«Der Wolf Hat Bei Uns Hier in Täsch Nichts Verloren»
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AZ 3930 Visp | Samstag, 4. Januar 2020 Nr. 2 | 180. Jahrgang | Fr. 3.00 UNSER WERBETRÄGER FÜR IHREN ERFOLG. SALE Heute mit Stellen- und Immobilienmarkt www.1815.ch Re dak ti on Te le fon 027 948 30 00 | Aboservice Te le fon 027 948 30 50 | Mediaverkauf Te le fon 027 948 30 40 Leser: 49 000 Wallis Wallis Sport INHALT Wallis 2 – 14 Kostbares Nass «Kleider Waste» Er ist da Traueranzeigen 12 Sport 15 – 18 Rolf Weingartner über Gabriella Pacozzi und ihr Ricardo Dionisio Pereira Ausland 19 Herausforderungen der Kleiderschrank-Coaching leitete gestern das erste Wirtschaft/Börse 20/23 Schweiz 21 Zukunft rund um das The- gegen Kleiderver- Training als Trainer des TV-Programme 24/25 ma Wasser. | Seiten 6 / 7 schwendung. | Seite 11 FC Sitten. | Seite 15 Wohin man geht 27 Wetter 28 Oberwallis | Im hinteren Mattertal macht man ungemütliche Erfahrungen mit dem Grossraubtier KOMMENTAR Wer will? Jetzt ist raus, was bereits alle «Der Wolf hat bei uns hier ahnten: Stadtpräsident Louis Ursprung tritt bei den Kommu- nalwahlen vom kommenden Herbst nicht mehr an. Seit in Täsch nichts verloren» 30 Jahren sitzt er im Stadtrat, 21 davon als Schatzmeister. Acht Jahre als Präsident. Für die In den vergangenen Tagen wurde rund geht es nun den Menschen in Täsch. Das Gross- Verängstigte Rehe kauern vor den Haustüren. grosse Bilanz und die Tränen ist um Täsch immer wieder ein Wolf gesich- raubtier wurde hier in den vergangenen Tagen Spaziergänger und Langläufer wissen nicht so es zwar noch zu früh. Eines lässt tet; oder zumindest Spuren von ihm und immer wieder gesichtet, es kursieren Bilder und recht, ob sie noch raus sollen. Schafhalter wie sich aber heute schon sagen: von toten Tieren. Unbehagen macht sich Videos. Und im Schnee sieht man die Spuren Heinrich Lauber, die ihren Tieren Freilauf vor dem Machtmensch Ursprung lässt breit, wie ein Besuch vor Ort zeigt. des Todes. Stall gönnen möchten, zögern jetzt. In dieser auf- im richtigen Moment los. Auch in Täsch ist man weit davon entfernt, in geladenen Stimmung gibt es auch Leute, die Klar- Das Gemeindebüchlein mit den Der Wolf ist solange kein Thema, bis man ihn vor Panik zu geraten. Aber ein Gefühl des Unbehagens text sprechen. So wie Manfred Lauber, Jäger und guten Vorsätzen ist nämlich der eigenen Haustür weiss. Ähnlich wie den Be- macht sich breit. Das Verhalten des Grossraubtiers Wildtierheger. Er sagt: «Der Wolf hat bei uns hier voll, genauso die Gemeindekas- wohnern von Agarn im vergangenen Frühjahr wirkt sich auf den lokalen Mikrokosmos aus. in Täsch nichts verloren.» | Seite 3 sen. Ein schönes Erbe, das nun Begehrlichkeiten wecken sollte. Dass ihm seine Kritiker hinter- Belalp | Besuch bei einer Schneesportschule Brig-Glis | Neujahrsempfang in Simplonhalle herfl uchen, er hätte schon längst weg sein sollen, spricht ebenfalls für ihn. Und gegen die Ursprung tritt im anderen Parteien. Denn obwohl Wintersportler von alle wussten, dass Ursprung ir- gendwann mal sein Büro räu- Herbst nicht mehr an men könnte, und obwohl es noch lange dauert bis im Okto- morgen rollen an ber – geeignete Kandidaten, die in seine Fussstapfen treten könnten, sind derzeit