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À propos Kehlmann

Internationale Zeitschrift für Hum- boldt Studien ++++ International Review for Humboldtian Studies ++++ Revista Internacional de Estu- dios Humboldtianos ++++ Revue HiN d’Études Humboldtiennes ++++++ ISSN: 1617-5239 HiN XIII, 25 (2012)

Reinhard Andress Ein kurzer Brief Alexander von Humboldts an den Hofmarschall Moritz von Brescius Frank Holl Connecting the New World. Nets, mobility and progress in the „Die zweitgrößte Beleidigung des Menschen sei die Sklaverei ...“ Age of Alexander von Humboldt – Daniel Kehlmanns neu erfundener Alexander von Humboldt Ottmar Ette Eberhard Knobloch Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns Welt Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß – im Roman und in Wirklichkeit De cómicos e histéricos. Una réplica a la sátira sobre eruditos de Daniel Kehlmann

Universität -Brandenburgische Institut für Romanistik Akademie der Wissenschaften Internationale Zeitschrift für Hum- boldt Studien ++++ International Review for Humboldtian Studies ++++ Revista Internacional de Estu- dios Humboldtianos ++++ Revue HiN d’Études Humboldtiennes ++++++ ISSN: 1617-5239 HiN XIII, 25 (2012)

Herausgeber:

Prof. Dr. Ottmar Ette Prof. Dr. Eberhard Knobloch Universität Potsdam Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle Institut für Romanistik der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Am Neuen Palais 10 Jägerstraße 22/23 D-14469 Potsdam D-10117 Berlin

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Dr. Ingo Schwarz, Dr. Ulrich Päßler, Tobias Kraft

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Prof. Dr. Walther L. Bernecker, Prof. Dr. Laura Dassow Walls, Prof. Dr. Andreas Daum, Dr. Frank Holl, Prof. Dr. Gerhard Kortum, Prof. Dr. Heinz Krumpel, Prof. Dr. Aaron Sachs, Dr. Miguel Angel Puig-Samper, Prof. Dr. Nicolaas A. Rupke, Prof. Dr. Michael Zeuske

HiN - Alexander von Humboldt im Netz is an international peer reviewed journal, listed in the MLA Directory of Periodicals, the Ul- richsweb Global Serials Directory, and the DOAJ - Directory of Open Access Journals. HiN publishes current studies in the field of Alexander von Humboldt research twice a year in German, English, Spanish, and French. HiN is a publication by the University of Potsdam and the Berlin- Academy of Sciences and Humanities. As a supplement to the journal, the project avhum- boldt.de. Humboldt Informationen online informs about worldwide activities regarding Humboldt.

HiN - Alexander von Humboldt im Netz ist ein internationales peer reviewed journal und wird vom MLA Directory of Periodicals, dem Ulrichsweb Global Serials Directory und dem DOAJ - Directory of Open Access Journals bibliographisch erfasst. HiN veröf- fentlicht aktuelle Forschung zu Alexander von Humboldt in Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch. Das halbjährlich er- scheinende Periodikum ist eine Publikation der Universität Potsdam und der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle. Als Er- gänzung zur Zeitschrift verweisen wir auf das Projekt der Universität Potsdam avhumboldt.de. Humboldt Informationen online, die Informationsplattform zu Alexander von Humboldt im Netz. www.hin-online.de www.avhumboldt.de

Universität Potsdam Berlin-Brandenburgische Institut für Romanistik Akademie der Wissenschaften Inhalt

Reinhard Andress Ein kurzer Brief Alexander von Humboldts an den Hofmarschall 5 Zusammenfassung...... 5 Abstract...... 5 Resumen ...... 5 Literaturverzeichnis...... 9 Zitierweise...... 10

Moritz von Brescius Connecting the New World Nets, mobility and progress in the Age of Alexander von Humboldt 11 Abstract...... 11 Zusammenfassung...... 11 Resumen...... 12 Chapter I...... 13 Chapter II...... 14 Chapter III...... 18 Conclusion...... 29 Bibliography...... 30 How to cite...... 33

Ottmar Ette Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns Welt 34 Zusammenfassung...... 34 Abstract...... 34 Resumen...... 34 Zitierweise...... 40

Ottmar Ette De cómicos e histéricos. Una réplica a la sátira sobre eruditos de Daniel Kehlmann 41 Resumen...... 41 Zusammenfassung...... 41 Abstract...... 41 ¿Cómo citar?...... 45

HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien Frank Holl „Die zweitgrößte Beleidigung des Menschen sei die Sklaverei ...“ Daniel Kehlmanns neu erfundener Alexander von Humboldt 46 Zusammenfassung...... 46 Abstract...... 46 Resumen...... 46 1. Der Humboldt-Hype...... 47 2. Der echte und der erfundene Humboldt...... 49 3. Fakten und Fiktion – Die Provokation von Missverständnissen...... 50 4. Die Wirkung...... 58 5. Kehlmann – der Gelehrte. Ein Paradoxon...... 58 Zitierweise...... 62

Eberhard Knobloch Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß Im Roman und in Wirklichkeit 63 Zusammenfassung...... 63 Résumé...... 63 Abstract ...... 64 1. Einleitung...... 65 2. Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“...... 65 3. Humboldt und Gauß...... 66 4. Alles ist Wechselwirkung...... 68 5. Methoden, Zwecke...... 71 6. Reisen, Natur, Gesetze...... 74 Epilog...... 76 Danksagung...... 76 Bibliographie...... 77 Zitierweise...... 79

Über die Autoren / Concerning the authors / Sobre los autores / Sur les auteurs Reinhard Andress...... 80 Moritz von Brescius...... 80 Ottmar Ette...... 80 Frank Holl...... 80 Eberhard Knobloch...... 81

HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien 5 Von Humboldts Hand From Humboldt‘s Hand De la mano de Humboldt

Reinhard Andress Ein kurzer Brief Alexander von Humboldts an den Hofmarschall

Zusammenfassung Resumen

In der Lilly Library der Indiana University befindet sich En la Lilly Library de la Indiana University se encuentra ein bisher unveröffentlichter, kurzer Brief Alexander von una carta corta hasta ahora inédita y escrita por Alexan- Humboldts an einen Hofmarschall des preußischen Ho- der von Humboldt a un mayordomo de la corte prusia- fes. In diesem Artikel erscheint der Brief zum ersten Mal, na. Se publica la carta aquí por primera vez junto con al- und es wird versucht, den historischen Kontext des Brie- gunas explicaciones en cuanto a su contexto histórico. fes zu erarbeiten. Abstract

The collections of the Lilly Library at Indiana University contain a short, hitherto unpublished letter written by Alexander von Humboldt to a Lord Chamberlain of the Prussian Court. The letter appears here for the first time with some explanations regarding its historical context. Ein kurzer Brief Alexander von Humboldts an den Hofmarschall (R. Andress)

ei Forschungsarbeiten in der Lilly Library der India- ami de Goethe“ (vgl. Abb. 1).2 Dies ist jedoch irrefüh- 6 Bna University stieß ich auf einen unveröffentlichten rend. Wie eine Humboldt-Handschriftenexpertin meint, kurzen Brief Alexander von Humboldts an einen Hof- müsse die Notiz „wegen der zittrigen Handschrift“ spät marschall. Im Folgenden soll versucht werden, den Kon- in Humboldts Leben angesiedelt werden, „vermutlich text des Briefes zu erarbeiten.1 um 1858“.3 Die schrägen Zeilen weisen des Weiteren auf den Umstand hin, dass Humboldt auf den überein- Beim ersten Blick auf das Digitalisat des Briefes (vgl. andergeschlagenen Knien zu schreiben pflegte, was er Abb. 1, s. nächste Seite) fallen zunächst die Kanten auf, sich eventuell am Orinoco schon angewöhnt hatte, spä- an denen entlang der Brief zum Überbringen an den ter vielleicht auch fortsetzte, weil ihm so der rheumati- Hofmarschall zusammengefaltet war. Das untere rech- sche Arm am wenigsten schmerzte (vgl. Barth 2007: 248 te Quadrat der nicht wiedergegebenen Rückseite trägt und Biermann 2008: 349). Das Schreiben auf den Knien in fremder Handschrift die Nummer 4, den Namen Ale- hatte jedenfalls zur Folge, dass die Schriftzeilen am Zei- xander von Humboldts und weitere Wörter, die aber lenanfang weiter auseinander liegen, während sie am so verblasst sind, dass sie nicht mehr entziffert werden Zeilenende aufeinander zustreben (vgl. Barth 2007: 249). können. Die Nummer lässt vermuten, dass es sich um Beim Schreiben der Notiz kann man sich Humboldt etwa eine frühere Katalogisierung des Briefes handeln könn- wie im bekannten Aquarell von Eduard Hildebrandt aus te. Der Brief an sich lautet folgendermaßen: dem Jahr 1845 vorstellen (vgl. Abb. 2).

Hochverehrter Herr Hofmarschall!

Ich mache mir heute Vorwürfe, theureste Excellenz, Sie gestern mit Bitten belästigt zu haben. Eine derselben habe ich jezt selbst mir lösen können.

Der geistreich[e] Großherzog Carl August starb den 14 Juni 1828 um 8 Uhr Abends zu Schloß Gradiz bei . Die 2te Frage hatte weniger Interesse für mich. Mit Bitte um Nachsicht und freundschaftlicher Verehrung,

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster AlHumboldt Dienstag Abend. Abb. 2: Humboldt in seinem Arbeitszimmer, Aquarell von Eduard Hildebrandt, 1848.

Obwohl der Brief lediglich mit einem „Dienstag Abend“ Geht man von der vermutlichen Datierung des Briefes ohne Jahresangabe versehen ist, lässt das Todesdatum aus, so fällt er in die Zeit von Friedrich Wilhelm IV., dem vom Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach Carl König Preußens von 1840 bis zu seinem Tode 1861. Es August zunächst vermuten, dass die Zeilen kurz danach war eine Zeit, in der Humboldt, der sich 1827 nach der entstanden sein müssten. Dies scheint der angeklebte langen Pariser Phase seines Lebens in Berlin niederge- Katalogausschnitt, mit dem der Brief versehen ist, zu- lassen hatte, intensive Kontakte zum preußischen Hofe nächst zu bestätigen, wenn man dort die in Klammern und sicher auch zum Hofmarschall pflegte. Dessen Auf- angeführte Jahresangabe (1828) sieht und die danach folgende Notiz liest: „A un maréchal de la Cour qu’il in- 2 Aus welchem Katalog der Ausschnitt stammt lässt sich nur schwer re- forme de décès du grand-duc Carl August de Weimar, konstruieren, doch auf diesem Angebotswege kam der Brief vermutlich 1967-68 durch die Vermittlung des Harper Antiquariats in New York und dessen Besitzer Bernardo Mendel, einen außerordentlichen Sammler la- teinamerikanischer Bücher und Manuskripte (vgl. Byrd 1973), in die Lilly 1 An dieser Stelle möchte ich Dr. Ulrike Leitner von der Berlin-Branden- Library, wo er heute Teil des Konvoluts “Mutis-Daza” bildet (vgl. Camp- burgischen Akademie der Wissenschaften danken, die mir bei der Entziffe- bell Mirza 1974). rung von Humboldts schwieriger Handschrift sehr behilflich war. Ebenfalls sei der Lilly Library gedankt, die die Genehmigung für den digitalisierten 3 Vgl. Anm. 1. Mail-Korrespondenz des Verfassers mit Dr. Ulrike Leitner, Nachdruck des Briefes erteilt hat. September 2011.

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Abb. 1: Humboldts Brief an den Hofmarschall

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gabenbereich bestand im Wesentlichen darin, den All- schichte auskannte und als allgemeine Informations- 8 tag des Hofes zu organisieren: Empfänge, Audienzen, quelle nützlich sein konnte, verwundert es nicht, dass Auslandsreisen, Staatsbesuche, überhaupt den ganzen sich Humboldt an ihn mit seinen zwei „Bitten“ wandte. königlichen Haushalt, d.h. den Unterhalt der Schlösser, Die zweite war ihm dann nicht mehr so wichtig, wie im die Bereitstellung von Speise und Trank usw. (vgl. Ma- Brief nachzulesen ist, und es lässt sich nicht mehr fest- lortie 1846). Unter Friedrich Wilhelm IV. gab es nur zwei stellen, was der Inhalt der Bitte war. Was aber die ers- Hofmarschälle: Bis 1846 besetzte diesen Posten Ludwig te Frage betrifft, wusste der Hofmarschall anscheinend von Meyerinck. Als er erkrankte, wurde er durch den nicht das genaue Todesdatum von Carl August. Hum- Grafen Alexander von Keller (1801-1879) ersetzt, wo- boldt erfuhr es offenbar aus anderer Quelle. bei dieser 1853 noch den Titel des Oberhofmarschalls erhielt.4 Da sich Humboldts Brief an den Hofmarschall Das Todesdatum wird Humboldt interessiert haben, richtet, lässt sich die Datierung des Briefes auf 1858 weil er den Großherzog gekannt hatte. Zu einer ersten hinterfragen; er entstand wohl vor 1854, da sich Hum- Begegnung kam es 1797, als Humboldt in Jena weilte boldt ansonsten des korrekten Oberhofmarschalltitels und Goethe ihn dazu einlud, einen Vortrag zum Galvi- bedient hätte. Wie der Brief eindeutig zeigt, achtete er nismus und zu Lebenskrafttheorien zu halten, bei dem sehr auf Schreib- und Höflichkeitsformeln. In der Hierar- auch Carl August anwesend war (vgl. Richter 2009: 35, chie des Hofes konnte dem Oberhofmarschall allerdings 38, 50, 58 und 113). Durchaus als aufgeklärter Förderer auch ein Hofmarschall untergeordnet sein (vgl. Malortie der Künste und Wissenschaften bekannt, wird ihn Hum- 1846: 4), so dass der Brief eventuell an diesen gerichtet boldt geschätzt haben, was sich im Brief in der Verwen- war. Doch konnte Dr. Gaby Huch von der Berlin-Bran- dung des Adjektivs „geistreich“ zeigt. Die Wertschät- denburgischen Akademie der Wissenschaften bestäti- zung offenbarte sich aber auch, als es zu einer weiteren gen, dass Keller kein Hofmarschall untergeordnet war.5 Begegnung im Juni 1828 in Berlin kam, wohin der Groß- Insofern scheint Keller der Adressat gewesen zu sein. herzog zusammen mit der Großherzogin Louise gereist war, um die Geburt des ersten Sohnes zu feiern, der aus Von Keller wissen wir, dass er als willensstark galt der Eheschließung des Sohnes Carl Augusts, des Erb- und die Finanzen des Hofes mit viel Umsicht verwalte- prinzen Carl Friedrich, mit der russischen Großfürstin te (vgl. Barclay 1994: 60). Des Weiteren war er aktiv an Maria Pawlowna hervorgegangen war. Am Vormittag der sogenannten „zweiten Kamarilla“ um Friedrich Wil- des 13. unterhielt sich Humboldt lange mit Carl August, helm IV. beteiligt, einer Art Privatkabinett des Königs, ein Gespräch, das er folgendermaßen festhielt und das das nach dem Revolutionsjahr 1848 für die Erhaltung die Vielseitigkeit des Großherzogen beleuchtet: des monarchischen Prinzips gegen republikanische Be- strebungen eintrat. Er stand zweifellos auch unter dem In Potsdam saß ich mehrere Stunden allein mit Einfluss des Pietismus, einer persönlichen, gefühlsbe- ihm auf dem Kanapee; er trank und schlief ab- tonten Frömmigkeit seit der zweiten Hälfte des 17. Jahr- wechselnd, trank wieder, stand auf, um an seine hunderts, für die auch Friedrich Wilhelm IV. schwärm- Gemahlin zu schreiben, dann schlief er wieder. Er te. Das Engagement des Kabinetts hatte insofern Erfolg, war heiter, aber sehr erschöpft. In den Interval- als es dazu beitrug, dass die Verfassung vom Dezem- len bedrängte er mich mit den schwierigsten Fra- ber 1848 dem König ein absolutes Vetorecht über alle gen: über Physik, Astronomie, Meteorologie und Gesetzesabschlüsse einräumte (vgl. Barclay 1995: 156ff. Geognosie, über Durchsichtigkeit eines Kometen- und Schoeps 1997: 341ff.). kerns, über Mondatmosphäre, über die farbigen Doppelsterne, über Einfluß der Sonnenflecke auf Angesichts der Funktion eines Hofmarschalls, von Temperatur, Erscheinen der organischen Formen dem man erwarten durfte, dass er sich in der Adelsge- in der Urwelt, innere Erdwärme. Er schlief mitten in seiner und meiner Rede ein, wurde oft unru- hig und sagte dann, über seine scheinbare Unauf- 4 Bei der Festlegung der Jahresangaben war Dr. Gaby Huch von der Ber- merksamkeit milde und freundlich um Verzeihung lin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sehr hilfreich. Was bittend: ‚Sie sehen, Humboldt, es ist aus mit mir!’ die Ernennung Kellers zum Hofmarschall betrifft, bezieht sie sich auf das Handbuch für den preußischen Hof und Staat (Jg. 1841 bis 1846). Die Titel- Auf einmal ging er in religiöse Gespräche über. Er veränderung zum Oberhofmarschall stützt sich auf eine durch den Gehei- klagte über den einreißenden Pietismus und den men Kanzlei-Sekretär König beglaubigte Abschrift einer Allerhöchsten Zusammenhang dieser Schwärmerei mit politi- Ordre, datiert Charlottenburg, 13.4.1853, an den Ober-Kammerherrn und schen Tendenzen nach Absolutismus und Nieder- Minister des Königlichen Hauses, Grafen von -, das schlagen aller freien Geistesregungen. ‚Dazu sind sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, BPH, Rep. 113, Nr. es unwahre Bursche’, rief er aus, ‚die sich dadurch 1245, Bl. 2-2v befindet (Mail-Korrespondenz des Verfassers mit Dr. Gaby den Fürsten angenehm zu machen glauben, um Huch, September 2012). Stellen und Bänder zu erhalten! – Mit der poeti- 5 Mail-Korrespondenz des Verfassers mit Dr. Gaby Huch, September schen Vorliebe zum Mittelalter haben sie sich ein- 2012. geschlichen.’ –

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Bald legte sich sein Zorn und nun sagte er, wie er Literaturverzeichnis 9 jetzt viel Tröstliches in der christlichen Religion fände. ‚Das ist eine menschenfreundliche Lehre’, Barclay, David E. (1995): Frederick William IV and the sagte er, ‚aber von Anfang an hat man sie verun- Prussian Monarchy 1840-1861. Oxford: Clarendon staltet. Die ersten Christen waren die Freigesinn- Press 1995. ten unter den Ultras; aber als sie selbst mächtig wurden, da dichteten sie der Sache Wunder an.’ Barth, Reinhard (2007): Alexander von Humboldt. Literaturverzeichnis (Zit. n. Beck 1959: 95-96) Abenteurer, Forscher, Universalgenie. Berlin: Berlin Verlag 2007. Humboldt wird Carl Augusts Meinung zum Pietismus geteilt haben. Wie dieses Zitat aber auch zum Ausdruck Beck, Hanno (Hrsg.) (1959): Gespräche Alexander von bringt, war die Gesundheit des Großherzogs angeschla- Humboldts. Berlin: Akademie Verlag 1959. gen, und zwar dermaßen, dass er am Abend des Tags darauf, am Samstag, den 14. Juni, in Graditz bei Torgau Biermann, Werner (2008): „Der Traum meines ganzen verstarb, als er sich auf dem Wege zurück nach Weimar Lebens.“ Humboldts amerikanische Reise. Berlin: befand, wahrscheinlich an Herzversagen (vgl. Ebers- Rowohlt Verlag 2008. bach 1998: 243). Buschmann, Eduard (1860): Register über den Kosmos: Somit war Humboldt einer der letzten Menschen, http://www.avhumboldt.de/?page_id=206. mit denen Carl August ausführlich sprach. Humboldt war das Datum des Gesprächs offensichtlich entfal- Bußmann, Walter (1990): Zwischen Preußen und len, sonst hätte er wohl das Todesdatum rekonstruie- Deutschland. Friedrich Wilhelm IV. Eine Biographie. ren können. Denkbar ist, dass er es brauchte, um den Berlin: Siedler Verlag 1990. Großherzog als Förderer der Wissenschaften in den Text oder die Anmerkungen seines Kosmos einzufügen, an Byrd, Cecil K. (1973): Bernardo Mendel. “Bookman dem er zum Zeitpunkt des Briefes saß. Das „Register“, Extraordinaire 1895-1967“. Indiana University: Lilly das Eduard Buschmann nach Humboldts Tod zu seinem Library 1973. Alterswerk herausgab, weist den Namen Carl Augusts aber nicht auf (vgl. Buschmann 1860). Campbell Mirza, Rebecca (1974): A Guide to Selected Latin American Manuscripts in the Lilly Library of In der letzten Instanz bleibt der Brief von wenig Be- Indiana University. Indiana University: Latin American lang, einer von den über 3000 Briefen, die Humboldt Studies Working Papers 1974. laut eigenen Angaben im Jahr schrieb (vgl. Bußmann 1990: 346). Er ist mehr als Kuriosität zu sehen, die je- Ebersbach, Volker (1998): Carl August von Sachsen- doch Humboldts Alltag kurz aufleuchten lässt. Offenbar Weimar-Eisenach: Goethes Herzog und Freund. benutzte er seine Beziehungen zum Hof als Teil eines Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 1998. Informationsnetzwerkes, das er wie kaum ein anderer Mensch in seiner Zeit aufgebaut hatte und pflegte. Malortie, Carl Ernst von (1846): Der Hof-Marschall. Handbuch zur Einrichtung und Führung eines Hofhalts. Zweite, sehr vermehrte Auflage. Hannover: Hansche Hofbuchhandlung 1846.

Richter, Thomas (2009): Alexander von Humboldt. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag (rm 50712) 2009.

Schoeps, Julius H. (1997): „Demokratie versus Gottesgnadentum. A. Bernstein, Friedrich Wilhelm IV. und das Revolutionsjahr 1848“. In: Peter Krüger und Julius H. Schoeps (Hrsg.) in Verbindung mit Irene Diekmann: Der verkannte Monarch. Friedrich Wilhelm IV. in seiner Zeit. Potsdam: Verlag für Berlin- Brandenburg 1997.

