NR. 04 / 19. WP • APRIL 2020 SÜDWEST GRÜN RUNDBRIEF DER BADEN-WÜRTTEMBERGISCHEN GRÜNEN IM

LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE, es sind außergewöhnliche Zeiten für uns alle. In vielerlei Hinsicht. Wer hätte für möglich gehalten, dass eine hochkomplexe und vernetzte Gesellschaft wie die unsere quasi von heute auf morgen „den Betrieb“ runterfährt? Das Gebot der Stunde ist es, Zusam - menhalt dadurch zu zeigen, indem wir Abstand voneinander halten – so schwer uns das allen auch fallen mag, so bedrückend es auch für viele ist. Wir denken an jene, die verunsichert sind und sich fragen, ob ihre berufliche Existenz weiterhin sicher ist – wir werden uns dafür einsetzen, dass dem so ist. Wir denken auch an Familien, in denen Großeltern und Enkelkinder sich momentan nicht sehen, geschweige denn umarmen können.

Es gäbe viele solcher Beispiele, die uns berühren. Zugleich wissen wir aber auch: je konsequenter wir uns und jeden unserer Mit - menschen schützen, desto eher werden wir zu einem anderen Miteinander zurückkehren, sozial wie auch wirtschaftlich. Vielleicht erst Schritt für Schritt, langsam, aber dafür sicher. Wir sind zuversichtlich, dass die von Bund und Ländern beschlossenen und breit getragenen Maßnahmen entsprechende Wirkung zeigen. Die Krise hat eine Welle der Solidarität und gegenseitigen Unterstützung ausgelöst. Diesen Zusammenhalt und die Kraft, die sich daraus ergeben, werden wir auch künftig brauchen. Denn die Herausforde - rungen werden nicht weniger. Als Bundestagsfraktion haben wir die Bundesregierung bei ihrem Vorgehen unterstützt, aber auch wichtige und elementare demokratische Grundrechte des Bundestags erfolgreich eingefordert. Jegliche Grundrechtsbeschränkung muss stets auf den Prüfstand. Denn Demokratie muss sich gerade in der Krise bewähren.

Das Virus kennt keine Grenzen, daher muss die Antwort darauf solidarisch, europäisch und international sein. Dafür setzen wir uns ein, denn wenn alle Staaten alleine für sich und gegeneinander arbeiten, können wir alle den Kampf nicht gewinnen. Doch es wird bald auch wieder eine Zeit kommen, in der wir über die besten Wege und Lösungen streiten werden – etwa dass wir Klimaschutz, stabile Ökosysteme, Artenschutz, soziale Gerechtigkeit und Wirtschaft unbedingt miteinander verbinden müssen. Die enormen Mittel, die in Konjunktur- und Investitionsprogramme fließen werden, müssen eine doppelte Dividende erzielen. Sie müssen Ar - beitsplätze erhalten und neue schaffen. Und sie müssen gleichzeitig durch zielgerichtete Investitionen den Umbau unserer Ökono - mie in eine klimaneutrale und naturverträgliche Wirtschaft voranbringen. Denn es mehren sich Stimmen aus der Wissenschaft, dass gerade zunehmende Naturzerstörung das Risiko von Pandemien und Zoonosen erhöht.

Politik, das bedeutet miteinander reden, miteinander diskutieren, miteinander nach vorne schauen. Wie kommen wir ins Gespräch? Momentan vor allem digital und im Netz. Die Bundespartei hat gerade erst angekündigt, den kommenden Länderrat virtuell im In - ternet zu veranstalten. Zu unseren entsprechenden digitalen Angeboten werdet ihr in nächster Zeit mehr von uns hören!

Wer erkrankt ist, dem senden wir herzliche Genesungswünsche! Und wir denken an diejenigen, die trotz eigener schwieriger Situa - tion auf Besuche Angehöriger verzichten müssen. Zugleich danken wir allen, von ÄrztInnen über PflegerInnen bis hin zu Kassiere - rInnen – die wir stellvertretend für viele andere nennen –, die mit ihrer Arbeit einen unverzichtbaren Dienst für die gesamte Bevölkerung leisten. Wir werden uns politisch dafür einsetzen, dass diese Wertschätzung auch über diese außergewöhnlichen Zei - ten hinaus Bestand haben wird.

Bleibt gesund und zuversichtlich!

Euer Harald und die ganze Landesgruppe DR. Startup-Beauftragter WWW.DANYAL.EU Tel. 030 / 227-77247, Fax 030 / 227-70247, [email protected] WAHLKREISBÜRO Schlossstraße 4, 68723 Schwetzingen Tel. 07251 / 327 62 77, [email protected]

AKUtE MASSNAHMEN gEgEN DIE KONjUNKtURpROgRAMME MIt INNOvAtION WIRtScHAFtLIcHE KRISE UND NAcHHALtIgKEIt vERBINDEN

ie Corona-Krise hat schon jetzt deutliche Auswir - Lasst uns dafür Verständnis haben, dass dies für alle Dkungen auf unsere Arbeit und unsere Wirtschaft. Beteiligten eine besondere Situation ist. Wir alle lernen Nicht nur Ökonomen treibt die Frage um, wie hart uns jeden Tag dazu - diese Lernkurve darf und soll gerne die Rezession, also ein Rückgang der Wirtschaftsleis - auch exponentiell wachsen. Es wird sicherlich nicht das tung, treffen wird. Weniger Arbeitsplätze, weniger letzte Mal gewesen sein, dass wir in diesem Jahr über Wertschöpfung, weniger Steuereinnahmen, Turbulenzen wirtschaftliche Maßnahmen gesprochen haben. Zum an den Finanzmärkten, was auch Sparerinnen und Al - Schutz vieler Menschen und um eine Überlastung des tersvorsorge empfindlich trifft. Dies ist die Stunde der Gesundheitssystems zu vermeiden, erleben wir im All - Exekutive. Wir nehmen als Parlament und Opposition tag gerade starke Eingriffe in unsere Freiheit. Sie sind unsere Verantwortung wahr und unterstützen die Bun - nötig, um die Kurve an Neuinfektionen abzuflachen. Es desregierung bei diesem Vorhaben. Wir haben dem Ret - muss jedoch auch klar sein, dass diese einschränkenden tungspaket der Regierung und dem damit verbunden Maßnahmen nur auf gewisse Zeit ausgelegt sind. Weder Nachtragshaushalt von historischen 156 Milliarden unsere Wirtschaft noch unsere freie Gesellschaft hält es Euro zugestimmt, um Beschäftigte und Unternehmen auf Dauer aus, in einem Shutdown zu verweilen. zu stützen. Gute, aktuelle Informationen zu Maßnah - men wie Kurzarbeitergeld oder Liquiditätshilfen für Un - Wer in den Shutdown einsteigt, wird auch wieder aus - ternehmen gibt es auf den Seiten der Bundesagentur steigen müssen. Dann werden wir intensiv darüber dis - für Arbeit ( https://gruenlink.de/1q9u) oder der Kredit - kutieren, wie wir unsere Wirtschaft nachhaltig und anstalt für Wiederaufbau ( https://gruenlink.de/1q9w). ökologisch stärken und wichtige Zukunftsthemen ge - Ich bin froh darüber, dass unser Vorschlag zur Einrich - meinsam anzugehen. Angesichts der Diskussion um Me - tung von Hilfestellungen für Solo-Selbständige von der dikamente und Lieferengpässe sowie die Dringlichkeit Regierung aufgegriffen worden ist. In diesem Kontext der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Corona, er - hat auch die Landesregierung in Baden-Württemberg scheint so zum Beispiel auch die Debatte um den For - ein Soforthilfeprogramm auf den Weg gebracht, um die schungs- und Innovationsstandort Deutschland in ganz wirtschaftliche Existenz der Solo-Selbständigen und neuem Licht. Klein-Unternehmen zu sichern. Es handelt sich um eine einmalige Unterstützung, die nicht zurückgezahlt wer - Globale Krisen lösen wir nur gemeinsam, jedoch sollten den muss. Wir werden fortlaufend prüfen, inwiefern die wir dabei nicht auf chinesische Technologie oder eine beschlossenen Maßnahmen zielführend und ausrei - America-First-Mentalität angewiesen sein. Wir sollten chend sind und die Regierung auf Verbesserungspoten - uns also zeitnah überlegen, wie wir den Forschungs- zial hinweisen. Beispielsweise habe ich Bundesfinanz- und Innovationsstandort Deutschland langfristig und minister Olaf Scholz einen Brief zur Umsetzung steuer - nachhaltig verbessern. Ein staatlicher Wagniskapital - licher Regelungen während der Corona-Krise geschrie - fonds könnte hier den entscheidenden Unterschied ma - ben. Wir werden aber nicht das sprichwörtliche Haar in chen. Er könnte in relevanter Größenordnung in der Suppe suchen. Es geht jetzt darum, dass Hilfen Startups investieren, die zum Beispiel in den Bereichen schnell und unkompliziert ankommen. Nachhaltiger Energie, Künstliche Intelligenz oder Le -

2 SÜDWEST GRÜN 04/19 Die CoRoNa-KRise uND uNseRe WiRtsChaft benswissenschaften tätig sind. In diesen Branchen fin - weise eine sehr lange Laufzeit, beispielsweise 30 Jahre, det momentan der Wettbewerb um die technologische und werden zum Zeitpunkt der Fälligkeit anteilsmäßig Vorherrschaft statt. Dort entsteht der wettbewerbsfä - nach ökonomischer Leistungsfähigkeit getilgt. Es geht hige und innovative Mittelstand von morgen. hier also nicht um dauerhafte Eurobonds durch die Hin - tertür, sondern um eine einmalige Sonderanleihe, die Andererseits sollten wir nach der Bewältigung der aku - eine tragfähige Lastenverteilung in einer historischen ten Krise und Beendigung der Kontaktsperren auch da - Krise, für die niemand die Schuld trägt und die alle be - rauf achten, welche Konjunkturpakete wir in unserer trifft, ermöglicht. Wirtschaft zukünftig anschieben. Ein „Weiter so“ ist in der Wirtschaft auch mit Blick auf die Klimakrise nicht Es geht hier nicht nur um europäische Solidarität und wünschenswert. Bei der Klimakrise erleben wir eine die Zukunft des europäischen Friedensprojekts, sondern weitere, wenn auch weniger direkt wahrnehmbare schlichtweg auch um Deutschlands wirtschaftliches In - Kurve, die wir dringend abflachen müssen – die CO2- teresse. Wenn wir es zulassen, dass soziale und wirt - Kurve. Wir müssen daher genau schauen, welche Sub - schaftliche Verwerfungen in Europa zu noch größeren ventionen und Pakete sich auch als ökologisch Divergenzen in Europa führen, stellen wir zum einen nachhaltig erweisen. Ein Umbau unserer Wirtschaft, hin den europäischen Binnenmarkt zur Disposition. Ein Bin - zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft zu kom - nenmarkt und eine Kapitalmarktunion funktionieren men, ist dringend notwendig. nicht mit einigen wenigen hochproduktiven Volkswirt - schaften und anderen, die buchstäblich wirtschaftlich „WHAtEvER It tAKES“ MUSS AUcH am Boden liegen. Gerade ein Exportland wie Deutsch - EUROpäIScH gEDAcHt WERDEN land sollte erkennen, dass Europa maßgeblich für unse - ren Wohlstand ist. Der Bundestag hat im Eiltempo einen Nachtragshaus - halt zur Bekämpfung der Krise beschlossen. Doch Zum anderen geht es um unsere europäische Souverä - Deutschlands Volkswirtschaft wird nicht wieder Fahrt nität. Es kann nicht unser Interesse sein, dass beispiels - aufnehmen, wenn die Märkte um uns zusammenbre - weise chinesische Staatsfonds nach der Krise auf chen. Andere Staaten in Europa verfügen nicht über die Schnäppchen-Tour gehen, und Anteile oder gleich Mittel, um die Krise allein zu stemmen. Wir benötigen ganze Unternehmen in Süd- oder Osteuropa aufkaufen, europäische Instrumente, damit die europäische Wirt - weil diese Firmen angesichts der Krisensituation günstig schaft überlebt. Was besonders gebeutelten Ländern zu haben sind. Europa wird nach der Corona-Pandemie jetzt schnell und direkt helfen würde, wären einmalige als Wirtschaftsregion geopolitisch und innovationspoli - Coronabonds: Sie könnten für den ausschließlichen tisch nur dann weiter eine relevante Rolle spielen, wenn Zweck der Krisenbekämpfung, schnell und unkompli - wir erkennen, dass es „uns in Deutschland nur gut geht, ziert auf europäischer Ebene emittiert werden und wenn es Europa gut geht“ – so Kanzlerin dabei Mittel in mindestens hoher dreistelliger Milliar - im November des vergangenen Jahres. Nur gemeinsam denhöhe freigeben. Diese Mittel werden gesamteuropä - werden wir die Herausforderungen lösen können, von isch verwaltet und dort eingesetzt, wo sie denen die größte immer noch die Klimakrise und die gesundheitspolitisch am dringendsten und ökonomisch ökologische Modernisierung sind. am sinnvollsten wirken. Diese Anleihen haben idealer -

SÜDWEST GRÜN 04/19 3 DR. parlamentariSche geSchäftSführerin Sprecherin für europapolitik WWW.FRANzISKA-BRANtNER.EU Tel. 030 / 227-73096, Fax.030 / 227-76094, [email protected] WAHLKREISBÜRO Bergheimerstr. 147, 69115 Heidelberg Tel. 06221 / 914 66 20, [email protected]

EUROpäIScHE NAcHBARScHAFtSHILFE Viele gute Beispiele gibt es auch aus Betrieben, die ihre IN zEItEN vON cORONA Produktion umstellen: Trigema in Burladingen produziert 100.000 Mundschutz-Masken die Woche, Louis Vuitton ie Corona-Krise meistern wir nur europäisch. Wie und Beiersdorf Desinfektionsmittel, GM und Ford Beat - Dgute Nachbarn müssen wir in der Not zusammen - mungsgeräte, Airbus will in einer Luftbrücke medizini - stehen und gemeinsam improvisieren. Indem wir sche Produkte von China nach Europa bringen. Gute Schutzgüter teilen, unsere Forschung und Produktion für Beispiele, wie Unternehmen in Krisenzeiten umdenken, medizinische Güter koordinieren und Finanzhilfen leis - sich solidarisch zeigen und neue Geschäftsfelder er - ten. Baden-Württemberg geht mit gutem Beispiel voran. schließen. In Baden-Württemberg wurden die Unterneh - men proaktiv unterstützt - das muss national und Gute Nachbarschaft zeigt sich, wenn man sich auch in europäisch auch passieren. schweren Zeiten aushilft. Das haben uns die vielen Ak - tionen gezeigt, in denen Jüngere für Ältere einkaufen Wir müssen uns in Europa nun gegenseitig helfen: medi - und Besorgungen erledigen, Menschen gemeinsam von zinisch, um die Epidemie schnell einzudämmen, und fi - Balkon zu Balkon musizieren oder sich unter dem nanziell, um die Folgen für die Wirtschaft und die Hashtag #NachbarschaftsChallenge organisieren. Diese Eurozone abzumildern, damit aus der Coronakrise nicht nachbarschaftliche Solidarität brauchen wir auch in die nächste Finanzkrise wird. Europa. Dazu brauchen wir Vertrauen und den Willen, Europa zu stärken und zusammenzuhalten. Es war nicht Wir müssen erstens auf europäischer Ebene die Herstel - hilfreich, dass Italien zuerst medizinische Ausrüstungs - lung von Schutzartikeln wie Masken, Kleidung und Des - gegenstände aus China geliefert bekam, bevor EU-Part - infektionsmitteln sowie von Atemschutzgeräten, nerländer wie Deutschland handelten. Deutschland hat Arzneimitteln und Tests koordinieren, und dann so ver - erst nach Wochen sein Exportverbot für diese Hilfsmittel teilen, dass alle Mitgliedstaaten in der EU entsprechend aufgehoben. ihrer Notlage bedacht werden. Dafür sollten wir europä - isch erfassen, was wo gebraucht wird, Lieferengpässe Es ist ein wichtiges und tolles Zeichen unserer Landesre - analysieren und gemeinsam beheben und in der Logistik gierung, dass französische Patienten auch in den Uni - und Patentierung auf flexible europäische Lösungen set - krankenhäusern nebenan in Heidelberg, Karlsruhe oder zen, finanzielle und logistische Unterstützung dafür an - Freiburg behandelt werden, statt sie nach Südfrankreich bieten. Auch beim Wettlauf um die Entwicklung ausfliegen zu müssen. Es ist höchste Zeit, dass wir schneller Tests und Impfstoffen müssen wir europäisch Schutzausrüstung nach Italien schicken. vorgehen.

