Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 141. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2020 17629

Oliver Krischer (A) Der Emissionshandel ist ein Instrument des Klima- (Timon Gremmels [SPD]: Da waren drei grüne (C) schutzes. Er kann, je nachdem, wie man ihn ausgestaltet, Landesregierungen gestern mit dabei! Ihr re- sinnvoll sein. Das ist aber eben nur ein Instrument. giert doch in Brandenburg, Sachsen und Sach- sen-Anhalt mit!) (Dr. Lukas Köhler [FDP]: Wir haben nichts anderes gesagt!) Ich hoffe, dass Sie sich, wenn Sie das hier vorlegen, be- sinnen und auf das Kommissionsergebnis zurückgehen, Sie wollen, dass wir alle anderen Instrumente, die wir damit wir hier eine gemeinsame Linie für den Kohleaus- haben, abschaffen und alles über den Emissionshandel stieg finden können. Meine Fraktion ist bereit dazu. Aber regeln. das, was Sie gestern auf den Tisch gelegt haben, geht in (Dr. Lukas Köhler [FDP]: Quatsch!) die falsche Richtung. Das muss völlig klar sein. – Doch. Das genau sagt Ihr Antrag. – Wer so eine Position Ich danke Ihnen. vertritt, der will in Wahrheit gar keinen Klimaschutz. Und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – das ist nämlich die Position der FDP. Sie haben nur nicht Timon Gremmels [SPD]: Ihr regiert doch auch den Mut, das an der Stelle zu sagen. in drei Bundesländern mit! – Zuruf des Abg. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]) sowie bei Abgeordneten der SPD) Man könnte jetzt viele Wissenschaftler zitieren, die Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Ihnen ins Stammbuch schreiben, dass das, was Sie an Nächster Redner ist der Kollege Karsten Möring, der Stelle vertreten, Quatsch ist. CDU/CSU. (Dr. Lukas Köhler [FDP]: Wen denn? – (Beifall bei der CDU/CSU) Dr. [FDP]: Professor Krischer!) Karsten Möring (CDU/CSU): Es gibt viel authentischere Positionen: Es gibt da einen Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie- Wirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen, der heißt ber Kollege Krischer, ich habe mich, als Sie zu reden Andreas Pinkwart. angefangen haben, gefreut, dass ich eine hohe Überein- ( [SPD]: Ja!) stimmung zwischen Ihrer Position und meiner feststellen konnte. Leider änderte sich das im Laufe der Rede ganz Der feiert sich in Nordrhein-Westfalen für den Kohleaus- massiv. Immerhin habe ich eins gelernt – das wusste ich stieg; der stimmt im Bundesrat dem CO -Preis zu; der (B) 2 nicht, weil ich damals noch nicht dabei war oder noch (D) vertritt das exakte Gegenteil von dem, was Sie hier sagen. nicht so intensiv teilgenommen habe –: Der Emissions- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- handel ist also unter anderem von Ihnen erfunden wor- wie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Florian den. – Das beruhigt mich, weil der Herr Beutin uns ja Toncar [FDP]: Das würde er bestreiten!) gerade erzählt hat, wie schlimm das am Anfang gewesen ist. Das zeigt einfach: Sie leben nicht in der Realität; Sie leben in einer virtuellen neoliberalen Welt. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Nein!) Insofern kann ich jetzt sagen: Hätten Sie das damals noch besser gemacht, sodass es von Anfang an so funktioniert Ich möchte an dieser Stelle über die reale Welt reden, hätte wie heute, wäre das natürlich auch schön gewesen. und das ist das, was wir gestern zum Kohleausstieg auf den Tisch gelegt bekommen haben. Ich wundere mich (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und ehrlich gesagt darüber, wie eine Bundesregierung mit der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD) dem Votum der Zivilgesellschaft, mit dem Votum der Aber auch in der Politik gilt der Satz: Learning by Doing. Kohlekommission umgeht. 