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Aus dem I. anatomischen Institut der Universiti~t Budapest. Beitrage zur Entwicklungsgeschichte und Histologie der m innlichen Harnr6hre. Von Dr. med. Franz Herzog.

ttierzu Tafei XXXIV, XXXV und XXXVI.

Auf Anregung des Herrn Prof. Dr. M. v. Lenhoss~k unternahm ich eine Untersuchung fiber die Entwicklung und Histologie der mannlichen Harnr6hre, mit Bentitzung ausschliesslich menschlichen Materials. Von Embryonen standen mir 16 Exem- plare zur Verftigung, und zwar solche yon folgenden Rumpf- li~ngen: 20, 28, 31, 40, 45, 57, 60, 65, 68, 70, 72, 80, 105, 120, 180, 190 mm. Es sind das -- mit Ausnahme des jfingsten Exemplares --Stadien, in denen sich das Geschlecht, teils auf Grund der Untersuchung der Keimdriisen, teils schon durch das Verhalten der ausseren Geschlechtsorgane mit Bestimmtheit fest- stellen ]asst. Mit husnahme derjenigen yon 31, 40 und 57 mm Rumpflange waren alle Embryonen mannlichen Geschlechtes. Die meisten dieser Embryonen befanden sich in einem vortrefflichen Konservierungszustand und eigneten sich ffir alle Seiten der Untersuchung; ftir einige traf dies allerdings nicht zu, welche dann nur ffir das Studium der ausseren Formentwicklung der Geschlechtsorgane verwendet werden konnten. Die zumeist in Zenkerscher LSsung fixierten Embryonen wurden stets mit Hamalaun durchgefarbt, die Schnitte bei jtingeren Stadien mit Erythrosin, bei alteren (zum Nachweis der glatten Muskulatur) mit Pikrofuchsin nach van Gieson nachgef~trbt. Die in Paraffin eingebetteten Objekte wurden in Serien yon 20 tL zertegt: eine Schnittdicke, die dfinn genug ist~ um noch feinere l~istologische Details erkennen zu lassen und dick genug, um das Ausfallen yon Schnitten zu verhindern. Ats Sch'nittrichtung wahlte ich die sagittale und frontale; letztere erwies sich im allgemeinen ergiebiger ffir die Zwecke der Untersuchung, vor allem auch geeigffeter zur hnfertigung yon Rekonstruktionen. Entwicklungsgeschichte u. Histologie der m~nnlichen ttarnrShre. 711

u dem Einbetten wurden die i~usseren Geschlechtsteile eines jeden Embryos genau gezeichnet und beschrieben. Die wichtigsten Dienste leistete mir bei meinen Untersuchungen die Rekonstruktionsmethode, und zwar sowohl die graphische, wie das Plattenmodellierverfahren. Letzteres ist mtihevoller, weist aber schSnere Resultate auf. Selbst in Bezug auf die ausseren Form- verhaltnisse der ausseren Geschlechtsteile erkennen wir an den Wachsmodellen Einzelheiten, die sich der einfachen Lupenunter- suchung entziehen, nicht so sehr wegen ~ der Kleinheit des Objekts, als vielmehr wegen der Durchsichtigkeit der Teile. Ich ~r fertigte Wachsmodelle der ausseren Geschlechtsorgane tier Em- bryonen von 20, 68 und 105 mm Rumpflange, Modelle, die auch die inneren Verhaltnisse erkennen lassen; ausserdem stellte ich Modelle her zur Untersuchung der Entwicklung der Urethral- driisen. Zur Untersuchung der Histologie der diente als Hauptobjekt die Harnriihre eines zweijahrigen Knaben, die yon der ausseren Mtindung bis zur Harnblase in eine ltickenlose Serie yon 1900 Schnitten zerlegt wurde. Die Schnitte wurden mit Hamalaun und Pikrofuchsin gefarbt. Die Notwendigkeit der Bevorzugung des kindlichen Materiales ergab sich aus der grossen technischen Schwierigkeit, mit der die Anfertigung einer voll- kommenen Serie aus der HarnrShre eines erwachsenen Individuums verbunden ware: miisste doch die entwickelte, 24 cm lange mannliche HarnrOhre bei einer Schnittdicke yon 30 t~ 8000 Schnitte ergeben. Zur Kontrolle der bei dem zweijahrigen Knaben ge- wonnenen Ergebnisse fertigte ich aus der Urethra zweier Manner zahlreiche Schnitte aus verschiedenen Gegenden an. Es ergab sich, dass in Bezug auf die histologischen Verhaltnisse der Urethra wesentliche Unterschiede zwischen dem zweijahrigen Knaben und den Erwachsenen nicht vorhanden sind ; die bestehenden Differenzen beschranken sich auf die Menge der Muskulatur und auf die Gr~sse der Drttsen, sind also lediglich quantitativer Natur. Zur Feststellung der topographischen Anordnung der Drtisen und Muskulatur der HarnrShre leistete die graphische Rekonstruktions- methode treffliche Dienste; mit dieser Methode wurde Fig. 29 gewonnen (die Reproduktion ist im Yergleich zur Originalzeichnung auf l/s verkleinert), die im Laufe dieser hrbeit ausfiihrlich be- schrieben werden soll. 712 Franz Herzog:

I. Entwicklungsgeschichtliches. 1. Entwicklung der Harnr~hre. Die ~usseren Geschlechtsorgane des kleinsten yon mir untersuchten Embryos~ desjenigen yon 20 mm L~nge (Fig. 1 u. 9), befinden sich noch in dem ,geschlechtlich indifferenten ~ Stadium, worunter freilich nur soviel zu verstehen ist, dass der Geschlechts- charakter an ihnen unserer Feststellung noeh nicht zug~nglieh ist; ich kann hinzusetzen, dass bei diesem Embryo auch die Sexualdriisen in ihrer Entwicklung noch nicht so weit vorge- schritten sind, dass man an" ihnen das Geschlecht des Embryos mit Bestimmtheit erkennen kSnnte. Der Genitalh~cker stellt sich als ein 1,5 mm langer, an der Basis 1 mm breiter, ungefahr kegelfSrmiger Vorsprung dar; seine Langsachse steht senkrecht zur Langsachse des Rumpfes; an seiner unteren Flache zieht eine seichte Furche zum After hin. Vor dem vorderen Ende dieser Furche, an der Spitze des Gliedes ragt ein kleines, unregel- massig geformtes, aus Epithelzellen bestehendes KnStchen: alas bekannte Epithelh~rnchen hervor. Hinter dem GenitalhScker erkennt man eine quer verlaufende Furche, die sich seitlich bogenfSrmig nach vorn krtimmt; in ihr liegt der After. Vor den seitlichen Teilen dieser Furche treten zu beiden Seiten des GenitalhSckers rundliche Erhebungen hervor: die ersten Au- 'deutungen der ausseren Geschlechtsfalten. Hinter dem After folgen zwei symmetrische HSckerchen: die AnalhScker R e i c h e 1s; dahinter endlich befindet sieh eine quere, nach vorn konvexe Furche, welche den hinter ihr liegenden SchwanzhScker nach vorn begrenzt. Dieser tritt ziemlich scharf hervor, an seiner Spitze mit einem aus Epithel und Bindegewebe bestehenden gSrnchen versehen. Der Sinus urogenitalis (s. Fig. 10) erscheint bei diesem Stadium noch nicht geSffnet; er ist, wie dies Langs- schnitte zeigen, in seinem unteren Teil noch vollkommen von Epithel ausgef~illt. Die Untersuchung der Schnittserie ergibt ferner, dass die Wolffschen Gange sich mit starker Krfimmung nach vorn biegen und unter rechtem Winkel in den Sinus urogenitalis mfinden; der proximale Teil der M~illerschen G~nge ist schon vorhanden, ihr distales Ende dagegen noch nicht bis zum Sinus urogenitalis hinabgewachsen. Die den unteren ~Teil des Sinus urogenitalis ausfiillenden Epithelzellen gehen nach_vorn unmittel- Entwicklungsgeschichte u. Histologie der m~nnlichen HarnrShre. 713

bar in jene Epithelleiste fiber, die, entsprechend der vorhin er- w~thnten seichten Furche, an der unteren Flache des GenitalhSckers dahinzieht. Diese Epithelleiste ist das Urethralseptum. Dieses Septum senkt sich als eine verhMtnism~tssig schmale Leiste yon der unteren Flache des GenitalhSckers ungef~thr bis zur Mitre seines Querschnittes hinein, und teilt so dessen untere HMfte in zwei gleiche Teile. Das vordere Ende dieses bis zur Spitze des GenitalhSckers reichenden Septums, geht hier direkt in das EpithelhSrnchen tiber. Von einem Datum kann bei diesem Embryo eigentlich noch nicht die Rede sein, da der Sinus urogenitalis noch nicht often steht, doch erkennt man seine spatere Stelle schon in jener Querfalte, welche den After nach vorn begrenzt und deren Epithel ebenfalls mit dem die ()ffnung des Sinus urogenitalis verschliessenden Epithelpropf zusammenh~tngt. Die ausseren Geschlechtsteile eines etwas ~tlteren, 28 mm langen Embryos (Fig. 2), unterscheiden sich yon denen des vorigen hauptsachlich dadurch, dass die ErSffnung des Sinus urogenitalis bereits erfolgt ist. Statt des frtiher noch kompakten Epithel- pfropfes erkennen wir jetzt einen enge~nKanal, ringsum yon mehr- schichtigem Epithel begrenzt, der an seinem unteren Ende nach vorn zu unmittelbar in eine Rinne mtindet, die durch die Spaltung des hinteren Drittels des Urethralseptums entstanden ist. Der GenitalhScker hat durch die Breitezunahme seines distalen Endes seine frtihere Kegelform mit einer cylindrischen vertauscht; er ist nun 2 mm lang, 1 mm breit und steht, ebenso wie in dem frtiheren Stadium, senkrecht zur L~ngsachse des Rumples. In den vorderen Teilen der unteren Flache des Gliedes erkennen wir noch dieselbe seichte Furche, wie frtiher, im hinteren Drittel des Gliedes aber vertieft sie sich zu einer ausgesprochenen Rinne, die durch die spaltf6rmige Zweiteilung des Urethralseptums entstanden ist. Die ~tusseren Geschlechtsfalten stellen sich grSsser dar, als frtiher; sie sind yon langlicher Form und gehen direkt in den Querwulst des Dammes tiber. Der After liegt noch immer in einer queren Furche; hinter dieser erkennt man bier ebenfalls die zwei knalhScker. Der SchwanzhScker zeigt gegen frtiher eine Reduktion; das HSrnchen am Ende fehlt. Die Untersuchung.der Serie ergibt, dass die Wolffschen G~tnge sich ahnlich verhalten, wie bei dem 20 mm langen Embryo, die Mtillerschen Gange dagegen schon his an die Wand des 714 Franz tIerzog:

Sinus urogenitalis hinabgewachsen sind, ohne aber noch in letzteren frei zu mtinden. Sie sind hier in einiger HShe oberhalb ihres unteren Endes langs einer kurzen Strecke miteinander verwachsen, und zwar so vollkommen, dass die beiden Lumina bereits zu einem einzigen verschmolzen sind. An der Sexualdriise lasst sich bereits mit Bestimmtheit feststellen, dass wir hier ein mannliches Individuum vor uns haben. Die ausseren Geschlechtsteile des Embryos yon 31 mm Rumpflange (Fig. 15) sind denen des. vorigen Embryos ahnlich. Der cylindrische GenitalhOcker weist an der Spitze das Epithel- h(irnchen und an der unteren Flache eine Furche auf, welche his zum Datum reicht und deren hinteres Drittel infolge der Spaltung des Urethralseptums tiefer und breiter erscheint. In diesen Teil der Furche 6ffnet sich der Sinus urogenitalis. Der Genitalh~icker zeigt im Gegensatz zu dem vorigen Embryo eine stark abschtissige Richtung, sodass seine Langsachse mit der des K~rpers fast parallel steht. Die langlich geformten ausseren Geschlechtsfalten umgeben wallartig den Genitalh(icker. Hinter dem noch immer wulstf(irmigen Datum mtindet der Mastdarm, und zwar nicht mehr wie friiher in einer Furche, sondern in einem quer verlaufenden ovalen Griibchen. Dahinter fehlen nun schon die bei den jtingeren Embryonen beobachteten AnalhOcker. Die ganze Umgebung des hfters stellt sich als eine niedrige wallartige Erhebung dar. An den Langsschnitten erkennt man, dass der Mastdarm schon eine ausgesprochene Flexura sacralis besitzt, er krfimmt sich nach vorn gegen den Genitalhiicker hin; das Epithel seines untersten Abschnittes gleicht dem der K6rperoberfl~tche. Der schon sehr unscheinbar gewordene SchwanzhScker wird nach vorn yon einer seichten Furche begrenzt. -- Das Verhalten der Wolffschen und Mtillerschen Gitnge ist ahnlich wie bei dem vorigen Embryo; die letzteren haben sich hinter dem Sinus urogenitalis vereinigt, mfinden aber noch immer nicht mit freier ()ffnung in denselben. Bei genauer Beobachtung finder man aber folgenden Unterschied. Wahrend bei dem Embryo yon 28 mm Rumpflange die Mtiller- schen Gange um vieles dfinner sind als die W olffschen, sind bei diesem Embryo die Mttllerschen die dickeren. Ausserdem kann man an ihnen zwei hbschnitte unterscheiden: einen proxi- malen, der ein offenes Lumen besitzt und mit hohem cylindrischem Entwicklungsgeschichte u. Histologie der mi~nnlichen HarnrShre. 715