4 SÜDWEST GRÜN 04/19 DR. FRANZISKA BRANTNER parlamentariSche geSchäftSführerin Sprecherin für europapolitik euRopäisChe WWW.FRANzISKA-BRANtNER.EU NaChbaRsChaftshilfe Tel. 030 / 227-73096, Fax.030 / 227-76094, [email protected] WAHLKREISBÜRO Bergheimerstr. 147, 69115 Heidelberg IN ZEITEN voN CoRoNA Tel. 06221 / 914 66 20, [email protected]

Wir müssen zweitens den Finanzmärkten klare Signale Last gemeinsam und auf demokratische Weise zu schul - senden, dass Spekulationen gegen einzelne Mitglied - tern. staaten sinnlos sind. Wir brauchen einen umfassenden finanziellen Schutzschild für Europa und den Euroraum. Und wir müssen drittens das Exit-Szenario europäisch Nach anfänglichem Stottern hat die EZB, nachdem Ita - denken, und gemeinsam schrittweise zum Alltag zurück - lien für einen kurzen Moment aufgrund von Sekulatio - zukehren. Dabei müssen wir gemeinsam in der EU Leh - nen keinen Zugang mehr zum Finanzmarkt hatte, das ren aus der Krise ziehen, Notfallpläne aufstellen, um in 750 Mrd starke Pandemic Emergency Purchase Pro - Zukunft besser vorbereitet zu sein und die digitale sowie gramme (PEPP) aufgelegt und damit erstmal für Beruhi - sozial-ökologische Transformation angehen. Dies erfor - gung gesorgt. Nun brauchen alle Mitgliedsstaaten der dert eine koordinierte Exit-Strategie, einen umfassenden Eurozone einen zuverlässigen, langfristigen Zugang zu Konjunkturplan und beispiellose Investitionen. Es ist einer niedrig verzinsten "Gesundheits"-Kreditlinie im Eu - entscheidend, was wir aus dieser Krise mitnehmen. ropäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Leben wir die viel beschworene europäische Solidarität? Stärken wir Europa, damit wir künftig besser auf solche Aber wir brauchen auch eine Lastenteilung, weil einige Notlagen vorbereitet sind? Machen wir die öffentliche Länder sonst Gefahr laufen könnten, nicht genug für Gesundheit und die Bekämpfung von Epidemien zu einer ihre Gesundheit und Konjunktur ausgeben zu können. gemeinsamen Zuständigkeit der EU? Produzieren wir Dies würde nicht nur dem betroffenen Land schaden, mehr dezentral und bauen dazu unsere Wirtschaft und sondern den gesamten Binnenmarkt gefährden. Es gäbe Logistik um? Machen wir die Eurozone endlich krisen - dann zwei Arten von europäischen Ländern, jene, die in fest, indem wir die Wirtschafts-und Währungsunion Gesundheit und ihre Wirtschaft investieren können, und vollenden? jene, die dies nicht können, mit Massenarbeitslosigkeit und Depression. Deutschlands Wirtschaft wird aber Das Virus kennt keine nationalen Grenzen. Wenn die nicht mit einem halben Binnenmarkt wieder zum Laufen Pandemie nicht europaweit eingedämmt ist, wird sie zu bringen sein. Außerdem gefährdet das die Funda - immer wieder nach Deutschland zurückkehren. Lassen mente der Europäischen Union. wir ein europäisches Land damit alleine, schwächen wir die gesamte EU und schaden damit am Ende uns selbst. Wir fordern daher die Ausgabe von Europäischen Ge - sundheitsanleihen mit einem klaren und definierten ge - meinsamen Ziel und unter Einhaltung gemeinsam vereinbarter Richtlinien. Dies würde es ermöglichen, die

SÜDWEST GRÜN 04/19 5 Stellvertretende fraktionSvorSitzende WWW.AgNIESzKA-BRUggER.DE Tel. 030 / 227-71570, Fax 030 / 227-76195, [email protected]

WAHLKREISBÜRO Rosenstraße 39, 88212 Ravensburg, Tel. 0751 / 359 39 66, Fax 0751 / 359 39 67 [email protected]

IN DER cORONA-KRISE zUSAMMENHALtEN – schweren Krise seine europäischen Freunde unterstützen, IM LAND UND INtERNAtIONAL und auch wir sind auf die Hilfe anderer angewiesen. Wenn andere Mitgliedsstaaten medizinisches Material nicht as Corona-Virus stellt unsere Gesellschaft vor krasse selbst herstellen können, muss auch Deutschland mit sei - Herausforderungen. Der Bundestag hat den Weg nen guten Möglichkeiten helfen, zum Beispiel im gemein - Ddafür freigemacht, diejenigen zu unterstützen, die samen Pool der EU-Kommission für medizinische von diesem Ausnahmezustand besonders belastet werden. Versorgung . Trotz aller berechtigter Kritik an einzelnen Maßnahmen und insbesondere an bestehenden Lücken: Es ist ein star - Die Bundesregierung muss angesichts einer drohenden kes Zeichen, dass die fünf demokratischen Fraktionen hier Wirtschafts- und Finanzkrise verhindern, dass gegen ein - gemeinsam gehandelt haben, und dass die Bundesregie - zelne Staaten im Euro-Raum spekuliert werden kann und rung zumindest einige unserer Verbesserungsvorschläge einen finanziellen Schutzschirm mitaufbauen. Ob Corona- aufgenommen hat. Wenn unser Land in der Krise ist, ist Bonds oder andere Lösungen, wir brauchen schnelle Ant - unsere Demokratie handlungsfähig, und alle demokrati - worten, damit die Euro-Zone all ihre Mitglieder und so schen Parteien sind zur pragmatischen Zusammenarbeit auch sich selbst effektiv schützen kann. Es ist falsch, dass bereit. Es zählen Solidarität, Besonnenheit und Vernunft die Bundesregierung auch den Vorstoß von Mitgliedsstaa - trotz Ausnahmezustand. Ganz im Gegensatz dazu agieren ten wie Frankreich und Spanien dazu wieder aus rein ideo - gerade die Populistenpräsidenten Trump, Bolsonaro, John - logischen Gründen abgelehnt hat. son, Erdogan und Orban. Realität leugnen, falsche Nach - richten und krude Verschwörungstheorien verbreiten und BEI DER HUMANItäREN KAtAStROpHE AN DER national abschotten – ähnlich wie die sechste Fraktion im gRIEcHIScHEN gRENzE HELFEN Bundestag – das sind alles Strategien, die sich am Ende bitter rächen werden. Schon seit Monaten hat sich die katastrophale humanitäre Situation in Griechenland und an der griechischen Grenze Diese Pandemie ist kein nationales Thema, und bei allen für Geflüchtete massiv zugespitzt. Tausende Frauen und wichtigen nationalen Maßnahmen wird der Kampf gegen Kinder mussten über den Winter in der Kälte der Flücht - Corona und seine Folgen am Ende nur dann erfolgreich lingslager auf Lesbos ausharren. Nun sind die überfüllten sein, wenn in Gesundheits- und Wirtschaftspolitik interna - Lager mit schrecklichen hygienischen Umständen eine tional gemeinsam gehandelt wird. Deshalb braucht es hier noch größere Gefahr für die Menschen dort. im Land und international Solidarität, Zusammenhalt und pragmatische Lösungen für die ganz konkreten Herausfor - Wir Grüne haben bereits im Winter und auch im Februar derungen. noch einmal im Bundestag Kontingente gefordert, um be - sonders Schutzbedürftige aus diesen Lagern rauszuholen SOLIDARIScHES EUROpA – ERSt REcHt IN und zu helfen. Mit dem Aufruf #LeaveNooneBehind haben zEItEN DER cORONA-KRISE Aktivist*innen und Politiker*innen gefordert, dass die über - füllten Flüchtlingslager evakuiert werden und die Men - Baden-Württemberg hat gezeigt, wie europäische Solida - schen dort die notwendigen Schutzmaßnahmen rität aussehen kann, als Patient*innen aus dem Elsass auf - bekommen: www.gruenlink.de/1q8s. genommen wurden. Deutschland muss auch in dieser

6 SÜDWEST GRÜN 04/19 iN DeR CoRoNa-KRise zusammeNhalteN im Land und internationaL

INtERNAtIONALE SOLIDARItät ISt OBERStES Maßgabebeschluss aufgefordert, zusätzliche Mittel für den gEBOt – DAS vIRUS KENNt KEINE NAtIONALEN europäischen und internationalen Kampf gegen die Krise gRENzEN bereitzustellen. Dazu zählen konkrete Hilfen im Bereich der Basisgesundheitsversorgung und zur Stärkung von Ge - Wir erleben gerade, wie Industrieländer mit vergleichs - sundheitssystemen sowie die Frage, ob von der Krise wirt - weise stärker aufgestellten Gesundheitssystemen ange - schaftlich besonders getroffenen Staaten bei der sichts des Corona-Virus an die Grenzen ihrer Kapazitäten Schuldenumwandlung geholfen werden kann. Die Bundes - stoßen. Staaten, die besonders unter bewaffneten Konflik - regierung muss auch ihre Mitgliedschaft im UN-Sicher - ten, Naturkatastrophen oder dem Klimawandel leiden, heitsrat stärker nutzen, um internationale Hilfe zu trifft die Pandemie mit einer noch größeren Härte. Wo Ge - koordinieren, zum Beispiel einen Corona-Hilfsfonds auf sundheitssystem und staatliche Ordnung ohnehin ge - Ebene der UN, wie ihn Norwegen schon vorgeschlagen schwächt sind, sanitäre Anlagen fehlen und es keine hat. soziale Sicherung gibt, droht sich die Pandemie besonders schnell auszubreiten und ihre gesellschaftlichen Folgen vIELEN DANK AN DIE MENScHEN IN DEN umso heftiger zu werden. SIcHERHEItSBEHöRDEN

Im Jemen waren schon vor der Krise über 14 Millionen Wie viele in in unserer Gesellschaft haben auch die Sol - Menschen dringend auf Lebensmittel und medizinische dat*innen der Bundeswehr ganz selbstverständlich mit an - Hilfe angewiesen. Im Südsudan sind mehr als die Hälfte gepackt, um die schlimmsten Auswirkungen der Krise bei aller Gesundheitseinrichtungen nicht funktionsfähig und uns im Land zu mindern. Mit medizinischem Personal, eine Mehrheit der Bevölkerung zählt durch gesundheitli - Hilfe bei Transport und Unterstützung bei der Versorgung che Probleme zur Risikogruppe. Einige afrikanische Staa - haben sie entlang der Vorgaben des Grundgesetzes im ten kämpfen noch immer mit der Ebola-Krise und ihren Rahmen der Amtshilfe pragmatisch geholfen. Dafür habe Auswirkungen. Diese Pandemie werden auch dort vor ich ihnen letzte Woche auch im Namen der Fraktion in allem arme und ältere Menschen, Frauen und Kinder und meiner Rede bei der Sitzung des Bundestages gedankt. Es Menschen auf der Flucht spüren. ist jetzt nicht die Zeit, hochideologische Debatten über den Einsatz der Bundeswehr im Inneren zu starten, wir Eins ist klar: Ein Staat allein kann und wird diese Pandemie sind mit den Regelungen des Grundgesetzes sehr klug auf - nicht besiegen. Der Virus wird immer wieder zurückkehren, gestellt, und Verteidigungsministerin und Bundeswehrfüh - wenn es uns nicht gelingt eine golbal wirksame Antwort rung haben sich bisher sehr besonnen geäußert. zu finden. Daher ist Solidarität mit den Schwächsten auf der Welt nicht nur ein Handeln des Herzens, sondern auch Zusammenhalt und Zusammenarbeit national wie interna - ein Gebot der Vernunft. tional, Menschen schützen, unsere Demokratie handlungs - fähig halten, die Wirtschaft unterstützen und insbesondere Bei aller guten Zusammenarbeit mit der Bundesregierung: die Schwächsten nicht aus dem Blick verlieren – das ist Es ist unverantwortlich, dass die Koalition diese internatio - das oberste Gebot der Stunde! nale Dimension der Krise bisher ausblendet. Als einzige Fraktion haben wir Grüne deshalb letzte Sitzungswoche die Bundesregierung im Haushaltsausschuss mit einem

SÜDWEST GRÜN 04/19 7 DR. Sprecherin für innovationS- und technologiepolitik Sprecherin für BürgerSchaftlicheS engagement WWW.ANNAcHRIStMANN.ORg Tel. 030 / 227-79227, Fax 030 / 227-70230, [email protected] WAHLKREISBÜRO Tübinger Str. 1, 70178 Stuttgart Tel. 0711 / 66 47 61 99, [email protected]

