Einzelhandels- und Zentrenkonzept

Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

für die Stadt Böhlen Karl-Marx-Straße 5 04564 Böhlen

Ihre Ansprechpartner Dr. Silvia Horn (Gesamtleitung) Humangeographie M.Sc. Richard Engel (Projektleitung) BBE Handelsberatung GmbH Uferstraße 21 04105 Deutschland

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Leipzig, 12. Januar 2018

Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Inhaltsverzeichnis

1. Aufgabenstellung und Auftragsdurchführung ...... 3

2. Rahmenbedingungen des Einzelhandelsstandortes Böhlen ...... 5 2.1. Regionale Lage und zentralörtliche Bedeutung ...... 5 2.2. Siedlungs- und Standortstruktur innerhalb des Stadtgebietes ...... 7 2.3. Einzugsgebiet des Böhlener Einzelhandels ...... 8

3. Einzelhandelsrelevante Nachfrage und deren Entwicklung bis 2030 ...... 10 3.1. Bevölkerungsstruktur und Bevölkerungsentwicklung ...... 10 3.2. Einzelhandelsrelevantes Nachfragevolumen 2017 ...... 12 3.3. Prognose der Nachfrageentwicklung bis 2030 ...... 14

4. Einzelhandelsstrukturen und deren Entwicklung in der Stadt Böhlen ...... 16 4.1. Einzelhandelsbesatz mit Verkaufsfläche und Umsatzleistung ...... 16 4.2. Angebotssituation im Stadtgebiet Böhlen nach Standortlagen ...... 18 4.3. Kaufkraftbindung des Einzelhandels der Stadt Böhlen ...... 20 4.4. Sicherung einer qualifizierten, verbrauchernahen Grundversorgung durch das Zentren- und Standortkonzept ...... 22

5. Einzelhandelsstandortkonzept Böhlen ...... 29 5.1. Anforderungsprofil und Entwicklungsperspektiven des Einzelhandelsstandortes Böhlen ...... 29 5.2. Leitziele einer abgestimmten Standort- und Zentrenentwicklung ...... 30 5.3. Grundstruktur des Einzelhandelsstandort- und Zentrensystems ...... 32

6. Planungsrechtliche Steuerung der Einzelhandelsentwicklung in Böhlen ...... 43 6.1. Steuerung der Einzelhandelsentwicklung durch planungsrechtliche Instrumente ...... 43 6.2. Steuerung des kleinflächigen Einzelhandels durch den „Nachbarschaftsladen Böhlen“ ...... 45 6.3. Definition der zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimente „Böhlener Liste“ ...... 47 6.4. Leitlinien zur Umsetzung des Konzeptes der Einzelhandelsstandort- und Zentrenkonzeption der Stadt Böhlen ...... 52 6.5. Entscheidungsmatrix zur zukünftigen Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevantem Kernsortiment ...... 56

7. Anlage (Zentrenpass Innenstadt) ...... 1

8. Glossar: Definitionen einzelhandelsrelevanter Begriffe und Betriebsformen ...... 2

1 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung Böhlen...... 10 Abbildung 2: Verkaufsflächen- und Umsatzanteile in der Differenzierung nach kurz-, mittel- und langfristigem Bedarf ...... 16 Abbildung 3: Verkaufsflächen und Umsatzanteile differenziert nach Böhlener Einzelhandelsstandorten .... 18 Abbildung 4: Begriff der qualifizierten Grundversorgung ...... 22 Abbildung 5: Zentren- und Standortkonzept der Stadt Böhlen...... 33 Abbildung 6: Ansichten zum A-Zentrum Innenstadt Böhlen ...... 37 Abbildung 7: Entscheidungsmatrix zur Ansiedlung zentrenrelevanter Sortimente ...... 56

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Bevölkerungsprognose für die Stadt Böhlen und den Landkreis Leipzig (statist. Landesamt) ..... 11 Tabelle 2: Bevölkerungsprognose für die Stadt Böhlen und den Landkreis Leipzig (Landkreis Leipzig) ...... 11 Tabelle 3: Einzelhandelsrelevantes Nachfragepotenzial der Stadt Böhlen nach Warengruppen 2017 ...... 13 Tabelle 4: Nachfrageentwicklung in der Stadt Böhlen bis 2030 ...... 15 Tabelle 5: Ansiedlung von Lebensmittelmärkten im Stadtgebiet von Böhlen 2017 ...... 24 Tabelle 6: Umsatzerwartung bei Erweiterung des LIDL-Marktes in der Stadt Böhlen ...... 26 Tabelle 7: Umsatzumverteilung durch Erweiterung des LIDL-Marktes ...... 27

Kartenverzeichnis Karte 1: Zentralörtliche Gliederung und raumstrukturelle Einbindung Böhlen ...... 5 Karte 2: Lage und verkehrliche Anbindung von Böhlen ...... 6 Karte 3: Ortsteile der Stadt Böhlen ...... 7 Karte 4: Einzugsgebiet des Einzelhandels von Böhlen ...... 9 Karte 5: Sicherung der Nahversorgung durch Lebensmittelmärkte ...... 23 Karte 6: Räumliche Struktur des Zentren- und Standortkonzeptes der Stadt Böhlen ...... 34 Karte 7: Räumliche Abgrenzung der Innenstadt von Böhlen ...... 36 Karte 8: Leerstände in der Innenstadt von Böhlen ...... 38 Karte 9: Abgrenzung Ergänzungsstandort Röthaer Straße ...... 41

2 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

1. Aufgabenstellung und Auftragsdurchführung

Die BBE Handelsberatung GmbH wurde von der Stadtverwaltung Böhlen gemäß Vertrag vom 5. September 2017 mit der Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes beauftragt. Aus dem Jahr 2015 liegt der Stadt Böhlen ein Einzelhandelskonzept vor, welches die Entwicklungsperspek- tiven der Einzelhandelsstruktur und somit maßgeblicher Standorte, eingeordnet in die Nachfrageentwick- lung, aufzeigt. Im Mittelpunkt des Entwicklungskonzeptes stehen die Perspektiven und Ziele der Innenstadt von Böhlen sowie die Sicherung der Nahversorgung. In der Gesamtheit ist die konzeptionelle Grundlage auf die Etablierung eines leistungsstarken Einzelhandelsstandortes ausgerichtet. Die Stadt Böhlen ist gemein- sames Grundzentrum mit und hat entsprechende zentralörtliche Funktionen wahrzunehmen, die eng mit der Einzelhandelsenwicklung verknüpft sind. Die angestrebte Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes resultiert zum einen aus einer dynamischen Einzelhandelsentwicklung, die sich auch in aktuellen Planvorhaben und Standortentwicklungen widerspie- geln, zum anderen haben sich auch städtebauliche Rahmenbedingungen geändert. Die Dynamik des Einzelhandels setzt sich weiter fort. So ist die Nahversorgungslage Am Ring nicht mehr existent und es besteht ein Erweiterungsvorhaben von LIDL am Standort in der Röthaer Straße. Es ist im Rahmen des Einzelhandelskonzeptes zu prüfen, ob das Vorhaben von LIDL mit den prioritären Zielen der Sicherung und qualitativen Weiterentwicklung der Innenstadt als zentralen Versorgungsbereich sowie der qualitativen Sicherung der Nahversorgungsstrukturen in Einklang zu bringen ist. Die Aufgabe umschließt eine Gesamtbetrachtung aller Einzelhandelsstandorte Böhlens mit zentrenrelevan- ten und (großflächigen) nicht-zentrenrelevanten Sortimenten. Basis des Einzelhandels- und Zentrenkonzep- tes wird die Analyse und Bewertung der gegenwärtigen Angebots- und Nachfragesituation bilden. Darauf aufbauend gilt es, unter Berücksichtigung einzelhandelsrelevanter Strukturveränderungen und Trends, standortspezifische Zielkonzepte und eine Zentren- und Standortstruktur für Böhlen zu erarbeiten, die eine zukunftsfähige Ausrichtung des Einzelhandelsstandortes gewährleisten. In diesem Kontext erfolgt eine de- taillierte Prüfung und Bewertung vorliegender Planvorhaben an den beiden Standorten im Stadtgebiet von Böhlen. Es gilt die Funktion der Standorte und die Auswirkungen der geplanten Verkaufsflächenerweiterung auf den zentralen Versorgungsbereich sowie die Nahversorgung zu prüfen. Im Rahmen der Fortschreibung des Konzeptes wird auch weiterhin die fachliche Grundlage für den pla- nungsrechtlichen Steuerungsprozess der Einzelhandelsentwicklung im gesamten Stadtgebiet gelegt. Die Empfehlungen sollen maßgebliche Entscheidungsgrundlage bei Planungsprozessen bilden. Die praxisnahe Umsetzung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes wird durch einen Handlungsleitfaden gewährleistet, der das Leitbild zur künftigen Einzelhandelsentwicklung konkretisiert und die Übereinstim- mung zu städtebaulichen Zielvorstellungen determiniert. Die Fortschreibung schließt auch eine Überprüfung der Ansiedlungsleitsätze ein, welche eine Grundlage für transparente und nachvollziehbare Entscheidungen und bauleitplanerische Abwägungen bilden. Im Kontext der ortsspezifischen Liste (Böhlener Liste), mit der die Festlegung zentrenrelevanter Sortimente erfolgt, wird eine rechtssichere Ausgestaltung von Entschei- dungen zu Ansiedlungsvorhaben, Erweiterungsabsichten oder Standortveränderungen gewährleistet. Die Liste wird folglich ebenfalls einer Überprüfung unterzogen. Ziel des Einzelhandelskonzeptes ist es, eine fachlich determinierte Grundlage für den planungsrechtlichen Steuerungsprozess der Einzelhandelsentwick- lung in Böhlen zu erarbeiten. Damit entsteht Transparenz sowie Sicherheit für Investoren aber auch Rechtssicherheit für die Kommune. ■ Rahmenbedingungen des Einzelhandelsstandortes Böhlen mit Konkretisierung des Einzugsgebietes für den Einzelhandel ■ Darstellung der Nachfrage- und Angebotssituation ■ Steuerung einer flächendeckenden Nahversorgung unter Berücksichtigung der Einwohnerentwick- lung von Böhlen und der Absiedlung von ALDI sowie der Verlagerung von Penny 3 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

■ Erstellung der „Böhlener Liste“ zentrenrelevanter Sortimente ■ Handlungsleitfaden zur Umsetzung der Einzelhandels- und Zentrenkonzeption mit Entscheidungs- matrix ■ Empfehlungen zur planungsrechtlichen Steuerung der Einzelhandelsentwicklung Die Analyse beinhaltet die Darstellung und Bewertung der bestehenden Angebots- und Nachfragesituation unter Berücksichtigung räumlicher und funktionaler Aspekte, mit dem Ziel eine Zentren- und Standortstruk- tur abzuleiten. Ein besonderer Fokus richtete sich auf die wohnort- und wohnungsnahe Versorgung der Böhlener Bevölke- rung. In diesem Kontext wurden auch die Entwicklungsperspektiven der Innenstadt bewertet, deren qualita- tive Weiterentwicklung erklärtes städtebauliches Ziel ist. Das Konzept umfasst die Strategien, Ziele und Instrumente der zukünftigen Zentren- und Einzelhandels- standortentwicklung. Dazu gehören im Einzelnen: ■ Leitziele ■ künftige Zentrenstruktur mit Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs ■ zukünftige Nahversorgungsstruktur ■ Ergänzungsstandorte ■ Empfehlungen zur bauplanungsrechtlichen Steuerung und Böhlener Sortimentsliste

Betriebsstättenerhebung Für die Erarbeitung der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes wurde eine Betriebsstättenerhebung durch die Bearbeiter des Konzeptes vorgenommen. Die aktuelle Verkaufsflächenerhebung der Einzelhan- delsbetriebe in Böhlen schließt mit dem Stichtag 11. Oktober 2017. Die Verkaufsflächen der Betriebe wur- den nach Warengruppen differenziert erhoben, dies gilt auch für Mehrbranchenanbieter. Für alle Betriebe wurde unter Beachtung der standortbezogenen Rahmenbedingungen sowie branchen- und betriebsformen- spezifischer Leistungskennziffern die Umsatzleistung ermittelt.

Nachfrageanalyse Die im Rahmen der Analyse vorgenommenen statistischen Auswertungen berücksichtigen Unterlagen der Stadt Böhlen bzw. des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen. Grundlage für die Berechnung der Nachfragesituation in der Stadt Böhlen stellen aktuelle Kaufkraftdaten des Instituts für Handelsfor- schung dar.

Weitere Grundlagen Der Ausarbeitung wurden im Wesentlichen folgende Unterlagen zu Grunde gelegt: ■ Landesentwicklungsplan Freistaat Sachsen (LEP 2013) ■ Regionalplan Leipzig, Westsachsen 2008 ■ Regionalplan Leipzig, Vorentwurf 2017 ■ Stadtentwicklungsstrategie Sachsen 2020, Staatsministerium des Innern vom 23.Juli 2010 ■ Anforderungsprofil an das Wohnen im Landkreis Leipzig 2025, Landkreis Leipzig, 2014 ■ Unterlagen zur Bauleitplanung der Stadt Böhlen ■ Statistische Daten der Stadt Böhlen und des Statistischen Landesamtes ■ Empfehlungen zur planungsrechtlichen Steuerung der Einzelhandelsentwicklung 4 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

2. Rahmenbedingungen des Einzelhandelsstandortes Böhlen

2.1. Regionale Lage und zentralörtliche Bedeutung

Die Stadt Böhlen liegt im Nordwesten des Freistaates Sachsen in der Leipziger Tieflandsbucht im Landkreis Leipzig. Zwischen der sich weiterentwickelnden Seenlandschaft südlich von Leipzig gelegen, verfügt Böhlen über eine zentrale Lage im Neuseenland. Darüber hinaus kann Böhlen von der Nähe zum Oberzentrum Leipzig profitieren, welche derzeit prozentual die am stärksten wachsende Großstadt Deutschlands ist.1 Die Entfer- nung zwischen Leipzig und Böhlen beträgt lediglich ca. 15 km. Insbesondere durch den Ausbau des Leipzi- ger City-Tunnels ist die S-Bahnanbindung nach Leipzig sehr gut. Durch den weiteren Ausbau der A72 in Richtung Leipzig, wird sich die Anbindung weiter verbessern.

Karte 1: Zentralörtliche Gliederung und raumstrukturelle Einbindung Böhlen

Quelle: Regionalplan Westsachsen 2008, Karte 4 Grundzentrale Verflechtungsbereiche, Bearbeitung: BBE Handelsberatung

Die zentralörtliche Gliederung sowie die raumstrukturelle Einordnung der Stadt Böhlen ist aus Karte 1 zu entnehmen. Im Regionalplan Westsachsen ist Böhlen im Verbund mit Zwenkau als Grundzentrum im Ver- dichtungsraum ausgewiesen. Die Stadtkerne der benachbarten Städte Böhlen und Zwenkau liegen 8 km Fahrstrecke mit dem Auto voneinander entfernt. Der Verflechtungsbereich umfasst neben der Stadt Böhlen auch die Stadt Rötha und teilweise die Gemeinde Espenhain (im Überschneidungsbereich mit der Stadt

1 Statistische Landesämter (2015): Einwohnerentwicklung 2012-2015 5 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Borna).1 Mittlerweile gehört zur Stadt Rötha auch die Gemeinde Espenhain. Auch im aktuellen Vorentwurf des Regionalplans Westsachsen wird die Stadt Böhlen mit Zwenkau als gemeinsames Grundzentrum aus- gewiesen.2 Ein Grundzentrum sollte lt. Regionalplan Westsachsen ein Versorgungs- und Dienstleistungszentrum dar- stellen, das über einen Komplex mit zentralörtlichen Einrichtungen ausgestatteten Gemeindekern verfügt. Im Bereich des Einzelhandels wird eine qualifizierte Versorgung mit mehreren Lebensmittel-Supermärkten / Discountern und Fachgeschäften erwartet.

Karte 2: Lage und verkehrliche Anbindung von Böhlen

Quelle: 2012, Nexiga, TomTom, Bearbeitung: BBE Handelsberatung GmbH

Verkehrsanbindung und Erreichbarkeit sind wesentliche Standortfaktoren, die die Entwicklungsperspektiven auch des Einzelhandels prägen. Böhlen liegt im Schnittpunkt zweier Bundesstraßen, welche sich im Stadt- teil Großdeuben kreuzen. Die Bundesstraßen B 2 und B 95 sowie die Staatsstraße S 72 durchqueren das Stadtgebiet von Böhlen und binden die Stadt gut an das überörtliche Verkehrswegenetz an. Über die B 95 erfolgt die Anbindung an das Oberzentrum Leipzig (rd. 15 km). Die Anschlussstelle der Autobahn A 38 (Göt- tingen-Leipzig) befindet sich unmittelbar an der nördlichen Grenze des Stadtgebietes. Der Flughafen Leipzig/Halle liegt ca. 25 km Luftlinie und etwa 50 km Fahrstrecke (A38-A14) nordwestlich von Böhlen. Der ÖPNV wird ausschließlich durch Linienbusse realisiert (Buslinie 101, 107, 108, 144). Ein großer Vorteil für die Mobilität der Einwohner stellt der Anschluss an die S-Bahn (S4, S5, S5X) dar. Durch den S-Bahnanschluss lässt sich das Leipziger Stadtzentrum in 20-25 Minuten erreichen.

1 Regionaler Planungsverband Westsachsen (2008): Regionalplan Westsachsen, S. 26

2 Regionaler Planungsverband Westsachsen (2015): Vorentwurf Regionalplan Westsachsen 2017, Karte Raumstruktur 6 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Die Stärkung grundzentraler Funktionen im Kontext mit der Steigerung der Attraktivität des Einzelhandels- standortes Böhlen sind zentrale Zielstellungen der Stadtentwicklung. Der Steuerung zukünftiger Entwicklun- gen im Einzelhandel wird eine bedeutende Stellung in der Stadtplanung eingeräumt. Damit sind Fragen der Standortverteilung des Einzelhandels von besonderer Relevanz.

2.2. Siedlungs- und Standortstruktur innerhalb des Stadtgebietes

Standort- und Versorgungsstrukturen des Einzelhandels stehen im Kontext zur Struktur des Stadtraumes. Das Stadtgebiet von Böhlen gliedert sich in die Kernstadt Böhlen sowie den Stadtteil Großdeuben im Nor- den und den Ortsteil Gaulis im Süden. Der heutige Stadtteil Großdeuben wurde 1997 eingemeindet. In der Kernstadt Böhlen leben rd. 70 % der Bevölkerung woraus eine Konzentration der Bevölkerung auf die Kernstadt abzulesen ist. Der Stadtteil Großdeuben und der Ortsteil Gaulis weisen ca. 1.600 und ca. 250 Einwohner auf.1 Die Versorgungsfunktionen und damit das Einzelhandelsangebot sind an der Siedlungs- struktur ausgerichtet. Während im Hauptort Böhlen zahlreiche Einzelhandelsanbieter vorhanden sind, ver- fügen sowohl der Stadtteil Großdeuben als auch der Ortsteil Gaulis über keine wohnungsnahe Versorgung.

Karte 3: Ortsteile der Stadt Böhlen

Quelle: 2012, Nexiga, TomTom, Bearbeitung: BBE Handelsberatung GmbH

1 Stadt Böhlen (2015): Einwohnerzahlen auf Ortsteilebene 7 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

2.3. Einzugsgebiet des Böhlener Einzelhandels

Versorgungsfunktionen sind zunächst generell an der zentralörtlichen Funktion und dem raumordnerisch zugewiesenen Verflechtungsbereich auszurichten. Dieser umfasst neben Böhlen und Zwenkau auch die Stadt Rötha sowie im Überschneidungsbereich mit Borna Espenhain, was mittlerweile zur Stadt Rötha ge- hört. Auch vor dem Hintergrund der räumlichen Nähe zu den Mittelzentren und Borna besitzt Böh- len nur ein begrenztes Einzugsgebiet. Die Abgrenzung eines relevanten Einzugsgebietes erfolgt unter Berücksichtigung wesentlicher Faktoren wie z.B.: ■ Einzelhandelszentralität und zu erwartende Kaufkraftströme, ■ Verkehrsanbindung, ■ Wettbewerbssituation, ■ Zeit-Distanz-Aspekte, ■ Lage und Größe von Einzelhandelsstandorten bzw. Planvorhaben.

Die zu erwartende Größe des Einzugsgebietes und die Kundenbindung aus dem Umland hängen sehr stark vom Zeit-Wege-Aufwand (Entfernung, Verkehrsanbindung etc.) des Kunden in Relation zum beabsichtigten Ausgabevolumen und der Attraktivität eines Einzelhandelsstandortes ab. Mit zunehmender Entfernung ergibt sich erfahrungsgemäß eine progressiv abnehmende Bindungsquote der Nachfrage. Natürlich stellt auch die Wettbewerbssituation im relevanten Umfeld einen gewichtigen Einflussfaktor dar. Für die Abgrenzung des Einzugsgebietes der Stadt Böhlen ist die Abwägung zwischen Zeit-Distanz- Aspekten, gewachsenen regionalen Kundenbeziehungen und der Magnetwirkung von Einzelhandelsstand- orten benachbarter Zentren von besonderer Bedeutung. Im Detail sind folgende Aspekte zu beachten: ■ Die regionale Lage im Spannungsfeld übergeordneter zentraler Orte, insbesondere die starke Aus- strahlung des Oberzentrums Leipzig, aber auch des im Verbund stehenden Zwenkaus im Westen sowie des Mittelzentrums Borna im Südosten lässt für den Böhlener Einzelhandel generell ein räum- lich begrenztes Einzugsgebiet erwarten. ■ Die Bevölkerung des Ortsteil Espenhain findet im Mittelzentrum Borna einen stärkeren Besatz vor, so dass vordringliche Einkaufsbeziehungen der dortigen Bevölkerung stärker nach Borna, bzw. durch die gute Erreichbarkeit nach Markkleeberg bzw. Leipzig bestehen. Dennoch ist mit Zuflüssen zu rechnen. In Zwenkau existiert ein vergleichbares Einzelhandelsangebot wie in Böhlen, weshalb nur in Ausnahmefällen Kunden aus Zwenkau zu erwarten sind.

