge was, Denn das, was unser Aug' erfrischt In diesem schönen Welt-Gebäude, Auf solche wundersame Art, Zu GOTTES Ehr' und eigner Freude. Ist bloß ein wenig Sand mit Oel gemischt, Ist so unglaublich dünn und zart, Auf! lasset uns denn weiter gehn, Daß, wenn man es vom Tuche trennen wollte, Und GOTT zum Ruhm was sehn, auch wenn wir nichts Man es für cörperlich kaum halten sollte. fast sehn! Die Sandes-Körper selbst und Theilchen unsrer Erden, Noch mehr, wie wunderbar Sind ebenfalls ja wircklich Creaturen, Erhellt im Sande Gottes Macht, Worin, wenn wir den Geist mit unserm Blick verbinden, Der alles nicht allein aus Nichts hervor gebracht; Wir mancherley Vergnügen finden, Der auch so gar Da, wenn sonst nichts zu sehn, doch allerley Figuren Durch solche Kleinigkeit das allergrößte zwinget, Von eingedruckten Spuren Indem Er, durch so kleinen Sand, Im dürren Sande ja gefunden werden. Die ungeheure Fluthen-Last So wunderbarlich eingefasst, In kleinen Tiefen, kleinen Höh'n, Daß aller Wellen Wuth nicht durch ihn dringet. Kann ein aufmercksam Hertz so Licht, als Schatten, Hiemit stimmt alles überein, seh'n. Daß, wir für uns das allerkleinste groß, Man trifft, wenn man so gar allein, Also für GOTT das allergrößte klein, Daß weder Laub, noch Kraut, noch Bäume bey uns seyn, Daher denn David auch recht unvergleichlich schloß: Dennoch Veränderung nicht ohn' Vergnügen an, Wie jeder, der es recht betrachtet, finden kann. Wie das Zünglein an der Wage, so ist, Herr, vor Dir die 137

Welt; Der Berge tiefer Schacht gibt dir nur schwirrend Eisen, Wie der Tropfen aus dem Eimer, welcher auf die Erde Wie sehr wünscht Peru nicht, so arm zu sein als du! fällt. Dann, wo die Freiheit herrscht, wird alle Mühe minder, 4. Albrecht von Haller (1708-1777): Die Alpen Die Felsen selbst beblümt und Boreas gelinder. Versuchts, ihr Sterbliche, macht euren Zustand besser, Glückseliger Verlust von schadenvollen Gütern! Braucht, was die Kunst erfand und die Natur euch gab; Der Reichtum hat kein Gut, das eurer Armut gleicht; Belebt die Blumen-Flur mit steigendem Gewässer, Die Eintracht wohnt bei euch in friedlichen Gemütern, Teilt nach Korinths Gesetz gehaune Felsen ab; Weil kein beglänzter Wahn euch Zweitrachtsäpfel reicht; Umhängt die Marmor-Wand mit persischen Tapeten, Die Freude wird hier nicht mit banger Furcht begleitet, Speist Tunkins Nest aus Gold, trinkt Perlen aus Weil man das Leben liebt und doch den Tod nicht haßt; Smaragd, [Fußnote] Hier herrschet die Vernunft, von der Natur geleitet, Schlaft ein beim Saitenspiel, erwachet bei Trompeten, Die, was ihr nötig, sucht und mehrers hält für Last. Räumt Klippen aus der Bahn, schließt Länder ein zur Was Epiktet getan und Seneca geschrieben, Jagd; [Fußnote] Sieht man hier ungelehrt und ungezwungen üben. Wird schon, was ihr gewünscht, das Schicksal Hier herrscht kein Unterschied, den schlauer Stolz unterschreiben, erfunden, Ihr werdet arm im Glück, im Reichtum elend bleiben! Der Tugend untertan und Laster edel macht; Wann Gold und Ehre sich zu Clives Dienst verbinden, Kein müßiger Verdruß verlängert hier die Stunden, Keimt doch kein Funken Freud in dem verstörten Sinn. Die Arbeit füllt den Tag und Ruh besetzt die Nacht; Der Dinge Wert ist das, was wir davon empfinden; Hier läßt kein hoher Geist sich von der Ehrsucht blenden, Vor seiner teuren Last flieht er zum Tode hin. Des Morgens Sorge frißt des Heutes Freude nie. Was hat ein Fürst bevor, das einem Schäfer fehlet? Die Freiheit teilt dem Volk, aus milden Mutter-Händen, Der Zepter ekelt ihm, wie dem sein Hirten-Stab. Mit immer gleichem Maß Vergnügen, Ruh und Müh. Weh ihm, wann ihn der Geiz, wann ihn die Ehrsucht Kein unzufriedner Sinn zankt sich mit seinem Glücke, quälet, Man ißt, man schläft, man liebt und danket dem Die Schar, die um ihn wacht, hält den Verdruß nicht ab. Geschicke. Wann aber seinen Sinn gesetzte Stille wieget, Zwar die Gelehrtheit feilscht hier nicht papierne Schätze, Entschläft der minder sanft, der nicht auf Federn lieget? Man mißt die Straßen nicht zu Rom und zu Athen, Beglückte güldne Zeit, Geschenk der ersten Güte, Man bindet die Vernunft an keine Schulgesetze, Oh, daß der Himmel dich so zeitig weggerückt! Und niemand lehrt die Sonn in ihren Kreisen gehn. Nicht, weil die junge Welt in stetem Frühling blühte O Witz! des Weisen Tand, wann hast du ihn vergnüget? Und nie ein scharfer Nord die Blumen abgepflückt; Er kennt den Bau der Welt und stirbt sich unbekannt; Nicht, weil freiwillig Korn die falben Felder deckte Die Wollust wird bei ihm vergällt und nicht besieget, Und Honig mit der Milch in dicken Strömen lief; Sein künstlicher Geschmack beekelt seinen Stand; Nicht, weil kein kühner Löw die schwachen Hürden Und hier hat die Natur die Lehre, recht zu leben, schreckte Dem Menschen in das Herz und nicht ins Hirn gegeben. Und ein verirrtes Lamm bei Wölfen sicher schlief; Hier macht kein wechselnd Glück die Zeiten Nein, weil der Mensch zum Glück den Überfluß nicht unterschieden, zählte, Die Tränen folgen nicht auf kurze Freudigkeit; Ihm Notdurft Reichtum war und Gold zum Sorgen fehlte! Das Leben rinnt dahin in ungestörtem Frieden, Ihr Schüler der Natur, ihr kennt noch güldne Zeiten! Heut ist wie gestern war und morgen wird wie heut. Nicht zwar ein Dichterreich voll fabelhafter Pracht; Kein ungewohnter Fall bezeichnet hier die Tage, Wer mißt den äußern Glanz scheinbarer Eitelkeiten, Kein Unstern malt sie schwarz, kein schwülstig Glücke Wann Tugend Müh zur Lust und Armut glücklich macht? rot. Das Schicksal hat euch hier kein Tempe zugesprochen, Der Jahre Lust und Müh ruhn stets auf gleicher Waage, Die Wolken, die ihr trinkt, sind schwer von Reif und Des Lebens Staffeln sind nichts als Geburt und Tod. Strahl; Nur hat die Fröhlichkeit bisweilen wenig Stunden Der lange Winter kürzt des Frühlings späte Wochen, Dem unverdroßnen Volk nicht ohne Müh Und ein verewigt Eis umringt das kühle Tal; entwunden. [Fußnote] Doch eurer Sitten Wert hat alles das verbessert, Wann durch die schwüle Luft gedämpfte Winde streichen Der Elemente Neid hat euer Glück vergrößert. Und ein begeistert Blut in jungen Adern glüht, Wohl dir, vergnügtes Volk! o danke dem Geschicke, So sammlet sich ein Dorf im Schatten breiter Eichen, Das dir der Laster Quell, den Überfluß, versagt; Wo Kunst und Anmut sich um Lieb und Lob bemüht. Dem, den sein Stand vergnügt, dient Armut selbst zum Hier ringt ein kühnes Paar, vermählt den Ernst dem Glücke, Spiele, Da Pracht und Üppigkeit der Länder Stütze nagt. Umwindet Leib um Leib und schlinget Huft um Huft. Als Rom die Siege noch bei seinen Schlachten zählte, Dort fliegt ein schwerer Stein nach dem gesteckten Ziele, War Brei der Helden Speis und Holz der Götter Haus; Von starker Hand beseelt, durch die zertrennte Luft. Als aber ihm das Maß von seinem Reichtum fehlte, Den aber führt die Lust, was Edlers zu beginnen, Trat bald der schwächste Feind den feigen Stolz in Graus. Zu einer muntern Schar von jungen Du aber hüte dich, was Größers zu begehren. Schäferinnen. [Fußnote] Solang die Einfalt daurt, wird auch der Wohlstand Dort eilt ein schnelles Blei in das entfernte Weiße, währen. Das blitzt und Luft und Ziel im gleichen jetzt durchbohrt; Zwar die Natur bedeckt dein hartes Land mit Steinen, Hier rollt ein runder Ball in dem bestimmten Gleise Allein dein Pflug geht durch, und deine Saat errinnt; Nach dem erwählten Zweck mit langen Sätzen fort. Sie warf die Alpen auf, dich von der Welt zu zäunen, Dort tanzt ein bunter Ring mit umgeschlungnen Händen Weil sich die Menschen selbst die größten Plagen sind; In dem zertretnen Gras bei einer Dorf-Schalmei: Dein Trank ist reine Flut und Milch die reichsten Speisen, Und lehrt sie nicht die Kunst, sich nach dem Takte Doch Lust und Hunger legt auch Eicheln Würze zu; wenden, 138 So legt die Fröhlichkeit doch ihnen Flügel bei. Weich, theurer Schäze Reiz! Weich, diamandner Das graue Alter dort sitzt hin in langen Reihen, Schimmer! Sich an der Kinder Lust noch einmal zu erfreuen. Man sorgt für Güter nicht, die sich das Leben zollt. Denn hier, wo die Natur allein Gesetze gibet, Der Vater nimmt sein Kind, der Priester seinen Gott; Umschließt kein harter Zwang der Liebe holdes Reich. Der Säugling schlinget sich mit schwacher Arme Hilf Was liebenswürdig ist, wird ohne Scheu geliebet, Um seiner Mutter Hals; so eilt man auf die Flucht; Verdienst macht alles wert und Liebe macht es gleich. Des Todes schrekend Bild herrscht schon auf jeder Die Anmut wird hier auch in Armen schön gefunden, Stirne, Man wiegt die Gunst hier nicht für schwere Kisten hin, Und in dem gleichen Nu drehn tausend Häuser sich Die Ehrsucht teilet nie, was Wert und Huld verbunden, In tausend Wirbeln um, ihr Schutt verfällt zu Staub; Die Staatssucht macht sich nicht zur Unglücks- Ein unzehlbares Volk, das in gedrungnen Hauffen Kupplerin: Durch hundert Strassen schwärmt, sinkt hier in seine Die Liebe brennt hier frei und scheut kein Donnerwetter, Gruft. Man liebet für sich selbst und nicht für seine Väter. [...] 5. Johann Peter Uz (1720-1796): Das Erdbeben Gleichwie der Ocean mit schreckendem Gemurmel Die Erde hat gebebt und ihr geborstner Grund Fern von dem Strand erthönt, und bald der Fluten Wuth, Die Königinn am Meer verschlungen, Bald der Gewitter Streit, durch ganze Länder dringet; Und schwärzre Trübsal noch droht unsrem armen Rund So steiget aus dem Schutt versunkener Paläste, Von schwärmender Propheten Zungen: Wo mancher lebend noch ein traurig Grab bewohnt,

Wie aus bemoostem Schutt der Uhu, wann die Nacht Ein ängstliches Geschrey durch die Gewölber auf: In furchtbarn Schatten ihn verstecket, Gequetschter Menschen Fleh`n, die mit dem Tode ringen, Auf stille Dächer fliegt, selbst melancholisch wacht, Erhebt sich hier umsonst; umsonst schrey`n andere dort: Und heulend müde Städte wecket. Ach! Brüder, tödet mich! Verzweiflung, Hunger, Schmerzen, Auf Schwanenfedern horcht die Wollust und erschrickt; Der Flüchtling hört erstaunt, den Thon, der ihn verfolget, Ein Schauer bebt durch ihre Glieder. Er eilt zurück, er weint, und kehrt mit Schauer um. Der sorgenvolle Geiz, auch schlafend unerquickt, Steh stille, o Monarch! Wirf hier der Wehmuth Thränen Bebt heut und wuchert morgen wieder. Auf deines Volkes Gruft: Hier ligt dein Glanz im Staub, Hier fährt Emanuels Thron, vor dem die Welt sich neigte, Propheten wimmeln stets in trüber Zeit hervor: Mit Lisbons Schutt zum Nichts. Sag mir, was ist die Kraft Der leichte Pöbel glaubt, er zittert, Des Scepters, den du führst? Was ist in deinem Reiche Wie dürres Laub im Herbst, und wie das schwache Rohr Zu nächst an Macht sich gleich? Der König, und ein Der Flügel eines Wests erschüttert. Wurm.

Ihr Musen, die ihr einst, im Frühling meiner Zeit, Wann brausend über uns ein schreckendes Getös Mich mit Ambrosia genähret, Das Reich der Luft erfüllt; wann auf den Wirbelwinden Als ihr, in eurem Hayn voll heilger Dunkelheit, Durch das erstaunte Land, Tod und Zerstörung fliegt; Die deutsche Leyer mich gelehret! Wann aus dem Strahlen-Feur des Richters Arm sich strecket, Zufrieden dank ich euch, daß immer gleiche Lust und drohend sich umhergestürzte Felsen drehn; In meiner Seelen helle scheinet, Wann von der Wolken Kampf der Berge Spitzen fliehn; Und euer stiller Freund nicht, an der Thorheit Brust, Wann der Orcane Wuth in feyerlichem Klang, Nach Fantasien lacht und weinet. Der Aether wiederholt; Wann tiefer Fluten Heere, Bis an den Himmel fliehn; wann sich in jeder Kraft, O laßt, zu aller Zeit, mein Antlitz heiter seyn, Die in der Dinge Stoff, den Trieb zum Leben zeuget, Nicht bloß in sonnenvollen Tagen, Das End der Schöpfung mahlt; dann fähret die Natur Wann mich die Freude sucht, und Saitenspiel und Wein So weit die Schöpfung geht, in bangem Schaur Die Wolken vor mir her verjagen: zusammen; Dann kehrt ein gottlos Volk, zerschlagen, in sich selbst; Nicht bloß im dunkeln Busch und wo die Nachtigall Dann brechen Thränen aus; dann gehen die Tempel auf; Bald singend über mir verweilet, Dann hebt die Busse an; dann rauchen die Altäre; Bald an der Quelle seufzt, die reiner, als Crystall, Geschwätzig über Kiesel eilet. Dann schlägt man auf die Brust; dann wird der Priester fromm; Es müss' auf meiner Stirn, wann schon die Erde bebt, Dann schämen Heuchler sich; dann wird der Sünder Der göttliche Gedanke schimmern, heilig; Daß Tugend glücklich ist und meine Seele lebt, Der in dem Thal der Ruh den Herrn der Welt mißkennt. Auch unter ganzer Welten Trümmern! 6. Johann Georg Zimmermann (1728-1795): O Mensch! Laß Städte nicht, und Länder untergehn, Die Ruinen von Lissabon Eh allzuspäth die Reu dein Innerstes durchnager; Wann in der Stürme Heer der Gott der Welt erscheint, Der Glaube, der allein aus der Verzweiflung fließt, Wenn Engel sein Gericht dem Erdenkreis verkünden, Gefällt dem Schöpfer nicht; und zörnet Er nicht immer, Und der Zerrüttung Stimm durch die Natur erschallt, So soll sein Name doch bey dir stets Schrecken seyn. So starrte Lissabon; da ungefühlt die Zeit, Der Gott, der donnernd redt, und unzehlbare Welten Die Gott bey sich ermaß, zum nahen Ende eilte, Mit einem Blitz durchdringt, belebt den sanften Hauch Und aus des Abgrundes Bauch ein neuer Donner rollt, Des kühlenden Zephirs; Er herrschet in dem Duft Der seine Mauern stürzt, und Luft und Erd erthönte. Des bunten Veilgen Thais; und strahlt aus dem Gewässer, Das rieselnd durch die Flur einsamer Auen rinnt. 139