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Zitierweise 10

Andress, Reinhard (2012): Ein kurzer Brief Alexander von Humboldts an den Hofmarschall. In: HiN - Hum- Zitierweise boldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt- Studien (Potsdam - Berlin) XIII, 25, S. 5-10. Online verfügbar unter

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Moritz von Brescius Connecting the New World Nets, mobility and progress in the Age of Alexander von Humboldt

Abstract Zusammenfassung

This article explores the link between the profound Dieser Artikel untersucht das Verhältnis zwischen den technological transformations of the nineteenth cen- revolutionären technologischen Neuerungen des 19. tury and the life and work of the Prussian scholar Alex- Jahrhunderts und dem Leben und Wirken Alexander ander von Humboldt (1769-1859). It analyses how Hum- von Humboldts (1769-1859). Dabei wird gefragt, wie boldt sought to appropriate the revolutionary new Humboldt versuchte, die neuen und sprichwörtlich communication and transportation technologies of bahnbrechenden Kommunikations- und Transporttech- the time in order to integrate the American continent nologien seiner Zeit zu nutzen, um den amerikanischen into global networks of commercial, intellectual and Kontinent in globale kommerzielle und kulturelle Aus- material exchange. Recent scholarship on Humboldt’s tauschprozesse zu integrieren. Jüngere Forschungen zu expedition to the New World (1799-1804) has claimed Humboldts amerikanischer Expedition (1799-1804) ha- that his descriptions of tropical landscapes opened ben behauptet, dass seine Beschreibungen Südameri- up South America to a range of ‘transformative inter- kas den Kontinent für zahlreiche ’transformative inter- ventions’ (Pratt) by European capitalists and investors. ventions’ (Pratt) von Seiten europäischer Kapitalisten These studies, however, have not analysed the moti- und Investoren zugänglich gemacht hätten. Diese Stu- vations underlying Humboldt’s support for such intru- dien haben jedoch nicht analysiert, aus welchen Moti- sions into nature. Furthermore, they have not explored ven heraus Humboldt diese Eingriffe in die Natur unter- the role that such projects played in shaping Hum- stützte. Darüber hinaus wurde nicht der zentralen Frage boldt’s understanding of the forces behind the prog- nachgegangen, welche Rolle diese Projekte in Hum- ress of societies. To comprehend Humboldt’s approv- boldts eigener Auffassung über die Kräfte des gesell- al for human interventions in America’s natural world, schaftlichen Fortschritts gespielt haben. Um Humbold- this study first explores the role that eighteenth-centu- ts Unterstützung für tiefgreifende Eingriffe in die Natur ry theories of progress and the notion of geographical Amerikas nachvollziehen zu können, analysiert dieser determinism played in shaping his conception of civili- Artikel zunächst, welche Rolle der ‚Geodeterminismus’ sational development. It will look at concrete examples und die Fortschrittstheorien der Aufklärung in seinem of transformative interventions in the American hemi- Verständnis von zivilisatorischer Entwicklung spielten. sphere that were actively proposed by Humboldt and Dabei sollen solche Beispiele menschlicher Interventio- intended to overcome natural obstacles to human in- nen in die Natur Amerikas untersucht werden, die Hum- teraction. These were the use of steamships, electric te- boldt selbst aktiv förderte – nicht zuletzt, da sie geeig- legraphy, railroads and large-scale canals that togeth- net schienen, ‚natürliche’ Barrieren für gesellschaftliche er enabled global trade and communication to occur at Austauschprozesse zu beseitigen. Dies waren vor allem an unprecedented pace. All these contemporary inno- die Nutzung von Dampfschiffen, elektrischer Telegrafie, vations will be linked to the four motifs of nets, mobil- Eisenbahnen und großangelegten Kanalprojekten, de- ity, progress and acceleration, which were driving forces ren gebündelte Effekte zu einer signifikanten Beschleu- behind the ‘transformation of the world’ that took place nigung von Welthandel und Kommunikationsprozessen in the course of the nineteenth century. führten. Diese zeitgenössischen Innovationen sollen mit den vier Motiven ‚Netz’, ‚Mobilität’, ‚Fortschritt’ und ‚Beschleunigung’ analytisch verbunden werden, da die- se Faktoren eine zentrale Rolle für die ‚Verwandlung der Welt’ im 19. Jahrhundert spielten. 12

Moritz von Brescius Connecting the New World Nets, mobility and progress in the Age of Alexander von Humboldt

Resumen

Este artículo examina la relación entre las profundas referiremos, más particularmente, al uso de barcos a va- transformaciones tecnológicas del siglo XIX y la vida y por, telégrafos eléctricos, vías férreas y canales de gran obra del estudioso prusiano Alexander von Humbol- escala. En definitiva, elementos que dieron lugar, en su dt (1769-1859). Para ello, analizaremos cómo Humbol- conjunto, a un comercio y una comunicación global que dt trató de apropiarse de las nuevas y revolucionarias se llevaron a cabo a un ritmo sin precedentes. Una se- tecnologías de comunicación y transporte de su tiem- rie de innovaciones que habrá que relacionar con cua- po, de cara a poder integrar el continente americano tro temas fundamentales: redes, movilidad, progreso y en redes globales de intercambio comercial, material aceleración; fuerzas motoras de la ‘transformación del e intelectual. Estudios recientes sobre la expedición de mundo’ que tuvo lugar a lo largo del siglo XIX.1 Humboldt al Nuevo Mundo (1799-1804) han demostra- do que sus descripciones de los paisajes tropicales ame- ricanos abrieron Sudamérica a una serie de ‘intervencio- nes transformativas’ (Mary Louise Pratt) lideradas por capitalistas e inversores europeos. No obstante, estos estudios no han analizado las motivaciones que lleva- ron a Humboldt a prestar su apoyo a tamañas intrusio- nes en la naturaleza. Más aún, tampoco han intentado analizar cómo estos proyectos influyeron sobre Hum- boldt, sobre su manera de entender las fuerzas moto- ras que se escondían tras el progreso de las sociedades. Con el objetivo de entender la aprobación de Humboldt a las intervenciones humanas que se llevaron a cabo en el suelo americano, este estudio se centrará primero en explorar el papel que las teorías sobre el progreso del siglo XVIII, así como la noción de determinismo geográ- fico, tuvieron en la concepción que tenía el investigador prusiano del desarrollo de las civilizaciones. Se estudia- rán, para ello, algunos casos concretos de intervencio- nes transformativas que se llevaron a cabo en el hemis- ferio americano y que, propuestas con entusiasmo por el mismo Humboldt, intentaron superar los obstáculos 1 I would like to thank Carolina Obradors for her kind help with the Spa- naturales que dificultaban la intervención humana. Nos nish abstract. Connecting the New World. Nets, mobility and progress in the Age of Humboldt (M. von Brescius)

Chapter I tercontinental trade, equally provided new capabilities 13 of forging nature according to human requirements. On June 5, 1799, the Prussian scholar Alexander von Fourth, the nineteenth century was an age marked by

Chapter I Humboldt embarked at Coruna on a sailing ship tell- the increasing acceleration of communication systems ingly named ‘Pizarro’ to set sail from Spain to the New and material exchange.5 The speeding up of long-dis- World. After a fatiguing voyage of more than forty days tance communication was not only due to the inven- – one partly delayed by Humboldt’s visit to the Ca- tion of steamships, but was equally caused by further nary Islands – the ‘Pizarro’ finally brought a very differ- innovative technologies that linked together human ent type of ‘conquistador’ to America, one who would societies to a hitherto unknown degree. Above all, the study the continent’s bountiful nature and its human railway and the electric telegraph formed transporta- cultures with such empathy and thoroughness that tion and communication nets on their own that radical- Simón Bolívar would later call him the ‘true discoverer ly increased the pace of human interaction. Indeed, the of the New World’.1 Half a century later, in the year 1850, invention of these new communication technologies the technically advanced steamship ‘Humboldt’ would – and their far-reaching impact on the functioning of be launched by the U.S. Mail Steamship Company to human societies – formed part of what the historian Jür- operate between New York and Le Havre/Bremen, thus gen Osterhammel has called the ‘transformation of the connecting the Old and the New World according to a world’ (Verwandlung der Welt) that we can detect in the strict timetable.2 course of the nineteenth century.6

The passage from sailboats to steamships is em- The name of the steamship ‘Humboldt’ is more than blematic of the development of new technological de- a dedication to one of the most distinguished scientists vices in the nineteenth century that enabled global of the nineteenth century. It is an expression of the im- connections and interchange to occur at an unprece- portant role played by Humboldt in promoting the ever- dented pace, and it reveals many of the leitmotifs that increasing density of global interconnections. In what stand at the heart of this paper.3 First, the ocean liner follows, the four motifs – nets, mobility, progress and ‘Humboldt’ running between two continents formed acceleration – that are embodied in the different types part of a growing infrastructural net that increasing- of ships are linked to the life and work of Alexander von ly linked far-flung territories and their human cultures Humboldt (1769-1859).7 His life, which spanned the late on a regular – and more often than not commercial – Enlightenment and the beginning of the Industrial Age, basis. Second, the steamship embodied the growing will be used as a window into the technological prog- mobility of goods, peoples and ideas that transcended ress and global developments the Prussian scientist political boundaries and supposedly confined cultural partly propagated and, at the same time, critically re- entities. Third, and in accordance with the perception flected upon. Such technologies could be – and indeed of contemporaries, steamships were not only the tech- were – effectively used for political, economic and mili- nical epitome of progress, but they also showed how human ingenuity could lead man to dominate Nature: the steam-driven ships were not dependent on exter- nal energy resources such as wind and hence free from 5 Christopher A. Bayly, The Birth of the Modern World 1780-1914. Global the vagaries of nature.4 The construction of ambitious Connections and Comparisons (Oxford, 2004), p. 20. canal projects on a new scale, intended to facilitate in- 6 This is also the title of Osterhammel’s seminal work, Die Verwandlung der Welt. Eine Globalgeschichte des 19. Jahrhunderts.

1 Quoted in Frank Holl, ‘Alexander von Humboldt - Geschichtsschrei- 7 Here, I take up insights provided by the literary scholar Ottmar Ette in ber der Kolonien’, in Ottmar Ette and Walther L. Bernecker, (eds.), Ansich- his work on Humboldt and ‘globalization’, Alexander von Humboldt und die ten Amerikas. Neuere Studien zu Alexander von Humboldt ( a. M., Globalisierung. Das Mobile des Wissens (Frankfurt a.M. and Leipzig, 2009). 2001), 51-78, p. 74. Ette focuses on the importance of mobility, global connections and com- parisons for Humboldt’s Wissenschaftsverständnis (concept of science), and 2 See Ulrich-Dieter Oppitz, ‘Der Name der Brüder Humboldt in aller Welt’, does not primarily engage with Humboldt’s support of technical imperial in Heinrich Pfeiffer (ed.), Alexander von Humboldt. Werk und Weltgeltung projects on the American continent. A recent work by Ulrich Päßler provi- (Munich, 1969), 277-429, pp. 349-50. des a useful reflection on Humboldt’s geographical thinking and his en- 3 The ‘age of sailing ships’ came to an end in the two decades from 1860- gagement with the idea of a Central American canal, see idem, ‘Die Per- 1880. See Jürgen Osterhammel and Niels P. Petersson, Globalization: A fektibilität des geographischen Raumes – Alexander von Humboldt und Short History (Princeton, 2005), p. 67; and Gary B. Magee; Andrew S. Tho- Carl Ritter über den zentralamerikanischen Isthmus’, Das Achtzehnte Jahr- mpson, Empire and Globalisation: Networks of People, Goods and Capital in hundert, 34, 2 (2010), pp. 232-239. However, we still lack a comprehen- the British World, c. 1850-1914 (Cambridge, 2010), p. 67. sive study how Humboldt sought to combine the headline technologies of the nineteenth century to better integrate the American continent into 4 Jürgen Osterhammel, Die Verwandlung der Welt. Eine Globalgeschichte transcontinental flows of material and intellectual exchange. This article des 19. Jahrhunderts (Munich, 2009), p. 1014. intends to fill this gap.

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tary purposes.8 European colonial powers, for instance, figure of the Enlightenment, as a relict of the ‘age of phi- 14 drew upon them for the efficient expansion, rule and losophy’ reaching into the Industrial Age, would imply exploitation of their empires in parts of Asia, Africa, and flattening out the different strands of his thought. Fur-

Chapter II the American hemisphere. ‘Progress’ then reveals itself thermore, it would overlook his extraordinary capacity as a double-edged sword. Whereas such new technolo- to perpetually integrate new scientific knowledge into gies were applied to the advantage of settlers, imperi- his works, and his ability to appropriate novel technolo- al powers and global ‘big business’, they caused at the gies in support of his widespread activities as a scientist same time depredations of nature and led to the de- – notably in a time of accelerated scientific and tech- struction of indigenous people on a global scale.9 nological breakthroughs. Conversely, we can only fully comprehend Humboldt’s support for human interven- In her influential work on ‘Imperial Eyes’, the literary tion into nature if we ask what role did eighteenth-cen- scholar Mary Louise Pratt has argued that Humboldt’s tury theories of progress and the notion of geographical descriptions of tropical ‘primeval nature’ opened up determinism play in shaping his conception of civilisa- South America to a range of ‘transformative interven- tion development. It seems therefore necessary to set tions’ by European investors and capitalists.10 Pratt does Humboldt into his historical context, and to detect the not, however, engage with the crucial questions of why different intellectual formations that shaped his think- Alexander von Humboldt supported such intrusions into ing throughout his life. nature – e.g. the building of large-scale canals and the implementation of railway systems. Neither does she For this analysis, my paper will be divided into two identify what role such projects played in Humboldt’s parts. In the first part, I will look at Humboldt’s position world-view and his understanding of the forces behind on eighteenth-century theories of environmental de- the progress of society. Instead of depicting Humboldt terminism. It will be shown that Humboldt transcend- simply as an agent of European commercial expansion ed a strict climatic determinism by stressing the role into the New World, we ought to ask what expectations that human agency played in modelling nature accord- he placed in such transformative projects, especially ing to the needs of man. Here, I shall argue that the no- regarding the long-term consequences of connecting tion of ‘geographic possibilism’ – as elaborated in the the different human cultures on the American conti- work of the French geographer Paul Vidal de la Blache nent with their Asian and European counterparts. It will (1845-1918) – seems much more suitable to describe be shown that Humboldt’s support for the emergence Humboldt’s understanding of the dialectical relation- of global trade and intercontinental exchange can be ship between nature and culture.12 This part will provide linked to both his concept of science as well as to the crucial insights into the way Humboldt stressed the role importance he attached to processes of intellectual and of human initiative and ingenuity in overcoming ‘natu- material exchange for the advancement of societies. ral barriers’ to social progress. This section of my study will mainly be based on Humboldt’s published works as What makes the study of Alexander von Humboldt’s well as on the partly unpublished diaries of the Amer- ideas of progress and the role he attached to human ican expedition. In my second part, I will look at con- agency for any civilisational development so revealing crete examples of ‘transformative interventions’ that is that his life literally spanned different worlds: on one Humboldt actively proposed with regard to the Ameri- level, his various scientific travels and global correspon- can hemisphere. The close analysis of some of his most dence with men of letters made him acquainted with favoured projects – including the construction of rail- the geographic and social circumstances in both the ways and canals to connect oceans and cultures – will New and the Old World. On another level, due to a sci- be used to reveal the limitations of Humboldt’s suppos- entific career embracing seven decades, he seemed to edly universal cosmopolitanism. At the same time, it will stand between two socio-historical worlds, which made also shed light on the intricate relations between tech- him a transitory figure between the eighteenth and the nology and empire in the nineteenth century – and the nineteenth centuries.11 To portray Humboldt only as a role that scientists played in their dual advancement.

8 See Daniel R. Headrick, The Tools of Empire: Technology and European Chapter II Imperialism in the Nineteenth Century (New York, 1981). Identifying the forces that impelled human progress 9 See Christopher A. Bayly, The Birth of the Modern World, pp. 444-450 and that led to the emergence of ‘civilisations’ was and p. 481.

10 Mary Louise Pratt, Imperial Eyes: Travel Writing and Transculturation boldt between Enlightenment and Romanticism’, Northeastern Naturalist, 8, (London and New York, 1992). (2001), 9-20.

11 See with regard to Humboldt’s position in the scientific culture of EnEn-- 12 Paul Vidal de la Blache‘s opus magnum is the posthumously published, lightenment and Romanticism Michael Dettelbach, ‘Alexander von Hum- Principles of human geography (London, 1926).

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amongst the central preoccupations of eighteenth- In the eighteenth century, such treatises by armchair 15 century men of letters. Alexander von Humboldt’s per- travellers about ‘exotic’ peoples and their ‘primitive’ ceptions of the New World and the varying degrees of state of development coalesced with the intellectual

Chapter II human cultures he encountered in America were pro- engagement of European scholars with the American foundly shaped by Enlightenment philosophies of his- continent and her supposedly noxious climate. Numer- tory and by widespread assumptions about the decisive ous writers felt entitled to participate in the so-called influence of climatic and geographic factors on the tra- ‘dispute of the New World’ and to indulge in speculative jectories of societies. In particular, the theory of geo- theories about the supposedly inferior organic life that graphical determinism was highly influential in the ‘age nature produced on the New Continent.16 This organic of reason’ for the understanding of man in his different inferiority was not confined to the living kingdom, but stages of development. The concept of environmen- was also believed to affect the state of man. It was al- tal determinism itself had been part of the western tra- most a truism that nature and climate in America were dition of thought since Greek Antiquity. It is apparent, so hostile to human beings that European emigrants to for instance, in the classical Greek division of the natu- the New World would suffer a loss of physical and intel- ral world into various klimata that represented clearly lectual powers once they were acclimatised to the new defined zones, each of them characterised by particu- environment. This degeneration thesis – first elaborated lar geographic and character traits.13 The long lasting in- by the French natural historian Comte de Buffon (1707- fluence of ancient writers on the world-view of scholars 1788)17 – found wide acceptance among scholars, and in the Enlightenment is well-known – and their classical it echoed equally in the most erudite work of the En- works still resonate in Humboldt’s writings on his Amer- lightenment about the New World: William Robertson’s ican encounters. The History of America, first published in 1777.18 The ar- gument that Humboldt mediated between the Old and What were, then, the basic assumptions of this kind the New World becomes evident in his achievement of of determinism that pervaded so many works of eigh- dissipating ‘the fog of Buffonian speculation that still teenth-century literati – and to what extent did Hum- clouded the study of America’.19 Through his painstak- boldt draw upon, but also challenge, such theories? At ing empiricism – typified in the 36 scientific instruments its core, the framework of geographical determinism al- that accompanied his journey – and the thorough study lowed ‘linkage of climatic conditions and other aspects of the New World’s flora and fauna, Humboldt sought of the physical environment to virtually everything, to test the speculations of the European Enlightenment from culture, regional character, and political organiza- against the reality of the American continent.20 In view tion to the rise of civilisation.’14 In the wake of Montes- of the abundance and superfecundity of the tropics that quieu’s influential work on The Spirit of the Laws (1748), Humboldt experienced at first hand, any conjectures by it had become a commonplace in European thought to armchair scholars about the inferiority of America’s na- claim that hot locales were less suitable for human hab- ture could only lead to absurdity. Quite on the contrary: itation. By contrast, only in moderate zones – as found faced with the richness and vitality of the tropical flora, in Europe – was the human reason stimulated to such a Humboldt noted in his travel diary that it is ‘in the trop- degree that new intellectual faculties could freely un- ics’ that man find ‘the highest physical perfectibility of fold and give rise to civilisation. According to Montes- the organic nature’. 21 quieu, the higher refinement of man in northern climes found its expression in the emergence of complex in- 16 This term has been coined by Antonello Gerbi in his work, The Dispute of dustry and the formation of well-regulated societies. the New World. The History of a Polemic, 1750-1900. Revised and enlarged by This was contrasted with the negative effects of hot lati- Jeremy Moyle, (Pittsburgh, 1973). tudes, which seemed to go along with idleness, indo- lence, rampant sexuality and the occurrence of despotic 17 See Cornelius Jaenen, ‘”Les Sauvages Ameriquains”�:���������������������� Persistence into the forms of government.15 18th Century of Traditional French Concepts and Constructs for Comprehend- ing Amerindians’, Ethnohistory, 29 (1982), 43-56, p. 49.

18 See William Robertson, The History of America, (London, 1828), pp. 135ff. 13 See Thomas J. Barfield, The dictionary of anthropology (Oxford, 1997), p. 223. 19 David A. Brading, The First America. The Spanish monarchy, Creole patri- ots, and the liberal state 1492 – 1867 (Cambridge, 1991), p. 520. 14 Stephen Frenkel, ‘Geography, Empire, and Environmental Determinism’, Geographical Review, 82, (1992), 143-153, p. 144. 20 On Humboldt’s strong empiricism and the significance of his measuring instruments for the Humboldtian project, see David N. Livingstone, The geo- 15 See Nancy L. Stepan, Picturing tropical nature (London, 2001), p. 41. On graphical tradition, p. 137. Montesquieu’s geographical determinism see also David N. Livingstone, The geographical tradition: episodes in the history of a contested enterprise (Oxford, 21 Humboldt’s only partly published diaries are located in the form of cop-cop- 1992), esp. pp. 121-122. ies at the Alexander-von-Humboldt-Research Centre in Berlin. See ibid., Cu-

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Whereas Humboldt’s work forcefully disproved the universal patterns of human progress, Humboldt drew 16 fantastic ideas about the meagreness of the natural comparisons between Mesoamerican cultures and Eu- world in America, his relation to notions of geographi- ropean civilisations. The latter, living under a ‘rigorous

Chapter II cal determinism appears more complex than has some- sky’, were also forced to cultivate the land in a ‘per- times been claimed.22 In his writings on the American petual struggle with the elements’, thus changing the journey, we constantly find passages in which Hum- character of men and ‘the physical appearance of the boldt seemingly accepted the contemporary theo- country’.27 The meagreness of the highland terrains – ry that climatic and geographical circumstances pro- like the ruggedness of European topography – seemed foundly affect which ‘forms of life thrived or wilted in to provide the crucial stimuli for the advancement of any given regions, including under this rubric the rise human society. and fall of human society.’23 This notion was most clear- ly advanced in Humboldt’s work on the Vues des cordil- By contrast, the abundance of nature that Humboldt lères et monumens des peuples indigènes de l’Amerique, perceived in the tropical lowlands was consequently published in 1810. Here, as David Brading has convinc- seen as a natural obstacle to progress. In the midst of ingly shown, Humboldt combined textual information profuse vegetation, as Humboldt constantly noted in with graphic depictions of volcanic mountains, indig- his travel diaries, man lacks the need to advance to the enous codices, and the ruins of the Mexican and Inca socio-cultural phase of agriculture28 – with far-reaching cultures, thus evoking the impression that the ‘barbaric consequences for the trajectories of indigenous societ- grandeur’ of the Andean mountains and the Sierra Ma- ies: dre had indeed strongly determined the achievements of local indigenous cultures.24 It is easy to conceive how much the force of veg- etation, and the nature of the soil and climate, At the heart of Humboldt’s affirmation of a geo- within the torrid zone, embarrassed the natives in graphical determinism stood his assumption that ‘the regard to migration in numerous bodies, prevent- civilisation of peoples is almost constantly in inverse ed settlements requiring an extensive space, and ratio to the fertility of the soils they inhabit’.25 This as- perpetuated the misery and barbarism of solitary sumption allowed him to explain the superior cultural hordes.29 achievements of indigenous people in the highlands, where the harshness of the soil evoked a strong human This passage provides important insights into Hum- ‘response’ that subsequently led to the development boldt’s understanding of the man-nature relationship. of refined agricultural techniques and higher ‘intellec- It reveals the crucial importance of the state of isolation tual faculties’ [les facultés intellectuelles].26 In search of in which the native population was seemingly forced to remain, surrounded by impenetrable forest, ‘amidst 30 maná (Venezuela), October (?) 1799, Diary I, p. 157 R,1; originally: ‘Die höch- the stupendous display of wild and gigantic nature’. ste phys. Vollkommenheit der organ. Natur in den Tropen’, my translation. I Whereas agriculture is associated with human settle- am grateful for the support of the Alexander-von-Humboldt-Research Centre ment into larger socio-economic entities, human isola- Berlin, whose staff provided me with useful information. tion is closely linked with the state of ‘barbarism’. At this

22 See on this aspect also Ulrich Päßler, ‘Die Perfektibilität des geogrageogra-- phischen Raumes’, p. 233. 27 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. III, pp. 14-15; original- ly published as Alexander von Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, 23 David Brading, The First America, p. 521. See also Nancy Leys Stepan, Pic- Tome Troisième, pp. 18-19. turing tropical nature, p. 40; Malcolm Nicolson, ‘Alexander von Humboldt and the geography of vegetation’, in Andrew Cunningham and Nicholas Jardine 28 This, of course, reveals that Humboldt’s perception of the progress of (eds.), Romanticism and the sciences (Cambridge, 1990), 169-186, p. 172. man was partly influenced by William Robertson’s seminal work on the ‘His- tory of America’ and the latter’s application of the Smithsonian Stadial the- 24 David Brading, The First America, p. 523. ory. For Humboldt’s argumentation that the abundance of nature impedes man to advance to the state of agriculture, see his treatise in Margot Faak 25 Alexander von Humboldt, Ideen zu einer Geographie der Pflanzen nebst (ed.), Alexander von Humboldt. Lateinamerika am Vorabend der Unabhängig- einem Naturgemälde der Tropenländer (Tübingen and Paris, 1807), p. 168; keitsrevolution. Eine Anthologie von Impressionen und Urteilen aus seinen Rei- translated by David Brading in, The First America, p. 522. setagebüchern (Berlin, 1982), p. 157.

26 Alexander von Humboldt, Personal Narrative of Travels to the Equinoc- 29 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. V (London, 1821), p. tial Regions of America during the years 1799-1804. By Alexander von Hum- 161; originally published as Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome boldt and Aimé Bonpland. Transl. by Helen Maria Williams, Vol. III (London, Septième (Paris, 1824), p. 198. 1818), p. 14. Originally published as, Alexander von Humboldt, Voyage aux ré- gions équinoxiales du Nouveau Continent: fait en 1799, 1800, 1801, 1802, 1803 30 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. I, p. xliv; originally et 1804 par Al. de Humboldt et A. Bonpland, [Relation Historique] Tome Troisiè- published as Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome������������������ Premier (Par- me (Paris, 1817), p. 18. is, 1816), p. 53.

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point, Humboldt transcends the static concept of a facile shaped by the static character traits of a particular en- 17 geographical determinism and emphasises the role of vironment.36 Instead of reducing Humboldt’s complex mobility and human interaction in the further advance- views of the interrelationship between man and earth

Chapter II ment of people. Reaching the age of agriculture is de- to mechanic physical causalities (as has sometimes cisively more than to acquire sophisticated techniques been claimed), it is more convincing to explain his un- of extracting resources from nature’s soil. According to derstanding of the dynamic reciprocity between nature Humboldt’s conception of progress, it is, first, linked to and culture in terms of a ‘geographical possibilism’. the human domination of nature, with the overcoming of the natural state, in which man had not yet subjugat- In geographical thought, ‘possibilism means the ac- ed his environment.31 Second, the emergence of agricul- knowledgement that nature only has the possibility of tural societies is fundamentally related to an increase in influencing the organisational forms of the territory de- human exchanges. The intensified social interactions in veloped by man’. This possibility of nature, however, is settled communities almost inevitably trigger process- seen in profound interaction with the ‘will and capac- es that help to spur further technological progress and ity’ of people to shape nature for their own ends.37 This social refinement: above all, contacts lead to both phys- concept, therefore, indicates that man finds himself in ical and intellectual ‘competition’ among man, which a dynamic relationship with nature. Whereas the rather helps to spur ‘industry’ and subsequently leads to the static environment provides a set of given possibilities ‘perfection of agriculture’. Likewise, the rise of sociabil- – or the ‘natural framework’ –, the mobility and inven- ity and personal creates more complex demands tiveness of man provide him with the active role in ‘tak- and desires, which in turn stimulate further technologi- ing possession of and transforming the environment’ cal inventions.32 Humboldt succinctly expressed this di- for creating his habitat.38 The theory of geographical alectic of social refinement and technical progress in possibilism was developed by Paul Vidal de la Blache, the phrase: ‘Das Bedürfnis erzeugt die Künste.’33 In his one of the founders of human geography in . It view, the dynamic ‘circle of progress’ would finally result is noteworthy that Vidal had extensively studied Hum- in the ever-more polished ‘culture of humanity’.34 boldt’s works on the natural world of the Americas.39 Vidal’s geography favoured the study of natural regions In the end, the monocausality of a strict geo-deter- and landscapes in a ‘new humanistic framework that minism thus proved to be insufficient for Humboldt’s emphasized man-land interaction rather than positiv- holistic approach to the man-nature relationship. The ist certainties’, thus rejecting the notion of environmen- author of the Cosmos therefore differs from eighteenth- tal determinism.40 Similar to Alexander von Humboldt’s century thinkers and their dogmatism in regarding na- contemplation of nature, Kultur, and their intricate inter- ture as the decisive force in the shaping of civilisations.35 play, Vidal avoided monocausal theories in explaining Humboldt rather seems to suggest that geographical the various paths of development that human cultures determinants of culture are more influential for man in take. Like the Prussian scholar, Vidal was equally com- his initial, or ‘primitive’, stage of development. The more mitted to the idea of intentionality and the importance the human mind and man’s ingenuity develop, so Hum- of human agency.41 It is striking that both Vidal’s and boldt argues, the less the trajectories of societies are Humboldt’s perceptions and theories were deeply in- fluenced by their personal experiences as scientifically

31 See, for instance, Humboldt’s remarks that man in the tropical regions had until now failed to dominate the natural world: ’Daher diese Sanftheit der Sitten, da der Mensch fast nie dem Menschen entgegensteht, mit den Pflanzen lebend, gleichsam ihren Charakter annimmt.’ Quoted from Margot 36 See Franklin Thomas, The Environmental Basis of Society. A Study in the Faak (ed.), Alexander von Humboldt, p. 157. History of Sociological Theory (New York, 1965), p. 232.