kaum in Sicht. Die Personaldecken sind dünn in diesem Winter. Bei den «Gelben» glaubt derzeit vor allem Patrick Amoos daran, dass Patrick Amoos frischen Wind bringen könnte. FDP- Mann Mathias Bellwald schien bereits vor vier Jahren und sei- nem Fast-Angriff auf Ursprung Angst vor dem eigenen Mut ge- habt zu haben. SVP-Bauchef Patrick Hildbrand hat sich und seiner Partei einen Bärendienst erwiesen, indem er den grünen Stadtarchitekten beim Raum- planungsdossier an einer zu langen Leine führte. Und die CVP hoffte auf Adrian Arnold und hat nach dessen Absage und Transfer zum Fussballver- band… ja wen eigentlich? Deshalb eine Neujahrsprognose: Händedruck Präsident Louis Ursprung (links) begrüsst Vize- Gut möglich, dass der Run auf präsident Patrick Amoos am Neujahrsempfang. FOTO MENGIS MEDIA den vakanten Posten des Ge- meindeschreibers grösser sein wird als jener auf das Stadtprä- Anlässlich des Neujahrsempfangs der Stadtgemeinde sidium von Brig-Glis. Was scha- gab Louis Ursprung bekannt, letztmals eine Neu- de wär: Denn es gehört zu den jahrsansprache als Stadtpräsident von Brig-Glis zu interessantesten Ämtern im halten. Er werde die laufende Legislatur zu Ende Oberwallis, dem nach acht führen und sich danach zur Ruhe setzen. Jahren Ursprung ein Wechsel tatsächlich guttäte. Acht Perioden lang war er im Stadtrat, davon acht Jahre als Stadt- präsident von Brig-Glis. Damit sei der politische Leistungsausweis David Biner erbracht, befand Ursprung. Es stecke auch keine spontane Über- legung hinter diesem Entscheid: «Es war für mich immer klar, dass ich nur zwei Amtszeiten als Präsident bleibe.» An der gestrigen Feier in der Simplonhalle mit rund 300 Gäs- ten wurden auch die Jungbürger begrüsst und der langjährige 60001 Schuldirektor Robert Lochmatter gewürdigt. Ebenfalls wurden proTag So viele Teilnehmer besuchen in der Neujahrswoche die Skischule die aus dem Amt geschiedenen Stadträte verabschiedet und auf auf der Belalp. | Seite 14 FOTO MENGIS MEDIA/ANDREA SOLTERMANN die neuen Stadträte angestossen. | Seite 5 9 771660 065005 Walliser Bote 2 Samstag, 4. Januar 2020 MEINUNGEN 2020 – ein Jahr Ein Geheimnis für stille Schafferinnen? Mit 2019 endet ein Jahrzehnt, das es in sich hatte; geprägt und Verhandlungen. Verhandlungen implizieren, dass es von einer zunehmenden Digitalisierung und einer «Politik nicht nur einen richtigen Weg geben kann, sondern dass der Aufmerksamkeit», von politischen Trolls und populis- Optionen und Kompromisse nötig sind. Aber das heisst tischen Parteien in sogenannt westlichen Demokratien, auch, dass es ein gemeinsames Ziel geben muss, wenn die aber auch von breiten sozialen Bewegungen weltweit. Der Verhandlungen denn Früchte tragen sollen. gemeinsame Nenner? «Die Politik tut nichts» (oder nicht Das grosse Potenzial der sozialen Unruhen, wenn man genug) – sprechen Trump, Greta und Frauen*Streikgrup- so will, liegt gerade darin. Statt minutiös ausgearbeiteter pen mit einer Stimme, wenn auch mit sehr verschiedenen Gesetzesvorschläge könnten sie eine viel allgemeinere, LUCIANABRUSA Anliegen und Absichten. breit abgestützte Richtung für die Verhandlungen unter ERZÄHLERIN Aufgrund der starken Präsenz sozialer Bewegungen wie politischen Entscheidungsträgerinnen