Lass heilge Seufzer dann zu dessen Throne dringen, Wie kann ein kluger Geist, der Schöpfung und Natur, Der dort im Feuer zürnt, und hier dich segnend lehrt: In Maß und Zahlen findt, dem sich nach seinem Cirkel Auch deine Stunde eilt dahin auf schnellen Schwingen; Das Weltgebäude biegt, und tausend Sonnen drähn, Merk auf den Schall, der stets dir zur Bekehrung ruft: Im Werk des wüsten Stoffs der Gottheit Spur entdecken? Ergreif den Augenblick --- schon dieser ist Soll dann der Feigen Reu, des Heuchlers banges Flehn, verschwunden, Der Wesen stäten Lauf in seiner Folge hemmen? Und nähert dich und mich der ernsten Ewigkeit. Elender Philosoph, ein Irrlicht leitet dich, 7. Johann Georg Zimmermann (1728-1795): Es werde eine Welt, dem öden Nichts geboten? Gedanken bey dem Erdbeben Der Gott der diesen Bau in seiner Daur erhält, Die Macht des Mittelpunct steigt aus der Erde Gruft Der ordnet, nimmt, und giebt, der hier ein Kraut ernähret, Vom Thron der Finsterni? Bis an des Lichtes Grenzen; Dort die Cometen lenkt, und Zeit und Jahre theilt, Hier senkt das weite Meer, getragen von dem Sturm, Wird stäts ein Schöpfer seyn: Kann ihn dein Herz Sein altes Ziel in Grund; dort steigen die Gewässer verläugnen? Biß an der Berge Höhn, ein Volk verdirbt im Schlamm; Gleichwie die Finsterniß des unterirdischen Kerkers, Der Donner weicht erzörnt, aus seiner Ruhestätte; Wo nie der Tag sich zeigt, nach mancher Monde Lauf, Der Erdball reißt auf, sein Schutt deckt Länder zu; Dem Fremdling, unversehens, ein neues Licht entfaltet: Ein ungefühlter Schaur, durchdringet alle Völker: So schärft die Dunkelheit, des nahen Grabes auch, Unseliges Lissabon! Noch gestern hubest du Mit unbemühter Kraft, des Sünders schwache Augen, Dein prächtig Haupt empor, heut liegt es in dem Staube. Und decket ihm ein Licht, im Thal der Schatten auf. Der ernste Untergang, der Erd, und Himmel drohte, Wann Gott im Zorne straft, und weit um seinen Thron Sex dem gerührten Sinn, die Dämmerung zum Heyl! Sich tausend Strahlen drähn; so ruht doch der Gerechte: So komme, sanfter Tod, zerreiß die schweren Bande, Den schreckt ihr Feuer nicht, weil ihn der Glaube schützt; Der Menschen ewig Joch, das hier, die Seele drückt, Er lässt den Abgrund drohn, er wandelt auf den Fluten; Und meiner Hofnung Schwung zum Reich der Geister Sein starker Muth weicht nie, von der bestimmten Bahn; hemmet: Umsonst tritt gegen ihn, Sünd, Tod, und Höll zusammen; Kein Mietling wünscht das End, des langen Tags so sehr, Er lebt, er schützt ein Volk, und lenkt das Wetter oft: Als jetzt, der Erde satt, in den bedrängten Stunden, Auch ist bey uns, vielleicht, ein Frommer, der uns rettet? Dem Ziel der Probe-Zeit mein Herz entgegen wallt. O Frömmigkeit, du fliehst, der Großen stolze Porten; Wir müssen, durch den Tod, zum bessren Leben gehen, Du führst das Scepter nicht; du weichst die lose Schaar, Kann wohl des Frommen Sieg, ein Bild des Schreckens Die dich im Munde trägt, ein Dichter und ein Kranker seyn? Erzehlen nur dein Lob, solange ihr Fieber daurt; 8. Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832): Gelehrte können sich mit andern Grillen plagen; Zahme Xenien (Auszug) Der Jüngling schiebt dich auf; der Alte dient dir nicht, Wie man die Könige verletzt, Obschon er klagt und seufzt und frömmre Zeiten preiset; Wird der Granit auch abgesetzt; Den Priester scheidt, sein Kleid von andern Sündern ab, Und Gneis, der Sohn, ist nun Papa! Doch zeigt er oft, die Reuh des Volkes auf dem Gesichte; Auch dessen Untergang ist nah:[707] Das Laster herrscht durchaus, und wer die Tugend liebt Denn Plutos Gabel drohet schon Den wird der Heuchler selbst für einen Schwärmer Dem Urgrund Revolution; halten. Basalt, der schwarze Teufelsmohr, Ist dann die Frömmigkeit, bey uns verschwunden? Nein, Aus tiefster Hölle bricht hervor, Sie ist mit vollem Glanz, ins Tollhaus hingewiesen, Zerspaltet Fels, Gestein und Erden, Weil sie die klügre Welt, der Narrheit Anfang nennt. Omega muß zum Alpha werden. Und so wäre denn die liebe Welt Was hör ich um mich her, in gleichem Nu zertheilt, Geognostisch auch auf den Kopf gestellt. Erschallt, des Schreckens Stimm, auf aller Winde Flügel? Dort sinken Mauren um, hier werden Städte wüste, Kaum wendet der edle Werner den Rücken, Die Thäler schwellen sich, und thürmen Berge auf; Zerstört man das Poseidaonische Reich; Die Erde wankt und bebt, ihr innrer Bau zerfällt; Wenn alle sich vor Hephästos bücken, Der Alpen grause Höh`n, die nie kein Strahl erreichte, Ich kann es nicht sogleich; Drähn furchtbar sich herum; ein Heer von Klippen stürzt, Ich weiß nur in der Folge zu schätzen. Mit drohendem Geknall, in ungemeßne Gründe; Schon hab ich manches Credo verpaßt; Man flieht, man kehrt entzückt, ein banges Herz empor. Mir sind sie alle gleich verhaßt, Der Richter warnet oft, und zeigt durch Huld und Güte, Neue Götter und Götzen. Die Grösse seiner Macht; nun hebet wieder uns Sein Arm den Abgrund auf; Zerrüttung, Angst und Ursprünglich eignen Sinn Schmerzen, Laß dir nicht rauben! Verzweiflung, Noth, und Qual, sind jetzt der Menschen Woran die Menge glaubt, Los; Ist leicht zu glauben. Des Todes Fahne wäht, durch beyder Welten Meere; Der Krieger deckt das Feld, und Ost und West erstaunt. Natürlich mit Verstand So künden sich, vielleicht, durch einen matten Schimmer Sei du beflissen; Die letzten Zeiten an; Was wird, ihr Kommen seyn? Was der Gescheite weiß, Ist schwer zu wissen. Wann Städte, wann ganze Länder sinken, 9. Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792): Und Sünder Busse thun; dann ruft der Freygeist aus: Das Erdbeben Die Ordnung der Natur hebt Berge von dem Grunde; Izo schikt sich die Muse, die ernsten tiefen Gesänge Sie streuet Segen aus, und bricht der Fürsten Stolz; Mit den furchtbarsten Tönen zu schliessen. Izt flüchtet, Durch die gebiert der Sturm, die läßt die Meere toben; ihr Freuden, 140 Und ihr gefälligen Scherze, flüchtet weit weg, wo das Sinkt ihr himmlisches Haupt dem tiefen Thal zu; die Bild der entsezlichsten Scenen nie von zärtlichen Augen Lüfte Mit der Träne der Menschheit benezt wird. Flieh auch du, Weit umher werden Staub, und selbst des Himmels Ruhe! Gewölke In deinem weissen unschuldgen Gewande die strahlende Weicht erschrokken seitwärts und vergisset zu donnern. Stirne Dort erhob eine zierliche Stadt die winkenden Thürme Tief verhüllt. Erhebet die scheußlichen Flügel, ihr Hoch in die Lüfte. Kleinere Sonnen spiegelt' ihr glänzend Schrekken! Dach, wenn senkrecht der Strahl des Mittags sie traf, in Wilde Phantome! naht euch aus euren Klüften, umringt die Fluren. mich, Prächtig liefen hier Reyhen von Häusern: Säulen aus Zeigt mir die knirschenden Zähne, daß ich beängstigt und Marmor traurig, Stüzten die Tempel und Palläste, die der eiserne Würdig der Plagen lezte besinge. Schleiche mit langsam Kriegsgott[60] Drohenden Schritten mir nach, du blasser ächzender Nie noch hatte mit Händen voll Bluts und Feuers Tiefsinn, bekämpfet. Daß ich die Scenen voll Graun und Verzweiflung würdig Drey Augenblikke! – Nun ist sie nicht mehr. Der Rachen besinge. der Erde Schlang sie hinab. Zehntausend Stimmen des Todes Ein Orkan reißt plözlich vom Sturm gepeischeten drangen Weltmeer Auf einmal durch die vom Schutt verfinsterte Sphäre. Wüthend sich loß, und treibt Verderbenschwangre In den bewegten Gassen hob, sich empörendes Pflaster, Gewölke Menschen und Thier empor; dann sank es unter; des Ueber das Antliz der Erde zusammen. Die Göttin des nahen Tages Stromes Quellen von drükkenden Bergen befreyet, Blikket aus dem Gewitter nur selten mit zitterndem entstürzten Strahle Ihrem zerstörten Gefängniß mit plözlicher Wuth, und Nieder. Anhaltend raset der Wirbel. Holdselige Blüthen fielen Stürzen von Zweigen hülfloß hinab und färben den Ueber die Untergesunknen her: So, wenn er die mürbe Boden: Kette zerrissen, stürzet ein hungriger Bär auf das zarte Und die Luft füllt schwimmender Staub, der untreu der Tändelnde Kind im Grase. Selbst aus den Brunnen empor Erde schoß In die Wolken vergeblich sich zu schwingen Ihr sonst ruhig Gewässer, und nezte mit irdischem Regen versuchet.[59] Wolken. Die berstende Erde füllt' ihre Wunden mit Auch in den tiefsten Höhlen rotten verschworener Winde Menschen, Fesselentlaßne Heere sich zusammen, sich Wege Die oft halb begraben umsonst die flehenden Arme Durch die Erde zu öfnen. Ein unterirrdisches Donnern Hoch zum Himmel rangen. Oft auch (unglaubliche Kündigt entsezliche Schauspiele an. Stummdräuende Mächte!) Klippen, Spie der verschlingende Boden an fernen Orten die Graue, ehrwürdige Felsen, schütteln die Häupter und Todten schelten Wieder von sich, verbrannt, mit Erd' umhüllet, kaum Mit erschröklicher Stimme die Gegend umher. Schon kennbar. entstürzen Schiffe wurden vom schwellenden Meer ans Ufer Hüpfende Thürme den wankenden Tempeln. In geschleudert sprachloß-erschroknen Und warfen Anker auf sandigter Flur. Wo Berge Schaaren eilen die Menschen, die Mutter, die Erde zu gestanden, fliehen, Glänzten izt blaue Seen und manch entrunnener Die sie nicht tragen mehr will. Der schwarze Himmel Landmann sieht zornig, Fand seinen blumreichen Garten vor sich, der mit ihm Wie der rebellische Boden sein Eingeweid gegen ihn verrükt ward. [...] ausspeyt, 10. Ernst Moritz Arndt (1769-1860): Das Erdbeben Seine breite Stirne runzelt; unwillige Wolken Die Welt erbebt und zittert rings, Krachen unter den Sturmwind, der aus dem Maule der Und alle Vögel sind im Schweben, Erde Des Geistes Vögel all, als ging's Wild heraufheult, und flatternde Flammen weit um sich Zum letzten Kampf auf Tod und Leben. her bläst. Auch der Ocean tobt, es drängt sich Welle auf Welle Komm denn, mein Vogel, leichter Sinn! An das erschütterte Ufer, die gräßliche Scene zu sehen. Komm, Leichtsinn, auch! Wir müssen's wagen. Die untergehende Sonne beschleunigt den Abzug. Des Man soll uns nicht als Leichen hin Mondes Lebend'gen Leibs zu Grabe tragen. Bleiches Antliz gukket scheu in die tönenden Thäler Und den aufrührischen Wald. Aus niedergestürzeten Durch Blitz und Donner fröhlich hin! Eichen Dein Flügelklang sei Klang der Wonne, Schießt der nistende Adler schröklich empor und erfüllet Als flöge Glück mit mir dahin, Weit die Lüfte umher mit Schreyen um verlohrene Umleuchtet von des Sieges Sonne. Kinder. Wurzellos rauschen die seltsam umhertanzenden Linden, Hinein in dicksten Schlachtenkampf, Deren Laub, wie Fluthen im Meer, sich wälzet: und über Wo ältste Königsthrone fallen! Sich erhebende Hügel flüchten die brüllenden Thiere Dort überm Kampf und überm Dampf In ihr Grab. Meilenhohe Berge wanken: langsam Laß Siegeslieder lustig schallen. 141

Kein Bauer Irland's, dem als Leckerbissen Dort greife dir den süßen Raub Die Knolle, die du würzest, schmeckt. Des Muts, dem ew'ge Sterne blinken, Und, muß es sein, laß froh den Staub, Und ist's denn nur der Mensch, der Allverschwender, Der nicht du ist, zu Staub versinken. Der dein bedarf? Sucht in der Nacht des Wald's Der Rehbock und der stolze Sechzehnender Ha! Was ist Leben? Was ist Tod? Was anders, als dich, köstlich Salz? Soweit des Geistes Lüfte wehen, Wird neu erblühn dein Morgenrot, Der Mensch hat sinnreich, nebst dem Speisewürzen, Neu deine Sonne auferstehen. Auch zum Symbol der Demuth dich erseh'n, Mit dem zertret'ne Völker niederstürzen, Laß unten Krähn und Raben schrein, Und vom Erob'rer Gnade fieh'n. Empor, wo Adlerschwingen tönen! So in den vollsten Kampf hinein Und wenn sie noch das Brot dazu gegeben, Im Mut des Guten und des Schönen! So scheint es fast: es sei ihr Wunsch, nicht blos 11. Friedrich Hölderlin (1770-1843): Vulkan Zu betteln um das nackte bisschen Leben, Jetzt komm und hülle, freundlicher Feuergeist, Auch um ein menschlich mildes Loos. Den zarten Sinn der Frauen in Wolken ein, In goldne Träum' und schütze sie, die Einst wählte dich des Siegers Zorn und säte Blühende Ruhe der Immerguten. Dich auf den Ackergrund mit strenger Hand, Wo eine Stadt, bevor sein Degen mähte, Dem Manne laß sein Sinnen, und sein Geschäft, Voll freigesinnter Bürger stand. Und seiner Kerze Schein, und den künftgen Tag Gefallen, laß des Unmuts ihm, der Und wenn der Römer, der den Freund sich wählte, Häßlichen Sorge zu viel nicht werden, Erst Salz mit ihm verzehrte, Pfund auf Pfund, So gibt das viel Verstand und Herzenskälte, Wenn jetzt der immerzürnende Boreas, Nur kein Genie für Freundschaft kund. Mein Erbfeind, über Nacht mit dem Frost das Land Befällt, und spät, zur Schlummerstunde, Der Weisheit Salz im Mund des Täuflings wehret Spottend der Menschen, sein schröcklich Lied singt, Für alle Zeit des ird'schen Aufenthalts Der Torheit Schmach und Unglimpf ab, und lehret Und unsrer Städte Mauren und unsern Zaun, Auch Weisheit sei nie ohne Salz. Den fleißig wir gesetzt, und den stillen Hain Zerreißt, und selber im Gesang die Das köstlichste von allen Salzen streuet Seele mir störet, der Allverderber, Der Grazien und Musen zarte Hand, Daran das Herz sich, wie am Wein, erfreuet, Und rastlos tobend über den sanften Strom Wenn es der Kummer übermannt. Sein schwarz Gewölk ausschüttet, daß weit umher Das Tal gärt, und, wie fallend Laub, vom Wenn ich Horaz nicht aus den Händen bringen, Berstenden Hügel herab der Fels fällt. Nicht satt mich an Cervantes lesen kann, Und Thümmel's Meisterstück nicht g'nug verschlingen, Wohl frömmer ist, denn andre Lebendige, Dies Göttersalz ist Schuld daran. Der Mensch; doch zürnt es draußen, gehöret der Auch eigner sich, und sinnt und ruht in In jedem Werk der Kunst, in jedem Buche, Sicherer Hütte, der Freigeborne. In allem Scherz und Witz, bei Lied und Wein, In jedem Flügelschlag des Geistes suche Und immer wohnt der freundlichen Genien Ich dieses Salzes Duft allein. Noch Einer gerne segnend mit ihm, und wenn Sie zürnten all', die ungelehrgen Die Liebe, selbst mit ihrer schönsten Stunde, Geniuskräfte, doch liebt die Liebe. Ist ohne Salz wie schal, wie ekelhaft! 12. Leopold Mathias Schleifer (1771-1842): Das Der süße Kuß von einem Rosenmunde Salz Wird durch dieses Salz zum Göttersaft. O du, das man auf Schiffen und auf Achsen Vom Nord zum Süd verführt, vom Ost zum West; Dies Salz nur ist's, an dem ich mich erhole, O du, das Gott der Herr so wohlfeil wachsen, Wenn ich den Tag hindurch ein Meer durchschwamm, Und uns so kostbar werden läßt; In dessen Flut von jener edlen Sole Kein Tropfen mir entgegen kam. Dir tönt mein Lied! — Das Liebste zu entbehren, Man lernt es endlich; ja man hat's gewagt, Daran erheb' ich mich vom bittern Wehe, Und hat zum Trost des Magens beim Verzehren Das mir das Herz voll Mitgefühl beschleicht, Sogar das Denken sich versagt. Wenn ich so viel aschfarbne Wangen sehe, Die, ach! der Tränen Salz gebleicht! Auf Kraft und festen Muth, auf Treu und Glauben 13. Novalis (1772-1801): Bergmannslied Auf Scham und Ehre leisten sie Verzicht, Der ist der Herr der Erde, wer ihre Tiefe misst Man läßt sich des Gewissens Würze rauben, und jeglicher Beschwerde in ihrem Schoß vergisst. Nur dich, der Schinken Würze, nicht. Wer ihrer Felsenglieder geheimen Bau versteht und unverdrossen nieder zu ihrer Werkstatt geht. Kein Nabob Großbritanniens kann dich missen, Der seinen Tisch aus beiden Indien deckt, 142 Er ist mit ihr verbündet und inniglich vertraut Wie die Gänge und wird von ihr entzündet, als wär' sie seine Braut. Durch die Menge Er sieht ihr alle Tage mit neuer Liebe zu Zu erkennen, und scheut nicht Fleiß noch Plage; sie lässt ihm keine Was wir Vater-Güte nennen. Ruh'. Denn da sieht ihren milden Gott

Die Armuth nach dem herben Spott, Die mächtigen Geschichten der längst verfloss´nen Zeit Und vielen Zähren-Triefen. ist sie ihm zu berichten mit Freundlichkeit bereit. Wenn das Vermögen ist verwüst, Der Vorwelt heil'ge Lüfte umwehn sein Angesicht, Und alle Mittel zugebüßt, und in die Nacht der Klüfte strahlt ihm ein ew'ges Licht. Kommt aus der schwarzen Tiefen

Letzlich, plötzlich Er trifft auf allen Wegen ein wohlbekanntes Land, Reiche Beute und gern kommt sie entgegen den Werken seiner Hand. Für die Leute,

Die vertrauen Ihm folgen die Gewässer hilfreich den Berg hinauf, Gott, und gläubig auf ihn bauen. und alle Felsenschlösser tun ihre Schätze ihm auf. Drum rufen wir auch diesen an, Er führt des Goldes Ströme in seines Königs Haus Der fündige Gebirge kann und schmückt die Diademe mit edlen Steinen aus. Eröffnen und erhalten; Er wolle mit der Segens-Hand Zwar reicht er treu dem König den glückbegabten Arm, Auch über unser Sachsenland doch frägt er nach ihm wenig und bleibt mit Freuden arm. Forthin genädig walten; Hören, Lehren, Sie mögen sich erwürgen am Fluß um Gut und Geld; Wenn wir schürfen er bleibt auf den Gebirgen der frohe Herr der Welt. Und bedürfen 14. Achim von Arnim (1781-1831): Romanze Hülf und Rathen, vom großen Bergbau der Welt Sonst ist nichts mit unsern Thaten. Auf! richtet Augen, Herz und Sinn O großer Grundherr aller Welt! Zu jenen blauen Bergen hin, Weil deine Vorsicht uns erhält Da Gott der Berg-Herr thronet! Auch von der Erden Schätzen; Fahrt von der Erde tiefen Bahn Bescheere gutes Erz allhier, In grünen Hoffnungs-Kleidern an, Und laß die Gänge, Macht und Zier Wo milder Segen wohnet; In ewge Teufen setzen. Betet, tretet Klüglich, tüglich Im Gemüthe Laß uns bauen Zu der Güte, Ohne Grauen, Die bescheret, Mittel finden, Was den Leib und Geist ernähret. Und den Mangel überwinden. Gott hat in diesem Erdenball Zähl uns in Assers Stamm mit ein, So mancher Erze reichen Fall Und laß uns so gesegnet seyn, Mit weiser Hand verborgen. Daß Erz an Schuhen klebe, Gold, Silber, Kupfer auf sein Wort, Daß sich kein edler Gang abschneid, Streicht in den edlen Gängen fort, Und uns vergnüge jederzeit, Die Menschen zu versorgen, Viel reichen Vorrath gebe. Mächtig, prächtig Größ're, beß're, Durch die Flötzen Sieh aufs Gleiche, Heißt er setzen Daß der Reiche Die Metallen, Dem nicht schade, Daß sein Ruhm muß herrlich schallen. Der bedürftig deiner Gnade. Es sieht so manches rauhe Land Doch bitten wir dich, Herr! zugleich, In Werken seiner Wunder-Hand Mach' uns zuerst am Geiste reich, Macht, Kraft und Weisheit spielen, Mit himmlischer Genüge; Wo man kein zartes Blümchen spürt, Daß unser Gang zu dir gericht, Kein Frühlings-Gras sich grün aufführt, Die Stunde ja verrücke nicht, Muß die Natur erzielen, Noch tausend Mittel kriege, Lichte, dichte Handel Wandel, Berggeschicke Sey gerichtig Zum Gelücke, Und vorsichtig Die erweisen, Laß uns bleiben, Wie man soll den Schöpfer preisen. Weil wir hier das Bergwerk treiben. Es streicht in diesem Erdenhaus Schenk uns nur, allerhöchster Hort! Im Erz zu hellen Tage aus Was Christus hat gefördert dort Des großen Vaters Liebe, Aus seiner Leidens-Grube, Die wittert vor bei Tag und Nacht, Da er zum Lebens-Gange brach, Aus jeden Stollen, Kluft und Schacht; Und hieß uns alle folgen nach, Die weissen Quarzgeschiebe Die Beuten, die er hube, Geben eben Muthig, blutig, 143

Durch die Klüfte Seine Hüfte Denn sie zerschmettern alles, was lebt. Hilft uns wallen, Wenn des Leibes Schacht muß fallen. Sehet, die Zähne im geifernden Munde Reißen dem Berge die berstende Wunde, Die Welt ist unser Golgatha, Lange verschlossen die glühende Wut. Wo ein Kreuzgang dem andern nah: Sehet, der Atem der Riesen entbrennet, Laß Zion uns erblicken, Zündend mit bläulicher Flamme, hinrennet Und Karmel, da in stolzer Ruh,

Elias ruft der Knappschaft zu, Wider der Menschen kämpfenden Mut. Weit von den Erdgeschicken:

Glück auf! Blick auf! Könnten sie dräuend die Glieder noch regen, Komm gefahren Kämpfend die Brust entgegen ihm legen, Vor den Jahren Fühlten sie rächend dies Leiden nicht ganz. Komm in Sprüngen Aber in glühenden Armen sie schwinden, Von der Sabaths-Schicht zu singen. Mutige Augen im Schauen erblinden, Drum führ' uns einst, wie Simeon, Auf einer sanften Fahrt davon, Flammend verrinnet begeisternder Glanz. Zu deinen Friedenszechen, Wo man das neugeborne Kind, Erde und Himmel zusammen sich brennen, Auch den Erz-Engel mächtig find, Chaos, das alte, will keinen erkennen, Und Freuden-Gold kann brechen: Wehe dem Besten, der alles das sieht. Oedes, schnödes, Jeglicher glaubt sich geblendet der letzte, Müssen merken Ehe die strömende Lava sich setzte, Die Gewerken Hier in Hoffen, Wie sie da drohend hier nieder sich zieht! - Bis sie dort den Gang getroffen. 15. Achim von Arnim (1781-1831): Geologie Doch da stehet der Glutstrom gebannet, Nicht vulkanisch und nicht neptunisch bin ich gesinnet, Langsam sich jeder vom Schrecken ermannet, Wasser und Feuer ist uns beyd zum Schaffen von Noth. Suchet und findet das eigene Haus, Frische Erde, da bildet Natur den künftgen Geschlechtern Forschet und findet die Seinen entzücket, die Wälder, Wie sie dem Feinde alle entrücket, Doch vergehen die Bäume so wird Kohle in jeglicher Art Also für Feuer gesorgt in jedem Falle im voraus, Alle erkennen ein Wunder im Graus. Vulkanisten wir sind schaffen alles damit. In den Höhlen da bildet sich Wasser aus sinkenden Leiser ertönt der siegende Himmel, Wolken. Ziehet zum Berge der Wolken Getümmel, In der Tiefe es steiget aus dem nahen Meer, Ströme zum alten Bette zurück, Nimmer mangelt es Menschen in ihm die Dinge zu lösen, Kühlende Blitze durchspielen die Ferne, Die nach seiner Natur scheidet das Feuer daraus. Einzeln entzünden sich wieder die Sterne 16. Bettine von Arnim (1785-1859): Der Vulkan Ja, die Zeichen sind alle erfüllet, Wie der Versöhneten liebender Blick. Als sich der Himmel so dunkel umhüllet, Sonne auf blutenden Gleisen entstieg. Luna, die ziehet im glänzenden Wagen, Wie die häuslichen Tiere sich bargen, Schauet verwundert die Freuden und Klagen, Ha, da schauderte allen vorm Argen, Leuchtet, beleuchtend das Wallen der Welt, Ahnend der Unteiwelt nahenden Sieg. Daß die Verirrten die Straßen erkennen Und die Verwirrten sich freudig anrennen... Glühender; stiller werden die Winde, 17. Karl Mayer (1786-1870): Das Petrefakt Vögel verfliegen vom Neste geschwinde, Was gelebt hat, einst verwest, Säulen des Wassers wirbeln im Meer. Wenn es nicht, wie durch Erhaschung Rollende Donner von unten und oben, Fremder Stoff durch Überraschung Gegen die Flammen, die unter uns toben Und Verhüllung zaubert fest. Stiebet der Himmel in Blitzen sich leer. Leben einst, nun Petrefakt, Gärende Tiefe will neu sich erheben, Wie, von welcher Macht ergriffen, Unterwelt-Schatten durchstoßen im Beben Starrst du aus des Steinbruchs Riffen, Lieblicher Auen blühenden Grund. Nach Äonen ausgehackt! Jupiter schleudert vergeblich die Blitze Von des dröhnenden Götterbergs Spitze Ha, in deinem Altertum Nach des Vulkanes eröffnetem Schlund. War der Mensch noch ungewesen! Doch kein Denkmal ist für`s Lesen Weh, die Titanen sich wieder erkühnen, Seinem Mut zu grau und stumm. Schon die feurigen Augen erschienen, 18. Karl Mayer (1786-1870): Das Wendtal Schon der dampfende Atem sich hebt, Des Angers Mulde trägt verworren Schön wie ein Fruchtbaum im Herbste Ein Felsmeer; Birken wehn herein zu schauen, Und dort von alten Buchenknorren Doch den Früchten ist nimmer zu trauen, Zeigt sich umklaftert das Gestein.

144 Wie seltsam hat in diesem Kalke Zu des Tages Licht empor. Ein schöpferischer Geist gespielt, Herrlich lohnt sich unser Streben, Wo einsam ihr euch, Fuch und Falke Bringet eine goldne Welt In Felsenhorsten stets gestielt! Und des Demants Pracht zu Tage, Die in finstrer Tiefe schwellt. Welch graues Labyrinth von Steinen In der Erde dunklem Schoße Wie macht dem Maler es zu tun! Blühen uns die schönsten Lose, Was mag der Geolog hier meinen? Strahlet uns ein göttlich Licht. Der Dichter lässt das Lied hier ruhn. Einst durch düstre Felsenspalten 19. Theodor Körner (1791-1813): Wird es seinen Sitz entfalten; Bergmannsleben Aber wir erblinden nicht. In das ew'ge Dunkel nieder Wie wir treu der Mutter bleiben, Steigt der Knappe, der Gebieter Lebend in dem düstern Schacht, Einer unterird'schen Welt. Hüllt uns in der Mutter Schleier Er, der stillen Nacht Gefährte, Einst die ewig lange Nacht. Atmet tief im Schoß der Erde, Den kein Himmelslicht erhellt. 20. Franz Grillparzer (1791-1872): Geologisch Neu erzeugt mit jedem Morgen Euer geschmolzener Erdkern Geht die Sonne ihren Lauf. Ist etwa wohl auch von der Wahrheit fern. Ungestört ertönt der Berge Wie scheinbar Grund und Folge seien, Uralt Zauberwort: »Glück auf!« Sollte wohl Frucht und frohes Gedeihen, Das Leben mit all seiner Angehörung Da umschwebt uns heil'ges Schweigen, Abhängen vom Reste frührer Zerstörung? Und aus blauen Flammen steigen So daß, wenn erloschen des Unheils Spur, Geister in die grause Nacht. Mit einem tot die irdische Natur? Doch ihr eignes Tun verschwindet; Die Erde ist Segen in Schale und Kern, Fester sind sie uns verbündet, Und Wärme der zeugende Atem des Herrn. Bauen uns den düstern Schacht. 21. August von Platen (1796-1835): Der Vesuv Nimmer können sie uns zwingen, im Dezember 1830 Und sie hält ein ew'ger Bann: Wir bekämpfen alle Mächte Schön und glanzreich ist des bewegten Meeres Durch der Mutter Talisman. Wellenschlag, wann tobenden Lärms es anbraust; Doch dem Feur ist kein Element vergleichbar Auch die lieblichen Najaden, Weder an Allmacht, Die im reinen Quell sich baden, Stürzen hilfreich in die Gruft, Noch an Reiz fürs Auge. Bezeug' es jeder, Mit den zauberischen Händen Der zum Rand abschüssiger Kratertiefe, Das gewalt'ge Rad zu wenden, Während Nacht einhüllt die Natur, mit Vorwitz Und es rauscht in ferner Kluft. Staunend emporklimmt, Selbst Vulkan, der Eisenbänd'ger, Wo im Sturmschritt rollender Donner machtvoll Reicht uns seine Götterhand, Aus dem anwuchsdrohenden, steilen Kegel Und durch seines Armes Stärke Fort und fort auffahren in goldner Unzahl Zwingen wir das Mutterland. Flammige Steine, Auch mit Proserpinens Gatten, Deren Wucht, durch Gluten und Dampf geschleudert, Mit dem schwarzen Fürst der Schatten, Bald umher auf aschige Höhn Rubine Flechten wir den ew'gen Bund, Reichlich sät, bald auch von des Kraters schroffen Und er läßt auf schwankem Steige Wänden hinabrollt: Eingehn uns in seine Reiche, In des Todes grausen Schlund. Während still, aus nächtlichem Grund, die Lava Doch der Weg ist uns geöffnet Quillt. - Des Rauchs tief schattige Wolk' umdüstert, Wieder auf zum goldnen Licht, Holder Mond, dein ruhiges, friedenreiches Und wir steigen aus der Tiefe, Silbernes Antlitz. Denn der Gott behält uns nicht. 22. Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848): Durch des Stollen weite Länge, Die Mergelgrube Durch das Labyrinth der Gänge Stoß deinen Scheit drei Spannen in den Sand, Wandern wir den sichern Weg. Gesteine siehst du aus dem Schnitte ragen, Über nie erforschte Gründe, Blau, gelb, zinnoberroth, als ob zur Gant Über dunkle Höllenschlünde Natur die Trödelbude aufgeschlagen. Leitet schwankend uns der Steg. Kein Pardelfell war je so bunt gefleckt, Ohne Grauen, ohne Zaudern Kein Rebhuhn, keine Wachtel so gescheckt, Dringen wir in's düstre Reich, Als das Gerölle, gleißend wie vom Schliff Führen auf metallne Wände Sich aus der Scholle bröckelt bei dem Griff Jauchzend den gewalt'gen Streich. Der Hand, dem Scharren mit des Fußes Spitze. Wie zürnend sturt dich an der schwarze Gneus, Unter unsers Hammers Schlägen Spatkugeln kollern nieder, milchig weiß, Quillt der Erde reicher Segen Und um den Glimmer fahren Silberblitze; Aus der Felsenkluft hervor. Gesprenkelte Porphire, groß und klein, Was wir in dem Schacht gewonnen, Die Ockerdruse und der Feuerstein – Steigt zum reinen Glanz der Sonnen Nur wenige hat dieser Grund gezeugt,

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Der sah den Strand, und d e r des Berges Kuppe; Und plötzlich ließen mich die Träume los. Die zorn'ge Welle hat sie hergescheucht, Ich gähnte, dehnte mich, fuhr aus dem Hohl, Leviathan mit seiner Riesenschuppe, Am Himmel stand der rothe Sonnenball Als schäumend übern Sinai er fuhr, Getrübt von Dunst, ein glüher Karniol, Des Himmels Schleusen dreißig Tage offen, Und Schafe weideten am Haidewall. Gebirge schmolzen ein wie Zuckerkand, Dicht über mir sah ich den Hirten sitzen, Als dann am Ararat die Arche stand, Er schlingt den Faden und die Nadeln blitzen, Und, eine fremde, üppige Natur, Wie er bedächtig seinen Socken strickt. Ein neues Leben quoll aus neuen Stoffen. – Zu mir hinunter hat er nicht geblickt. Findlinge nennt man sie, weil von der Brust, "Ave Maria" hebt er an zu pfeifen, Der mütterlichen sie gerissen sind, So sacht und schläfrig, wie die Lüfte streifen. Er schaut so seelengleich die Heerde an, In fremde Wiege schlummernd unbewußt, Daß man nicht weiß, ob Schaf er oder Mann. Die fremde Hand sie legt wie's Findelkind. Ein Räuspern dann, und langsam aus der Kehle O welch' ein Waisenhaus ist diese Haide, Schiebt den Gesang er in das Garngestrehle: Die Mohren, Blaßgesicht, und rothe Haut Gleichförmig hüllet mit dem braunen Kleide! Es stehet ein Fischlein in einem tiefen See, Wie endlos ihre Zellenreihn gebaut! Danach thu ich wohl schauen, ob es kommt in die Höh; Wandl' ich über Grunheide bis an den kühlen Rhein, Tief in's Gebröckel, in die Mergelgrube Alle meine Gedanken bei meinem Feinsliebchen sein. War ich gestiegen, denn der Wind zog scharf; Dort saß ich seitwärts in der Höhlenstube, Gleich wie der Mond ins Wasser schaut hinein, Und horchte träumend auf der Luft Geharf. Und gleich wie die Sonne im Wald gibt güldenen Schein, Es waren Klänge, wie wenn Geisterhall Also sich verborgen bei mir die Liebe findt, Melodisch schwinde im zerstörten All; Alle meine Gedanken, sie sind bei dir, mein Kind. Und dann ein Zischen, wie von Moores Klaffen, Wenn brodelnd es in sich zusamm'gesunken; Wer da hat gesagt, ich wollte wandern fort, Mir über'm Haupt ein Rispeln und ein Schaffen, Der hat sein Feinsliebchen an einem andern Ort; Als scharre in der Asche man den Funken. Trau nicht den falschen Zungen, was sie dir blasen ein, Findlinge zog ich Stück auf Stück hervor, Alle meine Gedanken, sie sind bei dir allein. Und lauschte, lauschte mit berauschtem Ohr. Ich war hinaufgeklommen, stand am Bord, Vor mir, um mich der graue Mergel nur, Dicht vor dem Schäfer, reichte ihm den Knäuel; Was drüber, sah ich nicht; doch die Natur Schien mir verödet, und ein Bild erstand Er steckt' ihn an den Hut, und strickte fort, Von einer Erde, mürbe, ausgebrannt; Sein weißer Kittel zuckte wie ein Weihel. Ich selber schien ein Funken mir, der doch Im Moose lag ein Buch; ich hob es auf – Erzittert in der toten Asche noch, "Bertuchs Naturgeschichte"; lest ihr das? – Ein Findling im zerfall'nen Weltenbau. Da zog ein Lächeln seine Lippen auf: Die Wolke theilte sich, der Wind ward lau; Der lügt mal, Herr! doch das ist just der Spaß! Mein Haupt nicht wagt' ich aus dem Hohl zu strecken, Von Schlangen, Bären, die in Stein verwandelt, Um nicht zu schauen der Verödung Schrecken, Als, wie Genesis sagt, die Schleusen offen; Wie Neues quoll und Altes sich zersetzte – Wär's nicht zur Kurzweil, wär es schlecht gehandelt: War ich der erste Mensch oder der letzte? Man weiß ja doch, daß alles Vieh versoffen. Ich reichte ihm die Schieferplatte: "Schau, Ha, auf der Schieferplatte hier Medusen – Das war ein Thier." Da zwinkert er die Brau, Noch schienen ihre Stralen sie zu zücken, Und hat mir lange pfiffig nachgelacht – Als sie geschleudert von des Meeres Busen, Daß ich verrückt sey, hätt' er nicht gedacht! – Und das Gebirge sank, sie zu zerdrücken. 23. Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848): Es ist gewiß, die alte Welt ist hin, Am siebenundzwanzigsten Sonntag nach Ich Petrefakt, ein Mammuthsknochen drinn! Pfingsten Und müde, müde sank ich an den Rand Tief, tief ein Körnlein schläft in mancher Brust; Der staub'gen Gruft; da rieselte der Grand Doch, Herr, du siehst es und du magst es segnen. Auf Haar und Kleider mir, ich ward so grau O schau auf jene, die, sich unbewußt, Wie eine Leich' im Katakomben-Bau, Nicht fühlen deiner Gnadenwolke Regnen, Und mir zu Füßen hört ich leises Knirren, Die um sich steigen lassen deinen Tau, Ein Rütteln, ein Gebröckel und ein Schwirren. Nachtwandler, dumpf gebannt in Traumes Leben, Es war der Todtenkäfer, der im Sarg Umwandeln Turmes Zinne sonder Beben, So eben eine frische Leiche barg; Nicht zuckend nur mit der geschloßnen Brau. Ihr Fuß, ihr Flügelchen empor gestellt Zeigt eine Wespe mir von dieser Welt. Ich bin erwacht, ob auch zu tiefer Schmach; Und anders ward mein Träumen nun gewandet, So will ich heut nicht an mein Elend denken, Zu einer Mumie ward ich versandet, Will, ach, das einzige, was ich vermag, Mein Linnen Staub, fahlgrau mein Angesicht, Ein zitterndes Gebet den Armen schenken; Und auch der Scarabäus fehlte nicht. Ob nur ein kraftlos halbgebrochner Hauch, Der dennoch mag die rechten Wege finden, Wie, Leichen über mir? – so eben gar Und muß er sich zu deinem Throne winden, Rollt mir ein Byssusknäuel in den Schooß; Wie sich zum Äther wälzet Nebelrauch. Nein, das ist Wolle, ehrlich Lämmerhaar – 146 Du Milder weißt aus allem Erdendunst Und fröhlich lächelt der Wirt darein, Den warmen Lebensodem wohl zu scheiden, Als hört’ er geigen die Engelein. Gerechter du und doch die höchste Gunst, Des Sonne raget über Moor und Heiden, Und wißt ihr, wer heute beim grünen Specht O kräft'ge deinen Strahl, daß er entglüht So lustig kegelt, lärmet und zecht, Die langverjährte Rinde mag durchdringen; So jubelt und flucht mit Macht und Kraft? Mach des erstarrten Blutes Quellen springen, Das ist die Zeiringer Knappenschaft. Auftauen das erfrorne Augenlid.

Wie oft sah ich in schier vereistem Grund Das Silber im Beutel, das Silber im Schacht Sich leise noch das Samenkörnlein dehnen! Hat allen die Köpfe wirbeln gemacht; Wie öfters brach aus längst entweihtem Mund Sie meinen, es gäb’ keinen Kaiser und Herrn Ein Schmerzenslaut, der alles muß versöhnen! Und selbst den Gott Vater entthronten sie gern. O nur wer stand in glüher Wüstenei, Der weiß des grünen Blattes Wert zu schätzen, „He, Schufte!“ schreit nun der Hutmann laut, Und wessen Ohr kein Luftzug durfte letzen, „Heran! Wer zu kegeln mit mir sich getraut, Nur der vernimmt den halberstickten Schrei. Den Scheffel mit Talern hier setz’ ich keck, Daß flugs ich alle neun hinstreck!.“ Mit meinem Schaden hab' ich es gelernt, Daß nur der Himmel darf die Sünde wägen, „Glück auf, Gesellen! Es sei, es sei!“ – O Menschenhand, sie halte sich entfernt, Jauchzt wirr die Rotte mit wüstem Geschrei. – Die nur das Leben zählt nach Pulses Schlägen. „Glück auf! Glück auf! die Becher geleert, Lebt doch das Samenkorn und atmet nicht, Auf daß uns der Satan den Scheffel beschert.“ Und kann es dennoch einen Stamm enthalten, Der herrlich einst die Zweige mag entfalten, Wo das Gevögel jubelt unterm Licht. Da tritt, ein zartes Kind an der Hand, Gehüllt in ein schlechtes, graues Gewand, Sei Menschenurteil in Unwissenheit Ein ältlich Weib von der Straße herbei, Hart wie ein Stein, du, Herr, erkennst das Winden Zu schauen, was da zu jubeln sei. Der Seele, und wie unter Mördern schreit Zu dir ein Seufzer, der sich selbst nicht finden Das liebliche Kind ergötzt sich sehr, Und nennen kann. Kein Feuer brennt so heiß Es hüpfet und spähet hin und her, Als was sich wühlen muß durch Grund und Steine; Und kommen draußen die Kegel zu Fall, Von allen Quellen rauschender rinnt keine, So lacht es darüber mit hellem Schall. Als die sich hilflos windet unterm Eis.

