Die Platte am Anfang Robert Forster The Evangelist »Bright Tomorrow«, als wären wir hier beim Jazz. F.S. Blumm Meets Luca Fadda Tuition | Alive Was die Fuck Buttons selbst als »Rainbow Rock« Ahornfelder | Hausmusik Dito «The Evangelist« setzt einen Schluss- bezeichnen, wird jede Mode seltsamer Musik über- DFA | EMI punkt unter das unschätzbare gemein- dauern. Denn der Sog zieht schon mit der Einführung Bobby & Blumm Everybody loves... Jahrelang führte Andy Butler ein same Schaffen von Robert Forster und los, oder soll ich sagen, der Exposition. Mit Glöck- Morr Music | Indigo Doppelleben. Tagsüber studierte er seinem verstorbenen Go-Betweens- chensounds wird das Ambiente eingebimmelt, bevor Ich will jetzt gar nicht lange herumre- klassische Musik und schrieb Kompo- Partner Grant McLennan. »Demon Days«, »Let eine Flaming-Lips-Gitarre reinbratzt. Der Rest ist dann den. Dieser Frank Schültge Blumm ist sitionen für Tanzensembles, abends You’re Light In, Babe« und »It Ain’t Easy«, die drei was fürs Mischpult als Instrument. Von hier an schau- mir unheimlich. Ich meine, hey, wie legte er als DJ in House-Clubs auf. Auf dem Debüt gemeinsam für ein geplantes Go-Betweens-Album kelt sich das Werk hoch. Die Abstände zwischen den viele großartige Alben will der Mann von Hercules And Love Affair dominiert jedoch eine geschriebenen Stücke, stehen auf »The Evanglist« Errichtungsphasen der Walls of Sound verringert sich noch bei diversen Kleinstlabels im Vierteljahrestakt ganz andere Liebe, nämlich die für den Discopop der wie ein Verweis auf eine alternative Zukunft da, die langsam, aber sicher. Stimmen werden nicht singend veröffentlichen? War nicht gerade erst »Zweite frühen Achtziger. Als Gastsänger konnte Butler nie- es für uns nie geben wird. Nichts an »The Evange- eingesetzt. Es gibt bloß Geschrei. Der Trick an »Street Meer«? Oder »Summer Kling«? Großartige Alben mand Geringeren als Antony von Antony And The list« wird irgendjemanden überraschen. Aber die Horrsing«: Die wichtigen Werkzeuge sind von Anfang voller großartiger Songs und wunderbarer Sounds. Johnsons gewinnen, dessen androgyner Gesang Größe von Robert Forster lag schon immer darin, es an da. Sie werden immer nur moduliert und in dabei Sehnsüchtig machend. Glück verheißend. Eigensin- sich bestens in Discomusik einfügt. nicht nötig zu haben, seine Zuhörer zu überraschen. in verschiedene Kontexte unterschiedlicher Fließge- nig und dabei ganz leise, zart und unaufdringlich. Doch die Musik von Hercules And Love Affair Das Album handelt von Dingen und Menschen, die schwindigkeiten eingebettet. Diese Platte kennt den Songs, die auch nach Monaten noch ein Geheimnis geht weit über bloßes Retro-Flair hinaus und möch- man verliert, die man behält und die man nie er- Morgenaufgang mit After-Hour-Musik und das neue offenbaren, obwohl man sie schon ein paar Dutzend te schon gar nicht als eine Art Camp-Phä- reicht. Es erzählt von Sehnsüchten, ohne jemals Boris-Album, Teufel aber auch! Christoph Braun Male gehört hat. nomen neu beleben. Postmoderne Ironie ist Andy sentimental zu sein. F.S. Blumm und der New Yorker Trompeter Butler fremd, er meint es sehr ernst, wenn er dar- Forsters Nüchternheit macht diese Sehnsüchte Frank Spilker Gruppe Mit all den Leuten Luca Fadda haben am 1. Dezember 2006 in New an erinnert, dass Disco einmal eine der emanzipa- viel dringlicher, viel unmittelbarer, wichtiger und Staatsakt | Indigo York ein längeres Konzert gespielt, das nun die torischsten Bewegungen im Pop war, in der sowohl unausweichlicher, als Tränendrüsendrückerei es je- Alles halb so schlimm. Die Sterne ha- Grundlage bildet für den langen Track »Giorgi Schwule, Frauen wie Afroamerikaner ihre Rechte mals gekonnt hätte. Und »Ghost Town«, das letzte ben sich nicht getrennt, Frank Spilker, And Lucy«. Andere Tracks des Albums entstan- einklagten. Kein Wunder also, dass hier Bands wie Stück der Platte, ist vielleicht eines der besten Stü- ihr Sänger und Gitarrist, hat es nur den auf dem Postweg, klingen aber so organisch, Soft Cell, Yazoo und Bronski Beat anklingen, aller- cke, die er je geschrieben hat. Der Versuch, einen nicht länger ausgehalten. Das, was sich