■ Insgesamt umfasst das in Karte 4 abgegrenzte Einzugsgebiet ein Potenzial von 10.619 Einwohnern1. ■ Entwicklungskonzepte und Standortfragen des Böhlener Einzelhandels müssen sich an den Versor- gungsfunktionen als Grundzentrum ausrichten. Für die zukünftige Einzelhandelsentwicklung der Stadt Böhlen liegen die Bindungschancen in der legitimen Eigenbindung der örtlichen Kaufkraft.

1 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2017): Einwohnerzahlen zum Stand 30.06.2016 8 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Karte 4: Einzugsgebiet des Einzelhandels von Böhlen

Zufluss

Zufluss

Zufluss

Quelle: 2012, Nexiga, TomTom, Bearbeitung: BBE Handelsberatung GmbH

9 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

3. Einzelhandelsrelevante Nachfrage und deren Entwicklung bis 2030

3.1. Bevölkerungsstruktur und Bevölkerungsentwicklung

Zum 30.Juni 2016 lebten in der Stadt Böhlen nach den Angaben des Statistischen Landesamtes des Frei- staats Sachsen 6.790 Einwohner. Die Versorgungsfunktionen des Böhlener Einzelhandels konzentrieren sich zunächst auf eine möglichst hohe Eigenbindung des örtlichen Potenzials. Die Stadt Böhlen verzeichnete in den letzten 10 Jahren einen Bevölkerungsrückgang von -2,2 % (vgl. Abbil- dung 1). Allerdings ist durch die verbesserten Rahmenbedingungen mit einer optimierten Anbindung von Böhlen in die stark wachsende Stadt Leipzig, die positive Entwicklung des Neuseenlandes und auch dem Ausbau der A 72 in südlicher Richtung, die Bevölkerungszahl im Jahr 2016 gestiegen. War der geringe An- stieg im Jahr 2009 auf die Eröffnung eines Altenpflegeheimes zurückzuführen, fügt sich die aktuelle Ent- wicklung auch in die Entwicklung der Umlandkommunen ein. So können von den verbesserten Rahmenbe- dingungen alle Gemeinden im Nahbereich profitieren, die im Jahr 2016 ebenfalls einen Einwohnerzuwachs aufweisen.

Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung Böhlen

Im Vergleich zur vergangen Bevölkerungsprognose des Freistaats Sachsen hat sich die Vorhersage für Böhlen durch die veränderten Rahmenbedingungen deutlich verändert. Während in der vergangenen Be- völkerungsprognose von einem starken Rückgang ausgegangen wurde, wird in der 6. Regionalisierten Be- völkerungsprognose von einem Anstieg auf ca. 6.900 bzw. auf ca. 7.150 Einwohner gerechnet. Dies ent- spricht einem Bevölkerungszuwachs in der negativen Variante von 1,6% und der positiven Variante von 5,1%.

10 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Tabelle 1: Bevölkerungsprognose für die Stadt Böhlen und den Landkreis Leipzig (statist. Landes- amt)

Stand Prognose 2030 Prognose 2030 30.06.2016 Variante 1 Variante 2 Stadt Böhlen 6.790 7.139 5,1% 6.899 1,6% Landkreis Leipzig 258.333 254.533 -1,5% 244.663 -5,3%

Quellen: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, 6. Regionalisierte Bevölkerungsprognose für den Freistaat Sachsen bis 2030 Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, 6. Regionalisierte Bevölkerungsprognose für den Freistaat Sachsen bis 2030

Der Landkreis Leipzig hat in seiner Studie „Anforderungsprofil an das Wohnen im Landkreis Leipzig 2025“ aus dem Dezember 2014 die Einwohnerentwicklung auf Ortsteilebene im Landkreis prognostiziert. Auf Grund der Kleinteiligkeit können genaue Entwicklungen nicht auf genauer Zahlenbasis dargestellt werden. Die Pfeile (siehe Tabelle 3) weisen auf eine positive bzw. negative Entwicklung bis zum Jahr 2025 hin. Zu- dem geben Einfärbungen in der nachstehenden Tabelle an, ob diese Entwicklung unter bzw. über dem Durchschnitt des Landkreises Leipzig liegen wird.

Tabelle 2: Bevölkerungsprognose für die Stadt Böhlen und den Landkreis Leipzig (Landkreis Leipzig)

Quelle: Landkreis Leipzig (2014): Anforderungsprofil an das Wohnen im Landkreis Leipzig 2025, Ortsteilbetrachtung Böhlen

Hieraus wird insbesondere für den Stadtteil Großdeuben eine positive Einwohnerprognose bis zum Jahr 2025 deutlich. Während im Hauptort Böhlen von einer leicht positiven Entwicklung ausgegangen wird, ist die Prognose für den Ortsteil Gaulis hingegen negativ bis zum Jahr 2025. Für Böhlen wird damit eine insgesamt überdurchschnittliche Entwicklung gegenüber den weiteren Kommunen im Landkreis Leipzig erwartet.

11 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

3.2. Einzelhandelsrelevantes Nachfragevolumen 2017

Die Berechnungen zum Nachfragepotenzial 2017 basieren auf den bundesdurchschnittlichen Verbrauchs- ausgaben pro Kopf der Bevölkerung für die einzelnen Warengruppen. Unter Berücksichtigung der Bestim- mungsfaktoren: ■ Einwohner im Einzugsgebiet ■ regionales, einzelhandelsrelevantes Kaufkraftniveau ■ Verbrauchsausgaben nach Warengruppen errechnen sich nachfolgend die Marktvolumina für das Stadtgebiet von Böhlen. Das einzelhandelsrelevante Kaufkraftniveau wird durch die Einkommensverhältnisse der Bevölkerung be- stimmt. Diese Kennzahl spiegelt letztlich auch die Wirtschaftskraft einer Stadt oder Region wider. Die Kenn- ziffer gibt unabhängig von der Größe der Stadt das verfügbare Netto-Einkommen pro Einwohner im Ver- hältnis zum Gesamt-Einkommen der Bundesrepublik (= 100) an, welches explizit für die Ausgaben im Ein- zelhandel zur Verfügung steht. Die Berechnungsbasis der Kaufkraftkennziffern sind die Ergebnisse der amtlichen jährlichen Lohn- und Einkommenssteuerstatistik. In diese Kennziffer sind ebenfalls staatliche Transferleistungen wie Kindergeld, Wohngeld, Arbeitslosenunterstützung, BAföG, Renten etc. einbezogen. Nicht enthalten in dieser Einkom- mensberechnung sind private Ersparnisse in Form von Bankguthaben oder Wertpapierhaltung sowie der Verschuldungsgrad der Haushalte. Für die Stadt Böhlen errechnet sich eine einzelhandelsrelevante Kaufkraft von 87,5. Die einzelhandelsrele- vanten Ausgaben liegen somit ca. 12,5 %-Punkte unter dem Bundesdurchschnitt. Die bundesdurchschnittlichen Verbrauchsausgaben über alle Einzelhandelsbranchen betragen 6.232 Euro pro Kopf der Bevölkerung. Infolge des geringeren Kaufkraftniveaus betragen die relevanten Verbrauchs- ausgaben in der Stadt Böhlen 5.450 Euro. Dementsprechend errechnet sich ein einzelhandelsrelevantes Marktpotenzial von ca. 37 Mio. €. In der Diffe- renzierung nach Bedarfsgruppen gliedert sich dieses Marktpotenzial in: ■ den kurzfristigen Bedarf 23,0 Mio. Euro (ca. 62 %), ■ den mittelfristigen Bedarf 7,5 Mio. Euro (ca. 20 %), ■ den langfristigen Bedarf 6,5 Mio. Euro (ca. 18 %). Die nachfolgenden Tabellen geben einen detaillierten Überblick zum Marktpotenzial für die Stadt Böhlen untergliedert nach Warengruppen.

12 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Tabelle 3: Einzelhandelsrelevantes Nachfragepotenzial der Stadt Böhlen nach Warengruppen 2017 Einzelhandelsrelevante Kaufkraftpotenziale 2017 Böhlen Sortiments- Böhlen in 1.000 € zu EVP (incl. MwSt.) Deutsch- Verbrauchs- spezifische Markt- land ausgabe pro Kaufkraft potenzial Person Einwohner 6.790 Kaufkraft 87,5

Nahrungs- u. Genussmittel /Bäcker / Metzger 2.315 91,7 2.122 14,4 Drogerie / Parfümerie / Kosmetik 345 88,8 306 2,1 Heimtier 53 90,4 48 0,3 Pharmaz., mediz., orthop. Artikel 656 84,7 556 3,8 PBS* / Zeitungen / Zeitschriften / Bücher 186 88,2 164 1,1 Blumen / Zimmerpflanzen 200 94,0 188 1,3 Überwiegend kurzfristiger Bedarf 3.755 90,1 3.385 23,0 Bekleidung / Wäsche / Strumpfwaren 533 79,7 425 2,9 Schuhe (ohne Sportschuhe) / Lederwaren 121 82,4 100 0,7 Baumarktspezifisches Sortiment (Werkzeuge / Eisenwaren / Farben / 353 92,7 327 2,2 Malerbedarf / Sanitär / Bodenbeläge / Autozubehör etc.) GPK**/Haushaltsgegenstände 61 83,9 51 0,3 Spielwaren / Hobby / Basteln / Musikinstrumente 95 83,8 80 0,5 Sportartikel / Camping, Outdoor, Fahrräder 153 77,7 119 0,8 Überwiegend mittelfristiger Bedarf 1.316 83,7 1.101 7,5 Haus- und Heimtextilien, sonst. Einrichtungsgegenstände 91 84,6 77 0,5 Möbel (inkl. Bad- / Garten- / Büromöbel) 367 82,0 301 2,0 Elektrogroß- und -kleingeräte, Lampen & Leuchten 146 86,7 127 0,9 Unterhaltungselektronik / Musik / Video / PC / Drucker / 333 84,5 282 1,9 Kommunikation Foto / Optik 93 84,4 79 0,5 Uhren / Schmuck 72 66,9 48 0,3 sonstiger Einzelhandel 59 87,4 52 0,4 Überwiegend langfristiger Bedarf 1.161 83,0 964 6,5 Einzelhandelsrelevantes Potenzial insgesamt 6.232 87,5 5.450 37,0

Quelle: BBE Handelsberatung, eigene Berechnungen, IFH Verbrauchsausgaben

13 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

3.3. Prognose der Nachfrageentwicklung bis 2030

Bevölkerungsentwicklung der Stadt Böhlen bis 2030: Entwicklungsperspektiven einer einzelhandelsrelevanten Nachfrage setzen zunächst bei einer Bevölke- rungsprognose an. Hierbei werden die Zahlen des Statistischen Landesamtes Sachsens herangezogen. Somit ist von einer Bevölkerungsentwicklung zwischen 1,6 % in der Negativvariante des Freistaates Sach- sen bis zu einem Wachstum von 5,1 % zu rechnen. Neben dem Bevölkerungspotenzial bildet auch die Ent- wicklung der einzelhandelsrelevanten Pro-Kopf-Ausgaben einen wichtigen Indikator für die Nachfrageprog- nose.

Entwicklung der einzelhandelsrelevanten Pro-Kopf-Ausgaben bis 2030: Generell ist in Deutschland langfristig mit einer weiteren Verringerung des Anteils einzelhandelsrelevanter Ausgaben an den Gesamtausgaben pro Kopf der Bevölkerung zu rechnen. Seit Jahren sinkt der Einzelhandelsanteil zugunsten notwendiger Ausgaben zur Alterssicherung, für Mobili- tät/Verkehr, Dienstleistungen, Wohnen (Mieten / Nebenkosten) oder Freizeit. Diese Ausgabensteigerungen in den anderen Bereichen können gegebenenfalls durch eine positive Einkommensentwicklung aufgefangen werden, so dass zumindest die absoluten Pro-Kopf-Ausgaben im Einzelhandel konstant bleiben oder even- tuell sogar geringfügig steigen. Zukünftig wird diese Entwicklung zusätzlich durch ein sinkendes Rentenniveau (sinkende Rentenbezüge bei Neurentnern durch Lebensphasen mit Arbeitslosigkeit oder Niedriglohnsektor / geringfügige Beschäftigung) beeinflusst. Bei moderater Einkommensentwicklung wird auch mittelfristig der Einzelhandel nur geringfügig partizipieren, die Pro-Kopf-Ausgaben werden bestenfalls marginal steigen. Die weiteren Planungsrechnungen gehen deshalb in der pessimistischen Prognose durchschnittlich nur von einer Stagnation der einzelhandelsrelevanten Pro-Kopf-Ausgaben aus und selbst in der optimistischen Prognose nur von einem mittleren Anstieg um 0,5 % pro Jahr.

Nachfrageentwicklung in der Stadt Böhlen bis 2030: Die nachfolgenden Berechnungen zur Nachfrageentwicklung bauen auf der Berechnung zur Bevölkerungs- prognose auf, binden die Prognosen zur einzelhandelsrelevanten Kaufkraftentwicklung ein und bilden somit die Nachfrageentwicklung für Böhlen im Zeitraum bis 2030 ab. Die resultierenden Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle 5 zusammengefasst. Die Bevölkerungsprognosen führen in der Modellrechnung zu einer Spanne von +1,6 % bis +11,2 %1 des Nachfragevolumens zum aktuell vorhandenen Marktpotenzial in Böhlen. Im Gegensatz zum vergangenen Einzelhandelskonzept, als die Bevölkerungsprognosen sehr unterschiedlich waren, ist in Böhlen zukünftig von einer positiven Nachfrageentwicklung auszugehen.

1 Quelle: BBE Handelsberatung, eigene Berechnungen, BBE!CIMA!MB-Research 14 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Tabelle 4: Nachfrageentwicklung in der Stadt Böhlen bis 2030

Stadt Böhlen 2030 2030 pessimistisch optimistisch 2017 (Prognose (Prognose Sachsen) Sachsen) Einwohner 6.790 6.899 7.139 Kaufkraft 87,46 87,46 92,46 Nahrungs- u. Genussmittel /Bäcker / Metzger 14,4 14,6 16,0 Drogerie / Parfümerie / Kosmetik 2,1 2,1 2,3 Heimtier 0,3 0,3 0,4 Pharmaz., mediz., orthop. Artikel 3,8 3,8 4,2 PBS* / Zeitungen / Zeitschriften / Bücher 1,1 1,1 1,2 Blumen / Zimmerpflanzen 1,3 1,3 1,4 Überwiegend kurzfristiger Bedarf 23,0 23,4 25,5 Bekleidung / Wäsche / Strumpfwaren 2,9 2,9 3,2 Schuhe (ohne Sportschuhe) / Lederwaren 0,8 0,7 0,8 Baumarktspezifisches Sortiment (Werkzeuge / Eisenwaren / 2,2 2,3 2,5 Farben / Malerbedarf / Bodenbeläge / Sanitär / Autozubehör etc.) GPK**/Haushaltsgegenstände 0,3 0,4 0,4 Spielwaren / Hobby / Basteln / Musikinstrumente 0,5 0,5 0,6 Sportartikel / Camping, Outdoor, Fahrräder 0,8 0,8 0,9 Überwiegend mittelfristiger Bedarf 7,5 7,6 8,3 Haus- und Heimtextilien, sonst. Einrichtungsgegenstände 0,5 0,5 0,6 Möbel (inkl. Bad- / Garten- / Büromöbel) 2,0 2,1 2,3 Elektrogroß- und -kleingeräte, Lampen & Leuchten 0,9 0,9 1,0 Unterhaltungselektronik / Musik / Video / PC / Drucker / 1,9 1,9 2,1 Kommunikation Foto / Optik 0,5 0,5 0,6 Uhren / Schmuck 0,3 0,3 0,4 sonstiger Einzelhandel 0,4 0,4 0,4 Überwiegend langfristiger Bedarf 6,5 6,7 7,3 Einzelhandelsrelevantes Potenzial insgesamt 37,0 37,6 41,1 Entwicklung des Einzelhandelsrelevanten Potenzials 1,6% 11,2%

Quelle: BBE Handelsberatung, eigene Berechnungen, IFH Verbrauchsausgaben

Die Marktpotenzialentwicklung verdeutlicht, dass sowohl im negativen als auch dem positiven Szenario mit einem Anstieg des Nachfragepotenzials zu rechnen ist. Vor dem Hintergrund neuer Leerstände in der In- nenstadt, ist der Fokus auch weiterhin zunächst auf die Innenstadt und die Sicherung der Nahversorgung zu richten.

15 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

4. Einzelhandelsstrukturen und deren Entwicklung in der Stadt Böhlen

4.1. Einzelhandelsbesatz mit Verkaufsfläche und Umsatzleistung

Zur Analyse der aktuellen Angebotsstrukturen wurden im Stadtgebiet Böhlen alle Einzelhandelsstandorte mit einzelhandelsrelevanter Verkaufsfläche, Branchenzuordnung, Standortlage sowie einer Umsatzein- schätzung nach branchenspezifischen Kennzahlen erfasst und bewertet. Berücksichtigung findet der ge- samte Einzelhandel im engeren Sinne, d.h. ohne Handel mit Kraftfahrzeugen, Kraft-/Brennstoffen, Versand- handel und ambulanter Handel (z.B. Wochenmärkte). Weitere Nutzungen wie Gastronomie oder Dienstleis- ter werden zur Charakterisierung der zentralen Versorgungsbereiche herangezogen. Die quantitative Analyse zum Einzelhandelsbesatz geht zunächst von der Angebotssituation und -verteilung in der Gesamtstadt Böhlen aus, konzentriert sich weiterführend aber auf die Standortstrukturen und Standortentwicklungen zur Erstellung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes. Die Stadt Böhlen verfügt zum Stand 11. Oktober 2017 (zukünftiger Sonderpostenmarkt Am Ring einbezo- gen) über einen Einzelhandelsbesatz von insgesamt 28 Anbietern mit einer Gesamtverkaufsfläche von 5.745 m², die einen Umsatz von ca. 20,3 Mio. Euro generieren.

Abbildung 2: Verkaufsflächen- und Umsatzanteile in der Differenzierung nach kurz-, mittel- und lang- fristigem Bedarf

Mit einer Verkaufsflächenausstattung von ca. 0,85 m² je Einwohner weist Böhlen einen auch für ein Grund- zentrum unterdurchschnittlichen Besatz auf. Dies begründet sich vor allem durch die Nähe zu den Mittelzen- tren Borna und Markkleeberg sowie zum Oberzentrum Leipzig, weshalb der Besatz insbesondere im mittel- und langfristigen Bedarfsbereich auch für ein Grundzentrum gering ist. Laut Handelsatlas Sachsen aus dem Jahr 2015 haben die umliegenden Grundzentren im Kammerbezirk Leipzig einen höheren Verkaufsflächen- besatz: 1,32 m² je Einwohner, Brandis 0,99 m² je Einwohner (gemeinsames Grundzentrum mit ), Naunhof 1,98 m² je Einwohner (gemeinsames Grundzentrum mit Brandis), 1,73 m² je Einwohner, 0,96 m² je Einwohner, 2,30 m² je Einwohner, 1,03 m² je Einwohner

16 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

(gemeinsames Grundzentrum mit ), Pegau 1,36 m² je Einwohner (gemeinsames Grundzentrum mit Groitzsch), Markranstädt 1,21 m² je Einwohner und Zwenkau 1,03 m² je Einwohner.1 Im Vergleich zum Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2015 ist festzustellen, dass der Verkaufsflächenbe- satz leicht zurückgegangen ist. So hat die Firma ALDI die Stadt Böhlen verlassen. Am Standort des bisheri- gen ALDI-Marktes verlagerte der Lebensmitteldiscounter Penny. Die jetzt leerstehende Filiale des ehemali- gen Penny-Marktes soll durch einen Sonderpostenmarkt der Firma Wreesmann zukünftig genutzt werden, da kein neuer Lebensmittelmarkt Interesse an der Immobilie hatte. Insgesamt konzentrieren sich auch wei- terhin die wahrgenommenen Versorgungsfunktionen dabei auf eine Grundversorgung mit eindeutigem Schwerpunkt im kurzfristigen Bedarfsbereich (Verkaufsflächenanteil: 62 %; Umsatzanteil: 81 %).

1 Industrie- und Handelskammer zu Leipzig (2015): Handelsatlas für den Freistaat Sachsen 2015, Kammerbezirk Leipzig, S. 135 ff. 17 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

4.2. Angebotssituation im Stadtgebiet Böhlen nach Standortlagen

Die nachfolgende Abbildung differenziert den Einzelhandelsbesatz nach maßgeblichen Einzelhandels- standorten innerhalb des Böhlener Stadtgebietes.

Abbildung 3: Verkaufsflächen und Umsatzanteile differenziert nach Böhlener Einzelhandelsstandorten

Quelle: Eigene Erhebung und Umsatzeinschätzung

Auf die Innenstadt entfällt ein Verkaufsflächenanteil von 32 %. Als Innenstadt wird bereits eine räumliche Abgrenzung zugrunde gelegt, wie sie sich als zentraler Versorgungsbereich im Abschnitt 5.4.1 darstellt, welche sich auch im Vergleich zum Einzelhandels- und Zentrenkonzept aus dem Jahr 2015 nicht verändert hat. Im Gegensatz zum Konzept aus dem Jahr 2015 hat sich allerdings die Anzahl der Geschäfte von 17 auf 14 reduziert. Geschlossen haben Spielwaren Engel, der Optiker Münzenberg und Service-Partner Stock. Hauptursache ist hierbei, dass die Ladenbesitzer mittlerweile im Ruhestand sind und kein Nachfolger ge- funden wurde. Die durchschnittliche Verkaufsfläche je Geschäft in der Innenstadt beträgt rd. 132 m², wobei dieser Wert durch den Netto Marken-Discount in der Händelstraße 1 mit ca. 775 m² und den Getränkemarkt Lösch- Depot mit 400 m² Verkaufsfläche geprägt wird. Ohne diese beiden Anbieter beträgt die mittlere Verkaufsflä- che nur ca. 56 m².