32 Alexander von Humboldt, Diary No. I., ‘Voyage d’Espagne aux Canar-Canar- 37 Alicia Lindó�n,�������������������������������������� ‘Between organicism and romanticism:� ��������������������exploring Reclus’s ies et à Cumana. Obs. astronom. De Juin à Oct. 1799’, p. 51 R,1, originally: ‘... thought through Hiernaux’s Geography as a Metaphor of Freedom’, Environ- so erzeugt die Nähe anfangs Wettstreit der physischen Kräfte, Krieg, noch- ment and Planning: Society and Space, 8 (2000), 557-574, p. 563. mals Wettstreit der intellekt. Kräfte, Kunstfleiß. Vervollkommnung des Ack- erbaus, Vorbereitung des Bodens, Leitung der organischen Kräfte ... Kultur 38 Lucian Boja, The weather in the imagination (London, 2005), p. 95. des Menschengeschlechts’, my translation. 39 See Lucien Febvre, A geographical introduction to history: an introduction 33 Alexander von Humboldt, ibid., p. 50V. ‘Desire generates the arts’, my to human geography (London, 2003), p. 63. translation. 40 John A. Marino, ‘On the Shores of Bohemia�:��������������������������� Recovering Geography’, in 34 See footnote 32. idem (ed.), Early modern history and the social sciences: testing the limits of Braudel’s Mediterranean (Kirksville, 2002), p. 20. 35 See Richard Konetzke, ‘Alexander von Humboldt als Geschichtsschreiber Amerikas’, Historische Zeitschrift, 188 (1959), 526-565, p. 538. 41 See ibid., p. 19.

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interested travellers within, and far beyond the bound- tians’47; and the global phenomenon of forced labour, 18 aries of Europe.42 for example, in plantation societies. Humboldt reflect- ed and commented upon all these forms of unnatural

Chapter III Humboldt himself practised science literally in a isolation that he thought would affect human societies global context, and his scholarly activities were carried in the New World, as well as the American continent as out within a worldwide epistolary network. The Repub- a whole. However, as the following analysis will show, lic of Letters in which Humboldt took part during the he did not confine himself to such scholarly reflections, course of his life amounted to over 30,000 documents. but rather used his international scientific standing time By means of those letters, Humboldt collected and in- and again to actively propose a wide range of techno- tegrated data from all parts of the world into the stock logical intrusions on the continent, which he thought of European knowledge.43 His dedication and engage- would positively influence economic and cultural devel- ment in such a transnational network of scholars not opments (not only) in the New World. only puts into question the supposedly ‘natural end’ of the Res Publica Litteraria during the closing decades of the eighteenth century44, but it moreover proves the Chapter III centrality of connectedness and human exchange in Humboldt’s understanding of the forces that could ad- From the beginning of the nineteenth century, the rela- vance social progress. Humboldt was undoubtedly con- tions between western countries and the non-European vinced that the production of knowledge was the out- world were increasingly influenced by the scientific and come of scholarly cooperation rather than the result of technological innovations that had spurred the Indus- isolated contemplation.45 trial Revolution.48 The process of Western industrializa- tion had a twofold impact on extra-European countries, The centrality of interaction between people for the namely the creation of ‘demand for its products and the advancement of science was in Humboldt’s world-view means of conquest and colonization.’49 The headline also applicable to the necessity of the interconnected- technologies of the century, above all steamships, elec- ness of whole continents and their respective human tric telegraphs and railways connected and integrated cultures. The way he promoted the integration of the the European colonial possessions overseas, thus lead- New World into world markets and scholarly networks ing to a significant ‘time-space-compression’ between reflects his conviction that mobility and exchange of the imperial ‘metropole’ and the colonial ‘periphery’.50 people and ideas were driving forces behind social and These technologies, as Daniel Headrick has forcefully scientific progress. By contrast, isolation was in his view demonstrated, served as ‘tools of empire’ that trans- closely associated with stagnation and would prevent lated scientific knowledge of the natural world into cultures from leaving the natural state, in which nature concrete power devices, which benefitted European has originally kept them. Isolation in its various forms political elites and globally operating merchants and was, therefore, a constant preoccupation in Humboldt’s investors.51 Undoubtedly, the construction of railway engagement with the Americas in a global context. It lines, the digging out of large-scale canal projects, and included the system of Spanish colonialism with its re- the wiring of cities and the countryside were all ‘trans- strictive trade policies and Spanish attempts to enclo- formative interventions’ that left physical traces on the sure their American possessions from foreign scientif- landscape, destroyed ‘natural barriers’ to efficient com- ic scrutiny46; the ambiguous role of religious missions in their attempt to form confined and controlled enti- ties in which to convert native people into ‘good Chris- 47 See Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. III, p. 4; originally Alexander von Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome Troisième, pp. 4-5. 42 See for Vidal, Febvre, introduction to human geography, p. 18. 48 See Margaret C. Jacob, Scientific Culture and the Making of the Industrial 43 See Ottmar Ette, Alexander von Humboldt und die Globalisierung. Das Mo- West (New York and Oxford, 1997). bile des Wissens, p. 20. 49 Daniel R. Headrick, The Tools of Empire, p. 8. 44 Anthony Grafton in his recent work on the Republic of Letters, Worlds made by Words: Scholarship and Community in the modern West (Cambridge, 50 This expression was introduced by David Harvey in his work, The condi- Mass. and London, 2009), p. 7. tion of postmodernity: an enquiry into the origins of cultural change (Oxford, 1989). 45 A remarkable acquisition has recently been made by the Staatsbibliothek Berlin of Alexander von Humboldt’s address book, containing on over 200 51 Idem, The Tools of Empire, and more recently: Power over peoples: tech- pages details of his global web of correspondence. It is now being edited by nology, environments, and Western imperialism, 1400 to the present (Prince- the Alexander von Humboldt Research Centre Berlin. ton, 2010). For the British context see the work of Ben Marsten and Crosbie Smith, Engineering Empires: A Cultural History of Technology in Nineteenth- 46 See Charlotte Kellner, Alexander von Humboldt (London, 1963), p. 29. Century Britain (New York, 2005).

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munication, and embodied man’s increasing taming physical expression in the increasingly dense networks 19 and domination of nature.52 of transport and communication lines.54 In particular, the use of steam-driven ships, an invention of the Indus-

Chapter III In this section, I will analyse how Alexander von trial Age, promised ‘freedom from the fickle winds that Humboldt conceived of the impact of those devices made even the best sailing voyage a gamble against on the American continent. At the same time, I shall time.’55 The history of the transatlantic passage by ship demonstrate that Humboldt’s belief in the blessings of is of interest since the increasing interconnectedness free trade was in accordance with his world-view that of Europe and America in the age of Alexander von stressed the crucial role of exchange for the advance- Humboldt owed much to the technological advanc- ment of societies – as opposed to the harms of (intellec- es of the time. Almost forty years after Humboldt had tual) isolation of man. From a postcolonial perspective, crossed the Atlantic in the sailing ship ‘Pizarro’ in 1799, however, the question also arises as to who actually the two steamers ‘Sirius’ and the ‘Great Western’ made profited most from interventions that were intended to the passage between the New and the Old World, sole- connect the New World with other continents. Clearly, ly driven by the new technology – within the record- the use of cables, canals, steamships and railways was breaking time of fifteen days.56 Further technological primarily driven by commercial and political interests. breakthroughs in the first half of the nineteenth centu- Their implementation required significant investments ry – among them the construction of iron-hulled ships, of capital and was always accompanied by considerable propellers, and high-pressure engines – allowed steam- financial risks. Once implemented, however, the use of boats to have higher freight rates, and to transport such new technologies had almost ubiquitously the goods and peoples with greater speed, at an increasing same consequences for the movement of peoples and level of security.57 These developments would have sig- settlement processes on different continents, as they nificant ramifications for the contact between Europe led to a significant increase in intercontinental migra- and the Americas, in particular with regard to grow- tion.53 ing trade volumes and the mass movements of people crossing seas, especially from the 1820s onwards. On the American continent, the deeper penetration of settler communities into hinterlands resulted in the Not surprisingly, Humboldt was at the forefront in complex processes of intracontinental, or frontier mi- promoting these new dimensions of human exchange. gration. The North American territories into which set- It is, for instance, instructive to consider the way Hum- tlers expanded were, of course, not uninhabited, but boldt propagated the use of steamships to open up served as living spaces for groups of indigenous peo- the New World to European commerce. On July 2, 1847, ples. In the eyes of the settlers, the ‘winning of the west’, Humboldt, then almost eighty-years-old, invited the or the penetration of Europeans into unconquered ter- North American explorer, writer and investor John Lloyd ritories in South America, seemed to represent the ad- Stephens (1805-1852) to his residence in the Royal court vance of ‘civilised man’ into a pristine ‘wilderness’. From at Potsdam. Stephens was at that time a director of the the ‘native’ point of view, however, such intrusions Ocean Steam Navigation Company, based in New York. meant a deadly attack on their – occasionally nomad- As a patriot – and successful capitalist – Stephens was ic – forms of life. In the following analyses of Alexander determined to break the English monopoly of the new von Humboldt’s favoured projects to connect the New mode of conveyance by steamboat.58 During his stay in World, we shall take into account those different dimen- , Stephens had the chance to make Humboldt’s sions that accompanied the opening up of the Ameri- acquaintance, and he subsequently published an ac- can continent. count of his meeting with the distinguished scholar un- der the title An Hour with Humboldt.59 This document,

The Mechanization of Movement: 54 See Headrick, Tools of Empire, p. 130. Steamships 55 Ibid., pp. 130-131. Among the most stunning changes that deeply trans- formed the world in the nineteenth century was the 56 See Lionel T. C. Rolt, Victorian Engineering (Harmondsworth, 1974), pp. revolution in communication devices that found its 85-88.

57 See Headrick, The Tentacles of Progress. Technology Transfer in the Age of 52 A good case study in this context is�:���������������������������������� Ann Moyal, ‘The History of Commu- Imperialism, 1850-1940 (New York and Oxford, 1988), pp. 18-24. nication in Australia: Aspects of the Technological Experience, 1854-1930’, in Nathan Rheingold and Marc Rothenberg (eds.), Scientific Colonialism: A cross- 58 See Francis L. Hawks, ‘The Late John L. Stephens’, Putnam’s Monthly cultural Comparison (Washington and London, 1987), 35-54. Magazine of American Literature, Science and Art, I (1853), 64-68, p. 65.

53 See Adam McKeown, ‘Global Migration, 1846-1940’, Journal of World 59 This account is reprinted in Ingo Schwarz (ed.), Alexander von Humboldt und History, 15, (2004), 155-189, pp. 156-157. die Vereinigten Staaten von Amerika. Briefwechsel (Berlin, 2004), pp. 527-530.

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written from the investor’s perspective, is revealing of we could be drawn together, the more advantageous 20 Humboldt’s full awareness of the striking process of would it be to both countries.’62 modernization then underway in . The docu-

Chapter III ment equally demonstrates Humboldt’s profound sup- The description of Humboldt, which the (by no port for the growing commercial links between Europe means disinterested) investor Lloyd Stephens gave on and the Americas. Stephens’s account allows us to re- this occasion, seems to have been accurate. It is fur- construct Humboldt’s clear perception of the increas- ther substantiated by a letter written by Humboldt to ing net of communication and transport, which helped the American businessman two months after their first to link the German states among each other – and with encounter. In the document, he not only thanked the the wider world: Ocean Steam Company of baptizing one of her steam- boats ‘Humboldt’ – here the circle closes – but he also He spoke of the long lines of railroads now con- personally repeats, in his favoured , structing in Germany, to connect the and his strong support for direct trade between Prussia the Danube, the Adriatic and the North sea, with and the United States. Humboldt describes himself as branches from towns and manufacturing districts, being, ‘par mes travaux aux nobles destinées du Nou- winding into each other all over the country, fur- veau Continent, vivement intéressé aux liaisons de com- nishing facilities for travel and transportation to merce les plus directes et les plus intimes entre les États the sea-board, such as had never been known be- Unis et ma Patrie.’63 This conviction of the blessings of fore, the greater part of which, both as a matter of a mutual commercial exchange can clearly be linked feeling, and on the score of interest, must in the to Humboldt’s broader world-view: it meant, again, an first instance turn towards the United States.60 overcoming of the state of isolation that would lead to intellectual and technological competition. This no- In the course of this telling conversation, Humboldt ex- tion of ‘positive’ challenges between nations would en- pressed his endorsement of establishing further lines of tail their mutual refinement, finally culminating in the communication ‘for a commercial people’ like the North growing ‘perfectibility of mankind’.64 Thus, commerce Americans with the European continent. The benefit, in was for Humboldt closely linked to progress, and lastly, his view, would be more than mutual. Stephens empha- to the rise of civilization. sises that Humboldt ‘himself felt a lively interest’ in the growing commercial exchanges, ‘believing that the Ger- Owing to his five-year journey through various re- mans of all classes were desirous of direct intercourse gions and climates in Spanish and North America, Hum- with us; that they had a great variety of manufactures boldt was well acquainted with the widely ramified river which might be exchanged to advantage for the large systems of the continent, which could be used as cor- amount of our staples now consumed in that country, ridors for trade and exploitation. In his analysis of the when more frequent intercourse should give a better ‘vegetable productions’, and hence the commercial knowledge of each other’s wants and resources.’61 Here, prospects of Venezuela, Humboldt provides his read- in stark contrast to the mercantile doctrines of the eigh- ership with a long list of the natural resources ‘that teenth century, Humboldt emerges as a strong support- may one day become objects of traffic’.65 The numera- er of free trade. It equally shows that Humboldt had a tion of the country’s most valuable resources included sound understanding of the mechanisms that lay be- ‘precious gums of the Upper Oroonoko’, ‘fine colouring hind the emergence of world markets in his lifetime, in substances’ for clothing industries, prized spices such as particular of the economic importance of raw materi- ‘vanilla’, as well as raw materials like ‘the precious wood als and manufactured goods, which European states had to export to foreign consumer societies. The rap- idly industrializing United States were to take part on an equal basis in the interconnectedness of the econo- 62 Ibid., pp. 528-529. mies. As we shall see, the South American republics, by 63 Letter from Humboldt to John L. Stephens, Berlin, 21 September 1847, contrast, had to play a quite different role in the global ibid., p. 251, emphasis mine. trade than their Northern counterpart. Humboldt con- cluded this telling conversation that ‘between the Unit- 64 In quoting his brother Wilhelm, Alexander von Humboldt described this ed States and Germany there never could be any feel- state as the ultimate goal of mankind in his magnum opus, Kosmos: a sketch ing of rivalry or any cause of collision, and the closer of a physical description of the universe, translated by Augustin Prichard, Vol. 1 (London, 1845), p. 391. Originally: ‘Vervollkommnung des ganzen Gesch- lechts’, idem, Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, erster Band (Stuttgart und Tübingen, 1845), p. 385.

60 Quoted from ibid., p. 529. 65 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I (London, 1826), p. 211; originally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome 61 Ibid., p. 528. neuvième (Paris, 1825), p. 286.

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for the cabinet-maker, such as mahogany’.66 Needless to the infancy of navigation, removed the Greeks of 21 say, those were items that promised high profit margins Peloponnesus from those of Ionia, Sicily, and the in Asian, North American, and European markets. At Cyrenaïc region.72

Chapter III that period, fine woods, spices, and colonial foodstuffs such as and coffee were truly global commodi- The deeper meaning of this comparison between the ties.67 How could those resources, ready to be extracted Atlantic and the Mediterranean Sea reveals itself only in from Venezuela’s natural world, be efficiently transport- conjunction with further passages of Humboldt’s work. ed, using the system of ‘internal navigation’?68 Due to In a revealing diary entry about the role of geography the capability of steamships to run both up- and down- for the advancement of civilisation, Humboldt laid out stream, Humboldt suggested that ‘the use of steam his idea that the Mediterranean – which enabled close boats would be of the greatest utility’ to connect Ven- exchanges between its adjacent cultures – was in fact ezuela’s interior cities with the country’s ports, leading the birthplace of the high civilisations of Antiquity. Ac- to a significant acceleration in trade.69 Humboldt equal- cording to him, the ‘breakthrough of the sea through ly proposed the construction of canal projects, which the columns of Hercules, the creation of the Mediter- would allow a closer linkage between the river systems ranean Sea, was the most important geognostic phe- of Venezuela with the Atlantic coast ‘for the facility of in- nomenon in the history of humankind’.73 Now, howev- land trade’.70 Lastly, the emergence of steamboats now er, human Kultur, once in his view concentrated in the allowed, in Humboldt’s view, the opening up of new European climes, was to be spread to other worlds – by coastal areas for the transatlantic trade. With regard means of revolutionary technological devices. to ‘the coast of Peru, south of Lima, and that of Chilli’, Humboldt pointed to the fact that in these difficult wa- ters, trade would be significantly improved ‘when the The Shrinking of the World and the coasting is made by steam-boats.’71 This new technol- Collapse of Time: Electrical Teleg- ogy therefore enabled not only a significant speeding raphy up of commercial exchanges – it was also to be used for overcoming ‘natural barriers’ to efficient trade. Along with colonial expansion, in particular from the sixteenth century onwards, European merchants, mis- We can conclude the analysis of Humboldt’s percep- sionaries and scholars took part in vast overseas epis- tion and proposed appropriation of steamboats with tolary networks that effectively linked the Old World his remarks on the considerable friction of space that with scholars from Peru to China.74 In this truly interna- accompanied the technological advances, leading to a tional web of exchange, letters were the primary me- remarkable acceleration of transport systems and a new dium of communication. Since the imperial communi- level of intercontinental integration. Hence, cation networks in the early modern period had to rely upon the comparatively slow means of exchange – inter It may be said, that the immense progress of the alia galloping horses and sailing ships – a considerable art of navigation has narrowed the basin of the time gap always separated the imperial centre from seas. The Atlantic Ocean already appears to us in the periphery. To be sure, until the 1840s it took, for in- the form of a narrow channel, which as little re- stance, between five to eight months for a single letter moves the New World from the commercial states from Britain to arrive in India. Due to the monsoon sea- of Europe, as the basin of the Mediterranean, in son in the Indian Ocean, the author could not expect an answer to arrive in Europe in less than two years.75 66 See ibid., pp. 286-87 the whole list of materials. Given that information was the ‘lifeblood of European

67 On sugar as a global commodity, see Sidney Mintz, Sweetness and pow- er: the place of sugar in modern history (Harmondsworth and New York, 1985); 72 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 118; origi- for the demand of wood, especially with regard to shipbuilding, see Head- nally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 145. rick, Tools of Empire, pp. 145-146. 73 See Humboldt, ‘Reise von Cumana nach der Havana. (Altes von der Reise 68 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 239; origi- Dresden, Wien Salzburg.)’, Alexander von Humboldt Research Centre Berlin, nally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 320. Diary V, 79V, 1, originally: ‘Der Durchbruch des Oceans durch die Herkulessäu- len, die Bildung des Mittelmeeres, ist das wichtigste geognost. Phänomen 69 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 238; origi- für die Bildung der Menschheit’, my translation. nally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 324. 74 The astonishing transnational web of Jesuit missionaries and scholars 70 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 239; origi- has been recently described by Anthony Grafton, Worlds made by Words, pp. nally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 324. 160-175.

71 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 296; origi- 75 See for the communication between Britain and India, Headrick, Tenta- nally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 396. cles of Progress, pp. 97-101.

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imperialism’ on which merchants, politicians and mil- ‘electrical tentacles of communication wrapped them- 22 itary troops strongly depended for their services, it is selves round the globe’ and subsequently allowed the not surprising that they enthusiastically embraced the British Empire to expand to new and formerly inacces- 81

Chapter III new possibilities of linking Europe more tightly to her sible regions. According to the historian Bernard Finn, colonies and other overseas territories with commercial the global cable network was nothing less than the ‘the prospects.76 grand Victorian technology’.82

The invention of efficient steamships, as we have Although this point has received little scholarly at- seen, was a fundamental step in increasing the speed tention, I argue that it is important to note that Hum- of communication and trade on a global scale. Howev- boldt was at the forefront in actively encouraging this er, even with this new mode of transportation, the pro- new communication device. His dedication towards ap- cess of sending a letter and waiting for the return still propriating it for his vision of a more entangled world took several weeks between Europe and Asia – in each is the more striking, as Humboldt himself was arguably direction. It was the arrival of electric telegraphy in the the last personification of the Republic of Letters that nineteenth century that allowed the transmission of had existed in Europe since the Renaissance.83 Hum- messages over far-flung distances at a formerly unimag- boldt’s personal epistolary net spanned the globe, thus inable pace. Scientists played a crucial role in what Pa- literally connecting worlds, communities and genera- tricia Fara has called the ‘imperial-technological-com- tions of scholars in the course of his long scientific ca- mercial complex’ of the telegraph system.77 New and reer. One of his many correspondence partners was groundbreaking scientific insights into the field of elec- the North American painter and inventor Samuel F. B. tromagnetism had spurred those inventions that paved Morse, who made central contributions to the devel- the way to electric telegraphy. And the British, eager to opment of the electric telegraph.84 In 1832, Humboldt expand and integrate their Empire, were thrilled to pro- had made Morse’s acquaintance in Paris. Six years later, mote and improve this prospective technology. when Samuel Morse exhibited his telegraph apparatus to the members of the Parisian Institut de France, Hum- Owing to heavy government subsidies and the peo- boldt was present – and realized the potential utility of ple’s electric expertise, England took the lead in its fur- the technique.85 In the following years, a scholarly ex- ther development from the 1850s onwards. In an inter- change emerged between Humboldt and Morse who, esting case of global standardisation, Britain became for instance, sent the Prussian scientist his latest publi- so dominant in the field of telegraphy that she could cations on the subject, and provided him with exact in- effectively ‘impose her electrical units on internation- formation about the fast spread of his technology in the al science’.78 The country did not only invest larger United States.86 Like Humboldt, Samuel Morse was con- sums into the new technology than her rivals, it could vinced that he had developed a technology that would also – by a bitter irony of history – draw on natural re- link people in a veritable net of communication. In 1838, sources from her colonies to significantly improve her Morse wrote about the United States: ‘It [will] not be cables, which were soon to be laid underwater.79 Two decades after land telegraphy had become a reality in Western Europe and North America in the 1830s and Darwin, After Tamerlane: the rise and fall of global empires, 1400-2000 (Lon- 1840s, the first underwater telegraphs were successful- don, 2008), p. 300. 80 ly installed. This was the beginning of a time in which 81 Patricia Fara, Science, p. 213.

82 This was the title of Finn’s work, Submarine telegraphy: the grand Victo- 76 See ibid.; see also, idem, Tools of Empire, p. 157. rian technology (London, 1973).

77 Patricia Fara, Science: A Four Thousand Year History (Oxford, 2010), p. 83 See Grafton, Worlds made by Words, p. 16. 213. 84 Visual telegraphy, of course, had already existed in the eighteenth cen-cen- 78 Ibid. tury, based on the inventions of Claude Chappe (1763-1805), see Headrick, When information came of age: technologies of knowledge in the age of reason 79 In particular, gutta-percha was a ‘natural plastic’, gained from the Pal- (London, 2000), pp. 197-202. For important contributions to the new tech- laquium tree in Malaysia, that was used for a better insulation of underwa- nology by other European scholars and inventors, see Huurdeman, World- ter cables, enabling engineers to penetrate into the depths of the oceans, see wide History of Telecommunications, p. 141. Headrick, Tentacles of Progress, p. 98; see also John Tully, ‘A Victorian Ecologi- cal Disaster: Imperialism, the Telegraph, and Gutta-Percha’, Journal of World 85 See James Wynne, ‘Samuel F. B. Morse’, Harper’s New Monthly Magazine, History, 20, 4 (2009), 559-579. 24 (1862), 224-232, p. 227.

80 For a concise overview of the introduction the telegraph in various Eu-Eu- 86 See the letter, for example, from Morse to Humboldt, 8 May 1846, in ropean countries and the United States, see Anton A. Huurdeman, The world- Ingo Schwarz, Humboldt und die Vereinigten Staaten von Amerika. Briefwech- wide history of telecommunications (Hoboken, 2003), pp. 48-84; see also John sel, p. 247.