als hätte man sich ein paar Wochen lang ins Stu- dings mit House- und No-Wave-Elementen angerei- Menschen zu verstehen, dessen Ausweg aus dieser da zuletzt angestaut hatte in ihm, wollte unbedingt dio zurückgezogen. Da slapt der Bass, da klickern chert. All das ergibt einen musikalischen Pool, den Welt der Selbstmord war. Glasklar, immer mit der raus. Jetzt. Und die Sterne, sagt der 41jährige Ham- und tickern Spielzeuge, da entwirft die Gitar- man als seriösen Hedonismus bezeichnen könnte: gebotenen literarischen Distanz; hier ist nichts un- burger, wären nicht das richtige Ventil gewesen – re leichtsinnige Melodieansätze und Motive und Die Musik ist tanzbar, aber auch voller historischer mittelbar, der Verstand ist immer als bewusste, er- formal zu streng. Er hat vielleicht recht. »Mit all den darüber legen sich mal verfremdete, mal analoge Verweise, denen nicht zuletzt daran gelegen ist, Dis- kennbare Instanz in jeder Zeile erkennbar. Und ge- Leuten«, eingespielt mit Matthias Strzoda und Max Trompetensounds, während es im Hintergrund co und House in ihren Ursprungsformen gegenüber rade das macht den Schmerz so übermenschlich Knoth, ist ein wahrer Ausbund an Vielfältigkeit. Mal leise knisternd. Alles swingt, aber sehr subtil. Ein der Verflachung zu verteidigen, die diese Genres im groß. Man muss einfach da bleiben und aushalten. slackerhaft sternetypisch und funky, mal balladesk großartiges Album, randvoll mit Ideen, sehr ent- Laufe der Jahrzehnte erlebt haben. Und weitermachen. Und diese Platte zeigt, dass es verschmust. Dann wieder kreischt oder hämmert spannt dargeboten. Neben Referenzen an die griechische Mythologie, möglich ist. Alexander Kasbohm das Ding oder schlägt um sich, nur um etwas später Und jetzt legt Blumm gleich nach. Neue Bau- die das Album wie einen roten Faden durchziehen und epischen Rock im Geiste Mercury Revs Wirklichkeit stelle, neues Glück. Ein Duo-Album mit Bobby an alte Gay-Pop-Traditionen anknüpfen, sorgt Sänge- Fuck Buttons Street Horrsing werden zu lassen. Baby aus Schweden, die eigentlich Ellinor Blixt rin Nomi für eine feminine Note. Die New Yorker Sän- ATP Recordings | Rough Trade Der Texter Spilker beobachtet sich und damit die heißt und eine Stimme hat, wie fürs Folk-Revi- gerin stammt aus dem Umfeld von CocoRosie und hat Die Fuck Buttons aus Bristol machen Gesellschaft, trägt Fragen vor, in gewohnt unprä- val geschaffen. Und Blumm hat Akkordfolgen im bereits mit Debbie Harry zusammengearbeitet. Hier Musik, in die man eintritt. Vorab ha- tentiös melancholischem Ton. Er weiß nichts bes- Gepäck, dass man nur noch mit den Ohren schla- schließen sich historische Kreise, genauer gesagt er- ben Andrew Hung und Benjamin John ser. Auch seine Mama hat keine Antworten. Aber du ckert. Bobby und Blumm wurden einander von innert Butler an eine Kontinuität in seiner Wahlheimat Power bereits die 7-Inch-Single darfst ihn ruhig mal am Arsch lecken. Und wenn er Thomas Morr vorgestellt. Sie danken es ihm mit New York. Dort hat sich Disco immer schon mit ande- »Bright Tomorrow« rausgebracht, ein Orgelsound singt, dass wir nur das eine Leben haben, und des- »Everybody Loves...«, dem schönsten Album, das ren, vermeintlich weißen Musikstilen vermischt und im Viervierteltakt, umflort von Eurodance-Sounds. halb aufpassen sollten, es nicht zu versauen, so wie je auf Morr Music erschienen ist. Gitarren, Key- darauf aufmerksam gemacht, dass Funk und Punk nur Die Platte mündet in eine Noise-Explosion. »Street seine Protagonistin im Text, dann ist das zwar ein boards, Devices, Stimmen – mehr braucht es hier ein Buchstabe trennt. Schön, dass mal wieder jemand Horrsing« nun ist das Debüt in der langen Form, Allgemeinplatz, aber leider auch so wahr, dass es nicht. Klingt manchmal (»B To B«) fast wie die daran erinnert, ohne sich musikalisch im bloßen Zitat- konkret eine Suite in sechs Teilen. Sie umflimmern, schmerzt. Der Mann ist eben keine Zwanzig mehr. Young Marble Giants. Am 21.4.08 spielen sie im Sampling zu erschöpfen. Martin Büsser umrauschen, umgarnen diesen einen Track, dieses Und ungemein sympathisch. Michael Saager Salon Elitaer in Kassel. Ulrich Kriest 26 Platten Platten 27