18 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Die Funktionen des traditionellen Geschäftszentrums werden von einer Achse entlang der Bahnhofstraße sowie der Nord-Süd-Achse an der Karl-Marx-Straße und Röthaer Straße wahrgenommen. Die Anbieter an der Karl-Marx-Straße und Röthaer Straße können dabei stärker von der Verkehrsfrequenz der innerörtlichen Durchfahrtsstraße partizipieren. Demgegenüber weist der Bereich in der Bahnhofstraße mit einem verkehrsberuhigten Abschnitt eine höhere städtebauliche Qualität auf. Als Magnetanbieter der Innenstadt fungiert insbesondere der Lebensmittelmarkt Netto Marken-Discount von dessen Frequenz die kleineren Geschäfte in der Innenstadt profitieren können. Diese stellen auch in der Innenstadt eine wichtige Ergänzung zum Lebensmittelmarkt dar. Gerade die inhabergeführten Ladenlokale bieten attraktive und individuelle Geschäftskonzepte, wodurch die Innenstadt von Böhlen eine eigenständi- ge Ausstrahlungskraft als Einzelhandelsstandort entwickelt und somit wichtige Versorgungsfunktionen und Bindungschancen des Grundzentrums sicherstellt. Der Branchenbesatz des innerstädtischen Einzelhandels wird neben nahversorgungsrelevanten Sortimen- ten durch innenstadtrelevante Warengruppen geprägt, ohne jedoch in diesen Bereichen eine dominierende Stellung einzunehmen. So entfallen 20 % der Verkaufsflächen für Bekleidung/Wäsche auf die Innenstadt, folglich sind jedoch 80 % an anderen Standorten ausgeprägt. In der Branche Bekleidung/Wäsche ist das Angebot in Form eines kik-Bekleidungsfachmarktes hauptsächlich am Standort Röthaer Straße konzentriert. Gleiches gilt für eine Reihe weiterer Branchen. Insgesamt befinden sich mit ca. 1.845 m² Verkaufsfläche etwa 32 % der städtischen Gesamtverkaufsflächen im Innenstadtbereich. Dieser Verkaufsflächenanteil im Kontext zu 41 % Umsatzanteil der Innenstadt ist durchaus, auch im Vergleich mit zahlreichen sächsischen Kleinstädten, als positiv zu bewerten und möglichst zu sichern bzw. auszubauen. Für den Netto-Markt ist eine Modernisierung des Marktes geplant, was das Innenstadtzentrum stärken würde. Die Verkaufsfläche des Marktes soll dabei gleich bleiben. Der Standort Röthaer Straße wird vom Fachmarktbesatz mit dem Lebensmitteldiscounter LIDL, einem Ge- tränkemarkt, dem Bekleidungsfachmarkt kik und dem Sonderpostenmarkt Tedi geprägt. Insgesamt existie- ren 2.260 m² Verkaufsfläche am Standort, was 39 % der Böhlener Gesamtverkaufsfläche entspricht. Damit ist dieser der flächengrößte Standort in Böhlen, erzielt jedoch aufgrund geringerer Flächenleistungen insbe- sondere beim Getränkemarkt, beim Sonderpostenmarkt und auch beim Bekleidungsfachmarkt im Vergleich zur Innenstadt einen geringeren Gesamtumsatz von 6,6 Mio. Euro gegenüber 8,4 Mio. Euro in der Innen- stadt. Am Standort Jahnstraße befindet sich nach der Absiedlung von ALDI der verlagerte Penny-Markt, welcher die Immobilie im Innenbereich aufgewertet hat. Mit einer Verkaufsfläche von knapp 700 m² induziert der Standort einen Umsatz von ca. 3,4 Mio. Euro. Dies entspricht einem Verkaufsflächenanteil von 12 % und einem Umsatzanteil von 16 %. Die größte Veränderung im Böhlener Stadtgebiet gab es am Standort Am Ring. Nach der Verlagerung von Penny stand die Immobilie leer. Die Stadt Böhlen hat sich gemeinsam mit dem Eigentümer für eine Bele- gung durch einen neuen Lebensmittelmarkt eingesetzt, welcher allerdings nicht gefunden wurde. Zukünftig wird der Sonderpostenmarkt Wreesmann die Immobilie nutzen, dessen Sortimentskonzept schwerpunkt- mäßig auf nicht-zentrenrelevanten Einzelhandel ausgerichtet ist und der Lebensmittel im Randsortiment führt. Mit der Ansiedlung können der bestehende Fleischer und der Zeitschriftenladen am Standort gehalten werden. Als sonstige Standorte wird jener Einzelhandelsbesatz zusammengefasst, der den voranstehenden Stand- orten nicht zugerechnet werden kann. Diese „sonstigen Standorte“ umfassen lediglich 2 % der Verkaufsflä- che von Böhlen. Hierbei ist festzustellen, dass mittlerweile keine Versorgungsstrukturen im Stadtteil Groß- deuben existieren. Insbesondere die Schließung des Konsum SB-Marktes ist hierbei negativ für die Versor- gung im Stadtteil. Sicherlich war die Filiale veraltet, aber ein Grundversorgungsangebot war gegeben. Im neuen Wohngebiet soll in der Lindenstraße ein Lebensmittelladen entstehen.

19 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

4.3. Kaufkraftbindung des Einzelhandels der Stadt Böhlen

Die Gegenüberstellung der örtlichen Umsatzstruktur mit den Marktvolumina im Stadtgebiet Böhlen führt zu Bindungsquoten der örtlichen Nachfrage. Diese stellen den entscheidenden Bewertungsmaßstab für die Zentralität und Leistungsfähigkeit des örtlichen Einzelhandels dar. Die gegenwärtig bereits erzielten Bin- dungsquoten in den einzelnen Warengruppen sind auch ein Indikator für die Beurteilung der Marktchancen bzw. potenziellen, wettbewerblichen Auswirkungen zusätzlicher Anbieter sowie für die Entwicklungschancen von Standortbereichen. Der Einzelhandel von Böhlen übernimmt mit seiner Angebotsstruktur vorrangig Grundversorgungsfunktio- nen. Die Bindungsquote ist mit 71 % (-6,6 Mio. Euro Kaufkraftabfluss) im kurzfristigen Bedarfsbereich am höchsten. Da der ALDI-Markt nicht mehr im Stadtgebiet vorhanden ist, hat sich der Kaufkraftabfluss im kurz- fristigen Bedarfsbereich deutlich erhöht. Erwartungsgemäß sind mit Bindungsquoten von 35 % (-4,8 Mio. Euro Kaufkraftabfluss) im mittelfristigen- und 19 % (-5,3 Mio. Euro Kaufkraftabfluss) im langfristigen Be- darfsbereich deutliche Abflüsse zu verzeichnen. Bezogen auf das Marktpotenzial der Stadt Böhlen errech- net sich über alle Warengruppen eine Bindungsquote von 55 %. Dieser Wert beinhaltet sowohl Kaufkraftzu- flüsse als auch Kaufkraftabflüsse aus dem Stadtgebiet. Insgesamt ergibt sich ein saldierter Kaufkraftabfluss von ca. -16,8 Mio. Euro. Im kurzfristigen Bedarfsbereich bestehen besonders hohe Abflüsse bei Drogeriewaren. So gibt es nach der Insolvenz der Firma Schlecker keinen Drogeriemarkt in Böhlen, weshalb diese Warengruppe nur noch als Randsortiment in den Lebensmittelmärkten angeboten wird. Durch die Schließung des ALDI-Marktes exis- tieren im Gegensatz zum Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2015 auch im Lebensmittelbereich Kaufkraft- abflüsse. So werden nur noch 89% der vorhandenen Kaufkraft gebunden. Im mittelfristigen Bedarfsbereich sind die Abflüsse beim Baumarktsortiment mit 2,0 Mio. Euro besonders hoch. Auch in diesem Sortiment gibt es keinen Anbieter in Böhlen. Im langfristigen Bedarfsbereich ergeben sich die höchsten Abflüsse bei Mö- beln und Unterhaltungselektronik mit 2,0 Mio. Euro und 1,7 Mio. Euro. Insgesamt sind diese Werte vor dem Hintergrund der Einstufung als gemeinsames Grundzentrum mit Zwenkau und der Lage zwischen den Mittelzentren Markkleeberg und Borna sowie der Nähe zum Ober- zentrum Leipzig zu bewerten. So sind die Entwicklungsperspektiven auch zukünftig eingeschränkt und da- mit sind nur begrenzte Spielräume in den einzelnen Sortimentsbereichen gegeben. Dies ist im Einzelhan- delsstandortkonzept zu berücksichtigen.

20 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

-57 -57

110 110

-317 -317

-443 -443

-669 -669

-293 -293

-397 -397

-381 -381

-447 -447 -414 -414

-802

(T€)

-5.297 -5.297

-1.662 -1.662

-2.022 -2.022

-4.849 -4.849

-2.022 -2.022

-1.544 -1.544

-6.612 -6.612

-3.484 -3.484

-1.911 -1.911 -16.757 -16.757

Abfluss Saldo Zu- u. u. Zu- Saldo

atung,Eigene Berechnung

3% 3%

1% 1%

9% 9%

17% 17%

13% 13%

22% 22%

44% 44%

51% 51%

30% 30%

83% 83%

34% 34%

46% 46%

63% 63%

40% 40%

50% 50%

87% 87%

19% 19%

35% 35%

71% 71%

(%) 131% 131%

55%

bindung

Kaufkraft- Handelsber

10 10

90 90

20 20

Quelle:BBE

460 460

250 250

190 190

230 230

410 410

160 160

290 290

200 200

230 230

700 700

800 800

1.250 1.250

2.630 2.630

1.340 1.340

2.370 2.370

20.250 20.250

16.370 16.370

12.500 12.500

(T€)

Stadt Stadt

Böhlen

EH-Umsatz

350 350

327 327

533 533

859 859

523 523

807 807

541 541

347 347

677 677

6.547 6.547

1.912 1.912

2.042 2.042

7.479 7.479

2.222 2.222

2.884 2.884

1.114 1.114

5.854 5.854

1.602 1.602

37.007 37.007

22.982 22.982

14.411 14.411

(T€)

Stadt Stadt

Böhlen

Marktpotenzial

Einzelhandels

Böhlener

, Lederwaren ,

Kaufkraftbindung des

(ohne Sportschuhe) (ohne

4: 4:

(inkl. Bad-/Gartenmöbel und Büromöbel von Privat) von Büromöbel und (inkl. Bad-/Gartenmöbel

elle

Einzelhandelsrelevantes Potenzialinsgesamt Einzelhandelsrelevantes

überwiegend langfristiger Bedarf überwiegendlangfristiger

Sonstiges

Uhren / Schmuck / Uhren

Foto / Optik / Akustik / Optik / Foto

Unterhaltungselektronik / Musik / Video / PC / Kommunikation PC/ Video / / Musik / Unterhaltungselektronik

Elektro / Leuchten / sonstige hochwertige Haushaltsgeräte hochwertige sonstige / Leuchten / Elektro

Möbel Möbel

Haus- und Heimtextilien, Innendeko, Bettwaren Innendeko, Heimtextilien, und Haus-

überwiegend mittelfristiger Bedarf überwiegendmittelfristiger

Sportartikel / Fahrräder / Camping / Fahrräder / Sportartikel

Spielwaren / Hobby / Basteln / Musikinstrumente / Basteln / Hobby / Spielwaren

GPK / Hausrat / Geschenkartikel / Hausrat / GPK

Baumarkt-Sortiment i.e.S. i.e.S. Baumarkt-Sortiment

Schuhe Schuhe

Bekleidung / Wäsche / Bekleidung

überwiegend kurzfristiger Bedarf überwiegendkurzfristiger

PBS (privat) / Zeitungen / Zeitschriften / Bücher / Zeitschriften / Zeitungen / PBS(privat)

Drogerie/Parfümerie/Apothekenbedarf

Blumen/Gartenbedarf/Heimtierbedarf

Nahrungs- und Genussmittel (inkl. Bäcker / Metzger) / Bäcker (inkl. Genussmittel und Nahrungs- Tab

21 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

4.4. Sicherung einer qualifizierten, verbrauchernahen Grundversorgung durch das Zentren- und Standortkonzept

Die wirtschaftliche Tragfähigkeit ist das entscheidende Kriterium für die langfristige Sicherung einer qualifi- zierten verbrauchernahen Grundversorgung. Folglich ist die gezielte Entwicklung möglichst flächendecken- der Nahversorgungsstrukturen eine wesentliche Aufgabenstellung des Einzelhandels- und Zentrenkonzep- tes der Stadt Böhlen. Demzufolge wird näher auf die aktuellen Nahversorgungsstrukturen in Böhlen einge- gangen.

4.4.1. Aktuelle Nahversorgungsstrukturen im Stadtgebiet Böhlen

Der Begriff „Grundversorgung“ deckt – bezogen auf den Einzelhandel – existentielle Bedürfnisse des Ver- brauchers ab, die auf Waren des kurzfristigen Bedarfs ausgerichtet sind. Im Zusammenhang mit der Grund- versorgung wird synonym auch von Nahversorgung mit Gütern des kurzfristigen Bedarfs gesprochen, weil die Angebote unter städtebaulichen Gesichtspunkten von der Bevölkerung idealerweise fußläufig erreicht werden sollten. Nachfolgende Abbildung veranschaulicht die Spannweite im Angebotsspektrum, welche verschiedene Anbieter / Betriebsformen des Lebensmittelhandels ebenso wie das weitere Warengruppen- spektrum des kurzfristigen Bedarfs einschließt.

Abbildung 4: Begriff der qualifizierten Grundversorgung

Quelle: BBE Handelsberatung GmbH

Zu den nahversorgungsrelevanten Betriebsformen zählen Supermärkte, Lebensmitteldiscounter und Le- bensmittel-Fachgeschäfte. Großflächige Betriebsformen, wie Große Supermärkte (Verbrauchermärkte) und SB-Warenhäuser können zwar ergänzende Nahversorgungsfunktionen übernehmen, im Schwerpunkt spre- chen sie jedoch ein anderes Zielgruppenspektrum und ein umfassenderes Einzugsgebiet an. Verbraucher- märkte zielen vorrangig auf den Auto-Kunden zu wöchentlichen Großeinkäufen, weniger auf den täglichen

22 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Bedarf. Für Letzteren bevorzugen Kunden kleinere, übersichtlichere Lebensmittelmärkte bzw. vorrangig Discounter als Nahversorger. Diese unterschiedlichen Zielgruppen bzw. das unterschiedliche Nachfrage- verhalten der Kunden bezüglich der verschiedenen Betriebsformen sind in die Bewertung einer verbrau- chernahen Grundversorgung einzubeziehen. Autoorientierte Standorte, insbesondere der großflächigen Betriebsformen, sollen eine verbrauchernahe Grundversorgung ergänzen, dürfen diese aber nicht gefähr- den. Die Nahversorgungsstruktur hat sich im Stadtgebiet Böhlen durch die Verlagerung des Penny-Marktes in die Filiale des ALDI-Marktes wesentlich verändert. So verfügt die ehemalige Nahversorgungslage Am Ring über keinen Lebensmittelmarkt mehr. Der SB-Markt Konsum im Stadtteil Großdeuben hat geschlossen, so dass aktuell kein Lebensmittelanbieter in Großdeuben vorhanden ist. Allerdings besteht in der Lindenstraße ein Planvorhaben für ein kleines Lebensmittelgeschäft. Nachfolgende Karte 5 veranschaulicht zum einen die Standorte der Lebensmittelmärkte und deren fußläufi- ge Erreichbarkeit, wofür i.d.R. Distanzen von bis zu 500 m1 zugrunde zu legen sind.

Karte 5: Sicherung der Nahversorgung durch Lebensmittelmärkte

Quelle: 2012, Nexiga, Esri Basemaps, Bearbeitung: BBE Handelsberatung

Wie aus Karte 5 hervorgeht, fehlt im nördlichen Bereich der Kernstadt ein Lebensmittelmarkt, um eine um- fassende Abdeckung der Nahversorgung zu haben. Positiv ist, dass der neue Mieter Wreesmann Sonder- posten am Standort Am Ring Lebensmittel als Randsortiment führt sowie der bestehende Fleischer in der Immobilie auch weiterhin gesichert ist. Zudem ist im nördlichen Bereich der Leipziger Straße weiterhin ein Bäcker vorhanden. Damit können Teilfunktionen der Nahversorgung gesichert werden. Der Netto Marken-Discount befindet sich in der Innenstadt und hat mit über 3.000 Einwohnern im fußläufi- gen Radius eine hohe Nahversorgungsfunktion, aber auch der Standort in der Röthaer Straße weist mit

1 Eine fußläufige Erreichbarkeit kann üblicherweise auch bis zu 600 m unterstellt werden, für das kompakte Stadtgebiet von Böhlen ist dieser Wert für die Mehrheit der Einwohner jedoch zu hoch, da dann in kürzerer Distanz bereits ein alternativer Anbieter vertreten ist. 23 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

knapp 2.000 Einwohner im 500 m-Radius wichtige Nahversorgungsfunktionen auf. Diese beiden Anbieter decken den Großteil der Kernstadt fußläufig ab. Der weitere Discounterstandort (Penny) führt zu keiner nennenswerten Verbesserung der Nahversorgungsstruktur und befindet sich in Überschneidung mit dem Standort in der Röthaer Straße. Dieser Standort an der Jahnstraße ist somit als veritabler Wettbewerbs- standort für den Standort Röthaer Straße und für den zentralen Versorgungsbereich Innenstadt einzuschät- zen. Aufgrund seiner verkehrsgünstigen Lage ist von der Bindung von Kundenströmen aus dem benachbar- ten Rötha auszugehen.

Tabelle 5: Ansiedlung von Lebensmittelmärkten im Stadtgebiet von Böhlen 2017

Region Einwohner Anzahl Verkaufs- qm je Einwohner qm je DICHTE- Fläche Objekt je Objekt 1.000 INDEX in qm Einwohner in %

Discounter + Supermärkte Vergleichsbasis Bundesrepublik 1;2 82.175.684 27.081 23.100.000 853 3.034 281 100 Stadt Böhlen gesamt 6.790 3 2.205 735 2.263 325 116 Lidl (Röthaer Str.) 760 Netto (Händelstr.) 775 Penny (Jahnstr.) 670

Große Supermärkte + SB-Warenhäuser Vergleichsbasis Bundesrepublik 1;2 82.175.684 1.942 9.860.000 5.077 42.315 120 100 Stadt Böhlen gesamt

keine Anbieter vertreten

Lebensmittelbetriebsformen gesamt Vergleichsbasis Bundesrepublik 1;2 82.175.684 29.023 32.960.000 1.136 2.831 401 100 Stadt Böhlen gesamt 6.790 3 2.205 735 2.263 325 81 1) Quelle: EHI Retail Institut 2) Definition: Großer Supermarkt 2.500 bis 4.999 m²; SB-Warenhaus ab 5.000 m² ; Supermarkt 400 - 2.500 m²; Discounter entsprechend Angebotsstrategie

Nach der Standortaufgabe des ALDI-Marktes existieren insgesamt drei Lebensmitteldiscounter mit einer Gesamtverkaufsfläche von 2.205 m² in der Stadt Böhlen. Die obige Tabelle bewertet diesen Besatz in Rela- tion zum Bevölkerungspotenzial der Stadt Böhlen. Die Gesamtverkaufsfläche entspricht einer durchschnittli- chen Ausstattungskennziffer von 325 m² je 1.000 Einwohner, welche von 426 m² je 1.000 Einwohner im Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2015 deutlich gesunken ist. Im Bundesdurchschnitt stehen je 1.000 Einwohner 281 m² Verkaufsfläche in Supermärkten und Discountern sowie weitere 120 m² in Großflächen (z.B. SB-Warenhäuser) zur Verfügung, folglich 401 m² Verkaufsfläche je 1.000 Einwohner über alle Le- bensmittel-Betriebsformen. Der Besatz bei den nahversorgungsrelevanten Betriebsformen ist mit 116 % zunächst als überdurchschnitt- lich einzustufen. Festzustellen ist jedoch, dass das Angebot stark auf Discounter bzw. Hybrid-Discounter (Netto Marken-Discount) orientiert ist. Aufgrund der Stadtgröße und des Einzugsgebietes haben sich keine Großflächenanbieter angesiedelt. Über alle Betriebsformen errechnet sich ein Dichte-Index von 81 %, wel- cher für ein Grundzentrum Entwicklungsspielräume aufzeigt.

24 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

4.4.2. Städtebauliche Bewertung eines aktuellen Planvorhabens

Der Stadt Böhlen liegt eine Planung für die Erweiterung des bestehenden Lebensmitteldiscounters LIDL vor. Die Firma LIDL beabsichtigt den bestehenden Markt am Standort Röthaer Straße auf ein modernes Ange- botskonzept umzustellen. Im Zuge dessen soll eine Verkaufsflächenerweiterung vorgenommen werden. Der LIDL-Markt verfügt aktuell über 760 m² Verkaufsfläche und soll auf 1.000 m² erweitert werden. Es ist Aufgabe des Einzelhandelskonzeptes zu prüfen, inwiefern sich das Planvorhaben in die städtebauli- chen Zielvorstellungen einfügt. Hierbei werden insbesondere die Auswirkungen auf den zentralen Versor- gungsbereich Innenstadt untersucht. Die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben ist zur Sicherung der verbrauchernahen Versor- gung auch in Grundzentren gemäß dem Landesentwicklungsplan für den Freistaat Sachsen 2013 zulässig (Ziel 2.3.2.2) soll jedoch gemäß Ziel 2.3.2.3 in Zentralen Orten, „in denen zentrale Versorgungsbereiche ausgewiesen sind“, für überwiegend innenstadtrelevante Sortimente nur in den zentralen Versorgungsbe- reichen zulässig sein. Nach umfassender Analyse der städtischen Gegebenheiten und in Absprache mit verantwortlichen Vertretern der Stadt Böhlen ist festzustellen, dass im ausgewiesenen zentralen Versor- gungsbereich Innenstadt keine Fläche für die Ansiedlung eines weiteren Marktes dieser Größenordnung vorhanden ist. Bau- und Eigentümerstruktur der Innenstadt lassen auch perspektivisch keine Veränderun- gen der Flächensituation erwarten. Die ausgewiesene Potenzialfläche ist nur für kleinere Konzepte geeig- net. Vor diesem Hintergrund ist die städtebauliche Verträglichkeit des Planvorhabens und im Kontext dazu, die funktionale Einordnung des Standortes Röthaer Straße in die Zentren- und Standortstruktur der Stadt Böh- len zu prüfen. Für die städtebauliche Bewertung der Vorhaben ist entscheidend, ob sie umfassend die angestrebten örtli- chen Versorgungsfunktionen wahrnehmen kann und durch die induzierten Umsatzumlenkungseffekte zent- rale Versorgungsbereiche in ihrer Funktionalität beeinträchtigen oder die Nahversorgung in Wohngebieten gefährden werden. Diese negativen Effekte sind zu unterstellen, wenn infolge des Vorhabens Betriebe ge- schlossen werden, die für die Funktionsfähigkeit bestehender Versorgungszentren oder die wohnungsnahe Versorgung wichtig sind, ohne dass adäquate Nachnutzungen realisiert werden können. Gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17. Dezember 2009 (BVerwG 4 C 2.08) ist die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche gefährdet, „wenn der Versorgungsbereich seinen Versor- gungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche sind nicht erst dann schädlich, wenn sie die Schwel- le zur Unzumutbarkeit überschreiten. Schutzzweck des § 34 Abs. 3 BauGB ist die Vermeidung städtebau- lich „nachhaltiger“ Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche.“ Weiter verweist das genannte Urteil: „Der Prüfungsmaßstab der schädlichen Auswirkungen fordert eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände.“ Hierzu zählen neben einem aus prognosti- scher Sicht zu erwartender Kaufkraftabzug insbesondere auch die Gesamtzusammenhänge zwischen dem betroffenen zentralen Versorgungsbereich und dem Standort des Vorhabens. Für die Beurteilung des Planvorhabens ist folglich nicht nur die Fragestellung städtebaulicher Auswirkun- gen, sondern ebenso ein städtebaulich geordnetes Einfügen in die Zentren- und Standortstrukturen der Stadt Böhlen von maßgeblicher Bedeutung. Die „Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Um- stände", einschließlich der Standorteignung, ist hierfür eine zwingende Notwendigkeit. Das Ergebnis der Prüfung der Standorteignung wird im Abschnitt 5.3.3 (Einbindung Ergänzungsstandorte) dargelegt.