„Gefällt’s dir da draußen, du Affengesicht?“ Im Fluch, dem alle schaudern, hörst du noch Schreit einer es an, „so vergaffe dich nicht!“ Den Klageruf an Kraft und Mut gebrochen; Ein anderer höhnt: „Das ist drollig, nicht wahr? In des Verbrechers Wahnsinn trägt sich doch Ich zeige dir’s gern in der Nähe gar.2 Entgegen dir zerfleischten Herzens Pochen. Das ist das Samenkorn, was wie im Traum Bohrt ängstlich mit den Würzelchen zum Grunde, Drauf köpft er das Kind – und rollet, o Graus, Und immer trägt es noch den Keim im Munde Das blutige Haupt in die Kegel hinaus, Und immer schlummert noch in ihm der Baum. Daß flugs wie mit unheimlicher Kraft Es alle neun zu Boden rafft. Brich ein, o Herr! du weißt den rechten Stoß Und weißt, wo schwach vernarbt der Sünde Wunden; Da schlägt der wilde, entsetzliche Hauf Noch liegt in deiner Hand ihr ewig Los, Ein toll und wiehernd Gelächter auf. Noch lauert stumm die schrecklichste der Stunden, Die Alte aber schweigt und blickt Wo ihnen deine Hand die Wage reicht Gespenstisch drein und zittert und nickt Und die Verdammung steht im eignen Herzen. O Jesu Christ, gedenk an deine Schmerzen! Und beugt sich und streuet Kies und Erd’ O rette, die aus deinem Blut gezeugt! Im Kreis umher mit fremder Gebärd’ 24. Karl Gottfried von Leitner (1800-1890): Die Und murmelt einen furchtbaren Spruch, Bergknappen von Zeiring Zu Zeiring im Markte beim grünen Specht Drin jedes Wort ein zehnfacher Fluch. Wird lustig gekegelt, gelacht und gezecht, Gelacht und gescholten, gezecht und geflucht, Da stand entsetzt mit sträubendem Haar, Daß kaum noch der Teufel es ärger versucht. Noch lachender Miene die bleiche Schar; Die Alte jedoch in dem grauen Gewand Wie Sturmgewölk am Gebirg verschwand. Betrunkene Raufer und zankende Hund’ Und Tänzer und Mädchen durchtummeln sich bunt Und tief in der Erde klimpert und hackt Und als im Berg am Werketag Der Hackbrettschläger und stampfet den Takt. Ertönet der erste Hammerschlag Erbebt der Grund und mit Donnergebraus Stürzt Schacht und Stollen in Nacht und Graus. Es träufelt der Wein von Tisch und Bank, Es laufen am Boden die Taler blank

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25. Karl Friedrich Schimper (1803-1867): Die So gut als kurz vor ihrer Ankunft Eiszeit Schwer sie getragen der Pathe Montblanc. Mehr als der Leu dort oder der Elephant, Mehr als des Äffleins Fratzengesicht, woran Sie, stammt dem Heerzug, Brüder und Schwestern all, Sich freut der Pöbel, während Denker Wie stehn sie stumm da, hüllen sich ein in Eis! Heimlich sich schämen des Mitgesellen: Denn lauter als sie alle sprichst du, Das sie bewohnt, o du kleines Schneehuhn! Mehr als die Vollzahl aller Geschöpfe selbst, Die Sammellust dich häuft, und der tiefe Sinn Als nach dem Ausbruch dieser Gewaltigen Des Froschers so georndet, daß fast Hinsank des Frosts Reich, lebensgeschwellte Natur Unwiderstehlich der Geist sich kund gibt: Der aus sich selbst erwärmten Erde Kinder verlieh in erneuter Schöpfung: Mehr als das Reich rings, fesseltest du den Sinn, Eisbär des Nordpols! Führst mich in Gegenden, Damals gebar euch, Zaubern der Möglichkeit Wo winterfroh du noch im Treibeis Rasch folgend Tellus, ward sich zuerst in euch, Wohnst und behagluch dich übst im Fischfang. Die ihr jetzt wohnt im Eis des Poles, Wieder gewahr in der Macht des Lebens. Wohnst hingedrängt dort lange bereits, doch einst War deine Heimath näher bei uns! Es war Nahrung genug bot Fluthengewimmel schon, Vielleicht das Urland deiner Schöpfung, Neu hing am Fels auch freudiger Flechtenwuchs, Winterbedeckt noch, das Herz Europas. Genügsam, wie das edle Renn, das Ahnte den Herrn, der es jetzt gezähmt hat! Wohl war zuvor mild, milder als jetzt, die Welt: Weithin im Urwald hallte Gebrüll des Rinds, Ihr wicht! Erfüllung wurde gewährt, und ganz, Mammuthe grasten still, in Mooren Auf letzten Umsturz, siehte das Lebensreich; Wälzten sich lüsterne Pachydermen. Im alten und im neuen Baustyl Wandelt das Volk der verjüngten Erde! Längst sind vertilgt sie, deren gebleicht Gebein Einhüllt das Fluthland, oder mit Haut und Fleisch Ihr wicht! Der Schauplatz wurde warm, und fern Zugleich und frisch erhalten, ausspeist, Wohnt ihr am Pol jetzt! Aber der Herrschende, Endlich erliegend das Eis des Nordens! Der dann zuletzt erschienen, kennt euch! Staunt der Geschichten, die ihr ihm kündet! Ureises Spätrest, älter als Alpen sind! 26. Karl Friedrich Schimper (1803-1867): Tod Ureis von damals, als die Gewalt des Frosts des Todes Berghoch verschüttet selbst den Süden, Bei lautem Donnerrollen auf der Mauer Ebnen verhüllt so Gebirg als Meere! Des Jurakammes stand ich, Mauerschollen Rings stürzten, da Gußbäche rauher quollen, Wie stürzte Schneesturm, welche geraume Zeit, Zu schauervoller Tiefe, nebelbrauer. Endlos herab! Wie, reiche Natur, begrubst Du lebensscheu dich, öd und trostlos! „Nie sah genauer ich die volle Dauer Aber es ging ja zuletzt vorüber! Der Mauern, die auf immer dauern sollen! Grabsteinzerhauer hier der trauervollen Tief aus dem Grund brach Alpengebirg hervor, Wird spielend gar ein toller Regenschauer! Brach durch die Eiswucht, deren erstarrter Zug Unendlich trümmervoll mit Blöcken Gewalt der Zeit bedroht den Tod, er altet! Seltsam geziert noch den Kamm des Jura. Den wild verschlungnen Schatz von Leben-Bildern Muß herb sich neigend er im Sterben zeigen! Wie stand sie hoch erst, deren Zusammensturz Dich schöner See Genfs, dich auch von Neuenburg, Uraltbegrabnes bricht erhabnes Schweigen, Als jener Vorzeit Wundersiegel, In mildern Zeiten seine Zeit zu schildern, Einzig entzog der Geröllverschüttung! Gestaltet neu vom Menschen, der jetzt waltet!“ 27. Karl Friedrich Schimper (1803-1867): Denn als sie hinschmolz, als sich die Erde neu Weltalter Sehnsüchtig aufthat, flutheten graunvoll, Ruhet nur fort und fort, alte Riesenknochen, Dem Guß und Sturz der Wasser weichend, Tief im Berg Austerbank, Dintenfisch und Rochen! Weg die Molassen als Löß ins Rheinthal! Eure Zeit war einmal, und begraben seyd ihr Deß Zeuge warst du, herrlicher Kaiserstuhl, Mit dem Stein noch bewahrt, mit dem Stein zerbrochen. Breisgaues Hochwart, sanfterer Sohn Vulcans! Neun Linden schmücken jetzt das Haupt dir, Hättet ihr je geahnte, was euch folgen sollte? Ja Schauend in spätere Paradiese. Der Welt altes Heer starb nicht ungerochen!

Noch aber lehnt am feuergekochten Fels Neue Zeit ging hervor, neue Blumen blühen, Spätzeitger Flötzung, der sich zu Alpen hob, Neue Gluth, neues Blut, neue Herzen pochen! Die Schaar von Gletschern, deren Rückzug Zaudernd gereihet die Block-Moränen. Die ihr rings mit mir lebt, all ihr tausend Wesen, Kummerlos lebt dahin euer Jahr und Wochen. Hoch ragt die Jungfrau, welche der Kindheit noch Stolz eingedenk stets weiße Gewänder trägt, Nicht wohin, nicht woher wollet ängstlich fragen: 148 Daß ihr lebt, darin ist euer Sieg versprochen! (Eben die Föhren, wovon gleich Eingangs oben ein Lob steht Mag der Mensch wie er kann in den kurzen Sommern Zeichen von weitem zumeist dieses Gelände schon aus!) Wissenschaft, edle Frucht, noch zur Reife kochen, Ob etwa Käfer – nach – Thal nur oder ins Lambsheimer Feld, Freien Blick, wie zurück, so in alle Zukunft Oder ob näher vielleicht und genügsamer, lieber – zum Hast allein du o Gott, Herr der Welt-Epichen! Galgen. 28. Karl Friedrich Schimper (1803-1867): Ihr trefft immer „den Sand“, hohes verdorrtes Feld, Gebirgsbildung Aelterem Dilivio ganz spät nachzügelnden Flugsand: Bruder des Zeus, Neptun, dreizackausreckender, und du Rheindukaten geträumt hat er jedoch zuerst. Schmiedender Fast wie wir noch heut, super-colluvialischen Sehens, Sohn, Vulkan, wollt ihr die Herrschaft der Welt? Solche Dukaten geprägt träumen (doch öfter umsonst!) Neptunisten dahier und Vulkanisten, die Losen, Witzig mit Glimmer gemengt, schillerndem Schleichen sich, in Theorie! Auf zu dem Adler am Fels. Katzenmetall, Aber es reicht schon noch, daß der Donnerer blitzt, und Schwarmweis windig zerstreut, harmlosesten sie purzeln, Reichthums, puris Plutonisten sodann, nieder in tiefstes Geklüft. In naturalibus hegt er die Dukaten in sich. Wiederum gleich theoretisch gesprengt von Meistern ist Solche beschaut er behend und bewegt er behaglich im Alles, Bade Pluto`s Thor fährt auf vor der gedunsenen Kunst. Wenn er im Rheinstrom neu früherer Spiele gedenkt. Äolus, was kannst du? Sie tädeln mit ganzen Gebirgen, Denn wenn Wetter und Wind Sandwände der Ränder mit Die Brandung Sie herunter hinauf treiben mit Brei von Granit. Trafen, so stürzt er herab, wälzt in Wogen sich fort. Aber es kommt zum Glück nun hilfreich Pallas Athene, Aber ein Mannheimer Mann bringt dann sein Schäfchen Scheuchet das Gelichter und schafft Frieden und freien ins Trockne, Verstand. Zieht einen Hammel den Flaus aus und bespannt sich ein Hungernde führt sie zum Koch, der die Speisen bereitet Brett, mit Feuer, Schaufelt darüber den Flug- als spielend gespülten Aber mit Wasser zugleich, wenn er das Rohe gekauft. Schwemmsand, Lechzende lehrt sie zur Zeit klug meiden das Wasser und Und? Und verwandelt das Fell bald in ein goldenes labt sie Vließ! Besser mit Eis, das hoch fern im Gebirbe gefror. Siehst du, o Freund, auch hier träuft über das Kindlichem Blick aufhelfend ersinnt sie ein anderes Lumpenpapier hin Beispiel, Rein patriotischen Sinns solch eine Goldwäscherei! Zeigt mit Gebirgen bedeckt eine verhuzelte Birn. 30. Karl Friedrich Schimper (1803-1867): Blick 29. Karl Friedrich Schimper (1803-1867): auf die Naturwissenschaften Mannheimer Boden Die guten Pflanzenjäger (Der Geolog antwortet von den Felsen des Und feinen Hölzersäger – Haardtgebirges:) Das Volk der Kräuterleute Erwürfelt seine Beute Nicht, wie du meinst, das Diluvium, Freund, jagt schnell Mit zwei und dreien Paschen von dannen, In Haarzopf und Kamaschen. „Oder von Fichten?“ Es kann solches mit nichten Sie legen sich aufs Rathen, geschehn! Und wie heran sie traten, Sieht man ja doch nur Föhren im Land vom Rhein an bis Da rechts um und da links um – Virnheim, Bringt sie die Räthselsphinx um? Zwillingsgenadelten und schlankhochstämmigen Wald! Nein, lassen sie es laufen Aber die Niederung zeugt feucht wachsende Sträucher Und fangen an zu raufen! und Laubholz, Wo wäre Kraft und Neigung Eichen und, rebenbekränzt, Ulmen im Neckrauer Wald. Für Stellungen und Zweigung, Nicht, wie du meinst, das Dilivium scheucht gleich fort Wo, für die schönen Zahlen aus der Stadt mich: Die wachsen in Spiralen, Uebte, was nicht existirt, wirklich so herbe Gewalt? Für Gang und Rang und Richtung Nein, eines Diluvii freut nimmer ein Mann sich in Und tiefe Gleichgewichtung? Mannheim: Wie frisch Hamadryaden Kaum noch Alluvium steht die quadratete Stadt! Sich Seher eingeladen, Aber im Colluvio, so nenn`ichs behutsam, im Die Mäher wollen Futter „Rheinschleim“ Für Milch daheim und Butter! Sitzen und schwitzen sie dort, sitzen und schwatzen sie Wenn jene Blumen trieben fort, Was bliebe noch zu lieben? Seit sie am Rhein und am Neckar dazu, gleich hüben und Wenn sie „das Rarste“ brachten drüben Was wäre noch zu achten? Gärten erhöht wo sonst weidene Gerten gesproßt. Gabs Trauben und Melonen Rheinschleimsassen zu nennen im Plätschergeriesel des Was wäre noch zu schonen? Verses, Verschmähend schlechte Reste Wären die Leutchen gewiß werth auch des Diluvii – Begehren sie das Beste, Haben es auch, ganz nah, gleich wie sie sich über die Was sie dafür so halten, zwei Schiffs- Die Jungen und die Alten; Brücken hinüber bemüht, über den Neckar, den Rhein. Und Kümmelspaltern freilich 149

Sind Schnitzer auch verzeihlich! 31. Franz von Kobell (1803-1882): Die Urzeit [...] der Erde Die Herrn Mineralogen, Durchblätterst du ein altermorsches Buch Dem Krücklatein gewogen, Und findest eine dürre Blume drinn, Orykt- und Geognosten So weilt das Auge sinnend wohl darauf Im Westen und im Osten, Und bunte Bilder ziehen drüber hin. Die Herren Nichtsalssteiner, Sie mögen grob und feiner Du möchtest, dass das bleiche Blatt erzählt Spathwinkel und Weltrunzeln Von seiner Zeit und wie da her es kam, Nachbosseln wohl mit Schmunzeln – Wer`s blühend einst gekannt, wer seinen Schmuck Einmal die Anfangsgründe Und wem zu lieb er ihn vom Garten nahm. Zu lernen wäre Sünde: Da ist noch Ein- für Einfall Auf öder Haide ein bemoostes Kreuz, Ein Meteorstein-Steinfall! Ein Schwert, ein Ringlein aus der Scholle Schoos, Du siehst sie fragend an, woher, warum, Bestehn nicht die Krystalle Wem haben sie gedient, was war ihr Loos? Gleich aus Krystallen alle? Und wie nun die entstehen Es weht ein stiller Hauch der Poesie Umgehn sie auf den Zehen! Um einst`ges Leben und was seiner mahnt, O tiefe Weisheit kindisch Die Jahre heiligen, das Grab versöhnt, Steinseelig sehr und rindisch, Die Zukunft in Vergang`nem wird geahnt. Die meint daß in der Rinde Von selbst sich alles finde; Wer wandernd je in Berges Einsamkeit Die aller Hüllen Hülle Auf hochgethürmtem Zackengrate stand Dahinnimmt als die Fülle; Und in den Felsen dort ein Ammonshorn, Die ohne That und Wesen Das Schaalgehäuse einer Muschel fand. Sich in die Form verlesen Um mit umflachten Ecken Er schaut die Zeichen die da eingeprägt, Ein Nichts aus Nichts zu wecken: Der Kluft erinnernd zwischen Einst und Jetzt, Ver-eckten Sinnes Blühte, Es kehrt ihm wieder längst geschied`ne Zeit, wovor uns Gott behüte! In neue Welten fühlt er sich versetzt.

Was merkt Monolithismus Er denkt der See und selber das Gebirg Je vom Promeizonismus, Mit seinen Kämmen wird zum weiten Meer, Was von der Metenchese Erhebend wie den sturmgeworf`nen Schaum (Welch eine Aehrenlese!) Die blitzend weißen Gletscher um ihn her. Von Ueberguß und Riefung Die folgt aus der Vertiefung, Wo damals ihre Mauern wunderbar Von regelrechtester Stellung Korallenthiere bauten still und leis, Des Schubs in Ström- und Wellung, Da schimmert nun der Alpenrose Roth, Was von den Witterungsphasen, Der zarte Sammt des schlanken Edelweiß. [...] Von alter Winde Blasen, 32. Eduard Mörike (1804-1875): Der Versteinrem Sonnenscheine Petrefaktensammler Am Fluth- und Ebbensteine; Einmal noch an Eurer Seite, Vom Regen gar und Hagel Meinen Hammer im Geleite, Der Nagel schlug zu Nagel Jene Frickenhauser Pfade, Am Sarg der Theorieen Links und rechts und krumm und grade Die das Gefrorne fliehen, An dem Bächlein hin zu scherzen, Und durch die Wechselzeiten Dieß verlangte mich von Herzen. Allein auf Feuer reiten, Aber dann mit tausend Freuden Auch mit Vapeurs Dämpfen Gleich den Hügel auf zu weiden, Noch fort in Krämpfen kämpfen! Drin die goldnen Ammoniten, Ob Brandung, ob Geriesel Lias-Terebratuliten, Gestaltet wo die Kiesel, Pentakrinen auch, die zarten, Und was dann die erzählen, Alle sich zusammenschaarten, – Wer wird sich damit quälen? Den uns gar nicht ungelegen Ja Wetter- und Schmettertafel Just ein warmer Sommerregen Und alles das ist Bafel, Ausgefurcht und abgewaschen, Bis es vielleicht wird Mode Denn so füllt man sich die Taschen. Nach manchen Unfugs Tode – Auf dem Boden Hand und Knie, Nachdem mans ausgestreuet, Kriecht man fort, o süße Müh'! Auch sattsam eingebläuet Und dazwischen mit Entzücken Da wo sich hübsch im Blauen Nach der Alb hinauf zu blicken, Lang nichts erblickt vor – Schauen! Deren burggekrönte Wände Wohl halt`ich gern Examen, Unser sonnig Thalgelände, Was aufging von den Saamen: Rebengrün und Wald und Wiesen Doch in dem harten Garten Streng mit dunkeln Schatten schließen! Kann keiner lange warten! [...] Welche liebliche Magie