vorschlagen. Wäh- jener der Fridays for Future oder der Gilets Jaunes, aber rend es also absolut irrsinnig wäre, von einer Klimajugend auch der zunehmenden Beliebtheit rechtspopulistischer konkrete, sachpolitische Massnahmen zu verlangen, «Heschus nu niä gsee?», fragte meine Nachbarin mit Politiker/innen könnte man davon ausgehen, dass das neue macht es durchaus Sinn, zu fragen, was sie will – und einem geheimnisvollen Unterton, während sie mit der Jahrzehnt politischer denn je zu werden verspricht. wohin sie will. Metallkante der Schneeschaufel das zu einer Eis- Schliesslich können solche Bewegungen und Protestwah- Um auf solche Fragen angemessene Antworten zu fi n- schicht gefrorene Schmelzwasser auf dem Gehweg len von einem zunehmenden politischen Interesse und den, braucht es kluge Köpfe, gewissenhafte Arbeit und spaltete. «Nää.» Sie hielt inne, stützte sich an der einer Kritik am System zeugen. Aber Politik ist mehr als Sachlichkeit. Letztere müssen wir nicht nur von den Grup- Schaufel ab, wiederholte noch einmal, jetzt leiser, die nur der Ausdruck einer allgemeinen Unzufriedenheit – pierungen selbst verlangen, sondern auch von den Politi- Worte: «Das gschpässig griä Liächt.» Eine kurze Stille. gerade, wenn sich Letztere zwar auf der Strasse, aber nur kern/-innen und Medienschaffenden, die ihnen gegenüber- Dann schaufelte sie energisch die Eissplitter an den begrenzt an der Urne zeigt. Sie besteht aus Entscheidungen stehen. Denn einerseits verlieren soziale Bewegungen ohne Strassenrand. Ich blinzelte verwundert in die im Son- Konzept und Ziel ihre Richtung und versanden (oder arten nenlicht gleissende Schneelandschaft und hakte nach: aus). Andererseits erreicht auch stille und hartnäckige «Ja wiä? So Polaarliächt-mässig?» «Nei nei, nit am Him- Arbeit herzlich wenig, wenn sie immer im Lärm der Em- mel.» Es husche zu nachtschlafender Zeit über die pörung untergeht. verschneiten Wiesen, zeige sich mal hier, mal da und Im Lauf des letzten Jahres haben wir es unzählige Male verschwinde plötzlich. Während sie sprach, glaubte gehört: Diese sozialen Unruhen (von rechts bis links) haben ich, ein Schmunzeln in ihrem Gesicht zu sehen und im Guten wie im Schlechten einen gesellschaftlichen Dialog stutzte. Will sie mich buchstäblich oder sprichwört- angestossen. Aber das Anstossen allein reicht nicht, um den lich hinters Licht führen? Egal. Mein kritisches Den- Dialog auch zu führen, d. h. eine grundlegende, vor allem ken hatte sich bereits verabschiedet. Mit ihren weni- inhaltliche Richtung vorzugeben. Wir haben uns daran ge- gen vagen Worten hatte sie mich «verwitscht». Schon wöhnt, uns über die aufmerksamkeitserregende Form poli- immer war ich fasziniert von Dingen, für die es keine tischer Akteure (oder den Mangel an derselben, wenn wir Erklärung gab und die scheinbar keinen Sinn ergeben. von rechtspopulistischen Politikerinnen sprechen) zu em- Wie die Geschichte des weissen Hundes. LEONIEHAGEN pören. Vielleicht wird es im neuen Jahrzehnt Zeit, uns wie- Vater hatte sie mir vor vielen Jahren das erste Mal STUDIERTPHILOSOPHIE der vermehrt dem Inhalt ihrer Aussagen und Forderungen erzählt, abends auf dem Balkon unserer Sommer- POLITIKUNDWIRTSCHAFT zuzuwenden – und damit einen konstruktiven