25 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Im Folgenden werden die städtebaulichen Auswirkungen einer Erweiterung des bestehenden Lebensmittel- discounters der Firma LIDL einer Analyse und Bewertung unterzogen. Die Firma LIDL möchte dabei den bestehenden Markt von 760 m² auf 1.000 m² Verkaufsfläche ausbauen.

Tabelle 6: Umsatzerwartung bei Erweiterung des LIDL-Marktes in der Stadt Böhlen

Umsatz- Verkaufs- Flächen- darunter: darunter: Planvorhaben erwartung fäche produktivität Food + Nonfood I Nonfood II gesamt LIDL-Lebensmitteldiscounter / Bestand 760 m² 5.000 €/m² 3.800 T€ 3.450 T€ 350 T€ LIDL-Lebensmitteldiscounter / Planvorhaben 1.000 m² 4.600 €/m² 4.600 T€ 4.190 T€ 410 T€ Standortentwicklung LIDL 240 m² 800 T€ 740 T€ 60 T€ Quelle: BBE Handelsberatung

Im Vergleich zur aktuellen Verkaufsfläche wird sich die Verkaufsfläche um ca. 240 m² erhöhen. Unter Be- rücksichtigung der standortspezifischen Situation (Erreichbarkeit, Wettbewerbssituation, Kaufkraftniveau, Einwohner im Einzugsgebiet) wird im „Worst-Case-Szenario“ von einer für diesen Mieter unterdurchschnittli- chen Flächenproduktivität von 4.600 Euro/m² ausgegangen1, ist jedoch auf die standortspezifische Situation mit einer deutlich unterdurchschnittlichen Kaufkraft abgestimmt und bildet im Sinne einer Verträglichkeitsun- tersuchung ein „Worst-Case-Szenario“ ab. Da es sich um eine bestandssichernde Maßnahme des Lebens- mitteldiscounters handelt, wird die Umsatzleistung durch die Verkaufsflächenerweiterung nicht adäquat zur Verkaufsfläche ansteigen. Dafür sprechen folgende Indikatoren, die im Zusammenhang mit den Marktent- wicklungen der letzten Jahre anzuführen sind:

■ Nach Auskunft des Vorhabenträgers wird die geplante Erweiterungsmaßnahme nur zu einem gerin- geren Anteil der Ausweitung des Sortimentsangebotes führen. Vielmehr hat die Erweiterung den Zweck, die Voraussetzungen für eine großzügigere Warenpräsentation, verbesserte Kundenführung und Optimierung der internen Logistikabläufe zu schaffen. ■ Der LIDL-Markt ist im Stadtgebiet etabliert, er erschließt bereits gegenwärtig Nachfragesegmente des täglichen Bedarfs innerhalb seines Einzugsgebietes. Durch die Erweiterung des Lebensmittel- marktes werden sich die Einkaufsorientierungen bei einer Erweiterung und damit das Einkaufsver- halten der Verbraucher nicht wesentlich verändern. Mit dieser Größendimensionierung ist insgesamt eine leistungsfähige Wettbewerbsstellung in Böhlen zu erwarten, ohne das eine dominante Marktstellung im Stadtgebiet erzeugt wird. Im Folgenden werden die durch das Vorhaben induzierten „Umverteilungseffekte“ eingeschätzt: Anzuneh- men ist dabei, dass der Mehrumsatz, der mit der Erweiterung am Standort gebunden wird, zwangsläufig Anbietern an anderer Stelle verloren geht, ein vergrößerter Anbieter vergrößert nicht den verfügbaren „Kaufkraftkuchen“, sondern sorgt lediglich für eine räumliche Umverteilung des Umsatzes. Es ist durch die positive Bevölkerungsprognose und damit Nachfrageentwicklung bis zum Jahr 2030 zu erwarten, dass die errechneten Umsatzumverteilungen geringer sein werden. Im Sinne eines Sicherheitspuffers wird dieser Aspekt nicht in die Berechnung miteinbezogen.

1 Die Spannweite einer durchschnittlichen Flächenproduktivität des Anbieters LIDL variiert stark zwischen Regionen. Bundesdurchschnittlich liegt der Wert bei 7.410 Euro/m² für den Anbieter LIDL (vgl. Retail real estate report 2017 | 2018, S.38).

26 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Tabelle 7: Umsatzumverteilung durch Erweiterung des LIDL-Marktes

aktueller Umsatz Lage Umsatz Nonfood II Umsatz Food + Nonfood I Innenstadt 5,4 Mio. € 5,5% 0,30 Mio. € Ergänzungsstandort Röthaer Straße 0,7 Mio. € 4,0% 0,03 Mio. € Standortspezifisch nicht Standort Jahnstraße 3,2 Mio. € 9,0% 0,29 Mio. € ausweisbar! Standort Edeka Rötha 2,7 Mio. € 4,0% 0,11 Mio. € Sonstige Anbieter Böhlen/Rötha 1,0 Mio. € 1,0% 0,01 Mio. €

Gesamt 13,0 Mio. € 0,74 Mio. € Quelle: BBE Handelsberatung

Bei einer Erweiterung der Verkaufsfläche um lediglich 240 m² ist im Sinne eines Worst-Case-Szenarios von keiner Zurückholung von bestehenden Kaufkraftabflüssen auszugehen. Das Planvorhaben dient vorrangig der Bestandssicherung. Die errechneten Mehrumsätze sind somit komplett auf bestehende Standortstruktu- ren umzuverteilen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass mit dem Weggang von ALDI die relevanten Anbieter mit Umsatzzuwächsen profitieren konnten. Am Standort in der Röthaer Straße wird es Umverteilungen für den Getränkemarkt Huster geben, die jedoch mit einer Umverteilungsquote von 4% und prognostizierten Umsatzrückgängen von 0,03 Mio. € auf geringem Niveau bleiben. So ist zwar mit einer leichten Ausweitung des Getränkesortiments zu rechnen, allerdings stellt der Getränkemarkt auch eine Ergänzung zu einem Lebensmitteldiscounter dar. Die stärksten Umverteilungen sind für den Standort in der Jahnstraße mit dem jetzigen Penny-Markt zu erwarten. Der Anbieter positioniert sich ebenfalls im Discountbereich und ist bei einer Entfernung von ledig- lich 400 m zunächst auf das östliche Stadtgebiet ausgerichtet. Mit der Erweiterung wird bei einem Umsatz- rückgang von 0,29 Mio. € eine Umverteilungsquote von 9% erwartet. Vor dem Hintergrund, dass sich der Penny-Markt durch die Verlagerung moderner aufgestellt hat und der ALDI-Lebensmitteldiscounter nicht mehr in der Stadt Böhlen existiert, werden diese Umverteilungen zu keinen existenziellen Wirkungen führen. Überdies ist der Standort nicht in die Standortstrukturen eingebunden und ist somit städtebaulich nicht rele- vant. Mit dem Hybrid-Discounter Netto, dem Getränkemarkt Lösch-Depot und zwei Bäckereien stellt die Innen- stadt im Lebensmittelbereich den umsatzstärksten Standort in der Stadt Böhlen dar. Für den Netto-Markt ist eine Modernisierung der Immobilie geplant, so dass sich die Attraktivität für die Kunden weiter erhöhen wird. Die Lebensmittelanbieter können dabei von den weiteren Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gastrono- miebetrieben in der Innenstadt profitieren (siehe Abschnitt 5.3.1). Insofern kann bei einer Umverteilungsquo- te von 5,5% und einem erwarteten Umsatzrückgang von 0,30 Mio. € die Gefährdung des Lebensmittelan- bieters ausgeschlossen werden. In der östlichen Stadt Rötha, die zum erweiterten Einzugsgebiet zählt, existiert ein Supermarkt der Firma Edeka, der als Vollsortimenter in einem geringeren Maß im Wettbewerb steht. Allerdings sind durch die Lage des Standorts in der Röthaer Straße im östlichen Stadtgebiet an der Verbindungsachse zwischen Böhlen und Rötha Wettbewerbsbeziehungen gegeben. Bei einer Umverteilungsquote von 4% und einem Umsatzrückgang von ca. 0,1 Mio. € sind keine existenzielle Wirkungen zu erwarten. Die sonstigen Lebensmittelhandwerksbetriebe stehen aufgrund einer spezialisierten Sortimentsausrich- tung nur geringfügig im Wettbewerb. Die Umverteilungen bleiben einzelbetrieblich unterhalb der Spürbar- keitsschwelle. Bei Non-Food II-Sortimenten wird ein Mehrumsatz von 0,06 Mio. € ausgewiesen. Deren Umsatzherkunft aus Umverteilungseffekten gegenüber den maßgeblichen Wettbewerbsstandorten ist grundsätzlich mit den projektrelevanten Kernsortimenten vergleichbar. Dieser verteilt sich jedoch auf eine große Anzahl von Sor- timenten und Anbietern, weshalb eine Aufgliederung auf einzelne Standorte modelltheoretisch nicht nach- weisbar ist.

27 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Aus der vorstehenden Modellrechnung lassen sich somit zwar wettbewerbliche, aber keine schädlichen städtebaulichen Auswirkungen auf die zukünftigen zentralen Versorgungsbereiche und die wohnungsnahe Versorgung ableiten. Im Detail sind die Ergebnisse wie folgt städtebaulich zu bewerten: ■ Innerhalb der Stadt Böhlen und im östlichen Rötha führt das Erweiterungsvorhaben eines Lebens- mittelmarktes am Standort Röthaer Straße im Stadtgebiet von Böhlen zu einem zunehmenden Standortwettbewerb, der aber städtebaulich keine negativen Auswirkungen erwarten lässt. Vielmehr erfolgt eine qualitative Weiterentwicklung der Grundversorgungsfunktionen, die das Grundzentrum Böhlen wahrnehmen soll. So übernimmt der Standort in der Röthaer Straße nach der Schließung des Lebensmittelmarktes Am Ring neben der Innenstadt die Nahversorgungsfunktionen in der Stadt Böhlen. ■ Von städtebaulicher Relevanz sind Wettbewerbseffekte mit dem zentralen Versorgungsbereich In- nenstadt. Diese verfügt mit Netto Marken-Discount über einen Anbieter mit hoher Kundenakzeptanz in der Stadt Böhlen, der zudem von weiteren Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gastronomiebe- trieben ergänzt wird. Der Markt soll modernisiert werden, was seine Wettbewerbsfähigkeit weiter stärken wird. Insofern sind keine existenziellen Wirkungen auf die Innenstadt zu erwarten. ■ Da es in der Stadt Böhlen keine Nahversorgungslage mehr gibt, sind alle weiteren Standorte ohne städtebauliche Relevanz. Unabhängig davon sind allerdings auch für diese Standorte keine existen- ziellen Effekte zu erwarten. ■ Der Edeka-Markt in der Stadt Rötha befindet sich im dortigen Ortskern, welcher auch von der Ab- siedlung des ALDI-Marktes profitiert hat. Die Umverteilungseffekte durch das Planvorhaben bleiben sowohl in ihrer absoluten als auch relativen Bedeutung auf einem geringen Niveau. ■ Vor dem Hintergrund, dass gemäß der 6. Regionalisierten Bevölkerungsprognose des Freistaats Sachsen sowohl im Negativ- als auch Positivszenario die Bevölkerung weiter wachsen wird, werden die Umverteilungen durch die positive Bevölkerungsentwicklung aufgefangen. Darüber hinaus hat sich die Wettbewerbsfähigkeit der Anbieter durch die Schließung des ALDI-Marktes erhöht, da es ei- nen wesentlichen Wettbewerber in der Stadt Böhlen und auch in Rötha weniger gibt.

28 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

5. Einzelhandelsstandortkonzept Böhlen

5.1. Anforderungsprofil und Entwicklungsperspektiven des Einzelhandelsstandortes Böhlen

Die Sicherung und Entwicklung des Einzelhandelsstandortes Böhlen ist eine prioritäre Zielstellung der Stadtentwicklung. Damit verknüpft ist die Aufgabenstellung, grundzentrale Versorgungsfunktionen für die eigene Wohnbevölkerung und für den Nahbereich zu sichern und zu stärken. Für die Sicherung und Weiter- entwicklung des Einzelhandels in der Stadt Böhlen sind konsequente Handlungsleitlinien erforderlich. Die Veränderungen im Zeitraum 2015 bis 2017 durch Schließung und Absiedlung von Standorten unterlegen deutlich, dass die Sicherung von Grundversorgungsfunktionen eine hohe Bedeutung hat. Bezogen auf die Einzelhandels- und Zentrenentwicklung leiten sich diese aus der einzelhandelsspezifischen Situation der Stadt Böhlen, den daraus resultierenden Bewertungen sowie weiteren allgemeinen Rahmenbedingungen (z.B. demographische Entwicklung, Angebots- und Nachfragesituation, verkehrliche Situation) ab. Die Aufwertung des Einzelhandelsangebots ist eng mit einer individuellen und attraktiven Innenstadt ver- bunden, während die Sicherung von Grundversorgungsfunktionen für die örtliche und regionale Bevölke- rung auf leistungsfähige Nahversorgungsangebote zielt. Die wechselseitige Abstimmung beider Aufgaben unter Berücksichtigung von Standortpotenzialen einer kompakten Kleinstadt bestimmt das Anforderungspro- fil für den Einzelhandelsstandort Böhlen. Der Konzentration auf das innerstädtische Zentrum gebührt oberste Priorität. Das Anforderungsprofil für das Grundzentrum Böhlen wird durch folgende Prämissen und Handlungs- schwerpunkte untersetzt: ■ Durch eine räumlich gezielte Steuerung und Konzentration des Einzelhandels soll die Innenstadt als zentraler Versorgungsbereich gestärkt werden und die Ansiedlung wichtiger zentrenrelevanter An- gebote prioritär in der Innenstadt erfolgen. Die Innenstadt bedarf eines Schutzes bestehender Struk- turen, aber auch deren weiterer Ausbau mit dem Ziel, die urbanen Qualitäten einer lebendigen Stadt zu erhalten und weiter zu entwickeln. ■ Die Stadt Böhlen verfügt über eine Innenstadt, in welcher bestehende Entwicklungspotenziale stär- ker aufgegriffen werden müssen, um die Funktion des Hauptgeschäftszentrums zu sichern. Neben der Verdichtung der Angebotsstrukturen sollen die Teilbereiche der Innenstadt stärker als funktionale Einheit zusammengeführt werden. Die städtebaulichen Entwicklungsziele müssen, auch eingedenk der umfassenden Sanierungsmaßnahmen mit hohen investiven Aufwendungen privater sowie öffent- licher Träger, auf die Stärkung und Weiterentwicklung einer attraktiven Innenstadt gerichtet sein. ■ Die Einzelhandelsangebote im zentralen Versorgungsbereich müssen mit weiteren Funktionsberei- chen wie Freizeit, Gastronomie und Dienstleistung zu funktionalen, sich wechselseitig ergänzenden Einheiten zusammengeführt werden, um die Ausstrahlungskraft als Zentrum mit Stadtidentität zu entfalten. ■ Unter Zuhilfenahme planungsrechtlicher Instrumentarien sollte die Durchsetzung des Zentrenkon- zeptes konsequent verfolgt werden. ■ Ansiedlungen und Erweiterungen von Einzelhandelseinrichtungen mit überwiegend nahversorgungs- und zentrenrelevantem Sortiment sollen vorrangig in städtebaulich integrierter Lage erfolgen und haben sich den Versorgungsfunktionen und Ansiedlungsprämissen des Zentrenkonzeptes unterzu- ordnen. Diese sind nur dann zulässig, wenn sie zur Stärkung städtebaulicher Funktionen beitragen. ■ Städtebaulich integriert ist in dem Sinne zu fassen, dass eine weitgehende Integration in zentrale Versorgungsbereiche sowie in Nahversorgungsstrukturen vorliegt, die auch für nichtmobile Bevölke- rungsgruppen gut erreichbar und über den ÖPNV gut erschlossen sind. 29 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

5.2. Leitziele einer abgestimmten Standort- und Zentrenentwicklung

Die Marktentwicklung im Einzelhandel ist von Dynamik geprägt, weshalb ein Einzelhandels- und Zentren- konzept umso wichtiger für die Steuerung künftiger Entwicklungen ist. Ziel ist es, diese dynamische Ent- wicklung gezielt zu steuern und städtebaulich in geordnete Bahnen zu lenken. Dabei ist ausdrücklich fest- zuhalten, dass nicht der Eingriff in den einzelbetrieblichen Wettbewerb gewollt ist, sondern vielmehr eine städtebaulich verträgliche Standortentwicklung, die den Einzelhandel in übergeordnete Ziele der Stadtent- wicklung einbindet. Mit dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept werden nachfolgende Ziele verfolgt, die Zielvorstellungen der Stadtentwicklungsplanung aufgreifen und diese speziell für die Einzelhandelsentwicklung konkretisieren und untersetzen: ■ Stärkung der grundzentralen Versorgungsfunktion von Böhlen und der Funktion als Grund- zentrum im Verbund mit Zwenkau durch eine qualifizierte Entwicklung des zentralen Versor- gungsbereiches und der Nahversorgungsstrukturen – Die Analyse der Angebots- und Nachfra- geentwicklung zeigt, dass die Spielräume für Wachstum im Einzelhandel von Böhlen gering sind, sodass nur eine räumlich-strukturelle Weiterentwicklung der Angebotssituation die Ziele der Einzel- handelsentwicklung in Böhlen sicherstellen kann. ■ Erhalt, Stärkung und Weiterentwicklung der Innenstadt als multifunktionales Zentrum für die Einwohner – knüpft an die vorangestellte Zielsetzung an. Die Kundenbindung aus dem gesamten Stadtgebiet, bzw. aus dem grundzentralen Verflechtungsbereich, kann nur im Kontext einer sich wechselseitig ergänzenden Zielgruppenansprache erfolgen. Die Herausbildung der Innenstadt als at- traktiver Erlebnisraum mit hoher Aufenthaltsqualität muss eine städtebauliche Zielvorstellung sein. Aus Sicht des Einzelhandels ist eine weitere Angebotsverdichtung und Qualifizierung notwendig. ■ Konzentration auf urbane Stadtstrukturen – konsequente Konzentration auf städtebaulich we- sentliche Strukturen statt einer Zergliederung der Einzelhandelsstandorte, um bei rückläufiger oder stagnierender Nachfrage auch zukünftig der Stadtstruktur aus Einzelhandelssicht eine Entwick- lungsperspektive zu geben. Eine Entwicklung zusätzlicher Einzelhandelsstandorte konkurrierend zu den zentralen Versorgungsbereichen und integrierten Nahversorgungsstandorten ist auszuschlie- ßen. ■ Sicherung eines hierarchischen Zentrengefüges – ein hierarchisch gestuftes Zentrengefüge bie- tet die beste Gewähr zum einen für fußläufig erreichbare Nahversorgung in den Stadtgebieten, zum anderen für den Erhalt und Ausbau eines für ein Grundzentrum adäquates, attraktives Hauptge- schäftszentrum. Der zentrale Versorgungsbereich und ergänzende Einzelhandelsstandorte sollen eine Größendimensionierung entsprechend ihrer Versorgungsfunktion und ihres Einzugsgebietes aufweisen, übergeordnete Zentren in deren Funktion jedoch nicht beeinträchtigen. ■ Erhalt und Verbesserung der wohnungsnahen Versorgung für den täglichen Bedarf – Nahver- sorgung in fußläufiger Erreichbarkeit (500 m) ist ein wesentlicher Bestandteil von Lebensqualität und gewinnt unter Berücksichtigung der zu erwartenden demographischen Entwicklung weiter an Bedeu- tung. Tendenziell rückläufige Bevölkerungszahlen oder begrenzte Potenziale in peripheren Ortsteilen gefährden zunächst wohngebietsintegrierte Angebotsstrukturen. Die Präferenz einer wohngebietsin- tegrierten, qualifizierten Versorgung gegenüber autoorientierten, vorrangig discountorientierten Standortlagen ist erklärtes Ziel des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Böhlen und unterstützt gleich- zeitig das grundsätzliche Ziel der Stadtentwicklung, notwendiges Verkehrsaufkommen zu begren- zen.