Epithel ausgekleidet ist, und einen distalen, der ganz mit grossen, hellen, polygo~alen Epithelzellen ausgeffillt erscheint. Dieses Verhalten :ist nach N a g e 1 charakteristisch ftir das weibliche Geschlecht: der obere, oflene Abschnitt entspricht dem spateren Uterus, der untere, solide der Scheide. Letzterer reicht bis zum Epithel des Sinus urogenitalis. Die Sexualdrfisen zeigen auf ihrer 0berflache ein einschichtiges niedriges Zylinderepithel, yon dem sich stellenweise Epithelstrange in das Inhere der Drtise hineinsenken ; hie und da besteht jedoch das Epithel der Driisen- oberfiache aus zwei bis drei Zellschichten. Die Epithelstr~nge der Drfise enthalten, im Gegensatz zu dem vorigen Embryo, zahlreiche grosse Zellen mit hellem Protoplasma. Das Verhalten tier Sexual- drtisen und der ~i fi l 1e r schen Gimge, sowie die un~erkennbare Rfickbildung des W o 1ffschea KSrpers beweisen hinli~nglich das weibliche Gesehlecht dieses Embryos. Nagel 1) schreibt folgendes fiber die Entwicklung des GenitalhOckers umt der inneren Genitalfalten: ,Zuerst bildet sich, wie allgemein bekannt, die Cloake oder Geschlechtsspalte. Um diese Spalte bilden sich die inneren Genitalfalten, wie ich dieselben nennen mOchte. Der vordere Tell der inneren Ge- schlechtsfalten wachst frei heraus und bildet in der Weise den Genitalh(icker (, ). Der GeschlechtshScker bleibt unten often ; man muss sich namlich vorstellen, dass der Geschleehts- spalt durch das Vorwachsen des vorderen Tells der inneren Geschlechtsfalten gewissermassen in die L'~nge gezogen wird: die vordere Begrenzung des Spalts wird jetzt durch die freie Spitze des aus den inneren Geschlechtsfalten hervorgegangenen Ge- schlechtshSckers gebildet. Bei 20--25 mm langen mannlichen Embryonen fangt der vordere Tell des Geschlechtsspaltes an sich zu schliessen r -- ,Ungefahr zur selben Zeit, wo durch die Schliessung des vorderen Teils des Geschlechtsspalts zuerst ein ausserlicher Geschlechtsunterschied sich bemerkbar macht .... " Dieser Beschreibung stehen Reich e 1s 2) Untersuchungen gegenfiber~ wonach sich bei Schweine-, Kalbs- und Kanincben- ~) W. N a g e 1: Uber die Entwicklung de~ Sexualdriisen und der ~usseren Geschlechtstefle beim ~Ienschen~ Sitzangsberichte der kiiniglich preussischen &kademie der Wissenschaften XXXVIII, 1888, S. 6 if: ~) P. R ei c h e 1: Die Entwicklung der I:[arnblase und tIarnrShre. Verhandl. der Physik. reed. Ges. in Wiirzburg. Neue Folge, Bd. 27, No. 7, 1893. 716 Franz Herzog:

Embryonen der Genitalhticker als unpaariges Organ aus dem vorderen Rand der Kloake anlegt. Aus den Beobachtungen bei den oben beschriebenen drei Embryonen geht deutlich hervor, dass sich der Genitalh6cker auch beim Menschen auf diese Art ent- wickelt: beim Embryo yon 20 mm Rumpflange ist an dem bereits deutlich hervortretenden GeschlechtshScker eine Spaltung des Ure- thralseptums noch nicht nachweisbar; erst bei den beiden alteren Embryonen ist dies der Fall, indem das Septum in seinem hinteren Drittel eine spaltf0rmige Trennung aufweist. Nach N a g e 1 s Beschreibung mtisste man gerade entgegengesetzte Ver- haltnisse finden: d. h. zuerst ein durch eine Spalte geteiltes und dann erst ein einheitliches Glied. Der GenitalhScker ent- wickelt sich also beim Menschen unpaar aus einer Mesenchymwucherung am vorderen Rande der Kloake. Von der unteren Seite senkt sich in diese Wucherung yon Anfang an eine Epithelleiste: das Urethralseptum, welches die Fortsetzung des Kloakenseptums ist. Durch die Spaltung des Kloakenseptums (~ffnet sich der Darm und tier Sinus uro- genitalis. Die Er5ffnung beginnt hinten, sodass zuerst das Rektum auf der. KSrperoberfittche mtindet, wie ich das bei dem Embryo yon 20 mm Rumpflange feststellen konnte. Wenn sich also der GenitalhScker nicht dutch das Vorwachsen der inneren Geschlechtsfalten bildet, in welchem Falle an seiner unteren Fl~tche yon vornherein ein oftener Spalt vorhanden sein mtisste, so fMlt nattirlich auch der yon Nagel angegebene erste Geschlechtsunterschied weg, der darin bestehen soil, dass bei mt~nnlichen Embryonen diese Spalte yon ihrem vorderen Ende ausgehend sich schon auf einer sehr frfihen Stufe zu schliessen beginnt. Bei den Embryonen yon 28 und 31 mm Rumpfl~nge (Fig. 2 und 15) ist der Damm schon entwickelt und nun mfindet auch schon die Urethra auf der unteren Flache des Genitalh0ckers in einer durch die Spaltung des hinteren Drittels des Urethral- septums entstandenen Rinne frei aus, der proximale Tell dieser Rinne hat sich auf einer kurzen Strecke sogar schon zur Harn- rShre geschlossen. Die vorderen zwei Drittel des Urethral- septums sind noch nicht gespalten. Der lJ'bergang yon vorigem zu diesem Stadium vollzieht sich folgendermassen. Der Perineal- sporn ist welter hinabgewachsen und die durch die Spaltung des Entwicklungsgeschichte u. Histologie der mi~nnlichen Harnriihre. 717

Urethralseptums entstandenen inneren Geschlechtsfalten haben sich in ihrem hintersten Abschnitte miteinander vereinigt. Diese beiden Vorgange: das Herabwachsen des Perinealsporns und die u der inneren Geschlechtsfalten stellen eigentlich analoge Prozesse dar: der Perinealsporn erreicht ngtmlich die KSrper- oberflache nicht dadurch, dass er in der Richtung der Langen- achse des KOrpers gegen dieselbe hinwachst, sondern er nahert sich ihr dadurch, dass die leistenartig hervorstehenden Gewebs- teile, in die er distal seitlich iibergeht (die Seitenwande der Kloake, welter unten die Wande der Dammfurche), sich einander nahern und miteinander in der Mittellinie verwachsen. Ftir diese Art der Entwicklung spricht die yon R e i c h e 1 an der vorderen Wand des Rektums beobachtete Raphe und ebenso eine Art Raphe an der hinteren Wand der Urethra, die ich bei allen yon mir untersuchten gmbryonen nachweisen konnte. In Bezug auf die Entwicklung der Umgebung des Alters beobachtete ich Folgendes. Bei dem Embryo yon 20 mm Rumpf- lange (Fig. 1) mtindet das Rektum in einer Querfurche, hinter welcher sich die beiden AnalhOcker befinden, hinter diesen erhebt sich der yon einer bogenfSrmigen Furche begrenzte SchwanzhScker. Der After liegt also in einer Vertiefung zwischen dem GenitalhScker und dem SchwanzhScker. Bei den Embryonen yon 28 und 31 mm Rumpftange (Fig. 2 und 15) finden wit den After noch immer in einer .queren Furche, die bei letzterem Embryo allerdings bereits mehr einem ovalen Griibchen ahnlich sieht. Bei ersterem sind die AnalhScker noch vorhanden, bei letzterem sind sie sehon verschwunden und der After erscheint yon einer wallartigen Erhebung umgeben, welche hinten und seitlich yon ihm am hOchsten ist. Bei beiden Embryonen ist der Datum schon entwickelt und der SchwanzhScker niedriger; der After liegt daher in einer seichteren Vertiefung. Die beschriebene Verlmderung leitet sich folgendermassen ein : nach der Entwicklung des Dammes hat sich der After aus einer queren Furche in ein ovales Griibchen verwandelt; wahrend der SchwanzhScker in seinem Wachstum zuriickbleibt,, erfahrt die unmittelbare Um- gebung des Mters eine starkere Entwicklung, wodurch sich die Vertiefung, in welcher das Rektum miindet, zum Teil ausftillt. T o u r n e u x 1) erklart die Entstehung des Dammes durch 1) F. T o u r n e u x : Sur le d~veloppement et l'evolution du Tubercule 718 Franz Herzog:

das Herabwachsen des Perinealsporns. Ware diese Auffassung richtig, so mtisste man annehmen, dass die Hautstrecke am Datum entodermalen Ursprungs sei; das ware abet ein ganz beispielloses Verhalten, da die Oberhaut tiberall sonst nach- weisbar dem Ektoderm entstammt. Aus diesem Grunde und ebenso mit Rticksicht auf die oben erwahnten Raphebildungen muss ich Reichels Ansicht in Bezug auf die Entwicklung des Dammes ftir die richtige halten, welche Ansicht dieser Forscher in folgenden Worten zusammenfasst: ,Ich habe reich, wie aus vorstehenden Untersuchungen zur Gentige hervorgeht, iiberzeugt, dass der Datum durch Verwachsung der Wande der Dammfurche sich bildet". Reichel hatte friiher den Analh6ckern eine wichtige Rolle bei der Bildung des Dammes zugeteilt, yon welcher Ansicht er aber spater zurtickgekommen ist, wie dies aus den zitierten Zeilen hervorgeht. Dass an der Bildung des Dammes die beiden Analh6cker keinen hnteil haben kSnnen, beweist die Beobachtung yon Touraeux und Nagel, wonach die Analh0cker auch bei Embryonen noch vorhanden waren, bei welchen sich der Datum schon entwickelt hatte. Diese Be- obachtung kann auch ich bestatigen: bei dem Embryo yon 28 mm Rumpflange finale ich bei bereits entwickeltem Datum die Anal- h6cker noch vor. Einen Beweis dafiir, dass der Datum durch Verwachsung ektodermbedeckter Gewebe entsteht, bietet ferner der Umstand, dass nicht nut der Datum, sondern auch die Portio analis des Rektums ein Epithel aufweist, alas ganz den Typus des ekto- dermalen mehrschichtigea Epithels zeigt. lqach R e i c h e 1 s Ansicht sollen die Analh6cker bei der Bildung der Portio analis des Rektums eine wichtige Rolle spielen, indem ,.die ursprtlnglich sich hinter der Kloake er- hebenden Analhiicker gleichzeitig mit ihrem Wachstum sich nach vorn schieben, mit ihren vorderen Enden sich an die hinteren tier Genitalfalten legen und gemeinsam mit diesen in der Median- linie untereinander und nach oben mit dem septum Douglasi verwachsen, so eine besondere Analportion des Mastdarmes bildend". )~hnlich lautet die Beschreibung Tourneuxs. Nach meiner ~_nsicht lasst sich das Entstehen und Verschwinden der g~nital chez le foetus humain. Journal de l'anatomie et de la physiologie. T. XXV, 1889, S. 240. Entwicklungsgeschichte u. Histologie der m~nnlichen HarnrShre. 719

AnalhScker und die Entwicklung der Portio analis einfach auf folgende Weise erklaren. Zur Zeit der ErSffnung des Mast- darmes erfolgt eine Wucherung der den After umgebenden Gewebe; diese Wucherung ist aber zun~tchst nicht gleichm~ssig, sondern findet ihren H6hepunkt hinter dem After, sodass hier besondere Htigelchen. entstehen: die Analh6eker R e i c h e 1s. Bald aber greift die Wucherung auch auf die beiden Seiten des Afters tiber, wodurch hier ebenfalls Erhebungen zustande kommen, die dann mit den &nalhOckern zusammenfliessen. Hierdurch m/lssen diese als selbst~tndige Bildungen ver- schwinden lind muss sich um den After herum eine wallartige Erhebung bilden, welche am Datum- am niedrigsten ist. Diesen Wall, den Tourneux ,bourrelet anal" nennt, beobachtete ich an dem Embryo yon 31 mm Rumpflange (Fig. 15). Infolge dieser Wallbildung und ebenso durch die Entwicklung des Dammes kommt die MastdarmSffnung allm~thlich tiefer zu liegen. Diese Offnung entspricht jedoch keineswegs dem endgiltigen After, denn die sie begrenzenden Teile, n~tmlich der hintere Ab- schnitt des prim~ren Dammes und die Innenflache jener wall- f6rmigen Erhebung tragen in der Folge zur Bildung des Mast- darmes bei. Sie bilden die Portio analis recti, deren Epithel schon bei dem Embryo yon 31 mm Rumpflange mit dem Epithel des Integuments tibereinstimmt; auch bei grSsseren gut kon- servierten Embryonen ist die Grenze des dem Ektoderm ent- stammenden Epi~hels gegen das Entoderm deutlich erkennbar (z. B. bei den Embryonen yon 65 und 120 mm Rumpflange). An dem 28 mm langen mhnnlichen und dem 31 mm langen weiblichen Embryo hot sich mir Gelegenheit, das erste Auf- treten derGeschlechtsunterschiede anden,,tusseren G enitalien zu beobachten. Bekanntlich wird das Sichtbar- werden dieser Differenzen auf das Ende des dritten Monats verlegt. Meine Beobachtungen zeigen, dass bei genauer Be- trachtung jene Unterschiede sich schon in einer fr~heren Epoche (AnfaElg des 3. Monats) nachweisen lassen. u man die ~usseren Genitalien d'er beiden genannten Embryonen miteinander, so findet man, dass diese im allgemeinen einander ziemlich ~hnlich sind: namentlich besteht in der L~tnge und Dicke des GenitalhSckers und ebenso in dem Verhalten der Geschlechts- falten kaum ein Unterschied. Und doch wird man bei genauer 720 Franz tterzog:

Beobachtung einen Unterschied feststellen kSnnen, besonders wenn man die Embryonen in einer bestimmten Richtung halt. Betrachtet man namlich die Geschlechtsgegend yore distalen KSrperende her, so fallt die starke Abwartsbiegung des weib- lichen GenitalhSckers auf, wahrend bei dem mannlichen Embryo der GenitalhScker nahezu senkrecht zur Langsachse des KSrpers steht (siehe Fig. 15 und 2). Bei der Betrachtung yon der Seite her wird die Beobachtung dieses Verhaltens durch die gegen den Bauch gekrtimmten unteren Extremitaten erschwert. Auch bei. gr5sseren weiblichen Embryonen lasst sich stets diese far ihr Geschlecht charakteristische Richtung des Genitalh(ickers nach~eisen: so nahm an einem weiblichen Embryo yon 40 mm Rumprlange die Clitoris geradezu eine der Langsachse des KSrpers paraliele Stellung ein, daher die Querschnitte des KSrpers auch die Clitoris quer durchschnitten zeigen; auch bei einem weib- lichen Embryo yon 57 mm Rumpflange ist ausser bereits vor- handenen anderwartigen Geschlechtsunterschieden die starke Abwartsbiegung der Clitoris auffallend. Bei mannlichen Em- bryonen hingegen steht der GenitalhScker nach wie vor immer mehr oder weniger senkrecht zur Langsachse des K(irpers. So kann man also sagen, dass die am hnfang des dritten Monats auftretende Abwartsbiegung des Genital- hockers beim weiblichen, und deren Ausbleiben beim mannlichen Embryo das erste ausserliche Zeichen ist, woran man das Geschlecht des Embryos erkennen kann. Das mannliche Geschleeht des Embryos yon 45 mm Rumpf- lunge (Fig. 3)ist schon an den ausseren Genitalien durch die Entwicklung des leicht erkennbar. Die Form und Lage der ausseren Geschlechtsfalten hat sich ver~ndert: wahrend sie bei den vorigen Stadien zu beiden Seiten des Penis ihre grSsste Breite erreichten, verbreitern sie sich jetzt hinter dem Penis. wo sie sich in der Medianlinie unter Bildung einer Raphe zum vereinigen, welches aber yon seiner endgiltigen Form noch welt entfernt ist und die Wurzel des Penis sichelfSrmig umgibt, iDer Genitalh(icker dieses Embryos ist nicht mehr cylindrisch~ sondern eher konisch zu nennen und wird durch eine zirkulare Einschntirung in zwei Teile geteilt: der distale Teil, der nach wie vor mit einem EpithelhSrnchen versehen ist, ent- Entwicklungsgeschichte u. Hi~tologie der m~nnlichen HarnrShre. 721 spricht der Eichel, der proximale dem Schafte; dieser hbschnitt hat auf seiner unteren Flache eine dutch die Spaltung des Ure- thralseptums entstandene Rinne, welche abet nicht his zur Eichel reicht. Die R~nder dieser Rinne sind an der Wurzel des Penis bereits zusammengewachsen: bier hat sich die Rinne also schon zur ttarnrShre geschlossen. Der Mastdarm endet ausserlich in einem Grfibchen, das im Gegensatz zum vorigen Stadium nunmehr in sagittaler Richtung lt~nger ist und yon einer ebenso verlaufenden ovalen Erhebung umgeben wird. An etwas gr(isseren Embryonen (60, 65, 68, 70 mm Rumpf- lange, s. Fig. 4, 5 und 11) erkennen wit eine neue Erscheinung: auf der unteren Fl~che des kegelfbrmigen GeschiechtshSckers hinter der Eichel erscheint nun eine breite, fiache Vertiefung: die schon so oft beschriebene ,rautenf(irmige Grube", in die die bereits geschlossene Harnriihre yon hintenher m finder. Die Entstehung dieser Grube li~sst sich daraus erklaren, dass an der betreffenden Stelle nach der Spaltung des Urethralseptums, die Rander der Spalte anstatt, wie welter hinten, sofort mit- einander zu verschmelzen, sieh im Gegenteil fiach auseinander- idgen und sich erst langsam zur Verwachsung anschicken. Bei den ersten dreien der in Rede stehenden Embryonen liegt der breitere Tell der rautenfSrmigen Grube nlther zur Eichel, bei dem Embryo yon 70 mm Rumpflange naher zur Wurzel des Penis. Dieser Unterschied ist in Folgendem begrfindet: das distaie Ende der Grube liegt bei allen vier Embryonen an der- selben Stelle, namlich an der hinteren Grenze der Eichel (in der Eichel hat sich das Urethralseptum noch bei keinem der Em- bryonen gespalten); nan verwachsen proximal allm.~thlich die Ri~nder der Grube, wodurch der proximaie schmalere Tell derselben verschwindet; infolgedessen wird also die Grube bei ~.lteren Embryonen eine distalwarts verengte Gestalt aufweisen mtissen. Bei allen vier Embryonen finden sich an den Randern der rauten- fSrmigen Grube unregelm~,tssige Wucherungen des Epithels, die sich auf die Eichel fortsetzen and bier mit dem EpithelhSrnchen zusammenh~,tngen, welches sich fiber dem noch nicht gespaltenen Urethralseptum der Eichel befindet. Das Scrotum besteht bei diesen Embryonen aus zwei elliptischen Htigeln und zeigt in der Medianlinie eine starke Raphe, die sieh vorn auf die untere Flache des Penis his zur rautenf~rmigen Grube und rfickwarts 722 Franz Herzog:

auf den Damm fortsetzt. Die hintere Grenze der Eichel ist an dem kegelf0rmigen Penis deutlich zu erkennen; sie ~vird aber nicht so sehr durch eine Einschnfirung gekennzeichnet, wie auf tier frtiheren Stufe, als vielmebr durch eine zirkuli~re Epithel- und Bindegewebswucherung, die, als erste An]age des Praputiums, ohne ausserlich einen Vorsprung zu veranlassen, durch das Epithel tier Eichel hindurchschimmert. Jene Furche, die frtiher diese Grenze bezeichnete, ist jetzt ganz seicht geworden, um bei dem Embryo yon 68 mm Rumpfl~nge (Fig. 11) vollkommen zu versehwinden, wie das namentlich an dem Wachsmodell mit Bestimmtheit fest- gestellt werden konnte. An Querschnitten lasst sich feststellen, dass das Urethral- septum in der Eichel noch nicht gespalten ist, und dass es sich an der Spitze tier Eichel tiefer in das Bindegewebe senkt, als an deren Basis. An der Spitze ist es nahe zur Oberfiache dtinner, als im Innern der Eichel, an der Basis dagegen zeigt es gerade an seiner oberflttchlichen Partie eine Verbreiterung. Dieser breite oberfl~tchliche Teil des Urethralseptums ist es, der sich hinter der Eichel spaltet, wodurch die rautenf6rmige Grube entsteht, w~thrend tier schmale tiefliegende Tell sich in der ganzen L~nge dieser Grube unverttndert erhMt, um sich erst weiter hinten im Bereich des gesehlossenen Teiles der Harn- rShre zu spalten und in deren Lumen tiberzugehen. Die Harnr6hre der Embryonen yon 60 und 65 mm Rumpf- lange mtindet unmittelbar in das proximale Ende der rauten- fSrmigen Grube. Dieses Verhalten andert sich bei dem Embryo yon 68 mm Rumpflange: hier zieht die HarnrShre eine Strecke weit schon als geschlossenes Rohr dem Boden der Grube entlang nach vorn, um sich erst an der Grenze des proximalen und mittleren Drittels der Grube in einer Querspalte zu ertiffnen; im proximalen Drittel der Grube ist die Harnr(ihre schon geschlossen (Fig. 11 und 12) Die Mtindung der Harnr(~hre verschob sich also infolge des Verwachsens der am Grunde der Grube befind- lichen Langsfalten nach vorn, w~hrend der entsprechende Teil der rautenf(irmigen Grube noch often geblieben ist, da sich ihre Ri~nder noch nicht vereinigten. Erst bei dem Embryo yon 70 mm Rumpflt~nge (Fig. 5) leitet sich nun auch dieser Vorgang ein: die Rander der Grube nahern sich nun in deren proximalem Abschnitt und verWachsen fiber der schon geschlossenen Urethra Entwicklungsgeschichte u. Histologie der m~nnlichen HarnrShre. 723 miteinander. Dadurch verandert sich das Bild betr~chtlich: die Grube erscheint nun ktirzer, weist eine andere Form auf, indem sie sieh distal verschmalert und nimmt nun auch wieder un- mittelbar an ihrem proximalen Ende die Mtindung der Harn- rShre auf. Bei dem n~chstfolgenden ~Embryo (72 mm Rumpflange) erscheint der Penis cylindrisch, an der Spitze und unteren Flache der Eichel, durch deren Epithel der Rand des Pr~putitims wie fr5her durchschimmert, erkennen wir noch immer das Epithel- hSrnchen. Die rautenfSrmige Grube ist nun vSllig verschwunden, an ihrer Stelle sehen wir eine schmale L~ngsfurche, seitlich yon zwei Epithelfalten umfasst. Die Furche entsprieht nicht etwa einem noch offenen Tell der gesamten Urethralfurche, denn diese ist hier bereits geschlossen -- die Urethra 5ffnet sich erst am distalen Ende der Furche, dicht hinter der Eichel -- sie ist viel- mehr als ein Rest der einstmaligen Urethralfurehe, als der ober- fl~chlichste Teil dieser Furche aufzufassen, welcher sich tiber dem bereits geschlossenen tieferen Teil noch nicht verschlossen hat. Die Furche lasst sich bis auf die Wurzel des Gliedes ver- folgen: erst hier vereinigen sich die sie zwischen sich fassenden Epithelfalten, um in die Raphe des Scrotums und des Dammes iiberzugehen. In der Eichel selbst ist das Urethralseptum noch nicht gespalten. Gehen wir mm zu zwei entwickelteren .Embryonen, zu solchen yon 80 (Fig. 6) und 105 mm Rumpflange (Fig. 7, 13, und 14:) fiber, so finden wir, dass die Geschlechtsteile derselben ~usserlich denjenigen des zuletzt beschriebenen Embryos im ganzen und grossen gleichen; wahrend sich jedoch bei letzterem und auch noch bei dem 80 mm langen Embryo die Mtindung der HarnrShre noch hinter der Eichel befindet, 5ffnet sich bei dem 105ram langen Embryo die Harnr~hre scbon auf der unteren 0berflache der Eichel Dies spricht entschieden ftir die Richtigkeit der Beschreibung Reichels, nach welcher die Harnr0hre auch in der Eichel in derselben Weise gebildet wird, wie im Schaft des Gliedes, n~tmlich dutch Spaltung des Urethralseptums und darauf- folgenden Verschluss .des so entstandenen Spaltes~ mit d~m Unterschiede jedoch, dass w~hrend diese Spaltung im Bereich des Schaftes rascherfolgt und sich als breites Aus- Archiv f mikrosk. Anat. Bd. 63. 47 724: Franz Kerzog: einanderweichen der Rander aussert, sie an der Eichel nur langsam vor sich geht und niemals zur Bildung einer welt offenen Spalte ffihrt. Die Folge dieser Art tier Entwicklung ist, class die HarnrShre am Schafte in einer breiten Furche, in der rautenf6rmigen Grube, an der Eichel hingegen nur in einem engen Spalt m~indet. Bei dem Embryo yon 105 mm Rumpfl~nge umfasst das Gebiet der Eichel, wo sich das Urethralseptum spal~et und zur ttarnrShre umgestaltet, acht Schnitte yon 20 !1, also eine Ausdehnung yon 0,16 mm; die HarnrShrenm~indung ist, teils wegea ihrer Kleinheit, teils wegen der sie umgebenden Epithelwucherungen mit freiem Auge gar nicht zu erkennen. Der Penis ist bei den soeben besprochenen zwei Emb~onen eher yon cylindrischer als konischer Form; das EpithelhSrnchen der Eichel erscheint bereits kleiner als bei jfingeren Embryonen. Eine wesentlich andere Beschreibung gibt Nag el yon der Bildung des Eichelteils der HarnrShre. Darnach soll sich dieser Teil der HarnrShre noch vor dem Verschluss der rautenf6rmigen Grube, und zwar auf folgende Weise entwickeln: bevor noch alas Urethralseptum eine Spaltung erfahren hat, wuchert das Binde- gewebe zu beiden Seiten des Septums oberflachlich zu zwei Falten heran, die sich fiber dem Septum vereinigen und es yon der Oberflt~che abschnfiren. Die abgeschnfirte Epithelleiste ist anfangs vollkommen solid, mit anderen Worten: die Anlage der HarnrShre stellt sich als ein mit Epithel vollkommen gef~illtes Rohr dar. Wenn sich dann die rautenfSrmige Grube hinter der Eichel geschlossen hat, spfilt der Harn den Epithelpropf aus dem Eichelteil der Urethra heraus, wodurch auch dieser Teil ein Lumen erh~lt. Dieser Prozess soll nach Nagel 1) bei Embryonen yon 5 cm Rumpfl~nge bereits beendet sein. Dieser Beschreibung schliesst sich neuerdings auch Z u c k er k a n d 13) auf Grund der Untersuchung zweier Embryonen yon 8 uad 7,2 cm an. Bei letzterem Embryo sind nach Z u c k e rkan dls Beschreibung die Rander des Bindegewebes in der Eichel bereits zu einer schmalen Brficke verwachsen ohne dass die Spaltung des Urethral- septums erfolgt ware. Dieser 30 !~ breiten Brfieke entsprechend