MIt DIgItALISIERUNg UND INNOvAtIONEN früher von einem intelligenten System vorhergesagt als DURcH DIE KRISE die Weltgesundheitsorganisation gewarnt hatte. Hier brauchen wir zukünftig auch in Europa ein systemati - igitale Anwendungen helfen uns gerade sehr bei scheres Frühwarnsystem. Dder Bewältigung der Coronakrise. Sei es, um die Ausbreitung des Virus zu verfolgen und zu verstehen, Mit Hilfe der nötigen Daten und auch von intelligenten Unterricht von zuhause aus zu ermöglichen, Nachbar - Auswertungssystemen können Forschende mehr über schaftshilfe zu organisieren oder um mit seinen Liebs - das Krankheitsbild COVID-19 lernen und dadurch schon ten in Kontakt zu bleiben. Innerhalb kürzester Zeit sind bestehende oder noch benötigte Therapieoptionen ab - viele innovative Ideen und Anwendungen entstanden, leiten. Mit KI wird beispielsweise analysiert, aus wel - die unser aller Umgang mit der aktuellen Ausnahme-Si - chen Proteinen sich das Virus zusammensetzt und tuation erheblich verbessern. Großeltern entdecken Vi - welche bereits zugelassenen Arzneimittel für seine Be - deokonferenzen mit den Enkeln und die Chefin stellt kämpfung wirksam sein könnten. fest, dass die Belegschaft auch im Homeoffice motiviert ist. All das sind die hoffnungsvollen Momente in einer FÜR NEUE IMpFStOFFE BRAUcHEN WIR MUtIgE nie dagewesenen Ausnahmesituation, die leider bereits FöRDERUNg vON INNOvAtIONEN viele Opfer gefordert hat. Unsere Innovationsfähigkeit ist auch bei der Entwick - lung von Tests und Impfstoffen entscheidend. Baden- DIgItALISIERUNg KANN HELFEN, Württemberg macht es in vielen Bereichen vor: Bosch LEBEN zU REttEN hat einen neuen Schnelltest entwickelt und CureVac Umso wichtiger ist es, dass wir die Digitalisierung aus Tübingen forscht mit neuen Methoden unter Hoch - schnell dort nutzen, wo sie helfen kann, Leben zu ret - druck an einem Impfstoff. Beide Unternehmen sind aus ten. Eine Handy App zur Nachverfolgung von Kontakt - unterschiedlichen Gründen sehr gut in der Forschung ketten könnte dafür einen entscheidenden Beitrag aufgestellt. Und das rentiert sich nun, wo es auf drin - leisten. Es gibt bereits eine Reihe von Vorschlägen für gend benötigte Innovationen so sehr ankommt. eine freiwillige und datenschutzkonforme Lösung. Wir dürfen uns aber nicht täuschen lassen: gerade im Wenn Daten nur lokal und anonymisiert gespeichert Fall von CureVac hat die US-Regierung unter Trump werden, muss ich nicht mein Bewegungsprofil offenle - versucht, sich einen möglichen Impfstoff exklusiv zu si - gen, um mitzumachen. Wir können und sollten mit sol - chern – so wurde zumindest in der Presse spekuliert. chen digitalen Lösungen sofort loslegen. Und sie Und Donald Trump ist nicht ohne Grund so schnell auf werden sehr hilfreich sein, wenn das öffentliche Leben das Tübinger Biotech-Unternehmen gekommen. Schon schrittweise wieder aufgenommen werden wird. sehr früh wurde es mit Geld des amerikanischen Vertei - Für diese und zukünftige Krisen zeigt sich zudem, wie digungsministeriums finanziert. Vergleichbares Geld für wir uns durch neue Technologien wie Künstliche Intelli - waghalsige Forschungsprojekte gibt es bei uns bisher genz besser vorbereiten und schneller lernen können. So kaum. Ein Investor wie Dietmar Hopp ist hier eher die hilft KI zum Beispiel dabei, präzise Vorhersagen über die Ausnahme denn die Regel. Diese Lücke rächt sich, wenn zeitliche und räumliche Ausbreitung des Virus zu lie - es darauf ankommt. fern. Der Ausbruch in China war bereits eine Woche

8 SÜDWEST GRÜN 04/19 DR. ANNA CHRISTMANN Sprecherin für innovationS- und technologiepolitik mit DiGitalisieRuNG Sprecherin für BürgerSchaftlicheS engagement uND iNNovatioNeN DuRCh Die KRise

In der akuten Bekämpfung der Krise hat die Politik völ - und Innovationsförderung gehen. Wir müssen uns aber lig zurecht ein „Whatever it takes“ ausgerufen. Dieses auch in der Forschung noch besser aufstellen. Glückli - Prinzip sollte auch für Innovation gelten. Für die künf - cherweise gibt es mit der globalen Forschungsallianz tige Sicherung unseres Wohlstands werden völlig neue „Coalition for Epidemic Preparedness Innovations” Geschäftsmodelle und Technologien von zentraler Be - (CEPI) bereits einen internationalen Zusammenschluss deutung sein – in der Krise und darüber hinaus. Solche zur Pandemie-Forschung. Dass Deutschland nun kurz - disruptiven Innovationen verlangen vom Staat mehr fristig 140 Millionen Euro für die koordinierte Impf - Mut in der Förderung. stoffforschung bereitgestellt hat, ist sehr zu begrüßen. Ob es ausreichen wird, bleibt abzuwarten. Wichtig ist Weiter braucht es beste Bedingungen an Hochschulen nun, dass wir der hochkomplexen Impfstoffentwicklung und Forschungseinrichtungen, damit Ideen geboren, zur keine finanziellen Steine in den Weg legen. Wenn nötig, Reife gebracht und veredelt werden. Ausgründungen muss Deutschland sein finanzielles Engagement dazu aus der Wissenschaft zu stärken, ist dabei von entschei - deutlich erhöhen. dender Bedeutung. Innovative Unternehmen zu fördern ist eine Sache. Wir werden aber auch dafür streiten, dass wir uns in Diese dauerhaft bei uns anzusiedeln, eine andere. In der Gesundheitsforschung noch deutlich besser aufstel - Deutschland und Europa ist der Wagniskapitalmarkt len. So werden wir stärker als bisher in die Erforschung immer noch unterentwickelt. Das gilt besonders für die diagnostischer Testverfahren und den Ausbau von Test - sog. „späte Finanzierungsphase“. Während sich die An - kapazitäten investieren müssen. Auch besteht großer schubfinanzierung durch private und staatliche Akteure Handlungsdruck zu den unterschiedlichen Behand - wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau bereits deutlich lungsmethoden von COVID-19. Klinische Studien müs - verbessert hat, fehlt es nach wie vor an großen Kapital - sen hier unter hohem Zeitdruck durchgeführt, fonds für das langfristige Wachstum, auch über natio - zusammengeführt und das Wissen dem gesamten Ge - nale Grenzen hinweg. sundheitssektor schnell zur Verfügung gestellt werden. Die Forschungspolitik ist hier gefordert, all dies zügig WISSENScHAFt ISt SYStEMRELEvANt und unbürokratisch zu ermöglichen. Forschende auf der ganzen Welt beweisen gerade, wie Nicht zuletzt wird in der Corona-Pandemie deutlich, sehr wie sie brauchen, um neue Herausforderungen zu wie wichtig die Kommunikation wissenschaftlicher Er - bewältigen. Insbesondere solche, mit denen wir nicht kenntnisse für uns alle ist. Dem sollten wir auch Rech - gerechnet haben. Es ist die Stärke von Forschung, sich nung tragen und die Wissenschaftskommunikation auf unbekanntes Terrain zu begeben. Und es ist unsere substanzieller als bisher fördern. Wunderbare Angebote Stärke als Grüne, dass wir vorausschauende Politik ma - wie der tägliche Podcast mit Professor Christian Dros - chen. Wir wissen, dass wir uns nicht in unserem heuti - ten zeigen, was möglich ist. Und sie leisten einen wich - gen Wohlstand ausruhen können, sondern stets auf tigen Beitrag, das was derzeit notwendig ist, neue Entwicklungen einstellen müssen. Sei es die Kli - verständlich und nachvollziehbar zu machen. Und not - makrise oder jetzt eine überraschende Pandemie unge - wendig ist derzeit und vermutlich auch die kommenden ahnten Ausmaßes. Wochen und Monate eine ganze Menge. Dafür müssen wir mutige Schritte bei Digitalisierung

SÜDWEST GRÜN 04/19 9 Sprecher für gentechnik- und Bioökonomiepolitik Sprecher für Waldpolitik WWW.HARALD-EBNER.DE Tel. 030 / 227-73025, Fax 030 / 227-76025, [email protected] WAHLKREISBÜRO Gelbinger Gasse 87, 74523 Schwa b̈ isch Hall Tel. 0791 / 97823731, Fax 0791 / 97823733, [email protected]

AgRARWENDE BLEIBt SYStEMRELEvANt! talen gemeldet, um mit anzupacken. Die Solidarität und Einsicht in Notwendigkeiten, das Nachdenken, das wir uch die Landwirtschaft ist hart von der Coronakrise im Moment erleben, stimmen hoffnungsvoll, dass viele Abetroffen. Weder Shutdown noch Home-Office Bürger auch zu Veränderungen bereit sein werden, die kommen für sie in Frage. Sie wurde zwar als sys - die ökologisch- soziale Transformation mit sich bringen. temrelevant eingestuft, dennoch verhängte Bundesin - nenminister Seehofer zunächst einen Einreisestopp für öKOLOgIScHE KRISE BLEIBt UNgELöSt! Saisonarbeitskräfte. Der ist nun gelockert, je 40.000 Leider gibt es auch Kräfte, die die Corona-Krise nutzen, Erntehelfer*innen dürfen im April und Mai einreisen. um die ökologische Landwirtschaft zu diskreditieren. 20.000 waren im März bereits im Land. Sie alle sollen (SPD) meint, in der Krise zeige sich der statt der bisher möglichen 70 Tage jetzt bis zu 115 Tage Wert der konventionellen Landwirtschaft, also der ma - arbeiten dürfen. Damit wäre, so die Arbeitskräfte aus schinellen Bewirtschaftung großer Flächen jenseits des den Herkunftsländern überhaupt kommen, knapp die Bio-Trends. Ich halte es für fatal, eine historische Kri - Hälfte des jährlich notwendigen zusätzlichen Arbeits - sensituation zu missbrauchen, um verschiedene Bewirt - kräftepotenzials abgedeckt. schaftungsformen gegeneinander auszuspielen. Wir Offen ist, ob und wie die Betriebe die RKI-Vorgaben brauchen jetzt noch mehr als sonst jeden Bauernhof – umsetzen können. Die Unterbringung muss sich von den ob bio oder konventionell. Alle können und werden bisherigen beengten Verhältnissen mit Mehrbettunter - ihren Beitrag zur Versorgung der Menschen und zur Be - künften deutlich unterscheiden. Abstände müssen auch wältigung der Krise leisten! Und es ist auch erschre - auf den Pflanzmaschinen eingehalten werden. Ob die ckend, dass ausgerechnet die SPD Arbeitsverfahren „Quarantäne mit Arbeitsmöglichkeit“, wie Ministerin ohne Arbeitskräfte fordert, also Arbeitsplätze auf dem Klöckner ihre Lösung nennt, also die Bildung von Ar - Land wegrationalisieren möchte. beitsgruppen, die gleichzeitig abgeschlossene „Quaran - Da ist es gut, dass das Tauziehen um die Verabschie - tänegruppen“ sein sollen, wirklich funktioniert, bleibt dung der Düngemittelverordnung zum Schutz des abzuwarten. Immerhin: die Agrarbranche sieht erstmal Grundwassers gut ausgegangen ist: Auf den letzten etwas Entlastung und schöpft Hoffnung. Metern, noch in den Stunden vor der Abstimmung im Bundesrat, wurde von FDP und der CDU mit Verweis auf ERNtEHELFER*INNEN ANStäNDIg BEHANDELN! die Corona-Belastungen versucht, die Abstimmung zu Dabei bleibt aber die soziale Frage weiterhin ungelöst. verhindern bzw. die Mehrheit zu kippen. Zum Glück ist Dass die Saisonarbeitskräfte im Vergleich zum übrigen das nicht gelungen. Gut, dass Baden-Württemberg hier Lohnniveau im Land eher wenig verdienen und meist in standhaft geblieben ist und im Bundesrat für die neue engen Unterkünften untergebracht sind, ist ein grund - Verordnung gestimmt hat! Dass einige Punkte der Ver - sätzliches und altbekanntes Problem. Grundsätzlich ordnung jetzt erst ab nächstem Jahr umgesetzt werden sollte jede Tätigkeit in der Landwirtschaft auskömmlich sollen, ist – bei aller Kritik – ein vernünftiger Kompro - sein: für die Bauernfamilien ebenso wie für ihre Be - miss. Auch wenn die Verordnung nicht optimal ist: es schäftigten, egal ob Dauer- oder Saisonkräfte. Mit dem war absolut notwendig, dass Deutschland jetzt endlich andauernden Wettbewerb um die billigsten Lebensmit - Düngeregeln verabschiedet, die wenigstens dem EU- tel wird das aber nicht gehen. Recht genügen und damit auch die drohenden enormen Auf der anderen Seite haben sich mittlerweile viele Strafzahlungen verhindern kann. Menschen vor Ort direkt bei Höfen oder bei Online-Por - Schlechter sieht es mit den ohnehin halbherzigen Plä -

10 SÜDWEST GRÜN 04/19 HARALD EBNER Sprecher für gentechnik- und Bioökonomiepolitik Sprecher für Waldpolitik aGRaRWeNDe bleibt Tel. 030 / 227-73025, Fax 030 / 227-76025, [email protected] WAHLKREISBÜRO Gelbinger Gasse 87, 74523 Schwa b̈ isch Hall systemRelevaNt! Tel. 0791 / 97823731, Fax 0791 / 97823733, [email protected]

nen der Bundesregierung in Sachen Insektenschutz, abgeschlossen sei – außerdem habe es bisher noch gar Pestizidreduktion und Glyphosatausstieg aus. Chemie - keine solchen Anträge gegeben. Später wurden dann im konzerne sprechen jetzt schon von „systemrelevanten“ Ministeriums-Statement „Fakten“ „ergänzt“, so dass Pestiziden, um weitere Korrekturen bei Zulassungsver - schließlich das Gegenteil der ursprünglichen Version fahren zu verhindern. In jedem Fall ist der Zeitplan für herauskam. Ein seltsames Verständnis von „Faktener - die Maßnahmen schon jetzt in Frage gestellt, nachdem gänzung“. Wichtiger noch, als Klöckner mit einer derart ein Austausch mit Umweltverbänden wegen Corona ab - unverfrorenen Desinformation nicht davonkommen zu gesagt wurde. Das allein wäre in diesen Zeiten ja noch lassen, ist es, jetzt dafür Sorge zu tragen, dass die Kam - nachvollziehbar. Dass allerdings zugleich seitens des pagne von Chemieindustrie und Drittstaaten, die ihre BMEL die Abstimmung mit der Agrarlobby ungebremst pestizidbelasteten Produkte weiter in Europa verkaufen fortgesetzt wurde, gibt aber zu denken. Schließlich wollen, bei der EU-Kommission nicht verfängt und die gäbe es ja auch digitale Formate, mit denen sich alle Regeln zum Verbraucher- und Gesundheitsschutz nicht Seiten einbinden ließen. für Handelsinteressen geopfert werden. Auch Europas Auf diesem Feld haben allerdings nicht nur die ländli - Bäuer*innen fühlen sich durch drohende unterschiedli - chen Räume, sondern auch das zuständige Ministerium che Standards für ihre eigenen und importierte Lebens - Nachholbedarf. Erst auf unsere ausdrückliche Forderung mittel zu Recht hintergangen. hin ist wenigstens der Austausch der Ministerin mit Wir werden sehr schnell über Aufbau- und Konjunktur - dem Ausschuss per Telefonkonferenzen zustande ge - programme in Folge des aktuellen Shutdown reden und kommen. entscheiden müssen. Hier wird es darauf ankommen, so in Zukunftsinfrastruktur zu investieren, dass gleichzeitig KLöcKNERS „ERgäNztE FAKtEN“ Arbeitsplätze gesichert UND ökologische wie soziale Eine weitere Corona-Auswirkung ist leider, dass Man - Krisen gleichermaßen gelöst werden. Denn Klimakrise ches, was eigentlich ein ausgewachsener Skandal ist, und Artensterben warten nicht. Also müssen wir mit angesichts der Krise schlicht unter den Tisch fällt – und den Milliarden den sozial-ökologischen Umbau unserer dass die Ministerin deshalb mit dreisten Desinformatio - Lebensweise ermöglichen und finanzieren. Das betrifft nen ungeschoren durchkommt. Im Februar hatte die taz auch die Landwirtschaft. Jetzt ist die Zeit für eine über Lobby-Pläne berichtet, die strengen EU-Regeln für Agrarwende, die Tieren, Umwelt, Gesundheit und den Rückstände besonders gefährlicher- und aus Gesund - Bauernfamilien gerecht wird. Auch im Interesse der Ri - heitsgründen in der EU verbotener - Pestizide in impor - sikoeingrenzung, was neue Pandemien betrifft. Es meh - tierten Lebensmitteln zu lockern. Bisher gilt hier eine ren sich Stimmen aus der Wissenschaft, die auf einen Nulltoleranz. Einige EU-Staaten, darunter Deutschland, Zusammenhang zwischen dem wiederholten Übersprin - unterstützen laut taz die Aufweichungs-Pläne demnach gen von Viren auf den Menschen und unserer die Natur ausdrücklich. Klöckner wies die Berichte auf Twitter ausbeutenden Lebensweise hinweisen. So schreibt der lautstark zurück und verbreitete dabei immer wieder ein Direktor des Naturkundemuseums Berlin, Prof. Johannes dubioses Statement ihres Ministeriums, in dem behaup - Vogel, dass Schluss sein muss mit unserem überhebli - tet wurde, diese Abschwächung der Regeln sei bereits chen Verhältnis zur Natur. Der Mensch werde die Natur in Kraft, bisher seien aber alle entsprechenden Anträge nie nach seinem Bilde formen können, sondern müsse auf sogenannte „Importtoleranzen“ für Pestizidrück - mit ihren Regeln wirtschaften. Der ökologische Umbau stände abgewiesen worden. Die EU-Kommission bestä - und damit die Agrarwende sind also dringender denn je tigte mir dagegen, dass die Diskussion dazu noch nicht – und ganz besonders systemrelevant.