30 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

■ Angebotsverdichtung und -ergänzung im Zentrum - insbesondere zur Weiterentwicklung einer individuellen und attraktiven Innenstadt. Die Nachfragepotenziale und Bindungschancen des Einzel- handels von Böhlen zielen auf eine leistungsfähige Fachgeschäftsstruktur, großflächige Anbieter sind in vielen Branchen nicht tragfähig oder würden bei dezentraler Lage zu massiven Verdrän- gungseffekten gegenüber dem innerstädtischen Fachhandel führen. Die Stadt Böhlen verfügt bereits am Standort in der Röthaer Straße über mehrere Fachmärkte, folglich sind für zukünftige Entwick- lungen vorrangig innerstädtischen Potenzialflächen zur gezielten Stärkung des Hauptfrequenzberei- ches einzusetzen. Eine gezielte Lenkung von Einzelhandelsansiedlungen, verknüpft mit einer Be- grenzung bzw. sogar eines Ausschlusses der Ansiedlung zentrenrelevanter Sortimente außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche ist mehr denn je ein notwendiges Erfordernis. ■ Orientierung an der Zielsetzung einer nachhaltigen Stadtentwicklung - Hierzu gehört neben der Integration in Wohnfunktionen insbesondere die Erreichbarkeit der Zentren zu Fuß und Rad, mittels guter ÖPNV-Erschließung, eine effiziente Auslastung der Verkehrsinfrastruktur durch die Steuerung der Verkehrsströme (Leitsysteme) und ein im Sinne einer „Stadt der kurzen Wege“ geknüpftes Ver- sorgungsnetz, welches auch das Verkehrsaufkommen mindert. ■ Erhalt und Schaffung von Rechts-, Planungs- und Investitionssicherheit in zentralen Ein- kaufsbereichen – Die Ausrichtung der Einzelhandelsentwicklung von Böhlen an einem System von zentralen Versorgungsbereichen und abgestimmten Ergänzungsstandorten sichert nicht nur den Er- halt attraktiver und lebenswerter Stadtstrukturen, sondern gewährleistet auch für alle an der Einzel- handelsstandort- und Zentrenentwicklung Beteiligten eine Planungssicherheit gegenüber städtebau- lich ungeeigneten Entwicklungen.

Die aktuelle Bestandsaufnahme der Angebots- und Nachfrageentwicklung verdeutlicht, dass eine Konzent- ration auf funktionale Schwerpunktbereiche und eine straffe Zentren- und Standortgliederung, welche die Innenstadt als zentralen Versorgungsbereich in den Mittelpunkt stellt, notwendig ist und mit Konsequenz umgesetzt werden sollte.

31 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

5.3. Grundstruktur des Einzelhandelsstandort- und Zentrensystems

Die nachfolgend empfohlene Zentrengliederung baut auf den bisherigen Einzelhandelsstrukturen der Stadt Böhlen auf, ist an der Leitfunktion des Einzelhandels in multifunktional gestalteten Angebotsstrukturen aus- gerichtet und strukturiert zwischen gesamtstädtischen bis grundzentralen Versorgungsfunktionen sowie Nahversorgungsfunktionen in differenzierter Ausprägung. Grundsätzlich zu unterscheiden ist zwischen städtebaulich integrierten Versorgungszentren (zentrale Ver- sorgungsbereiche), wohnortintegrierten Nahversorgungslagen und nicht integrierten Ergänzungsstandorten bzw. Sondergebieten des großflächigen Einzelhandels.

Zentrale Versorgungsbereiche:

■ „Zentrale Versorgungsbereiche" sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine bestimmte Versorgungsfunktion für die Gemeinde zukommt. Je nach ihrer konkreten Versorgungsfunktion kann diese sich auf das gesamte Stadtgebiet einschließ- lich einer möglichen regionalen Ausstrahlung (z.B. Innenstadt) oder auf Teilbereiche (Ortsteile, Wohngebiete) beziehen und dabei einen umfassenderen (Hauptzentrum) oder nur eingeschränkten Versorgungsbedarf (Nahversorgungszentrum) abdecken.1 ■ Nahversorgungszentren als unterste Ebene von zentralen Versorgungsbereichen setzen in ihrer An- bieterstruktur voraus, dass mehrere Einzelhandelsbetriebe mit sich ergänzenden und/oder konkurrie- renden Warenangeboten vorhanden sind, weil anderenfalls der von § 34 Abs. 3 BauGB beabsichtig- te Schutz zentraler Versorgungsbereiche der Sache nach auf einen individuellen Schutz einzelner Betriebe vor der Ansiedlung von Konkurrenz in seinem Einzugsbereich hinausliefe.2 ■ Die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches der Stadt Böhlen erfolgt im Funktionsschwer- punkt als Einzelhandels- und Dienstleistungszentren mit entsprechendem Bezug zur jeweils räumli- chen Versorgungsfunktion. Als einziger zentraler Versorgungsbereich kann dabei die Innenstadt ab- gegrenzt werden. Ein Nahversorgungszentrum gibt es folglich nicht. ■ Zentrale Versorgungsbereiche weisen gemessen an ihrer Versorgungsfunktion eine integrierte Lage innerhalb der Siedlungsbereiche auf, mit fußläufiger Erreichbarkeit aber auch mittels ÖPNV und PKW.

Nahversorgungslagen und kleinteilige Nahversorger:

■ „Nahversorgungslagen“ dienen einer ergänzenden, möglichst flächendeckenden Nahversorgung zu den zentralen Versorgungsbereichen. ■ Die Standorte mit idealerweise wohngebietsintegrierter Lage übernehmen echte Nahversorgungs- funktionen, in Ausnahmefällen sind auch Randlagen zu Wohngebieten denkbar, wenn die Standorte strukturell zur besseren flächendeckenden Nahversorgung eines gesamten Wohngebietes oder Stadtteiles beitragen. Nahversorgungslagen sind gekennzeichnet durch Solitärstandorte von Le- bensmittelmärkten (Supermärkte oder Discounter), maximal ergänzt durch angeschlossenes Le-

1 Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 34 Abs. 3 BauGB, Urteil vom 11.10.2007 (BVerwG 4 C 7.07)

2 vgl. Urteil des 7. Senats des OVG NW vom 11.12.2006 (7 A 964/05)

32 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

bensmittelhandwerk (Bäcker und/oder Fleischer), ihre Verkaufsflächendimensionierung bleibt zu- sammen unter der Schwelle zur Großflächigkeit von 800 m². ■ Kleinteilige Nahversorger auf Fachgeschäftsebene unterstützen die fußläufige Nahversorgung in un- terversorgten Wohngebieten oder Ortsteilen, in denen Lebensmittelmärkte keine wirtschaftliche Tragfähigkeit finden. Geeignete Standortlagen sind gekennzeichnet durch ein zwar begrenztes aber eigenständiges Bevölkerungs- und Nachfragepotenzial, bereits größere Entfernungen zu Wettbe- werbsstandorten und eine hohe Identifikation der Einwohner mit ihrem Wohnstandort.

Da kein Lebensmittelmarkt am Standort Am Ring mehr existiert, ist dieser nicht mehr als Nahversorgungs- lage zu bewerten. Im Stadtteil Großdeuben existiert derzeit kein Lebensmittelmarkt mehr, allerdings gibt es ein Planvorhaben für ein Lebensmittelgeschäft. Um diese Entwicklung zu fördern, wird für den Stadtteil Großdeuben eine potenzielle Nahversorgungslage ausgewiesen. Folgende Zentrengliederung und deren Arbeitsteilung mit Ergänzungsstandorten des großflächigen Einzel- handels wird empfohlen:

Abbildung 5: Zentren- und Standortkonzept der Stadt Böhlen

Das Zentrenkonzept fokussiert auf den zentralen Versorgungsbereich Innenstadt als Hauptgeschäfts- zentrum. Alle weiteren, im Zentrenkonzept ausgewiesenen Standortstrukturen dienen ergänzenden Ver- sorgungsfunktionen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den beiden Schwerpunktbereichen Sicherung der Nahversorgung und Ergänzungsstandort Einzelhandel. Diese Zentren- und Standortstruktur ist als Wertigkeit und Präferenz zu verstehen und fixiert somit konzeptionelle Vorgaben für die Einzelhandelspolitik der Stadt Böhlen.

33 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Zentraler Versorgungsbereich Innenstadt: ■ Die Innenstadt von Böhlen steht auch zukünftig als Handels- und Dienstleistungszentrum für grund- zentrale Versorgungsfunktionen im Fokus der Entwicklung. Daraus leiten sich spezifische Aufgaben- stellungen zum Schutz und zur Entwicklung der Angebotsstrukturen ab.

Sicherung der weiteren Nahversorgung: ■ Zur Förderung der Nahversorgung wurde im Stadtteil Großdeuben ein potenzieller, kleinteiliger Nah- versorger ausgewiesen. Aktuell existiert ein Planvorhaben in der Lindenstraße.

Ergänzungsstandort zur Sicherung der Grundversorgung: ■ Der Ergänzungsstandort Röthaer Straße umfasst ergänzende Versorgungsfunktionen im Fach- marktbereich, da Fachmärkte in der Innenstadt aufgrund der eingeschränkten Flächenverfügbarkeit nicht angesiedelt werden können. ■ Der Ergänzungsstandort soll zukünftig das Zentrengefüge weder dominieren noch auf irgendeiner Stufe gefährden. Wie aus Abschnitt 4.4.2 deutlich wurde, ist dies bei der geplanten Erweiterung des LIDL-Marktes nicht der Fall.

Zukünftige Einzelhandelsentwicklungen und Ansiedlungsvorhaben sind in das Zentren- und Standortgefüge einzubinden, somit unerwünschte Entwicklungen gezielt auszuschließen.

Karte 6: Räumliche Struktur des Zentren- und Standortkonzeptes der Stadt Böhlen

Quelle: 2012, Nexiga, Esri Basemaps, Bearbeitung: BBE Handelsberatung GmbH

34 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Im Einzelnen sind der zentrale Versorgungsbereich und die Nahversorgungslage wie folgt zu definieren und bestehenden Standortstrukturen der Stadt Böhlen zuzuordnen:

Hauptzentrum Innenstadt ■ umschließt die räumlichen Entwicklungspotenziale ei- nes funktional zusammenhängenden innerstädtischen Einkaufsbereiches ■ Schwerpunkt der grundzentralen Versorgungsstruktur – gesamtstädtische und Ausstrahlung für den Nahbereich ■ umfassender Branchenmix mit ergänzenden Einzel- handels- und Dienstleistungsbetrieben ■ Strategie der qualifizierten Entwicklung – Optimierung des Flächenbedarfs und Qualifizierung der Konzepte

Nahversorgungslage ■ Ausweisung erfolgt für eine potenzielle Nutzung Großdeuben (potenziell) ■ Herausbildung einer Nahversorgungslage im Stadtteil

Großdeuben ■ Versorgungsfunktion: fußläufige Versorgung mit Le- bensmitteln im Stadtteil Großdeuben ■ Verkaufsflächendimensionierung im Regelfall unterhalb der Schwelle der Großflächigkeit

35 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

5.3.1. Hauptzentrum Innenstadt Böhlen

Die Innenstadt von Böhlen verfügt über ein urban gewachsenes Stadtzentrum. Diese ist geeignet, die grundzentralen Versorgungsfunktionen durch multifunktionale Nutzungen mit einem verdichteten, profilier- ten Einzelhandelsbesatz zusammenzuführen. Die Funktionen des traditionellen Geschäftszentrums werden von einer Achse entlang der Bahnhofstraße sowie der Nord-Süd-Achse an der Karl-Marx-Straße und Röthaer Straße wahrgenommen. Nachfolgende Karte veranschaulicht die Abgrenzung des Innenstadtbereichs. Einzelhandelsbetriebe sind hierbei mit ei- nem roten Punkt, Dienstleistungsbetriebe mit einem blauen Punkt und Gastronomiebetriebe mit einem grü- nen Punkt verortet.

Karte 7: Räumliche Abgrenzung der Innenstadt von Böhlen

Quelle: 2012, Nexiga, Esri Basemaps, Bearbeitung: BBE Handelsberatung GmbH

Die Innenstadt erstreckt sich folglich westlich mit der Händelstraße und der Kreuzung der Bahnhofstraße mit der Leipziger Straße und führt dann in östlicher Richtung über die Bahnhofstraße zur Kreuzung mit der Karl- Marx-Straße und der Röthaer Straße. Die Ausdehnung der Innenstadt an der Nord-Süd-Achse orientiert sich am dortigen Besatz von Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gastronomiebetrieben. Zudem ist die Karl-Bartelmann-Straße in Verlängerung mit dem ansässigen Getränkemarkt zum zentralen Versorgungs- bereich zu zählen. Eingebunden ist jeweils die begleitende Bebauung bzw. sind die angrenzenden Grundstücke entlang der genannten Straßenzüge, die obige Karte 7 erlaubt eine exakte Zuordnung. Diese Abgrenzung ist zugleich als zusammenhängender, funktionaler Geschäftsbereich einzuschätzen, außerhalb dieses Bereiches sind nur einzelne Geschäftseinheiten ohne unmittelbare Anbindung an die Innenstadt vertreten.

36 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Der aktuelle Einzelhandelsbesatz konzentriert sich an der Bahnhofstraße, Händelstraße, Karl-Bartelmann- Straße, an der Karl-Marx-Straße und der Röthaer Straße. Von den insgesamt 28 Einzelhandelsbetrieben in Böhlen sind damit 14 in der abgegrenzten Innenstadt ansässig. Ergänzt wird dieser Besatz durch einige Dienstleister mit u.a. Sparkasse, Volksbank, Reisebüro, Barmer-Krankenversicherung, Arztpraxen), zwei Gaststätten und einem Billard-Pub. Der Angebotsschwerpunkt liegt aber eindeutig im Einzelhandel. Während die Anbieter an der Röthaer Straße und Karl-Marx-Straße stärker von der Verkehrsfrequenz der innerstädtischen Verkehrsachse mit einer höheren Fernwirkung profitieren können, ist die Aufenthaltsquali- tät an der Bahnhofstraße mit einem verkehrsberuhigten Bereich höher. Durch die Nähe zur S- Bahnhaltestelle der Anbieter in der Bahnhofstraße können diese stärker von den Pendlern insbesondere nach Leipzig partizipieren. Aus der Bindungsquote wurden hohe Abflüsse bei Drogeriewaren deutlich. So existiert nach der Insolvenz von Schlecker innerhalb der Stadt Böhlen kein Anbieter mehr. In der Innenstadt gibt es direkt westlich vom Lebensmittelmarkt eine unbebaute Fläche, welche als Potenzialfläche vorgehalten wird. Diese weist nach Angaben der Stadtverwaltung Böhlen eine Gesamtfläche von 1.400 m² auf und ist für die Ansiedlung eines Drogeriemarktes geeignet. Ein weiterer Magnetanbieter, neben dem Lebensmittelmarkt Netto Marken- Discount, würde Frequenz in das Zentrum bringen und damit für die inhabergeführten Ladengeschäfte auch von wirtschaftlichem Vorteil sein. Weiterhin gibt es einen neuen Investor für das Bahnhofsgebäude, welche mehrere Nutzungen vorsieht. Gerade vor dem Hintergrund der besseren Anbindung der Innenstadt mit dem frequentierten Bahnhof in Folge des besseren Anschlusses an das Leipziger S-Bahnnetz, wird dieser Bereich ebenfalls als Potenzial- fläche vorgehalten (siehe Karte 7, blau gekennzeichnet).

Abbildung 6: Ansichten zum A-Zentrum Innenstadt Böhlen

Apotheke, Röthaer Straße Bäcker, Bahnhofstraße Sparkasse, Bahnhofstraße

Ahorn-Apotheke, Bahnhofstraße Netto Marken-Discount, Händelstraße Lösch-Depot, Karl-Bartelmann-Straße Fotos: BBE Handelsberatung

Die Geschäftsdichte innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches ist dabei sehr ausgewogen über die abgegrenzte Innenstadt verteilt, welche in Karte 7 dargestellt ist. Bei der Betrachtung der Leerstände vor Ort wird deutlich, dass insbesondere in der Bahnhofstraße mit der Schließung des Optikers Münzenberg und 37 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Service Partner Stock die Anzahl der Leerstände zugenommen hat. Zudem hat der Spielwarenladen Engel an der Röthaer Straße aus Altersgründen geschlossen. In nachstehender Abbildung sind die Leerstände verortet.

Karte 8: Leerstände in der Innenstadt von Böhlen

Quelle: 2012, Nexiga, Esri Basemaps, Bearbeitung: BBE Handelsberatung GmbH

Bei der Erstellung des Einzelhandelskonzeptes im Jahr 2015 lag der Fokus vor allem auf der Entwicklung der Innenstadt. Grundsätzlich ist zwei Jahre nach Erstellung des Einzelhandelskonzeptes festzustellen, dass die wichtigen Aspekte wie eine bessere Zusammenarbeit der Akteure vor Ort, die Aufwertung des Wochenmarkts und die Nutzung räumlicher Potenziale noch nicht erfolgreich umgesetzt wurden. So ist auch weiterhin festzustellen, dass unter dem Leitsatz „Bewährtes erhalten! Potenziale erschließen!“ wesentliche Anknüpfungspunkte zur perspektivischen Weiterentwicklung der Innenstadt bestehen. Dies sind: ■ Ein sanierter Stadtkern als Identitäts- und Erlebnisbereich, ■ der vorhandene Magnetanbieter mit Netto Marken-Discount, ■ die Innenstadt als zentraler Wohnstandort mit über 3.000 Einwohner im fußläufigen Umfeld, ■ die Kopplungseffekte durch Funktionsbündelungen von Handel-, Verwaltungs- und Dienstleistungs- einrichtungen, ■ in der Innenstadt vorhandene individuelle, inhabergeführte Geschäfte.

Aus diesen Anknüpfungspunkten ergeben sich Chancen zur Weiterentwicklung, die im Einzelhandelskon- zept im Jahr 2015 durch Vorschläge zur Aufwertung der Innenstadt mit Inhalt gefüllt wurden. Die erarbeite- ten Aspekte aus dem Jahr 2015 sind auch weiterhin zu empfehlen und werden im Folgenden betrachtet:

38 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Stärkere Zusammenarbeit der Akteure vor Ort Als wichtigster Aspekt wurde dabei die stärkere Zusammenarbeit der Akteure vor Ort genannt. Aus den Schilderungen der Verantwortlichen der Einzelhandelsbetriebe wurde deutlich, dass es im Rahmen des Einzelhandelskonzeptes im Jahr 2015 Kontakte zwischen den Anbietern gab, aber mittlerweile kein regel- mäßiger Austausch für eine Zusammenarbeit stattfindet. In der Diskussion wurde im Jahr 2015 das Interes- se seitens der Einzelhändler für eine stärkere Zusammenarbeit als wichtiger Aspekt zur Weiterentwicklung der Innenstadt hervorgehoben. Konkrete Ideen wurden mit ■ einheitlichen Öffnungszeiten, ■ einer gemeinsamen Stempelkarte im Innenstadtbereich mit Ermäßigungen, ■ der Organisation gemeinsamer Veranstaltungen ■ gegenseitige Hilfestellungen bei Weiterentwicklung der Geschäfte und ■ ein Mittwochstaxi von Großdeuben in die Innenstadt festgehalten.

Zudem wurde eine Befragung der Bevölkerung von Böhlen zur Innenstadt vorgeschlagen, um stärker die Wünsche und die Kritik der Bevölkerung zu erfahren.

Aufwertung Wochenmarkt In Böhlen existiert bereits ein Wochenmarkt, der zur Belebung der Innenstadt beiträgt. Aus der Diskussion mit den Einzelhandelsbetrieben ging hervor, dass der Wochenmarkt qualitativ aufgewertet werden könnte. Um dies umzusetzen, wurden folgende Ideen festgehalten: ■ Vertraglich Grundvoraussetzungen für einen Stand auf dem Böhlener Wochenmarkt regeln ■ Entwicklung einer Checkliste für die Anbieter auf dem Wochenmarkt ■ Vereinheitlichung Öffnungszeiten ■ Neue Händler gezielt für den Böhlener Wochenmarkt ansprechen, welche den Wochenmarkt aufwer- ten können.

Räumliche Potenziale für modernen Betriebstypenmix erschließen In der Böhlener Innenstadt existieren mehrere Leerstände. Diese stellen zur Aufwertung des bestehenden Betriebstypenmixes ein Potenzial dar. Zudem wurde innerhalb der Innenstadt eine Potenzialfläche ausge- wiesen. Zur Aufwertung des Betriebstypenmixes sollen angesprochen werden: ■ Rossmann, dm, Ihr Platz, ■ Regionale Filialisten, wie z.B. Fleischer, ■ der Gemüsehändler in Rötha, ■ sowie Sanitätshäuser (u.a. Haas)

Projekte gegen Leerstand Sollten zunächst keine Nutzungen gefunden werden, ist die Ansprache der Eigentümer vorgesehen. So sollen die bisherigen Leerstände besser gestaltet werden. Hierzu wurden Kooperationen mit der Grund- schule und auch mit Künstlern vorgeschlagen. Des Weiteren kann gemeinsam mit dem Eigentümer ein Exposé erarbeitet werden, um dieses auf einer Gewerberaumbörse in die Webseite der Stadt Böhlen zu

39 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

integrieren. Als aktuell neues Beispiel ist das ehemalige Spielwarengeschäft Engel zu nennen, was an ei- nem repräsentativen Standort durch heruntergelassene Schaufensterjalousien ein negatives Bild abgibt.

5.3.2. Nahversorgungslage und kleinteilige Nahversorger

Die Nahversorgung in der Stadt Böhlen wird vorrangig vom Lebensmittelmarkt in der Innenstadt und vom Lebensmittelmarkt am Ergänzungsstandort Röthaer Straße abgesichert. Mit der Aufnahme einer potenziel- len Nahversorgungslage und Nahversorgern in das Einzelhandelsstandort- und Zentrenkonzept der Stadt Böhlen wird ihre funktionale Bedeutung für die fußläufige Grundversorgung und letztlich das Ziel zur Ent- wicklung dieser Standorte klar definiert. Nahversorgungslagen und kleinteilige Nahversorger beschränken sich in ihrer Funktion auf eine fußläufige Versorgung des täglichen Bedarfs, sie übernehmen echte Nahversorgungsfunktionen und unterscheiden sich diesbezüglich von vorrangig autoorientierten Lebensmittelmärkten. Diese Funktionen übernimmt im Stadtgebiet Böhlen perspektivisch eine potenzielle Nahversorgungslage in Großdeuben.