150 Uns im Rücken übten sie! Ins schmachtende Eidechsenauge, Eben noch in Sonne glimmend Da ward er vor Liebe so krank. Und in leichtem Dufte schwimmend, Da zog es ihn hin zu der Holden Sieht man schwarz empor sie steigen, Durchs klebrige Urweltgemüs, Wie die blaue Nacht am Tag! Da ward aus dem Ichthyosauren Blau, wie nur ein Traum es zeigen, Der zärtlichste Ichthyosüß. Doch kein Maler tuschen mag. 35. Oswald Heer (1809-1883): Gletscherzeit Ja, sie scheinen nah zu rücken, Auf den felsbedeckten Höhen Immer näher, immer dichter, Oberhalb der Stadt Monthey Und die gelben Regenlichter Wir den lieben Namen sehen: All' in unser Thal zu drücken! Johann von Charpentier, Wahrlich, Schön'res sah ich nie. Er hat einst uns aufgehellt Wenn man nur an solcher Stätte Einen Theil der alten Welt Zeit genug zum Schauen hätte! Der von tiefer Nacht umfangen, – Wißt Ihr was? Genießt Ihr Beiden Eh dies Licht uns aufgegangen. Gründlich diese Herrlichkeiten, Auch für mich genießet sie! Wenn wir jetzt herniederschauen, Denn mich ärgert's allerdinge, Auf des weiten Thales Flur, Wenn das rein verloren ginge. Sehn wir in den grünen Auen; Doch, den Zweck nicht zu verlieren, Ueberall des Menschen Spur; Will ich jetzt auf allen Vieren Die Natur gibt dem Gelände, Nach besagten Terebrateln Jetzt des reichsten Segens Spende, Noch ein Stückchen weiter kratteln; Und hat auf die Bergkolossen Das ist auch wohl Poesie. Ihren Zauber ausgegossen. 33. Eduard Mörike (1804-1875): Göttliche Reminiszenz Anders war`s in alten Zeiten, Vorlängst sah ich ein wundersames Bild gemalt, Als der Gletscher aufgestaut, Im Kloster der Kartäuser, das ich oft besucht. Und an beiden Bergesseiten Heut, da ich im Gebirge droben einsam ging, Einen hohen Wall gebaut. Umstarrt von wild zerstreuter Felsentrümmersaat, Seht des ganzen Thales Becken Trat es mit frischen Farben vor die Seele mir. Tiefe Gletscher überdecken, Uni in geisterhafter Weise An jäher Steinkluft, deren dünn begraster Saum, Starren die Alpen aus dem Eise. Von zweien Palmen überschattet, magre Kost Den Ziegen beut, den steilauf weidenden am Hang, Eine schauerliche Stille, Sieht man den Knaben Jesus sitzend auf Gestein; Herrschet in dem Gletscherland, Ein weißes Vlies als Polster ist ihm unterlegt. Denn es deckt des Lebensfülle Nicht allzu kindlich deuchte mir das schöne Kind; Noch das kalte Schneegewand. Der heiße Sommer, sicherlich sein fünfter schon, Hören nur des Gletschers Dröhnen Hat seine Glieder, welche bis zum Knie herab Aus den tiefen Spalten tönen, Das gelbe Röckchen decket mit dem Purpursaum, Und der Steine Wiederhallen, Hat die gesunden, zarten Wangen sanft gebräunt; Die vom Berg herunterfallen. Aus schwarzen Augen leuchtet stille Feuerkraft, Den Mund jedoch umfremdet unnennbarer Reiz. Von der fernen Felsenstöcken, Ein alter Hirte, freundlich zu dem Kind gebeugt, Wie der nah gelegnen Fluh, Gab ihm soeben ein versteinert Meergewächs, Stürzen sie in mächt`gen Blöcken, Seltsam gestaltet, in die Hand zum Zeitvertreib. Unsrem großen Gletscher zu; Der Knabe hat das Wunderding beschaut, und jetzt, Willig trägt er auf dem Rücken Gleichsam betroffen, spannet sich der weite Blick, Diesen Wall von Felsenstücken, Entgegen dir, doch wirklich ohne Gegenstand, Bis wo er mit seinem Rand, Durchdringend ewge Zeitenfernen, grenzenlos: Grenzet an das grüne Land. Als wittre durch die überwölkte Stirn ein Blitz Der Gottheit, ein Erinnern, das im gleichen Nu Dorten an dem Ziel der Reise, Erloschen sein wird; und das welterschaffende, Sinken sie mit lautem Krach, Das Wort von Anfang, als ein spielend Erdenkind In dem weichgewordnen Eise, Mit Lächeln zeigt's unwissend dir sein eigen Werk. In den trüben Gletscherbach. 34. Friedrich Theodor Vischer (1807-1887): Sie sind dort jetzt aufgestellt, Prähistorische Ballade Als die Zeugen einer Welt, Ein Ichthyosaur sich wälzte Die schon längst zu Grab getragen, Am schlammigen, mulstrigen Sumpf. Eh ein Menschenherz geschlagen. Ihm war in der Tiefe der Seele So säuerlich, saurisch und dumpf, Gehen wir zu den Gletschergrenzen, So dämlich, so zäh und so tranig, Oberhalb der Stadt Monthey, So schwer und so bleiern und stumpf; Sehen wird den Namen glänzen, Er stürzte sich in das Moorbad Johann von Charpentier. Mit platschendem, tappigem Pflumpf. Dort umringt von jenen Wundern, Da sah er der Ichthyosaurin, Wir den Seherblick bewundern, So zart und so rund und so schlank, Der zuerst den Sinn begriffen, Dieser Block-Hieroglyphen. 151

Ihr Gesang ist nur ein Schmachten, Wollen darum nie vergessen, Nur ein Sehnen nach dem Licht. Daß Charpentier es war, Sie besingt des Tages Prachten, Der, was anfangs schien vermessen, Doch sie weiß es selber nicht. Allen machte licht und klar. So oft wir nach Monthey gehen Heil'ge Nacht, sei tief gefeiert! Soll er geistig vor uns stehen, Alte Vorzeit, tritt uns nah! Und sein Bild uns stets begleiten, Alles Leben liegt verschleiert, In die fernen Gletscherzeiten. Doch das Leben ist nicht da. 36. Heinrich Hoffmann (1809-1894): Das Mammut Mutter, die du schwanger gehest Ein Mammut, das im Eise steckt, Mit den Keimen kühnster That, hat unser Walther hier entdeckt; Ach! du stirbst, wie du auch flehest, da saß es wohl viel tausend Jahr ́, Wenn des Kreisens Stunde nah't. seit es dort eingefroren war. II. Jetzt aber plötzlich aufgewacht, Der Morgen ist gekommen, hat es die Augen aufgemacht Und der Gebilde Schaar, und rief vergnügt trotz hohem Alter: Vom frischen Licht umglommen, „Ei, guten Morgen, lieber Walther!“ Ward freudig offenbar.

Nun kam auch Eduard mit der Geig` Die wir so ganz durchschauen, Und spielte einen Walzer gleich; Heil, heil dir, Gegenwart! Das Mammut machte Schritt vor Schritt, Der muß sich selbst vertrauen, der Walther, der ging mutig mit. Der dich herangeharrt.

Dann tanzten sie vergnügt und lang; Kein allgemeines Träumen, Das liebe Mammut aber sang: Drin wir, leis wachsend, ruh'n „Nun sind wir müd`, nun sind wir heiß! Hier gilt es, nicht zu säumen, Jetzt essen wir Vanille-Eis Wir sind nur, was wir thun. Und Riesen-Urwelts-Biskuit, die bracht`ich aus der Eiszeit mit!“ Die Sterne sind zerronnen. 37. Friedrich von Sallet (1812-1843): Vorzeit Die Sonne brach herein, und Gegenwart Die Freiheit hat begonnen, Heil'ge Nacht, sei tief gefeiert! Ringsum ein lichter Schein. Alte Vorzeit, tritt uns nah! Alles Leben liegt verschleiert Was sollen uns die Welten? In des Schlafes Knospe da. Wir haben eine Welt. Wer will noch etwas gelten, Lichte Sterne sicher kreisen, Wo Alles gotterhellt? Jeder ist ein Geistesheld. Jeden einzeln laßt uns preisen! Und ist doch jede Blüthe Ist doch jeder eine Welt. Geworden nun ein Stern. Was fragt der Lichtdurchglühte, Aus dem allgemeinen Dunkel Ob man ihn sieht von fern? Tauchen sie mit Macht hervor, Bis ihr zitterndes Gefunkel Die starren, trotz'gen Berge Sich in Thal und Busch verlor. Wie träge Riesen ruh'n; Doch das Geschlecht der Zwerge Drunten ein zerfloss'nes Leben, Will nun hervor sich thun. Massenhaft, ein einz'ger Traum, Draus sich ries'ge Gipfel heben, Viel tausend Kräfte ringen, Sie auch sind zu kennen kaum. Voll Jugend allzumal, Und Alles muß gelingen Nur die steinernen Heroen Im Freiheitssonnenstrahl. Sieh'st du in der Dämmrung steh'n, Wie sie stolzen Hauptes drohen; Hin starb die süße Klage Alles Andre muß vergeh'n. Einsamer Nachtigall; Doch tönt dem neuen Tage Was da sprießt und blüh't auf Erden, Ein Jubelstimmenschwall. Was sich regt in Thal und Au — Jetzt ist's nur ein stummes Werden, Wer fragt noch, wer da singet, Ein gestaltlos Ahndungsgrau. Wo Alles singt und klingt? Wer ist, der uns bezwinget, Der beherzte Streit der Töne Da jeder sich bezwingt? Wagt zu wecken nicht das All, Nur in klagend tiefer Schöne Das ist ein lustig Leben! Lockt das Lied der Nachtigall. Lust an bewußter Pflicht, Ein Durcheinanderweben; 152 Doch eine That im Licht. Und ihre kalten Eiskristalle Zerfließen sanft zu klarem Thau, Wo Alle sich gestalten, Was lockte sie von ihren Höhen Gestaltet sich die Welt. Herab herab zur grünen Au? Du, Gegenwart, sollst walten, 40. Hermann von Lingg (1820-1905): Urzeit Du, durch und durch erhellt! Ein Dämmrungsfalter, kaum entschlüpft den Puppen 38. Friedrich von Sallet (1812-1843): Des Stein- und Pflanzenreichs, sieh, da vertraute Vulkanismus Die junge Tierwelt, als ihr Morgen graute, Die ihr von friedlicher Entwicklung träumet, Den Flügeln sich, noch ganz in harten Schuppen. Stillem Gedeih'n und leisem Ausgestalten — Seid ihr denn taub? Es bäumet sich und schäumet, Noch stoben Rauch der Berge nackte Kuppen, Dumpf kracht's im Weltgrund noch von Kriegsgewalten. Und wie die Wasserflut allmählich staute, So schwang es sich empor, gezähnt, und schaute Das hört ihr nicht? Und wir, wir sollen hören Begierig aus nach grünen Inselgruppen. Eu'r schmächtig Liedlein durch des Sturmes Schnauben? Und, da sich alle Kräfte wild empören, Da freute jedes Ungetüm, und kreischend An euer Frühlingswachsthumsmärlein glauben? In aller Scheußlichkeit, sich seines Fanges, Den gleich abscheulich wilden Feind zerfleischend. Wir seh'n kein Keimen, nur ein riesig Gähren. Ist's Chaos, sei auch unser Thun chaotisch! Abwarten? In trüber Mondnacht heulte da sein banges Nein, wir könnens nicht gewähren. Geschrei die Brut, den Beuteteil erheischend, Des Augenblick's Gewaltthat herrscht despotisch. Im Ahnungsgraun des eignen Unterganges. 41. Otto Roquette (1824-1896): Modern Helft euch! sonst wird das Meer euch überschwemmen, Ein Urweltsmondkalb, ein Ichthyosaurus, Salzbitter, schaurig wüst, ein Grab der Freiheit, Ein Ungeheu'r vom Stamme der Fossilien, Gestalt anringend, müßt ihr wild euch stemmen Und wäre das Skelet des Minotaurus Gegen der Knechtschaft grause Einerleiheit. Zu finden, oder andrer Mischfamilien Entschlaf'ne Vettern, etwa ein Centaurus, Mit Gluthen werden Fluthen nur gebändigt, Auch wohl die Haut herkulischer Reptilien: Wer sich fühlt Gottesflamme, sprüh' und tobe! Das Alles wird und würde Modesache Nicht fragt, ob sich's formiert auch und beständigt, Für Freund' und Gönner vom Gelehrtenfache. Daß bald ein fertig Werk den Meister lobe. Giebt's in der Wissenschaft gelehrte Moden, Hier gilt's ja nur der Flamme Lebensrettung, So bringt in unermüdlichem Erneuen An wälzt die Tyrannei die finstren Wogen. Sie Jahr und Tag auf all und jedem Boden. Verlischt das Feuer tief in ihrer Bettung, An stetem Wechsel will die Welt sich freuen, Dann ist die Welt um Lenz und Herbst betrogen. Und eilt, das Aeltre nur hinwegzuroden, Um Allerältestes zu wiederkäuen. Hoch in den Himmel schleudert Mondesmassen! Was fremd erscheint in günst'ger Zeitenstunde, Schroff aus der Fluth bäumt Felsenungethüme! Macht auf der Neugier Straßen schnell die Runde. Nicht zirkelt ab dem Monde seine Gassen, Nicht sorgt und sinnt, wie sich der Fels beblüme! Was alles ausersehn zum Modemachen, Und wie das Modemachen gar gemacht wird, Und schafft ihr auch nur riesge Mißgeburten, O lustig Schauspiel! Oft zuerst mit Lachen Die, aufeinanderfolgend, sich verzehren — Empfängt man, was Gemeingut über Nacht wird, Mißbilder auch, die licht- und gluthnaturten, Bis plötzlich es, nach kurzem Glanz und Prachen Sind Sieg und Damm ob tobten Meer's Verheeren. Geworfen in des Trödels tiefsten Schacht wird. Auch auf des Ruhmes Bahn die Tageswunder Liegt fest im Zwangsbett erst die Fluth, die wilde, Man hebt, verwöhnt sie, wirft sie weg als Plunder. Dann mag die Gluth sich auf sich selbst besinnen, Daß, statt zu kämpfen blind, sie schaff' und bilde, Es ist das Loos des Künstlers auch und Dichters, Und Fried' und Frühling mögen froh beginnen! Des besten oft. Er theilt das Gunstempfangen Mit jedem Troßknecht seichtesten Gelichters, Dann mag der Geist beim Waldgesäusel träumen, Der schnell zur Hand für jegliches Verlangen, Weich Duft einathmend. Kampf und Zorn verschollen. Und keck verlacht den Spruch des ernsten Richters. — Der Beste, dem sie heut noch Hymnen sangen, Titanen wir in Urzeithöhlenräumen, Hört morgen jauchzen die entzückten Horden, Uns hat es nicht so sänftlich werden wollen. Ein Popanz ist ihr Liebling schnell geworden. 39. Adolf Pichler (1819-1900): Die Lawine Es senkt sich auf die Felsenzinnen Das nie Veraltende war selten modisch. Der Himmel wie ein ehern Dach, Wenn auch begrüßt von Vielen, und verstanden, Die Sonne küßt mit Flammenathem Geht's durch die Welt doch einsam, episodisch, Die donnernde Lawine wach. Wo Wirrwarr sich und Ungeschmack verbanden. Es lautet nur dem engsten Kreis melodisch, Sie stürzt und braust im Riesensprunge Ein Klang, in dem die Besten nur sich fanden. Gleich einem Sieger stolz und groß, Die Welt verlangt Trompeten, Paukendröhnen, Bis sie auf Veilchen und Narzissen Um gläubig zu genießen und zu krönen. Sich ruhig legt in Thales Schooß. Was niemals Mode war, das Schöne, Gute, 153

Ging ruhig wachsend doch durch alle Zeiten, Indeß im Mummenschanz der Weltminute, Auch Steinkohl' und Zechstein und Trias Die flücht'gen Bildungen vorüber gleiten, Entwichen, im Innern gesprengt, Und schwinden nach gebüßtem Uebermuthe. Laut jammert im Jura der Lias, Was unzerstörbar lebt für Ewigkeiten, Daß die Glut ihn von hinten versengt.[13] Erscheint, wie wenn nach bunten Flackerfeuern Auch die Kalke, die Mergel der Kreiden Sich Sterne rein und groß dem Blick erneuern. Sprachen später mit wichtigem Ton: 42. Joseph Victor von Scheffel (1826-1886): Der »Was erstickte man nicht schon beizeiten Ichthyosaurus Den Keim dieser Revolution?« Es rauscht in den Schachtelhalmen, verdächtig leuchtet das Meer, Doch vorwärts, trotz Schichten und Seen, da schwimmt mit Tränen im Auge Drang siegreich der feurige Held, ein Ichthyosaurus daher. Bis daß er von sonnigen Höhen Ihn jammert der Zeiten Verderbnis, Zu Füßen sich schaute die Welt. denn ein sehr bedenklicher Ton Da sprach er mit Jodeln und Singen: war neuerlich eingerissen »Hurra! das wäre geglückt! in der Liasformation. Auch unsereins kann's zu was bringen, "Der Plesiosaurus, der alte, Wenn er nur herzhaftiglich drückt!« er jubelt in Saus und Braus, 44. Joseph Victor von Scheffel (1826-1886): Der der Pterodaktylus selber Basalt flog neulich betrunken nach Haus. »Mag der basaltene Mohrenstein Der Iguanodon, der Lümmel, Zum Schreck es erzählen im Lande, wird frecher zu jeglicher Frist, Wie er gebrodelt in Flammenschein schon hat er am hellen Tage Und geschwärzt entstiegen dem Brande: die Ichthyosaura geküßt. Brenn's drunten noch jahraus, jahrein, Mir ahnt eine Weltkatastrophe, Beim Wein soll uns nicht bange sein, so kann es länger nicht gehn; Nein, nein! was soll aus dem Lias noch werden, Soll uns nicht bange sein!« wenn solche Dinge geschehn?" So klagte der Ichthyosaurus, Es war der Basalt ein jüngerer Sohn da ward es ihm kreidig zu Mut, Aus altvulkanischem Hause, sein letzter Seufzer verhallte Er lebte lange verkannt und gedrückt im Qualmen und Zischen der Flut. In erdtief verborgener Klause. Es starb zu derselbigen Stunde die ganze Saurierei, Vulkanische Kraft war damals gehaßt sie kamen zu tief in die Kreide, Ob ihrer zerstörenden Schläge, da war es natürlich vorbei. Dem Ruhebedürfnis der Erde entsprach Und der uns hat gesungen Entwicklung auf feuchtem Wege. dies petrefaktische Lied, der fand's als fossiles Albumblatt Eintönig wogte die Flut und litt auf einem Koprolith. Nichts Hartes mit scharfer Kante, 43. Joseph Victor von Scheffel (1826-1886): Der Die Felsen zerrieb sie zu Kieselstein, Granit Die Kiesel zerrieb sie zu Sande. In unterirdischer Kammer Sprach grollend der alte Granit: Erdmännlein, die klugen, erkannten betrübt »Da droben den wäßrigen Jammer Die Gefahr allmähl'cher Versumpfung, Den mach' ich jetzt länger nicht mit. Da schürten sie unten leis am Basalt: Langweilig wälzt das Gewässer »Erwach' aus deiner Verdumpfung! Seine salzige Flut übers Land, Statt stolzer und schöner und besser Erwach', sei ein Mann und erhebe dein Haupt, Wird alles voll Schlamm und voll Sand. Zerspreng' die beengenden Bande, Aus himmelansteigender Felsenburg Das gäb' eine mitleidwerte Beherrsch' die geschichteten Lande! Geologische Leimsiederei, Wenn die ganze Kruste der Erde Erwach' und ruf': ›perrumpendum est!‹ Nur ein sedimentäres Gebräu. Wie drüben im Alpenbezirke Am End' würd' noch Fabel und Dichtung, Deine tapfern Ahnen Granit und Porphyr, Was ein Berg – was hoch und was tief; Die Stammherrn der kühnsten Gebirge.« Zum Teufel die Flözung und Schichtung, Hurra! ich werd' eruptiv!« Da hub der Basalt zu seufzen an, Er hatte, von Langweil' betrübet, Er sprach's, und zum Beistand berief er Ein geologischer Romeo, Die tapfern Porphyre herbei, Sich in die Molasse verliebet. Die kristallinischen Schiefer Riß höhnisch er mitten entzwei. Molasse, der Erbfeinde Töchterlein, Das zischte und lohte und wallte, Moderne, marinische Schichten!... Als nahte das Ende der Welt; Drum nagte der Gram wie verzehrender Rost Selbst Grauwack, die züchtige Alte, An seinem Trachten und Dichten. Hat vor Schreck auf den Kopf sich gestellt. 154 Mir winkten, wo's klüftig und hohl ist, Um der Tiefe zentrale Urfeuer lag Schneejungfraun, verführend und weiß. Er träumend und sprach wie im Fieber: »O wär' ich ein wäßriger Niederschlag Doch als ich mit Poltern und Lärmen Und bei ihr ... das wäre mir lieber!« Abstürzend aufs Firnfeld mich hub, Verbüßt' ich mein jugendlich Schwärmen Erdmännlein, die klugen, sie trugen stets Mit tausendjährigem Schub. Den Fortschritt des Ganzen im Sinne; Was kümmert solch doktrinäres Volk Scharf wies mir der Gletscher die Zähne: Des einzelnen Herzweh und Minne? »Hier, Springinsland, wirst du poliert, Und im Schutt meiner großen Moräne Und wieder hetzten und schürten sie scharf: Als Fremder talab transportiert.« »Laß ab von deinen Visionen, Du erntest nur einen Korb und den Spott Geritzt und gekritzt und geschoben Der sämtlichen Formationen. Entrollt' ich in spaltige Schluft, Ward stoßweis nach oben gehoben, Schon flüstert's der Onkel Steinsalz dem Kalk, Gewälzt und gepufft und geknufft. Schon basen es höhnisch die Wellen: ›Wie kann sich des Meeres drittältestes Kind Da bleib' einer sauber und munter Dem Auswurf des Feuers gesellen!‹« In solchem Gerutsch und Geschlamm; ... Ich kam immer tiefer herunter, ... Was weiter geschah, man erfuhr es nie, Bis der Eiswall ins Urmeer zerschwamm. Doch plötzlich faßt' ihn ein Wüten, In feuriger Lohe schnob er heraus, Und der spielt die traurigste Rolle, Seine Adern glühten und sprühten. Dem die Basis mit Grundeis ergeht ... Ich wurde auf treibender Scholle Lautrasend drang er nach oben vor In des Ozeans Brandung verweht. Und sprengte mit sengenden Gluten Die Decke der Schichten, die wie ein Alp Plimp, plump! Da ging ich zugrunde, Schwerlastend über ihm ruhten. Lag elend versunken und schlief, Bis in spät erst erlösender Stunde Auch sie, für die er einst schwärmte, sank Sich Gletscher und Sündflut verlief. Als Opfer der grimmen Verheerung. ... Auflacht' er höhnisch und hüllt' sich in Rauch Den entwässerten Seegrund verklärte Und stürmte zu neuer Zerstörung. Die Sonne mit wärmerem Strahl, Und mit der Rhinozerosherde Und Schlag auf Schlag – dumpfkrachend Getös Spazierte der Mammut durchs Tal. Von tausend und tausend Gewittern ... Die Erde barst, es durchzuckte sie tief Nun lagern wir Eiszeitschubisten Ein Schüttern und Zittern und Splittern. Nutzbringend als steinerne Saat Und dienen dem Heiden wie Christen Bis steil majestätisch der feurige Kern Als Baustoff für Kirche und Staat. Den klaffenden Spalten entsteiget, Und trümmerbesäet sich Land und Flut Dies Lied ist zwei Forschern gelungen Dem Säulengewaltigen neiget. Im Gau zwischen Aare und Reuß; Das Wirtshaus, in dem sie es sungen, Da stand er und schaute die blauende Luft War ganz von erratischem Gneus. Und der Sonne lichtspendendes Walten, Dann seufzte er tief ... kühl weht es vom See ... Sie sungen es ernst und dramatisch Dann sank er in starres Erkalten. In die Findlinglandschaft hinein Und schoben sich selbst dann erratisch Doch in dem Gefelse wohnt heute noch Mit Holpern und Stolpern vom Wein. Ein seltsam Tönen und Klingen, 46. Joseph Victor von Scheffel (1826-1886): Der Als woll' es von seliger Jugendzeit Tazzelwurm Ein Lied der Sehnsucht uns singen. Als noch ein Bergsee klar und groß In dieser Täler Tiefen floß, Und ein goldgelb Tröpflein Natrolith Hab' ich allhier in grober Pracht Im geschwärzten Stein oft erscheinet ... Gelebt, geliebt und auch gedracht Das sind die Tränen, die der Basalt Als Tazzelwurm. Der gesprengten Molasse weinet. 45. Joseph Victor von Scheffel (1826-1886): Der Vom Pentling bis zum Wendelstein erratische Block War Fels und Luft und Wasser mein, Einst ziert' ich, den Äther durchspähend, Ich flog und ging und lag gerollt, Als Spitze des Urgebirgs Stock, Und statt auf Heu schlief ich auf Gold Ruhm, Hoheit und Stellung verschmähend, Als Tazzelwurm. Ward ich zum erratischen Block. Hornhautig war mein Schuppenleib Man sagt, wenn's dem Denker zu wohl ist, Und Feuerspei'n mein Zeitvertreib, So wagt er sich kecklich aufs Eis: Und was da kroch den Berg herauf, 155