SÜDWEST GRÜN 04/19 11 Sprecher für Bahnpolitik WWW.MAttHIAS-gAStEL.DE Tel. 030 / 227-74150, Fax 030 / 227-70150, [email protected] REgIONALBÜRO Aicher Straße 2 (Zugang über Rosenstraße), 70794 Filderstadt Tel. 0711 / 99 72 61 40, [email protected]

vON DER ROLLE – gÜtERvERKEHR UND Da aufgrund des in Teilen der Industrie umgesetzten LOgIStIK IN zEItEN vON cORONA Produktionsstopps für die Güterbahnen ein wichtiger Teil ihres Geschäfts weggebrochen ist und andere Gü - roduktionsstopp in der Industrie, Hamsterkäufe im terzüge mit geringerer Auslastung verkehren, müssen Lebensmittelhandel, Staus an den Grenzen – die die Bahnen auch Zugang zu einem Krisenfonds erhal - pCoronakrise hat in kürzester Zeit unseren Alltag ten, um Einnahmeausfälle kompensieren zu können. durcheinandergewirbelt. Dabei wird deutlich, dass der Auch eine Senkung der Trassenpreise könnte dem Sek - Bereich Güterverkehr und Logistik systemrelevant ist. tor schnell helfen. Daher ist es richtig, alle Instrumente der schnellen Hilfe Noch ist es zu früh, um Konsequenzen der Coronakrise in diesem Sektor anzuwenden. Weiterhin ist es ange - zu erörtern. Doch so viel kann man sagen: Komplexe messen, bei Transportmitarbeitern aller Verkehrsträger Produktions- und Lieferketten von Unternehmen, die Reisebeschränkungen auszusetzen. Das heißt Quarantä - teilweise weltumspannend organisiert sind, werden nepflichten sind bei kurzfristigem Grenzübertritt nicht künftig zunehmend hinterfragt werden. Resilienz, Sta - anzuwenden. bilität und Krisentauglichkeit von Produktionsnetzwer - Im Fokus stehen jetzt die Arbeitsbedingungen von Lkw- ken werden einen ganz eigenen Wert bekommen – Fahrern. Die Bundesregierung ist gefordert, im Bundes - jedenfalls dann, wenn man nicht einfach zur Tagesord - fernstraßennetz den Betrieb der Rastplätze mit Zugang nung übergeht. zu sanitären Einrichtungen aufrechtzuerhalten, um an - nehmbare Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Beson - gRÜNES BODENSEE-BAHNFORUM ders wichtig ist uns, dass die Flexibilisierung von Arbeitszeiten und beim Lkw-Sonntagsfahrverbot so Im Bodenseeraum werden Straßen teils massiv ausge - schnell wie möglich zurückgenommen werden. Maß - baut – und die Bahn hinkt weiter hinterher. Strecken nahmen die die Versorgung des Lebensmitteleinzelhan - wie die Gäu-, Bodenseegürtel- und Hochrheinbahn sind dels in der Krise sicherstellen sollen, dürfen kein teilweise oder durchgehend eingleisig und nicht alle Dauerzustand zu Lasten der Beschäftigten werden. sind elektrifiziert. Wenn es nach dem Bund geht, um Die Güterbahnen auf der Schiene brauchen jetzt zügig dessen Strecken es sich handelt, wird sich daran nichts eine Regelung, dass Bahnberufe überall als systemrele - ändern. Es muss sich aber etwas ändern, wenn wir vant anerkannt werden. Der Zugang zu Unterkünften an Menschen zum Umstieg auf die Bahn gewinnen wollen. den Standorten des Lokführerwechsels oder Werkstät - Um meinen Beitrag dafür zu leisten, hatte ich kürzlich ten zählt zu den wichtigen Bedingungen für die zum Bodensee-Bahnforum nach Singen und Radolfzell Schiene. Flexible Öffnungszeiten in den Terminals des geladen. Mit Vertretern der Deutschen Bahn, der Kombinierten Verkehrs bis hin zum 24-h-Betrieb sind Schweizer Bundesbahnen, der Initiative Bodensee-S- jetzt zu prüfen, um den Umschlag zwischen Schiene Bahn sowie Verbänden, Kommunen und meinen Land - und Straße zu erleichtern. tagskolleginnen Nese Erikli und Dorothea Wehinger Der Erlass der Lkw-Maut im Vor- und Nachlauf zum habe ich die Situation erörtert und nach Lösungen ge - Kombinierten Verkehr kann jetzt vorgezogen werden. sucht. Hier ein kurzer Sachstand: Für die Bodenseegür - Diese Maßnahme zur Verkehrsverlagerung hatte die Re - telbahn und die Hochrheinbahn, die weiter nach Basel gierung bereits 2017 angekündigt, aber noch nicht um - führt, haben Land und Kommunen Planungen veran - gesetzt. lasst. Es ist vorgesehen, die Strecken mit einer Oberlei -

12 SÜDWEST GRÜN 04/19 MATTHIAS GASTEL Sprecher für Bahnpolitik voN DeR Rolle WWW.MAttHIAS-gAStEL.DE Güterverkehr und LoGistik Tel. 030 / 227-74150, Fax 030 / 227-70150, [email protected] REgIONALBÜRO Aicher Straße 2 (Zugang über Rosenstraße), 70794 Filderstadt in Zeiten von Corona Tel. 0711 / 99 72 61 40, [email protected]

tung für den elektrischen Betrieb zu versehen und ein - StUttgARt 21 KOMMt – ABER WIE? zelne Doppelspurinseln zu schaffen (weitere Infos auf meiner Homepage). Die geschilderte nahezu unterbrechungsfreie Durchbin - dung der Gäubahn an den Hauptbahnhof wird so lange gAU FÜR DIE gäUBAHN? benötigt, bis die vorgesehene Flughafenführung be - triebsbereit ist. Wegen der Komplexität der Planung mit Die Verbindung von Stuttgart über Böblingen, Horb, dem zusätzlichen dritten Gleis neben der S-Bahn-Sta - Rottweil und Tuttlingen nach Singen leidet schon seit tion am Flughafen wird dieser Abschnitt voraussichtlich Jahrzehnten unter ihrer stiefmütterlichen Behandlung. mindestens drei, eher jedoch fünf Jahre später fertigge - Gibt es mal einen kleinen Schritt nach vorne wie die stellt sein als der Tiefbahnhof in der Innenstadt. Es gibt Aussicht auf den baldigen zweigleisigen Ausbau eines jedoch neben der längeren Aufrechterhaltung der Gäu - Abschnitts südlich von Horb, gibt es gleich wieder bahndurchbindung auch noch eine andere Idee am Rückschläge. Zum einen hat die Bundesregierung auf Hauptbahnhof, nämlich die einer Ergänzungsstation. eine Anfrage unserer Fraktion erklärt, dass sie sich nicht Diese würde den Tiefbahnhof mit seinen nur acht Glei - mehr an die im Vertrag von Lugano vereinbarte Fahr - sen ergänzen und die Kapazität und die betriebliche zeitverkürzung gebunden fühlt. Aus meiner Sicht muss Flexibilität des Bahnknotens erheblich erweitern. Diese zumindest sichergestellt werden, dass die Anschlüsse in Station könnte auch von der Gäubahnstrecke aus ange - Stuttgart und in Zürich erreicht werden. Dafür müssen bunden werden. Um die Überbaubarkeit des Gleisvorfel - weitergehende Ausbaumaßnahmen als diejenigen ge - des, die der Landeshauptstadt besonders wichtig ist, prüft werden, die sich derzeit noch in einem frühen Pla - weiterhin in nahezu vollem Umfang zu ermöglichen, nungsstadium befinden. Zum anderen droht eine durch müssten die Gleise unter der Erde verschwinden. Für die Bauarbeiten für Stuttgart 21 ausgelöste bis zu fünf diese Station, die für das Wachstum im Bahnverkehr Jahre andauernde Unterbrechung der Durchbindung spätestens nach dem Jahr 2030 oder etwas später er - zum Hauptbahnhof Stuttgart. Die Züge müssten dann forderlich ist, muss noch eine politische Mehrheit orga - am Regionalbahnhof Stuttgart-Vaihingen, der gerade nisiert werden. Andernorts haben Anpassungen der (aus)gebaut wird, enden. Das Umsteigen auf eine S- Planungen aus den 1990er-Jahren bereits überzeugt: Bahn würde für die Reisenden zu einem Komfort- und So an der Rohrer und der Wendlinger Kurve. An der wegen des Zeitverlusts zum Verpassen von wichtigen nördlichen Zulaufstrecke bei Zuffenhausen und Feuer - Anschlüssen am Hauptbahnhof führen. Dabei könnten bach ist gerade beim Bund etwas in Bewegung geraten. die Gäubahnzüge nahezu unterbrechungsfrei an den Er lässt derzeit prüfen, ob ein 5. und 6. Gleis die not - Hauptablauf fahren, wenn der Bauablauf geringfügig wendigen Voraussetzungen für den Deutschlandtakt angepasst würde. Voraussetzung ist, dass die S 21-Pro - schafft. Dieses bahnpolitische Ziel, mit dem optimierte jektpartner, insbesondere die Landeshauptstadt Stutt - Umsteigemöglichkeiten an Knotenbahnhöfen entstehen gart und der Verband Region Stuttgart, mitmachen. sollen, sollte auch Mehrheiten für die Ergänzungssta - tion überzeugen. Ob dem so ist wird sich spätestens im Herbst zeigen, wenn eine von Verkehrsminister Her - mann ins Leben gerufene Arbeitsgruppe Ergebnisse vor - legt.

SÜDWEST GRÜN 04/19 14 SYLvIA KoTTING-UHL vorSitzende deS auSSchuSSeS für umWelt, naturSchutz und nukleare Sicherheit WWW.KOttINg-UHL.DE Tel. 030 / 227-74740, Fax 030 / 227-76742, [email protected] WAHLKREISBÜRO Sophienstraße 58, 76133 Karlsruhe Tel. 0721 / 151 86 87, Fax 0721 / 151 86 90, [email protected]

zEIt DER KRISE: tOOLS FÜR DIE BEWäLtIgUNg Nie eingesetzt wurde dagegen der Schlüssel Suffizienz. DER öKOLOgIScHEN KRISE Er widerspricht unserem Wirtschaftsprinzip, das auf be - ständigem Wachstum fußt und dem Postulat der Wirt - ie Welt hält inne. Gesellschaftliches, politisches, schaft, Konsum mache glücklich, obwohl alle Dwirtschaftliches Leben kommt zum Erliegen. Covid- Glücksforscher Anderes sagen. Auch zur These, nur 19 bestimmt die Rahmenbedingungen des öffentlichen ständig steigender Konsum schaffe die notwendigen Lebens. Zwei Begriffe gewinnen an Bedeutung, die in Arbeitsplätze, gibt es Gegenentwürfe. Leider sind ge - „normalen“ Zeiten eher unterrepräsentiert schienen: rade auch wir Grüne oft ängstlich, Suffizienz als not - Solidarität und Suffizienz. Beides wächst aus Mangel, wendigen Baustein der Lösung der ökologischen Krise den unsere Gesellschaft sonst nicht kennt. Zu beidem zu benennen, weil es hier anders als bei Effizienz weni - zeigt sich unsere Gesellschaft in ungeahntem Ausmaß ger um technische Umweltschutzstrategien als um Ver - in der Lage. haltensänderungen geht. Das scheint der Gesellschaft nicht zumutbar. Und ist es doch ganz offensichtlich und Jede Krise birgt ihre Chance - unter der Bereitschaft, in weithin problemlos in der Corona-Krise. Weitaus gra - ihr und aus ihr zu lernen. Können die neu entdeckten vierender für die Menschheit als die derzeitige Pande - gesamtgesellschaftlichen Fähigkeiten helfen, nicht nur mie ist die Klimakrise. Natürlich lässt sie sich besser aus diese, sondern auch die ökologische Krise zu überwin - dem Hier und Jetzt verdrängen als die Pandemie, sie den? Eventuell zusammen mit einer dritten derzeit kommt schleichend, ist nicht plötzlich da. Und sie ver - weithin sichtbaren Fähigkeit - der zur Disziplin? langt nachhaltige Verhaltensänderungen, nicht auf Zeit. Aber beweist die Gesellschaft nicht gerade ihre Bereit - SUFFIzIENz schaft, sich einer Krise adäquat zu verhalten, überdeut - lich? Wir wissen, was die Wurzel der ökologischen Krise ist: der ungehemmte Ressourcenverbrauch, unser ständig öKOLOgIScHER UMBAU jEtzt wachsender Konsum, der zu Klimazerstörung, Arten - sterben, Vermüllung des Planeten mitsamt seinen Ozea - Das Klima ist Profiteur der Corona-Krise. Die Einschrän - nen führt. Wir haben alle Grenzen längst überschritten. kungen des Flugverkehrs, die Reduktion des Berufsver - Der Club of Rome gab uns 1972 in seinem Bericht kehrs durch vermehrtes Arbeiten von Zuhause und der „Grenzen des Wachstums“ zwei Schlüsselbegriffe zur Stillstand vieler Fabriken verschaffen dem Klima durch Lösung mit auf den Weg: Effizienz und Suffizienz. Effi - sinkende CO2-Emissionen eine Atempause. Deutsch - zienz hat in viele Bereiche Einzug gehalten, hält aber lands Klimaziele für 2020 könnten nun plötzlich doch das Wachstum nicht auf, sondern bremst es in diesen erreicht oder sogar übertroffen werden. Angestrebt Bereichen lediglich etwas ab, wie z.B. beim Energiebe - hatte die Bundesregierung eine Emissionsminderung darf, der trotzdem steigt. Politik und Wirtschaft ist be - von 40 Prozent im Vergleich zu 1990 und drohte sie si - wusst, dass mehr Effizienzmaßnahmen möglich und cher zu verfehlen. Agora Energiewende geht nun davon nötig sind. aus, dass die CO2-Minderung zwischen 40 bis 45 Pro - zent liegen wird.