Potenzielle Nahversorgungslage Großdeuben Im Stadtteil Großdeuben gibt es nach der Schließung des SB-Marktes von Konsum keinen Nahversor- gungsbetrieb mehr. Allerdings existiert nach Angaben der Stadtverwaltung Böhlen ein Planvorhaben für ein kleines Lebensmittelgeschäft, was die Nahversorgung im Stadtteil Großdeuben deutlich verbessern würde. Deshalb wird für den Stadtteil Großdeuben innerhalb des Einzelhandelskonzeptes eine potenzielle Nahver- sorgungslage ausgewiesen.

Kleinteilige Nahversorger Zum weitergehenden Ausbau von Nahversorgungsstrukturen in unterversorgten, kleineren Wohnquartieren sowie im Ortsteil Gaulis kann die Förderung kleinteiliger Nachbarschaftsläden beitragen. Geeignete Stand- ortlagen sind gekennzeichnet durch ein zwar begrenztes aber eigenständiges Bevölkerungs- und Nachfra- gepotenzial, bereits größere Entfernungen zu Wettbewerbsstandorten und eine hohe Identifikation der Ein- wohner mit ihrem Wohnstandort. Die Etablierung kleinteiliger Angebotsstrukturen ist im Einzelfall aber stets an realistischen Bindungschan- cen auszurichten. Dabei zeigen sich zwei gegenläufige Tendenzen, einerseits sind die Einkaufsgewohnhei- ten aufgrund bisher fehlender Angebote oft auf Kaufkraftabfluss manifestiert (z.B. Einkauf in Verbindung mit dem Arbeitsweg) und erfordern entsprechende Akzeptanz eines neuen kleinteiligen Anbieters, andererseits steigt mit der zunehmenden Alterung der Gesellschaft generell der Nachfrageanteil unmittelbar vor Ort bzw. im unmittelbaren Wohnumfeld. Aus der demographischen Entwicklung leiten sich folglich Chancen für die Nahversorgung ab. Eine zunehmend ältere Bevölkerung ist an einer wohnortnahen Versorgung nicht nur interessiert (u.a. soziale Aspekte), sondern auch bei rückläufiger Mobilität darauf angewiesen. Außerdem sind die zunehmende Sensibilisierung für Umweltbelastungen und die steigenden Kosten des motorisierten Individualverkehrs zu berücksichtigen, beide Aspekte tragen dazu bei, dass immer häufiger „unnötige Fahr- ten“ vermieden werden.

40 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

5.3.3. Einbindung und Entwicklung des Ergänzungsstandortes

Die planungsrechtliche Steuerung der Einzelhandelsnutzungen an dezentralen Ergänzungsstandorten er- folgt grundsätzlich über Festsetzungen in Bebauungsplänen bzw. in Vorhabens- und Erschließungsplänen. In die Standortstruktur der Stadt Böhlen wird zukünftig ein Ergänzungsstandort mit definierter Funktionszu- weisung eingebunden. Der bereits bestehende Ergänzungsstandort in der Stadt Böhlen ist der ■ Standort Röthaer Straße Dieser wird hinsichtlich Standortlage und dessen Funktionseinbindung in das Einzelhandelskonzept nach- folgend kurz skizziert.

Ergänzungsstandort Röthaer Straße Der Ergänzungsstandort liegt südlich der Innenstadt von Böhlen, direkt westlich des Bahnübergangs. Mag- netanbieter an diesem Ergänzungsstandort ist der Discounter LIDL, welcher im Lebensmittelbereich durch einen Getränkemarkt ergänzt wird. Mit einem kik-Bekleidungsfachmarkt und einem Tedi-Sonderpostenmarkt gibt es neben dem LIDL-Lebensmittelmarkt und dem Getränkemarkt Huster zwei weitere Fachmärkte. Von den Kopplungseffekten profitieren weiterhin ein Blumengeschäft und ein Lotto-Toto-Laden mit Schuhrepara- tur sowie Schlüsseldient. Insgesamt ergibt sich eine Verkaufsfläche von ca. 2.300 m² für den Ergänzungs- standort. Der Standort hat insgesamt ergänzende Versorgungsfunktionen im Fachmarktbereich. So können in der abgegrenzten Innenstadt auf Grund begrenzter Flächenverfügbarkeit abgesehen von der Potenzialfläche keine weiteren Fachmärkte angesiedelt werden. Planungsrechtlich ist der Standort durch den Bebauungs- plan „Pohlersfeld“ abgesichert, so dass wesentliche Erweiterungen bzw. Neuansiedlungen durch die Grund- und Geschossflächenzahl ausgeschlossen sind. Die geplante Erweiterung des LIDL-Marktes fügt sich in die Standortstruktur ein und induziert keine städtebaulich negativen Auswirkungen auf den zentralen Versor- gungsbereich sowie die Nahversorgung (siehe Abschnitt 4.4.2), so dass empfohlen wird den Bebauungs- plan diesbezüglich anzupassen.

Karte 9: Abgrenzung Ergänzungsstandort Röthaer Straße

Quelle: 2012, Nexiga, Esri Basemaps, Bearbeitung: BBE Handelsberatung GmbH

41 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

5.3.4. Einbindung und Entwicklung sonstiger Standorte

Standort Röthaer Straße 51 Nach der Schließung des Edeka-Marktes am Standort Röthaer Straße 51 direkt östlich der Bahnlinie steht die Immobilie leer. Wie aus der Darstellung der Nahversorgungsstrukturen deutlich wurde, hat der Standort durch die östliche Lage adäquat zum Penny nur bedingt Nahversorgungsfunktionen. Zum Schutz des zentralen Versorgungsbereiches Innenstadt ist für diesen Standort ein Besatz im nicht- zentrenrelevanten Bereich vorgesehen. Für den Standort besteht bereits der Bebauungsplan „Gewerbege- biet Röthaer Straße 51“. Dieser ist bezüglich der nicht-zentrenrelevanten Nutzung anzupassen. Als Nutzung für den Standort können ein Fachmarkt für Bau- und Heimwerkerbedarf oder ein Fliesenfach- handel empfohlen werden. Alternativ sind gewerbliche Nutzungen des Handwerks bzw. der Logistik als Lagerhalle denkbar.

Standort Am Ring Im Einzelhandelskonzept im Jahr 2015 wurde der Standort mit dem Magnetanbieter Penny als Nahversor- gungslage ausgewiesen. Nach der Verlagerung des Penny-Marktes erfüllt der Standort zukünftig mit dem Sonderpostenmarkt Wreesmann nicht die Kriterien an eine Nahversorgungslage. Zwar gibt es auch weiter- hin einen Fleischer und einen Zeitschriftenladen am Standort, aber der Sonderpostenmarkt Wreesmann dominiert die Angebotsstruktur und führt Lebensmittel nur als Randsortiment. Das Angebotskonzept eines Sonderpostenmarktes ist von einer sehr breiten Sortimentsstruktur geprägt, spezielle Versorgungsfunktio- nen können diesen nicht zugewiesen werden. Der Markt bleibt überdies mit rd. 800 m² Verkaufsfläche un- terhalb der Schwelle zur Großflächigkeit. In Verbindung mit der Nutzungsänderung am Standort wird empfohlen, den Sonderpostenmarkt im Schwer- punkt auf nicht-zentrenrelevante Sortimente auszurichten.

42 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

6. Planungsrechtliche Steuerung der Einzelhandelsentwicklung in Böhlen

6.1. Steuerung der Einzelhandelsentwicklung durch planungsrechtliche Instrumente

Das planerische Instrumentarium reicht im Wesentlichen aus, um die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrie- ben in Einklang mit städtebaulichen und raumordnerischen Vorstellungen zu bringen. Es bedarf allerdings eines konsequenten Einsatzes der Instrumente. Nach aktueller Rechtsprechung sind Städte und Gemein- den zu schnellem Handeln aufgefordert, um den Ansiedlungsdruck an städtebaulich unerwünschten Stand- orten rechtlich begründet begegnen zu können. Mit dem § 9 Abs. 2a BauGB wird die Erhaltung und Ent- wicklung zentraler Versorgungsbereiche in den Mittelpunkt gerückt. Hierzu sind planungsrechtliche Festset- zungen notwendig, die ortsspezifisch und auch einzelfallbezogen nachvollziehbar begründet werden müs- sen. Als Grundlage können insbesondere aktuelle, detaillierte und fundierte Einzelhandelskonzepte heran- gezogen werden, die auch die ortsspezifische Relevanz und räumliche Abgrenzung von zentralen Berei- chen begründen. Das Einzelhandelskonzept für Böhlen untersetzt und erfüllt die Anforderung des § 9 Abs. 2a BauGB. Im § 9 Abs. 2a wird ausgeführt: „…Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder des Gemeindeteils enthält…“

Zentrale Versorgungsbereiche ergeben sich aus planerischen Darstellungen und Festlegungen in den Bau- leitplänen oder aus Festlegungen in den Raumordnungsplänen, aus nicht verbindlichen („informellen“) raumordnerischen und städtebaulichen Konzepten oder nachvollziehbar eindeutigen tatsächlichen Verhält- nissen und haben eine hohe städtebauliche Bedeutung (Sicherstellung wohnort- und daher verbraucherna- her Versorgung, demografische Entwicklung). Der Gesetzgeber hat über die Bauleitplanung die Möglichkeit geschaffen, die verschiedenen Nutzungen im Gemeindegebiet räumlich zu verteilen und in Ansiedlungen steuernd einzugreifen. Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) enthält mit § 11 Abs. 3 eine Sondervorschrift für die planungsrecht- liche Behandlung des großflächigen Einzelhandels. Die grundlegende Vorgabe besteht darin, großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich auf die Ziele der Raumordnung oder die städtebauliche Entwicklung auswir- ken können, lediglich in Kerngebieten und in Sondergebieten zuzulassen. Wenn dem großflächigen Einzelhandel einerseits einzelne Entwicklungsschwerpunkte zugewiesen werden, sind andererseits auch Aussagen über die Entwicklung derartiger Betriebe zu treffen, die an Standorten außerhalb der dargestellten Schwerpunkte bereits ansässig sind oder sich ansiedeln wollen, um auch hier eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten. Die Steuerung der Ansiedlung, auch von Discountern und weiteren Anbietern bis zu einer Verkaufsfläche von 800 m², ist auszurichten an den im Einzelhandels- und Zentrenkonzept fixierten städtebaulichen Ziel- stellungen, untersetzt durch die Zentrenstruktur. Auch bereits vorhandene Standorte können sich verän- dern. Durch nachfolgende Ansiedlungen werden sie aufgewertet und können sich zu Konkurrenzstandorten zur Zentrenstruktur entwickeln. Diesen potenziellen Entwicklungen sollte bereits im Vorfeld stadtplanerisch entgegengewirkt werden, um die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche nicht zu gefährden. Das Einzelhandelskonzept bildet die Grundlage für das zu fixierende Ordnungsprinzip der Stadt Böhlen. Die zielgerichtete Umsetzung des Einzelhandelskonzeptes erfordert sowohl eine Unterstützung gewünschter Einzelhandelsansiedlungen als auch eine Unterbindung nicht gewollter Standortentwicklungen.

43 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Die Kommune tritt hierbei in Vorleistung, indem geeignete und ungeeignete Standorte für Einzelhandels- entwicklungen hinsichtlich ihrer städtebaulichen Auswirkungen zu bewerten und gegebenenfalls planungs- rechtlich zu überarbeiten sind. „Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versor- gungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenent- wicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahms- weise zugelassen werden können;…“ (§ 9 Abs. 2a BauGB)

Fazit: Aktive Angebotsplanung für Einzelhandelsflächen sowie Restriktionen für Einzelhandelsnutzungen an städtebaulich nicht geeigneten Standorten bilden die Schwerpunkte zur Steuerung der Einzelhandelsent- wicklung in der Stadt Böhlen. Im Mittelpunkt stehen der Erhalt und die Stärkung des zentralen Versor- gungsbereichs Innenstadt Böhlen. Bauleitplanung und das Einzelhandelskonzept sind geeignete Instrumen- te zur Umsetzung dieser strategischen Aufgabenstellung. Das Einzelhandelskonzept muss vom politischen Willen der Kommune getragen sein.

44 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

6.2. Steuerung des kleinflächigen Einzelhandels durch den „Nachbarschaftsladen Böhlen“

Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept verfolgt das grundlegende Ziel, durch gezielte Steuerung der nah- versorgungs- und zentrenrelevanten Angebote mittels einer städtebaulich begründeten Zentren- und Stand- ortstruktur den zentralen Versorgungsbereich Innenstadt sowie die verbrauchernahe und wohngebietsinte- grierte Grundversorgung zu schützen und weiterzuentwickeln. Gemäß § 9 Abs. 2a Satz 1 BauGB kann „für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Ge- meinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Absatz 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelas- sen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungs- plans unterschiedlich getroffen werden.“1 Der vollständige Ausschluss von nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb der aus- gewiesenen Zentren- und Standortstruktur kann jedoch in Einzelfunktionen auch der verbrauchernahen Grundversorgung entgegenstehen. Erforderlich ist eine Feingliederung der zu steuernden Einzelhandelsbe- triebe. Gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO2 besteht die Möglichkeit, einzelne Unterarten von Nutzungen mit planeri- schen Festsetzungen zu erfassen, falls sich hierfür besondere städtebauliche Gründe ergeben. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 21.09.2016 liegen besondere städte- bauliche Gründe vor, wenn „… es spezielle Gründe gerade für die gegenüber Absatz 5 [Anmerkung: § 1 Abs. 5 BauNVO] noch feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzungen geben muss […]. Gegenstand einer solchen Festsetzung können bestimmte Anlagentypen sein. Hiernach kann die Zulässigkeit auch nach der Größe der Anlagen, wie etwa der Verkaufs- oder der Geschossfläche von Handelsbetrieben, unterschiedlich geregelt werden. Den Anforderungen des § 1 Abs. 9 BauNVO entspricht eine solche Planung allerdings nur, wenn durch die Größenangabe bestimmte Arten von baulichen oder sonstigen Anlagen zutreffend gekennzeichnet wer- den.[…] Vielmehr muss die Gemeinde darlegen, warum Betriebe unter bzw. über den von ihr festgesetzten Größen generell oder doch jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse einem bestimmten Anlagentyp entsprechen. […] Die Planungsfreiheit der Gemeinden ist dadurch begrenzt, dass sich die Differenzierungen auf bestimmte Anlagentypen beziehen müssen, die es in der sozialen und öko- nomischen Realität bereits gibt.“3 Ein derartiger Anlagetyp kann ein ortsspezifischer Nachbarschaftsladen, im vorliegenden Fall der Nachbar- schaftsladen Böhlen, sein. Ziel einer eigenständigen Steuerung zur ausnahmsweisen Zulässigkeit des Nachbarschaftsladens Böhlen ist deren ergänzende Funktion einer verbrauchernahen Grundversorgung im Wohnumfeld, im Gegensatz zur Steuerung strukturprägender Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten und gesamtstäd- tischer Ausstrahlung, welche letztlich gezielt zur Stärkung zentraler Versorgungsbereiche gelenkt werden sollen. Größendimensionierung und Versorgungsfunktion des Nachbarschaftsladens Böhlen bedingen sich gegen- seitig und sind in dieser Wechselwirkung ein typisches Charakteristika als ortspezifischer Anlagentyp. Die kleinteiligen Fachgeschäfte unterstützen jeweils in Teilbereichen eine wohnungsnahe Grundversorgung, tatsächlich nur auf das unmittelbare Wohnumfeld ausgerichtet.4 Ihre Größendimensionierung ordnet sich

1 vgl. BauGB § 9 Abs. 2a

2 vgl. BauNVO § 1Abs. 5 und Abs. 9

3 vgl. Urteil Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Aktenzeichen 2K 113/14, vom 21.09.2016

4 Beispiele sind u.a.: Bäcker oder Fleischer im Wohngebiet, Apotheke im Ärztehaus, aber auch Textil- oder Schuhfachgeschäfte mit höherer Sortimentsbreite bei geringerer Sortimentstiefe 45 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

sowohl in die gesamtstädtischen Angebotsstrukturen ein, spiegelt sich aber auch in der begrenzten Flä- chenstruktur der häufigen Geschäftsunterlagerungen in Wohn- und Geschäftshäusern wider. Die deutliche Mehrzahl der Böhlener Einzelhandelsbetriebe erweist sich als eher kleinstrukturierte Fachge- schäfte, eine deutliche Trennlinie zeichnet sich bei einer Größendimensionierung von 50 m² ab. Einzelhan- delsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von bis zu 50 m² sind als tatsächlich überwiegend und flächende- ckend existierende Betriebe einzuschätzen. Diese Betriebe finden sich gesamtstädtisch sowohl in der In- nenstadt als auch an weiteren Standorten i. d. R. in unmittelbarer Zuordnung zum Wohnumfeld. Lediglich 39 % aller Einzelhandelsbetriebe (11 Einzelhandelsbetriebe zum Stand Oktober 2017) in Böhlen verfügen über eine Verkaufsfläche über 50 m². Ausgeprägter stellt sich die Flächenstruktur im innerstädti- schen Hauptgeschäftszentrum dar: 43 % aller Anbieter (6 der insgesamt 14 innerstädtischen Einzelhan- delsbetriebe zum Stand Oktober 2017) in diesem zentralen Versorgungsbereich verfügen über Verkaufsflä- chen mit mehr als 50 m². Der Nachbarschaftsladen Böhlen ist zusammenfassend wie folgt charakterisiert: ■ Gesamtstädtisch anzufinden an städtebaulich integrierten Standorten i. d. R. in unmittelbarer Zuord- nung zum Wohnumfeld, ■ Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche unter 50 m² abgestimmt auf die Versorgungsfunktion und die typischen Verkaufsraumstrukturen im Wohnumfeld, ■ traditionell als Funktionsunterlagerung in Wohn- und Geschäftshäusern – untersetzt Funktion und Größendimensionierung, ■ breites Angebotsprofil mit einem Mix aus vorrangig nahversorgungs- und zentrenrelevanten Waren- gruppen und ergänzenden Dienstleistungen, ■ zielt auf eine verbrauchernahe Grundversorgung ab, im Sinne einer erweiterten Grundversorgung auch im mittelfristigen Bedarfsbereich (keine Spezialgeschäfte), ■ unterstützt die Identifikation der Einwohner mit ihrem Wohnumfeld, ■ keine strukturprägende Bedeutung für den Einzelhandelsstandort Böhlen, ■ unterstützt die Abstimmung der städtebaulichen Ziele eines Zentrenschutzes und der verbraucher- nahen Grundversorgung.

46 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

6.3. Definition der zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimente „Böhlener Liste“

Vorrangiges Ziel für Ansiedlungsvorhaben von Einzelhandelsbetrieben mit Umsatzschwerpunkten bei zen- trenrelevanten Sortimenten sollte es nach dem vorgeschlagenen Standortkonzept sein, diese vorrangig in den zentralen Versorgungsbereich Innenstadt von Böhlen einzubinden, bzw. die Entwicklungschance des zentralen Versorgungsbereiches nicht durch weitergehende Entwicklungen an Ergänzungs- bzw. Streu- standorten zu gefährden. Zentrenrelevante Sortimente zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass sie für das Einzelhandels- angebot einer Innenstadt prägend und daher für eine starke und intakte Innenstadt bedeutsam sind. Als zentrenrelevant sind somit grundsätzlich diejenigen Sortimente anzusehen, deren Ansiedlung in peripheren Lagen zu Funktionsverlusten durch nennenswerte Umsatzumlenkungen und daraus resultierenden Ver- drängungseffekten in innenstädtische Zentren führen kann. Die Einstufung als „zentrenrelevantes Sortiment“ setzt allerdings nicht voraus, dass ein Sortiment bereits in einem Hauptgeschäftszentrum vertreten ist. Dies bedeutet, dass auch Sortimente als zentrenrelevant ein- gestuft werden können, die gegenwärtig nicht bzw. nur in einem geringen Umfang im zentralen Versor- gungsbereich Innenstadt von Böhlen angeboten werden, jedoch als ein wichtiger Beitrag zu einer attraktiven und leistungsstarken Zentrumsentwicklung anzusehen sind. Realistische Entwicklungschancen dieser Sor- timentsbereiche, die standortspezifisch insbesondere in der Innenstadt umsetzbar sind, bleiben diesem auch vorbehalten. Dieses Verständnis zentrenrelevanter Sortimente ist speziell für die Zentrenentwicklung in Böhlen existenziell wichtig. Die verfügbaren Nachfragepotenziale und Bindungschancen als Grundzent- rum erfordern weiterhin eine Präferenz der zentralen Versorgungsbereiche, unabhängig von der Frage, ob das einzelne Sortiment gegenwärtig stärker in Zentren oder in Ergänzungsstandorten vertreten ist. Eine Angebotsentwicklung an peripheren, autoorientierten Standorten kann bei begrenztem Potenzial in einzel- nen Warengruppen relativ schnell die Wettbewerbs- und Entwicklungschancen innerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches und somit dessen Existenzgrundlage entziehen. Die Konzentration verbleibender Entwicklungschancen auf die Zentren von Böhlen ist folglich die übergeordnete Zielsetzung. Als wesentliche Merkmale zentrenrelevanter Sortimente sind anzusehen: ■ eine hohe Verbundwirkung mit anderen Sortimenten, ■ eine hohe Beratungsintensität, ■ eine hohe Flächenproduktivität, ■ eine gute Handlichkeit bzw. geringe Sperrigkeit (weshalb sie nicht nur mit dem Pkw transportierbar sind).