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long ere the whole surface of this country [is] channeled ever, high symbolic significance.92 The pace with which 23 for those nerves which are to diffuse, with the speed of information could now be conveyed between Europe thought, a knowledge of all that is occurring through- and North America was in fact ‘increased by a factor of 93

Chapter III out the land; making, in fact, one neighborhood of the ten thousand’. Subsequent research – considerably fi- whole country’.87 nanced by the British government – led to technologi- cal improvements that allowed Europe to be linked to Morse’s utopian vision of the annihilation of dis- most parts of the world in the course of the following tance by means of his communication system might decades. Apart from the successful attempt in 1866 to not have materialized. Nonetheless, Morse’s contribu- establish a lasting transatlantic cable connection be- tion to long-distance communication did not only al- tween Europe and America, it is telling that at the same low him to link people on one continent, but his device period of time other ties were established which con- was equally capable of facilitating overseas transmis- nected European powers with their key colonial pos- sion. To that end, man had to penetrate into another di- sessions.94 The first cable linked France to her precious mension of space, namely the floor of the seas. In the colony Algeria in 1861; the second one, after several set- third and revised edition of his work on the Aspects of backs, realized in 1865 the transatlantic connection of Nature (1849), Humboldt still wrote about the ‘unfath- the telegraph systems that had already existed both in omed depths of the ocean’.88 In the 1850s, however, in- India and Britain.95 Seven years later, in 1873, also South creasing efforts and high investments were made by America’s west coast had become linked to Europe by governments and investors to complete the ‘sounding a cable connection. The Atlantic world was now effec- of the Atlantic Ocean’, as Morse wrote to Humboldt in tively wired. 1856. 89 In this letter to Humboldt, the American inven- tor seemed optimistic that his recent activities ‘satisfac- In peacetime, those cables were useful links for the torily solved the problem of the practicability of tele- increasing commercial interactions between the cen- graphing’ between different continents.90 According to tres of European empires and their colonies. In times of Morse, mankind then only lacked ‘the proper manufac- conflict or war, they provided a crucial means for diplo- ture of the cable and the nautical skill in laying it in its macy and the exchange of strategic information. The oceanbed’ to finally set up a particular telegraph line – emerging global cable network – in conjunction with a connection that Humboldt had himself strongly pro- steamships and railways – thus formed part of a web moted. It was the matter of, in Morse’s modest words, of power that primarily served the interests of Europe- ‘the accomplishment of the grand enterprise of uniting an imperialists.96 Humboldt’s endorsement of this tech- the two worlds in telegraphic bonds.’91 nology was undoubtedly linked to other motives, as he perceived of the telegraph as an enabling mechanism Before such a vision could become a reality, Hum- to establish closer links between Europe and the Ameri- boldt followed with eager interest the study of the best can continent. However, his support of this, effectively, location and the technical refinements of the submarine imperial device can open up a much-needed reflection cable. Finally, in 1857-58, the vision turned into reality on the complicity of scholars in the imperial machinery when two steamers stretched a transatlantic cable from of European powers – in a period that would eventually Britain to the American continent. Although the initial see Europe’s rise to global dominance in the nineteenth line broke down after a few messages, this short state of century. connectedness between the two continents had, how-

87 Samuel F. B. Morse, His Letters and Journals, ed. by Edward Lind Morse, 2, (Boston, 1914), p. 85.

88 Humboldt, Aspects of nature: in different lands and different climates; 92 See David M. Henkin, The postal age: the emergence of modern communi- with scientific elucidations by Alexander von Humboldt. Transl. by Elizabeth J. cations in nineteenth-century America (Chicago, 2006), p. 217. L. Sabine, Vol. II (London, 1849), p. 6; originally published as Humboldt, An- sichten der Natur, mit wissenschaftlichen Erläuterungen. Dritte verbesserte und 93 Jürgen Osterhammel and Niels P. Petersson, Globalization, p. 67. vermehrte Ausgabe, Vol. II (Stuttgart und Tübingen, 1849), p. 7. 94 See Headrick, Tools of Empire, p. 160. 89 Letter from Samuel F. B. Morse to Humboldt, 7 October 1856, in Ingo Schwarz, Humboldt und die Vereinigten Staaten von Amerika. Briefwechsel, p. 95 See ibid. It is noteworthy that the Indian telegraph played an important 406. role during the Great Mutiny of 1857-58. The chief commissioner of the Pun- jab, John Lawrence, declared, clearly from a British point of view: ‘the tele- 90 Ibid. graph saved India’, Headrick, Tentacles of Progress, p. 121.

91 Ibid., p. 407. 96 Ibid., p. 98.

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The Opening-up of Space: Railways Indeed, the deep transformation that the railway 24 brought to human interaction with nature becomes It was one of the most profound transformations of strikingly evident if we consider its impact on the New

Chapter III transportation systems in the nineteenth century that World. Like all the technological devices discussed so from now on steam energy could be used ‘to mecha- far, it was also the railway that was applied to the Amer- nize movement’.97 This fundamental invention not only ican continent soon after its invention. Before its ar- changed the character of sea navigation as it led to the rival, North America had mostly been a rural world of development of steamships. Steam-power also found provincial towns. In the 1830s, however, unprecedent- an important application for the faster movement of ed urbanisation processes took off in the United States people on land. The ‘age of the railroad’ began in Eu- that would continue for the next hundred years. This in- rope in the 1840s, when this new mode of transpor- crease in urbanisation depended – more strongly than tation began effectively to shape societies.98 The con- in the European context – on the new transportation struction of railroads was generally accompanied by a systems of canals and railways.103 A large flood of Eu- deep intrusion into natural landscapes and it left visi- ropean settlers ‘spread on the back of the steamship’ ble traces of human ingenuity on the environment. This and the railway to the expanding North American fron- was most obvious in the case of forest clearances, which tier.104 Once they had been constructed in the Americas, were necessary to make way for the rail line and to pro- railways were efficiently used for agricultural schemes vide – in the form of timber – the necessary raw material and to extract and exploit raw materials from nature. for its construction.99 The literally groundbreaking tech- For example, rail lines allowed landowners to run plan- nology of railways can also be seen as emblematic of tations more productively. As a result, the 1840s saw an the increasing interconnectedness of human societies increase of sugar cultivation in the Americas. In this con- in the nineteenth century. Similar to telegraphic cables, text, it is telling that the first construction of rail lines railway systems formed nets of exchanges and commu- began in the ‘ever faithful’ Spanish colony Cuba as ear- nication between formerly less integrated or utterly iso- ly as 1834.105 When the first section of the track was lated regions.100 opened four years later, neither the independent states of Spanish America nor Spain itself had any railway lines The experience of such a deeply improved transport in operation. The Creole planter class in Cuba soon ben- system is well reflected in contemporary theories such efitted from the introduction of the railway into their as geographical possibilism. As we have seen, both Al- production schemes. Communication between sugar exander von Humboldt and the French geographer estates and the ports was greatly facilitated, and the fall Paul Vidal de la Blache stressed human domination over in transportation costs even allowed the expansion of nature as an indicator for technological progress and areas of cultivation.106 civilization. Crucially, their thoughts were imbued with the experience of the age of railways.101 Although na- In his Political Essay on Cuba, published in 1826, ture might set certain restraints on human cultures and Humboldt provided an insightful analysis of the damag- their development, man is – according to Humboldt ing effects of restrictive trading policies in an age when and Vidal – able to respond effectively to such challeng- Cuba greatly profited from international trading routes. es. The power and effectiveness of railways seemed to In Humboldt’s view, the removal of trade restrictions prove that man was, in Vidal’s words ‘henceforth master formerly imposed by Spain had been crucial for the of distances’, and the dominant agent in the dynamic re- country’s development.107 In his work on Cuba, Hum- lationship between human cultures and their environ- boldt stressed the role of exchange as a driving force for ment.102

97 Jürgen Osterhammel and Niels P. Petersson, Globalization, p. 67. 103 See Osterhammel, Verwandlung der Welt, p. 378.

98 See ibid., pp. 67-68. 104 See Bayly, Birth of the Modern World, p. 439.

99 See Michael Williams, Americans and their forests: a historical geography 105 See Tulio Halper�í����������������������������������������������������n Donghi, ‘Economy and society in post-Independence (Cambridge, 1989), pp. 347-349. Spanish America’, in Leslie Bethell (ed.), The Cambridge History of Latin Amer- ica, III (Cambridge, 1985), 299-345, p. 319. 100 See for the European context Matthew Smith Anderson, The Ascendan- cy of Europe: 1815-1914, 3rd. ed. (Harlow, 2003), p. 162 106 Clifford L. Staten, The history of Cuba (Westport, 2003), p. 21.

101 For Vidal’s still highly illuminating reflections on this new technology 107 See Alexander������������������������ von Humboldt, Political Essay on the Island of Cuba. A Cri- see his seminal work, Principles of human geography, esp. pp. 383ff. tical Edition. Edited with an Introduction by Vera M. Kutzinski and Ottmar Ette. Translated by J. Bradford Anderson, Vera M. Kutzinski, and Anja Becker. With An- 102 Quoted from idem, ‘Meaning and Aim of Human Geography’, in John A. notations by Tobias Kraft, Anja Becker, and Giorleny D. Altamirano Rayo (Chica- Agnew et al. (eds.), Human geography: an essential anthology (Oxford, 1996), go and London, 2011), p. 25; originally Humboldt, Essai Politique sur l’île de 181-191, p. 191, my emphasis. Cuba, Vol. I (Paris, 1826), p. 2.

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progress and condemned all forms of forced isolation. ing because Humboldt was (as we have seen) deeply 25 Humboldt therefore criticised the prevailing system of convinced that the high human civilisations of Antiqui- forced labour in Cuba not only on moral grounds, but ty had developed around the former.

Chapter III he also pointed to its dangerous effects for the politi- cal stability of Cuba – obviously against the background The great importance that Humboldt attached to of the Haitian Revolution (1791-1804). Moreover, Hum- this ‘Mexican Mediterranean’ reveals itself when we boldt illustrated the economic irrationality of slavery, consider his plea for an investment in new technologies as compared with the benefits of free labour.108 Once that would transform the natural world in this area.113 the railway had arrived in Cuba, it was both a commu- These were primarily aimed at improving the commer- nication as well as a transportation device, which ena- cial interactions between the neighbouring states of the bled the almost uninterrupted flow of goods from the Gulf. In view of the importance of this nodal point for island’s interior to its seaports, above all to Havana. This world trade, Humboldt sought, for example, to estab- important trading port was, according to Humboldt, es- lish a closer connection between the Southern States pecially favoured for commerce by its particular geogra- of the U.S. and the Gulf of Mexico by means of a rail- phy, as it was closely linked to the Gulf of Mexico ‘where way.114 Given the lack of transport facilities at that time, the trade routes of many peoples cross’ each other.109 the majority of imports and exports of several southern states first had to pass through New York City on their Here, as in other writings, Humboldt strongly em- way to or from Europe.115 Humboldt’s proposed rail line phasised that geography could either impede, or greatly therefore aimed to accelerate overseas trade within the facilitate human interactions within a particular region. broader web of transportation routes that he suggested In doing so, he took up the widespread assumptions of to link the interior of the New World with the seaports – contemporary European scholars and merchants who and, ultimately, with global markets. favourably compared the shape of the American conti- nent with that of Africa. Whereas the latter was gener- Both in published works and private letters, Hum- ally seen as ‘one vast solid mass, unbroken by arms of boldt indefatigably analysed the significance of the Gulf the sea penetrating into its interior part’ which, moreo- of Mexico for intercontinental trade. In his opinion, the ver, had only ‘few large rivers’,110 the geographical form latter should by no means be confined to the commer- of the New World, by contrast, seemed to provide many cial intercourse between Europe and the American con- natural advantages for sea-trade and ‘commercial inter- tinent. Since Humboldt was convinced that global trade course’. Unlike Africa, the American continent possessed (‘Welthandel’) would be beneficial for all ‘trading na- a variety of bays and large river systems that ‘natural- tions’, he emphasised time and again the possibility of ly’ opened up the interior to the outside world.111 Hum- linking the Atlantic with the Pacific Ocean, thus bringing boldt was particularly aware of the strategic importance Asia closer to the Americas and Europe. One possible of the Gulf of Mexico. Due to his large-scale expedition, means was the construction of a railway over the Isth- he was well acquainted with the sea currents in the re- mus of Panama, which Humboldt said he had proposed gion. Drawing global comparisons between local phe- as early as the year 1805.116 In the wake of the publica- nomena, Humboldt noted that the ‘northern Caribbean tion of Humboldt’s travelogues and the independence Sea, known as the Gulf of Mexico, forms a circular basin from Spanish rule, many European investors seized the of more than 250 leagues in diameter. It is a Mediterra- moment to travel to the New World in order to pur- nean with two outlets’.112 This comparison of the Euro- sue commercial schemes.117 For example, the American pean inland sea with its American counterpart is reveal- John Lloyd Stephens was encouraged by Humboldt’s work to undertake two expeditions to Central America and the Yucatán Peninsula in search of the best route 108 See Jürgen Osterhammel, ‘Alexander von Humboldt:� Historiker der for an interoceanic railway. The California Gold Rush in Gesellschaft, Historiker der Natur’, Archiv für Kulturgeschichte, 81 (1999), 105- 131, p. 122. 113 ������������������������Alexander von Humboldt, Political Essay on the Island of Cuba. A Critical 109 Alexander von Humboldt, Political Essay on the Island of Cuba. A Critical Edition, p. 23, originally Humboldt, Essai Politique sur l’île de Cuba, Vol. I, p. 2. Edition, p. 23; originally originally Humboldt, Essai Politique sur l’île de Cuba, Vol. I, p. 2. 114 Humboldt to Lionel Gisborne, Berlin 1853 (?), in Ingo Schwarz, Hum- boldt, Briefwechsel, p. 328. 110 This unfavourable description of Africa’s geography was given by Wil-Wil- liam Robertson, History of America, p. 132. 115 See John D. Majewski, Modernizing a Slave Economy: the Economic Vision of the Confederate Nation (Chapel Hill, 2009), p. 94. 111 Ibid. 116 See Humboldt’s letter to Alexander W. Thayer, 5 May 1858?, in Ingo 112 Alexander von Humboldt, Political Essay on the Island of Cuba. A Critical Schwarz, Humboldt, Briefwechsel, p. 451. Edition, p. 23, emphasis mine; originally Humboldt, Essai Politique sur l’île de Cuba, Vol. I, p. 1. 117 See Mary Louise Pratt, Imperial Eyes, pp. 141-147.

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1848/1849 led to a significant increase in traffic to that opening up of these formerly rather isolated regions, 26 region, which provided a strong incentive for the reali- new impetus was given to the construction of such a sation of such a project. As a result, between 1850 and canal. In 1827, an engineer and surveyor of British origin,

Chapter III 1855, the first transcontinental railway in the world – the John Augustus Lloyd (1800-1854), was commissioned by so-called Panama Railroad – was built under the control the Latin American statesman and General Simón Bolí- of a group of American businessmen.118 var to make a comprehensive survey of the Isthmus of Panama. Lloyd subsequently published his results in the Humboldt, however, thought on a larger scale. In Philosophical Transactions of the Royal Society of London, a letter to the American State geologist Oscar M. Lie- which received great attention from European investors ber, he dismissed the ‘miserable railroad of Panama’119, and spurred the interests of Europeans as well as North which should not distract the world’s attention from a and South Americans to finally accomplish an interoce- truly revolutionary project (Humboldt) that would have anic connection.122 far-reaching consequences for global trade and the power relations between Europe, America, and Asia. It The fact that Bolívar endorsed the possibility of cut- was the matter of Humboldt’s most forward-looking ting through the Isthmus of Panama suggests that the technological project in the New World: the construc- implementation of Western technologies into non-Eu- tion of a large-scale canal, cutting through the Isthmus ropean territories was not necessarily seen by South of Panama and thus connecting not only two oceans, American elites as acting against the interests of their but also human cultures on different continents to an new nation-states. In fact, Simón Bolívar formed a part- unprecedented degree. nership with Alexander von Humboldt to implement the canal project in Central America. It seems as if Hum- boldt had proposed the survey of Panama, which Bolí- Connecting the Oceans: the Projected var then asked John Lloyd to carry out. In his work As- Canal of Central America pects of Nature, Humboldt wrote that ‘General Bolivar at my request caused an exact levelling of the Isthmus Since the arrival of the first Spanish Conquistadores in [...].’123 In his lifelong ambition to connect the New World the early sixteenth century, the idea of an interocean- with other continents and civilisations, Humboldt was ic canal that would cut through Central America had deeply convinced that intrusions into America’s natu- attracted the attention of European states and private ral world – even if carried out by interested European merchants.120 Even though repeated attempts were companies – would also be of the greatest advantage made in the following three centuries by the Spanish for South America. Due to his well-informed publica- colonial administration, either to find a natural passage tions on America’s natural formation, Humboldt had between the Atlantic and Pacific Oceans, or to detect become an international authority on the feasibility of the most suitable spot for an artificial breakthrough, the establishing a sea-to-sea connection. He was not only realisation of such a momentous project was still pend- consulted on this project by European investors and en- ing when Humboldt undertook his scientific expedition gineers, but also – as he wrote – by ‘well informed per- to the New World.121 However, after the independence sons belonging to the new governments of Equinox- of the Spanish viceroyalties in the Americas and the ial America’.124 In what follows, I will look at Humboldt’s different intentions for linking the Pacific and Atlantic Ocean, and I shall also ask what economic and political 118 See William David McCain, The United States and the Republic of Panama consequences Humboldt anticipated once such a canal (New York, 1970), p. 97. was realised.

119 Letter from Humboldt to Oscar M. Lieber, 6 March 1850, in Ingo Schwarz, Humboldt, Briefwechsel, p. 265, my translation.

120 Already Christopher Columbus and Hernan Cortez were determined to link the two seas, see Humboldt, Aspects of nature: in different lands and dif- ferent climates, Vol. II (London, 1849), p. 320f.; originally Humboldt, Ansich- 122 John Augustus Lloyd, ‘Account of Levellings Carried across the Isth-Isth- ten der Natur, Dritte verbesserte und vermehrte Ausgabe, Vol. II (Stuttgart und mus of Panama’, Philosophical Transactions of the Royal Society of London, 120 Tübingen, 1849), p. 389. Walter K. Frankel was therefore mistaken in claim- (1830), 59-68. ing that Humboldt was the ‘spiritual father’ of the Panama canal, as Fran- kel stated in, ‘Alexander von Humboldt und der Panamakanal’, in Joachim H. 123 Alexander von Humboldt, Aspects of nature: in different lands and dif- Schultze (ed.), Alexander von Humboldt. Studien zu seiner universalen Geiste- ferent climates, Vol. II (London, 1849), pp. 320-321, emphasis mine; originally shaltung (Berlin, 1959), 235-242, p. 235. Humboldt, Ansichten der Natur, Dritte verbesserte und vermehrte Ausgabe, Vol. II (Stuttgart und Tübingen, 1849), p. 390. 121 See Lionel Gisborne, The Isthmus of Darien in 1852. Journal of the Ex- pedition of Inquiry for the Junction of the Atlantic and Pacific Oceans (London, 124 Alexander von Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 288; orig- 1853), p. 1. inally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 386.

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Over a span of 50 years, Humboldt was gripped with greater acceleration of intercontinental trade, Hum- 27 the idea of linking the two seas.125 Both in his publica- boldt argued for a sea-level canal, ‘which would unite tions and private correspondence, he tirelessly pro- the two oceans without locks and without tunnels.’129 To

Chapter III posed not just one possible location for the transocean- guarantee a continuous use of the canal, Humboldt fur- ic canal – rather, he grappled with at least eight potential ther insisted that its water level must be high enough routes for such a maritime connection. First, he had laid to allow a ship’s passage ‘at all seasons’ – thus permit- them out on a map in his ‘Atlas�������������������������� géographique et phy- ting an uninterrupted yearlong flow of goods through sique du royaume de la Nouvelle-Espagne’ (1811). The Central America.130 A direct and fast transoceanic con- different routes were then more thorougly discussed in nection, Humboldt knew, would significantly improve Humboldt’s ‘Analyse ��������������������������������������raisonée’ as part of his ������������‘Essai����������� poli- transportation and communication routes and favour- tique sur le royaume de la Nouvelle-Espagne’.126 Later, ably affect global trade in many regards. The lower- he again integrated the discussion of various routes ing of the cost of transportation by means of a shorter for such an interoceanic canal into his Personal narra- route would make it sensible to trade goods over lon- tive, which (through H. M. William’s translation) soon ger distances than before, thus widening the market became available also to broader English-speaking au- for a greater number of commodities. At the same time, diences.127 I shall engage less with the actual suitability the increase in speed, and the potentially greater safety of each of these sites, but rather ask what importance of voyages through an interoceanic canal would make Humboldt attached to their geographic position – and commercial intercourse more punctual and reliable.131 In their significance for global trade. short, Humboldt was convinced that such a ‘great junc- tion canal’ of two oceans would help to cut time, dis- Such is the happy position of these five points ... tance and costs.132 In his opinion, the canal would prove that they all are placed at the centre of the New to be nothing less than ‘capable of producing a revolu- Continent, at an equal distance from Cape Horn tion in the commercial world.’133 and the north-west coast [...] Opposed to each (in the same parallel), are the seas of China and India, Apart from his constant preoccupation with the ad- an important circumstance in latitudes where the equate locality, size and the technical realization of his trade-winds prevail; all are easily entered by ves- ‘favourite project’134, Humboldt also engaged with the sels coming from Europe and the United States.128 questions of who should be in charge of its accomplish- ment – and to whom it would be financially rewarding. Humboldt’s envisioned transoceanic canal would thus In a sophisticated plan for the execution of the canal, be situated at the very heart of the American continent Humboldt argued for the ‘formation of a joint stock and could therefore constitute the centre of a global web company’, presumably by European and North Ameri- of trading routes. For an efficient commerce between can investors. This ‘junction company’, once founded, the continents, Humboldt favoured a canal suitable for should direct more detailed surveys of the five potential ‘long-distance trade’, which would allow the passage localities of the canal. Even if the realization of the great of ‘vessels fitted, from their structure and tonnage’, for project should fail, Humboldt insisted, ‘canals of small overseas trade. ‘Distant communications require’, Hum- boldt also stated, ‘an uninterrupted navigation, requir- 129 Quoted from Frederick M. Kelley, The union of the oceans, p. 88, em- ing no unloading of the vessels’. To lead to an even phasis mine.

130 Alexander von Humboldt, Aspects of nature: in different lands and dif- 125 See the letter by Humboldt to Frederick M. Kelley, Berlin, January 27 ferent climates, Vol. II (London, 1849), p. 321, emphasis mine; originally Hum- 1856, reprinted in Frederick M. Kelley, The union of the oceans by ship-canal boldt, Ansichten der Natur, Dritte verbesserte und vermehrte Ausgabe, Vol. II without locks, via the Atrato Valley (New York, 1859), p. 88. (Stuttgart und Tübingen, 1849), p. 391.

126 See���������������������������������������� the map in, Alexander��������������� von Humboldt, Atlas géographique et phy- 131 See Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 291; originally Hum����- sique du royaume de la Nouvelle-Espagne, fondé sur des observations astrono- boldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 390. miques, des mesures trigonométrique et des nivellemens barométrique (Paris, 1811), Map Nr. 4: ‘Points de partage et communications projetées entre le 132 This would also be the effect of the Suez Canal in 1867, a long planned Grand Océan et l’Océan Atlantique’; his discussion of the different localities project by the French of which Humboldt was aware. For its consequences can be found in Humboldt, Essai politique sur le royaume de la Nouvelle-Espa- see, Headrick, Tentacles of Progress, p. 27. gne, Tome premier (Paris, 1811), pp. 132ff. I would like to thank the anony- mous reviewer for this reference. 133 Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 245; originally Hum- boldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 332. 127 See Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième (Paris, 1825), pp. 327-28; idem, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, pp. 241-42. 134 Ingo Schwarz, ‘Alexander von Humboldt’s Visit to Washington and PhilPhil-- adelphia, his Friendship with Jefferson, and his Fascination with the United 128 Ibid., p. 242; originally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, States’, Alexander von Humboldt’s Natural History Legacy and Its Relevance for Tome neuvième, p. 328. Today. Northeastern Naturalist, 8 (2001), 43-56, p. 55.