14 SÜDWEST GRÜN 04/19 SYLvIA KoTTING-UHL vorSitzende deS auSSchuSSeS für umWelt, naturSchutz und nukleare Sicherheit zeit DeR KRise WWW.KOttINg-UHL.DE tOOLS FÜR DIE BEWäLtIgUNg Tel. 030 / 227-74740, Fax 030 / 227-76742, [email protected] WAHLKREISBÜRO Sophienstraße 58, 76133 Karlsruhe DER öKOLOgIScHEN KRISE Tel. 0721 / 151 86 87, Fax 0721 / 151 86 90, [email protected]

Nun ist diese Art von Stillstand keine Lösung. Der struk - Jetzt könnte die Mobilitätswende auf der Straße begin - turelle Wandel, den wir für den Klimaschutz und zur nen durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elek - Bewältigung der gesamten ökologischen Krise brau - tromobilität. Und wenn die Automobilindustrie sich chen, kommt nicht durch eine Rezession. Aber warum gerade alle Mühe gibt, ihre Produktion auf z.B. Beat - die Rezession nicht nutzen, um den notwendigen öko - mungsgeräte umzustellen, sollte ihr dann nicht auch logischen Umbau der Wirtschaft jetzt voranzutreiben? gelingen, bis 2030 nur noch emissionsfreie Autos zu Es spricht nicht für Weitsicht, alle sonstigen Wahrhei - produzieren? Die Förderung kleiner und mittlerer Unter - ten beiseite zu schieben und 750 Mrd Euro auszugeben, nehmen könnte mit Digitalisierung für mehr Energie- um Strukturen, von denen wir wissen, dass sie nicht zu - und Ressourceneffizienz verbunden werden. Jetzt kunftsfähig sind, zu erhalten und womöglich zu verfes - könnte begonnen werden, CO2-freie Industrieprozesse tigen. Kluge Politik könnte die beiden Krisen - die, die und Verfahren in der Grundstoffindustrie auf den Weg uns jetzt überfallen hat und die, die deshalb nicht ver - zu bringen. ... und ... und. Um die Photovoltaikbranche schwindet - zusammen bearbeiten. Alles, was heute aus zu stützen, müsste übrigens nur der Solardeckel endlich dem Maßnahmenpaket der Bundesregierung in Kanäle weg. Unterstützung und Förderung mit Zukunftsfähig - der Vergangenheit geht, fehlt für die nötige Neuaufstel - keit verbinden - unsere Wirtschaft nicht nur die Co - lung der Zukunft. Jetzt ist Stillstand, jetzt ist die Zeit rona-Krise überstehen lassen, sondern gleichzeitig fit die ökologisch-soziale Transformation aufzubauen. Nie machen für die ökologische Krise und deren Herausfor - wieder in überschaubarer Zeit wird so viel staatliches derungen. Die Zeit ist jetzt. Geld in die Wirtschaft fließen. Das Geld des Nachtrags - haushalts und des Wirtschaftsstabilisierungsfonds kann DIE gESELLScHAFt KANN ES nur einmal ausgegeben werden. Mit nachhaltigem Ein - satz dieser Gelder können heute die Weichen auf Zu - Die Zeit des Stillstands wird unsere Gesellschaft nach - kunft gestellt werden. haltig verändern. Die Erfahrung, auf die elementaren Dinge des Lebens zurückgeworfen zu sein und die Er - Zuerst muss das Falsche gelassen werden. Vorschläge, kenntnis, dass nicht jedes Problem der Welt technisch CO2-Bepreisungen aufzuheben, Grenzwerte aufzuwei - zu lösen ist, wird bleiben. Wie unverzichtbar in einer chen, die Erhöhung der Luftverkehrsabgabe zu verschie - Gesellschaft Solidarität ist, wie überflüssig der ein oder ben oder den europäischen Green Deal auf Eis zu legen, andere Konsum - diese Erkenntnisse darf Politik nach sind solches Falsche, weil sie in der jetzigen Situation der Krise nicht möglichst schnell versuchen vergessen nicht einmal konjunkturelle Wirkung entfalten, für die zu machen, damit der alte Kreislauf in denselben Struk - Zeit danach den Klimaschutz aber noch mehr erschwe - turen wieder beginnt. Vielmehr sollten wir das Angebot ren. einer gereiften Gesellschaft, mit Krisen angemessen umzugehen, annehmen. Dann hat die schreckliche Krise Ganz im Gegenteil könnte jetzt die Zeit sein, Aus - mit ihren Opfern nicht nur ihre Chance, dann hat sie tauschprogramme und Abwrackprämien für Klima - vielleicht sogar einen Sinn gehabt. schädliches - also ein Gegenkonzept zur Abwrackprämie von 2009 - auf den Weg zu bringen.

SÜDWEST GRÜN 04/19 15 CHRIS KüHN Sprecher für Bau- und WohnungSpolitik WWW.cHRISKUEHN.DE

Tel. 030 / 227-73097, Fax 030 / 227-76097, [email protected] WAHLKREISBÜRO Poststraße 2-4, 72072 Tu b̈ ingen Tel. 07071 / 9997958, [email protected]

ScHUtzScHIRM FÜR DAS WOHNEN IN DER KRISE dass sich die derzeitige Lage im Land bis weit über den Sommer hinaus hinziehen kann. Epidemiolgen weisen er Schutz der Menschen und ihr Grundrecht auf wiederholt darauf hin. Von daher ist es unverständlich, DWohnen muss während der Corona-Pandemie warum die Zeitspanne hier von der Bundesregierung oberstes Gebot sein. Niemand darf aufgrund der Coro - gegenüber einem zunächst vorgelegten Gesetzentwurf nakrise seine Wohnung verlieren. Spätestens jetzt wird hektisch vom 30. September auf nun den 30. Juni ver - klar, wie elementar die Wohnfrage wirklich ist. kürzt wurde. Denn in der Krise sind die Bürger*Innen noch mehr als Die neue Regelung ermöglicht eine Stundung der Miet - sonst auf ihre Wohnung als Schutz- und Rückzugraum nachzahlungen bis zum 30. Juni 2022. Dies verschafft angewiesen. Sie ist für viele von uns angesichts von in - vielen Mieter*Innen erstmal die nötige Luft. Wir werden dividuellen Quarantäneerfordernissen und der historisch uns als Grüne aber auch dafür einsetzen, dass es auch beispiellosen Schließung von Arbeitsstätten, Schulen dann nicht zu einer finanziellen Überlastung kommt. oder Kitas der einzig verbliebene Aufenthaltsort. Wenn Denn bereits jetzt erreichen oder überschreiten die in das öffentliche Leben zum Erliegen kommt, müssen die Deutschland durchschnittlichen Wohnkosten mit 29 eigenen vier Wände umso mehr gestärkt werden. Prozent vom Nettoeinkommen die Überlastungsgrenze Es versteht sich von selbst, dass sich Kündigungen von von 30 Prozent. Das war vor der Krise schon sozialer Mietverhältnissen oder gar Zwangsräumungen auf - Sprengstoff und wird es danach erst recht sein. grund von krisenbedingten Zahlungsengpässen in dieser Lage verbieten. Dasselbe gilt auch für Zwangsvollstre - BÜNDEL vON MASSNAHMEN NötIg ckungen bei Eigentumswohnungen, wenn laufende Kre - Um gemeinsam einen wirksamen Schutzschirm des dite aufgrund der Krise plötzlich nicht mehr bedient Wohnens über unser Land zu spannen, braucht es aber werden können. noch mehr. Auch Zwangsräumungen und Zwangsvoll - streckungen müssen rechtssicher ausgesetzt werden. MIEtKÜNDIgUNgEN StOppEN Das gilt im Übrigen auch für Gewerbemietverhältnisse. Mit Blick auf drohende Kündigungen hat der Bundestag Private Vermieter*Innen, die aus der Vermietung von ein schnell reagiert. In der letzten Woche wurde im bei - oder zwei Wohnungen ihren eigenen Lebensunterhalt spiellos gerafften Verfahren ein Moratorium zum Kün - bestreiten und laufende Verbindlichkeiten aus dem Er - digungsschutz auf den Weg gebracht. Hier hat Politik werb dieser Wohnungen bedienen müssen, brauchen schnell reagiert, und das Parlament seine Handlungsfä - ebenfalls Schutz. Sie dürfen aufgrund der ausbleiben - higkeit unter Beweis gestellt. Es ist gut, dass den Mietzahlungen nicht als Nächste ins Hintertreffen Mieter*Innen nun nicht aufgrund von Cororna-beding - geraten. Deshalb ist es richtig, dass auch sie mit den ten Liquiditätsproblemen gekündigt werden darf. Dies Gesetzesänderungen bestehende Verbraucherdarlehens - haben wir als Grüne nachdrücklich unterstützt und mit - verträge während der Krise stunden können. getragen. Doch es braucht mehr. Mit einem großen Fonds müssen Allerdings ist das nun geltende Moratorium sehr kurz - wir jetzt die Liquidität von Wohnungsunternehmen und fristig angelegt. Es umfasst jetzt lediglich den Zeitraum Vermietern sichern. Wir Grüne unterstützen den ge - vom 01. April bis 30. Juni 2020. Es ist jedoch absehbar, meinsamen Vorstoß vom Deutschen Mieterbund (DMB)

16 SÜDWEST GRÜN 04/19 CHRIS KüHN Sprecher für Bau- und WohnungSpolitik WWW.cHRISKUEHN.DE sChutzsChiRm fÜR Tel. 030 / 227-73097, Fax 030 / 227-76097, [email protected] WAHLKREISBÜRO Poststraße 2-4, 72072 Tu b̈ ingen Das WohNeN iN DeR KRise Tel. 07071 / 9997958, [email protected]

und dem GdW für einen solchen „Sicher-Wohnen- machen. Es brauchte kein Corona, auch so wurde in den Fonds“. Ich bin der Meinung, dass an einem solchen letzten Jahren immer deutlicher, was beim Wohnen Fond sich die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft schiefläuft: Einseitige Gewinnmaximierung, Entzug von selbst auch beteiligen sollte. dringend nötigem Bauland aus Gründen der Spekula - Grundsätzlich müssen wir jetzt an vielen Stellschrauben tion, Ausnutzen von Zwangslagen von Mieter*Innen, gleichzeitig drehen, um maximale Wirkung zu erzielen. Rausmodernisieren und anderes mehr. Seit 1990 hat Menschen mit Verdienstausfall muss jetzt unbürokra - sich die Zahl der Sozialwohnungen mehr als halbiert – tisch und schnell Wohngeld von den zuständigen Be - und es werden trotz großer Anstrengungen des Bundes hörden gewährt werden. Die Antragsstellung für das jährlich 60.000 weniger. Viele Menschen finden aktuell Wohngeld sollte durchgehend digital möglich sein. keine bezahlbare Wohnung mehr. Ebenfalls braucht es jetzt eine wohlwollende Über - Es ist Zeit für eine neue Wohnungspolitik. Nicht allein nahme von Miet- und Energieschulden durch die Job - wegen der Krise. Aber wir brauchen wieder mehr For - center. Großzügiges Ermessen, nicht Kleinlichkeit ist men des Wohnens, die auch krisenfest sind. Deshalb jetzt das Gebot guter Verwaltungspraxis. Auf keinen Fall machen wir Grüne uns für eine Neue Wohnungsge - dürfen wir in diesen Tagen die Schwächsten in unserer meinnützigkeit (NWG) stark. Hierzu haben wir einen ei - Gesellschaft vergessen. Menschen, die bereits woh - genen Gesetzentwurf ( https://gruenlink.de/1q56) in den nungs- oder obdachlos sind, leiden am stärksten unter Bundestag eingebracht. Damit können wir in der Woh - der derzeitigen Situation. Ihnen fehlt ganz grundsätz - nungskrise endlich umsteuern und rund 1 Millionen lich ein eigener Schutzraum. Um die Ansteckungsgefahr günstige Mietwohnungen zusätzlich in den nächsten in den häufig engen Unterkünften zu reduzieren, zehn Jahren schaffen. Gerade in oder nach der Corona- braucht es einen Anspruch auf Einzelunterbringung. Im Krise kann dies darüber hinaus auch ein wichtiger Kon - Falle einer Corona-Infektion sind gar entsprechende junktur-Baustein sein. Quarantäneräume nötig. Das Prinzip der NWG ist, dass am Gemeinwohl orien - In den Städten und Kommunen müssen hierfür jetzt tierte Investoren mit dem Programm einen Investitions - wirksame Lösungen gefunden werden. So könnten etwa zuschuss von bis zu 20 Prozent für jede neue dauerhaft die Verträge mit auslaufenden Kältequartieren verlän - günstige Wohnung erhalten. Außerdem werden sie von gert, oder Gespräche geführt werden, wie schutzsu - Steuerzahlungen befreit. Im Gegenzug werden die ge - chende Menschen schnell in leerstehenden Pensionen förderten Wohnungen dauerhaft günstig Menschen mit oder Hotels untergebracht werden können. Der Bürger - kleinen und mittleren Einkommen in den Städten ange - meister von London, Sadiq Khan, hat hier gemeinsam boten. Die Wirtschaftlichkeit dieses Programms ist be - mit dem Hotelgewerbe eindrucksvoll gezeigt, wie so legt. etwas geht. Gehen wir jetzt mutig gemeinsam neue Wege. Hin zu mehr Gemeinwohl und zu mehr Menschlichkeit. Ich bin gEMEINNÜtzIg IN DIE zUKUNFt DES WOHNENS überzeugt, nur gemeinsam und mit viel Solidarität wer - Dies alles sind in der Krise richtige und wichtige Maß - den wir sowohl die Coronakrise, als auch die Krise auf nahmen. Bereits heute sollten wir uns aber auch Ge - unseren Wohnungsmärkten in den Griff bekommen. danken über die Zukunft des Wohnens in Deutschland

SÜDWEST GRÜN 04/19 17 BEATE MüLLER-GEMMEKE Sprecherin für arBeitnehmerinnenrechte und aktive arBeitSmarktpolitik WWW.MUELLER-gEMMEKE.DE Tel. 030 / 227-73041 Fax 030 / 227-76041 [email protected] WAHLKREISBÜRO Gartenstraße 18, 72764 Reutlingen Tel. 07121 / 9092411, Fax 07121 / 9943186, [email protected]

