Lorenzo Onofrio Colonna, Der Römische Sonnenkönig Neue Dokumentenfunde Zu Bernini Und Seinem Kreis Im Archivio Colonna

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Lorenzo Onofrio Colonna, Der Römische Sonnenkönig Neue Dokumentenfunde Zu Bernini Und Seinem Kreis Im Archivio Colonna Originalveröffentlichung in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 61 (1998), S. 568-577 MISZELLE Christina Strunck Lorenzo Onofrio Colonna, der römische Sonnenkönig Neue Dokumentenfunde zu Bernini und seinem Kreis im Archivio Colonna »Le vaste palais Colonne, de peu d’apparence Maßstab für die überwältigende Raumerfahrung. exterieure, dedomage amplement, quand on y est Das zweite, ganz klein wirkende Säulenpaar in entre, par son magnifique escalier, ses riches der Ferne veranschaulicht eindrucksvoll die meubles, son Orangerie et surtout par sa superbe Länge der Galerie (insgesamt 64 Meter). galerie, preferable peut-etre ä celle de Versailles, Gleichzeitig strukturieren die Säulen den remplie de tableaux exquis. Elle est portee sur Raum; sie flankieren die Durchgänge zwischen des colonnes demesurees de marbre jaune an- dem Mittelsaal und zwei etwa quadratischen, tique, qui, en la divisant, forment deux sallons etwas weniger hohen, ebenfalls überwölbten An­ dans les extremitez. Celle du roi est plus longue räumen im Westen bzw. Osten der Galerie. Diese et plus ornee, mais celle-cy est plus auguste. drei Abschnitte sind einerseits separate Einhei­ C’est une piece trez remarquable et presque sans ten, in Proportionen sowie Architekturornamen­ egale dans Rome meme«, urteilte Charles de tik deutlich voneinander unterschieden und auch Brosses 1739 über die Galerie im Palast des Prin­ in der Thematik der Deckenfresken gegenein­ cipe Colonna und wies künftige Romreisende ander abgegrenzt, schließen sich andererseits nochmals eindringlich auf die Kolossalsäulen aber zu einem harmonischen Ganzen zusammen. hin: »Remarquez (...) dans la galerie, la beaute Anders als in ungegliederten langen Galerien admirable des grosses colonnes de giallo-anti- (etwa der Galleria delle carte geografiche im Vati­ co«1. kan) wirkt der Tiefenzug daher nicht monoton. Die Säulen, auch von anderen Guiden hervor­ Die Säulenpaare setzen Akzente, die sich einem gehoben2, verblüffen in der Tat den Besucher, der unspektakulären »Wegfluchten« des Raumes ent­ aus den vergleichsweise kleinen und niedrigen gegenstemmen - ja im Gegenteil machen die bei­ Räumen des Piano-nobile-Appartements in die den Säulen, die die vom Mittelsaal zum östlichen Galerie eintritt (Abb. 1). Das Mißverhältnis zwi­ Anraum ansteigende Treppe theatralisch einrah­ schen seiner eigenen Größe und derjenigen der men, diesen letzten Salon zum Höhepunkt des Säulen (sie messen rund acht Meter) bildet den Raumgefüges. Der vorliegende Text basiert auf Forschungen im Zusam­ 1 Charles De Brosses: Lettres familieres, hg. v. Giusep­ menhang meiner Dissertation über die Galleria Colonna. pina Cafasso/Letizia Norci Cagiano de Azevedo, Na­ Meinem Doktorvater Rudolf Preimesberger und den poli 1991, II, 730, 1062. Direktoren der Bibliotheca Hertziana, die die Arbeit mit 2 Pietro Rossini: 11 Mercurio errante delle grandezze di einem Stipendium gefördert haben, gilt mein aufrichtiger Roma, tanto antiche, ehe moderne (...), Roma 21700, Dank. Für viele