Das blies ich um und fraß es auf 48. Henrik Ibsen (1828-1906): Der Bergmann Als Tazzelwurm. Fels, birst weiter, Tag um Tag! Dröhnend fällt mein Hammerschlag. Doch als ich mich so weit vergaß In die Tiefe muß ich dringen, Und Sennerinnen roh auffraß, Bis mir ihre Erze klingen. Da kam die Sündflut grausenhaft Und tilgte meine Bergwirtschaft In der Berge stummem Schoß Zum Tazzelwurm. Liegen reiche Schätze bloß, Krondemanten, Edelsteine, Jetzt zier' ich nur gemalt im Bild Goldgeäst von rotem Scheine. Des Schweinesteigers neuen Schild, Die Senn'rin hört man jauchzend schrei'n, Friede herrscht dort weit und breit, Und keine fürcht't das Feuerspei'n Fried' und Ruh' seit Ewigkeit; – Des Tazzelwurms. Brich den Weg mir, schwerer Hammer, Zu des Berges Herzenskammer! Und kommt so ein gelahrtes Haus, So höhnt's und spricht: »Mit dem ist's aus, Saß als Knab' einst, lustgeschwellt, Der war ein vorsündflutlich Vieh, Unter Gottes Sternenzelt, Doch weise Männer sahn noch nie Zog einher auf Frühlingswegen, Den Tazzelwurm.« In der Brust der Unschuld Segen.

Kleingläub'ge Zweifler! kehrt nur ein Doch im mitternächtigen Schacht Und setzt auf Bier Tiroler Wein ... Ward ich fremd des Tages Pracht, Ob ihr dann bis nach Kufstein fleucht, In der Grube Tempelgängen Ihr spürt, daß ich euch angekeucht Fremd der Erde heitren Klängen. Als Tazzelwurm. Damals, als ich niederstieg, Und ernsthaft spricht der Klausenwirt: Glaubt' ich noch, ein Kind, an Sieg, »Schwernot! woher sind die verirrt? Glaubte, daß der Rätsel Fülle Das Fußwerk schwankt ... im Kopf ist Sturm ... Abgrundgeisterwort enthülle. Die sahen all' den Tazzelwurm! Den Tazzelwurm!« Noch hat keiner mich belehrt 47. Joseph Victor von Scheffel (1826-1886): Über das, was mich verzehrt, Guano Noch kein Blitz die Nacht durchschossen, Ich weiß eine friedliche Stelle Der die Tiefen hätt' erschlossen. Im schweigenden Ozean, Kristallhell schäumet die Welle War's ein Irrtum? Führte nicht Am Felsengestade hinan. Dieser Weg zum rechten Licht? Im Hafen erblickst du kein Segel, Ach, mein Blick wird ja geblendet, Keines Menschen Fußtritt am Strand; Forscht er, himmelan gewendet. Viel tausend reinliche Vögel Hüten das einsame Land. Nein, hinab, wo weit und breit Sie sitzen in frommer Beschauung, Friede herrscht seit Ewigkeit, Kein einz'ger versäumt seine Pflicht, Brich den Weg mir, schwerer Hammer, Gesegnet ist ihre Verdauung Zu des Berges Herzenskammer! – Und flüssig als wie ein Gedicht. Die Vögel sind all' Philosophen, Hammerschlag auf Hammerschlag Ihr oberster Grundsatz gebeut: Bis zum letzten Lebenstag. »Den Leib halt' allezeit offen Keines Hoffnungsmorgens Schimmer; Und alles andre gedeiht.« Tiefe, tiefe Nacht auf immer! 49. Guido Stache (1833-1921): Geologen- Was die Väter geräuschlos begonnen, Kränzchen Die Enkel vollenden das Werk; In Felsen umschlossenem Thale Geläutert von tropischen Sonnen, Hatt`ein Geologe versteckt Schon türmt es empor sich zum Berg. Im Kalke der Erdkrustenschale Sie sehen im rosigsten Lichte Versteinertes Leben entdeckt; Die Zukunft und sprechen in Ruh': Und als er gehämmert zu Tage »Wir bauen im Lauf der Geschichte Mehr als in den Taschen war Raum, Noch den ganzen Ozean zu.« Entschlief er – da brachte die Plage Ihm flugs einen Urwelts-Traum. Und die Anerkennung der Besten Hoch sah er als Godpomeranze Fehlt ihren Bestrebungen nicht, Im Nebel die Erde entsteh`n Denn fern im schwäbischen Westen Und auf ihr in närrischem Tanze Der Böblinger Repsbauer spricht: Ein wunderlich` Pärchen sich dreh`n. »Gott segn' euch, ihr trefflichen Vögel, Der Mensch-Affen Jünglinge letzter An der fernen Guanoküst', – Der Aff-Menschen Töchterlein Trotz meinem Landsmann, dem Hegel, Ur-derbst-allererstes – merkt jetzt er – Schafft ihr den gediegensten Mist!« Sind`s, die sich am Urwalzer freu`n, 156 Und plötzlich wird selbst ihm zu Muthe, Von blauer Flut des Landes grüne Pracht. Als sei er der Aff` in der Höh`, Als spukte ihm äffisch im Blute Doch mochte noch die Erd`im Zentrum beben: Pfahlbäu`rische Liebe – o weh! Seitdem die abendlose Nacht entschwand, Er stolpert, von sehnigen Händen Bedeckte bald ein wundervolles Leben Gefesselt, von Pfahle zu Pfahl; Des Meeres Thal, das stromgeteilte Land. Da seufzt er im Traum: „Möchte sie enden, Die präadamitische Qual!“ Nun blick hinab in diese klaren Gründe! Aus Wolken rauschet hernieder Dort wächst des Tanges vielverschlungner Wald, Zur Stirn ihm ein eiskalter Guss Wie ästereich erblüh`n Korallenbünde, Pfui! – ist die Urwelt zuwider! – Lebend`ge Rosen, Lilien tausendfach. Das war der Pfahlbäurin Kuss. Und bei dem Kusse erwacht er Sieh bunte Fische durch das Dickicht streifen, Nasskalt und zur Hälfte noch heiss; Die Perlenschnecke wartet still im Grund, „Die Affen-Abstammung“, so dacht er, Und Ammoniten auf und nieder schweifen, „Macht selbst mir der Vogt nicht mehr weiss. Und andre segeln fröhlich auf dem Sund. Wie soll von so täppischen Ahnen Ein liebliches Wienerisch Kind Was brausen dort zum Himmel zwei Fontänen? Abstammen, das leicht seine Bahnen Ein Saurier, der lustig Wasser speit – Im Tanze durchfliegt, wie der Wind?“ Wie furchtbar sich die wüsten Glieder dehnen, Die Geologischen Kränzchen, Wie gleißt im Licht sein triefend Panzerkleid! Sie stürzen die Theorie Des Darwin bei jedem Tänzchen Sieh andre noch die Schlangenhälfte strecken Durch praktische Geologie. Der taucht zum Grund, der steigt zum Ufersand! 50. Clemens August Schlüter (1835-1906): So sind die Drachen und die Meeresrecken, Durch den Berg Daß Dichterwitz desgleichen nicht erfand! [...] Wo ist der Born im finstern Waldesgrunde 51. Clemens August Schlüter (1835-1906): Um Lindenstamm, bekränzt mit Farn und Rohr? Cubalkain Ein lichtes Wunderland, so geht die Kunde, An wilden Felsenbergen Liegt unter ihm, der Brunnen ist das Chor. In einem Palmenhain Erbaut im Grund den Ofen So findlich träumend sah ich durch die Tannen Der Riese Cubalkain. Ein Steingehäng`mit einer Höhle Mund, Den Brombeerstrauch und wilde Reb`umspannen, Der trotz`ge schwarze Felsen Ein Schwalbennest gerad`im Bogenrund. Soll werden zum Metall, Und aus dem Herde sprüht es Und Abenteuer tappt`ich in das Dunkel, Wie Blitz und Sternenfall. Und lichter ward`s, da fand ein fürstlich Weib, Ihr Stirnband war von Demant und Karfunkel, Acht ruß`ge Recken führen Ein goldner Gurt umschlang den schönen Leib. Die Stempel hin und her, Aus hohlen Bäumen brauset Sie hieß mich folgen und die Lampe trug sie, Die Luft ins Feuermeer. Durch lange Stollen ging ich staunend nach, Und an ein Boot mit ihrem Stabe schlug sie, Schon blickt des Mondes Sichel Denn unser Pfad ward nun ein finstrer Bach. Aus dunkler Himmelspracht, Orions hohe Lichter, Der trug uns schnell und leise rauschend weiter, Verkünden Mitternacht. Wie Herzog Ernst fuhr im Rubinenstein; Es ward romantisch, und ich dachte heiter: Und Tubal führt den Vater Es sollten hier auch Greif und Drache sein. Zum wilden Flammenstein: „Komm, segne mein Erfinden, Und Donner dröhnten, hohe Wellen schlugen, Hellstrahlend fließt der Stein! Und helles Licht schloß auf die Wasserbahn; Als blitzend uns die Wirbel weiter trugen, Komm, Jabel, Wüstenreiter, Da ward es Tag, vor uns ein Ocean. Du Held mit ernstem Mut, Komm, Jubal, immer heiter, Blick` auf, uralte Wunder zu erfahren Du Born der Liederflut! Von Kampf und Werden, sprach die Führerin, Du wirst den hohen Inselberg gewahren, Sprecht Segen, daß sich`s biege Die Brandung zieht den weißen Kranz um ihn. In Blut dem Hammer gern, Durch kalten Trotz besiege Gewalt`ger Rauch entströmt dem Gipfel oben, Den härt`ften Felsenstern; Zum Himmel wächst ein roter Flammenbaum; Glut hat den Berg von Grund empor gehoben, Daß tausend Kräft` es leihe Ihn holt zurück der weiße Wogenschaum. Der kund`gen Menschenhand, Zu nau`n ein andres Eden In solchen Web`n ward diese Welt geboren, In der Verbannung Land.“ In wilder Elemente Riesenschlacht, Und hundertmal gewonnen und verloren Und Jabel sprach: „Der Segen 157

Sei deinem Werk zu teil! Mein Herz prüft ernst die Menscheit unsrer Tage Dies Kind von Fels und Flamme Und sieht, von Mitleid tief erweicht, Wächst zu den Menschen Heil. Wie wenig sie trotz ungemess'ner Plage Bis jetzt erreicht. Gott gab uns zu herrschen Gewild und Wald und Stein: Noch stets, entfacht von schnöder Selbstsucht Triebe, Du schmiedest Schwert und Scepter, Rast schonungslos ringsum der Streit; Mein Bruder Cubalkain! Das lichte Reich der Schönheit, Wahrheit, Liebe Ist fern und weit. Oft sah ich in die Augen Dem Leu`n bei Sternenschein, Noch immer wälzt sich, fremd der Tugend Horte, Schlug mit dem Kieselhammer Die Menschheit träg' im Lastersumpf; Des Hirnes Dach ihm ein: Des Geistes hehrste Offenbarungsworte Vernimmt sie stumpf. Nun schmiede mit der Lanze Mit Schneiden hart und spitz, Wär' sie noch jung, würd' ich die Hoffnung wahren Daß sie das Herz der Bestie Und rüstig ringend strebt' ich mit; Durchbohre wie der Blitz! Doch sie ist alt und macht in tausend Jahren Kaum einen Schritt. Das Mammut scheucht die Herden Vom schatt`gen Waldessaum, Und wenn sie jetzt, die ärmste, nach Äonen, Und Krokodile lauern Noch fern dem Ziel im Dunkeln schleicht, An jeder Tränke Schaum: Wie lange noch muß sie auf Erden wohnen, Bis sie's erreicht? Du wirst die Art mir schmieden, 53. Max Haushofer (1840-1907): Was die Erde Den Feind will ich bestahn, trägt Daß Rind und Schaf mit Frieden Viel trägt die Erde! Himalaya's Kette, Im Lande weiden kann. Wie mag sie drücken auf des Weltbau's Bogen! Gewichtig sind auch aller Flüsse Wogen Du schmiedest Beil und Säge Und schwer der Ocean in seinem Bette! Vom beißenden Metall, Da stürzen Riesenbäume Viel trägt die Erde! Mauern weiter Städte Zu Grund mit Donnerhall. Und Riesenwälle, die der Mensch gezogen, Die Erzlast, die er dem Gestein entsogen – Da steigen Wand und Giebel, Wo ist der Stern, der mehr zu tragen hätte? Von glattem Holz erbaut, Ein Turm, der Feld und Weide Viel trägt die Erde; doch das ist ein Wunder, Und Wälder überschaut. Daß ihre Säulen nicht in Trümmer schlagen Mit ihrer Menschheit grauenhaftem Plunder. O schaff` uns Pflug und Sichel, Daß leichter als der Ahn Doch den beherbergt sie seit grauen Tagen; – Im feuchten Feld wir ziehen Bei Gott – ihr Bau ist doch ein kerngesunder: Die schwarze Furchenbahn; Die Thorheit ihrer Kinder kann sie tragen! 54. Theobald Nöthig (1841-1900): Eiszeit Mit lautem Jubel mähen Es würde kälter auf Erden, Des Weizens golden Korn, So lehrte jüngst ein Beweis, Von Hügeln uns erfließe Und nach Jahrtausenden werden Des Weines Freudenborn. Hier Berge glänzen von Eis.

Gestein und Erze forme Seehunde werden sich kosen Mit Zeug von diesem Erz Bei dreißig Grad unter null, Und haue tiefe Höhlen Wo jetzt jungfräuliche Rosen Dem Berg ins Felsenherz. Spazieren in leichtem Mull.

Wann dort dem Mann erglänzet Eisbären werden sich tummeln Der Schatzesadern Lauf, Und wohlig wälzen im Schnee, Da schlägt sein Herz in Freude, Wo honigsammelnde Hummeln Da ruft er laut Glückauf!“ [...] Jetzt schwärmen im blühenden Klee. 52. Albert Möser (1835-1900): Einem Geologen Du sprichst mit Spott vom ersten Menschenpaare: Walfische werden sich schaukeln "Viel älter ist des Menschen Spur," Im stürmischen Wogenprall, "So lehrst du mich - ?schon Millionen Jahre Wo Schmetterlinge jetzt gaukeln Schuf ihn Natur." Und flötet die Nachtigall.

Ich hör' es an und will dem Zweifel wehren, Ihr liebt darüber zu scherzen, Ich glaube dir, es mag so sein; Mir scheint dies ernst und gerecht, Doch du blickst freudig-stolz bei solchen Lehren, Wurden denn wärmer die Herzen? Ich fühle Pein. Schritt fort das Menschengeschlecht?