Dagegen sind alle diejenigen Sortimente als nicht-zentrenrelevant anzusehen, die nicht oder nur in gerin- gem Umfang in der Innenstadt vertreten sind und für das innerstädtische Angebotsspektrum keine bzw. nur geringe Synergieeffekte hervorrufen. Gewissermaßen eine Untergruppe der zentrenrelevanten Sortimente stellen die nahversorgungsrelevan- ten Sortimente dar. Es handelt sich dabei vor allem um Angebote des kurzfristigen Grundbedarfs, die von allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen gleichermaßen nachgefragt werden. Die Nahversorgungsrelevanz von derartigen Sortimenten ergibt sich aus den in sehr kurzen Abständen wiederkehrenden Versorgungsvorgängen, die insbesondere auch für weniger mobile Verbraucher ohne eigenen Pkw durch ein am Wohnstandort und damit verbrauchernah gelegenes Angebot gewährleistet wer- den sollen. Folglich ist der besondere Schutz einer fußläufigen Nahversorgung ein wichtiges Anliegen des Einzelhandelsstandort- und Zentrenkonzeptes. Neben der Zuordnung nahversorgungsrelevanter Sortimente zu den zentralen Versorgungsbereichen können diese bei Beachtung der spezifischen städtebaulichen und

47 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

versorgungsstrukturellen Rahmenbedingungen ausnahmsweise auch an Standorten zugelassen werden, die zwar außerhalb von zentralen Versorgungsbereichen liegen, aber einen deutlichen Wohngebietsbezug aufweisen. Diese, als Nahversorgungslagen oder kleinteilige Nahversorger in das Zentrenkonzept aufge- nommenen Standorte konzentrieren sich ausschließlich auf Lebensmittelanbieter. Ergänzende kleinteilige Grundversorgungsstrukturen in Wohngebieten oder Stadtteilen ohne wirtschaftliche Tragfähigkeit von Le- bensmittelmärkten werden auch zukünftig angestrebt. In diesem Sinne ist beispielsweise eine zusätzliche Einbindung des Lebensmittelhandwerks in Wohngebieten durchaus erwünscht, ebenso Apotheken im Um- feld von Ärzten oder vergleichbare Strukturen. In der Vergangenheit wurden bundesweit von verschiedenen Kommunen, Planungsbehörden und Trägern öffentlicher Belange Sortimentslisten entwickelt, in denen die zentren- und nahversorgungsrelevanten Sor- timente definiert wurden. Eine allgemeingültige Aufstellung ist jedoch nicht möglich. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 03.06.02 wäre eine derartige Liste rechtswidrig. In dem Urteil wird u. a. ausgeführt, dass es keine Legaldefinition für die Einordnung eines zentrenrelevanten Sortimentes gibt. Sollen zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche bestimmte Warensortimente an nicht integrierten Stand- orten ausgeschlossen werden, bedarf es nach Ansicht des OVG Münster einer individuellen Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation. Unter Beachtung der spezifischen Standortbedingungen ergibt sich in der Stadt Böhlen folgende Sorti- mentszuordnung:

Nahrungs- und Genussmittel, Getränke, Drogeriewaren Nahrungs- und Genussmittel, Getränke und Drogeriewaren sind als Angebote des Grundbedarfs den nah- versorgungsrelevanten Sortimenten zu zurechnen. Grundsätzlich ist auch das Sortiment „Getränke“ als nahversorgungsrelevant einzustufen. Im Falle der Vertriebsform des Getränkefachmarktes, die überwiegend Getränke in großen Gebinden und in Mehrwegverpackungen anbieten und fast ausschließlich von Pkw- Kunden aufgesucht werden (Standortanforderungen mit guter Anfahrbarkeit und großzügig bemessenen Stellplatzangeboten) wird oftmals auch die Ansiedlung in Gewerbegebietslage zugelassen. Speziell für die Stadt Böhlen ist eine derartige Zulässigkeit ausschließlich auf den Einzelfall bei Kombination mit überwie- gender Großhandelstätigkeit zu begrenzen. Mit dem Getränkemarkt Lösch-Depot gibt es bereits einen Ge- tränkemarkt in der Innenstadt, welcher zur Stärkung der Innenstadt beiträgt. Die Verkehrsanbindung des Getränkemarkts ermöglicht generell eine gute Erreichbarkeit mit dem PKW.

Tiernahrung/ Zooartikel Heim- und Kleintierfutter, u. a. für Hunde, Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster und Ziervögel sowie die Teilsortimente aus der Warengruppe „Zoologischer Bedarf“ werden gegenwärtig in Böhlen aus- schließlich in den Vertriebsformen des Lebensmittelhandels geführt. Zum besonderen Schutz und potenzieller Entwicklungsmöglichkeiten des zentralen Versorgungsbereiches sowie durch die verstärkte Kopplung der Heimtiernahrung an nahversorgungsrelevante Anbieter wird für das gesamte Spektrum der Warengruppen Heimtiernahrung, Zoologischer Bedarf und lebende Tiere die Einstufung als zentrenrelevant empfohlen.

Kosmetische Erzeugnisse, Parfümerie Parfümerie- und Kosmetikartikel werden vom qualifizierten Facheinzelhandel, Drogerien sowie im Randsor- timent des Lebensmitteleinzelhandels angeboten. Da eine Differenzierung gegenüber Drogeriewaren sehr schwierig ist, werden diese Sortimente den nahversorgungsrelevanten Sortimenten zugeordnet.

48 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Pharmazeutische, medizinische, orthopädische Artikel In der abgegrenzten Innenstadt gibt es die einzigen beiden Apotheken in Böhlen. Es wird bei diesen Sorti- menten eine Aufteilung in nahversorgungs- und zentrenrelevante Sortimente empfohlen. Pharmazeutische Artikel gehören neben den Nahrungs- und Genussmitteln sowie den Drogeriewaren zum Grundbedarf und sind vor diesem Hintergrund als nahversorgungsrelevante Sortimente einzustufen. Medizinisch-orthopädische Artikel werden hingegen von Verbrauchern seltener nachgefragt, weshalb die hierauf spezialisierten Fachgeschäfte einen Einzugsbereich benötigen, der in der Regel über den Nahbe- reich hinausgeht. Medizinisch-orthopädische Artikel sind deshalb als zentrenrelevant anzusehen.

Papier-, Büro-, Schreibwaren/ Zeitschriften/ Bücher Die Sortimente Papier-, Büro-, Schreibwaren/Zeitschriften/Bücher erfüllen die oben aufgeführten Kriterien der Zentrenrelevanz, maßgeblicher Fachhandel befindet sich in Böhlen überwiegend im Innenstadtbereich (z.B. Lotto-Toto Sabine Schneider in der Bahnhofstraße und Post, Schreibwaren, Bestellshop an der Karl- Marx-Straße). Zeitschriften gehören zum Standardangebot von Kiosken, Tankstellen und Vollsortiment- Lebensmittelbetrieben. Die Warengruppe ist mit ihren Teilsortimenten folglich als zentrenrelevant zu bewerten, Zeitschriften und Zeitungen zudem als nahversorgungsrelevant.

Bekleidung/ Wäsche, Schuhe/ Lederwaren, Glas, Porzellan, Keramik (GPK)/ Hausrat/ Geschenkarti- kel, Spielwaren/ Hobby/ Basteln, Haushaltstextilien (Haus-, Tisch-, Bettwäsche), Unterhaltungselekt- ronik/ PC/ Kommunikation, Elektrohaushaltswaren (ohne Elektrogroßgeräte), Foto/Optik/Akustik, Uhren/ Schmuck Alle aufgeführten Warengruppen erfüllen im hohen Maße die Kriterien der Zentrenrelevanz (s. o.). Gerade in diesen Warengruppen ist die Präferenz innerstädtischer Entwicklungschancen von besonderer Bedeutung.

Sportartikel (ohne Campingartikel) Sportbekleidung, Sportschuhe und die meisten Sportartikel sind wie die vorab betrachteten Warengruppen als innerstädtische Leitsortimente zu bewerten, auch wenn sich aktuell kein Sportgeschäft innerhalb von Böhlen befindet, sollten die Entwicklungsperspektiven in diesem Sortiment der Innenstadt vorbehalten blei- ben. Campingartikel werden aufgrund des hohen Flächenbedarfs der Ausstellungsflächen - insbesondere für Zelte und Zeltzubehör - nur noch in Ausnahmefällen vom innerstädtischen Einzelhandel geführt und deshalb als nicht-zentrenrelevant betrachtet.

Bau- und Heimwerkerbedarf, Wohnmöbel Bau- und Heimwerkerbedarf ist in den zentralen Versorgungsbereichen von Böhlen, wie in fast allen ande- ren Kommunen, nicht vertreten. Auch an sonstigen Standorten gibt es keinen Anbieter mit Bau- und Heim- werkebedarf und Wohnmöbel als Kernsortiment. Baumärkte und Möbelhäuser haben einen großen Flächenbedarf und realisieren dabei nur geringe Flä- chenproduktivitäten. Sie sind in die innerstädtischen Einkaufslagen deshalb nur schwer integrierbar. Bau- und Heimwerkerbedarf sowie Wohnmöbel sind deshalb als nicht-zentrenrelevant einzustufen. Als potenziel- le Entwicklungsfläche ist hierbei der ehemalige Standort des Edeka-Marktes im Bebauungsplangebiet „Ge- werbegebiet Röthaer Straße 51“ zu bewerten. 49 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Gartenbedarf Bei den gartenmarktspezifischen Sortimenten wird eine Differenzierung zwischen Schnittblumen und Gar- tenbedarf empfohlen: Waren des Gartenbedarfes wie z.B. Erde, Torf, Gartengeräte, Topfpflanzen und Pflanzgefäße werden grundsätzlich vor allem über Gartencenter/Gärtnereien verkauft, die aufgrund ihrer niedrigen Flächenproduktivität und ihres Flächenbedarfes in integrierten Lagen in der Regel nicht rentabel zu betreiben sind. Die Waren des Gartenbedarfs werden daher als nicht-zentrenrelevant eingestuft. Schnitt- blumen werden dagegen zumeist über Fachgeschäfte verkauft, sind daher grundsätzlich als zentrenrelevan- tes Sortiment anzusehen, durch ihre Kopplung an das typische Nachfrageverhalten der Verbraucher für den täglichen Bedarf sind sie zugleich als nahversorgungsrelevant einzustufen.

Haustextilien (Haus- und Tischwäsche; Bettwaren), Heimtextilien (Gardinen, Dekorations- und Mö- belstoffe, Vorhänge, Kissenbezüge, Auflagen), Teppiche/ textile Bodenbeläge In diesen Warengruppen wird ebenfalls eine Differenzierung empfohlen: Heimtextilien sowie Haus- und Tischwäsche werden in Böhlen bisher nur als Randsortimente angeboten, zur Aufrechterhaltung der Ent- wicklungsperspektiven gelten auch hierbei die Kriterien der Zentrenrelevanz. Anders stellt sich hingegen die Situation bei Bettwaren (z.B. Matratzen, Lattenroste, Ober- und Unterde- cken) sowie Teppichen und textilen Bodenbelägen dar. Die Standortanforderungen dieser Warengruppen sind aber mit denen der Sortimente Bau- und Heimwerkerbedarf sowie Wohnmöbel zu vergleichen, weshalb sie als nicht-zentrenrelevant einzustufen sind.

Die Überprüfung der im Einzelhandelskonzept 2015 dargelegten Böhlener Liste hat diese bestätigt. Vor dem Hintergrund der vorab dargestellten Zusammenhänge wird im Folgenden eine „Böhlener Liste“ für die Bestimmung der zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimente in der Stadt Böhlen vorgeschlagen. Sie stützt sich auf die Systematik der Wirtschaftszweige (WZ 2008). Die Anwendung der Zentrenliste muss anhand der unterschiedlichen Hierarchiestufen des Zentrenkonzep- tes gewichtet erfolgen. Zentrenrelevante Sortimente bleiben vorrangig dem innerstädtischen Zentrum vor- behalten. Nahversorgungsrelevante Sortimente bleiben der gesamten Zentrenstruktur vorbehalten, kleintei- lig sind Ansiedlungen nach oben genannten Kriterien auch wohngebietsintegriert außerhalb der Versor- gungszentren gewünscht.

50 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

„Böhlener Liste“ zur Definition zentren- und nahversorgungsrelevanter Sortimente

nahversorgungsrelevante Sortimente

Lebensmittel, Getränke Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren, (WZ-Nr. 47.11) Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln (WZ-Nr. 47.2) Drogerie, Wasch- und Kosmetische Erzeugnisse und Körperpflegeartikel (WZ-Nr. 47.75), Reinigungsmittel, Kosmetik Waschmittel für Wäsche, Putz- und Reinigungsmittel, Bürstenwaren (aus WZ-Nr. 47.78.9) Zeitungen / Zeitschriften Zeitungen und Zeitschriften (WZ-Nr. 47.62.1) Blumen Schnittblumen (aus WZ-Nr. 47.76.1) Apotheken Apotheken (WZ-Nr. 47.73) zentrenrelevante Sortimente

Zoologischer Bedarf, Einzelhandel mit zoologischem Bedarf und lebenden Tieren (WZ-Nr. Heimtiernahrung, Lebende 47.76.2) Tiere

Medizinische und Medizinische und orthopädische Artikel (WZ-Nr. 47.74.0) orthopädische Artikel

Bücher, Papier, Papierwaren/Büroartikel/Schreibwaren (WZ-Nr. 47.62.2), Schreibwaren/ Bücher (WZ-Nr. 47.61.0), Büroorganisation

Kunst, Antiquitäten, Kunstgegenstände, Bilder, kunstgewerbliche Erzeugnisse (WZ-Nr. 47.78.3), Kunstgewerbe, Antiquariat Antiquitäten, antike Teppiche (WZ-Nr. 47.79.1), Antiquariate (WZ-Nr. 47.79.2) Bekleidung, Lederwaren, Bekleidung (WZ-Nr. 47.71) Schuhe Schuhe und Lederwaren (WZ-Nr. 47.72) Unterhaltungselektronik, Geräte der Unterhaltungselektronik (WZ-Nr. 47.43) Computer, Einzelhandel mit bespielten Ton- und Bildträgern (WZ-Nr. 47.63.0) Elektrohaushaltswaren Computer, Computerteile, periphere Einheiten, Software (WZ-Nr. 47.41) Telekommunikationsgeräte (WZ-Nr. 47.42) Elektrische Haushaltsgeräte und elektrotechnische Erzeugnisse – ohne Elektrogroßgeräte (aus WZ-Nr. 47.54) Foto, Optik Augenoptiker (WZ-Nr. 47.78.1), Foto- und optische Erzeugnisse (WZ-Nr. 47.78.2) Einrichtungszubehör (ohne Haushaltstextilien, Kurzwaren, Handarbeiten, Meterware für Bekleidung und Möbel), Haus- und Wäsche (aus WZ-Nr. 47.51) Heimtextilien, Haushaltsgegenstände ohne Bedarfsartikel Garten (aus WZ-Nr. 47.59.9) Haushaltsgegenstände Keramische Erzeugnisse und Glaswaren (WZ-Nr. 47.59.2) Heimtextilien ohne Teppiche (aus WZ-Nr. 47.53) Musikalienhandel Musikinstrumente und Musikalien (WZ-Nr. 47.59.3) Uhren, Schmuck Uhren, Edelmetallwaren und Schmuck (WZ-Nr. 47.77.0) Spielwaren, Bastelbedarf Spielwaren und Bastelbedarf (WZ-Nr. 47.65), Sportartikel ohne Sportartikel Campingartikel, Campingmöbel, Sport- und Freizeitboote (aus WZ-Nr. 47.64.2) Fahrräder und –zubehör Fahrräder, Fahrradteile und Zubehör (aus WZ-Nr. 47.64.1) Quelle: Zusammenstellung auf Grundlage der Systematik der Wirtschaftszweige (WZ 2008)

51 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

6.4. Leitlinien zur Umsetzung des Konzeptes der Einzelhandelsstandort- und Zentrenkonzeption der Stadt Böhlen

Der Erhalt und die Stärkung von Böhlen als gemeinsames Grundzentrum mit Zwenkau sind untrennbar mit der Entwicklung der Versorgungsstruktur und Stärkung der Einzelhandelszentralität verknüpft. Neben den definierten städtebaulichen Zielvorstellungen wird insbesondere über den Einsatz des planungsrechtlichen Instrumentariums die Entwicklungsrichtung der Versorgungsstruktur und Attraktivität des Einzelhandels- standortes Böhlen maßgeblich bestimmt. Die empfohlene Zentren- und Standortgliederung zeigt eindeutige Präferenzen und Wertigkeiten der Einzel- handelsstandorte mit vorrangiger Fokussierung auf die Weiterentwicklung der Böhlener Innenstadt: ■ Hauptgeschäftszentrum Innenstadt – zielt auf einen umfassenden Branchenmix bis zum spezialisier- ten höheren Bedarf ■ Potenzielle Nahversorgungslage Großdeuben– ergänzt den zentralen Versorgungsbereich mit dem Ziel einer möglichst flächendeckenden verbrauchernahen Versorgung ■ Ergänzungsstandort als Fachmarktstandort mit gesamtstädtischer Ausstrahlung Mit dem folgenden Handlungsleitfaden wird das Leitbild zur künftigen Einzelhandelsentwicklung konkreti- siert und die Übereinstimmung zu städtebaulichen Zielvorstellungen determiniert. Die Leitlinien bilden eine Grundlage für transparente und nachvollziehbare Entscheidungen und bauleitplanerische Abwägungen. Im Kontext mit der „Böhlener Liste“ zur Festlegung zentrenrelevanter Sortimente wird eine rechtssichere Aus- gestaltung von Entscheidungen zu Ansiedlungsvorhaben, Erweiterungsabsichten oder Standortveränderun- gen gewährleistet. Der abgesteckte Rahmen für Einzelfallentscheidungen sichert einerseits die notwendige Flexibilität, ande- rerseits bleibt der Fokus auf die gesamtstädtische Entwicklung gerichtet. Die jeweiligen Leitlinien geben auch bestehenden Einzelhandelsbetrieben und ansiedlungsinteressierte Anbietern eine Orientierung und gewährleisten die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit.

Leitlinie 1 – Priorität der innerstädtischen Entwicklung: Der innerstädtische zentrale Versorgungsbereich besitzt oberste Priorität. Die Ansiedlung von Kun- denmagneten mit schwerpunktmäßig zentrenrelevanten Sortimenten bedeutet eine Stärkung der Innenstadt im Wettbewerb der lokalen Einzelhandelsstandorte. Dazu ist es notwendig, dass fortlau- fend einzelhandelsbezogene Maßnahmen zur Aufwertung des zentralen Versorgungsbereiches um- gesetzt werden. Weiterhin sollten auch Komplementärfunktionen sowie vor allem die Gastronomie verstärkt entwickelt wer- den, um eine hohe Funktionsvielfalt in der Innenstadt zu gewährleisten. Die Ansiedlungsbemühungen soll- ten durch städtebauliche Maßnahmen unterstützt werden (bspw. attraktive Stadtmöblierung, Sicherung der ÖPNV-Erreichbarkeit, ausreichendes Stellplatzangebot, barrierefreie Laufwege). Die bestehende Gebäudesubstanz sowie auch die ausgewiesene Potenzialfläche bieten zahlreiche Ent- wicklungsmöglichkeiten. Auch zukünftig sollten die Kundenströme gezielt in das Innenstadtzentrum gelenkt werden, um somit einen weiteren Funktionsverlust der Böhlener Innenstadt entgegenzuwirken. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind geeignet, um die Frequenz und die Anbieter in der Innenstadt zu stärken. Dies ist für die Erhöhung der grundzentralen Versorgungsfunktion der Böhlener Innenstadt und damit für deren Zukunftsfähigkeit unab- dingbar.

52 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Leitlinie 2 – Steuerung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevantem Hauptsortiment: Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten sollten zukünftig nur im zentralen Versorgungsbereich Innenstadt angesiedelt werden. Die ortsspezifische „Böhlener Sortimentsliste“ (vgl. Definition der zentren- nahversorgungsrelevanten- und nicht zentrenrelevanten Sortimente) ist ein wesentliches Instrument zur städtebaulich verträglichen Entwick- lung des Einzelhandels. Künftig sollten Betriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten nur im zentralen Versorgungsbereich In- nenstadt angesiedelt werden.

Leitlinie 3 – Sicherung der Nahversorgung: Mit der Ausweisung der potenziellen Nahversorgungslage Großdeuben soll in Wechselwirkung mit der Innenstadt und dem Ergänzungsstandort Röthaer Straße eine verbrauchernahe und umfassende Grundversorgung im Stadtgebiet gesichert werden. In Wohnlagen ohne wirtschaftliche Tragfähigkeit für Nahversorgungslagen werden kleinteilige Nahversorgungslösungen angestrebt. Die quantitative und qualitative Nahversorgung stellt ein wesentliches Element der Lebensqualität der Wohnbevölkerung dar, deren Schutz und Sicherung sind folglich eine relevante kommunale Aufgabenstel- lung. Mit der Aufnahme einer potenziellen Nahversorgungslage im Stadtteil Großdeuben in das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Böhlen wird ihre funktionale Bedeutung für eine fußläufig erreichbare Grund- versorgung hervorgehoben. Im peripheren Ortsteil Gaulis, aber auch in einzelnen Wohnquartieren kann durch den zentralen Versor- gungsbereich und durch Nahversorgungslagen keine flächendeckend fußläufige Grundversorgung gesichert werden, folglich unterstützt die Stadt Böhlen auch gezielt die Integration kleinteiliger Nahversorgungslösun- gen.

Leitlinie 4 – Zulässigkeit des Böhlener Nachbarschaftsladens: Strukturprägende Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsorti- menten ab einer Größenordnung von über 50 m² Verkaufsfläche sollen zukünftig im zentralen Ver- sorgungsbereich Innenstadt angesiedelt werden. Die Ansiedlung von Anbietern mit einem zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortiment außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs In- nenstadt, der potenziellen Nahversorgungslage und den planungsrechtlichen Festsetzungen für Ergänzungsstandorte ist folglich nur zulässig, wenn diese dem Betriebs- und Anlagentyp eines „Böhlener Nachbarschaftsladens“ zuzuordnen sind. Diese Abgrenzung orientiert sich an der ortsspezifischen Einzelhandelssituation von Böhlen. Einzelhandels- betriebe mit einer Verkaufsfläche von bis zu 50 m² sind als tatsächlich überwiegend existierende Betriebe, als typische Art von „Böhlener Nachbarschaftsläden“ zu charakterisieren (vgl. Abschnitt 6.2). Dieser Be- triebs- bzw. Anlagentyp findet sich gesamtstädtisch sowohl in der gesamten Zentren- und Standortstruktur als auch an weiteren Standorten i. d. R. in unmittelbarer Zuordnung zum Wohnumfeld. Er ist eingebunden in das urbane Leben. In dieser Funktion bietet er ein breites Angebotsprofil mit einem Mix aus vorrangig nah- versorgungs- und zentrenrelevanten Warengruppen und ergänzenden Dienstleistungen. Er ist häufig unmit- telbar in Wohngebäuden integriert, seine Einbindung in das unmittelbare Wohnumfeld zielt auf eine ver- brauchernahe Versorgung. Dieser Betriebs- bzw. Anlagentyp unterstützt die Identifikation der Einwohner mit ihrem Wohnumfeld, besitzt aber keine strukturprägende Bedeutung für den Einzelhandelsstandort Böhlen. Vom Böhlener Nachbarschaftsladen gehen keine negativen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsberei- che aus.