wichtige Hinweise bin ich Elisabeth Kie- 57. Johann Balthasar Klaute: Diarium Italicum (...), ven und Hellmut Hager verpflichtet. Besonders herzlich Kassel 1722, 142. Gio. P. Pinaroli: Trattato delle cose sei allen gedankt, die mich bei meinen Studien im Ar­ piü memorabili di Roma tanto antiche come moderne chivio Colonna unterstützt haben, vor allem Gabriello (...), Roma 1725, II, 418. Filippo Titi: Studio di pittu- Milantoni, Marco Pizzo und insbesondere Piero Scatizzi. ra, scoltura, et architettura, nelle chiese di Roma (1674-1763). Edizione comparata a cura di Bruno Contardi e Serena Romano, Firenze 1987,1, 249. 568 i. Blick in die Galleria Colonna aus dem westlichen Anraum nach Osten Die dreigeteilte Struktur unterscheidet die Gal- sopra« geht hervor, daß der Bau, den del Grande leria Colonna von allen früheren Galeriebauten3 1665 fertigstellte, kaum erahnen ließ, in welchem und fand bald Nachahmung: Bereits öfters wurde Glanz die Galleria Colonna einst erstrahlen in der Literatur angesprochen, welche Anregun­ würde. Del Grande errichtete über Stallungen im gen Hardouin-Mansarts Spiegelgalerie in Versail­ Erdgeschoß nur den Mittelsaal der Galerie, den les4 5und Fischer von Erlachs Wiener Hofbiblio­ er zwischen zwei präexistente Baublöcke klemm­ thek’ der Galleria Colonna verdanken. Seit den te. Man erreichte diesen Saal durch den west­ Forschungen von Oskar Pollak gilt der Architekt lichen Anraum, der schon vor dem Neubau in Antonio del Grande als Schöpfer dieser römischen identischen Maßen bestand; der heutige östliche Galerie6. Daß eine ansonsten so unbedeutende Anraum war noch nicht in die Galerie integriert, Figur ein dermaßen innovatives und einflußrei­ sondern Teil eines gesonderten Palastes. Säulen ches Raumkonzept erdacht haben könnte, ist nur werden nirgends erwähnt. Der Galeriesaal erhielt von Elena Tamburini bezweifelt worden, die eine nur sparsame Architekturornamentik. Er hatte Beteiligung von Johann Paul Schor vermutet7. nicht wie derzeit fünf, sondern sieben Fenster­ Da das Archivio Colonna bis vor wenigen Jah­ achsen an jeder Langseite und außerdem über ren kaum zugänglich war, konnte Pollak nicht die dem Gesims 14 Lünettenfenster. Letztere wur­ originalen Baurechnungen des 17.Jahrhunderts den bald wieder vermauert - vielleicht auf konsultieren, sondern stützte seine Zuschreibung Wunsch von Johann Paul Schor, der ab 1665 das an del Grande auf wesentlich spätere Quellen Gewölbe freskierte. sowie auf einen Brief des Architekten, worin die­ Schor war in jenen Jahren der »künstlerische ser vom Stand der Arbeiten berichtet. Die syste­ Direktor« des Hauses Colonna. Mehrere Rech­ matische Durchsicht aller »Conti saldati« aus dem nungen beweisen, daß er auch auf die architekto­ Zeitraum des Galeriebaus (I. A. 26 -1. A. 120) hat nische Gestaltung der Galerie und speziell auf neuerdings nicht nur eine Fülle von Dokumenten die Stuckdekoration Einfluß nahm. So liegt es zur Umgestaltung des gesamten Palazzo Colonna nahe, ihm einen Entwurf für die Wandgliederung in der zweiten Hälfte des Seicento zutage geför­ (Abb. i)9 zuzuschreiben, der sowohl thematisch dert, sondern gewährt auch neue Einblicke in die als auch stilistisch eng mit seinen erwähnten Entstehungsgeschichte der Galerie8. Deckenfresken zusammenhängt10. Ebenso wie Aus einer detaillierten »Misura e