28 Vertreter haben miteinan- Deswegen: Wenn es am Ende in Ordnung ist und funk- der gerungen, um ein Ergebnis hinzubekommen. Und das tioniert, umso besser. wird jetzt in weiten Teilen infrage gestellt. Ich sage: Es geht nicht, dass man die Abschaltreihenfolge in der Weise Was haben wir mit dem Antrag der FDP heute vorlie- verändert, dass das weiter nach hinten verschoben wird. gen? Der Emissionshandel ist eines der wichtigsten In- Ich sage: Es geht nicht, dass es eine Bestandsgarantie für strumente; keine Frage. Aber da jetzt alles reinzupacken – den Tagebau Garzweiler rechtlicher Art geben soll, dass über dieses Thema haben wir ja schon öfter diskutiert –, das bundesgesetzlich gemacht wird. Und ich sage: Es ist sektorenübergreifend, funktioniert nicht, solange wir so ein absoluter Skandal, dass Sie zu Beginn des Kohleauss- extrem unterschiedlich hohe Vermeidungskosten zwi- tiegs mit Datteln 4 erst mal ein Kohlekraftwerk in Betrieb schen den Sektoren haben. nehmen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wenn wir das täten, dann wäre die Konsequenz – das hat Meine Damen und Herren, damit stellen Sie den Kom- der Kollege Mindrup vorhin schon angesprochen – in der promiss infrage. Sie gießen Öl ins Feuer. Sie schaffen es Tat fatal, weil dann nämlich das Aufkaufen von Zertifika- damit nicht, einen gesellschaftlichen Konflikt zu lösen. ten aus dem Bereich Industrie und Energie folgen würde, 17630 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 141. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2020

Karsten Möring (A) mit erheblichen Kostensteigerungen in diesem Bereich. Gelegenheit zuzustimmen. Das sollten Sie auch tun; denn (C) Das wollen wir uns nicht leisten. Genau deswegen haben das, was wir hier machen, ist vernünftig. Das, was Sie wir unser Emissionshandelssystem auf der nationalen machen, ist – leider – zum jetzigen Zeitpunkt unvernünf- Ebene folgendermaßen gestrickt: Wir machen einen Ein- tig. stieg, und der geht in ein Emissionshandelsverfahren über, aber Schritt für Schritt, und es gibt einen Wechsel (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- von einem Festpreissystem zu einem marktorientierten ordneten der SPD) Preissystem. Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Wenn Sie sagen, das sei eine verfassungswidrige Steuer, erkläre ich Ihnen mal – darauf hat der Kollege Nächster Redner ist der Kollege , AfD. Nüßlein vorhin schon hingewiesen –, was der Unter- (Beifall bei der AfD) schied zwischen einer Steuer und dieser CO2-Abgabe ist. Sie ist nicht verfassungswidrig, Karsten Hilse (AfD): (Karsten Hilse [AfD]: Sie heißt einfach an- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe ders!) Landsleute! Die FDP legt einen Antrag vor, um den Weg aufzuzeigen, wie man von Deutschland aus ver- deswegen nicht, weil wir erstens eine Zweckbindung der meintlich das Weltklima retten kann. Der Grundgedanke, Erhebung haben und weil wir zweitens das System als das Klima überhaupt über eine Verringerung der CO2- Ganzes betrachten müssen. Das ist der Einstieg in unser Emissionen maßgeblich beeinflussen zu können, ist ab- Emissionshandelssystem, das wir ab Mitte des Jahrzehnts surd und wird von immer mehr unabhängigen Wissen- haben werden, gedeckelt nach oben und unten. Die Deck- schaftlern abgelehnt. elung ist eine andere Frage. Wir müssen sehen, ob der Deckel dann genau