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section [sic!] might be dug in some of the five points can, however, gain instructive insights into his politi- 28 we have named, to the great profit’ of the investors.135 cal ideas through a close analysis of the expectations, However, Humboldt continued in pointing out the even which he expressed about the waterway across Central

Chapter III greater ‘utility’ of large-scale canal projects ‘for the America. Such an enquiry will help to reveal Humboldt’s share-holders’.136 Without doubt, Humboldt knew how political stance on Europe’s and North America’s rela- to strike the right note in order to attract potential in- tions with states ‘in the east’, above all India, Japan, and vestors for an ‘affair that interests the commerce ofboth China. What is striking is the considerable difference worlds’ – Europe and America, that is.137 in Humboldt’s way of expressing himself in his official- ly published works and in his private correspondence To raise the European and American public interest with statesmen and investors. In all his official writings, in this transformative intervention, Humboldt appro- Humboldt displayed fine diplomatic skills. The overarch- priated the new possibilities of mass communication ing impression of his private comments on the political for his own ends. In a letter to the American Consul in consequences of the ‘union of the two seas’ is, howev- Leipzig, Johann G. Flügel, Humboldt expressed his hope er, very clear. Humboldt, it seems, was fully aware that that his published treatises on an oceanic canal will ‘at the cut through Central America would have far-reach- last find echo in North America, and there be spread out ing ramifications for international power relations. The through Newspapers.’138 One year later, historical devel- planned intrusion into nature would signify much more opments on the American continent seemed most fa- than the opening up of new trading routes, because vourable for such a public campaign. The United States Humboldt was convinced that it was geographical fac- had recently acquired new territories on the American tors that had hitherto decisively shaped western rela- west coast from Mexico through the treaty of Guada- tions with Asian civilisations. In a remarkable passage lupe Hidalgo in February 1848 – inter alia the region on the interconnectedness of the world, and on the geo- of Upper California. Shortly thereafter, the Californian political significance of the Isthmus of Panama, Hum- ‘gold rush’ started and led to a considerable increase in boldt wrote: the traffic to the region. Humboldt now seized the mo- ment to publish a passage from his work Aspects of Na- Such is the state of modern civilisation, that the ture, this time entitled ‘Humboldt’s last opinion on the trade of the world can undergo no great chang- Isthmus of Panama’.139 In view of the new geopolitical es that are not felt in the organization of society. situation, the affirmation of the project’s feasibility by If the project of cutting the isthmus that joins the an internationally renowned scientist would, so Hum- two Americas, should succeed, Eastern Asia, at boldt hoped140, urge North American companies to em- present insulated and secure from attack, will in- bark upon a project which he considered ‘worthy of the evitably enter into more intimate connections intellectual progress of the nineteenth century’.141 with the nations of European race which inhabit the shores of the Atlantic. It may be said, that that Humboldt’s truly global awareness of the impact of neck of land against which the equinoxial current an interoceanic canal was not confined to the antici- breaks, has been for ages the bulwark of the in- pated dramatic changes in world trade. We still know dependence of China and Japan. In penetrating too little about his opinion about the imperial wars of farther into futurity, imagination dwells upon the the nineteenth century, especially his view of the First conflict between powerful nations, eager to ob- Opium War of 1839-1842 between Britain and China. We tain exclusive advantages from the way opened to the commerce of the two worlds.142

135 Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 289, my emphasis; origi- Evidently, in Humboldt’s opinion, certain environmen- nally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 388. tal factors had a deep influence on world history, as they 136 Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 291; originally ����Hum- shaped or restricted contact and exchange between boldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 389. distinct human cultures. Now, however, profound ad- vances in technology allowed man to overcome ‘natu- 137 Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 290, emphasis mine; ral obstacles’ to interaction. The above quote seems to originally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. suggest that Humboldt did not regard contact solely as 389. driving forces behind social progress and the establish- ment of friendly interaction between peoples through 138 Letter from 22 December 1849, in Ingo Schwarz, Humboldt, Briefwech- sel, pp. 262-263.

139 See Ingo Schwarz, Humboldt’s Fascination with the United States, p. 55. 142 Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 297, emphasis mine; 140 See ibid. originally Humboldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, pp. 397-98. See also, Humboldt, Political essay on the kingdom of New Spain. 141 Quoted from Kelley, The union of the oceans, p. 88. Transl. by John Black, Vol. I (London, 1814), p. 45.

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commercial intercourse.143 Rather, Humboldt was con- independent republics, Humboldt pledged for peace as 29 scious of the fact that increased and direct contact be- the precondition of free and unrestricted trade. Other- tween states in an age of imperialism would necessarily wise, ‘the whole of Europe ... will be deprived, for a long entail intercultural tension and conflict. In this context, period of time, of a market fitted to give life to trade and Conclusion Humboldt does not appear to be a detached schol- manufacturing industry.’147 ar, but he clearly reveals his European stance. This en- dorsement of European and North American expansion In the end, Humboldt was convinced that exchange becomes also apparent in a letter to the American ge- between Europe and America in its various forms would ologist Oscar M. Lieber. Therein, Humboldt expressed be beneficial for civilisational progress in both worlds: his appreciation of the fact that ‘your fatherland has tak- ‘It is a fatal, I had almost said an impious prejudice, to en such glorious possession on the west coast’ of North consider the growing prosperity of any other part of our America, which will in the future allow the United States planet as a calamity for ancient Europe.’148 In an age of ‘to dominate China’.144 unprecedented global connections, trade was the key to link human cultures across time and space. For Hum- Humboldt also left no doubt about the political im- boldt, commercial intercourse was also the right means plications of the interoceanic canal for the international through which the fatal legacy of more than three cen- role of the United States. In his correspondence with the turies of European colonialism and forced isolation North American jurist and diplomat Henry Wheaton, could be overcome for the peoples of South America: who represented the United States at the court in Prus- ‘The independence of the [Spanish] colonies will not sia from 1835-1846, Humboldt pointed out that a canal contribute to isolate them from the old civilized nations, through the Isthmus of Panama would strongly increase but will rather bring them closer. Commerce tends to the political power (‘pouvoir politique’) of the U.S. within unite what a jealous policy has long separated.’149 the South Sea. He was moreover certain that with the completion of the canal, China would become weaker ‘vis à vis l’Europe et les États Unis’.145 These comments Conclusion are more than just flattering words of a man who was seeking to gain support for his own projects. They also In conclusion, this paper has sought to analyse Alex- reveal Humboldt’s awareness that in the course of the ander von Humboldt’s expectations and intentions for nineteenth century, European powers were turning to a range of ‘transformative interventions’ in the New East Asia to pursue their commercial and political inter- World. It has demonstrated that these intrusions into ests, especially regarding the huge market potentials in the continent’s natural world – namely the construction China. In the wake of the First Opium War, which had al- of railroads and canals, the use of steamboats and the lowed the British to establish a permanent base in Hong connecting of America with Europe by means of a trans- Kong and gain concessions in four other ‘treaty ports’, atlantic cable – must be linked to Humboldt’s under- the United States and other European countries were standing of the driving forces behind progress and his eager to open up the Chinese market for their prod- personal belief in the civilising influence of free trade. As ucts.146 It is telling that in his correspondence, Humboldt a person who literally spanned different worlds in terms seemed to support those developments – just as he ar- of space and time, on the one hand Humboldt adopt- gued for using the South American republics to take up ed the eighteenth-century belief that consumer societ- the surplus of European manufactured goods. In view ies were necessarily civilised societies, whose growing of previous trade restrictions on the Spanish colonies demands and desires would lead to increased human and the damaging effects of the civil wars in the newly refinement and, ultimately, the perfection of civilisa- tion. On the other hand, he experienced and reflected upon the impact of the Industrial Revolution and the 143 See Alexander������������������������ von Humboldt, Political Essay on the Island of Cuba. A Cri- concomitant revolutionary advances in technology. He tical Edition, (Chicago and London, 2011), p. 137; originally Humboldt, Essai was convinced that these profound improvements for Politique sur l’île de Cuba, Vol. I, pp. 292-93. the technical mastery of the world should be appropri- ated for increasing the global interconnections of hu- 144 Humboldt to Lieber, 6 March 1850 (?), in Ingo Schwarz, Humboldt, man cultures. Briefwechsel, p. 265. Originally, ‘Der herrliche Besitz den Ihr Vaterland von der Westküste genommen, von dem aus sie China beherrschen werden [...]’, my translation. 147 See Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, p. 229; originally ����Hum- 145 Humboldt to Wheaton, 6 December 1845, in Ingo Schwarz, Humboldt, boldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 312. Briefwechsel, p. 244. 148 Humboldt, Personal Narrative, Vol. VI, Part I, pp. 116-17; originally Hum����- 146 See William T. Hanes III and Frank Sanello, The Opium Wars: The Addic- boldt, Voyage aux régions équinoxiales, Tome neuvième, p. 143. tion of One Empire and the Corruption of Another (Naperville, 2007), pp. 154- 155. 149 Ibid.

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In his view, the interventions of Euro-American Bibliography 30 statesmen and investors in the natural world of Amer- ica were not ends in themselves; rather, Humboldt saw such transformative interventions as a means to stimu- Archival material

Bibliography late faster and more intimate human interaction. Where- as the state of unconnectedness or isolation in their var- Alexander-von-Humboldt Research Centre, Berlin ious forms was closely associated with stagnation and potential ‘barbarity’, mobility and contact, by contrast, Alexander von Humboldt, diaries of his American played a decisive role in Humboldt’s world-view for un- expedition (1799-1804). leashing the forces that drive technological and cultur- al progress. The assumption of geographical determin- ism that the trajectories of ‘encapsulated’ cultures were Published primary sources shaped by their natural environment was therefore in- creasingly challenged and finally refuted in view of the Blache, Paul Vidal de la, Principles of human geography growing human capacity to dominate and forge nature (London, 1926). according to man’s requirements. Connecting the New World thus meant for Humboldt to use the new tech- Blache, Paul Vidal de la, ������������������������������‘Meaning and Aim of Human Ge- nologies of his time to effectively integrate the Amer- ography‘, in John A. Agnew et al. (eds.), Human geog- ican continent into global intellectual and material raphy: an essential anthology (Oxford, 1996), 181-191. exchanges. The notion of European superiority is, how- ever, apparent in the fact that Humboldt called explicit- Faak, Margot (ed.), Alexander von Humboldt. Lateinameri- ly on European and North American companies to carry ka am Vorabend der Unabhängigkeitsrevolution. Eine out his envisioned technological mega-projects – even Anthologie von Impressionen und Urteilen aus seinen if those interventions were intended to advance human Reisetagebüchern (Berlin, 1982). culture in the New World. It was simply the question of who possessed the necessary agency as well as the fi- Gisborne, Lionel, The Isthmus of Darien in 1852. Journal of nancial and technological means to actually realize his the Expedition of Inquiry for the Junction of the Atlan- visions of an interconnected American continent. tic and Pacific Oceans (London, 1853).

To set Humboldt’s life and work in their historical Hawks, Francis L., ‘The Late John L. Stephens’, Putnam’s context also throws light on the complex role of schol- Monthly Magazine of American Literature, Science and ars (also from countries without colonies) within the Art, I (1853), 64-68. system of European imperialism in the nineteenth cen- tury. Humboldt lived in a time of multiple empires with Humboldt, Alexander von, Ideen zu einer Geographie der strong economic interests in South America and Asia. Pflanzen nebst einem Naturgemälde der Tropenländer As a renowned scientist and public figure, he actively (Tübingen and Paris, 1807). engaged in furthering European and North American control over lucrative areas of investment and produc- Humboldt, Alexander von, Atlas géographique et phy- tion in the independent South American republics. His sique du royaume de la Nouvelle-Espagne, fondé sur vision of integrating and connecting the New World des observations astronomiques, des mesures trigo- through an isthmian seaway was only realized half nométriques et des nivellemens barométriques (Paris, a century later, in 1914, when the rising power of the 1811). United States completed the Panama Canal as a dem- onstration of its technological prowess and claim to po- Humboldt, Alexander von, Essai politique sur le royaume litical-economic hegemony in Central America. The in- de la Nouvelle-Espagne, Tome premier (Paris, 1811). teroceanic connection that Humboldt had imagined as a crucial nodal point in a global web of exchanges, in- Humboldt, Alexander von, Political essay on the kingdom tended for the benefit of all mankind, was thus turned of New Spain. Transl. by John Black, Vol. I (London, into a national project by the United States. This country, 1814). into which Humboldt had always placed great hopes for the further advancement of human civilisation, would Humboldt, Alexander von, Essai Politique sur l’île de play an ambiguous, but certainly decisive role in shap- Cuba, Vol. I (Paris, 1826). ing the historical trajectories of human cultures in the New World. Humboldt, Alexander von, Political Essay on the Island of Cuba. A Critical Edition. Edited with an Introduction by Vera M. Kutzinski and Ottmar Ette. Translated by J. Bradford Anderson, Vera M. Kutzinski, and Anja Becker. With Annotations by Tobias Kraft, Anja Becker, and

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À propos Kehlmann

Auszug aus: Ottmar Ette: Alexander von Humboldt und die Globalisierung. Das Mobile des Wissens. Frankfurt am Main - Leipzig: Insel Verlag 2009 [476 p.], Kapitel 40 und 42. Ottmar Ette Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns Welt

Zusammenfassung

Wie stark sich im Verlauf des zurückliegenden Vier- sung der Welt really about? And how can we explain this teljahrhunderts der Bekanntheitsgrad Alexander von »Kehlmann phenomenon« from a greater distance? Humboldts in der deutschsprachigen Öffentlichkeit verändert hat, zeigen nicht nur Fernsehumfragen zu Resumen den berühmtesten Deutschen, in denen Alexander von Humboldt mittlerweile figuriert, oder Fernsehserien, La popularidad de Alejandro de Humboldt ha cambiado die über aktuelle Expeditionen berichten und auf Hum- profundamente dentro del último cuarto de siglo en la boldts Namen zurückgreifen. Am deutlichsten vielleicht opinión pública de habla alemana. Prueba de esto son belegt dies der enorme Erfolg von Daniel Kehlmanns no sólo las encuestas televisivas sobre los alemanes más Roman Die Vermessung der Welt, der ohne die zuvor skiz- famosos, dentro de las cuales figura en estos momen- zierte Entwicklung nicht denkbar gewesen wäre. Es ist tos Alejandro de Humboldt, o programas de televisión vor diesem Hintergrund nicht nur reizvoll, sondern auf- sobre expediciones actuales, en los que continuamente schlußreich, sich mit dem großen Erfolg dieses kleinen se retoma el nombre de Humboldt; quizás la compro- Romans zu beschäftigen. Worum geht es in Die Vermes- bación más clara de este cambio es el éxito enorme de sung der Welt? Und wie läßt sich das »Phänomen Kehl- la novela Die Vermessung der Welt de Daniel Kehlmann. mann« aus etwas größerer Distanz erklären? Éxito que sería impensable sin el proceso esbozado más arriba. Ante este trasfondo, estudiar el gran éxito de Abstract esta pequeña novela resulta no sólo atractivo, sino ade- más revelador. ¿De qué se trata Die Vermessung der Welt? In the last 25 years, Alexander von Humboldt‘s popular- ¿Cómo se puede explicar el »fenómeno Kehlmann« des- ity has radically changed in the german-speaking pub- de una distancia relativamente mayor? lic opinion. Proof of this are not only television surveys about the most famous - in which Alexander von Humboldt now regularly figures - or television se- ries about contemporary expeditions, which constantly refer to Humboldt‘s name; perhaps what most clearly verifies this change is the great success of Daniel Kehl- mann‘s novel Die Vermessung der Welt. Without the re- cent developments outlined above, this novel‘s degree of impact would have been unimaginable. To study the great success of this text against this backdrop is not only attractive, but also revealing. What is Die Vermes- Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns Welt (O. Ette)

ie stark sich im Verlauf des zurückliegenden Vier- tern wie treffsicher zog Alexander Cammann - als einer 35 Wteljahrhunderts der Bekanntheitsgrad Alexander der wenigen Feuilletonisten, die sich von der allgemei- von Humboldts in der deutschsprachigen Öffentlich- nen Kehlmann-Hysterie nicht anstecken ließen - ein gu- keit verändert hat, zeigen nicht nur Fernsehumfragen tes Jahr später seine persönliche Bilanz: zu den berühmtesten Deutschen, in denen Alexander von Humboldt mittlerweile figuriert, oder Fernsehse- Ebendort stößt man auf Kehlmanns monatliche Ko- rien, die über aktuelle Expeditionen berichten und auf lumnen über seine Lieblingsbücher, überall auf seine Humboldts Namen zurückgreifen. Am deutlichsten viel- Dankreden für die auf ihn niederpurzelnden Preise, auf leicht belegt dies der enorme Erfolg von Daniel Kehl- ganzseitige Interviews und Essays - diesem neuen Groß- manns Roman Die Vermessung der Welt1, der ohne die schriftsteller kann man nirgendwo entkommen. Die flä- zuvor skizzierte Entwicklung nicht denkbar gewesen chendeckende Kehlmannisierung des deutschen Feuil- wäre. Es ist vor diesem Hintergrund nicht nur reizvoll, letons dürfte der wichtigste kulturelle Trend des Jahres sondern aufschlußreich, sich mit dem großen Erfolg 2006 gewesen sein.4 dieses kleinen Romans zu beschäftigen. Worum geht es in Die Vermessung der Welt? Wie läßt sich das »Phänomen Kehlmann« aus etwas größerer Distanz erklären? Es geht um die Frage: was heißt Deutschsein? In aller Größe und Komik, die dieses Deutschsein ja Im Zentrum des Romans stehen zwei Heroen deut- auch immer wieder hat. Und diese gleichzeitig scher Wissenschaft: Carl Friedrich Gauß, der freilich al- auch - gerade im öffentlichen Leben - immer prä- leine „nicht genug für einen Roman“5 hergegeben hät- sente Hysterie. Mein Humboldt ist ein Paradebei- te, und Alexander von Humboldt, der Kehlmann auffiel spiel eines verdrängenden Hysterikers. Und das wegen seiner „unfreiwilligen Komik: Wie ein Mann in andere ist die Frage: Was tut Wissenschaft der Welt preußischer Uniform den Orinoko befährt, dabei immer an? Niemand könnte mit gutem Gewissen sagen, Deutschland mit sich trägt und von einer ganz erstaun- dass wir Wissenschaft nicht haben wollen. Aber lichen Humorlosigkeit ist bei aller Genialität“6. Das Er- gleichzeitig wurde die Welt durch die Vermes- folgsrezept ist also ein erzähltechnisch robuster Zwei- sung viel weniger poetisch, auch weniger schön. taktmotor: Ein Reisender und ein Daheimgebliebener, Und die Gewalt der Wissenschaft bekommt natür- ein Medienstar seiner Zeit und ein öffentlichkeitsscheu- lich eine ganz erschreckende, überhaupt nicht zu er verschrobener Kauz, ein Feldforscher und ein The- Ende gedachte Dimension mit dem, was wir der oretiker bilden ein Kontrastprogramm, das der Autor Welt durch die Kernspaltung antun.2 virtuos und witzig über 303 Seiten oder - in der Hör- buchfassung - fünf nicht gerade preiswerten CD‘s ab- Mit diesen Worten umschrieb der 1975 in München ge- spult. Die Verfilmung nach dem Drehbuch von Daniel borene und in Wien aufgewachsene Schriftsteller Da- Kehlmann und Detlev Buck feiert am 25. Oktober 2012 niel Kehlmann in einem Interview im September 2005 Premiere in den deutschen Kinos. die Zielsetzung seines wenige Tage zuvor erschienenen Bestsellers. Die Publikumsresonanz war gewaltig: Weit Der junge Autor, der zum Zeitpunkt der Niederschrift über eine Million Exemplare wurden in kurzer Zeit allein seines Romans so alt war wie Alexander von Humboldt im deutschsprachigen Raum abgesetzt; Übersetzun- bei seinem Aufbruch in die Neue Welt, hat eine Gelehr- gen in 50 Sprachen3 liegen bereits vor oder sollen ge- tensatire vorgelegt, ein Genre, das schon immer bei den plant sein. Die Kritik jubelte, unzählige Interviews und Lesern hoch im Kurs stand, um später nur allzu leicht eine Vielzahl literarischer Ehrungen und Preise folgte. in Vergessenheit zu geraten. Die Vorteile dieser Gat- Wenn auch ein Blick in die ausländischen - und insbe- tung liegen auf der Hand: Größen der Geschichte wer- sondere die spanischsprachigen - Feuilletons zeigt, daß den leicht aufs Menschlich-Allzumenschliche reduziert, nicht überall die Veröffentlichung des Romans eupho- Götter der Wissenschaft gehen ihrer Unnahbarkeit ver- risch begrüßt wurde, so läßt sich doch nicht leugnen, lustig, schwerfällige Theoretiker kommen wunderbar daß die Größe des Erfolgs zumindest im deutschspra- luftig und lustig daher. Man glaubt es dem Autor gerne, chigen Raum kaum zu (v)ermessen war. Ebenso nüch- daß ihm ein Roman, der so vielen Lesern Freude berei-

1 Kehlmann, Daniel: Die Vermessung der Welt. Roman. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2005. 4 Cammann, Alexander: Intelligenz ist gut, Entspannung möglich. In: taz 2 Kehlmann, Daniel: Die Größe und Komik des Deutschseins. Interview mit (Berlin) (7.12.2006) . Kirsten Schmidt. In: Hamburger Morgenpost (Hamburg) (29.9.2005). Ich danke Yvette Sánchez für den frühen Hinweis auf diesen Artikel.

3 Angabe der Produktionsfirma Bojebuck im Pressetext zur Ro- 5 Kehlmann, Daniel: Die Größe und Komik des Deutschseins, a.a.O. manverfilmung, vgl. 6 Ebda.

HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns Welt (O. Ette) tet, auch beim Schreiben schon Spaß gemacht hat7. Si- messen haben will und mit einer Frechheit, die 36 cherlich auch - und dies nicht nur in den zahlreichen In- ich nicht begreife, seine Formeln, die oft nur lee- terviews - danach. re Worte und immer nur enge Begriffe sind, zu ih- rem Maßstabe macht. Kurz, mir scheint er für sei- Der Erfolgsautor, bei Kritikern wie Lesern dank sei- nen Gegenstand ein viel zu grobes Organ, und ner Fähigkeit beliebt, mit komplexen Gegenständen dabei ein viel zu beschränkter Verstandesmensch zwanglos und unterhaltsam zu hantieren, weiß um die zu sein.10 Vorzüge des von ihm gewählten Genres. Er nutzt sie vom ersten Satz an, wenn er den „größte[n] Mathema- Eine ebenso irrige wie abgeschmackte, so oft schon wi- tiker des Landes“ im September 1828 widerwillig nach derlegte Auffassung? Gewiß. Doch der junge Roman- Berlin aufbrechen läßt, um der nachdrücklichen Einla- cier, es deutete sich bereits an, ist selbstbewußt und dung Alexander von Humboldts zum Deutschen Natur- verspürt keinerlei Angst vor Klischees. Schillers schnei- forscherkongreß Folge zu leisten. So weit, so historisch. dendes und immer wieder kolportiertes Urteil ist bis in den Titel hinein Stichwortgeber für Daniel Kehlmanns Gleich jedoch wird das Lesepublikum Zeuge, wie fünften Roman. Dabei bleibt der Dichter stets im Hinter- sich „Professor Gauß im Bett“8 versteckt, an sein Kissen grund, so wie er im Roman auch nur „verstohlen“ gähnt, klammert und versucht, durch das Schließen seiner Au- als Wilhelm von Humboldt im Kreis der »Klassiker« über gen die lästige Wirklichkeit zum Verschwinden zu brin- die „Vorteile des Blankverses“11 referiert und räsonniert. gen. Genauso hatten wir uns Gauß zuhaus‘ immer schon vorgestellt. Der selbstverständlich wirklichkeitsferne Eben hier aber liegt jener Punkt, von dem aus Daniel Wissenschaftler, der noch in der Hochzeitsnacht mit Kehlmann die beiden Wissenschaftsheroen aus den An- Formeln ringt, bringt die Wirklichkeit trotz aller Krüm- geln zu heben und einem befreienden Lachen der Li- mungen des Raumes nicht zum Verschwinden. teratur auszusetzen sucht. Schillers Zeilen, von denen Humboldt erst Jahrzehnte später erfuhr und die mehr Überhaupt diese Wirklichkeit. An ihr arbeiten sich in über den Autor des Wilhelm Tell als über jenen des Kos- Kehlmanns Roman die Helden des Wissens ab. Wir se- mos sagen, schwellen in einer Gestik der Überbietung hen - gleichsam in der Rolle der Zuschauer beim Schiff- zu einem Roman an, in dem Humboldt wie Gauß ihr Fett bruch und damit auf der Ebene einer vielerprobten - will sagen: ihre Maß-Regelung - abbekommen. Daseinsmetaphorik9 - dem ungleichen und sich doch ergänzenden Wissenschaftlerpaar dabei genüßlich zu. Ein gefundenes Fressen also für einen, der wie Kehl- Die Welt stellt sich ihnen in den Weg, versperrt sich ih- mann zu erzählen versteht. Leicht sei ihm dieses Schrei- rem Verstehen, läßt alle Wissenschaft und Lehre ins ben gefallen, und viel gelacht habe er dabei. Köstlich in Leere laufen. Doch je mehr sich die Welt den Gelehrten der Tat die Szene, in der Alexander von Humboldt am entzieht, umso heftiger versuchen sie, sich mit ihr zu Orinoko von einem der Ruderer gebeten wird, doch et- messen, und das heißt in diesem Roman: sie zu vermes- was zum Besten zu geben. Geschichten könne er keine, sen. Kehlmann greift hier mit Blick auf den Verfasser der so Humboldt, denn er möge das Erzählen nicht. Aber er Ansichten der Natur zu einer abgegriffenen Münze, die könne „das schönste deutsche Gedicht vortragen, frei Friedrich Schiller einst in einem vielzitierten Brief vom 6. ins Spanische übersetzt.“ Wir kennen es alle: August 1797 an Christian Gottfried Körner gegen Alex- ander von Humboldt in Umlauf gesetzt hatte: Oberhalb aller Bergspitzen sei es still, in den Bäu- men kein Wind zu fühlen, auch die Vögel seien Über Alexandern habe ich noch kein rechtes Urt- ruhig, und bald werde man tot sein. heil; ich fürchte aber, trotz aller seiner Talente und seiner rastlosen Thätigkeit wird er in seiner Wis- Alle sahen ihn an. senschaft nie etwas Großes leisten. [...] Es ist der nackte, schneidende Verstand, der die Natur, die Fertig, sagte Humboldt.12 immer unfaßlich und in allen ihren Punkten ehr- würdig und unergründlich ist, schamlos ausge- Diese Passage ist nicht nur köstlich, sie ist auch cha- rakteristisch für Kehlmanns Verfahren. Man nehme das althergebrachte Klischee, demzufolge Alexander von 7 Kehlmann, Daniel: »Mein Thema ist das Chaos.« Ein Spiegel-Gespräch mit Humboldt für Literarisches wie für Künstlerisches gänz- Matthias Matussek, Matthias Schreiber und Olaf Stampf. In: Der Spiegel (Ham- burg) (5.12.2005), S. 175. 10 Schiller, Friedrich:� ��������������������������������������������������������Brief an Christian Gottfried Körner vom 6. August 1797 8 Kehlmann, Daniel: Die Vermessung der Welt. Roman. Reinbek bei Hamburg: aus Jena. Rowohlt 2005, S. 7. 11 Kehlmann, Daniel:� �Die Vermessung der Welt, a.a.O., S. 37. 9 Vgl. hierzu Blumenberg, Hans: Schiffbruch mit Zuschauer. Paradigma einer Daseinsmetapher. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1979. 12 Ebda., S. 128.

HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns Welt (O. Ette) lich unsensibel gewesen sei, spitze es genüßlich zu und gar keine wichtige Entdeckung gemacht hat und kein 37 übergehe geflissentlich nicht nur Goethes Respekt vor Wissenschaftler ersten Ranges“16 war. Und überhaupt: den erzählerischen Fähigkeiten des Jüngeren der bei- „er hat diesen ewigen Vermessungswahn - auch dort, den Humboldt-Brüder, sondern auch den heutigen wo es überhaupt nicht nötig ist.“17 Die Bilanz? „Fertig, Kenntnisstand. So wird Alexander von Humboldt abge- sagte Humboldt.“ fertigt und fertig gemacht: der Autor des Kosmos, ganz einfach ein literarischer Vollidiot. Goethes Gedicht wird Gerade mit Blick auf Humboldt hat Kehlmann - wie hier übersetzt, aber nicht ins Spanische, sondern in eine er in seinen Interviews und Stellungnahmen zu beto- gänzlich unpoetische, unschöne Sprache: ein Wissen- nen nicht müde wird - intensiv recherchiert, habe er schaftler eben - man hätte es sich ja denken können. doch „sehr, sehr viel gelesen - was allerdings zu bewäl- Kehlmann hantiert ganz unverkrampft mit Klischees tigen war, weil es über Humboldt sehr viele Abhandlun- und Stereotypen ebenso auf der Seite der historischen gen gibt, die einen Überblick herstellen“18. Kein Zweifel: Rezeption wie der gegenwärtigen Gesellschaft. Wir ha- Diese Lektüren waren für Kehlmann höchst ertragreich. ben es mit Surrogaten und Extrakten zu tun. Schiller Denn es wäre ein Leichtes, die vielen von ihm aus der äl- hatte also doch recht: nichts als Formeln und leere Wor- teren Humboldt-Literatur bezogenen Klischees in ihren te bei Alexander von Humboldt. Anders als beim Dich- jeweiligen Quellen nachzuweisen und aufzuzeigen, in ter spürest Du hier von einer Sprachkunst keinen Hauch: welchem Maße diese Arbeiten und Editionen als Stein- »Die Vöglein schweigen im Walde!« brüche für Episoden, Anekdoten und Einsichten genutzt wurden. Die Vermessung der Welt ist die literarische Ant- Daß es sich hier um eine Übersetzungsszene han- wort auf die editorischen Extrakte und Surrogate. Play delt, ist keineswegs ein Zufall. Doch hier wird nicht Goe- it again, Sam. thes Gedicht Opfer einer Humboldtschen Übersetzung, sondern Humboldt zum Opfer eines rastlos in Klischees Kehlmann hat die über lange Jahrzehnte in der bio- und Stereotypen jedweder Provenienz übersetzenden graphischen und editorischen Literatur mitgeschlepp- Kehlmann. Diese humorvoll und etwas bösartig einge- ten Humboldt-Splitter neu verdichtet und pfiffig in Ro- fädelte Szenerie bringt mehr als den traduttore traditore manhandlungen übersetzt. Das war höchst effizient. zum Vorschein. Denn die Übersetzungsszene führt im Denn ein solches Verfahren läßt nicht nur ruckzuck die Kern das literarische Verfahren des Autors selbst vor, bei alten Bilder wiedererstehen, es bedient auch die mehr dem es sich um eine Art von Kernspaltung handelt, die oder minder verbreiteten Erwartungshaltungen, die nicht ohne Gewalt, ohne Brutalität abläuft. Sehen wir sich - wie wir sahen - gerade im deutschsprachigen uns dies näher an. Raum jahrzehntelang einer nicht nur wissenschaftsge- schichtlich, sondern vor allem politisch bedingten (und Daniel Kehlmanns neues Buch greift auf das alte, repressiven) Ausgrenzung des allzu weltbürgerlichen spätestens seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhun- und frankreichfreundlichen Alexander von Humboldt derts gepflegte und lange Zeit vorherrschende (und da- verdanken. In diese Tradition, die schon immer das welt- her bis heute diffus beim deutschsprachigen Lesepubli- offene und zutiefst emanzipatorische Humboldtsche kum abrufbare) Bild Alexander von Humboldts zurück. Denken zu vernebeln und als »unleserlich« abzutun Kaum ein Gemeinplatz, der unbesucht bliebe und in suchte, schreibt sich Daniel Kehlmanns Die Vermessung Kehlmanns Interviews nicht noch verstärkt, in der für der Welt ein. Deshalb mußte der kehlmannisierte Hum- ihn typischen Art pointiert und auf die Spitze getrie- boldt vielen deutschen Leserinnen und Lesern auch so ben würde. Ein kleiner Auszug, der sich leicht vermeh- eigenartig vertraut erscheinen. ren ließe, mag dies belegen: Humboldts Kosmos? „Völlig unlesbar! Ein Albtraumbuch!“13 Das Menschenbild des Im Zentrum dieses sattsam bekannten Abzieh-Bil- stets allein Lebenden? Ganz klar: „er versteht zwar die des, dessen Kehlmann sich bediente, aber steht das Menschen nicht, aber er bemüht sich wenigstens, auf Scheitern Alexander von Humboldts und zugleich das sie zuzugehen.“14 Menschliche Regungen des »Verstan- Scheitern seiner Art, Wissenschaft zu betreiben. Kein desmenschen«? „Humboldt ist fast unfähig, Gefühle Wort darüber, daß Humboldt immer wieder selbstiro- auszudrücken - und wenn überhaupt, dann nur gegen- nisch mit der Vorstellung des Scheiterns gespielt und über Pflanzen und Tieren.“15 Humboldts Wissenschaft? sein eigenes Scheitern hintergründig inszeniert hat, in- Kehlmann weiß zu berichten, daß der Weltreisende „ja sofern er betonte, daß er weder den Gipfel des Chim- borazo noch die Tiefen der Höhle des Guácharo noch den Abschluß seines gewaltigen Reisewerkes je erreich- 13 Kehlmann, Daniel:� ��������������������������������������������������������»Ich kann nicht rechnen.« Interview mit Klaus Nüchtern und Klaus Taschwer. In: Falter (23.9.2005), S. 2 . 16 Kehlmann, Daniel�:������������������������ »Ich kann nicht rechnen�!����������������«, a.a.O., S. 2.

14 Kehlmann, Daniel:� ��������������������������������������������»Mein Thema ist das Chaos«, a.a.O., S. 174. 17 Kehlmann, Daniel�:�������������������������������������������� »Mein Thema ist das Chaos«, a.a.O., S. 177.

15 Ebda. 18 Kehlmann, Daniel�:���������������������������������������� »Ich kann nicht rechnen«, a.a.O., S. 2.

HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns Welt (O. Ette) te. Keine Rede ist von der schriftstellerischen Sensibili- chiert haben: Ausgedehnte Lektüren von Texten aus 38 tät, mit der Humboldt in französischer wie in deutscher der Feder Humboldts dürften wohl kaum dabei gewe- Sprache experimentelle Schreib- und Buchformen schuf. sen sein. Wie denn auch? Keinerlei Erwähnung der Tatsache, daß Humboldt selbst sich bei aller empirischen Fundierung seiner Forschun- Kehlmanns Interviews lassen die anvisierte Leser- gen vehement gegen jedwede Wissenschaft wandte, schaft nicht im Zweifel: Humboldts Schriften seien doch die sich auf ein bloßes Messen und Vermessen, auf ein ohnehin allesamt unlesbar! Ein Albtraum! Der Autor ist geduldiges Fliegenbeinzählen beschränkt. Kein Gedan- daher gewitzter vorgegangen und hat Zeit gespart, in- ke daran, daß die Humboldtsche Wissenschaft und ihr dem er sich Humboldt gewidmete (und zumeist ältere) Verständnis der Moderne etwas mit uns heute noch zu Abhandlungen vornahm, die ihm einen schönen Über- tun haben könnte. Dafür eine Anthologie gängiger Ge- blick verschafften und mit vielen hübschen Anekdoten meinplätze, vorzüglich in leichtes, buntes Erzählpapier aus zweiter und dritter Hand versorgten. Das aber, so eingeschlagen. möchte man dem Proust-Liebhaber Kehlmann zurufen, ist keine Recherche nach der vergangenen, nach der Für Humboldt gilt, was Kehlmann mit Blick auch auf verlorenen Zeit, sondern nichts anderes als bei der Re- Gauß sagte: „Im Dienste der Wahrheit musste ich eben cherche verlorene Zeit - wenn man in Kehlmanns Welt hie und da die Richtigkeit manipulieren.“19 Verbunden denn überhaupt von Recherche sprechen will. mit der Hoffnung, daß durch die schriftstellerische Ar- beit „gemeinhin verschwiegene oder übersehene Wahr- So hat sich die Gelehrtensatire, die mit ihren histori- heiten sichtbar werden“20. schen Figuren lustvoll Schabernack treibt, klammheim- lich die Kleider des historischen Romans übergeworfen Zeigt uns der Autor, im Dienste der Wahrheit, mit- und mehr noch die Requisiten einer Doppelbiographie hin Humboldt und Gauß, wie sie wirklich waren? Da- ausgeliehen. Wo man soeben noch glaubte, man habe niel Kehlmann hält mit guten Gründen in seinen Inter- es mit der Fiktion von Wirklichkeit zu tun, suggeriert views immer wieder an dieser Behauptung fest, bildet einem die Stimme des Übersetzers aus der Gauß- und sie doch auch die Grundlage für seinen Bucherfolg: Nur Humboldt-Literatur eindringlich, man habe wahrhaftig der Anspruch, die gleichsam »verborgene« Seite beider vor Augen, wie es wirklich gewesen sei. Eine Sugges- Wissenschaftler zu zeigen, kann ein großes Lesepubli- tion, deren Kraft unbestreitbar und höchst erfolgreich kum dank des Anreizes und der Verlockung gewinnen, war. Und doch nur wie ein editorisches Surrogat funk- anstelle der vermeintlich nur schwer lesbaren und un- tioniert. verständlichen wissenschaftlichen Werke ein noch tie- feres Verständnis beider Forscher auf nur wenigen Sei- Nun könnte man sich damit zufrieden geben, daß ten geboten zu bekommen. Nicht anders hatte man niemand einem Autor Glauben schenken muß, der von Humboldts zweitausendseitige Relation historique ei- sich behauptet, eine verborgene Wahrheit aufgedeckt nem hungrigen Lesepublikum auf 127 Textseiten ange- zu haben. Es wäre gewiß schlimm genug, würde ein grö- boten. Ein Schnellkurs in Sachen Humboldt und Gauß, ßerer Teil der Leserschaft - und viele Rezensionen lassen zugleich aus einer überlegenen, der Wissenschaft ge- darauf schließen - wirklich glauben, in Die Vermessung genüber kritisch-ironischen Position: Dies ist die For- der Welt einen Blick hinter die Kulissen werfen zu kön- mel, die werbewirksam im Zentrum des Erfolgsrezepts nen und den eigentlichen, den »wahren« Gelehrten zu von Die Vermessung der Welt steht. Doch nichts Verbor- begegnen: Wie er sich schon in der Eingangsszene an genes, sondern nur Verbogenes wird offeriert. seinem Kissen festhält, um nicht nach Berlin fahren zu müssen. Doch uns beschleicht ein noch schlimmerer Gewiß: Daniel Kehlmann hat - wie er dies auch selbst Verdacht: Vielleicht glaubt der reale Autor Daniel Kehl- immer wieder betonte - viel gelesen. In den zahlreichen mann ja wirklich an das, was er sagt, und hält seinen Ro- Interviews wird die Gelehrtensatire mit ihren vielen ver- man für eine Untersuchung mit den Mitteln der Litera- gnüglichen Passagen und ihrer flotten Schreibe zu einer tur. Recherche umstilisiert, die sich auf die Suche nach den wissenschaftlichen Zusammenhängen und Hintergrün- Warum sollten wir den Autor nicht seinem Wahn den begeben habe. Die Fiktionalität wird spielerisch so überlassen? Immerhin hat uns dieser einen Roman be- sehr mit scheinbarer Faktizität verquirlt, daß zumindest schert, der vergnüglich und rasch zu konsumieren ist einem Publikum, das weder mit Gauß noch mit Hum- und dank seines rastlosen Exerzierens mit der indirek- boldt vertraut ist, Authentizität vorgegaukelt werden ten Rede ein wahres Exerzitium des Konjunktivs bie- kann. Mag Daniel Kehlmann zweifellos auch viel recher- tet. Überhaupt könnte Die Vermessung der Welt künftig weltweit dazu dienen, all jenen, die Deutsch lernen, die Formen der indirekten Rede nahezubringen. Vielleicht 19 Kehlmann, Daniel:� ��������������������������������������������»Mein Thema ist das Chaos«, a.a.O., S. 175. könnte dieser Unterhaltungsroman der indirekten Rede 20 Kehlmann, Daniel�:������������������������������������������������������� »Wie ein verrückter Historiker.« Interview mit Daniel - um einer noch größeren Hoffnung Ausdruck zu verlei- Kehlmann. In: Volltext . hen - auch dazu beitragen, daß sich ein breiteres Lese-

HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien Alexander von Humboldt in Daniel Kehlmanns Welt (O. Ette) publikum nicht nur mit Carl Friedrich Gauß und Alexan- den - vom kehlmannisierten Feuilleton unbemerkt - der 39 der von Humboldt, sondern mit den Wechselwirkungen Humboldt-Forscher Ingo Schwarz aufmerksam gemacht zwischen Wissenschaft und Literatur intensiver ausein- hat21. Denn noch zu Lebzeiten Alexander von Humbold- andersetzt. Freilich wäre dabei zu bedenken, daß sich ts hatte der heute längst vergessene Eugen Hermann dieser Bestseller wohl kaum in einen Longseller verwan- von Dedenroth in seiner Novelle mit dem vielsagenden deln wird - allzu sehr setzt er auf die leichte Kost rasch Titel »Ein Sohn Alexander‘s von Humboldt oder der In- erzielter Effekte - und diese werden wohl kaum sehr lan- dianer von Maypures« den Verfasser des Kosmos zum ge anhalten. Helden einer Fiktion gemacht. Unter dem Pseudonym Eugen Hermann hatte der junge Offizier und Autor, der Die Vermessung der Welt läßt sich aus der rezeptions- als Literat später durchaus große Erfolge feiern durfte, geschichtlichen Perspektive verstehen als das Ergeb- nicht nur auf einige berühmte Episoden der Amerika- nis einer intensiven Kannibalisierung von Wissenschaft: reise Humboldts, sondern auch auf manche Gerüchte Der Roman hat sich eine kleine Bibliothek nicht nur von zurückgegriffen, die Humboldt im südlichen Amerika - Humboldt-Verschnitten, sondern auch von älterer Lite- und dies mitunter bis heute - einen illegitimen Sohn an- ratur über Humboldt einverleibt, sorgsam nach erzäh- dichteten. Schon 1858 findet sich folglich jene Rezeptur, lerisch Verwertbarem durchforstet. Ein derartiges Vor- die auf der Vermischung von Tatsachen, Lektüreerinne- gehen ist legitim, keine Frage. Allerdings sollte uns die rungen, Gemeinplätzen und Gerüchten basiert, auf der Einverleibung so zahlreicher Abhandlungen nicht glau- - wenn auch in etwas kunstvollerer Manier - Daniel Kehl- ben machen, daß wir zwischen den Buchdeckeln oder manns Roman beruht. Auch das Kalkül, beim Publikum in den Interviews etwas Konsistentes - geschweige Interesse dadurch zu erwecken, daß gleichsam ein (bis- denn etwas Neues - über Gauß oder Humboldt erfah- weilen intimer) Blick hinter die Kulissen des bekannten ren könnten. Vielmehr steht zu befürchten, daß manche Gelehrten versprochen wird, teilen von Dedenroth und der Stereotypen, die man doch schon längst verbraucht Kehlmann zweifellos miteinander. Daß Alexander von wähnte, nun wieder fröhlich in der Öffentlichkeit zirku- Humboldt, der für seinen Humor, aber auch seine schar- lieren werden. fe Zunge bekannt und gefürchtet war, durchaus em- pört gegen diese Art literarischer Nachkommenschaft Die Eigennamen der beiden deutschen Forscher und Effekthascherei vorging, mag nicht uninteressant dienten nur dazu, einen biographischen Pakt mit dem sein. Doch dürfte wohl vor allem der Einschätzung ei- Leser zu schließen: Lies mich, denn ich berichte Uner- nes zeitgenössischen Rezensenten zuzustimmen sein, hörtes von beider Leben! Umso wichtiger wäre es da- der in Anspielung auf den Namen des Protagonisten her, der Falle zu entgehen, in die der Autor selbst tapp- der Novelle noch im selben Jahr 1858 betonte, daß dies te: Die Namen seiner Figuren mit den Menschen zu schlicht „literarischer Humbug“ sei22 - und eben nicht verwechseln und am Ende - wie es die Kehlmannschen Humboldt. Interviews dokumentieren - selbst daran zu glauben, der Wahrheit die Ehre gegeben zu haben. Den besten Hier soll nicht auf mögliche Parallelen zwischen zwei Schutz vor dieser Falle bieten die Werke der Forscher jungen Autoren, die völlig belanglos wären, wohl aber selbst. auf literarische und diskursive Textfiliationen aufmerk- sam gemacht werden, die im Falle von Dedenroths - so Und darin liegt nach der Kehlmannisierung eine steht zu hoffen - Daniel Kehlmann selbst kaum bekannt wirkliche Hoffnung: Daß zumindest ein Teil der Leser- gewesen sein dürften. Klüger als jede Ausrichtung an schaft Interesse nicht an den hysterischen, sondern an einem konkreten literarischen Autor und dessen Inten- den historischen Figuren entwickelt und sich im Falle tionen wäre es jedoch, sich den Kehlmannschen Kon- Humboldts auf eine Entdeckungsreise durch die Werke junktiv zueigen zu machen und damit der Literatur ih- eines der großen Autoren und Denker des 19. Jahrhun- ren Eigen-Sinn, ihr Eigen-Recht zurückzugeben, kurz: derts einläßt. Sollte sich diese Hoffnung und nicht die die indirekte Rede ihres Spiels. begründete Befürchtung erfüllen, daß es zumindest in der deutschsprachigen Öffentlichkeit bald schon eine Hieße das nicht, Die Vermessung der Welt vor der Ver- flächendeckende Renaissance der abgeschmacktes- messenheit ihres Autors zu schützen? Den literarischen ten Vorurteile und Halbwahrheiten geben könnte, die Text und nicht den realen Autor und seine Ansichten sich zum Teil schon zu Lebzeiten Humboldts auszuprä- ins Zentrum zu rücken? Vielleicht könnte man auf die- gen begannen - und die es hier nicht auch noch durch se Weise am besten einer Vermessung der literarischen zusätzliche Erwähnung zu befördern gilt -, dann könn- te man dem Autor Kehlmann ein Buch verzeihen, das 21 Vgl. den schönen Beitrag von Schwarz, Ingo:� ����������������������������»Humbug und Taktlosigkeit« künftig wohl vorwiegend für rezeptionssoziologische oder »ein anlockendes Aushängeschild«. Alexander von Humboldt als Held ei- Untersuchungen von einigem Interesse sein könnte. ner Novelle - 1858. In: HiN - Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Hum- boldt-Studien (Potsdam - Berlin) VIII, 14 (2007), S. 74-79. Wie schnell derartige Romane wieder in Vergessen- heit geraten, mag das Schicksal eines Textes zeigen, auf 22 Zit. nach ebda., S. 76.

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Welt durch einen Autor begegnen, der seine Stärke so wie für ihn Literatur und Wissenschaft einander nicht 40 nicht umsonst vorwiegend im konjunktivischen Spre- fremd gegenüberstanden. Am Ende aber hätte er wohl chen hat. Kehlmann selbst wäre damit am meisten ge- die Frage nach dem Deutschsein komisch und irgend- dient, äußerte er sich doch in einem neueren Interview wie hysterisch gefunden - und sehr über derlei Humbug zum Verhältnis von Autor und Werk wie folgt: gelacht.

Ich möchte mich schon zur Idee der klassischen * * * Moderne bekennen, dass der Autor völlig hinter das Werk zurücktritt. Natürlich ist das ein Ideal, das nicht zu erfüllen ist, weil es die mediale Welt Zitierweise anders haben will. Aber ich finde die Idee des Au- tors, der darauf verzichtet, eine öffentliche Person Ette, Ottmar (2012): Alexander von Humboldt in Da- zu sein, sehr schön.23 niel Kehlmanns Welt. In: HiN - Humboldt im Netz. In- ternationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (Pots- Halten wir daher fest: Die Vermessung der Welt präsen- dam - Berlin) XIII, 25, S. 34-40. Online verfügbar tiert uns unfreiwillige Komiker und verdrängende Hys- unter tragen und sich im September 1828 beim Deutschen Naturforscherkongreß trafen - aber nicht in Berlin, son- Permanent URL unter dauern oder nicht - weniger eine erfundene als eine vorgefundene, eben eine längst zuvor vermessene Welt, die der junge, talentierte Autor wohlkalkuliert und mit klugem Blick für seinen Dictionnaire des idées reçu- es durchschritt. Vielleicht, so könnte man hoffen, führt ihre Erkundung viele Leser dazu, sich wirklich intensiv und kritisch mit Humboldt und Gauß auseinanderzuset- zen und eine Kehlmannisierung von Literatur und Ge- schichte, von Wissenschaft und Kultur hinter sich zu las- sen. Wäre das nicht der schönste Erfolg dieses Buches? Und wäre nicht hierin das eigentliche Vermögen der Li- teratur zu erblicken - jenseits aller Bestsellerlisten?

Bliebe zuletzt noch die im Eingangszitat erwähnte große Frage, worin das Deutschsein dieser drei Deut- schen besteht. Meine Antwort: zuvörderst in der Tatsa- che, daß in dieser Welt (auch) deutsch gesprochen wird. Das Deutschsein von Kehlmanns Roman hingegen liegt auf der Hand: Es betrifft den tendenziell banalisieren- den (und sich gerne kritisch gebenden) Umgang mit den eigenen Traditionen, mit dem eigenen historischen Erbe. Hätte man Alexander von Humboldt zu Lebzeiten die Frage nach seinem Deutschsein gestellt, so hätte er sich wohl daran erinnert, daß Wilhelm von Humboldt einst nach einem Besuch des Jüngeren in London in ei- nem Brief vom 3. Dezember 1817 an seine Frau Caroli- ne darüber geklagt hatte, „wie er [Alexander] aufgehört hat, deutsch zu sein und bis in alle Kleinigkeiten parise- risch geworden ist“24. Er hätte gewiß schmunzelnd da- rauf verwiesen, daß er sich als Schriftsteller des Deut- schen wie des Französischen gleichermaßen bediente,

23 Kehlmann, Daniel�:����������������������������������������������������� Klassiker und Drecksäue. Daniel Kehlmann und Helmut Krausser im Gespräch mit Klaus Zeyringer und Stefan Gmünder. In: Volltext 1 (Februar - März 2006), S. 3.

24 Vgl. hierzu Beck, Hanno:� �Gespräche Alexander von Humboldts. Berlin: Aka- demie Verlag 1959, S. 51 f.

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À propos Kehlmann

Publicado por primera vez en: Humboldt (Mün- chen) XLVIII, 145 (2006), pp. 19-21.