stima« unter der bekannte Aufriß in Windsor, der das Colon­ dem Titel »Lavori della Stalla con sua Galleria na-Wappen trägt und von den Maßen her exakt 3 Grundlegend zum Bautypus Galerie äußern sich die Wiener Barocktradition, Wien/Köln/Weimar Frank Büttner: Die Galleria Riccardiana in Florenz, 3995> 147- J76; hier: 149. Frankfurt/Main 1972, Kapitel V, sowie Wolfram 6 Oskar Pollak: Antonio del Grande, ein unbekannter Prinz: Die Entstehung der Galerie in Frankreich und römischer Architekt des XVII. Jahrhunderts, in: Italien, Berlin 1970 bzw. id.: Galleria. Storia e tipolo- Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K. K. Zentral- gia di uno spazio architettonico, a cura di Claudia Kommission für Erforschung und Erhaltung der Cieri Via, Modena 1988. Kunst- und historischen Denkmale, III, 1909, 133- 4 Büttner (wie Anm.3), 158. Prinz 1988 (wie Anm.3), 161; hier: 137-141. Manfredo Tafuri: Antonio Del 7E Robert W. Berger: Versailles. The Chateau of Grande, in: Dizionario biografico degli italiani, 36, LouisXIV, London 1985, 52. Lexikon der Kunst, 1988, 617-623. Leipzig 1994/München 1996, VII, 609 (s.v. Versail­ 7 Elena Tamburini: Due Teatri per il Principe. Studi les). sulla committenza teatrale di Lorenzo Onofrio Co­ 5 Hans Sedlmayr: Johann Bernhard Fischer von Erlach lonna (1659-1689). Con un’ipotesi di ricostruzione architetto. Edizione a cura di Giovanna Curcio, Mila­ del teatro »piccolo« elaborata in collaborazione con no 1996, 35, 318. Elisabeth Sladek: Der Italienaufent­ Sergio Rotondi, Roma 1997, 424. halt Johann Bernhard Fischers zwischen 1670/71 und 8 Alle in diesem Artikel nur erwähnten Dokumente 1686. Ausbildung - Auftraggeber - erste Tätigkeit, in: werden (nebst vielen anderen) im Anhang meiner Friedrich Polleroß (Hrsg.): Fischer von Erlach und Dissertation in extenso publiziert. 57° 2. Schor-Werkstatt nach Entwurf von Johann Paul Schor: Projekt für die Wandgestaltung der Galleria Colonna an eine der Stirnwände der Galerie paßt911, 10verrät Krise auslöste, die dann die neue Raumkonzepti­ auch die neu entdeckte Zeichnung Schors domi­ on ermöglichte12. Die ersten Posten der Misura, nantes Interesse am schmückenden Detail. Daß noch von Schor angeordnete Maßnahmen, be­ Schor von solcherart kleinteiligen Projekten treffen nur den Aufbau von Malergerüsten (spä­ plötzlich auf die monumentale und ganz schlich­ testens im April 1674 übernahmen Giovanni te Idee der freistehenden Kolossalsäulen verfallen Coli und Filippo Gherardi die Fertigstellung der sein sollte, erscheint schwer vorstellbar. Galeriefresken). Dann beginnen unter dem Da­ Eine »Misura e stima« über Arbeiten in der tum 8. 6. 1674 »Lavori de stuccho fatti e poi des- Galerie von Ende 1673 bis 1679 deutet darauf fatti alla mostra della cornice verso il giardino hin, daß Schors Tod im März 1674 eine kreative ordinati dal Sig. Mattia de Rossi«, gefolgt von 9 Die Zeichnung (265x555mm, Feder über Graphit, mit der Ausführung der Reinzeichnung beauftragte. braun und gelb laviert) befindet sich im Archivo Co­ Zu Schors Zeichnungsstil siehe Giulia Fusconi: Di- lonna, alte Signatur III. QB. 2, no. 13, provisorische segni decorativi di Johann Paul Schor, in: Bollettino neue Signatur 136. Marco Pizzo, der eine Publikation d’arte, Anno LXX, Serie VI, 33-34, 1985,
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