ARBEIt UND SOzIALES IN zEItEN spannen. In manchen Branchen übernehmen die Unter - DER cORONA-pANDEMIE nehmen tatsächlich Verantwortung und nutzen in der Kurzarbeit die arbeitgeberseitig komplett erlassenen So - ie Corona-Pandemie stellt uns alle – die Politik und die zialversicherungsbeiträge, um damit das Kurzarbeiter - Gesellschaft – vor große Herausforderungen. geld tariflich in Richtung 100 Prozent aufzustocken. Höchste Priorität haben jetzt alle Maßnahmen, die Aber genau an dieser Stelle muss ganz dringend nach - Ddazu beitragen, die Ausbreitung des Virus zu ver - gebessert werden. Denn auch in Branchen ohne Tarifbin - langsamen und insbesondere ältere Menschen und Vor - dung bekommen die Unternehmen die Sozialabgaben erkrankte zu schützen. Deshalb muss alles dafür getan vollständig zu 100 Prozent erstattet. Von diesem Geld werden, dass eine Überlastung unseres Gesundheitssys - aber sehen die Beschäftigten fast immer rein gar nichts. tems verhindert wird. Diese notwendigen Schutzmaß - Sie haben stattdessen enorme Lohneinbußen. Denn ihr nahmen haben enorme Auswirkungen auf unser privates Nettolohn beträgt in Kurzarbeit nur 60 bzw. 67 Prozent und gesellschaftliches Leben, aber vor allem auch auf (mit Kindern), und gerade in schlecht entlohnten Beru - die Wirtschaft – und davon sind wir alle ganz existen - fen kommen die Beschäftigten damit nicht über die tiell betroffen. Runden. Sie werden von heute auf morgen zu Hartz IV- Lieferketten sind teils zusammengebrochen. Große wie Aufstockern. Die Lasten sind also sehr unterschiedlich kleine Unternehmen müssen deshalb ihre Produktion verteilt. Das ist nicht gerecht und das wollen wir ändern. weitgehend herunterfahren. Manche Branchen sind Das Kurzarbeitergeld muss unbedingt erhöht werden. komplett zum Stillstand gekommen, beispielsweise Tou - Wer wenig verdient, soll ein höheres Kurzarbeitergeld rismus, Hotel- und Gaststättengewerbe, oder der Frei - erhalten. Denn wir dürfen die Beschäftigte, die schlecht zeit- und Sportbereich. Sie alle, aber auch kleine und entlohnt werden, nicht alleine lassen. mittelständische Betriebe, Solo-Selbstständige, Kultur - einrichtungen und soziale Dienstleister brauchen drin - UNBÜROKRAtIScHE gRUNDSIcHERUNg gend staatliche Unterstützung, weil sonst ganz schnell Gut zehn Tage später, am 24. März, wurde dann erneut Insolvenz droht und die Menschen nicht mehr von ihrer in einem Eilverfahren ein umfassendes Maßnahmenpa - Arbeit leben können. In so einer Zeit müssen Regierung ket auf den Weg gebracht, das weitere Folgen der Co - und Opposition zusammen arbeiten, und deshalb haben rona-Pandemie abfedern soll. Konkret beschlossen wir der Bundesregierung eine konstruktive Mitarbeit an - wurde in meinem Ausschuss das Sozialschutz-Paket. geboten. Wer finanzielle Unterstützung braucht, soll damit unbü - rokratisch und schnell Hilfe erhalten. Deshalb wurde der vERBESSERtE KURzARBEIt Zugang zu Grundsicherungsleistungen erleichtert. So Bereits am 13. März haben Bundestag und Bundesrat in entfällt etwa die Vermögensprüfung. Die tatsächlichen einem beispiellosen Schnellverfahren erste Schritte un - Aufwendungen für Unterkunft und Heizung werden als ternommen, um zu helfen. Die Regelungen zum Kurzar - angemessen anerkannt. Außerdem sieht das Gesetz Er - beitergeld wurden ausgeweitet und Hürden abgesenkt. leichterungen bei der Beantragung des Kinderzuschlags Wir haben diesem Gesetz zugestimmt, weil es wichtig vor. ist, jetzt einen Schutzschirm für Arbeitsplätze aufzu -

18 SÜDWEST GRÜN 04/19 BEATE MüLLER-GEMMEKE Sprecherin für arBeitnehmerinnenrechte und aktive arBeitSmarktpolitik aRbeit & soziales WWW.MUELLER-gEMMEKE.DE IN ZEITEN DER Tel. 030 / 227-73041 Fax 030 / 227-76041 [email protected] WAHLKREISBÜRO Gartenstraße 18, 72764 Reutlingen CoRoNA-PANDEMIE Tel. 07121 / 9092411, Fax 07121 / 9943186, [email protected]

Doch das Gesetz hat auch eine Leerstelle und die trifft kungen hinaus zu verlängern oder Ruhezeiten zu verkür - gerade die Ärmsten. Denn der Regelsatz für Kinder und zen. Dieser Änderung haben wir nicht zugestimmt, denn Erwachsene in Hartz IV ist seit vielen Jahren viel zu sie ist unserer Ansicht nach in Zeiten einer Pandemie niedrig und reicht hinten und vorne nicht. Wenn jetzt völlig kontraproduktiv. Beispielsweise für die stark belas - viele Tafeln aufgrund der Pandemie geschlossen haben teten Beschäftigten in den Supermärkten sind Ruhezei - und günstige Lebensmittel aufgrund von Hamsterkäufen ten der beste Gesundheitsschutz – und auch für sie gilt: schnell vergriffen sind, dann wird das Leben für jeden zu lange Arbeitszeiten machen schneller krank. Hartz-IV-Haushalt deutlich teurer. Deshalb muss auch Die Regelung betrifft vor allem auch die so genannten hier nachgebessert werden. Wir fordern daher einen entsandten Beschäftigten. Weil die Arbeitnehmer-Frei - Aufschlag auf den Regelsatz bei Hartz-IV und zwar für zügigkeit eingeschränkt wurde, fehlen jetzt Arbeitskräfte Erwachsene und auch für Kinder. aus Osteuropa, beispielsweise in der Landwirtschaft, Fleischindustrie, bei den Paketdiensten oder auch im Be - REttUNgSScHIRM FÜR DIE SOzIALEN DIENStE reich der 24-Stunden-Pflege. Und sofort kommt die For - Gleichzeitig wird mit dem Sozialschutz-Paket ein Ret - derung, dass die, die noch da sind, mehr und länger tungsschirm für die sozialen Dienste und Einrichtungen arbeiten sollen. Das ist der falsche Weg. Migrant*innen, gespannt. Eine ausreichende Finanzierung durch die je - die noch im Land sind, dürfen nicht noch mehr ausge - weiligen Leistungsträger ist hier gerade jetzt unabding - beutet werden. Im Gegenteil - auch sie müssen bei - bar, um beispielsweise Leistungen der aktiven spielsweise in Quarantäne gehen können und zwar Arbeitsmarktpolitik, der Eingliederungshilfe, der Rehabi - entlohnt. Wenn Tätigkeiten wichtig sind, dann braucht litation oder der Wohnungslosenhilfe auf eine solide es Anreize, fairen Lohn und gute Arbeitsbedingungen, Grundlage stellen zu können. Die jetzt verabschiedeten damit ausreichend viele Arbeitskräfte zur Verfügung ste - Stabilisierungsmaßnahmen gehen in die richtige Rich - hen. tung. Unklar ist dennoch, wie gemeinnützige Träger Es ist beeindruckend, wie viele Menschen in dieser Zeit ohne jede Grundfinanzierung oder Rücklagen (z.B. in der unser Land trotz aller widrigen Umstände am Laufen Arbeitsförderung) mit dem vorgesehenen Zuschuss von halten. Da sind all diejenigen, die im Gesundheitsbereich 75 Prozent der durchschnittlichen Zahlungen des letzten und in der Pflege arbeiten, die LKW-Fahrer*innen, die Jahres weiterexistieren können. Die Umsetzung werden Lebensmittel liefern, die Verkäufer*innen in den Super - wir ganz genau im Blick behalten, denn unsere soziale märkten, die Polizistinnen und Feuerwehrleute, Reini - Trägerlandschaft ist wichtig und muss erhalten bleiben. gungskräfte und die Beschäftigten bei der Müllabfuhr. Heute müssen wir sie bei ihrer schwierigen Arbeit unter - FAIRE LöHNE – gUtE ARBEItSBEDINgUNgEN stützen. Wir müssen diesen Menschen aber auch zusa - Mit dem Sozialschutz-Paket hat die Bundesregierung gen: Eure berechtigten Fragen nach mehr Personal im auch eine befristete Änderung beim Arbeitszeitgesetz Gesundheitsbereich oder einem besseren Lohn für Reini - vorgenommen. Danach ist die Regierung ermächtigt, zur gungskräfte, im Supermarkt oder in der Pflege werden Aufrechterhaltung des Gesundheitswesens oder zur Ver - wir nicht vergessen. Wir werden uns definitiv darum sorgung der Bevölkerung mit existentiellen Gütern die kümmern! täglichen Arbeitszeiten über die gesetzlichen Beschrän -

SÜDWEST GRÜN 04/19 19 CEM ÖZDEMIR vorSitzender deS auSSchuSSeS für verkehr und digitale infraStruktur WWW.OEzDEMIR.DE Tel. 030 / 227-75070, Fax 030 / 227-76069, [email protected] WAHLKREISBÜRO Königstrasse 78, 70173 Stuttgart Tel. 0711 / 65 83 29 00, Fax 0711 / 65 83 29 01, [email protected]

DIE cORONA-KRISE vERäNDERt DIE WELt schung zur Bekämpfung dieses schrecklichen Virus zu unterstützen. Covid19 verläuft nicht immer so glimpf - Innerhalb kürzester Zeit hat sich unser aller Leben lich, wie das glücklicherweise bei mir der Fall war. Jetzt vradikal verändert. So vieles, was für uns selbstver - gilt es, dass wir alle daran mitarbeiten, die Kurve der ständlich war, findet nicht mehr statt: Sich mit Neuinfektionen flach zu halten und unsere Kranken - Freund*innen und Familie treffen, in Restaurants, Kinos, häuser und Pflegepersonal zu entlasten. Das ist nicht Clubs, Museen, zum Sport oder ins Theater gehen, ei - nur wichtig, um alle Infizierten angemessen behandeln nander umarmen, unbeschwert mit öffentlichen Ver - zu können, sondern betrifft uns alle, wenn wir oder un - kehrsmitteln fahren, verreisen und vieles mehr. Der sere Lieben im Falle einer Krankheit oder Unfall medizi - gemeinsame Alltag im Büro fällt häufig weg, viele El - nische Versorgung brauchen sollten. tern betreuen oder unterrichten ihre Kinder zuhause, viele Großeltern sehen ihre Enkelkinder nicht mehr. UNSERE INtERNAtIONALE vERANtWORtUNg WäcHSt MIt cORONA Und viele arbeiten an vorderster Front mit, um die Aus - breitung des Corona-Virus einzudämmen, unsere medi - Die Welt wird eine andere sein, wenn diese Krise zu zinische Versorgung aufrechtzuerhalten und unsere Ende geht. Die Corona-Krise hat das Potential, auch die Infrastruktur am Laufen zu halten: in den Krankenhäu - internationale Ordnung zu verändern. Das wären keine sern und Altersheimen, bei der Betreuung von Men - guten Nachrichten für den Multilateralismus. Dabei ist schen mit Behinderung, an den Supermarktkassen und dieser ja schon jetzt durch einen US-Präsidenten, der bei der Müllabfuhr, in der Logistik, im ÖPNV und Zug - lieber auf „America first“ statt internationale Verant - verkehr, bei der Belieferung der Supermärkte, Kranken - wortung setzt, erheblich geschwächt. Und durch ein häuser und Apotheken. Sie und so viele mehr leisten Russland unter Wladimir Putin, das den UN-Sicher - gerade Höchstarbeit – und haben nicht das Privileg, im heitsrat blockiert, Teile der Ukraine besetzt hält und in geschützten Raum „home office“ machen zu können. Syrien schlimmste Kriegsverbrechen begeht. Ihnen allen gehört mein größter Respekt und Dank! Corona ist eine globale Herausforderung, die wir nur Der Bundestag hat Ende März in einer Minimalbeset - gemeinsam lösen können. Wenn ein Land unter den zung die sogenannten Corona-Gesetze verabschiedet, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Krise um die drastischen sozialen und wirtschaftlichen Fol - in schwieriges Fahrwasser gerät, dann betrifft uns das gen der Krise aufzufangen. Ich selbst war zu dem Zeit - in einer eng vernetzten Welt alle. Historisch gesehen punkt noch in Quarantäne, nachdem ich positiv auf haben Pandemien stets die ärmsten Länder am Corona getestet worden war. Zum Glück hatte ich nur schwersten getroffen. Wenn wir sehen, welche Heraus - milde Symptome und auch meiner Familie geht es gut. forderung Corona für unser Gesundheitssystem bedeu - Mittlerweile bin ich wieder negativ getestet worden, tet, eines der besten der Welt, das allen Menschen im habe also die Krankheit überwunden. Meine häusliche Land zugänglich ist, dann mag man sich kaum ausma - Quarantäne hat das Gesundheitsamt aufgehoben, aber len, was Corona für viele andere Staaten und Regionen grundsätzlich gilt weiterhin: Wir bleiben zuhause und bedeutet. So stehen beispielsweise in der syrischen Re - gehen nur dann raus, wenn es sein muss. Sobald ich gion Idlib, an der Grenze zur Türkei, ganze 50 Beat - wieder darf, will ich Blut spenden, um u.a. die For - mungsmaschinen zur Verfügung – für drei Millionen 20 SÜDWEST GRÜN 04/19 CEM ÖZDEMIR vorSitzender deS auSSchuSSeS Die CoRoNa-KRise für verkehr und digitale infraStruktur WWW.OEzDEMIR.DE veRäNDeRt Tel. 030 / 227-75070, Fax 030 / 227-76069, [email protected] WAHLKREISBÜRO Königstrasse 78, 70173 Stuttgart Die Welt Tel. 0711 / 65 83 29 00, Fax 0711 / 65 83 29 01, [email protected]

Menschen. Zahlreiche Krankenhäuser wurden in Syrien gegenseitig helfen. Es ist richtig, dass die Landesregie - durch Assad und Putin in Grund und Boden gebombt. rung unter schwerkranke Uganda hat mehr Minister im Kabinett als Intensivbet - Covid19-Patient*innen aus Frankreich aufgenommen ten. Indien hat seine 1,3 Milliarden Einwohner*innen hat und auch andere Bundesländer unseren europäi - unter Quarantäne gestellt. Die Krise verschärft soziale schen Nachbarn unter die Arme greifen. Die Krise eines Ungleichheiten bei uns wie weltweit: Die Isolation ist EU-Mitgliedstaats ist eine Krise von uns allen. Wir dür - leichter zu ertragen, die Hygieneregeln einfacher zu be - fen nicht zulassen, dass Italien als drittgrößter Euro - folgen, der Virus besser zu bewältigen, wenn Menschen staat in der Krise versinkt. Wir Grüne fordern daher finanziell abgesichert sind, Platz haben, Zugang zu flie - sogenannte Corona-Bonds, um die durch die Pandemie ßendem Wasser, gesunder Ernährung und guter medizi - verursachte Schuldenlast in Europa gemeinsam zu tra - nischer Versorgung. gen.

cORONA-KRISE IN DEN USA ScHWäcHt cORONA-KRISE IN DEN USA ScHWäcHt Autokra - ScHWäcHt INtERNAtIONALE ORDNUNg ten bauen ihre Macht aus