Ottmar Ette De cómicos e histéricos. Una réplica a la sátira sobre eruditos de Daniel Kehlmann

Resumen

La popularidad de Alejandro de Humboldt ha cambiado Romans zu beschäftigen. Worum geht es in Die Vermes- profundamente dentro del último cuarto de siglo en la sung der Welt? Und wie läßt sich das »Phänomen Kehl- opinión pública de habla alemana. Prueba de esto son mann« aus etwas größerer Distanz erklären? no sólo las encuestas televisivas sobre los alemanes más famosos, dentro de las cuales figura en estos momen- Abstract tos Alejandro de Humboldt, o programas de televisión sobre expediciones actuales, en los que continuamente In the last 25 years, Alexander von Humboldt‘s popular- se retoma el nombre de Humboldt; quizás la compro- ity has radically changed in the german-speaking pub- bación más clara de este cambio es el éxito enorme de lic opinion. Proof of this are not only television surveys la novela Die Vermessung der Welt de Daniel Kehlmann. about the most famous germans - in which Alexander Éxito que sería impensable sin el proceso esbozado más von Humboldt now regularly figures - or television se- arriba. Ante este trasfondo, estudiar el gran éxito de ries about contemporary expeditions, which constantly esta pequeña novela resulta no sólo atractivo, sino ade- refer to Humboldt‘s name; perhaps what most clearly más revelador. ¿De qué se trata Die Vermessung der Welt? verifies this change is the great success of Daniel Kehl- ¿Cómo se puede explicar el »fenómeno Kehlmann« des- mann‘s novel Die Vermessung der Welt. Without the re- de una distancia relativamente mayor? cent developments outlined above, this novel‘s degree of impact would have been unimaginable. To study the Zusammenfassung great success of this text against this backdrop is not only attractive, but also revealing. What is Die Vermes- Wie stark sich im Verlauf des zurückliegenden Vier- sung der Welt really about? And how can we explain this teljahrhunderts der Bekanntheitsgrad Alexander von »Kehlmann phenomenon« from a greater distance? Humboldts in der deutschsprachigen Öffentlichkeit verändert hat, zeigen nicht nur Fernsehumfragen zu den berühmtesten Deutschen, in denen Alexander von Humboldt mittlerweile figuriert, oder Fernsehserien, die über aktuelle Expeditionen berichten und auf Hum- boldts Namen zurückgreifen. Am deutlichsten vielleicht belegt dies der enorme Erfolg von Daniel Kehlmanns Roman Die Vermessung der Welt, der ohne die zuvor skiz- zierte Entwicklung nicht denkbar gewesen wäre. Es ist vor diesem Hintergrund nicht nur reizvoll, sondern auf- schlußreich, sich mit dem großen Erfolg dieses kleinen De cómicos e histéricos. Una réplica a la sátira sobre eruditos de Daniel Kehlmann (O. Ette)

rata de la pregunta: ¿Qué significa ser alemán?, siempre ha tenido gran popularidad entre los lectores, 42 Ten toda la grandeza y la comicidad que siem- aunque luego caiga en el olvido con suma facilidad. ¿Es- pre habrá de tener ese ser alemán, y de esa siem- tamos, pues, ante un caso de literatura de ocasión? De pre presente histeria simultánea, sobre todo en la ningún modo. Se trata más bien de una sátira erudita vida pública. Mi Humboldt es el ejemplo clásico de con pretensiones de gran alcance. Las ventajas de dicho un histérico reprimido. Y la otra pregunta es: ¿Qué género son obvias: grandes figuras de la Historia son re- le hace la ciencia al mundo? Nadie podría decir sin ducidas con ligereza a su condición humana-demasia- cargo de conciencia que no queremos la ciencia. do humana; los dioses de la ciencia se ven despojados Al mismo tiempo, sin embargo, la medición ha he- de su aureola inaccesible; difíciles teóricos nos salen al cho al mundo menos poético, y también menos paso ventilados y divertidos. Uno cree de buena gana al hermoso. Y lo que le hacemos al mundo con la fi- autor cuando dice que le resultó muy grata de escribir sión nuclear, hace que la fuerza de la ciencia co- esta novela que depara alegrías a tantos lectores. bre naturalmente una dimensión alarmante, una dimensión que no ha sido meditada del todo. Este autor de éxito, querido por la crítica y por el pú- blico gracias a su habilidad para lidiar con desenfado y Con estas palabras, el escritor Daniel Kehlmann, nacido de manera divertida con temas complejos, conoce bien en Múnich en 1975 y crecido en Viena, describía en una las ventajas del género. Las aprovecha desde la primera entrevista concedida en septiembre de 2005 el propó- frase, cuando hace que “el más grande matemático del sito de su novela La medición del mundo, aparecida po- país” parta en septiembre de 1828 hacia Berlín, en con- cos días antes. ¿Estamos acaso ante otra novela sobre tra de su voluntad, a fin de cumplir con la insistente in- los estados de ánimo de los alemanes? ¿Y para colmo vitación de Alexander von Humboldt para participar en una novela de crítica a la ciencia? En todo caso, el pú- el Congreso Alemán de Naturalistas. Hasta ahí, el dato blico reaccionó rápidamente ante ese publicitado título histórico. Pero de inmediato el lector es testigo de cómo de la editorial Rowohlt: de forma más que histérica se se esconde “el profesor Gauß en la cama”, se aferra a su vendieron montones de ejemplares, a día de hoy deben almohada e intenta hacer desaparecer la agobiante rea- haber sobrepasado la cifra de seiscientos mil; hay ya tra- lidad cerrando los ojos. No de otro modo nos habíamos ducciones hechas, o planeadas, en treinta idiomas. Has- imaginado a Gauß en la intimidad. El científico divorcia- ta finales del año 2005, Kehlmann apareció en público do de la realidad, un hombre que en su noche de bodas en más de cuarenta ocasiones para presentar su obra: continúa luchando con las fórmulas y que a pesar de to- la crítica le aclamó con júbilo, a lo que siguieron incon- das las curvaturas del espacio no consigue hacer des- tables entrevistas. La dimensión del éxito apenas podía aparecer la realidad. medirse. ¿Por qué? Hablando de realidad: En ella se afanan los héroes En el centro de la novela se encuentran dos héroes del conocimiento en la novela de Kehlmann. Con de- de la ciencia alemana: Carl Friedrich Gauß, quien por sí leite vemos en acción a esa dispar pareja de científicos sólo no habría “dado material suficiente para una nove- que, a pesar de todo, se complementan. El mundo se la”, y Alexander von Humboldt, que atrajo la atención de les atraviesa en el camino, se cierra a la comprensión de Kehlmann por su “involuntaria comicidad: un hombre ambos, hace que toda ciencia sea un paso hacia el vacío. que viste uniforme prusiano y recorre el Orinoco llevan- Pero cuanto más les rehúye el mundo, tanto más vehe- do siempre a Alemania consigo; un hombre que a pesar mente es el intento de los científicos de medirse con él, de toda su genialidad se caracteriza por una asombro- lo que es igual a decir, de medirlo. Kehlmann echa mano sa carencia de sentido del humor”. La receta del éxito es aquí de una moneda gastada que ya había hecho circu- por lo tanto un robusto motor de dos tiempos en lo que lar Friedrich von Schiller contra Alexander von Humbol- se refiere a la técnica narrativa: un viajero incansable y dt en una carta a Christian Gottfried Körner fechada el 6 uno que jamás salió de casa; una estrella de los medios de agosto de 1797: de su época y un tipo raro, temeroso de la vida pública; un explorador de campo y un teórico que conforman Sobre Alexander no tengo un verdadero juicio; un programa contrastivo que el autor ejecuta con vir- pero me temo que a pesar de todos sus talentos tuosismo y amenidad a lo largo de trescientas tres pági- y de su incansable actividad, jamás podrá lograr nas en la versión impresa o en cinco CD en la versión de nada grande en su disciplina. [...] Es la razón des- audiolibro. No cabe duda de que Daniel Kehlmann ha nuda y diseccionadora que siempre pretende, de conseguido dar un golpe maestro. ¿Pero ha conseguido manera desvergonzada, tomar las medidas a la también una obra maestra? naturaleza, esa naturaleza siempre inabarcable y digna, insondable en todos sus puntos; y lo hace El joven autor, que en el momento en que escribió con una desfachatez que no comprendo, convir- su obra tenía la misma edad que Alexander von Hum- tiendo en un rasero sus fórmulas, que muchas ve- boldt cuando partió de viaje hacia el Nuevo Mundo, nos ces no son más que palabras vacías y conceptos ha presentado una sátira sobre eruditos, un género que estrechos. En fin, me parece que es un instrumen-

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to demasiado rudo para su objeto de estudio y un a relucir algo más que la célebre máxima de traduttore 43 hombre de juicio demasiado limitado. traditore. Y es que esa escena de la traducción nos pre- senta el núcleo del método literario del propio autor, ¿Se trata de un criterio tan erróneo como gastado, re- que lleva a cabo una suerte de fisión nuclear, que ocu- petido miles de veces? El joven novelista, como ya se ha rre no sin violencia, sin brutalidad. Pero veámoslo con insinuado, está seguro de sí mismo y no se cohíbe ante mayor detalle. los clichés. El juicio cortante de Schiller ha marcado la pauta, ya desde el título en esta quinta novela de Daniel El nuevo libro de Daniel Kehlmann recurre a la vieja Kehlmann. El poeta siempre permanece en el trasfon- imagen existente sobre Alexander von Humboldt, una do, como cuando bosteza “disimuladamente” mientras imagen que ha sido cultivada al menos desde el último Wilhelm von Humboldt razona sobre las “ventajas del tercio del siglo XIX y que predominó durante mucho verso blanco” en el círculo de los “clásicos”. Precisamen- tiempo. Apenas hay un lugar común que no haya sido te en ello reside el punto a partir del cual Kehlmann in- visitado por Kehlmann y que no haya sido reforzado y tenta bajar de sus pedestales a estos dos héroes de la llevado al extremo –con esa manera tan suya– en las ciencia y exponerlos a la risa liberadora de la literatura. entrevistas que ha concedido. ¿El Cosmos de Humbol- Las líneas de Schiller, de las que Humboldt sólo se en- dt? “¡Absolutamente ilegible! ¡Una pesadilla de libro!” teró varias décadas más tarde, y que dicen mucho más ¿La imagen humana del hombre que siempre vivió en acerca del autor de Guillermo Tell que del de Cosmos, se solitario? Algo más que claro: “No entiende a los seres dilatan en una gestualidad de superación para dar lugar humanos, pero al menos se esfuerza por llegar a ellos”. a una novela en la que tanto a Humboldt como a Gauß ¿Los estímulos humanos del “hombre de juicio”? “Hum- se les hace sudar la gota gorda. Literariamente, se en- boldt es casi incapaz de expresar sentimientos, y cuan- tiende. do los expresa, sólo lo hace en relación con las plantas y los animales”. ¿La ciencia de Humboldt? Kehlmann lle- Un excelente bocado, en definitiva, para alguien que ga a decirnos que este viajero universal “no hizo ningún sabe narrar. El autor ha dicho que le resultó fácil escri- descubrimiento importante ni era un científico de ca- birla y que se rió mucho mientras lo hacía. Deliciosa, de tegoría”. Y, además, “tiene esa eterna manía de medir hecho, es la escena en la que uno de los hombres que todo, incluso cuando no es necesario”. ¿Cuál es el balan- reman en el Orinoco le pide a Alexander von Humbol- ce? “Ya está, dijo Humboldt”. dt que les cuente algo. Humboldt dice que no conoce ningún relato, porque no le gusta contar historias, pero Sobre Humboldt, precisamente, Kehlmann investigó que sí les podría “recitar el poema alemán más hermo- con intensidad –como el autor no se cansa de enfati- so, traducido libremente al español”. Ya lo conocemos zar en sus entrevistas y en sus manifestaciones–. “Leyó todos: muchísimo”, dice, “lo que no fue demasiado difícil, ya que sobre Humboldt existen infinidad de estudios que ‘Encima de todas las cumbres hay silencio, no se ofrecen una visión de conjunto”. No cabe duda de que siente el viento en los árboles, también las aves es- esas lecturas fueron extremadamente productivas para tán calladas, y pronto estaremos muertos’. Kehlmann: resultaría facilísimo rastrear las fuentes de los muchos clichés que ha empleado de la antigua bi- Todos se le quedaron mirando. bliografía sobre Humboldt. Kehlmann ha dividido estos átomos que durante muchas décadas ha acarreado la Ya está, dijo Humboldt. bibliografía humboldtiana, los ha combinado en su no- vela con picardía y los ha traducido a tramas novelísti- De ese modo se despacha y se liquida a Humboldt: el cas. Ésta es la energía nuclear que lleva adelante la no- barón es, sencillamente, un redomado idiota literario. vela. Una transcripción en extremo eficiente, ya que no Aquí se traduce el poema de Goethe, pero no al espa- sólo hace resurgir esa vieja imagen, sino que también ñol, sino a un lenguaje carente de toda poesía y belleza: está al servicio de las expectativas, en mayor o menor como el que corresponde a un científico, podría pensar- medida difusas, a las que debemos que durante dece- se. Schiller, por lo tanto, tenía razón: sólo fórmulas y pa- nios, en concreto en el ámbito germanoparlante se haya labras vacías. A diferencia de lo que sucede con el poe- excluido, no sólo desde el punto de vista de la historia ta, no sientes ni el más mínimo aliento poético: “en el de la ciencia sino también políticamente, a un Alexan- bosque en calma / ni un ave gorjea”. der von Humboldt demasiado ciudadano del mundo y amigo de . No es en ningún modo fruto del azar que se trate de una escena de traducción. Sin embargo, aquí no es el En el centro de esa calcomanía hartamente conoci- poema de Goethe la víctima de una traducción de Hum- da está el Humboldt fracasado. Ni una palabra sobre el boldt, sino que Humboldt es víctima de un Kehlmann hecho de que el propio Humboldt siempre jugó de ma- que traduce incansablemente todo a clichés. Este esce- nera autoirónica con la idea del propio fracaso, y que lo nario humorístico y trazado no sin cierta malicia saca supo poner en escena de manera sutil cuando resaltaba

HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien De cómicos e histéricos. Una réplica a la sátira sobre eruditos de Daniel Kehlmann (O. Ette) que no había conseguido escalar la cima del Chimbo- de echar un vistazo detrás de los bastidores y encontrar 44 razo, ni descender a las profundidades de la cueva de allí al auténtico, al “verdadero” sabio: ese que se aferra a Guácharo ni terminar su monumental obra de viaje. Ni su almohada en la escena inicial para no tener que via- una palabra se dice sobre la sensibilidad literaria con la jar a Berlín. Sin embargo, una duda aún más terrible nos que Humboldt concibió formas experimentales de es- asalta: y es que quizás el autor real crea en verdad en lo critura y de libros tanto en francés como en alemán. Ni que dice, y considere su novela una investigación con una sola referencia al hecho de que la ciencia de Hum- los medios de la literatura. boldt y su concepto de la modernidad aún podrían te- ner algo que ver con nosotros en la actualidad. A cam- ¿O se trata quizás tan sólo de un truco publicitario? bio de ello, tenemos todo un florilegio de clichés al uso, ¿Por qué no habríamos de dejar al autor con su ilusión? envueltos de manera excelente en papel de narrar. En el En todo caso, él nos ha regalado esta novela que se con- caso de Humboldt es válido lo que Kehlmann dice en re- sume rápido y con deleite, y que gracias a su infatiga- lación con Gauß: “En servicio de la verdad tuve que ma- ble ejercitación en el discurso indirecto nos ofrece un nipular de vez en cuando la exactitud”. Todo ello unido auténtico ejercicio del subjuntivo. La medición del mun- a la esperanza de que la labor literaria hiciera que “se do podría contribuir a que nos ocupemos más intensa- tornaran visibles algunas verdades silenciadas o pasa- mente no sólo de las figuras de Carl Friedrich Gauß y das por alto”. de Alexander von Humboldt, sino también de la inte- racción entre la ciencia y la literatura. En definitiva, la ¿Nos muestra el autor, en servicio de la verdad, a novela no es más que el resultado de una intensa cani- Humboldt y a Gauß tal y como fueron ambos realmen- balización de la ciencia: una pequeña biblioteca minu- te? Claro que sí. Es mucho lo que ha leído el autor. En ciosamente examinada en busca de elementos aprove- las numerosas entrevistas concedidas, la sátira sobre chables desde el punto de vista narrativo. Algo legítimo, los eruditos, con sus muchos pasajes disfrutables y su sin duda. atractiva escritura, es re-estilizada como investigación entregada a la busca del verdadero Gauß y del verda- Sin embargo, la deglución de tan gran número estu- dero Humboldt. Lo ficcional se entremezcla de manera dios no debería hacernos creer que podemos aprender lúdica hasta tal punto con una aparente facticidad que aquí algo nuevo sobre Gauß o sobre Humboldt. E inclu- se puede fingir ante el público cierto aire de autentici- so diría más, los nombres propios de ambos científicos dad. Mucho ha leído Kehlmann, eso es cierto, pero la- alemanes han servido solamente para cerrar un pacto mentablemente no leyó textos salidos de la pluma de biográfico con el lector: ¡Léeme, que yo cuento cosas in- Humboldt. ¿Cómo podría hacerlo? ¡Si en definitiva los sólitas sobre ambas vidas! Mucho mejor sería evitar la escritos de Humboldt son todos ilegibles! ¡Una pesadi- trampa en la que el propio autor ha caído: confundir los lla! Kehlmann actuó con astucia, y se ha ahorrado tiem- nombres con las personas, para al final, tal como lo do- po recurriendo a los estudios dedicados a Humboldt (a cumentan las entrevistas concedidas por Kehlmann, lle- los más anticuados, en su mayoría), los cuales le propor- gar a creer él mismo que ha hecho honor a la verdad. cionaron una buena visión de conjunto y lo abastecie- Pero dejemos a un lado al autor, ya que sería mucho ron con muchas hermosas anécdotas de segunda y ter- más inteligente apropiarse del subjuntivo de Kehlmann cera mano. Todo esto, podríamos decirle a Kehlmann y así devolverle a la literatura su sentido y su derecho –un amante de Proust–, no es una búsqueda del tiempo propio. El discurso indirecto de su juego. pasado, del perdido, sino nada más que tiempo perdido en la búsqueda. ¿Acaso eso no significaría proteger a La medición del mundo de la presunción desmedida de su autor? ¿No se- De ese modo, esta sátira sobre eruditos, que hace ría situar en el centro de la atención al texto literario y divertidas travesuras con sus figuras históricas, viste los no al autor real y sus criterios? Tal vez de esa manera po- atuendos de la novela histórica y toma en préstamo los dríamos dar con una medición del mundo literario por decorados de la doble biografía. Mientras creíamos que medio de un autor cuyo punto fuerte no en balde ra- se trataba de una ficción de la realidad, la voz del tra- dica sobre todo en el habla subjuntiva. De hecho, se le ductor de la bibliografía sobre Gauß y Humboldt nos haría un gran servicio al propio Kehlmann, teniendo en sugiere de forma insistente que tenemos ante nuestros cuenta que en una entrevista reciente se ha expresado ojos lo que sucedió en realidad. Una sugerencia que ha de la siguiente manera acerca de la relación entre el au- tenido éxito. tor y su obra:

Uno podría darse por satisfecho con el hecho de que Debo confesarme adscrito a la idea de la moderni- nadie tenga que darle crédito a un autor que afirma de dad clásica, según la cual el autor ha de desapare- sí mismo haber desvelado una verdad oculta. Ya sería cer completamente detrás de la obra. Claro que se lo suficientemente negativo que una parte del público trata de un ideal que no puede cumplirse, ya que lector –algo que muchas reseñas nos dejan entrever— el mundo mediático prefiere que esto sea distin- creyera realmente que con La medición del mundo pue-

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to. Pero me parece muy hermosa la idea del autor 45 que renuncia a ser una persona pública.

La medición del mundo nos presenta a cómicos invo- ¿Cómo citar¿Cómo luntarios y a histéricos reprimidos que llevan los nom- bres de Humboldt y Gauß y que se encontraron en sep- tiembre de 1828 en el Congreso Alemán de Naturalistas, pero no en Berlín, sino en el universo del autor Daniel Kehlmann. Y éste, no importa si se lamenta o no, es más bien un universo encontrado, y no uno inventado, un universo medido mucho tiempo antes. Quizás, así se- ría de esperar, su exploración lleva a muchos lectores a ocuparse realmente de la obra y la vida de Humboldt y de Gauß. ¿No significaría un gran éxito para el libro?

Quedaría, para concluir, la gran pregunta de en qué consiste el ser alemán de estos tres alemanes. Inequívo- camente, en el hecho de que el idioma que se habla en este mundo es el alemán. Si a Alexander von Humboldt le hubieran preguntado en vida sobre su alemanidad, habría recordado quizás que en cierta ocasión Wilhelm von Humboldt se había quejado de la manera en que su hermano había dejado de ser un alemán. Habría seña- lado sonriente que como escritor se servía lo mismo de la lengua alemana que de la francesa, del mismo modo que para él la ciencia y la literatura no estaban divorcia- das la una de la otra. Al final, sin embargo, la pregunta acerca del ser alemán seguramente le habría parecido cómica y de algún modo histérica, y se habría reído con ganas de ello.

* * *

¿Cómo citar?

Ette, Ottmar (2012): De cómicos e histéricos. Una réplica a la sátira sobre eruditos de Daniel Kehl- mann. In: HiN - Humboldt im Netz. Internationale Zeit- schrift für Humboldt-Studien (Potsdam - Berlin) XIII, 25, S. 41-45. Disponible en Internet:

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À propos Kehlmann

Frank Holl „Die zweitgrößte Beleidigung des Menschen sei die Sklaverei ...“ – Daniel Kehlmanns neu erfundener Alexander von Humboldt

Zusammenfassung that those interested in general historical knowledge should not take this novel very seriously. Daniel Kehlmann gibt vor, mit seinem Roman Die Ver- messung der Welt „verschwiegene oder übersehene Resumen Wahrheiten sichtbar“ zu machen. Dadurch, dass er die Leser bewusst im Zweifel lässt, was historisch belegt Con su novela La medición del mundo Daniel Kehlmann und was erfunden ist, entstehen Missverständnisse. Der pretende “de hacer visible una verdad callada e ignora- Beitrag analysiert die wichtigsten Charakteristika des da”. Pero esa verdad es tramposa. El libro de Kehlmann Kehlmann‘schen und des historischen Alexander von intencionalmente provoca confusiones sobre lo que Humboldt und weist nach, dass diese nicht überein- son los hechos históricos y lo que es pura ficción. Por stimmen. Der Aufsatz fragt nach Kehlmanns Rolle, der ende, el artículo compara las principales características in der Öffentlichkeit gerne die Pose des Gelehrten ein- del Humboldt “kehlmanniado” con la figura histórica y nimmt, seine Erfindungen jedoch nicht offenlegt und comprueba sus más evidentes incongruencias. Además, sie als angebliches Humboldt-Zitat sogar in einem wis- se cuestiona el papel público del auto-declarado erú- senschaftlichen Text publiziert. Der Beitrag kommt zu dito e informado autor Kehlmann, por ejemplo cuando dem Schluss, dass alle, die etwas für ihre Allgemeinbil- éste introduce – sin declararlo – citas fictícias de Hum- dung tun möchten, bei Die Vermessung der Welt an der boldt al prólogo de una edición reciente con textos de falschen Adresse sind. Charles Darwin. Con todo eso, el artículo llega a la con- clusión de que todos aquellos interesados en conoci- Abstract miento general histórico no deberían tomar la novela en serio. With his novel Measuring the World, Daniel Kehlmann pretends „to make visible a reticent and ignored truth“. In leaving the reader intentionally in doubt about what is historically proven and what is invented, Kehlmann’s book prompts misreadings. The article compares the main traits of the „Kehlmannian“ against those of the historical Alexander von Humboldt and documents their mis-matching in some central attributes. More- over, Kehlmann‘s public and self-declared role as an in- formed scholar is questioned, especially when he uses fictional Humboldt quotes as if they were a matter of fact (i.e. as part of a foreword to a recent text edition on Charles Darwin). The article comes to the conclusion Daniel Kehlmanns neu erfundener Alexander von Humboldt (F. Holl)

1. Der Humboldt-Hype von Humboldt als dem „ersten Kosmonauten“5 und Fi- 47 scher konstatierte: „Er hat die Vereinten Nationen der Kein Forscher wurde im 19. Jahrhundert häufiger port- Wissenschaften gegründet“. „Angesichts der Lage der rätiert als Alexander von Humboldt.1 Später, lange nach Bildung in Deutschland“, so Enzensberger damals, sei ihm, gab es nur noch einmal einen Wissenschaftler mit es dringend notwendig, diesen „mutigen Universalge- einer ähnlichen medialen Resonanz. Es war der Physiker lehrten“ und „Pionier des modernen wissenschaftlichen Albert Einstein. Die Humboldt-Porträts unterscheiden Denkens“, „dessen Verständnis der Natur nicht instru- sich manchmal so sehr, dass man kaum glaubt, diesel- mental, sondern ökologisch geprägt war“, auf die Ta- 1. Der Humboldt-Hype1. be Person zu sehen. Nicht viel anders verhält es sich mit gesordnung zu setzen.6 Humboldt wurde zum histori- den Hunderten von Humboldt-Biografien. Eine vielseiti- schen Superstar des Jahres 2004. Der Spiegel widmete ge Gestalt provoziert vielseitige Perspektiven. Von den dem Naturforscher eine Lobeshymne, von der Politiker verschiedensten Seiten hat man versucht, ihn neu zu und Popstars nur träumen können. Darin las man un- interpretieren, zu instrumentalisieren und neue Hum- ter anderem: „In Berlin war er ein gelehrter Guru, der boldt-Bilder zu schaffen.2 Daniel Kehlmann hat mit sei- den Sex-Appeal von Wissen vermittelte.“7 Matthias Ma- nem Roman eine neue Sicht auf den Forscher hinzuge- tusseks Beitrag ist die bislang einzige Spiegel-Titelge- fügt, zuerst mit seinem Roman Die Vermessung der Welt, schichte mit ausschließlich positiven Aussagen. Bis zum und nun – zusammen mit den Regisseur Detlev Buck – heutigen Tag preist der Pressetext zur Eichborn-Edition mit dem gleichnamigen Film. den Kosmos als „Humboldts Gegenentwurf zur Heiligen Schrift“ 8. Und dies, obwohl es von dessen Autor selbst Bevor Kehlmanns Roman im Jahr 2005 erschien, niemals eine Äußerung gab, die in diese Richtung ziel- machte diesseits und jenseits des Atlantiks die Formu- te. lierung von Alexander von Humboldt als „Vordenker für das 21. Jahrhundert“3 die Runde. Die Formulierung Es war eine „Inszenierung der Superlative“, wie Ri- kam 1999 auf, als in Lateinamerika und Deutschland chard David Precht damals schrieb. Und nicht ganz zu der 200ste Jahrestag seines Aufbruchs in die Tropen Unrecht meinte er: „Es fällt nicht leicht, die unbestreit- der Neuen Welt gefeiert wurde. Bestes Beispiel für die- baren Verdienste dieser Edition zu loben, so laut wer- se Neubewertung Humboldts lieferte der Hype um die den sie von einem Marketing übertönt, das maßlo- in der „Anderen Bibliothek“ von Ottmar Ette und Oli- se Übertreibungen in die Welt setzt und unbedarfte ver Lubrich 2004 herausgegebene Edition des Kosmos. Vergleiche.“9 Für sie entfachte Hans Magnus Enzensberger, der He- rausgeber dieser renommierten Reihe, im Frühjahr Zur selben Zeit schrieb der damals 29-jährige Autor 2004 zusammen mit dem Eichborn-Verlag eine für ein Daniel Kehlmann an den letzten Kapiteln seines Romans wissenschaftliches Buch bis dahin niemals gesehene Die Vermessung der Welt. Der Spiegel-Artikel war, wie er Werbekampagne. Zwar prügelten sich die Käufer nicht später in einem Interview bekannte, „eine Störung mei- mehr, wie 1847, um die ersten Exemplare, aber das Buch nes kreativen Prozesses, weil dieser Humboldt so ganz erregte Aufsehen. Mit einer Startauflage von 50.000 Ex- anders war als meiner. Wenn ich noch am Anfang ge- emplaren4 avancierte der 160 Jahre alte Kosmos noch- wesen wäre, hätte ich mein Buch wahrscheinlich aufge- mals zum Bestseller. Gerne rührten, von Enzensberger geben. So aber hatte ich mich nach zwei, drei Wochen animiert, Prominente wie Günther Jauch und Joschka wieder in meine Figur eingefunden.“10 In der Süddeut- Fischer die Werbetrommel für das Buch. Jauch sprach 5 Nach dem vom Eichborn-Verlag betreuten und inzwischen vom Netz ge- nommenen „Humboldt-Portal“, .