1) W. N a g e 1: Entwicklung und Entwicklungsfehler der weiblichen Genitalien, Handbuch der Gyn~kologie, Bd. I, 1897. ~) E. Zuckerkandl: Anatomische Einleitung, in A. Frisch und O. Z u ~ k e r k a n d 1, Handbuch der Urologie, 1903, S. 84. Entwicklungsgeschichte u. Histologie der mi~nnlichen HarnrShre. 725

hat sich also schon die mit Epithel gefiillte HarnrShre entwickelt; vorund hinter dieser Stelle aber ist das Urethralseptum noch unverhndert. Nach meinen eigenen Untersuchungen muss ich, wie gesagt, in Bezug auf die Entwicklung der Harnr0hre in der Eichel Reichel Recht geben. Bei dem Embryo yon 105 mm Rumpf- l~tnge finde ich die rautenfSrmige Grube schon geschlossen; die Mtindung der HarnrShre befindet sich ungefahr in def. Mitre der unteren Oberiiache der Eichel; vor dieser Stelle ist das Urethral- septum noch unverandert. Beztiglich der Angabe Nagels, dass die Bildung der Pars glaadularis urethrae bereits bei 5 cm langen Embryonen abgeschlossen sei, m6chte ich hervorheben, dass ich selbst bei den Embryonen yon 60, 65, 68, 70, 72 und 80 mm Rumpflange noch ein volikommen unverandertes. Urethralseptum finde, ohne Spur weder einer Spaltung, noch aber, wie dies N a g e 1 beschreibt, einer hbschntirung dieses Septums yon der Oberflache durch Wucherung des benachbarten Bindegewebes; das Urethral- septum h,~tngt nach wie vor mit dem Epithel der Oberflache der Eichel zusammen. Wie bereits andere Forscher beobachtet und erwahnt haben, finde a.uch ich, dass sich in tier Eichel die Spaltung des Uretl~ral- septums zunachst auf deren oberfli~chliche Teile beschrankt und dass die Spaltung erst zu einer Zeit in die Tiefe greift, wo sich die Rinne oberfli~chlich bereits zu einem Rohr geschlossen hat (Fig. 14). Damit hangt zusammen, dass die Lichtung der Urethra in der Eichei anfangs ausserordentSch schmal ist. Bei dem Embryo yon 120 mm Rumpflange (Fig. 8.) befindet sich die Urethralmiindung schon fast ian ihrer endgiltigen Stelle, der Eichelteil der HarnrOhre wird aber noch zum grOssten Teil yon Epithel ausgeftilk, sodass sich die Lichtung auf eiuen engen, der unteren Wand der Urethra n~her gelegenen Spalt beschri~nkt. Bei den Embryonen yon 180 und 190 mm Rumpflange hat endlich die Mtindung der HarnrShre inre endgiltige Stelle voll- kommen erreicht; auch erseheint ihre Lichtung nun schon etwas weiter. Bei den drei letzten Embryonen weist das Glied nicht mehr die frtihere cylindrische Form auf, sondern ist mehr einem um- gekehrten Kegel ahnlich, d.h. es verdickt sich kolbenf0rmig nach seinem Ende zu. Das EpithelhOrnchen ist nunmehr verschwunden, 47* 726 Franz Herzog: daher auch der Rand des PrSputiums als ringf6rmige Linie um die Harnr6hrenmtindung durch das Epithel der Eichel durch- scheint. Die weitere Entwicklung bringt keine wesentlicheren Umgestaltungen mehr, da sich die M~indung der HarnrShre ja schon an ihrer endgiltigen Stelle befindet; wohl wird der Penis grOsser, doch vert~ndert sich seine Form bloss dadurch, dass das Praputium welter nach vorn w~tchst, um schliesslich nicht nur die ganze Eichel zu bedecken, sondern auch vor ihrer Spitze laervorzuragen. Aus den vorangehenden Beschreibungen mSchte ich in Bezug auf das ,Epithelh6rnchen" zusammenfassend hervorheben, dass es bei Embryonen yon 20--100 mm Rumpflange nachweisbar ist. Ob es einfach abgestossen wird, oder ob die es bildenden Epithel- zellen bei dem Wachstum der Eichel eine Verwendung finden, in welchem Falle man das tt~rnchen als eine Art Reservematerial auffassen kSnnte, vermag ich nicht zu entscheiden, doch ist mir erstere Auffassung wahrscheinlicher, besonders mit Rticksicht auf die unregelmassige, manchmal geradezu verzweigte Form der Epithelwucherung. 2. Entwicklung des Praputiums. ~Nach T o u r n e u x leitet sich die Entwicklung des Pr~putiums damit ein, dass sich an der Basis der Eichel eine ringfOrmige, oder richtiger hufeisenfSrmige, aus Bindegewebe bestehende Falte erhebt, welche nur die untere Seite des Penis frei lttsst. Diese Falte wachst in schief distaler Richtung in das Epithel der Eichel hinein und teilt es in zwei Schichten: in eine aussere, die dem Epithel der ttusseren Oberiiache des Praputiums entspricht und in eine innere, die den Raum zwischen dem Praputium und tier Eichel einstweilen vollkommen ausft~llt (epithelium balano-pr~putial, intermediaire). Aus diesem gineinwachsen der Bindegewebs- fatte in das Epithel erklart sich Tourneux 1) die Beobachtung, dass sich auf der inneren Flache der Falte keine cylindrischen Epithelzellen finden, wie sie for die tieferen Schichten eines geschichteten Plattenepithels charakteristisch sind. Mit anderen Worten: das primare bindegewebige Pr~tputium wachse in das Epithel als reine Bindegewebsfalte hinein, ohne zunttchst mit einem eigenen Epithel versehen zu sein. Erst sekund~tr soll yon

~) loe. eit., S. 246. Entwicklungsgeschichte u. Histologi'e der miinnlichen HarnrShre. 727 der Corona glandis aus eine Schichte kubischer Epithelzellen sich auf die untere Flache jener Fake erstrecken, die man nunmehr als das eigene Epithel der spateren inneren Fl~che auffassen kann. Von den mir zur Verftigung stehenden Embryonen ergaben sich ftir das Studium der Entwicklung des Praputiums mehrere Embryonen als geeignet. Meine Befunde sind folgende: An dem Penis des Embryos yon 45 mm Rumpflange (Fig. 3 und 16) bezeichnet eine deutlich erkennbare ringfSrmige Einschntirung die Grenze yon Eichel und $chaft. Im Bereich dieser Einschntirung besteht das Epithel aus mehr Schichten, als an anderen Stellen der Oberfiache des Genitalh0ckers; auch farben sich hier die Zellkerne etwas besser als im Epithel der Eichel, wo nur die Kerne der untersten Zellschichte sieh der F~rbung zugi~nglich zeigen. Bei den Embryonen yon ~0 und 65 mm Rumpfiange (Fig. 4) erscheint die zirkul~tre Furche nicht mehr so deutlich ausge- sprochen; dafiir aber erkennt man an den Schnitten (Fig. 17), dass entsprechend jener Furche hinter der Eichel yore Epithel her eine ringf0rmige Leiste in das Bindegewebe hineingewachsen ist, mit Ausnahme der unteren Fli~che des GenitalhSckers. Sie steht nicht genau senkrecht zur Obertiache des Gliedes, sondern schlagt eine schief gegen die Wurzel des Penis geneigte Richtung ein. Auch liegt sie, der Form der Eichel entsprechend, an der dorsalen Seite weiter hinten, als seitlich. Die hinter der Epithelleiste befindliche Bindegewebsfalte entspricht dem Praputium; sie ist an ihrer unteren Flache, im Gegensatz zum Cylinderepithei der Eichel, yon einer niederen Pflasterepithellage bedeckt. An Querschnitten ist dieses Epithel schwer zu erkennen, an Langsschnitten jedoch kann man es leicht Yon den aus mehreren $chichten bestehenden Zellen der Epithelleiste unterscheiden. Bei dem Embryo yon 72 mm Rumpflange bedeckt das Pritputium ein Ftinftel, bei dem yon 80 mm Rumpflange ein "llnU Viertel der Eichel. Die Epithelleiste steht bei beide~:- er 45 o zur Oberit~tche, i ndem me. smh. nach riickwarts neigt _~1 .g. 18, 19). Durch das Epithel der Eichel scheint der Rand des Praputiums durch (Fig. 6) ; infolgedessen glaubt man bei tier Betrachtung mit freiem Auge oder mit der Lupe hinter tier Eichel eine Ein- schniirang zu sehen: dies ist jedoch eine optische Tauschung, denn bei den Embryonen dieses Alters ist die Einschntirung 728 Franz Herzog: schon verschwunden, wie ich reich sowohl an Langsschnitten bei den Embryonen yon 70--80 mm Rumpfiange, wie auch an dem Wachsmodell des Embryos yon (:8 mm Rumpfiange (Fig. 11) iiberzeugen konnte; die Einschntirung wird nun dutch das Praputium vollkommeli ausgeftillt. An der Eichel des Embryos yon 105 mm Rumpfiange (Fig. 7 und 13) ist der freie Rand des Praputiums nicht sichtbar, da er durch das EpithelhOrnchen und die auf der unteren Flache der Eichel befindliche Epithelwucherung bedeckt wird. An den ersten Querschnitten dieser Serie sieht man nut das Epithel- h6rnchen, an den folgenden schon den dorsaien Teil des Praputiums und erst Spater fitllt auch die Spitze der Eichel in den Schnitt. Das Praputium ist also auf der dorsalen Oberflache der Eichel schon vor deren Spitze hervorgewachsen, was auch auf dem Wachsmodell dieses Embryos siehtbar ist (Fig. 14). In den Schnitten, in denen bereits die Spitze der Eichel getroffen ist, sieht man das unver'~nderte Urethralseptum; etwas welter hinten spaltet sich dieses Septum, freilich zunachst .nur oberflachlich. In diesen sehr schmalen Spalt mtindet die Harnr0hre auf der unteren Flache der Eichel. Im 57. (20 p dicken) Schnitt hinter der Eichelspitze ist die HarnrShre schon geschlossen; ihrer unteren Wand entsprechend erhebt sich das Bindegewebe zu einer Langsfalte, der ersten Anlage des Frenulums.. Dieses ver- wachst 0.2 mm welter rfickwarts mit den Schenkeln des Praputiums. Sowohl in der epithelialen Praputialleiste, wie in dem Urethral- septum erkennt man zahlreiche Epithelperlen (Fig. 21). Bei dem Embryo yon 120 mm Rumpflange (Fig. 8) hat sich der vor dem Frenulum liegende Teil der Eichel grSsstenteils, bei dem Embryo yon 180 mm Rumpfiange schon v~llig entwickelt ; bei beiden reicht das Praputium vor die Spitze der Eichel. Da das Epithelh0rnchen versehwunden ist, wird der Rand des Pra- putiums, welcher die Harnr6hrenmtindung ringf~irmig umgibt, nunmehr wieder sichtbar. Vergleiehe ieh diese Daten mit der Beschreibung Tour- neux's, so komme ich zu folgendem Ergebnis: Die erste Veranderung, welche mit der Entwickiung des Praputiums in Verbindung gebracht werden kann, hat ihren Sitz nicht in dem Bindegewebe, wieTour- neux behauptet, sondern im Epithel, dessert Zellen Entwicklungsgeschichte u. Histologie der mannlichen HarnrShre. 729 sich in der Einschniirung hinter der Eichel lebhaft v e r m e h r e n. Nun w~chst aus dieser Epithelverdickung eine Leiste in das Bindegewebe hinein. Dass es sich bier um ein Hineinwachsen des Epithels in das Bindegewebe und nicht um- gekehrt am ein Hineinwachsen des Bindegewebes in das Epithel, wie es Tourneux beschreibt, handelt , kann man schon daraus folgern, dass die Bindegewebsfalte anfangs dick ist and nicht scharf und diinn, wie es wohl der Fall sein mi~sste, wenn Tour- n eux' s Beschreibung richtig w~re. Auch spricht gegen letztere, dass die Epithetleiste anfangs fast senkrecht zur Oberflache steht. T our n e u x begriindet seine Ansicht hauptsachlich damit, dass die Bindegewebsfalte anfangs kein eigenes Epithel besitze; erst spater soll die tiefe cylindrische Lage des Eichelepithels vom Sulcas coronarius her auf beide Flachen des zun~chst rein binde- gewebigen Praputiums sich erstrecken, eine aus kubischen Zellen bestehende Schichte bildend, welche nunmehr das Bindegewebe yon dem Epithel der Eichel trennt. Nun muss man sagen, dass ein derartiger Entwicklungsvorgang, bei dem eine Bindegewebs- platte direkt zwischen die Zelllagen eines Epithels hineinwachst, yon vornherein wenig Wahrscheialichkeit fiir sich hat. Meine Praparate sprechen aber auch noch direkt dagegen. Querschnitte sind allerdings fiir die Untersuchung nicht giinstig and man k~nnte auf solche hin zu ~hnlicher Anschauung kommen; wie sie T ourneux vertritt; untersucht man aber die Verhaltnisse an Langsschnitten, so erkennt man, dass die bindegewebige Praputial- falte aaf beiden Seiten yon einer besonderen, ihr eigenen, aus niedrigen Zellen bestehenden Epithellage begrenzt wird, die auf tier Innenseite der Falte ziemlich scharf yon den Epithelzellen des Sulcus retroglandularis unterschieden werden kann (Fig. 17, 18 und 19). Das Pr~putium besitzt also schon yon vornherein ein eigenes Epithel, welches aber nicht aus cylindrischen, sondern aus niedrigen Zellen besteht. Auf Grund-der Untersuchung der mir zur Verfiigung stehenden Embryonen kann ich also yon der Entwicklung des Pr~putiums folgende Darstellung geben. In der hinter der Eichel befindlichen Einschniirung unterliegen die Epithelzellen einer lebhaften Yermehrung (Embryo yon 45 mm Rumpflange). Aus diesem dickeren Epithel w~chst bald eine ringfSrmige Leiste in das Bindegewebe hinein, welche Leiste aber auf der unteren 730 Franz Kerzog:

Oberflache des Penis, wo sich die HarnrShre noch nicht ge- schlossen hat, fehlt. Die Leiste steht anfangs fast senkrecht zur Oberfi~che des Penis, sie erscheint nur ein wenig gegen dessert Wurzel gerichtet und ist an der ,dorsalen Oberflache yon der Spitze der Eichel weiter entfernt, als an den Seiten. Mit der Entwicklung dieser Leiste, deren innerer Rand dem Sulcus cor0narius entspricht, ist die Grenze der Eichel und des Praputiums gegeben (Embryo yon 60 mm Rumpfl~tnge); die dicke Binde- gewebsfalte hinter der Epithelleiste entspricht dem Praputium. Diese Falte ist nattirlich auch nur an der oberen und den seitlichen Oberfiachen des Penis vorhanden und fehlt an dessen unterer Oberfl~lche; sie besitzt ein eigenes Epithel und wachst wahrend der weiteren Entwicklung gegen die Spitze und gegen die Untere Flache der Eichel. Ihr Wachstum in ersterer Richtung geschieht so, dass sie mit ihrem Rand sich in das dicke Epithel der Eichel hineindrangt, aber nicht als nackte Lage, sondern in der Weise, dass sie die Basaltage des Epithels sozusagen vor sich hersttilpt. Infolgedessen entstehen zwei Schichten, deren ~tussere auf die aussere Flache des Praputiums zu liegen kommt, deren innere zur Verlangerung der Praputialleiste beitr~tgt. Diese Leiste enthalt viele Epithelperten und ist auch beim ~Neugeborenen noch vorhanden. Anfangs wachst das Praputium langsam: bei dem Embryo yon 80 mm Rumpflange bedeckt es erst ein Viertel der Eichel; spater w~tchst es schneller, so dass es bei dem Embryo yon 105 mm Rumpfl~tnge nicht nur die ganze dor- sale Oberfl~tche tier Eichel bedeckt, sondern auch schon vor ihre Spitze hervorragt. Das Herabwachsen des Pr~tputiums auf die untere Flache des Penis steht mit dem Verschluss der Urethralrinne in engem Zusammenhange. So lang tier Eichelteil der I=Iarnr~hre noch unentwickelt ist, gibt es nattirlich auch kein Frenulum, mit dem sich die Schenkel des Pr~tputiums vereinigen kSnnten. Dieses tterabwachsen und die u der beiden Schenkel des Prt~putiums unter sich und mit dem Frenulum kann erst zu der Zeit erfolgen, wo sich die Urethralrinne der Eichel zum Rohre schliesst. So zeigt es sich, dass bei dem Embryo yon 80 mm Rumpflange, dessen Harnrfhre noch hinter der Eichel mtindet, die Schenkel des Praputiums noch nicht zur Vereinigung gelangt sind. Andere Verh~tltnisse treffen wir hingegen bei dem Embryo Entwicklungsgeschichte u. Histologie der mi~nlichen HarnrShre. 731

You 105 mm Rumpflange an: bier liegt die HarnrShrenmtindung bereits auf der unteren Flache tier Eichel; es hat sich also schon ein Stiick des Eichelteils der HarnrShre entwickelt. An tier unteren Seite des geschlossenen Sttickes sieht man an Quer- schnitten eine konische Erhebung: den Querschnitt einer binde- gewebigen Langsfalte, die dem Frenulum entspricht und beim Verschluss der Harnr~hre in tier Weise entstanden ist, class sich die Ri~nder der Rinne nicht nur einfach vereinigten, sondern an ihrer Vereinigungsstelle auch eine Wucherung erfuhren. Diese Falte ist nur an den ersten sieben Schnitten vollkommen selbstandig; schon am achten Schnitt zeigt sie sich mit den Schenkeln des Praputiams verwachsen. Die Verwachsung der Schenkel des Pr~putiums untereinander und mit dem Frenulum geschieht also in den hinteren Teilen der Glans fast zu gleicher Zeit mit dem Verschluss der Urethralrinne; bei den Entwicklungsvorgi~ngen in den vorderen Teilen tier Eichel bleibt jedoch das Praputium in seinem Wachstum zurtick und die Urethralrinne schliesst sich, ohne dass ein Verwachsen mit dem Praputium stattfinden wtirde: so kommt der freie, vor dem Frenulum liegende Tell der Eichel zutande. Nach dessen Entwicklung wachst das Pr~putium aber noch in der Langsrichtuug des Penis welter fort, so dass sein Rand vor die Spitze der Eichel zu liegen kommt. 3. Entwicklung der SchwellkSrper. Das Ergebnis meiner Beobachtungen stimmt in dieser Hin- sicht mit den Untersuchungen Tou-rneux's iiberein. Die Ent- wicklung der Schwellk(irper beginnt damit, dass sich an den betreffenden Stellen dichtere Zellansammlungen bilden. Am friihesten ist das Corpus cavernosum penis und glandis zu erkennen; das Gewebe des ersteren ist dichter. Bei dem Embryo yon 20 mm Rumpfl~tnge ist die Grenze zwischen beiden noch verschwommen: sie entstehen also aus gemeinsamer hnlage und die Untersuchung der Entwicklungsvorgange beweist somit voll- kommen die ZugehSrigkeit der Glans zu den Corpora cavernosa penis und nicht urethrae und damit ihre vollkommene Homologie mit der Glans clitoridis. Erst bei dem Embryo yon 45 mm Rumpflange ist die Grenze zwischen Glans und Corpora cavernosa penis deutlich zu erkennen. Bei diesem Embryo erkennt man auch schon die Anlage des Corpus cavernosum urethrae in Form einer die HarnrOhre umgebenden dichteren Zellansammlung. Spater 732 Franz Herzog: treten in den Schwellk(irpern Capillaren auf: zuerst (bei 45 mm Rumpflange) in der Eichel und erst bei viel gr(isseren Embryonen (105 mm Rumpflange) in dem Corpus cavernosum penis und urethrae. 4. Entwicklun[g der Muskulatur und der Driisen. Die glatte Muskulatur der Harnr0hre, welche aus einer inneren Langsschichte und einer ausseren ringfSrmigen besteht, ist bei dem Embryo yon 65 mm Rumpflange in der Pars prostatica und membranacea schon entwickelt, im Bulbus dagegen fehlt sie noch; erst bei dem Embryo yon 70 mm Rumpflange ist sie auch bier vorhanden. Dass sich die Muskulatur in dem rfickwartigen hbschnitte der Harnr(ihre friiher entwickelt, als im vorderen, entspricht der frtihereu Entwicklung jenes Abschnittes. Die Drtisen der Harnr0hre entwickeln sich ahnlich, wie diejenigen anderer Schleimhaute: aus dem Epithel wachsen kolbenfSrmige, solide Strange in das Bindegewebe hinein, welche sich spater verzweigen und eine Lichtung bekommen. u den Drfisen der Harnr0hre entwickeln sich zuerst diejenigen der Prostata und tier Glandula Cowperi, welche bei dem Embryo yogI {J0 mm Rumpflange schon in Form yon Epithelkolben ohne Lichtung vorhanden sind. Bei dem Embryo yon 65 mm Rumpflange hat sich in ihnen schon eine Lichtung gebildet; bei diesem Embryo erscheinen auch zuerst in dem vorderen Tell der Pars cavernosa lichtungslose Epithelkolben, als erste Andeutung Littre scher Driisen. Bei dem Embryo yon 70 mm Rumpflange gewahren wir auch schon in der oberen Wand des rtickwartigen Teiles tier Pars membranacea, bei dem Embryo yon 105 mm Rumpfiange in der seitlichen Wand dieses Teiles der HarnrShre und in der seitlichen Wand des Pars cavernosa Epithelkolben; jene der oberen Wand der Pars cavernosa haben sich verzweigt und besitzen schon eine Lichtung. Bei dem Embryo yon 120 mm Rumpflange endlich fand ich auch schon in der unteren Wand der Pars cavernosa Drtisen. In dem proximal vonder Mtindung der Ausffihrungsgange der Glandulae Cowperi gelegenen Teile der Pars cavernosa konnte ich bei keinem der untersuchtenEmbryonen Driisen beobachten. Zuerst entwickelt sich also die Prostata und die Glandulae Cowperi, dann die Drtisen in der oberen Wand der Pars cavernosa, sparer diejenigen in deren seitlicher und unterer Wand; letztere Entwicklungsgeschichte u. Histologie der mi~nnlichen ttarnrShre. 733 erst nach tier Bildung der Driisen der Pars membranacea. Die Driisen bekommen in derselben Reihenfolge eine Lichtung und Seitenaste. Zur Untersuchung der Formentwickhmg der Drtisen ver- fertigte ich drei Wachsmodelle bei 100facher u welche je einen Tell der Pars cavernosa veranschaulichen. Die Modelle sind Rekonstruktionen der HarnrShren der Embryonen yon 65, 105 und 180 mm Rumpflange (Fig. 23, 24, 25). Am ersten Modell sieht man, dass yon dem Epithel der HarnrShre, das im Verhi~ltnis zu der Lichtung der Urethra sehr dick ist, an der oberen Wand ei.n 120 t~ langer, gegen sein Ende verdickter, solider Epithelkolben ausgeht: die erste hnlage einer Urethraldrtise. Dasz weite Modell zeigt uns eine 300 tL lange Drtise, in der sich schon eine Lichtung gebitdet hat; die Form der Drtise ist unregelmltssig, ihre Oberflache hOckerig undes hat sich an ihr schon ein kleiner seitlicher Zweig entwickelt. Am Modell des dritten Embryos erkennen wir eine 520 t, lange Drtise mit drei grSsseren Seitenasten; ausserdem sind an der oberen, unteren und seitliehen Wand der Harnr(ihre kleine in Entwicklung begriffene Drtisen aufgetreten. Endlich sei hier eine Abnormitat erwahnt, welche ich bei o zweien der yon mir mit untersuchten Embryonen zu beobachten Gelegenheit hatte. Bei dem Embryo yon 70 mm Rumpflange mfindet zwischen den Eiumfindungsstellen der Ausfiihrungsgange der Cowpersehen Drtisen ein 2 mm langes, annahernd gerade yon hinten nach vorn' verlaufendes Epithelrohr, welches often- bar einer dritten GI. bulbourethralis entspricht. (Fig. 22). $ie ist langer und auch etwas welter als die beiden normalen Drtisen. Eine i~hnliche Drtise beobachtete ich bei dem Embryo von 65 mm Rumpflange. Diese hbnormitltt ist bereits verschiedentlich beschrieben. worden. P. D elbet ') zitiert als diejenigen, welche eine acces- sorische mediane Cowpersche Drtise beschrieben haben: Cowper, Giibler, Jarjavay und KSlliker. II. Zur Histologie der m~nnlichen HarnrShre. Obgleich sich bereits zahlreiche Forscher mit diesem Gegenstaad befasst haben, gibt es immer noch einige einschlltgige 1) p. Delbet, Ur~tre in: P. Poirier et h. Charpy. Traits d'ana- tomie humaine 1901. Bd. Y. 1. S. 147. 734 Franz Herzog:

Fragen, die nicht als endgiiltig gel0st betrachtet werden kSnnen. So lautet die Beschreibung des Epithels und der Muskulatur bei den einzelnen Autoren verschieden und in die Darstellung der Drtisen bringt tier etwas unktare und bei den versehiedenen Autoren in versehiedenem Sinne formulierte Begriff der Lacune Verwirrung. Eine sehr genaue Beschreibung der Driisen und des Epithels der Harnrtihre finden wir in der • 0 b e r die c k s (?Jber Epithel und Driisen der Harnblase und weiblichen und mannlichen Urethra (G6ttingen 1884). Ich stellte mir zur Aufgabe, die Angaben dieses und anderer Forscher einer Kontrolle zu unterziehen und besonders die Ausbreitung und Anordnung der Driisen und der ~[uskulatur der HarnrOhre zu untersuchen. 1. Epithel. Robin und Cadiat 1) bezeichnen das Epithel der Harn- r6hre als mehrschichtig, und zwar aus einer obersten Schichte cylindrischer uad. einigen tieferen Lagen polygonaler Zellen bestehend. Im Gegensatze hierzu schildern einzelne deutsche Autoren das Epithel als ein einschichtiges Cylinderepithel, dessen einschichtiger Charakter durch die in den tieferen Lagen befind- lichen Ersatzzellen nicht aufgehoben wird. Der neueste Autor auf unserem Gebiet, Z u c k e r k a n d 1,~) beschreibt das Epithel ~ter HarnrShre folgendermassen: ,,In dem krania!en Tell der Pars prostatica stimmt das Epithel mit dem der Blase und der h6heren harnableitenden Wege iiberein; in ihrem unteren Abschnitt besteht es aus einfachem Cylinderepithel. Solches bekleidet auch die Pars membranacea. In der Pars cavernosa hingegen besteht das Ep~thel aus zwei Schichten cylindrischer Zellen, in der Fossa navicularis schliesslich finder man mehrschichtiges Pflasterepithel auf der mit Papillen versehenen Schleimhaut." Zuckerkandl hebt noch im s an Ebner hervor, dass das Epithel iadividuelle Verschiedenheiten zeigt. E b n e r ~) beschreibt in seiner sehr ausffihrlichen Darstellung der Histologie der Urethra das Epithe! folgendermassen: ,Das

~) R o b i n e t C a d i a t, Structure intime de la muqueuse ur~thrale de l'homme et de la femme. Journal de l'anatomie et de la physiolo~e. 10 annie. !87.4, pg. 514. 2) loc. eit, S. 65, 69, 73. .. 3) V. v. Ebner in A. KSllikers Handbuch der Gewebelehre des Menschen, Bd. IIi, 1902, S. 482.. Entwicklungsgeschichte u. Histologie der mi~nnlichen HarnrShre. 735

Epithel der mi~nnlichen HarnrShre ist im prostatischen und auch noch mehr weniger weit im membrantisen Teile in grSsserer oder geringerer Ausdehnung, besonders im Bereiche der Crista urethralis yon demselben Charakter, wie in der Blase oder wie in der Regel im kavern~sen Teile, ein geschichtetes oder mehr- reihiges Cylinderepithel. Stellenweise kommen aber auch in diesem -- eingeschoben zwischen Strecken mit Cylinderepithel -- Inseln yon ausgesprochen geschichtetem Pflasterepithe! vor. Erst in der Fossa navicularis findet sich regelm~ssig Pilaster- epithel, obwohl auch hier ausnahmsweise Cylinderepithel sieh erhalten kann." ~ber die Cylinderzellen der oberflilchlichsten Schichte schreibt Ebner, dass diese haufig in einen verschm~t- lerten Fuss ausgezogen sind, der zwischen den tiefer liegenden Zellen bis zur Schteimhaut reicht. Meine Befunde zeigen, dass man bei fltichtiger Betrachtung der Querschnitte tier Urethra durch die Anordnung der Kerne in der Tat den Eindruck gewinnt, dass das Epithel der Urethra fast an allen Stellen ein mehrschichtiges sei. Nun wird aber in dieser Hinsieht alles darauf ankommen, ob die hohen Cylinderzellen der oberflachlichsten Lage mit ihren basalen Enden die subepitheliale Bindegewebslage erreichen oder nicht; zur Entscheidung dieser Frage eignen sich nattirlich nur Praparate, die nicht nur die Kerne gefarbt zeigen, sondern an denen auch die Zellgrenzen einigermassen erkennbar sind. Im Besitze solcher Praparate kann ich reich in dieser Hinsicht vollkommen 0 b e r d i e c k 1) anschliessen, der behauptet, dass die Cylinderzellen stets die ganze H(ihe des Epithels in Anspruch nehmen und dass die tieferen rundlichen Zellen zwischen deren basalen Enden liegen. Somit kann man das Epithel zwar als mehr- zeilig, abet doch als einschichtig bezeichnen und die tiefer liegenden Zellen als Ersatzzellen auf- fassen. Auch kann ich hervorheben, dass ich Stellen in der Urethra fand, wo alas Epithel bei Ermangelung aller Ersatzzellen buchsthblich als einschichtig sich darstellte; solche Stellen traten mir namentlich in der Pars membranacea und dem hinteren Abschnitt der Pars eavernosa beim Erwachsenen entgege n. In den einzelnen Absehnitten der HarnrShre verhMt sich das Epithel an meinen Pr~tparaten folgendermassen: Der vordere Tell 1) loc. cir. S. 33, 27. 736 Franz Herzog: der Fossa navicutaris ist yon mehrschichtigem Pflasterepithel bedeckt (Fig. 29); bier bildet das Bindegewebe der Schleimhaut auch gut entwickelte Papillen. Schon im rttckwartigea Teil der Fossa navicularis tritt jedoch Cylinderepithel an die Stelle des Pflasterepithels. Die cylindrischen Zellen sind gegen die Lichtung der ttarnr0hre geradlinig begrenzt; einen Kutikular- saum, wie ihn Oberdieck beschreibt, konnte ich nicht wahr- nehmen. Ihr Protoplasma weist bei der Pikrofuchsin-Farbung eine braune Fhrbung auf, w~thrend die in mehreren Schichten zwischen ihren basalen Enden eingeschalteten Ersatzzellen unge- farbt bleiben. Die Kerne der cylindrischen Zellen sind langlich, die der. Ersatzzellen eher rund, besonders diejenigen der tiefer liegenden Zellen. Mit Ausnahme einiger Stellen, wo das Epithel nur aus eiaer Schichte cylindrischer Zellen besteht, wird die Schleimhaut der ganzen Pars cavernosa und membranacea und selbst die des vorderen Teiles der Pars prostatica yon derartigem F,pithel bedeckt; ein Unterschied zwischen dem Epithel dieser Teile ist nicht nachweisbar. Das Epithe! des riickwartigen Teiles der Pars prostatica ist dem der Btasenschleimhaut ~hnlich. Einzelne Autoren besehrieben im Bulbus Pflasterepithel; ich konnte solches nicht beobaehten. Auf dem CoIliculus seminalis der Harnr0hre des zweijahrigen Knaben dagegen finde ieh stellen- weise gew0hnliches mehrsehichtiges Pflasterepithel. 2. Muskulatur. Der Darstellung der glatten Muskulatur der Harnr0hre miSchte ich vorausschicken, dass ich nur jene Muskellagen als zur Urethra gehiSrig auffasse, die unmittelbar unter der Schleim- haut oder richtiger im Gebiet derselben, einwarts vom Balken- werk des Corpus cavernosum liegen. Von diesem Gesichtspunkt betrachtet, kann man sagen, dass eine Muskulatur nur im Bereich der Pars prostatica, der Pars membranacea und im hinteren Drittel der Pars cavernosa vorhanden ist; sic umgibt die Harn- rShre in zwei Schichten: einer inneren longitudinalen und einer ~tusseren ringf~rmigen. In den ganzen zwei vorderen Dritteln tier Pars cavernosa Vermisse ieh beim zweijahrigen Knaben (Fig. 29), trotz sehr genauer Durehmusterung der Schnittserie, Muskelelemente; verfolgt man die Schni~tserie in der Riehtung yon vorn nach hinten, so konstatiert man, dass erst etwa 3 mm vor der Einmfindungsstelle der Cowperschen Drfisen die ersten Entwicklungsgeschichte u. Histologie der mi~nnlichen HarnrShre. 737

Muskelzelien auffreten und zwar in Form einer longitudinalen Schichte, und zunachst nur an der oberen Wand der Harnr6hl*e. In der Richtung gegen den Bulbus zeigt diese Schichte eine allmahliche Zunahme. An der Stelle, wo die Ausftihrungsgange der C owp erschen Drtisen mtinden, erstreckt sich diese Langs- muskulatur auch schon auf die Seitenwande 'der Harnr6hre; weiter hinten tauchen zwischen den husftihrungsgangen der genannten Driisen auch entsprechend der unteren Wand der Harnr6hre Muskelelemente auf, sodass im hinteren Gebiet des Bulbus die Harnr6hre bereits yon einer zusammenhangenden Lage longitudinaler Muskulatur umgeben erscheint. Von einer zirkularen Schichte konnte ich im vorderen Abschnitt des Bulbus noch nichts wahrnehmen; h6chstens traten mir innerhalb der Langsiage einzelne mehr schief oder zirkalar verlaufende Bttndet entgegen. Im riickwartigen Teil des Bulbus verschwindet allmahlich das Balkenwerk des Schwellk6rpers, zunachst auf der oberen und dann auf der seitlichen Wand der Harnr(ihre, wo- durch die der zugeh6rige zirkulare Muskulatur an die Langsmuskulatur der Schleimhaut unmittelbaren Anschluss gewinnt, sodass die Muskulatur der Schleimhaut yon hier ab zu einer zweischichtigen wird. Die zirkularen Muskelzelien erstrecken sich aber yon der oberen Wand der Harnr6hre auch auf die seitliche und die untere Wand, die noch vom cavern0sen Gewebe bedeckt ist, sodass im hintersten Teile des Bulbus die Muskulatur sich bereits im ganzen Umfange der Urethra als eine zwei- schichtige darstellt. Noch ausgesprochener tritt uns diese Zweischichtigkeit in der Pars membranacea entgegen. Die innere longitadinale Lage erscheint starker als in der Pars cavernosa und l~tsst ihrerseits wieder zwei Lagen unterscheiden: eine innere, unmittelbar unter dem Epithel gelegene, die yore Bindegewebe,diffus durchflochten ist und eine aussere, in der sich die Muskelzellen zu Btindeln gruppieren, welche Bttndel in der oberen Wand am st~rksten sind. Die aussere zirkulare Muskulatur bildet einen vollkommer~en Ring; sie wird yon dem quergestreiften M. compressor urethrae umgeben, dessert Fasern sich stellenweise mit den zirkularen glatten Elementen verflechten. Die zirkulare Muskelschichte stellt im Vergleich zur kraftigen Langsmuskulatur eine dtinne Lage dar, die man gleichsam als eine Fortsetzung der Muskulatur 738 Franz Herzog:

der Tunica albuginea des Corpus cavernosum urethrae auffa.~sen kann. Auch in der Pars prostatica, in welcher die beiden Schichten die HarnrShre vollkommen umgeben, ist die lougitu- dinale Lage starker. Im Colliculus seminalis treten uns einzelne Muskelbfindel entgegen, welche vom Gipfel des gtigels gegen seine Basis verlaufen und sich unter Durchsetzung der Langs- schichte mit der zirkularen Lage verbinden, deren abgeliiste Bfindel sie darstellten. Die oben beschriebeneu zwei durch die Anordnung der Muskelzellen verschiedenen Lagen der Langs- schicbte lassen sich auch hier nachweisen. Die zirkulare Schichte erscheint bier um ein Geringes starker als in der Pars membra- nacea; auch ist zwischen ihren Bfindel und denen der Langs- schichte eine geringe Verflechtung zu beobachten. An ihrer ausseren Grenze geht die zirkulareLage derHarnrShrenmuskulatur ohne scharfe Abgrenzung. in die Muskulatur der Prostata fiber. Gegeu den Blasenhals zu zeigt die longitudinale Muskulatur eine allmahliche Verminderung, wahrend die zirkulare im Gegenteil eine Vermehrung erkennen lasst, wodurch sie zu der starkeren Schichte wird. Diese Bescbreibung, der die HarnrOhe des zweijahrigen Knaben zu Grunde gelegt ist, trifft auch ffir die HarnrShre des Erwachsenen zu, wie ich dies durch die Untersuchung der Urethrae zweier Erwachsener bestatigen konnte; der Unterschied ist bloss ein quantitativer, indem sich hier beide Muskelschichten starker darstellen. Somit fasse ich meine Befunde in Beziehung auf die Muskulatur der HarnrShre folgendermassen zusammen: die Muskulatur der Schleimhaut erstreckt sich vom Orificium internum bis zu einer nur etwas vor der Milndung der Ausffihrungsgange der Cowperschen Drtisen gelegenen Stelle. Sie ist haupt- sachlich longitudinal. Die longitudinale Muskulatur beschrankt sich in der Pars eavernosa auf die obere und seitliche Wand der HarnrShre, wahrend sie im rfickwartigen Tell des Bulbus, in d~ Pars membranacea und in der Pars prostatica die ganze Urethra umgibt, wobei sie auch starker ist; in der Pars prostatica hangt sie mit den glatten Muskeln der Prostata zusammen. Die zirku- lare Muskulatur, welche die longitudinale umgibt, ist am Orifi- cium internum drei bis viermal so stark als die longitudinale und umgibt hier, ebenso wie auch in der Pars prostatica und mere- Entwickluagsgeschichte u. Histologie der m~innlichen HarnrShre. 739