Auch in den USA deuten sich dramatische Folgen der Die Corona-Krise ist auch eine Krise der Demokratie. In Corona-Krise an. Mehr als drei Millionen Menschen Ländern, wo autoritäre Herrscher an der Macht sind, haben bereits ihre Jobs verloren – und viele damit auch versagen diese nicht nur kläglich im Angesicht der ihre Krankenversicherung, die häufig über den Arbeitge - Krise, sondern nutzen sie zynisch und unverfroren zum ber läuft. Präsident Trump wechselt täglich seine Ein - eigenen Machtausbau. So regiert in Ungarn nun Victor schätzung und Strategie. Als die ersten Fälle im Land Orbán ohne Einbezug des Parlaments, die Demokratie auftraten, zeigte er sich „nicht besorgt“ und gaukelte im Land ist praktisch auf Eis gelegt. Und während in später vor, nach Ostern sei die Krise überwunden. Mit Polen die Opposition ihren Wahlkampf abgesagt hat, diesem Führungsversagen setzt er nicht nur das Wohl - tourt der Kandidat der Regierungspartei, Präsident ergehen seines Landes aufs Spiel. Aus der Finanzkrise Duda, weiter durchs Land und tritt im Fernsehen auf. 2008/2009 wissen wir, dass eine Krise der USA weitrei - chende Folgen für die Weltwirtschaft hat. Und die USA Die Menschen in unserem Land, in Europa und vielen werden künftig nicht nur weniger bereit, sondern auch Teilen der Welt vollbringen gerade eine enorme Leis - weniger in der Lage sein, international Verantwortung tung, indem sie auf Sozialkontakte verzichten und wirt - zu übernehmen. Umso mehr wird es auf Europa ankom - schaftliche Einbußen in Kauf nehmen. Es ist toll zu men, auf die absehbaren humanitären Katastrophen, die sehen, wie wir als Gemeinschaft funktionieren. Die Ein - Corona in vielen Ländern hervorrufen wird, zu reagie - schränkungen verlangen uns allen viel ab. Klar muss ren. daher sein: in einer liberalen Demokratie dürfen die weitreichende Einschnitte in unsere Freiheit kein Dau - Europa muss nun entschlossen und gemeinsam han - erzustand sein. Ich bin gerade besonders froh, dass wir deln. Die Grenzen sind dicht, aber das europäische Pro - nicht von Rechtspopulisten regiert werden. jekt lebt weiter und ist gerade jetzt besonders relevant. Wir können durch diese Krise kommen, wenn wir uns

SÜDWEST GRÜN 04/19 21 CHARLoTTE SCHNEIDEWIND-HARTNAGEL mitglied im familienauSSchuSS und in der kinderkommiSSion WWW.cHARLOttE-ScHNEIDEWIND.DE Tel. 030 / 227- 75005, Fax 030 / 227- 70006, [email protected] WAHLKREISBÜRO Gartenweg 10, 74821 Mosbach WAHLKREISBÜRO Obere Mauergasse 60, 97980 Bad Mergentheim [email protected]

zUSAMMENHALtEN – UND ALS Und wenn der ehemalige Bundespräsident Joachim gEMEINScHAFt WAcHSEN Gauck ausgerechnet nach Hanau öffentlich zu einer „erweiterten Toleranz“ gegenüber rechts aufruft, muss ie ersten drei Monate im Jahr 2020 haben uns uns das mindestens irritieren. Ich habe Herrn Gauck da - Ddeutlich gezeigt, dass wir in vielen Bereichen um - raufhin einen offenen Brief geschrieben (nachzulesen denken und unser Handeln verändern müssen. Es wirkt, hier: https://t1p.de/sbjk), weil Toleranz gegen Intoleranz als bewegten wir uns von einem Ausnahmezustand zum uns nicht stärkt sondern schwächt. nächsten: Den Februar prägte der Rechtsextremismus, von den demokratiezermürbenden Spielchen in Erfurt zUSAMMENHALt BEWAHREN bis hin zum Terror in Hanau. Im März kam die Corona - krise, die uns noch lange begleiten wird. Ich möchte nicht von „Chancen“ sprechen, die sich aus So unterschiedlich die Situationen sind, beide erfordern, der Coronakrise ergeben könnten. Das kommt mir zy - dass wir als Gesellschaft zusammenhalten. Wir wollen nisch vor. Wir können aber sehr wohl etwas aus dieser uns dafür einsetzen, dass dieser Zusammenhalt nicht Ausnahmesituation lernen. nur ein vorübergehender ist, sondern dass aus ihm eine • Wir sind zu Zusammenhalt fähig. Als Grüne haben wir bessere und gerechtere Zukunft entstehen kann. den Anspruch, diesen Zusammenhalt zu fördern und zum Zukunftsmodell auszuweiten. Nur in der Gemein - DEMOKRAtIE vERtEIDIgEN schaft können wir mehr erreichen. • Wir sind in der Lage, unsere Verhaltensweisen schnell Der absolute Tiefpunkt im Februar war der rechtsterro - zu ändern. Blicken wir auf die Klimakrise, auf das Ge - ristische Anschlag gegen unsere freie, demokratische fälle zwischen Stadt und Land, zwischen Ost und West, und friedliche Gesellschaft, der in Hanau neun Unschul - zwischen arm und reich, die Ungerechtigkeit zwischen dige das Leben kostete. Dass wir um die Opfer trauern, den Geschlechtern, usw. – wir können die Fähigkeit der darf uns nicht sprachlos machen. Wir Demokrat*innen Menschen zu schnellen Veränderungen nutzen, um eine dürfen nicht schweigend zusehen, wie einige Wenige bessere Gesellschaft zu entwickeln. am Fundament unserer Demokratie rütteln. • Die Populisten haben in der Krise keine Antworten. In Hanau sind auch deshalb Menschen gestorben, weil Wir müssen entlarven, dass rechte Demagog*innen die AfD und andere Rassismus (wieder) gesellschaftsfä - nichts anzubieten haben, wenn es darauf ankommt. Im hig machen. Wenn Bürger*innen sagen, vor Ort seien Spalten und Hetzen sind sie unschlagbar, im Unterstüt - die Vertreter*innen der AfD harmlos, nett und anstän - zen von Menschen sind sie unfähig. dig, dann müssen wir beherzt widersprechen. Faschist*innen sind nicht harmlos! Ihre Wähler*innen vERANtWORtUNgSBEWUSSt IN DER KRISE auch nicht! Dass sie demokratisch gewählt wurden, macht Vertreter*innen der AfD noch lange nicht zu De - Wir alle befinden uns in einer außergewöhnlichen Si - mokrat*innen. tuation. Die bringt es mit sich, dass Gesetze im Eil - tempo verabschiedet werden. Manchmal sind sie mit

22 SÜDWEST GRÜN 04/19 zusammeNhalteN uND als GemeiNsChaft WaChseN

heißer Nadel gestrickt. Deshalb bringen wir uns als Op - vERäNDERUNg gEStALtEN positionsfraktion verantwortungsbewusst und kritisch- konstruktiv ein, denn wir ziehen alle an einem Strang. Viele soziale Dienste fallen unter den Rettungsschirm. Damit wir Ergebnisse erzielen, die sich im Alltag als Dennoch müssen weitere Schritte folgen, um Lücken zu praktikabel erweisen, wollen wir Herz und Ohr dicht an schließen. Wir dürfen vor allem die Familien nicht aus den Menschen, Verbänden und Organisationen haben, dem Blick verlieren, die schon vor Corona arm waren. die die Bedürfnisse und Anforderungen aus der tägli - Kostenloses Mittagessen in Schule und Kita fallen weg, chen Arbeit am besten kennen. Tafeln schließen und wegen Hamsterkäufen finden sich im Supermarkt nur noch die teuersten Lebensmittel. In Die Coronakrise belastet viele Familien enorm. Schulen, dieser Situation brauchen diese Menschen zusätzliche Kitas und ambulante Pflegeeinrichtungen sind ge - Unterstützung. schlossen, und Familien müssen die Betreuung von Kin - dern und Pflegebedürftigen neu organisieren. Besonders Es geht aber nicht nur um das Abmildern finanzieller schwierig ist das damit verbundene Jonglieren von Ar - Folgen. Viel mehr Frauen und Kinder als sonst sind von beits- und Betreuungszeiten für Alleinerziehende. Fami - häuslicher und sexualisierter Gewalt bedroht, wenn lien-, Arbeits- und Schul- bzw. Kitaleben finden nun oft Quarantänen und Ausgangsbeschränkungen greifen. am gleichen Ort statt. Das verlangt Eltern und Kindern Beratungen und Hausbesuche müssen weiterhin mög - ein hohes Maß an Geduld und Flexibilität ab. Kontakt - lich, Schutzräume zugänglich sein. verbote und die weitgehende Stilllegung des öffentli - Wir wollen und müssen Veränderung jetzt gestalten. chen Lebens erschweren die Situation. Hinzu kommen Damit alles, was wir im Bundestag beschließen, wie be - wachsende Existenzängste: Viele Eltern bangen um absichtigt in der Praxis wirkt, brauchen wir engen Kon - ihren Arbeitsplatz und das finanzielle Auskommen ihrer takt mit Verbänden und Akteur*innen vor Ort: Welche Familie. Hilfe wird konkret gebraucht? Wie läuft es mit der Um - setzung von Beschlüssen auf der Landesebene und in Gemeinsam müssen wir alles Erforderliche tun, um den Kommunen? Wo besteht Änderungsbedarf? Wer unser Gesundheitswesen zu unterstützen, Arbeitsplätze fällt durchs Raster? Und was sollten wir auf lange Sicht zu erhalten und niemanden zurückzulassen. Es wurden aus dieser Ausnahmesituation lernen? Ich denke dabei bereits wichtige Schritte beschlossen: nicht zuletzt an die angemessene Anerkennung und • Lohnersatzleistungen für alle, die Kinder zu Hause be - Entlohnung von Care-Arbeit, die häufig von Frauen ge - treuen und deshalb nicht arbeiten können leistet wird und deren Bedeutung spätestens in der Co - • Herabgesetzte Zugangsvoraussetzungen für Kinderzu - ronakrise unübersehbar wird. schlag und Grundsicherung Trotz aller Hiobsbotschaften: Einfallsreichtum, Solidari - • Vereinfachungen beim Kurzarbeiter*innengeld tät und Mut auf allen Ebenen der Gesellschaft sind • Ein Rettungsschirm von 750 Mrd. Euro beindruckend und bestärken mich in der Hoffnung, dass wir diese Krise nicht nur meistern sondern als Gemein - schaft an ihr wachsen werden.

SÜDWEST GRÜN 04/19 23 Sprecherin für BildungS- und medienpolitik & digitale infraStruktur

WWW.MARgIt-StUMpp.DE Tel. 030 / 227-77236, [email protected] WAHLKREISBÜROS 1. Schnaitheimer Str. 40, 89520 Heidenheim an der Brenz, Tel. 07321 / 3530924, [email protected] 2. Umwelthaus Aalen, Gmünder Str. 9, 73430 Aalen, Tel. 0151 / 50768901, [email protected]

BILDUNg, cORONA UND pLötzLIcH DIgItALE ScHULEN BRAUcHEN It-pERSONAL KLASSENzIMMER In dieser Situation hilft der Digitalpakt Schule auch nur ines ist sicher: Die Corona-Pandemie wird das begrenzt. Seit einem Jahr sollen nun 5 Milliarden Euro ESchulsystem nachhaltiger verändern als sämtliche an die Schulen fließen, angekommen ist erst ein Bruch - Bildungsreformen von Bund und Ländern in der letzten teil, in manchen Ländern wurde noch kein Cent ausge - Jahren zusammen. Das ist sowohl Ausdruck der Covid- geben – trotz wirklich langer Vorlaufzeit. Der 19-Krise als auch politischer Versäumnisse. Angesichts Digitalpakt wurde über Jahre angekündigt, leider haben der Lage wird einfach gemacht und das ist auch gut in dieser Zeit viele, vor allem finanziell klammeSchul - so: Die Anmeldezahlen der Lernplattformen schießen träger gewartet statt investiert, was sich nun rächt. durch die Decke, die Server ächzen an der Belastungs - Jetzt wird langsam nachgeholt, was eh schon zu spät grenze, die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen kam und zu wenig ist. Und dann auch noch Corona. werden zum virtuellen Klassenzimmer und Lehrkräfte machen möglich, was irgendwie nur geht. Das ist der Wir haben die Grundgesetzänderung mitgetragen, Situation angemessen, besser wäre es natürlich gewe - damit endlich auch der Bund seiner Verantwortung für sen, solche Systeme mit Bedacht aufzubauen: dezen - die Bildungsfinanzierung gerecht wird. Ein Punkt war trale und zentrale Server, datenschutzkonforme Clouds, dabei zentral: Der Bund darf jetzt endlich auch befristet Befähigung der Lehrkräfte und Schüler*innen. Die Liste (auch nicht-pädagogisches) Personal finanzieren, aber ließe sich endlos fortsetzten. das wurde im Digitalpakt durch die vorauseilende Bund-Länder-Vereinbarung unverständlicherweise ex - DANK UND RESpEKt FÜR DIE päDAgOgIScHEN plizit ausgeschlossen; ein großer Fehler. Nachdem sich FAcHKRäFtE Bund und Länder inzwischen geeinigt haben, in dieser Bildungskrise Digitalpaktmittel außerplanmäßig für Dabei ist klar: Die Rahmenbedingungen sind nicht ideal, Lernsoftware nutzen zu können – was ich unbedingt aber der Einsatz und das Engagement der Lehrerinnen, unterstütze -, brauchen wir jetzt auch eine Öffnung für Lehrer, Schulleitungen und Schulträger, das Beste aus IT-Personal an den Schulen, damit diese schnellstmög - der aktuellen Situation zu machen, ist enorm. Dafür ge - lich kompetent und in der Breite auf digitales Lernen bührt ihnen besonderer Dank und Wertschätzung. umschalten können ( https://gruenlink.de/1q3y).

Von wegen Coronaferien: Nach meiner Einschätzung Die aktuelle Situation mit Homeschooling, E-Learning und den Informationen, die ich bekomme, arbeiten alle und virtuellen Klassenzimmern dienen als Katalysatoren Beteiligten seit Wochen mit Hochdruck daran, sämtli - für die Digitalisierung der Bildung, die unbedingt ge - che Wege zu nutzen, Schülerinnen und Schüler weiter - nutzt und gestaltet werden muss. Es ist allen Beteilig - hin mit Aufgaben, Material, Tutorials, Links, ten klar, dass der Digitalpakt nur eine Anschubfinan- Arbeitsblättern, Stoffsammlungen kurz: allem Notwen - zierung sein kann. Wir brauchen einen Digitalpakt+ zur digen zu versorgen, um dem Bildungsauftrag gerecht zu Verstetigung, mindestens zur Weiterführung. Alles an - werden. Meinen herzlichen Dank dafür an dieser Stelle! dere wäre fahrlässig und unverantwortlich und würde unnötigerweise Vertrauen verspielen.