158 Warum soll Allmutter Erde Unsers Wesens Wieg' und Wurzel, Nach langem fruchtlosem Schweiß Unsrer Väter großes Grab. Nicht sehnen sich, dass sie werde Auch wieder allmählig Eis. Sie betaute und befruchtet' 55. Karl May (1842-1912): Der blinde All der Edlen Blut und Schweiß, Bergmann Die in heißem Kampf errungen Es neigt die Sonne sich zur Rüste, Ihrer Mühen Siegespreis. Der Himmel flammt in gold'ner Gluth. Ihr Strahl, der mir die Wange küßte, Nachgeborner, der du wandelst Zuckt purpurn durch des Aethers Fluth. In des Todes Gleis und Spur, Mir bleibt die Herrlichkeit verborgen, Kies im Sande der Geschlechter Tausendjähr'gen Wechsel nur. Die sie im Scheiden angefacht;

Mir wird's nicht Abend und nicht Morgen, Schau voll Ehrfurcht auf des Windes, Nur Nachts giebt's für mich, finst're Nacht. Auf der flücht'gen Stunde Raub: Doch, will die Thräne mir befeuchten Heilig wie die Mutter Erde Das gramerblaßte Angesicht, Ist ein jedes Körnlein Staub. So darf ein Stern mir tröstend leuchten: 57. Albert Heim (1849-1937): An die Zeit Der G l a u b e ist mein bestes Licht! Was ist und ward und werden wird, Es neigt der Sommer sich zur Rüste; Dein Werk ist’s, Zeit! – Es flieht der Vögel munt're Schaar, Krystalle klein in dunklem Fels, Als ob der Wald nun sterben müßte Wie Welten weit. Und Feld und Flur auf immerdar. Es welkt der Liebe duft'ges Zeichen, Du schaffst Gesterne, thürmest Berge, Die Rose, die so schön geblüht, So hoch und heer, Und herbstlich Trauern will sich schleichen Der Strom er furcht dir seine Thäler, Mir in's vereinsamte Gemüth. Es nagt das Meer. Doch, will kein Reis mehr Blüthen treiben, Des Herzens Blumen welken nicht. Auf einer ersten Zell als Keime Treu muß der inn're Frühling bleiben: Hast du gebaut, Die L i e b e ist mein bestes Licht! Bis zum Gedanken, der dich heute Es neigt das Leben sich zur Rüste; Begeistert schaut. Weiß fällt um's Haupt des Alters Schnee. Nun schweigt das irdische Gelüste, In deinen Händen ist geworden Und es verstummt manch' tiefes Weh. Die weite Welt, Ist nach des Lebens kurzen Tagen Und Stern um Stern in deine Hände Des Leibes schwache Kraft entfloh'n, Erloschen fällt. So darf der Staub nicht länger tragen Den freigeword'nen Himmelssohn. Du Zeit bist ewig strömend Leben, Und muß es balde nun geschehen, Und bist die Ruh, Daß man mich trägt zur letzten Schicht, Und zwischen gleichen Ewigkeiten So wird mein Aug' den Helfer sehen: Da wandelst du! Die H o f f n u n g ist mein bestes Licht! 58. Heinrich Hart (1855-1906): Das Lied der 56. Antonie Jüngst (1843-1918): Ein Sandkorn Menschheit Heilig ist die Mutter Erde, Vorgesang. Heilig jedes Körnlein Staub, Ob es auch ein Spiel der Winde Einst war die Welt ein endlos tiefes Meer Und der flücht'gen Stunde Raub. Von Finsternissen – todt und stumm und leer. Kein Hauch, kein Athem, weder Fluth noch Schaum, Alter als der Menschheit Werke Zeit ohne Werden, Schlafen ohne Traum, Trägt das winz'ge Körnlein Sand Leidlose Ruhe, Kraft, die nichts erfüllt, Unverändert nach Äonen Ein Grab, das Schatten wesenlos umhüllt. Noch die Spur der Schöpferhand. Einst aber wie ein Blitz durchfuhr's das All, Das Meer barst auf mit dumpfem Donnerhall Hin und her geweht, getrieben, Und tausend Wirbel kreuzten durch die Wogen Trotzt es Sturm und Drang der Zeit, Und tausend Feuer zuckten rings und flogen Überwährt, was sich geschaffen Und auseinander klüfteten die Gluthen Wähnte für die Ewigkeit. Und schossen sprühend hin gleich Flammenruthen Und ballten kreisend sich zu Sonnenwelten, "Staub von Staub" und "Staub zu Staube" Verschlangen sich und barsten und zerschellten – Ist der Menschheit Spruch und Los; Von Nebeln wirr umflattert, dampfumbraust, Was da ward, muß fehllos wieder Aufbrandend in Gewittern, sturmdurchsaust. Kehren in der Erde Schoß. Die Nacht versank, es wich des Todes Bann Und heiliger Schauer durch die Schöpfung rann, Doppelt heilig drum die Scholle, Da lag die Welt, ein Wasser, breit und klar, Die uns Sein und Leben gab, Lichtinseln zogen funkelnd, Schaar an Schaar, 159

In wiegenden Reigen schwebend wie zum Spiel, Verstummt das Leben, sterbend die Natur. Rastlos der Weg, geheimnißvoll das Ziel. Doch in der Tiefe schnaubt des Feuers Dampf, Die Sonne rafft sich auf zu grimmem Kampf, Vom Kranz der Schwestern eine wählt mein Lied Sie wühlt und saugt und schmilzt des Eises Glast, Und für die Lieblichste mein Herz entschied. Der Boden wankt und schüttelt seine Last. Noch war ich Knabe, in der Haide Kraut Bald rauschen durch die Wüste tausend Quellen, Lag ich zu lauschen auf des Windes Laut, In Spalt und Abgrund tosen schäumende Wellen Von weißen Schleiern glänzte rings die Luft Und aus der Fluth dringt aufwärts neues Land, Und auf den Gräsern träumte herber Duft Jungfräulich, jugendlich, die Gluth entschwand. Und zwischen Erd' und Himmel fühlt' ichs weben Aufsprießt der Blüthen Schönste, Gottgenährt, Des Geistes Wirken und der Schöpfung Streben. Zum Menschen wird der Erde Staub verklärt, Da strömte leuchtend mir ins Herz die Lust, Verklärt zum Willen wird was dunkel ringt – Der ewigen Schönheit ward ich mir bewußt Zur Sprache wird was stammelnd klingt und singt. Und brünstig drang die Sehnsucht auf mich ein, Urmutter Erde Dir ein Lied zu weihn, In Fiebern lag ich brennend Tag um Tag, Ein Lied, das wogend wie der Ocean Von Zweifeln trüb umnachtet, angst und zag. All Deine Pracht umspannt, all Deinen Wahn ... Kein Weg, kein Ziel! Wir ziehn auf ungefähr Mein Blick ward starr, die Wesen und die Zeiten Durch Steppenöde, heut am Strom einher Sah ich noch einmal mir vorübergleiten. Und plaudernd, jubelnd; morgen im Gestein Vor meinen Augen brauste Gluth in Gluth, Versengter Felsen, dürstend und allein. Von tausend Farben zitterte die Fluth, Wir wandern, doch wohin – verkündet keiner, In langen Garben sprühte Strahl um Strahl, Wir wandern, doch warum – ergründet keiner. Berghohe Feuer wuchsen auf im Thal. Ich lag und sann, der Abend brach herein, Und in den Weltraum stürzte wie ein Blatt, Ins Auge fiel mir hell des Mondes Schein. Das von dem Baume flattert, sturmesmatt, Da dehnte bebend sich mein Zimmer aus, Der Mond, aufzischend, wirbelnd, nebelrauchend, Wie Nebel schwanden Decke, Thür und Haus. Dem Urgewässer blassen Haupts enttauchend. Ich stand an eines Berges steilem Hang, Schon aber senkte Nachtgewölk von Dunst Dem Abgrund schwelte grau Gewölk entlang Sich auf der Flammen niegestillte Brunst Und plötzlich braust es hell wie Adlerflug, Und prasselnd, schäumend, immer neu geboren Ein Sturmwind rüttelt an des Felsens Bug Warf sich der Regen in des Gluthmeers Poren, Und wie ein Schatten steigt es niederwärts, Aufwallten blutige Nebel aus der Wunde, Den Arm umpreßt mir eine Hand von Erz, Gleich Speer- und Schwertglanz leuchtete die Runde Zur Seite ragt mir ein gewaltig Haupt, Und stöhnend mischten sich im Kampf die Kräfte Die Augen Blitz, die Stirne gluthumlaubt. Und siedend gährten zukunftsschwangere Säfte, Und durch die Wolken züngeln weiße Feuer, Bis aus des Wassers morgenkühlem Schoß Zerrbilder tauchen auf und Ungeheuer. Der Keim des Lebens stieg, gestaltengroß. Dann wird es Licht, von Sonnenglanz ein Strom Trägt meine Blicke durch des Weltalls Dom. Nun drängte starr Kristall sich an Kristall Das Buch der Sterne seh ich aufgethan, Und donnernd hob sich der Gebirge Wall, Der Erde Nieren und der Winde Bahn, Die Wurzeln von Granit und gluthgeleckt, Ein gähnend Grab klafft Land und Wasser auf, Den breiten Rücken hell von Schnee bedeckt. Marklose Schädel grinsen bleich herauf. [...] Nun schmiegte Zelle knospend sich an Zelle, 59. Gustav Sack (1858-1916): Der Stein Von weichen Flocken blinkte jede Welle So bist du mir das Symbolum der Welt, Und zarte Haut umspinnt des Meeres Bord ein Zwitter frostiger Erhabenheit Und rankt sich über Fels und Klüfte fort und zynisch schweigender Gleichgültigkeit; Und reckt sich aus zu Fasern, thaugenährt, gefährlich nahe schon dem Nichts gesellt Gräbt in den Stein sich, wurzelt, keimt und ährt ... Schwül brütet Mittagshauch auf Sumpf und Au, hast du dich auf den höchsten Stolz gestellt Ein feuchter Dunst verhängt des Himmels Blau und hebst dich herrisch aus dem Strom der Zeit Und gelber Qualm entbrodelt jeder Kluft, und über des Geschehns Formlosigkeit Von unterird'schen Wettern rauscht die Luft, bleibst du der Einzige, der Form behält. Umklammert von des Drachens Eisenspangen Wälzt brüllend sich der Elch, im Rohr gefangen. Oh kalten Gleichmuts lautberedter Hohn, Breitfächernd wuchert rings der Farrenwald, des Unbegreifbarn greifbare Erscheinung Vom plumpen Tritt des Mastodonts durchhallt, hast du gepreßt in einen Klumpen Ton Und glotzig ruht der Behemout im Teich, Eidechsen flattern, schwarzer Wolke gleich. und - nur ein Ding, ein Nichts in unsrer Meinung Dann kommt ein Tag, blaß wird der Sonne Glanz, stehst du auf deiner Weisheit kahlem Thron Schneewogen wirbeln wie im Kriegestanz, als dieser Welt sarkastischste Verneinung. Von Norden dröhnt es krachend jede Nacht 60. Hermann Löns (1866-1914): Das Mammut Und falbe Nebel schleifen, sturmentfacht. Tief unten im Moore das Mammut bläst, Erschauernd horcht die Blume, horcht das Reh – Man hört es hoch oben auf der Geest; Dumpf wälzt es sich heran, eisstarre See, Aus allen Lagern rund um das Moor Einöde, grenzenlos, nackt, blank wie Stahl, Eilen bewaffnete Männer hervor, Gespenstig Trümmerfeld; Berg wird zu Thal Gefolgt von der mageren Meute; Und Thal zu Berg, die Wälder prasseln schwer, Jagdtag, Fleischtag ist heute. Wie Staub hinweggefegt ist Land und Meer, Von Erd' zu Himmel eine Mauer nur, 160 Die Kinder spielen das schöne Spiel Trifft der Tadel den, der ihn erschuf. Vom Mammut, das in die Grube fiel; Das dickste Mädchen muß Mammut sein, Und man fragt mit Recht den Himmelsvater, Im Erdloch sitzen und lauthals schrei'n, Ob es schön ist, wenn sich aus dem Krater Die ganz kleinen Kinder sind Meute; So viel Unglück auf die Täler stürzt, Jagdtag, Spieltag ist heute. Manchem auch die Lebenszeit verkürzt.

Der Zaubersmann geht wichtig einher: Weiter frägt der sonst im Glauben Schwache: Jaja, jaja, wenn ich nicht wär'! Ich machte gestern den großen Wind, Fällt noch überhaupt kein Spatz vom Dache? Da wurde das Untier dumm und blind, Oder hatte dieser Bibelsatz Nun denket auch meiner, ihr Leute; Geltung nur für einen frühern Spatz? Jagdtag, Zahltag ist heute. Diese – sagen wir – Unstimmigkeiten Das Mammut trompetet in Angst und Not, Können böse Zweifel uns bereiten. Von allen Seiten naht sich der Tod; War es zu verhindern, dächte man, Es zischt der Pfeil, es saust der Speer, Warum speit dann der Vesuvvulkan? Der Quälgeister werden immer noch mehr, Wie Ameisen bei ihrer Beute; Mir natürlich scheint noch viel verdächtig; Jagdtag, Schlachttag ist heute. Der Vesuv ist lang schon niederträchtig. Damals schien es eine Götterschar Der Häuptling teilt richtig und brüderlich, Bei Pompeji, die so freundlich war. Die Mürbebraten behält er für sich; Ein jeder sackt seinen Anteil ein, Damals bat der Mensch in Aschenregen Des Zauberers Stück, das ist grade nicht klein, Jupiter um den besondern Segen. Am Gerippe balgt sich die Meute; Heute bittet man Gott Zebaoth Jagdtag, Beißtag ist heute. Um die Rettung aus der bittern Not.

Was kriecht denn da aus dem Busche heran? Also sieht man, daß die Glauben wechseln, Vom Nachbarstamme ist es ein Mann. An die Götter, die das Unheil drechseln. Und noch einer kommt und immer noch mehr, Der Vesuv jedoch bleibt auf dem Platz, Des Mammuts Todesschrei lockte sie her. Und vom Dache fällt noch mancher Spatz. Hand von dem Wildpret, ihr Leute! 62. Max Dauthendey (1867-1918): Der Berg Jagdtag, Rauftag ist heute. Kawi Dort im östlichen Abendschein, der pfaublau, Wir gruben das Loch und wir hetzten's hinein. Liegt ein gewaltiger Berg, genannt die »liegende Frau«. Aber wir schlugen's tot und unser soll's sein. Die Frau ruht ausgestreckt, den Kopf seitlich gewandt. Es funkeln die Augen bluthungrige Lust, Wenn die Himmelsgrenze abends braunrot verbrennt, Ein Krieger fällt um, einen Speer in der Brust. Sagt mein Blut, dass es die »liegende Frau« erkennt, Hülfe, zu Hülfe ihr Leute! Die Wangenrundung, die volle Hüfte und Brust, Jagdtag, Bluttag ist heute. Die Sehnsucht zeichnet mir dann deutlich der Sehnsucht Lust. Ein Kriegsschrei hier, ein Kriegsschrei dort, Es ist kein toter Berg, es ist mein atmend Weib, Die Männer werfen die Fleischballen fort; Dort liegt es und wartet mit ergebenem Leib. Es knirscht der Speer, das Beil das kracht, Die in der Sehnsucht warten, wachsen zu Riesen. Der Zauberer schnell sich von dannen macht, Ach, meine Schultern längst an die Sterne stießen. Erwischt noch manch Stück von der Beute; 63. Christian Morgenstern (1871-1914): Jagdtag, Rafftag ist heute. Evolution Kaum daß sich, was sich einst von Dir getrennt, Die Sonne hinter der Geest versinkt, in seiner Sonderwesensart erkannt, Vom Lager die Totenklage erklingt; begehrt zurück es in sein Element. Im Moore liegt ein vergessener Mann, Der weder leben noch sterben kann Es fühlt sich selbst und doch zugleich verbannt Umringt von der Wölfe Meute; und sehnt sich heim in seines Ursprungs Schoß... Jagdtag, Fleischtag ist heute. Doch vor ihm steht noch ehern unverwandt 61. Ludwig Thoma (1867-1921): Der Vesuv Der Vesuv, indem er speit, mit nichten äonengroß sein menschheitliches Los! Darf man gegen ihn die Klagen richten, 64. Christian Morgenstern (1871-1914): Der alte Insofern ja die Besonderheit Steinbruch Darin liegt, daß er mitunter speit. Tief im Walde, tief im Walde bildet, fern der Wege Reich, Halten Sie den Vorwurf für ersprießlich? eines Bruchs verlassne Halde Wenn man schon Vulkan ist, muß man schließlich; einen kleinen, stillen Teich. Und man regnet Asche oder speit, Ob die Menschheit auch betroffen schreit. Moosbewachsne Blöcke ragen aus der seichten Regenflut, Aber dieses scheint gesagt zu werden Falter und Libellen jagen Doch am Platze: wenn sich auf der Erden über bunter Lurche Brut. So was zubegibt, wie der Vesuv, 161

Ich nehme einen Stein aus fremden Meeren Aber wenn im Abendbrande Und sehne mich nach seinem Sagensang, hinterm Wald die Glut verraucht, Sein Wesen glänzt von eingekerbten Lehren stößt und rudert es vom Rande, Und macht mich da gar traumerfüllungsbang. kriecht und klettert, plumpst und taucht. Du goldenes Geschick in meinen Händen, Und der Unken Urgroßahne Erzähle Deine eingefrorene Mär, - niemand weiß, wann Gott ihn schuf - Das Honigroth von Deinen glatten Wänden ruft, daß er sein Weibchen mahne, Besprüht mein Spürsinn lüstern wie ein Bär. seinen dunklen Werberuf. Verglast in Deiner Blaßheit, ahn ich Schwingen Daß das Froschgeschlecht nicht sterbe, Und senke meinen Wahn in Dich hinein: bleibt zuletzt nicht Einer still: Nun lebe ich verwandt mit fernen Dingen, Denn der Tümpel ist ein Erbe, In Dir, oh Stein, mit mir und Dir allein. das getreu gewahrt sein will. Es pocht mein Herz, Du Bernstein sprichst: sei leiser! Liebeskranke Grunzer fliehen Nun bin ich still, still wie Dein Athemgold, der bewegten Weibchen Schlund; Denn Bernstein, heller Stein, ich bin Dein Weiser, immer kühnre Harmonieen Ich weiß wie hold sich Ewiges entrollt. fülln den dämmertrauten Grund. Du wächst und athmest wie die gelbe Erde, Bis des Mondes Goldhorn endlich Die herrlich durch die Wälder Sonne schlürft, neuen Schimmers alles speist: Die wagt und plagt, damit sie größer werde, Nun erwahrt sich unabwendlich Und Wachstum sagt: wachst, da ihr plündern dürft. trunkner Nächstenliebe Geist.... Ach was, Du bist ja athemloses Wachsen, Tief im Walde, tief im Walde Du bist ja Wachs, halb Wabenwachs, halb Harz: schwärmt Froschbräutigam und Braut Mein Wahn erwacht: ein Wasser, voll von Lachsen, in versteckter Steinbruchhalde, Entrauscht und überrascht den alten Quarz. bis der letzte Stern ergraut. 65. Othenio Abel (1875-1946): Grand Canyon Gesprengter Stein, in Ursels und in Fluthen, Grand Canyon lodert im Abendbrand; Auf Deinen Härten will ich Fernen schaun! Die Felsen stürzen vom Uferrand Granitgrate, was könnt Ihr grau vermuthen? Hinab in schwindelnder Steile. Ihr Urburgen beruht auf Grundvertraun! Tief unten im dämmernden Dunkel der Schlucht Des Stromes Fluten in wilder Flucht Das Wasser wechselt, Wechsel schnellen Wellen, Hinbrausen in schäumender Eile. Und Wellen schwellen Schwingen und den Wind, Der Wind beseeligt und die Seelen quellen In den Felsen ein leises Tönen klingt: Unüberwindlich, weil sie gar nicht sind. Ein Steinchen vom Felsrand so eilig springt, Als ob seine Brüder es riefen, Nun Geist, als Sonne, komme Du zu Worte, Die sich vor ihm gelöst von der Wand Die Sonne ist des Wortes Goldsymbol, Und sich hinab ihren Weg gebahnt Erkunde unumwunden Zufluchtsorte In das Purpurdunkel der Tiefen. Und Hochzeitsgipfel für das Wonnenwohl.

Und wie ich lausche, tönt nah und fern Du Seligkeit, Du Ich mit Frühlingsflügeln, Ein stetes Summen und Sausen: Erhebe Dich, soweit es Welten giebt! Das Rieseln der Tausend zusammenklingt Dem Wasser laß den Sprung, dem Glück das Klügeln, Wie fernes Orgelbrausen. Du brauchst nicht Flügel, sei der Flug, der liebt!