branacea, wo sie jedoch nur mehr eine dtinne Schichte darstellt, die ganze HarnrShre; im Bulbus verschwindet sie allmahlich , zuerst in der unteren, dann in der seitlichen und schliesslich in der oberen Wand der Urethra. Vorstehende Angaben stehen in auffallendem Gegensatz zu der Darstellung, die Zuckerkan dl ktirzlich yon der Muskulatur der HarnrShre gegeben hat. Z u c k e r k and 1 ~) sagt, dass nach seinen Praparaten ,,die glatte" Muskulatur in der Pars cavernosa gut entwickelt ist und sich bis in den Eichelteil der HarnrShre nach Vorn erstreckt ", w~thrend ich die Muskulatur bereits im mittleren Drittel der Pars cavernosa vermisse. Der Unterschied kl~trt sich teilweise durch eine weitere Bemerkung Zucker- kandls auf: dieser Forscher setzt namlich hinzu, class ein Teil dieser Muskulatur in die Albuginea eindringt. Zukerkandl rechnet also offenbar auch jene Muskelbtindel zur Muskulatur der Harnr~hre, die im Bereiche des Schwetlk6rpers und sogar ausserhalb desselben liegen und die ich yon der eigentlichen HarnrShrenmuskulatur scharf unterschieden wissen m~chte. Ich kenne jene Muskelbiindel, sie liegen haupts~chlich an der oberen Wand des Corpus cavernosum urethrae. Damit ist aber der Gegensatz nur teilweise aufgehoben, da Zuckerkandl einen zweiten, inneren Teil der bis in die Eichel sich erstreckenden Muskulatur erwahnt, der innerhalb der Schleimhaut verbleibe. !ch mSchte nochmal bemerken, dass ich derartige Muskelzellen in den vorderen zwei Dritteln der Pars cavernosa vermisst habe. Meine Befuude stehen in dieser Hinsicht in Ubereinstimmung mit denjenigen Waldeyers (Das Becken, ]899, S 405), nach dessen Darstellung die glatte Muskulatur sich schon am Anfangs- teile der Pars cavernosa in einzelne Btindel auflSst, welche mit der Muskulatur des cavernSsen Gewebes sich in Verbindung setzen. Sie geht distal tiber die Pars trigonalis nicht weit hinaus. 3. Dr tis e:n. Die Drtisen der mhnnlichen HarnrShre werden yon den meisten Autoren in zwei Gruppen geteilt: in die innerhalb der Schleimhaut liegenden und in diejenigen, welche sich mit ihren unteren Enden in das Corpus cavernosum erstrecken. Diese Einteilung finde auch ich gerechtfertigt. Die erstere Gattung 1) loc. cit., S. 70. A.rchiv f. mikrosk. Anat. BcL 63. 48 740 Franz Herzog:

Drilsen werden yon Henle 1) ,einfach traubenf(~rmige ~, yon P, Delbet :) ,glandes intramuqueuses, follicules" genannt. Sie zeigen einen recht einfachen Bau, indem sie meistens aus einer einzigen, in der Schleimhaut sitzenden Alveole bestehen, deren Durchmesser 70--100 ~ betragt (Fig. 26) ; nur manchmal erscheint die Drtise aus 2--3 Alveolen zusammengesetzt. Sie werden yon einem cylindrischen Epithel ausgekleidet, dessen stark gekSrnte ZeUen gegen die stets nachweisbare Lichtung hin unregelmassig begrenzt sind; der rundliche Kern befindet sich im basalen Teil der Zelle. Dicht an der Membrana propria erkennt man zwischen den Cylinderzellen kleine Ersatzzellen. Solche einfach gebaute oberflachlich liegende Drtisen finder man in allen Teilen der Harnri~hre, besonders aber in der Pars cavernosa. Die submuk(isen Drtisen (Fig. 27, 28, 29) unterscheiden sich yon den genannten zunachst dadurch, dass sie sich unter die Schleimhaut erstrecken, d. h. in der Pars cavernosa in alas Balkenwerk des SchwellkOrpers und in der Pars membranacea in .die Muskulatur hineindringen. Sie verhalten sich in manchen Beziehungen etwas verschieden in der Pars cavernosa und in der Pars membranacea. In ersterer zeigen sie folgende Verhaltnisse. Verfolgt man den Ausftihrungsgang yon seiner Mtindung gegen den Drtisenk6rper hin, so sieht man, dass er in der Mehrzahl der Falle eine schief gegen dieHarnblase gewendete Richtung einschlagt. Der Drtisenk~rper liegt also zumeist proximalwarts yon der Mtindungsstelle. Davon gibt es aber auch Ausnahmen und man sieht namentlich an der unteren Wand und in den hinteren Abteilungen der Pars cavernosa einzelne kleinere Drtisen dieser Art, deren Ausftihrungsgang senkrecht verlauft oder gar yon der Mtindungsstelle gegen alas Orificium externum gerichtet ist. Im proximalen Drittel der Pars cavernosa fehlen die sub- muk(~sen Drtisen; ich konnte dies sowohl an der Urethra des zweijahrigen Knaben, wie auch an derjenigen zweier Erwachsenen bestatigen. Erst in der Gegend der Einmtindungsstelle der Glandulae Cowperi treten die ersten Drtisen auf. Die Ausftihrungs- gange werden gegen den vorderen Tell der Pars cavernosa allmahlich l~tnger und im Zusammenhange damit der schiefe Verlauf derselben ausgesprochener; in den vorderen Teilen laufen

1) j. H e n 1 e, Systematische Anatomie, Bd. II, S. 433. 2) loc. cit., S. 147. Entwicklungsgeschichte u. Histologie der m~nnlichen HarnrShre. 741

die Gange fast parallel mit der Harnr6hre. Am zahlreichsten findet man diese Driisen an der oberen Wand der Urethra, hier finder man auch die grSssten; sparlicher sind sie an der unteren und seitlichen Wand, welch' letzterer die kleinsten Dr~lsen ange- hSren. Ihre Verzweigung innerhalb des SchwellkSrpers kann nicht als traubenfSrmig bezeichnet werden, indem die 3--4 Tubuli in die sie sich teilen, nebeneinander liegen bleiben und fast bis zu ihrer Endigung als gestreckte RShren parallel verlaufen. Einzelne teilen sich gegen ihr Ende hin nochmal, wobei aber die Aste wieder nicht auseinanderweichen. An den Tubuli bemerkt man seitlich kleine hSckerartige Aussackungen. Der ungeteilte Abschnitt, den man als Ausfiihrungsgang bezeichnen kann, zeigt ein Cylinderepithel, das sich yon demjenigen der Urethra dadurch unterscheidet, dass die Zellen gegen das Lumen nicht so scharf und geradlinig begrenzt sind wie dort und dass ihre Kerne nicht wie im Harnr~hrenepithel in der Mitte der Zellh6he, sondern basal liegen. Im DrfisenkSrper, d. h. in den aus der Verzweigung des Ausffihrungsganges bestehenden Schl~tuchen und ihren Aus- sackungen findet sich ein ,~hnliches, aus 12 tL hohen Zellen bestehendes Epithel, mit dem Unterschied jedoch, dass im Proto- plasma der Zellen eine ausgesprochene, auf die Driisenfunktion derselben hinweisende KSrnelung bestebt. An den Stellen, wo dieses Epithel der Flache nach getroffen ist, zeigen die Zellen eine sechseckige Kontur. Die Beschreibung und Abbildung, die Maziarski 1) yon einer L it t r e schen Dr~ise der mt~nnliehen Harnr6hre nach einem Modell gibt, bezieht sich auf eine submuk6se Drfise und kann nicht als Prototyp samtlicher L it t r e schen Driisen anerkannt werden. Die submukSsen Dr~isen des r~ickwartigen Abschnittes tier Pars membranacea (Fig. 29), welche sich wie gesagt mit ihren unteren Teilen in den glatten Spincter erstrecken, unterscheiden sich yon denjenigen der Pars cavernosa sehr wesentlich dadurch, dass eine jede u fehlt. Die eigentliche Dr~ise besteht aus einer einfachen direkten Fortsetzung des Ausfiihrungsganges, yon dem sie sich nur durch ein etwas weiteres Kaliber und durch die k6rnige Beschaffenheit ihres Epithels unterscheidet. Hier 1) St. l~aziarski, Anatomische Hefte, Bd. 18, 1902, S. 173 cfr. S. 207 und Taf. XIII, XIV, F. 11. 48* 742 Franz Herzog: haben wir also einfache tubulSs-alveolare Drfisen vor uns, im Gegensatz zu denjenigen tier Pars cavernosa, die als zusammen- gesetzte zu bezeichnen sind, und in einem gewissen Gegensatz auch zu den intramuk6sen Driisen, die mit Riicksicht auf ihre birnf6rmige Gestalt als einfache oder stellenweise zusammenge- setzte rein alveolare Dr~isen aufgefasst werden kSnnen. In der Schleimhaut der Pars cavernosa gewahrt man schon mit freiem Auge einzelne schief proximalw~trts gerichtete Ver- tiefungen: die seit alters bekannten Lacunae ~[orgagni. Ver- gleicht man die Beschreibung, die die einzelnen Autoren yon diesen Lakunen geben, so finder man, dass in manchen Einzel- heiten grosse Unterschiede herrschen. Die wichtigsten s hieriiber sind folgende: ttenle: ,,Feine, punktf~rmige, jedoch mit freiem Auge sichtbare Offnungen, Lacunae, erstrecken sich in L~ngsreihen yon der Valvula fossae navicularis bis in die Oegend des Gipfels der Kriimmung des cavernSsen Tells der Urethra, selten welter nach hinten ~. -- ,Die Lakunen sind die Miindungen enger, zuweilen buchtiger, yon der Urethralschleimhaut und deren Epithelium ausgekleideter Gange, welche fast ohne Ausnahme yon der Mtindung aus, der Achse der Urethra parallel, riickw~rts gegen die Wurzel des Penis verlaufen und, einfach oder unter spitzem Winket in zwei bis drei Aste geteilt, blind enden. Ihre Lhnge betragt 8--12 ram, ihr Querdurchmesser 0,5 ram, die Machtigkeit ihres Epitheliums 30 ~,. In der Regel liegen sie ganz in der Dicke der Schleimhaut, indem sie der Oberflache parallel und dicht unter derselben verlaufen, ausnahmsweise senken sie sich mit ihrem blinden Ende in die Maschen des cavernSsen Gewebes. Den Namen Driisen scheinen mir diese blinden Gange nicht zu verdienen, wenn sie auch zuweilen die Ausfiihrungsgange hhnlicher, kleiner, traubiger Driisen aufnehmen, wie sie auch die ebene Oberflache der Urethra besitzt. ~ KSllikerl): ~Lacunae Morgagni hat man kleine unbe- standige Gruben der Schleimhaut genannt, in denen ich nichts Driisiges wahrzunehmen vermag/' Toldt*): ,,Unter tier Bezeichnung nLakunen ~ der Barn- r6hre versteht man kleine, blind endigende, grubige Vertiefungen 1) A. K 511 i k e r : Gewebelehre, 5. Aufl., Leipzig 1867, S. 539. ~-) C. T o 1 d t: Lehrbuch der Gewebelehre, 1884, S. 507. Entwicklungsgeschichte u. gistologie der mi~nnlichen HarnrShre. 743

ihrer Oberflache, in welchen mitunter Ausftihrungsgange yon L i t t r e schen Drtisen mtinden." 0 b e r die ck 1) unterscheidet scharf zwischen Drtisen und Lakunen. Letztere sind rShrenfSrmigeVertiefungen tier Schleim- haut, in welche konstant Drfisen mfinden. Das Epithel der Lakunen ist yon dem der Urethra mit husnahme der Mtindungs- stelle scharf unterschieden dadurch, dass die Zellen nach oben hin often sind, wie die Becherzellen des Magens und Darms, ferner, dass die Kerne in der Peripherie des Zellleibes liegen. Die Drtisen mtinden nicht alle in die Lakunen, sondern kOnnen direkt in das Lumen der Harnr(ihre tibergehen. P. Delbet 2) beschreibt sehr genau die:Lage, hnordnung und Dimensionen der Lakunen und hebt hervor, dass sie durch- aus dieselbe Struktur haben wie die Harnr(ihre und daher nicht als Drtisen, sondern als Depressionen der Schleimhaut auf- zufassen sind. Nach Ebner ~) lassen sich die Littreschen Drtisen yon den Lacunae Morgagni nicht sondern, welche in der Hauptsache nur Driisenmfindungen sind. Auf Seite 495 hebt Ebner noch- mals hervor, dass die Lakunen wesentlich nur die Mtindungen yon Gi~ngen sind, die sich in der Tiefe verzweigen. Drfisen im gew6hnlichen Sinne des Wortes sind die Urethraldrfisen tiber- haupt nicht. Es handelt sich in der Hauptsache um verzweigte Gange, die dasselbe Cylinderepithel tragen, wie die HarnrShren- schleimhaut und da und dort oft pl(itzlich in seitliche Aus- buchtungen iibergehen. So lassen, sich die Urethraldrfisen morphologisch schwer abgrenzen und insbesondere yon den Lakunen, in welche sie mtinden, nicht scharf trennen. Zuckerkandl 4) scheint der hnsicht zu sein, dass alle Littreschen Drtisen in die Lakunen miinden und dass diese somit nichts anderes darstellen als den erweiterten, oberflach- lichen Teil der Ausfiihrungsgange dieser Drtisen. Mein Standpankt ist in dieser Frage folgender: Die mit freiem huge sichtbaren Vertiefungen der Schleimhaut, die alt- bekannten Lacunae Morgagni sind scharf zu unterscheiden yon