passt. Darüber können wir aber disku- In dem Antrag finden sich zwei Forderungen, denen tieren, wenn dieses Thema ansteht. – Von daher ist völlig wir uns anschließen, erstens die Forderung, den Entwurf klar, dass wir gar keine andere Alternative hatten, als die eines Gesetzes über die Aufhebung des Brennstoffemis- Sektoren getrennt zu behandeln. sionshandelsgesetzes vorzulegen, zweitens die Forde- rung, den gesetzlichen Ausstieg aus der Kohleverstro- Auch das andere Thema, das Ganze auf die Ebene der mung nicht weiterzuverfolgen. Der Rest ist Murks und EU zu bringen, ist bereits angelegt; denn wir haben die zeugt davon, dass Sie sich im Gegensatz zu Ihren Partei- Struktur dieses Handelssystems genau so konstruiert, kollegen im Jahr 2010 – die hatten noch Eier – mit den dass es den Regelungen der EU im Wesentlichen ent- wissenschaftlichen Grundlagen nicht befassen, (B) spricht, sodass wir es überführen können. Das muss aber (D) mit den anderen EU-Mitgliedsländern verhandelt werden. (Timon Gremmels [SPD]: Keine unparlamen- Daran ist zu arbeiten. tarischen Ausdrücke!) Das sind die entscheidenden Punkte dabei. Sie werden sondern der von den Neosozialisten mit Unterstützung verstehen, dass wir Ihrem Antrag nicht zustimmen kön- der Leitmedien und des Staatsfunks entfachten Klima- nen; hysterie hinterherhecheln. (Dr. Lukas Köhler [FDP]: Verstehen tun wir es Dabei wäre es relativ einfach, die notwendigen Infor- nicht!) mationen in der Literatur zu finden, zum Beispiel: „Von einem Jugendstraftäter, der mit dem besten Klimaexper- denn so, wie er jetzt gestrickt ist, würde er Kosten produ- ten der Welt verwechselt wurde: Ein IPCC-Exposé“ von zieren, die einfach nicht tragbar sind. der kanadischen Journalistin Donna Laframboise; „Pro- pheten im Kampf um den Klimathron: Wie mit Ängsten Von daher ist die Sache relativ einfach: Das Emissions- um Geld und Macht gekämpft wird“ von Diplom-Meteo- handelsgesetz kommt. Der Einstieg ist geschafft. rologe Dr. Wolfgang Thüne, langjährigem Wettermodera- (Lachen bei Abgeordneten der FDP) tor des ZDF; „Klimawandel: Gewissheit oder politische Machenschaft?“ von Dr. Helmut Böttiger; „Die Klima- Wenn Sie mehr Emissionshandel hätten haben wollen, verschwörung. Der größte Wissenschaftsskandal der wenn Sie mehr Ihrer Ideen hätten umsetzen wollen, dann – Neuzeit“ von Harry G. Olson; „Der Klimaschwindel: den Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen – Erderwärmung, Treibhauseffekt, Klimawandel – die (Dr. Florian Toncar [FDP]: Ja, jetzt kommen Fakten“ von Kurt G. Blüchel; „Die Klimalüge“ von wieder die Legenden! Wahrheitswidrige Le- Wolfgang Burgleitner; „Die erfundene Katastrophe: Oh- genden! Keiner war dazu bereit!) ne CO2 in die Öko-Diktatur“ von Günther Vogl; „Klima: Der Weltuntergang findet nicht statt“ von Gerd Ganteför; hätten Sie mit den Emissionshandelsfreunden bei den „Fakten, nichts als Fakten!: Globale Erwärmung oder Grünen und bei uns vielleicht das Problem auf anderer globale Verblödung der Menschen?“ von Otto Hahn; Ebene regeln können. „Blauer Planet in grünen Fesseln. Was ist bedroht: Klima oder Freiheit?“ vom ehemaligen tschechischen Präsiden- (Dr. Florian Toncar [FDP]: „Vielleicht“! Das ten Vaclav Klaus; „The Politically Incorrect Guide to sagen Sie ja selbst schon!) Climate Change“ von Marc Morano und – nicht zu ver- Die Chance haben Sie fürs Erste weggegeben. Sagen wir gessen – „Die kalte Sonne: Warum die Klimakatastrophe es also mal so: Wir finden hier einen Weg, und Sie haben nicht stattfindet“ von Fritz Vahrenholt und Sebastian