24 SÜDWEST GRÜN 04/19 MARGIT STUMPP Sprecherin für BildungS- und medienpolitik & digitale infraStruktur bilDuNG, CoRoNa UND PLÖTZLICH DiGitale KlasseNzimmeR

AUcH DIgItALE BILDUNg MUSS gEREcHt SEIN ist. Das macht die neue Bundeszentrale für sie, indem sie bestehende Angebote bündelt, auf Qualität über - Digitaler Unterricht darf die Bildungsungerechtigkeit prüft und ansprechend präsentiert; online und als App. nicht noch weiter vergrößern. Den Bildungserfolg vom Mit der Marke „Bundeszentrale“ und einem jährlichen Elternhaus zu entkoppeln, bleibt auch und gerade bei Budget von 10 Millionen Euro machen wir deutlich, der Digitalisierung des Unterrichts oberste bildungspoli - dass es sich hier nicht nur um ein weiteres Projekt tische Priorität. Wir müssen unbedingt sicherstellen, neben vielen anderen handelt, sondern wir digitale und dass alle Schülerinnen und Schüler ein Endgerät zur Medienbildung auf eine neue Stufe mit einer starken Verfügung haben, mit dem sie bei den – aktuellen und Dachstruktur heben, die vertrauenswürdige Angebote künftigen - digitalen Bildungsangeboten mitmachen niederschwellig zugänglich macht. können. Wer digitales Lernen zur Regel macht – und das passiert gerade – muss auch die entsprechenden BEDARF NAcH ANgEBOtEN StEIgt StEtIg Lernmittel zur Verfügung stellen. Digitalisierung darf nie zum Selbstzweck werden, sondern muss immer den Bereits während meiner eigenen Lehrtätigkeit an der Erfordernissen der Pädagogik folgen. Das heißt konkret, HeidTech in Heidenheim, wo ich auch für die Systemad - auch die zu unterstützen, die nicht so schnell folgen ministration verantwortlich war, habe ich immer wieder können und besondere Förderung brauchen. gemerkt, dass viele Kolleg*innen Berührungsängste mit neuen technischen Möglichkeiten haben und sich davor BUNDESzENtRALE FÜR DIgItALE UND scheuen, diese im Unterricht einzusetzen. Dies wurde MEDIENBILDUNg mir auch in vielen Gesprächen von anderen Praktiker*innen berichtet. Ein Grund sind Zweifel an der Um diesen aktuellen digitalen Bildungsschub nachhaltig Zuverlässigkeit der Technik und schlechte Erfahrungen zu gestalten und dem Digitalpakt doch noch zum Erfolg mit der Funktionsfähigkeit der Hardware. Deswegen zu verhelfen, müssen wir zwingend die Lehrkräfte in die brauchen Schulen eine verfügbare und verlässliche Ad - Lage versetzen, die vorhandenen digitalen Werkzeuge ministration. Ein anderer Grund ist die fehlende Orien - didaktisch sinnvoll einzusetzen und bestehende Ange - tierung im Dschungel der digitalen Angebote. Der bote zu finden und zu nutzen. Wie groß der Bedarf ist, Bedarf an vertrauenswürdigen Angeboten und einer hat erst kürzlich die ICILS-Studie ( https://gruenlink.de/1q4z) kompetenten Anlaufstelle besteht nicht erst seit Um - gezeigt, nach der deutsche Schüler*innen nur über mit - setzung des Digitalpakts und erfährt im Zuge der aktu - telmäßige Digitalkompetenzen verfügen. Es ist jetzt ellen Schulschließungen eine ungeahnte Dynamik. Aufgabe von Bund und Länder, das zu ändern. Aus die - sem Grund habe ich das Konzept einer „Bundeszentrale Mit der Bundeszentrale für digitale und Medienbildung für digitale und Medienbildung“ in den Bundestag ein - wollen wir einen Aufbruch einläuten für mehr Kompe - gebracht (https://gruenlink.de/1q3x). Lehrkräfte und tenzen in den Bereichen Digitalisierung, Informatik und alle Interessierten sollen eine zentrale Anlaufstelle be - Medien. Sie ebnet den Weg, den digitalen Wandel kommen, statt sich selbst durch den Dschungel an An - selbstbestimmt, kompetent und kritisch zu gestalten, geboten on- und offline schlagen zu müssen. Ihnen ist jetzt und in hoffentlich bald wieder geregelteren Zeiten. nicht zuzumuten, selbst herauszufinden, ob ein Ange - bot geeignet, unabhängig oder qualitativ in Ordnung

SÜDWEST GRÜN 04/19 25 GERHARD ZICKENHEINER WWW.gERHARD-zIcKENHEINER.DE

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EUROpäIScHE zUSAMMENARBEIt ANStELLE Glasgow wird in diesem Jahr einer der wichtigen Mei - NAtIONALER ALLEINgäNgE lensteine für die Transformation und Zukunft unserer Welt, so wie auch die Überlegungen, wie wir gut aus nsere Welt steht vor einer großen Transformation. der aktuellen Krise wieder herausfinden. Diese Zukunft UUm die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der gilt es, gut zu gestalten. Gut heißt für mich: Innerhalb Agenda 2030 zu erreichen, bleiben uns noch 10 Jahre. eines gerechten sozialen Miteinander, klima- und um - Wir wissen, dass gerade auch Deutschland in deren weltfreundlich und wirtschaftlich tragfähig – so wie in Umsetzung hinterherhinkt. Auf dem Weg in ein klima - der Agenda 2030 vorgesehen. neutrales Deutschland und ein klimaneutrales Europa bis spätestens 2050 zeigt sich: Die 2030-Ziele wurden tRANSFORMAtION AUcH IM ENERgIESEKtOR faktisch aufgegeben. Das „Klimapaket“ der Bundesre - gierung vom September 2019 war eine riesige Enttäu - Dieser Artikel baut auf einer Rede auf, die ich am 22. schung. Der Green Deal, das Arbeitsprogramm der Februar 2020 in Basel anlässlich der Abschaltung des EU-Kommission, gab Anlass zur Hoffnung. Diese wurde ersten von zwei Reaktorblöcken des grenznahen Atom - aber bereits im ersten Schritt zur Konkretisierung des kraftwerkes Fessenheim im französischen Elsass gehal - Green Deals gedämpft, durch das kürzlich vorgelegte ten habe. Dort habe ich betont, dass die Transformation Klimaschutzgesetz der EU. Denn der Gesetzesvorschlag hin zu einer klimafreundlichen und sozial wie wirt - schiebt die Entscheidungen wieder mal auf die lange schaftlich tragfähigen Welt uns alle betrifft. Wir wis - Bank: Ohne ambitionierte Zwischenziele für 2030 (wir sen, dass wir unsere Städte umbauen und unser Leben GRÜNEN fordern mindestens 55 Prozent Emissionsre - umgestalten, unser Konsumverhalten ändern müssen – duktion im Vergleich zu 1990 auf europäischer Ebene) all das ist ein unglaublich aufwendiger Prozess. Dazu und 2040, werden wir weder die Klimaneutralität bis gehört auch der Ausstieg aus der fossilen Energie und 2050 erreichen, noch eine Begrenzung der Erderwär - der Atomenergie sowie der Umstieg auf 100 Prozent Er - mung auf deutlich unter 2 Grad. neuerbare. Doch diese Transformation geht nicht ohne einen entsprechenden Strukturausgleich. Beispielhaft Damit kann dieses Klimaschutzgesetz nicht dazu beitra - dafür ist die bereits eingeleitete Stilllegung des AKW gen, dass die EU ihren Anteil an der weltweiten Umset - Fessenheim: Während die Abschaltung dieses Uraltmei - zung des Pariser Klimaabkommens leistet. Entscheidend lers für viele Menschen in Deutschland und der Schweiz sind dafür die Entwicklungen der nächsten 10 Jahre, bis Anlass zur Freude ist, sind viele Menschen im ohnehin 2030. Angesichts der Tatsache, dass Ende dieses Jahres sehr strukturschwachen Elsass stark davon betroffen die COP26 Weltklimakonferenz in Glasgow stattfinden und müssen um ihre Arbeitsplätze fürchten. Besonders soll, bei der auch die EU ihre rechtlich verbindlichen wichtig wird also die Nachnutzung des Areals. Hier Ziele zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens vor - steht auch Deutschland vor einer wichtigen Herausfor - stellen muss, sendet das kein gutes Signal. Auch die derung: Denn es darf nicht außer Acht gelassen werden, Bundesregierung hält sich hier mal wieder deutlich zu - dass die soziale Gefährdung durch die Transformation rück, dabei liegen diese wichtigen Meilensteine inner - unserer Gesellschaft auch einer der Gründe ist, der po - halb der deutschen Ratspräsidentschaft. pulistische Parteien zum Erstarken bringt. Wir müssen

26 SÜDWEST GRÜN 04/19 euRopäisChe zusammeNaRbeit aNstelle NatioNaleR alleiNGäNGe

zeigen, dass diese Transformation eine unglaubliche verschiedenen Gremien garantieren. Dieses Abkommen Chance ist, mit der wir gemeinsam in die Zukunft ist für die EU und die Schweiz gleichermaßen wichtig: schauen und neue Existenzen aufbauen können. So Zum einen für die Versorgungssicherheit, zum anderen auch in Fessenheim: Geplant ist für die Nachnutzung ist die Schweiz mit ihrer Lage auch eine bedeutende des Areals ein deutsch-französischer Gewerbepark, an - Stromdrehscheibe für Europa. Doch die Schweiz steckt gelegt als Labor für nachhaltiges Wirtschaften. Dieser in der Verhandlungsfalle: Die EU sieht ein institutionel - kann zu einem Vorbildprojekt für europäische und les Rahmenabkommen zwischen der EU und der grenzübergreifende Zusammenarbeit werden. Ein Zei - Schweiz als Voraussetzung für das Stromabkommen. chen, dass wir derzeit mehr denn je benötigen. Das Rahmenabkommen, das den gegenseitigen Markt - zugang konsolidieren und zukunftsfähig machen soll, StROMMARKt AUcH EUROpäIScH DENKEN findet allerdings in der Schweiz weniger Unterstützung als in der EU. Mit dem Rahmenabkommen hängt daher Was wir aus der Energiewende und der Transformation auch das Stromabkommen in der Schwebe. Gerade für unserer Gesellschaft hin zu einer nachhaltigeren Welt Menschen, die in der Grenzregion leben, ist ein erfolg - lernen können: Auch der Strommarkt ist kein nationales reich abgeschlossenes Rahmenabkommen besonders Geschäft mehr. In einer Zukunft, in der wir mit weniger wichtig. Strom auskommen müssen – und das werden wir auf - grund der vor uns liegenden Transformation – müssen Ich setze mich in Berlin, Brüssel und in der Schweiz für die Stromerzeugung und der Stromhandel unbedingt die erfolgreiche Umsetzung dieses Rahmenabkommens kontinental geregelt werden. Um die Versorgungssi - ein, predige Mäßigung im Umgang mit der Schweiz und cherheit in Europa zu gewährleisten, müssen wir auch ihrer besonderen Form der Demokratie. Aber auch in sicherstellen, dass Strom über Ländergrenzen hinweg Gesprächen mit VertreterInnen der Schweizer Botschaft ausgeliefert werden kann. Ich bin im trinationalen in Berlin, mit PolitikerInnen in der Schweiz und auf Po - Raum Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz auf - dien vor Ort ermuntere ich dazu, das verhandelte Ab - gewachsen und lebe dort noch immer. Daher weiß ich, kommen anzunehmen. Denn wichtig ist vor allem, das wie wichtig erfolgreiche grenzübergreifende Zusam - große Ganze – den quasi freien Marktzugang in die menarbeit und der freie Waren- und Personenverkehr Schweiz und umgekehrt nach Europa – nicht aufgrund sind. Auch in der Energiewende werden sich nationale einiger weniger Kritikpunkte am Abkommen in Gefahr Alleingänge langfristig nicht auszahlen – es kommt auf zu bringen. Aber auch an hier gilt: Der Wandel muss so - die europäische Zusammenarbeit an. zial und nachhaltig gestaltet werden, sodass die Men - schen mitgehen können und wollen. Die Agenda 2030 Seit 2007 verhandelt die Schweiz mit der EU über ein behandelt nicht nur Klimafragen, sondern inkludiert bilaterales Abkommen im Elektrizitätsbereich. Dieser auch die soziale und wirtschaftliche Komponente. Sie Vertrag soll den Zutritt zum europäischen Strommarkt stellt für mich die Basis, auf der wir über die Grenzen und den grenzübergreifenden Stromhandel regeln, Si - hinweg unsere Zukunft gemeinsam gestalten können cherheitsstandards harmonisieren, den freien Marktzu - und sollten. gang absichern und die Mitwirkung der Schweiz in den

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RUNDBRIEF DER BADEN-WÜRTTEMBERGISCHEN GRÜNEN IM BUNDESTAG

BetreuungS WAHLKREISE

AALEN /ELLWANgEN Margit Stumpp SÜDWEST GRÜN erscheint drei- bis viermal im Jahr. ALB-DONAU Margit Stumpp Darin berichten wir als Landesgruppe Baden-Württemberg BIBERAcH Agnieszka Brugger der grünen Bundestagsfraktion von unserer Arbeit. BODENSEEKREIS Agnieszka Brugger Bö̈BLINgEN Matthias Gastel SÜDWEST GRÜN wird als E-Mail mit PDF-Anhang ver - BREISgAU-HOcHScHWARzWALD Gerhard Zickenheiner sandt. Wer den Rundbrief regelmäßig beziehen möchte, cALW Anna Christmann schreibe bitte eine E-Mail mit dem Betreff „Abo Südwest - EMMENDINgEN grün“ an [email protected]. Abmeldungen und ESSLINgEN Matthias Gastel Feedback aller Art bitte ebenfalls an diese Adresse! EttLINgEN Sylvia Kotting-Uhl FREIBURg Franziska Brantner Aufgrund der großen Distanz zwischen Baden-Württem - FREUDENStADt Beate Müller-Gemmeke berg und Berlin können wir selbst nicht so oft in den göppINgEN Matthias Gastel Wahlkreisen unterwegs sein wie wir es gerne möchten. HEIDELBERg Franziska Brantner Daher seid ihr, die Grünen in Baden-Württemberg, unser HEIDENHEIM Margit Stumpp stärkstes Bindeglied „ins Ländle“. Für uns ist es wichtig zu HEILBRONN Harald Ebner erfahren, was euch konkret auf den Nägeln brennt. HOHENLOHE Harald Ebner Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Wahlkreis - KARLSRUHE Sylvia Kotting-Uhl büros sind vor Ort für euch und eure Anliegen da und ste - KARLSRUHE /LAND Danyal Bayaz hen in engem Kontakt mit uns Abgeordneten in Berlin. KONStANz Matthias Gastel Eure Ideen und euer Engagement sind eine wichtige Ergän - KURpFALz-HARDt Danyal Bayaz zung zu unserer parlamentarischen Arbeit! LöRRAcH Gerhard Zickenheiner LUDWIgSBURg Cem Özdemir Da wir nicht in jedem Wahlkreis mit einer/einem eigenen MAIN-tAUBER Charlotte Schneidewind-Hartnagel MdB vertreten sind, haben wir das System der Betreuungs - MANNHEIM Franziska, Danyal wahlkreise eingerichtet. In der Liste links seht ihr, wer von NEcKAR-BERgStRASSE Franziska Brantner uns für eurem Wahlkreis zuständig ist. NEcKAR-ODENWALD Charlotte Schneidewind-Hartnagel ODENWALD-KRAIcHgAU Danyal Bayaz Mehr aus der Bundestagsfraktion immer akuell unter ORtENAU Franziska, Gerhard WWW.GRUENE-BUNDESTAG.DE pFORzHEIM/ENzKREIS Sylvia Kotting-Uhl RAStAtt/BADEN-BADEN Sylvia Kotting-Uhl RAvENSBURg Agnieszka Brugger REMS-MURR Anna Christmann REUtLINgEN Beate Müller-Gemmeke ROttWEIL Beate Müller-Gemmeke ScHWä̈BIScH gMÜND Harald Ebner ScHWä̈BIScH HALL Harald Ebner ScHWARzWALD-BAAR Chris Kühn IMpRESSUM SIgMARINgEN Chris Kühn StUttgARt Anna, Cem V.i.S.d.P.: Harald Ebner MdB (Landesgruppensprecher) tÜ̈BINgEN Chris Kühn Redaktion & Gestaltung: Sönke Guttenberg tUttLINgEN Beate Müller-Gemmeke Platz der Republik 1 ULM Margit Stumpp 11011 Berlin WALDSHUt Gerhard Zickenheiner Tel. 030 / 227 73025 WANgEN Agnieszka Brugger Fax 030 / 227 76025 zOLLERNALB Chris Kühn [email protected]

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