Aus der Tiefe, wo alles im Schatten versinkt, Entschwebe Dir doch selbst, beseeltes Wesen, Ein erschütterndes Lied von der Länge klingt Auch Deine Mutter Erde stiegt durch Dich, Der erdgeschichtlichen Zeiten: Sie lebt ja nur, das Beste auszulesen, „Das ständige Rieseln bei Tag und bei Nacht Sie strahlt bereits und scheint uns innerlich. Hat langsam, doch sicher zustande gebracht Des Canyons gigantische Weiten.“ Vineta, holder Wortesort erscheine, Entschwebe Deiner Zukunft, werde Traum, „So rieselts und rollts von der Wände Hang Ich schaue Dich in goldener Morgenreine, Schon viele, viele Äonen lang Und Dein Erschwellen wellt Gewitterschaum. Durch der Jahre endlosen Reifen.“ Grand Canyon lodert im Abendbrand; Du Wendenwahn Vineta, Wind der Wende, Der Mensch verstummt, in Ehrfurcht gebannt, Du Wehmuthswunsch, erwache auf der Fluch, Und die Felsen starren und schweigen. Du Wagnißstadt und Warnung ohne Ende, 66. Theodor Däubler (1876-1934): Der Bernstein Entschließe Dich zum Flug, der Flug ist Muth. Die Menschen lesen gerne in den Sternen Und denken an die herbe Schrift des Herrn: Du Wahneswahrheit auf dem Wanderwasser, Ich aber wähle keine Weltenfernen Du Ewigkeit mit Gluthwurzeln im Blut, Und wähne das Geschick im Wesenskern. Ich selbst, ein blauer Wunderwunscherfasser, Erschaue nur, was fern im Glauben ruht. 162 manch einer schon zur Fläche breitgeschoben, Vineta, winde Dich empor zum Wesen, auf der die Menschheit Brot und Früchte pflückt. Vineta, strahle aus Erbarmen auf, Vineta, werde wie es nie gewesen, Auf unsre klaren Stirnen tropft das Feuer Der Wind der Stille lenke unsern Lauf. der großen Sterne ohne Unterlass und nichts ist unserm kargen Leben treuer, Schluß der Perlen von Venedig. wie dieses reiche Niederglühen, das 67. Hermann Hesse (1877-1962): Berge in der trotz seiner fernen Hoheit ungeheuer Nacht in seiner Liebe ist und seinem Hass. http://www.buecherlei.de/fab/hesse/poem1.htmUnerlöst in Um unsre Scheitel kämpfen die Gewitter, 68. Hermann Hesse (1877-1962): Kein Trost zermalmen Wolken ihre schwächre Brut, http://www.buecherlei.de/fab/hesse/poem2.htm#K-P sammeln die Stürme ihre wilde Wut, 69. Hugo Zuckermann (1881-1914): Der Karst putzt sich das Sommerwölkchen seinen Flitter, Ein nackter Stein, auf dem der Sonne Mutterlächeln ruht, Kein Strauch — kein Baum, das gleiche Lächeln, das durch seine Glut Kein Blümelein Eislocken schmilzt und donnernde Lawinen Am kahlen Saum, ins Tal der Menschen schleudert und die Flut Kein grüner Halm, der Ströme tränkt mit schrecklicher Empörung, Kein junger Stamm, das alles: Menschen, Häuser und Maschinen Nur trüber Qualm ersäuft in unsrem gelben Blut. Am Uferdamm. Dann sind auch wir gehetztes Aufbegehren Und einsam ragt, vom Wissen unsrer harten Daseinsqual Vom Fels umhegt, und kämpfen gegen die, die aus uns zehren, Vom Regen zernagt, Vom Sturm gefegt, Aasvögeln gleich an einem Wüstenmahl, Ein kleines Haus die keinen unsrer grauen Scheitel ehren Am Fels gebaut, und uns durchbohren mit dem eignen Stahl, Das weit hinaus mit unsren Schätzen unsre Macht vermehren, In die Wolken schaut — und unsre Glieder ohne Sinn beschweren Ein Felsennest mit Brücken, Häusern, Schlössern ohne Zahl An den Abhang geklebt, Sie müssen dann sich ihres Lebens wehren, Dem brausend der West dröhnt unser Kriegsgebrüll von Tal zu Tal. Die Schindeln hebt; Stein ist die Höh' Nur wenige sind unter uns, die haben Und Stein das Tal, noch ganz die Weihe himmlischer Gesichte, Hoch liegt der Schnee keusch glänzen ihre Scheitel welterhaben, Am steinernen Wall; wie aus dem Licht der Göttlichkeit gegraben, Stein ist der Pfad, umtönt vom Rauschen ewiger Gedichte. Von Stein umschirmt; In ihren kühngebauten Klüften wohnen Stein ist die Stadt, noch Götter, keine tagzufriedenen Wichte, Aus Stein getürmt; Götter, die über aller Klarheit thronen Stein ist der Garten, und einem Mönch wie einem Weisen lohnen Und Stein der Zaun mit ihres Wunderreiches Zauberkronen Aus felsenharten für seine irdischen Verzichte. Steinen gehau'n; Stein ist die Brücke, Wir andern alle sind bloß noch ein Schein Stein die Schlucht. vergangner Größe, ausgebrannter Stein, Tief brandet die Bucht, durchwühlte Erde, Sehnsucht nach der Nacht, Als ob sie erdrücke aus der die Welt uns einst hervorgebracht. Schutt und Gerolle 71. Joachim Ringelnatz (1883-1934): Ein Mit eherner Wucht. Pflasterstein, der war einmal Stein die Kapelle, Ein Pflasterstein, der war einmal Umheult vom Sturm; Stein die Zelle Und wurde viel beschritten. Und Stein der Turm. Er schrie: „Ich bin ein Mineral Ein Totengebein, Und muss mir ein für allemal Ein Felsenaltar Als ob der Stein, Dergleichen streng verbitten!“ Der schmetternd barst, Den Stein gebar —: Jedoch den Menschen fiel’s nicht ein Das ist der Karst. Mit ihm sich zu befassen, 70. Alfons Petzold (1882-1932): Die Berge Denn Pflasterstein bleibt Pflasterstein Der Erde Zorn hat uns emporgehoben Und muss sich treten lassen. aus schwarzem Qualm, den unser Fuß nun drückt, 72. Joachim Ringelnatz (1883-1934): dem Himmel, an die Ätherbrust gerückt, Museumsschweigen stehn wir, die Urweltgreise, tief gebückt, Wie's Gedanken gibt, von Alter und von Sagen dicht umwoben, Die durch Stein und Welten gehn, von Alter und von Stahl langsam zerstückt, Kann's geschehn, 163

Daß die Fliege den Ichthyosaurus liebt. Spielerisch verführt: Früchte, Götzen, Tiere, Still ist's im Museumssaal. Wie es Phantasie so legt, Habt ihr in mir aufgerührt, "Lieber Freund, ich liege Was seit Kindheit mich bewegt. Fest in Bernstein", sagt die Fliege, "Bernstein ist ein Mineral. Spitze, trübe, glatte, reine, Und ich liebe dich, du Riesenexemplar, Platte, freche, winzig kleine, Und ich möchte deinetwegen Ausgehöhlte, fette Steine, Nur noch einmal Eier legen." Plumpe, schiefe, trotzig große –

"Bernstein? Ja ihr predigt ernst wie froh, Kann gern sein", Meistens simpel, oft apart, Sagt das Ichthyosau, Weit umgrenzte, willenlose "Aber ich bin auch eine Frau, Freiheit. – Predigt ebenso Eine sehr entschlossene sogar. Fromm wie hart. Weil ich noch in dem Momente, 75. Bruno Sander/Anton Santer (1884-1979): Als gewisse Elemente Dolinen Mich erstickten, noch ein Kind halb gebar." In: Gedichte 1915-1918. Wien: Abseits 1915. S.40f. 76. Bruno Sander/Anton Santer (1884-1979): "Eier oder lebendig – –", Ellmau Sagt die Fliege, "Wir wohnen In: Verse und Reime. Innsbruck: Wegner`sche Beide auf der Welt seit Millionen Universitätsbuchhandlung 1956. S. 46-54. Jahren. – Wissen Sie die Zahl noch auswendig?" 77. Bruno Sander/Anton Santer (1884-1979): Provence "Nicht so ganz genau", In: Verse und Reime. Innsbruck: Wegner`sche Sagt Frau Ichthyosau, Universitätsbuchhandlung 1956. S. 54-57. "Aber wollen wir doch nicht sentimental 78. Karl Bröger (1886-1944): Kohle, schwarze Flöten oder winseln. Kohle, graben wir Nein, versuchen wir jetzt wieder einmal, Kohle, schwarze Kohle, graben wir. Ganz verliebt einander anzublinzeln." Höllendunkel decken das Revier.

Da betrat den Museumssaal Hinten hallt der Fäustel hart Gepoch. Der pensionsberechtigte Museumswärter. Nur das schwache Lämpchen schimmert noch. Und da blinzelten die beiden nicht. Denn solch Wärter Und wir ringen stumm mit Stein und Erz, Tut eben seine Pflicht brechen wir der Erde an das Herz. Und schürft nicht tiefer. Denn Beamtenpflicht ist härter Unten schließt uns Qual und Grauen ein. Als Bernstein und Schiefer. Droben glänzt die Stadt in hohem Schein. 73. Joachim Ringelnatz (1883-1934): Der Stein Ein kleines Steinchen rollte munter Karrt der Korb uns wieder an den Tag, Von einem hohen Berg herunter. sinken andre ab zu Plag und Schlag. Und als es durch den Schnee so rollte, Ward es viel grösser als es wollte. Doch wir wissen auch: Was oben flammt, Da sprach der Stein mit stolzer Miene: ist ein Glanz, der aus der Tiefe stammt. „Jetzt bin ich eine Schneelawine.“ 79. Erich Kästner (1899-1974): Die Entwicklung Er riss im Rollen noch ein Haus der Menschheit Und sieben grosse Bäume aus. In: Deutsche Lyrik: Dann rollte er ins Meer hinein, https://deutschelyrik.de/index.php/die-entwicklung-der- Und dort versank der kleine Stein. menschheit.html [Abruf: 28.05.2018]. 74. Joachim Ringelnatz (1883-1934): Steine am 80. Walter Haage (1916-1945): Die Meeresrand Erdgeschichte Steine schaumumtollt, Die Urzeit. Zornig ausgerollt Es heißt ansonst: Erst war das Wort. Über Steine. – Die Wissenschaft fährt weiter fort, Freiheit, die ich meine, Um ohne Zögern und Verweilen Gibt es keine. Die Erdgeschichte einzuteilen. Aus Dingen, fast wie fabuliert, Stille nun. Entbrandet Hat sie wie folgt rekonstruiert: Ruht ihr, feucht umsandet, Es hing ein großer Feuerball Unzählbar gesellt, Im Raum herum wie überall. Von der Zeit geschliffen Es glühte und bestrahlte mächtig Oder kampfentstellt. – Die Umwelt und war wirklich prächtig. Alle von der Welt Auf einmal höhere Gewalt. Lange rauh begriffen, Von grauen Mächten aufgewühlt Schweigt ihr. – Ihr begreift die Welt. Hat sie sich trotzig abgekühlt Und überzog sich unter Husten Wie ich euch sortiere, Mit den baknnten Ursteinkrusten. 164 Granit und stramme Silikate 84. Erich Fried (1921-1988): Zeit der Steine Erwiesen sich als ganz probate In: Kulturserver: Aufbaugerüste für die Welt, http://www.kulturserver.de/home/klangundstille/text%20 Die heute noch zusammenhält. gedichte%20erich%20fried.htm [Abruf: 28.05.2018]. Es gruben sich, zu unsrem Schmerze, 85. Heinar Kipphardt (1922-1982): Im In diese Steine tief die Erze, sommerlichen Fluß So dass man später unter Fluchen In: Der Steinflüsterer: https://www.der-stein- Gezwungen war, danach zu suchen. fluesterer.de/2011/12/02/heinar-kipphardt/ [Abruf: Die Welt besaß mit einemmale 28.05.2018]. Vorläufig also eine Schale, 86. Josef Guggenmos (1922-2003): Die Kiesel, Bekam entwicklungshaft jedoch die kalten Noch manchen Riß und manches Loch. In: Der Steinflüsterer: https://www.der-stein- Von jener Zeit, sofern sie Ur, fluesterer.de/category/gedichte/page/2/ [Abruf: Fehlt Näheres. Wir wissen nur, 28.05.2018]. Daß sich gefestigt weite Strecken 87. Günter Kunert (geb. 1929): Neue Geologie Begannen wässrig zu bedecken. In: Lyrikline: https://www.lyrikline.org/en/poems/neue- Dies war – und darin irrt man nicht – geologie-3660 [Abruf: 28.05.2018]. Die erste große Wasserschicht, 88. Rüdiger Keller (geb. 1942): Nur ein paar umrahmt von hohen Bergesmassen, Millimeter Die sich nicht gut bezeichnen lassen, In: Reimemaschine: Ob und wie hoch sie denn gewesen. http://www.reimemaschine.de/sonstige_gedichte-0- Wir fahren fort und müssen lesen: 6943.htm [Abruf: 28.05.2018]. Im Eozoikum hingegen 89. Fredrik Vahle (geb. 1942): Der Stein Beginnt sich Leben schon zu regen. In: Lyrikline: https://www.lyrikline.org/de/gedichte/der- Ganz abgesehen von Sedimenten, stein-1430 [Abruf: 28.05.2018]. Von Massensteinen, eklatenten, 90. James Daehl (geb. 1945): Steinbruch und kristallinischem Geschiefer In: Die deutsche Gedichtebibliothek: Entdeckt man erstlich schon Geziefer http://gedichte.xbib.de/mp3- Als Krebse, Würmer. Auch Metalle audio_Deahl%2C+James_003.+STEINBRUCH.htm Wie Kupfer hier in unsrem Falle, [Abruf: 28.05.2018]. Das man dann an der Hudson-Bai, 91. Dagmar Palmer: Stein ist tot, sagst du Am Obern See und nebenbei In: Zurück im Leben: In Finnland listig aufgefunden https://zurueckimleben.wordpress.com/tag/stein/ [Abruf: Und an das Tageslicht geschunden. 28.05.2018]. Weil es grad in den USA 92. Hans Paar: Steine brechen nur selten ihr In schönen großen Mengen da – Schweigen (Der weise Mann nennt uns kurzum In: Stein fürs Leben: Die ganze Zeit Algonkium) http://www.steinfürsleben.ch/steingedanken [Abruf: Qill man die Leute, so da wohnen, 28.05.2018]. Auch wissenschaftlich wie belohnen 93. Irle Trutzhart: Steinzeiten Und nennt mit gut geschultem Sinn In: Gedichtemeile: Die Indianer – Algonkin https://www.gedichtemeile.de/geburtstag/steinzeiten.htm Das Altertum. [Abruf: 28.05.2018]. Von dieser Zeit weiß man nicht bloß, 94. Frank Trautner: Vulkan Daß hier die Meere riesig groß, In: Die deutsche Gedichtebibliothek: Man weiß auch, dass die Trilobiten http://gedichte.xbib.de/Trautner%2C+Dr.+Frank_gedicht Zum erstenmale eingeschritten, _Vulkan.htm [Abruf: 28.05.2018]. Und sie beginnen sehr gefräßig 95. Gerhard Ledwina (geb. 1949): Tsunami Sich zu vermehren übermäßig. In: Keine Geschichte, nur Gedichte: Ein Dreilappkrebs als Leitfossil http://gerhard.ledwina.de.w012f379.kasserver.com/tag/ts Besagt erklärend noch nicht viel, unami/ [Abruf: 28.05.2018]. Was, laienhaft einmal gesehn, 96. Mathilde Jurtschitsch: Die Berg Wir unter Petrefakt verstehn. In: Gedichte und Geschichten aus der Steiermark. Denn Petrefakt-Fossik fast gleich Anthologie. Bd. 4. Hrsg. v. WILFINGER, Anton. Graz: Nimmt man ja aus dem Tierbreich, Literaris 2008. Der Pflanzenwelt, das unverdorben 97. Helmuth Kotzbek: Der Feuerberg Entweder hart zu Stein geworden, In: Gedichte und Geschichten aus der Steiermark. Zum andern aber in Gestalten Anthologie. Bd. 3. Hrsg. v. WILFINGER, Anton. Graz: Im Abdruck wie dereinst erhalten. [...] Literaris 2007. 98. Helwig Brunner (geb. 1967): Das Fossil 81. Paul Celan (1920-1970): Die Halde Wenn am jüngsten Tag der Wecker läutet, schlafe ich In: Werner, Uta: Textgräber. Paul Celans geologische weiter. Ich bin nicht gemeint, bin bloß Fährte des Lebens, Lyrik. München. Fink 1998. S. 65. Lesezeichen in einem Buch aus Stein. Hier schlag es auf, 82. Paul Celan (1920-1970): Niedrigwasser lies mich aus, lies aus mir die Geschichte der In: Werner, Uta: Textgräber. Paul Celans geologische Veränderungen und des Immergleichen. Lyrik. München. Fink 1998. S. 120. 99. Helwig Brunner (geb. 1967): Verwerfung 83. Paul Celan (1920-1970): À la pointe acèrèe des besagten stratums im bündel brüchiger horizonte In: Werner, Uta: Textgräber. Paul Celans geologische vom neandertal zum digital: darunter gletscherschliff, Lyrik. München. Fink 1998. S. 178. eiszeitliche endmoränen, tegel und sande abgelagert 165

am rand tektonischer senken, hangend nichts mehr, Unterlaufenes verblieben war, ihr Übersrungenes; und nur aschen, betonbruch, letzte vertebraten gebraten der Atem, beschleunigt im Gang, vulkanische Atemzüge auf dem strahlengrill, leitfossil rattus. schichtfolgen der Erde und die eignen, die immer etwas durchzogen, enden hier, im zweiten abiotikum, in der wiederkehr versengten, das fehlte, spurlos blieb in seiner Asche. Es des anfangs, dem stillstand der sedimentation, oben brannte, fing sich Feuer ein, hell genug für halb der siebte himmel, grenzschicht zerfallenen ozons. durchschaute Nächte, versuchten Choreogrsfie, ja, wie in Ausgefaltet das streifenbündel entwester kleidung, Schritte zu geraten wäre, wie zu Papier zu bringen das brauseknöpfe darin, druckfeste dosen aus starkblech, plumpe Maß einer Inspiration: jenseits des Tanzes schaustücke in vitrinen, bilder im netz, mahnmale. bewegt zu sein, also fortbewegt, zu uns. Spät ertastete postmuseal das ewige leben der accounts, fracking Vokabel sind als schwindende Ränder gesetzt, im restgranulaten blausauer gase, gedankenloses ausgemessen mit langen Zungen der endlich erinnerte gedächtnis, versfreie zone Klang, der füllt, was in Jahren mit jedem Gedanken 100. Helwig Brunner (geb. 1967): Tage und was aufbrach: Kluft zwischen Nahmen, Berührung des es gab Fernen, mit ihm vereinzelt. In weiten Sätzen durchs Herz, TAGE UND WAS ES GAB in der Zeit: als zitternde ja, erzählt er das Verworfne, Eingesammelte im Takt. Inseln hochgestoßen und verschluckt, die Erdbewegungen; fremde Körper im ausgezäunten Gehege, vom Muster der Hufe durchkreuzt, bis nur ihr

166 Frage-Blätter für die Unterrichtseinheit

Wann lebten die Saurier?

Die ersten Saurier lebten vor 225 Millionen Jahren, die letzten starben vor 65 Millionen Jahren. Diese Zeit nennen die Wissenschaftler: "Erdmittelalter", die einzelnen Abschnitte der Erdgeschichte, in denen Saurier vorkamen, heißen Trias, Jura und Kreide.

Was bedeutet Lias?

Lias ist ein veralteter Begriff für die Jura-Zeit. Der Jura begann vor etwa 201,3 Millionen Jahren und endete vor etwa 145 Millionen Jahren. Er dauerte somit rund 56,3 Millionen Jahre.

Wie sah die Erde zur Zeit der Dinosaurier aus? Es war das Zeitalter der Palmfarne bezeichnet, da diese sehr häufig waren. Den Unterwuchs der Wälder bildeten Farne und Schachtelhalme. Das Klima war warm bis heiß und eher trocken.

Was ist ein Ichthyosaurus?

Der Ichthyosaurus ist eine Art der Wassersaurier. Er lebte im Erdmittelalter und war vollständig an das Leben im Meer angepasst. Ichthyosaurier ernährten sich wahrscheinlich von Fischen und anderen kleineren Meerestieren.

Was ist ein Plesiosaurus?

Der Plesiosaurus ist ein Wassersaurier. Er lebte im Erdmittelalter und war vollständig an das Leben im Meer angepasst. Plesiosaurier ernährten sich wahrscheinlich von Fischen und anderen kleineren Meerestieren.

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Was ist ein Pterodaktylus?

Der Pterodaktylus ist ein Flugsaurier. Er lebte im Erdmittelalter an Ufern und ernährte sich wahrscheinlich von Fischen und anderen kleinen Tieren.

Was ist ein Iguanodon?

Der Iguanodon war ein pflanzenfressender Landsaurier der frühen Kreidezeit. Bekannt ist das Tier für seine spitzen Daumen, die die Form eines Dorns hatten und wohl als Waffe dienten.

Wie sind die Saurier ausgestorben?

Es ist nicht eindeutig feststellbar, warum die Saurier ausgestorben sind. Auf jeden Fall passierte das Massenaussterben in der Kreide-Zeit. Die meisten aktuellen Theorien sehen die Ursache in einem Meteoriteneinschlag oder in gesteigertem Vulkanismus; einige schließen beide Ereignisse mit ein. Das schnelle Absinken des Meeresspiegels könnte gleichfalls zum Massensterben beigetragen haben.

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PowerPoint-Präsentation für die Unterrichtseinheit

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