53 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Leitlinie 5 – Steuerung des Ergänzungsstandortes Röthaer Straße: Am bestehenden Ergänzungsstandort Röthaer Straße werden zentrenverträgliche Angebotsstruktu- ren planungsrechtlich abgesichert. Eine konsequente Ausrichtung an den Zielsetzungen des Einzel- handels- und Zentrenkonzeptes ist zwingend. Grundzentrale Versorgungsfunktionen werden in der Stadt Böhlen ergänzend zum innerstädtischen zentra- len Versorgungsbereich vom ausgewiesenen Ergänzungsstandort Röthaer Straße wahrgenommen. Zukünf- tige Standortentwicklungen an diesem Standort ordnen sich der Priorität des zentralen Versorgungsberei- ches Innenstadt und der wohngebietsintegrierten Versorgung unter. Folglich sind Entwicklungen an diesem Standort stets in ihren Auswirkungen auf den zentralen Versor- gungsbereich zu prüfen. Das Zentrenkonzept regelt eine klare Funktionszuweisung (vgl. Abschnitt 5.3.3) und begrenzt die Zulässigkeit auf städtebaulich verträgliche Einzelhandelsnutzungen. Für den Ergänzungs- standort Röthaer Straße sind weitere Entwicklungen im Rahmen des Bebauungsplans „Pohlersfeld“ zuläs- sig.

Leitlinie 6 - Einzelhandelsentwicklung außerhalb der Zentren- und Standortstrukturen des Einzel- handels- und Zentrenkonzeptes begrenzen: Neuansiedlungen sowie die Erweiterung und Sortimentsveränderungen bestehender Betriebe an Standorten, die nicht in die Zentren- und Standortstruktur integriert sind, sollen für zentren- und nahversorgungsrelevante Sortimente ausgeschlossen werden. Ausnahmen von dieser Empfehlung können nur bei Einhaltung folgender Kriterien zugelassen werden: Die Anbieter sind kleinteilig, gemäß Leitlinie 4 (Böhlener Nachbarschaftsläden). oder Die Sortimente des Einzelhandelsbetriebs sind gemäß der „Böhlener Sortimentsliste“ zu mindestens 90 % als nicht-zentrenrelevant einzustufen. Der Anteil der zentrenrelevanten Sortimente überschreitet 10 % der Gesamtverkaufsfläche nicht und je Einzelsortiment wird die Verkaufsfläche auf 50 m² begrenzt und der An- tragsteller muss über eine Verträglichkeitsanalyse nachweisen, dass mit dem Vorhaben keine Beeinträchti- gung zentraler Versorgungsbereiche verbunden ist. Ausnahmsweise zulässig sind auch Tankstellenshops sowie Einzelhandelsbetriebe, die in unmittelbarem räumlichem und betrieblichem Zusammenhang mit Handwerks- oder produzierenden Gewerbebetrieben stehen, keine zentrenrelevanten Sortimente gemäß der ortsspezifischen Sortimentsliste („Böhlener Sorti- mentsliste“) führen und nicht mehr als 10 von Hundert der mit dem Betriebsgebäude überbauten Fläche als Verkaufs- und Ausstellungsfläche haben.

54 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Leitlinie 7 – Umsetzung als städtebauliches Entwicklungskonzept: Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept wird durch Beschluss des Stadtrates der Stadt Böhlen vom politischen Willen der Kommune getragen. Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept ist als städtebauliches Entwicklungskonzept gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB in der Bauleitplanung zu berücksichtigen und soll planungsrechtlich umge- setzt werden. Ansiedlungsvorhaben außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche mit zentrenrelevanten Sortimenten sind auszuschließen, dazu empfiehlt sich ein präventiver Umgang mit potentiellen Ansiedlungsstandorten im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB). Potentielle Standorte sollten dementsprechend geprüft werden, insbesondere Teilbereiche entlang der frequentierten Hauptverkehrsstraßen in Böhlen. Für städtebaulich ungeeignete Standorte werden planungsrechtliche Instrumentarien (Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB) eingesetzt, um nur bestimmte Arten von Einzelhandelsbetrieben zuzulassen bzw. auszuschließen, um somit die Erhaltung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versor- gung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, zu sichern. Die konsequente Umsetzung des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes bedarf der Prüfung und gegebe- nenfalls Anpassung vorhandener Bebauungspläne.

55 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

6.5. Entscheidungsmatrix zur zukünftigen Ansiedlung von Einzelhandels- betrieben mit zentrenrelevantem Kernsortiment

Die nachfolgende Matrix soll eine Grundlage für eine zukünftige Vereinfachung und beschleunigte Verfah- rensweise zur Beurteilung formeller Planungsschritte ermöglichen. Vorauszuschicken ist, dass es sich um eine erste Bewertung von neuen Planvorhaben im Hinblick auf die Kompatibilität mit dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept, dessen Zielen und Handlungslinien handelt. Die Lage und Dimensionierung neuer Vorhaben bzw. Erweiterungsplanungen bestimmen jeweils die Bedeutung und deren stadtgebietsbezogene Wirkungen. Diese anhand der vorgegeben Matrix grundlegend zu bestimmen und damit auch die weitere Verfahrensweise festzulegen, ist Aufgabe und Ziel des Prüfschemas.

Abbildung 7: Entscheidungsmatrix zur Ansiedlung zentrenrelevanter Sortimente

Quelle: Eigene Darstellung

56 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

BBE Handelsberatung GmbH

i. V. Dr. Silvia Horn i. V. Richard Engel Dipl.-oec. Humangeographie M. Sc.

Gesamtleitung Projektleitung

57 Fortschreibung Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

7. Anlage (Zentrenpass Innenstadt)

1 Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

8. Glossar: Definitionen einzelhandelsrelevanter Begriffe und Betriebsformen

Begriffsdefinitionen in Anlehnung an: Definitionssammlung zum Einzelhandelsmarkt der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (2013), Katalog E – Definitionen zu Einzelhandel und Distribution des Instituts für Handelsforschung der Universität Köln (2006).

DIY:

■ DIY ist die Abkürzung für Do It Yourself. Als DIY-Sortiment werden alle Heimwerkersortimente zu- sammengefasst. Die DIY-Branche (synonym Baumarktbranche) bezieht alle Betriebsformen mit Heimwerkersortimenten ein, den Schwerpunkt bilden Bau- und Gartenmärkte. Einzelhandelsrelevante Kaufkraft:

■ Die Kaufkraft bezeichnet das verfügbare Einkommen (Einkommen ohne Steuern und Sozialversiche- rungsbeiträge, inkl. empfangener Transferleistungen) der Bevölkerung eines Gebiets innerhalb eines Jahres. Der Absatz von Verbrauchsgütern, langlebigen Konsumgütern, persönlichen Dienstleistun- gen und Immobilien ist unmittelbar abhängig von der Höhe der Kaufkraft. ■ Bei der Ermittlung der Einzelhandelsrelevanten Kaufkraft werden nur diejenigen Anteile der Kaufkraft berücksichtigt, die für Ausgaben im Einzelhandel zur Verfügung stehen. Einzelhandelsrelevante Zentralität:

■ Der Zentralitätsgrad eines definierten räumlichen Gebietes (z. B. Innenstadt, Gemeinde, Region) gibt an, welche Bedeutung die in diesem Gebiet ansässigen Einzelhandelsbetriebe für die Versorgung der in diesem und in umliegenden Gebieten ansässigen Bevölkerung haben. ■ Die Zentralität des Einzelhandels ermittelt sich aus der Division des Einzelhandelsumsatzes durch die Einzelhandelsrelevante Kaufkraft (jeweils Index oder Promille) x 100. ■ Ein Wert unter 100 zeigt an, dass Handelsumsatz an andere Standorte abgegeben wird. Ein Wert über 100 bedeutet, dass Umsätze von Kunden außerhalb des definierten Gebietes hinzufließen, der Handelsumsatz also größer als das Potenzial der Bevölkerung darin ist. Ergänzungsstandort:

■ Ein Ergänzungsstandort ist ein Standort mit meist großflächigem nicht-zentrenrelevantem Einzel- handel. Er ist autoorientiert und beinhaltet entweder ein oder mehrere Einkaufszentren oder einzel- ne, große Einzelhandelsbetriebe (z. B. Garten-, Bau-, Möbelbranche) oder beides in Kombination. Meist waren solche Standorte für größere Gewerbebetriebe vorgesehen. GPK:

■ „GPK“ ist die Abkürzung für die Sortimentsbezeichnung „Glas / Porzellan / Keramik“.

2 Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Großflächiger Einzelhandel

■ Die Großflächigkeit beginnt dort, wo üblicherweise die Größe von der wohnungsnahen Versorgung dienenden Einzelhandelsbetrieben ihre Obergrenze findet (BVerwG Urt. v. 22.05.1987, 4 C 19.85). ■ Bei der Frage, ob ein Vorhaben als Einzelhandelsgroßprojekt zu bewerten ist, sind zwei Aspekte zu- nächst getrennt voneinander zu prüfen: 1. Seit 2005 geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Grenze der Großflächigkeit ab einer Verkaufsfläche von 800 m² beginnt (BVerwG Urt. v. 24.11.2005, 4 C 10.04). 2. Negative Auswirkungen gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO werden regelmäßig ab 1.200 m² Geschossfläche angenommen (= Regelvermutung), können jedoch in einer Einzelfalluntersuchung widerlegt werden. Für eine Einstufung als Einzelhandelsgroßprojekt müssen beide Sachverhalte (über 800 m² Verkaufsfläche und gleichzeitig Auswirkungen bei über 1.200 m² Geschossfläche) ku- mulativ auftreten. ■ Das Merkmal der Großflächigkeit kennzeichnet eine Schwelle, von der ab Einzelhandelsbetriebe nach Maßgabe des § 11 (3) BauNVO nur noch in einem Kerngebiet i. S. v. § 7 BauNVO oder in ei- nem Sondergebiet für Einzelhandel i.S.v. § 11 BauNVO zulässig sind. ■ Eine Zusammenrechnung von Verkaufsflächen mehrerer Betriebe findet auf der Ebene des Baupla- nungsrechts – und damit im Baugenehmigungsverfahren - nur ausnahmsweise statt, wenn ein Fall der sog. Funktionseinheit vorliegt. Kaufkraftbindung:

■ Die Kaufkraftbindung beschreibt den Anteil der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft der Einwohner ei- nes bestimmten Gebiets (z. B. einer Gemeinde), der vom örtlichen Einzelhandel gebunden und in Umsatz umgewandelt werden kann. Kernsortiment/Randsortiment:

■ Randsortimente sind nur solche Warengruppen, die einem bestimmten Kernsortiment als Hauptsor- timent sachlich zugeordnete und hinsichtlich des Angebotsumfangs deutlich untergeordnete Neben- sortimente sind. ■ Das Randsortiment tritt nur zu einem bestimmten Kernsortiment hinzu, falls eine gewisse Beziehung zu den Waren des Kernsortiments besteht. Umfang und Gewichtigkeit sind dabei deutlich unterge- ordnet (meist nicht mehr als 10 % der Gesamtverkaufsfläche). Lebensmitteldiscounter:

■ Lebensmitteldiscounter besitzen ein ausgewähltes, spezialisiertes, schnelldrehendes Sortiment mit relativ niedriger Artikelzahl (ca. 700 bei Harddiscountern bis 1.400 bei Markendiscountern) und einen Nonfood-Umsatzanteil von ca. 10 % - 13 % auf Betriebsgrößen zwischen ca. 400 und 1.200 m² Ver- kaufsfläche. ■ Schwerpunkt ist ein Trockensortiment, welches i. d. R. um Getränke ergänzt wird. In den letzten Jah- ren war ein kontinuierlicher Ausbau des Frischesortiments (Obst, Gemüse, Fleisch) festzustellen. ■ Lebensmitteldiscounter verzichten auf Bedienungsabteilungen sowie weitere Dienstleistungen und verhalten sich preisaggressiv und werbeintensiv. In der Regel erfolgt eine sehr nüchterne Warenprä- sentation, vereinzelt werden einzelne Warengruppen wertiger präsentiert (z. B. Drogerieartikel). So genannte Markendiscounter verfolgen dieses Konzept weniger strikt (Konzept ähnelt eher Super- märkten). Nachfragevolumen, einzelhandelsrelevantes:

■ Das am Ort vorhandene einzelhandelsrelevante Nachfragevolumen (oder auch Nachfragepotenzial) setzt sich aus der Einwohnerzahl und der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft, in den einzelnen Wa- rengruppen bzw. für den Einzelhandel insgesamt, zusammen. 3 Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Nahversorgungslage:

■ Nahversorgungslagen zielen auf eine wohnungsnahe oder aus Sicht peripherer Ortsteile zumindest gut erreichbare, wohnortnahe Grundversorgung im kurzfristigen Bedarfsbereich und erfüllen somit eine ergänzende Versorgungsfunktion zu den zentralen Versorgungsbereichen. ■ Nahversorgungslagen sind durch Solitärstandorte von Lebensmittelmärkten (Supermärkte oder Dis- counter) gekennzeichnet, i. d. R. ergänzt durch angeschlossenes Lebensmittelhandwerk (Bäcker und/oder Metzger). ■ Nahversorgungslagen sind keine zentralen Versorgungsbereiche im Sinne der Rechtsprechung. Nahversorgungszentrum:

■ Ein Nahversorgungszentrum verfügt über eine städtebauliche Einheit und ist in das Siedlungsgefüge integriert. Eine räumliche Nachbarschaft zu Wohngebieten ist charakteristisch. ■ Nahversorgungszentren sind zentrale Versorgungsbereiche im Sinne der Rechtsprechung. ■ Sie übernehmen die lokale Vor-Ort-Versorgung vorrangig im Bereich der kurzfristigen Bedarfsde- ckung. SB-Markt:

■ Ein SB-Markt ist ein „kleiner Supermarkt“ mit einer Verkaufsfläche bis zu 400 m². Er besitzt nur ein eingeschränktes Sortiment. ■ Dieser Betriebstyp ist vor allem in kleinen Orten anzutreffen, in denen aus betriebswirtschaftlichen Gründen kein Supermarkt oder Lebensmitteldiscounter rentabel ist. SB-Warenhaus:

■ Ein SB-Warenhaus besitzt eine Verkaufsfläche von über 5.000 m². Charakteristisch ist ein umfas- sendes Sortiment, neben einer leistungsfähigen Lebensmittelabteilung (Umsatzanteil i. d. R. über 50 %) auch eine umfangreiche Nonfood-Abteilung (Nonfood-Umsatzanteil ca. 35 % - 50 %, Nonfood- Flächenanteil ca. 60 % - 75 %). ■ Ganz oder überwiegend werden die Waren durch Selbstbedienung ohne kostenintensiven Kunden- dienst angeboten. Betreiber dieses Betriebstypen zeichnen sich i. d. R. durch eine hohe Werbeaktivi- tät, Dauerniedrigpreis- und/oder Sonderangebotspolitik aus. ■ Ein SB-Warenhaus ist häufig Mittelpunkt einer größeren Fachmarktagglomeration an einem auto- kundenorientierten, oft peripheren Standort.

4 Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Sortiment, nahversorgungsrelevantes:

■ Als nahversorgungsrelevante Sortimente sind vor allem die Waren des täglichen, kurzfristigen Be- darfs, insbesondere für die Grundversorgung mit Lebensmitteln, Getränken sowie Gesundheits- und Drogerieartikeln, anzusehen. Diese Waren werden von allen Bevölkerungsschichten und Altersgrup- pen gleichermaßen nachgefragt. Nahversorgungsrelevante Sortimente sind zugleich auch zentrenre- levant. ■ Die Nahversorgungsrelevanz von derartigen Sortimenten ergibt sich aus den in sehr kurzen Abstän- den wiederkehrenden Versorgungsvorgängen, die insbesondere auch für weniger mobile Verbrau- cher ohne eigenen Pkw durch ein am Wohnstandort und damit verbrauchernah gelegenes Angebot gewährleistet werden soll. Sortiment, zentrenrelevant:

■ Zentrenrelevante Sortimente zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass sie für das Einzel- handelsangebot einer Innenstadt prägend und daher für eine starke und intakte Innenstadt bedeut- sam sind. Als zentrenrelevant sind somit grundsätzlich diejenigen Sortimente anzusehen, deren An- siedlung in peripheren Lagen zu Funktionsverlusten durch nennenswerte Umsatzumlenkungen und daraus resultierenden Verdrängungseffekten im innenstädtischen Zentrum führen kann. ■ In der Vergangenheit wurden bundesweit von verschiedenen Kommunen, Planungsbehörden und Trägern öffentlicher Belange Sortimentslisten entwickelt, in denen die zentren- und nahversorgungs- relevanten Sortimente definiert wurden. Eine allgemeingültige Aufstellung ist jedoch nicht möglich. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 03.06.02 wäre eine derartige Liste rechtswidrig, es bedarf jeweils einer individuellen Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation. ■ Die Einstufung als zentrenrelevantes Sortiment setzt allerdings nicht voraus, dass ein Sortiment be- reits in zentralen Versorgungsbereichen vertreten ist. Dies bedeutet, dass auch Sortimente als zen- trenrelevant eingestuft werden können, die gegenwärtig nicht bzw. nur in einem geringen Umfang in einem schützenswerten Bereich angeboten werden, jedoch als ein wichtiger Beitrag zu einer attrak- tiven und leistungsstarken Zentrumsentwicklung anzusehen sind. ■ Als wesentliche Merkmale zentrenrelevanter Sortimente sind eine hohe Verbundwirkung mit anderen Sortimenten, eine hohe Beratungsintensität, eine hohe Flächenproduktivität und eine gute Handlich- keit bzw. geringe Sperrigkeit (weshalb sie nicht nur mit dem Pkw transportierbar sind) anzusehen. Sortiment, nicht-zentrenrelevantes:

■ Wesentliche Merkmale nicht-zentrenrelevanter Sortimente sind ein meist hoher Flächenanspruch, geringe Kopplungswirkungen und eine eingeschränkte Transportfähigkeit. Diese Artikel werden oft mit handwerklichen Dienstleistungen (z. B. Kfz-Handel mit Werkstatt) oder für gewerbliche Nutzun- gen (z. B. Baustoffhandel, Büromöbelhandel) angeboten. ■ Nicht-zentrenrelevante Sortimente strahlen kein Gefährdungspotential auf gewachsene Zentren aus. Zu beachten sind dabei aber immer zentrenrelevante Randsortimente, die sehr wohl Auswirkungen haben können.

5 Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Böhlen

Stadtteilzentrum:

■ Ein Stadtteilzentrum beschreibt eine städtebauliche Einheit, die sich abgesetzt vom Hauptsiedlungs- gefüge in räumlicher Nähe zu Wohngebieten befindet. ■ Stadtteilzentren sind zentrale Versorgungsbereiche im Sinne der Rechtsprechung. ■ Hauptaufgaben sind sowohl die Nahversorgung als auch die Grundversorgung eines Stadtteils mit Waren des mittel- und langfristigen Bedarfs. Die Einzelhandelsstruktur ist i. d. R. durch Lebensmittel- und ergänzende Anbieter geprägt. Weiterhin sind zentrentypische Dienstleistungen vorhanden. Supermarkt:

■ Ein Supermarkt besitzt eine Verkaufsfläche von ca. 400 bis 2.500 m². Er bietet ein Lebensmittelvoll- sortiment mit einer hohen Kompetenz im Frische-Bereich an. Ab 800 m² Verkaufsfläche findet sich auch bereits ein höherer Nonfood-Anteil (Umsatzanteil ca. 10 % - 15 %, Flächenanteil ca. 20 - 30 %). ■ Standorte von Supermärkten sind vornehmlich Wohngebiete und verkehrsgünstige Lagen. Verbrauchermarkt (Großer Supermarkt):

■ Ein Verbrauchermarkt besitzt eine Verkaufsfläche von über 2.500 bis 5.000 m². Er bietet ein breites und tiefes Lebensmittelvollsortiment an. Mit zunehmender Fläche steigt der Flächenanteil der Non- food-Abteilungen (Umsatzanteil ca. 20 % - 40 %, Flächenanteil ca. 30 % - 60 %) stark an. ■ Die Standorte von Verbrauchermärkten sind autokundenorientiert und befinden sich in Alleinlage oder innerhalb von Einzelhandelszentren. Verkaufsfläche:

■ Die Verkaufsfläche bezeichnet alle Flächen, die dem Verkauf dienen (inkl. Gänge, Treppen, Kassen- zonen, Schaufenster, Theken, Vorkassenzone, Windfang, Leergutannahme) und dem Kunden frei zugänglich sind sowie dauerhaft genutzte Freiverkaufsflächen. ■ Nicht zur Verkaufsfläche zählen Büroräume, Lager- und Vorbereitungsflächen sowie Werkstätten und Flächen, die Personalzwecken dienen. Verkaufsflächenausstattung je Einwohner:

■ Die Verkaufsflächenausstattung je Einwohner beschreibt das Verhältnis von einzelhandelsrelevanter Verkaufsfläche bezogen auf die jeweilige Einwohnerzahl. ■ Es ist ein quantitativer Indikator der Versorgung für die Ausstattung eines Gebiets. Zentraler Versorgungsbereich:

■ Zentrale Versorgungsbereiche sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – eine bestimmte Versorgungsfunktion für die Gemeinde zukommt. Je nach ihrer konkreten Versorgungsfunktion kann diese sich auf das gesamte Gemeindegebiet ein- schließlich einer möglichen regionalen Ausstrahlung (z. B. Innenstadt) oder auf Teilbereiche (Stadt- teile, Wohngebiete) beziehen und dabei einen umfassenderen (Hauptzentrum) oder nur einge- schränkten Versorgungsbedarf (Nahversorgungszentrum) abdecken. (Entscheidung des Bundes- verwaltungsgerichts zu § 34 Abs. 3 BauGB, Urteil BVerwG 4 C 7.07 vom 11.10.2007) ■ Zentrale Versorgungsbereiche weisen gemessen an ihrer Versorgungsfunktion eine integrierte Lage innerhalb der Siedlungsbereiche auf, mit fußläufiger Erreichbarkeit aber auch mittels ÖPNV und PKW.

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