1) loc. cir. S. 34. 2) Ioc. cit. S. 147. a) loc. cit. S. 483. ~) loc. cit. S. 74. 744 Franz Herzog:

den Driisen. Sie stellen wirklich nichts anderes dar als gruben- fSrmige Einsenkungen der Schleimhaut, welchen Char~kter sie hauptsachlich dadurch dokumentieren, dass sie ganz mit dem- selben Epithel bekleidet sind wie die HarnrShre selbst. In diese Lakunen kfnnen nun Drtisen mtinden, aber notwendig ist dies nicht, ebenso wie ja auch an anderen Stellen der Harnr~hren- schleimhaut eine solche Einmiindung stattfinden kann oder nicht. Ich setze mich hierdurch in Gegensatz zu einigen Autoren, die die Lakunen konstant Drtisen aufnehmen lassen und die sie damit gewissermassen als erweiterte Ausfi]hrungsgange yon Litt r e schen Driisen betrachten. Ich finde hierzu die Berechti- gung darin, dass ich Lakunen beobachtet habe, die ganz ohne Beziehung zu Driisen waren; aber auch an Stellen, wo in die Lakune Driisen miinden (gew~hnlich eine einzige grosse sub- muk6se Drtise), lasst sich die Grenze zwischen Lakune und Driisen durch die Verschiedenheit des Epithels scharf ziehen. Wenn 0 b e rdi e ck die Verhaltnisse so beschreibt, dass die Lakunen in der Nahe ihrer Ausmiindung das gewShnliche Urethralepithel, in ihren tieferen Teilen aber schon ein verandertes Drfisenepithel aufweisen, so glaube ich diese Angabe dahin deuten zu d~irfen, dass der genannte Forscher den in die Lakune mtindenden Aus- fiihrungsgang einer Drfise zu dieser noch hinzugerechnet hat. Far mich ist nur jener oberflachliche Teil der Vertiefung die eigentliche Lakune, deren Epithel mit dem der Harnr6hre Qber- einstimmt. Gesichert wird die Richtigkeit dieser Deutung durch die Beobachtung yon Lakunen, die der Driisen vollkommen er- mangeln. Somit muss ich reich im Gegensatz zu den neueren Autoren vollkommen auf den Standpunkt yon Toldt und KSlliker stellen, die die Lakunen als Bildungen sui generis auffassen, welche mit den Drilsen nicht verwechselt werden diirfen. An der Urethra des zweijahrigen Knaben bot sich mir Gelegenheit, stark entwickelte paraurethrale Gange zu beobachten. Es finden sich davon drei. Sie milnden alle oberhalb des 0ri- ficium externum in einer senkrechten, die Richtung des 0rificiums fortsetzenden Linie. Durch graphische Rekonstruktion wurden die Verhaltnisse der Gange genau festgestellt. Sie verlaufen ungeachtet kleiner Kriimmungen im grossen und ganzen parallel mit der HarnrShre. Der oberste ist bloss 1,9 mm lang. es ist Entwicklungsgeschichte u. Histotogie der m~nnlichen tIarnrShre. 745 dies der kiirzeste yon den drei Gangen ; auch zeigt er insofern viel einfachere Verhaltnisse, a]s er der Seitenaste ganzlich entbehrt. Der Gang ist yon mehrschichtigem Pflasterepithel bedeckt und steht nicht mit Driisen im Zusammenhange. Der mittlere ist 7,5 mm lang; bier erstreckt sich das Pflasterepithel bloss in das vordere Drittel des Ganges, yon hier ab weist der Gang ein Cylinderepithel aufl In seinen hinteren Teilen lasst der Gang einige Seitenaste aus sich hervorgehen, die ebenso wie der Hauptgang mit einigen alveolenartigen Ausbuchtungen versehen sind. Der unterste Gang ist der langste: seine Lange betragt 12 ram, sein Durchmesser in der queren Richtung 360 p, in der senkrechten 160 ~,. Dieser Gang ist nur in der Ausdehnung yon 1 mm mit Pflasterepithel ausgekleidet, der iibrige Teil weist Cylinderepithel yon 60/~ H~he auf. Seiten~ste und Alve01en sind hier noch zahlreicher als beim mittleren Gang. Den obersten Gang wtirde ich als ein Analogon der Lakunen der HarnrShrenschleimhaut, die beiden unteren als submuk0se Driisen, welche an abnormer Stelle miinden, auffassen. In der Tat stimmen diese Gange sowohl in Bezug auf ihre Verastelung, wie ihr Epithel mit den Drtisen der Urethra iiberein, nur der einzige unwesentliche Unterschied ist zu verzeichnen, dass der Ausfiihrungsgang in der N~he seiner Mtindung ein Pilasterepithel aufweist, als Fortsetzung der Epidermis der Eichel. Das, was ich als Lakune auffasse, w~irde dem entsprechen, was P a s c hkis 1) neuerdings Krypten nennt, meine Driisen da- gegen den paraurethralen Gangen sensu strictori dieses Autors. lgur sind diese Gange in meinem Falle, mit Abrechnung ihres Anfangsteils, nicht yon Pilaster- oder t)bergangsepithel bedeckt, wie es Pat schkis schildert, sondern yon demselben Cylinder- epithel wie die Ausftihrungsg~tnge der Urethraldriisen. Zum Schluss erlaube ich mir, Herrn Prof. Dr. M. v. L e n h o s s~ k ftir seine freundliche Untersttitzung bei vorliegender Arbeit meinen aufrichtigen Dank auszusprechen.

1) R. P a s c h k i s : Zur Kenntnis der accessorischen G~nge am Penis. ArCh. f. Dermat. und Syphilis, Bd. 60, 1902. 746 Franz Herzog: Erkl~rung der Abbildungen auf Tafel XXXIV--XXXVI.

Fig. 1--8 wurden bei zehnfacher LupenvergrSsserung gezeiehnet. Vet- grSsserung 6 : 1. Fig. 1. Aussere Genitalien des Embryos yon 20 mm Rumpflgnge. Fig. 2. Aussere Genitalien des 3 Embryos yon 28 mm Rumpflgnge. Fig. 3. Aussere Genitalien des $ Embryos yon 45 mm Rumpflgnge. Fig. 4. Aussere Genitalien des $ Embryos yon 60 mm Rumpflange. Fig. 5. Aussere Genitalien des ~ Embryos yon 70 mm Rumpflgnge. Fig. 6. Aussere Genitalien des $ Emdryos yon 80 mm Rumpflange. Fig. 7. Aussere Genitalien des 3 Embryos yon 105 mm Rumpflange. Fig. 8. Aussere Genitalien des $ Embryos yon 120 mm Rumpflange. Fig. 9, 11 und 13. Photographien yon Waehsmodellen, welehe bei 25 facher VergrSsserung ausgefiihrt wurden. Fig. 9. Kaudales Ende des Embryos yon 20 mm Rumpflange. Fig. 10. l~edianschnitt dieses Modells. Fig. 11. Penis des Embryos yon 68 mm Rumpflgnge. Fig. 12. Nedianschnitt desselben. Fig. 13. Penis des Embryos yon 105 mm Rumpflange. Fig. 14. ]~ediansehnitt desselben. Bei Fig. 10, 12 und 14 bedeutet: E = Epithelhfrnchen; G = GenitalhScker; SU = Septum urethrale; S.U.G. ~ Sinus urogenitalis; D = Darm; W = Wirbelsgule; R = Rilekenmark; CCG ----- Corpus cavernosum glandis; CCP = Corpus eavernosum penis; P ~ Praputium; U -~ Urethra; F = Durchsehnitt des ventralen Teils der Glans, des Frenulums und des Praputiums. Fig. 15. wurde bei Lupenvergr~sserung gezeiehnet und stellt das zirka seehsmal vergrSsserte kaudale Ende eines weiblichen Embryos yon 31 mm Rumpflange dar. Fig. 16. Lgngssehnitt dureh den Penis des Embryos yon 45 mm Rumpf- lange. In tier Einsehniirung hinter der Eichel erscheint das Epithel verdiekt. Fig. 17, 18, 19. Durebschnitte der epithelialen Praputialleiste bei den Embryonen yon 60, 72 und 80 mm Rumpflgnge. Das Praputium ist yon ein~er Lage niedriger Zellen bedeekt, welehe yon den Zellen der Praputialleiste verschieden sind. Fig. 20. Quersehnitt dureh die Glans des ~ Embryos yon 70 mm Rumpf- lange. Das Praputium besitzt ein eigenes Epithel, dessen Zellen man leicht yon den]enigen der Epithelmasse zwischen Prgputium und Eiehel unterscheiden kann. P = Praputium; G = Glans. Fig. 21. Epithelperlen im Epithel zwisehen Glans und Praputium. 5 Embryo yon 105 nun Rumpflange. Fig. 22. Graphisehe Rekonstruktion (Vergrfsserung 35) einer dritten Cowper- schen Driise (B) bei dem 3 Embryo yon 70 mm Rumpflange. U = Urethra; A -- C0wper'sehe Driisen. Entwieklungsgeschichte u. Histologie der m~nnlichen HarnrShre. 747

Fig. 23--25. Photographien yon Wachsmodellen, welehe in 100faeher Ver- grSsserung hergestellt wurden. Von der Wand tier Urethra wurde nur deren Epithel modelliert. Fig. 23. Ein Absehnitt der Pars eavernosa urethrae des $ Embryos yon 65 mm Rumpfl~nge. Es f~llt die bedeutende Dicke des Epithels auf. An der oberen HarnrShrenwand befindet slch eine koiben- fSrmige 120 /, lange Dr~ise. Fig. 24. Aus der Pars cavernosa des $ Empryos yon 105 mm Rumpfl~nge. In der oberen Wand der Urethra mttndet eine 300 /~ lange, mit einem kleinen Seitenast versehene Driise. Fig. 25. Aus tier Pars cavernosa des ~ Embryos yon 180 mm Rumpfl~nge. Eine verzweigte 300 z lange Drfise an der oberen, kleinere Dr~isen an der unteren, oberen und seitlichen Wand. Fig. 26. IntramukSse Drtise aus der Pars cavernosa urethrae des zwei- j~hrigen Knaben. Fig. 27. L~ngsschnitt der Einmfindung einer submukSsen Driise aus der Pars cavernosa des zweij~,hrigen Knaben. Fig. 28. Querschnitt einer grossen submuk~Jsen Drtise der Pars eavernosa des zweijahrigen Knaben. Fig. 29. Graphisehe Rekonstruktion der HarnrShre eines zweij~hrigen Knaben. Die Rekonstruktion wu~de bei 17facher VergrSsserung ausgeftihrt. Die vorliegende Zeichnung ist eine Verkleinerung des Originals auf ein Drittel und daber ein ungef~hr seehsmal ver- gr~Jssertes Bild tier HarnrShre. Die auf der Zeicbnung angegebene Lichtung der HarnrShre entspricht nicht deren tats~chlieher Weite, sondern ist eine seitliche Projektion derselben. Das Pflasterepithel in der Fossa navicularis und in den paraure- thralen O~ngen ist dureh eine breitere Linie bezeiehnet. Die Zeiehnung gibt eine lJbersicht der Anordnung und Zahl der sub- mukSsen Urethraldriisen, welehe im riickw~rtigen Teil der Pars eavernosa und ira vorderen s der Pars membranacea fehlen; die kleinen intramuk~Jsen Driisen sind nieht dargestellt. Die Aus- ffihrungsg~nge tier Protasta (angef~hr 45) sind zwar alle ein- gezeiehnet, ihre Yerzweigung ist jedoch nicht rekonstruiert. An den Ausftthrungsg~ngen der Cowpersehen Drtisen befinden sich lmrze Seiten~ste und Ausbuehtungen. Die ~uskulatur, beztiglieh deren' auf den Text zu verweisen ist, wird schematisch dureh longitudinale und zirkul~re Linien angedeutet. Im Colliculus seminalis sind die Vesieula prostatica und die Ductus ejaculatorii eingezeiehnet. PC ~ Pars cavernosa; PM ~-Pars membranaeea; PP ---~ Pars prostatica.