6 Ebd.

1 Für das kritischen Gegenlesen dieses Textes danke ich sehr herzlich Ingo 7 Matthias Matussek: Der geniale Abenteurer. In: Der Spiegel 38/2002, S. Schwarz, dem Leiter der Alexander von Humboldt-Forschungsstelle, meinem 170 . Humboldt-Forscher-Kollegen Eberhard Schulz-Lüpertz und dem Münchner Literaturwissenschaftler Michael Backes. 8 Pressetext des Humboldt-Kontors, Die Andere Bibliothek . 2 Vgl. Nicolaas A. Rupke: Alexander von Humboldt – A Metabiography. Chi- Zitat u. a. auch heute noch im Buchangebot bei Amazon.de. cago und London: The University of Chicago Press 2008. 9 Richard David Precht: Ein Superstar von gestern. In: Literaturen, No- 3 Vgl. Frank Holl und Kai Reschke: »Alles ist Wechselwirkung« - Alexander vember 2004 . des Wissens. Ausstellung in Berlin und . Ostfildern: Cantz 1999, S. 15. 10 Daniel Kehlmann: »Mein Thema ist das Chaos.« Der Bestseller-Au- 4 Auskunft per E-Mail von Dieter Muscholl, dem Pressesprecher des Eich- tor Daniel Kehlmann über die Entstehung seines Forscherromans Die Ver- born-Verlages vom 5. September 2011. messung der Welt. Ein Spiegel-Gespräch mit Matthias Matusek, Matthias

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schen Zeitung beklagte sich Kehlmann damals, am 4. Ok- mann-Hype löste Enzensbergers Humboldt-Hype ab. 48 tober 2004, in einem Artikel allerdings auch öffentlich: Misst man sie an der Zahl der verkauften Bücher, schlug „Jetzt ist also einer, dessen Hauptwerke hundertfünfzig die Romanfigur den historischen Humboldt um Längen. Jahre lang problemlos erhältlich waren, über den hun- Über die von ihm gezeichnete Figur schrieb Kehlmann: derte Bücher geschrieben wurden und nach dem mehr Orte auf dem Planeten benannt sind als nach irgend Gerade beim Versuch, von ihm zu schreiben, muss- jemandem sonst, offiziell entdeckt. Selten zeitigte der te ich mir jene Dreistigkeit im Umgang mit den Umstand, dass man dem Kulturjournalismus so ziemlich Fakten aneignen, zu der er sich nicht durchringen 1. Der Humboldt-Hype1. alles erzählen kann, ein erfreulicheres Ergebnis.“11 konnte. An niemandem sonst lässt sich so klar ex negativo demonstrieren, was Poesie ausmacht: Während Enzensberger Schul-Patenschaften orga- Der Botschafter Weimars in Macondo17, jener tief nisierte, deren Ziel es war, dass alle 30 000 Schüler der neurotische Mann, den sein Bruder für gemüts- 32 deutschen Humboldt-Gymnasien mit Unterstützung krank und seine Schwägerin für wahnsinnig hielt, prominenter Paten die üppigen Bände kostenlos erhal- der elektrische Experimente am eigenen Körper ten konnten12, erzürnte sich Kehlmann: „Der Kosmos [...]: mit einer Brutalität durchführte, die versierte Ma- Völlig unlesbar! Ein Albtraumbuch! Wenn, dann hätte sochisten ins Staunen brächte, der bei Ataruipe In- man Humboldts Reiseberichte wieder auflegen müs- dianerleichen aus Gräbern zerrte, um sich danach sen, die aber auch total unlesbar sind.“13 über das Entsetzen der Einheimischen zu mokie- ren, der für den Einzug in Lima preußische Gar- In seinem Roman über Humboldt und Gauß zeich- deuniform anzog und sich zum Amüsement des nete er ein völlig anderes Humboldt-Bild. Er arbeite, so Adels weigerte, sein Barometer aus der Hand zu erklärte Kehlmann damals in seinem Artikel vom 4. Ok- legen, der keinen Hügel passieren konnte, ohne tober 2004, „seit zwei Jahren [..] an einem Roman, der dessen Höhe zu vermessen, und kein Loch, ohne zwar nicht alles, aber viel mit Deutschlands wunder- hineinzukriechen, und dessen Weltbild gerade lichstem Weltreisenden, Alexander von Humboldt, zu dadurch so berührend ist, dass daran aus heuti- tun hat. Großartig, dass Deutschland in diesem liebens- ger Sicht gar nichts stimmt (der Weltraum sei mit werten, einzigartig humorlosen Mann nun plötzlich ei- Äther gefüllt; krank werde man durch üble Mias- nen neuen Heros hat.“ 14 Sein Roman erschien im Sep- men; die zweitgrößte Erniedrigung des Menschen tember 2005. In ungeahnter Geschwindigkeit eroberte sei die Sklaverei, die größte aber die Vermutung, er er die Bestsellerlisten. Er wurde in dutzende Sprachen stamme vom Affen ab); – wie romanhaft war sein übersetzt und weltweit bislang mehr als zwei Millionen Leben, wie dürr erzählte er es, wie wenig kannte mal verkauft.15 Die Vermessung der Welt überflügelte so- er sich selbst.18 gar Patrick Süskinds Parfum, den bis dahin erfolgreichs- ten Roman der deutschen Nachkriegszeit.16 Der Kehl- Kehlmann näherte sich der Figur aus der Perspektive des Künstlers und nicht der des Historikers. Trotzdem, so betonte er immer wieder, habe er intensiv recher- Schreiber und Olaf Stampf. In: Der Spiegel, 5. Dezember 2005. Zit. nach Ni- chiert. Er habe „sehr, sehr viel gelesen – was allerdings zu ckel, Gunther (Hg.): Daniel Kehlmanns ‚Die Vermessung der Welt’. Reinbek bewältigen war, weil es über Humboldt sehr viele Abhand- bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 2008, S. 38 lungen gibt, die einen Überblick herstellen“19. Über seine 11 Daniel Kehlmann: Masochist. Mit Alexander von Humboldt haben wir Romanfigur meinte er: einen neuen Heros. In: Süddeutsche Zeitung, 5. Oktober 2004. Von ihm erzählen heißt, die Tatsachen bis ins De- 12 Esteban Engel: Grenzüberschreitender Wagemut. In: Frankfurter Neue tail kennen, ihre Leerstellen aber skrupellos mit Er- Presse, September 2004 . zwanghafter Akkuratesse verführe, würde ihm

13 Daniel Kehlmann: »Ich kann nicht rechnen.« Interview mit Klaus Nüch- tern und Klaus Taschwer. In: Falter, 23. September 2005, S. 2 . Nina (Hg.): Mediale Erregungen? Autonomie und Aufmerksamkeit im Litera- tur- und Kulturbetrieb der Gegenwart. Tübingen: Niemeyer 2009, S. 234. 14 Daniel Kehlmann: Masochist. Mit Alexander von Humboldt haben wir ei- nen neuen Heros. 17 Eine fiktive Stadt in Gabriel García Márquez‘s Roman Hundert Jahre Einsamkeit. 15 Mikulicz-Radecki, Wenka / Töteberg, Michael (Hg.): Die Vermessung der Welt. Das Buch zum Film. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch 18 Daniel Kehlmann: Masochist. Mit Alexander von Humboldt haben wir ei- Verlag 2012, S. 152. nen neuen Heros.

16 Wilhelm Haefs: »Deutschlands literarischer Superstar«? Daniel Kehl- 19 Daniel Kehlmann: »Ich kann nicht rechnen.« Interview mit Klaus Nüchtern mann und sein Erfolgsroman Die Vermessung der Welt im literarischen Feld. und Klaus Taschwer.

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ebenso wenig gerecht wie seine eigenen Aber- zu sein. Wir haben es hier zu tun mit einem Wei- 49 tausend Seiten, die man so viel leichter lobt, als zu marer Klassiker, der wirklich ausgesandt wurde, Ende liest.20 die Weimarer Klassik hinauszutragen, und der mit diesem Weltbild Macondo bereist hat.23 Welche Tatsachen meinte Kehlmann „bis ins Detail“ zu kennen? Was waren die sogenannten Leerstellen, die Kehlmann suchte den Kontrast, indem er versuchte, er „skrupellos mit Erfindung füllte“. Sind es nur Details, Humboldt, den er als Weimarer Klassiker sah, der Welt des die die Romanfigur von der historischen unterscheiden, magischen Realismus eines Gabriel García Márquez ge- wie Kehlmann meint? Oder entstand an Kehlmanns genüberzustellen. Oft hat er betont, dass er sich bei der Schreibtisch eine Figur, an der sich zwar eine Millionen- Zeichnung seiner Figuren des Mittels der Satire bedien- leserschaft erfreut, die jedoch – auch im Kern – mit dem te: „Die Vermessung der Welt ist eine recht aggressive Sa- historischen Humboldt nur wenig übereinstimmt? Mit tire über das Deutschsein.“24 „Besonders die Darstellung anderen Worten: Wie authentisch hat Kehlmann Hum- meiner zweiten Hauptfigur, des wunderlichen Barons boldts Charakter gezeichnet, seine wissenschaftliche Alexander von Humboldt, jener Kreuzung aus Don Qui- Zielsetzung reflektiert und seine politische Haltung xote und Hindenburg, verlangte nach Übersteigerung, 2. Der echte und der erfundene Humboldt wiedergegeben? Verknappung und Zuspitzung.“25

Versucht man eine Zusammenfassung der Haupt- 2. Der echte und charakteristika der Kehlmann‘schen Romanfigur, ergibt der erfundene Humboldt sich folgendes Bild: Kehlmanns Humboldt ist ein klein gewachsener, sich der preußischen Uniform mitsamt Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern, die die In- Degen auch im Urwald nicht entledigender, pädophiler, terpretation ihrer Werke den Kritikern und dem Publi- überheblicher, humorloser, fast immer schlecht gelaun- kum überlassen, gab Kehlmann zum Humboldt seines ter, chauvinistischer Forscher. Während seiner Expediti- Romans in Interviews und eigenen Texten viele State- on durch die Tropen der Neuen Welt vermisst und zählt ments ab. In einem FAZ-Interview beispielsweise charak- er ausnahmslos alles, was für ihn erreichbar ist. Sogar terisierte er seine beiden Protagonisten wie folgt: „Der über die Läuse auf den Köpfen der Frauen fertigt er Sta- eine, der überall war [Humboldt], der andere [Gauss] , tistiken an. Von den Kulturen der Neuen Welt nimmt er der nirgends war; der eine, der immer Deutschland mit so gut wie nichts wahr. Es fehlen ihm Kunstsinn und Ge- sich getragen hat, der andere, der die wirkliche geisti- spür für Menschen, er ist „den Maschinenmenschen E. T. ge Freiheit verkörpert hat, ohne jemals irgendwohin A. Hofmanns ähnlich.“26 Als alter Mann erkennt er letzt- gegangen zu sein. Das war der Keim für den Roman“.21 endlich die Nutzlosigkeit seiner wissenschaftlichen Be- Humboldt als ein „typisch Deutscher“ – das war eines der mühungen. Hauptcharakteristika, das Kehlmann seiner Figur mitgab: „Es geht um die Frage: was heißt Deutschsein? In aller Grö- In seinen Interviews und in der auf Wunsch seines ße und Komik, die dieses Deutschsein ja auch immer wie- Verlages27 rasch nach Erscheinen des Romans veröffent- der hat.“ 22 Über seinen Humboldt sagte er: lichten Schrift Wo ist Carlos Montúfar? erläuterte Kehl- mann seine Arbeitsweise, sein „Spiel mit Fakten und Allein die Uniform, die er immer wieder anlegt, Fiktionen“, wie es im Klappentext des Romans bezeich- oder wenn er bei der Überfahrt neben dem spani- net wurde: schen Kapitän steht und diesen beim Navigieren korrigiert, oder wenn er Indianerleichen ausgräbt Der Erzähler operiert mit Wirklichkeiten. Aus dem und überhaupt nicht versteht, warum er es von da Wunsch heraus, die vorhandene nach seiner Vor- an schwer hat, einen Führer zu finden. Diese unge- stellung zu korrigieren, erfindet er eine zweite, pri- wollte Komik ist keineswegs die Komik eines Kau- vate, die in einigen Punkten und vielen gut ver- zes. Es geht darum, dass solche Begebenheiten sehr viel darüber aussagen, was es heißt, deutsch 23 Daniel Kehlmann: »Ich wollte schreiben wie ein verrückt gewordener His- toriker«, S. 27. 20 Daniel Kehlmann: Masochist. Mit Alexander von Humboldt haben wir ei- nen neuen Heros. 24 Ebd., S. 30.

21 Daniel Kehlmann: »Ich wollte schreiben wie ein verrückt gewordener 25 Daniel Kehlmann: Wo ist Carlos Montúfar? In: Ders.: Wo ist Carlos Historiker«. Gespräch mit Felicitas von Lovenberg. In: FAZ, 9. Februar 2006. Montúfar? Über Bücher. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2005, S. 15. Zit nach Nickel, Gunther (Hg.): Daniel Kehlmanns ‚Die Vermessung der Welt’, S. 27. 26 Ebd., S. 23.

22 Daniel Kehlmann: Die Größe und Komik des Deutschseins. Interview 27 Daniel Kehlmann: Diese sehr ernsten Scherze. Poetikvorlesungen. Göt- mit Kirsten Schmidt. In: Hamburger Morgenpost, 29. September 2005. tingen: Wallstein 2007, S. 35.

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steckten von jener ersten abweicht. [...] Immer ich nun einmal den Begriff von historischer Wahrheit.“36 50 schon hat die Gattung des Romans, wirksamer Zwar warnte Kehlmann selbst in seinem Buch Wo ist Car- vielleicht als irgendeine andere, bestehende Mei- los Montufar? vor historischen Romanen, „sie seien unzu- nungen untergraben – und eine der wirksamsten verlässig und trivial“37. Doch wer von seiner Leserschaft Arten, das zu tun, besteht darin, sich die Vergan- kannte diese Schrift? Wer nahm die intertextuellen Hin- genheit neu zu erzählen und von der offiziellen weise auf Erfindungen und Unwahrheiten wahr, in de- Version ins Reich erfundener Wahrheit abzuwei- nen der Kehlmann‘sche Gauß sich zum Beispiel darüber chen. [...] natürlich (eine Erfahrung, die jeder Re- beklagt, dass „jeder Dummkopf in zweihundert Jahren cherchierende macht), kommen auf jedes be- sich lustig machen und absurden Unsinn über seine kannte Detail mehrere Dutzend, über die man Person erfinden könne“?38 Wer, der nicht die tatsächli- nicht genug wissen kann – und die man also erfin- chen Biografien kannte, war in der Lage zu unterschei- den muss, um sie zu kennen.28 den, was im Buch „absurder Unsinn“ war, und was nicht? Doch auch diese Erfindungen, so suggeriert Kehlmann, Später äußerte er: „Das Buch gibt sich als ernsthaftes Ge- würden letztendlich der Darstellung einer übergeord- schichtswerk und ist das Gegenteil davon,“ 29 und er be- neten Wahrheit dienen: „Die große Möglichkeit histori- kannte, dass „überhaupt alles, was im Entferntesten als schen Erzählens besteht eben darin, Geschichte, vorbei Zitat auftaucht, erfunden ist. Wenn ich Quellen verwen- an den festgeschriebenen Versionen, auf solche Art neu de, dann bleiben die unausgewiesen.“30 „Im Dienste der zu fassen, dass dabei gemeinhin verschwiegene oder Wahrheit musste ich eben hier und da die Richtigkeit übersehene Wahrheiten sichtbar werden.“39 manipulieren. [...] Bei den Recherchen gewinnt man ein sehr deutliches Bild; doch dann erfindet man auch dazu, Würde man den Roman einem Faktencheck unter- um dieses Bild noch deutlicher herauszuarbeiten.“31 Der ziehen und sachliche Unkorrektheiten in eine Graphik

3. und Fakten Fiktion – Die Provokation Missverständnissen von seiner Arbeitsweise immanente Widerspruch, einerseits im Stile von Guttenplag übertragen, wäre praktisch jede zu glauben, „die Tatsachen bis ins Detail [zu] kennen, Seite des Buches farbig markiert. Ein derartiger Fakten- ihre Leerstellen aber skrupellos mit Erfindung füllen32“ check ist nicht Ziel dieses Beitrages, es geht hier allein zu dürfen, und dabei trotzdem „im Dienste der Wahrheit“ um die Frage, auf welche Weise Kehlmann, wie er selbst 33 zu agieren, führte zu Missverständnissen in der Rezep- meint, „im Dienste der Wahrheit“40 agiert. Dies soll am tion des Werkes. Beispiel von einigen Hauptcharakteristika seiner Hum- boldt-Figur untersucht werden. Eines dieser Missverständnisse war, dass Die Vermes- sung der Welt von vielen Lesern als „Doppelbiografie“ angesehen34 und auch heute noch vielfach so bezeich- 3. Fakten und Fiktion – Die Provokati- net wird. Sogar Detlev Buck, der Regisseur der Roman- on von Missverständnissen verfilmung, spricht von „zwei Biografien“35. Ein Großteil der Leserschaft folgte alten Rezeptionsgewohnheiten, wie sie zum Beispiel auch Wilhelm von Humboldt for- 3.1 Der inhumane Alexander von muliert hatte: „Wenn von Biographie die Rede ist, habe Humboldt

In Kehlmanns Roman wird Humboldt eines Morgens am Ufer des Orinoko von den Schmerzensschreien ei- 28 Daniel Kehlmann: Wo ist Carlos Montúfar?, S. 10, 12 u. 13. nes Indianers geweckt. Er sieht, wie zwei Priester, die ihn und Bonpland auf der Reise begleiten, einen an- 29 Daniel Kehlmann: Diese sehr ernsten Scherze, S. 22. geketteten Indianer mit Lederriemen peitschen. Er zö- 30 Daniel Kehlmann: »Ich kann nicht rechnen«. gert zwar, greift aber nicht ein: „Bonpland, der dazuge-

31 Daniel Kehlmann: »Mein Thema ist das Chaos«, S. 38. 36 Wilhelm von Humboldt: Briefe an eine Freundin. Leipzig: Brockhaus 32 Daniel Kehlmann: Masochist. Mit Alexander von Humboldt haben wir ei- 1847, Brief vom 16. Dezember 1828, S. 380. nen neuen Heros. 37 Daniel Kehlmann: Wo ist Carlos Montúfar?, S. 11. 33 Daniel Kehlmann: »Mein Thema ist das Chaos«, S. 38. 38 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt. Roman. Rowohlt 2005, S. 34 Auch viele Rezensenten sahen das Buch als Biografie an. Vgl. Klaus 9. Zeyringer: Vermessen. Zur deutschsprachigen Rezeption der „Vermessung der Welt“. In: Nickel, Gunther (Hg.): Daniel Kehlmanns ‚Die Vermessung der 39 Daniel Kehlmann: »Wie ein verrückter Historiker.« Interview mit Dani- Welt’, S. 78-94. el Kehlmann, 31. August 2005. In: Volltext . 35 Mikulicz-Radecki, Wenka / Töteberg, Michael (Hg.): Die Vermessung der Welt, S. 154. 40 Daniel Kehlmann: »Mein Thema ist das Chaos«, S. 38.

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kommen war, sah ihn vorwurfsvoll an. Aber sie müssten Pflanzungen und schleppte Greise, Frauen und 51 doch weiter, sagte Humboldt leise. Was solle er denn Kinder als Gefangene fort. […] »Die Stimme des machen?“41 Evangeliums«, sagt ein Jesuit vom Orinoco in den ›Erbaulichen Briefen‹ äußerst naiv, »wird nur da Nicht nur hier, sondern an vielen Stellen des Ro- vernommen, wo die Indianer Pulver haben knal- mans, zeigt Humboldt, der Mann, der, so Kehl- len hören [...]. Sanftmut ist ein gar langsames Mit- mann, „ausgesandt worden war, die Weimarer Klassik tel. Durch Züchtigung erleichtert man sich die Be- hinauszutragen“42, ein inhumanes Gesicht. Im Original- kehrung der Eingeborenen.«45 text Humboldts allerdings, seiner Reisebeschreibung Reise in die Äquinoktialgegenden des Neuen Kontinents43, Ausführlicher und in der Schilderung der Misshandlun- geht der Forscher keineswegs weiter. Er interveniert gen weitaus brutaler hat Humboldt die Missstände des und befreit den Indianer. Es folgt eine mehrseitige, har- Kolonialsystems in seinen Reisetagebüchern festgehal- sche Anklage Humboldts gegen das „Regiment der ten.46 Aber auch in seinen Publikationen wählte der For- Mönche“ und eine Betrachtung über die Begabung und scher klare Worte. Sein Politischer Essay über das Vizekö- Bildungsfähigkeit der Indianer: nigreich Neu-Spanien endet mit den Sätzen:

Ein Regiment, das sich auf die Vernichtung der Das Glück der Weißen ist aufs innigste mit der Freiheit der Eingeborenen gründet, tötet die Geis- kupferfarbenen Rasse verbunden. Es wird in bei- teskräfte oder hemmt doch ihre Entwicklung. [...] den Amerikas überhaupt kein dauerndes Glück Die Indianer am Orinoco haben in den Äußerun- geben, als bis diese, durch lange Unterdrückung gen ihrer Freude, im raschen Wechsel ihrer Ge- zwar gedemütigte, aber nicht erniedrigte Rasse mütsbewegungen etwas Kindliches; sie sind aber alle Vorteile teilt, welche aus den Fortschritten der

3. und Fakten Fiktion – Die Provokation Missverständnissen von keineswegs große Kinder, so wenig wie die ar- Zivilisation und der Vervollkommnung der gesell- men Bauern im östlichen Europa, die in der Bar- schaftlichen Ordnung hervorgehen.47 barei unseres Feudalsystems sich der tiefsten Ver- kommenheit nicht entringen können. Zwang als Solche Aussagen durften in Kehlmanns Buch keinen hauptsächlichstes und einziges Mittel zur Zivilisie- Raum finden. Ein humaner, mitfühlender, politisch en- rung des Wilden, erscheint zudem als ein Grund- gagierter Humboldt hätte nicht dem Bild des kalten, satz, der bei der Erziehung der Völker und bei „roboterhaften“48 Forschers entsprochen. Freilich lässt der Erziehung der Jugend gleich falsch ist. Wie Kehlmann Humboldts politische Haltung nicht ganz schwach und wie tief gesunken auch der Mensch aus. So kauft seine Figur auf einem Sklavenmarkt drei sein mag, keine Fähigkeit ist ganz erstorben. Die Sklaven frei. Diese wissen allerdings mit ihrer Freiheit menschliche Geisteskraft ist nur dem Grad und wenig anzufangen: der Entwicklung nach verschieden.44 Sie seien jetzt frei, ließ Humboldt dolmetschen, sie An vielen Stellen seines Werkes über die amerikanische könnten gehen. Sie stierten ihn an. Frei! Einer frag- Reise forderte Humboldt die Menschenrechte der Ein- te, wohin sie gehen sollten. Wohin ihr wollt, ant- geborenen ein und klagte deren Unterdrückung durch wortete Humboldt. Er gab ihnen Geld. Zögernd den europäischen Kolonialismus an. Besonders die Rol- untersuchten sie die Münzen mit den Zähnen. Ei- le der Kirche verurteilte er: ner setzte sich auf den Boden, schloss die Augen

Man brachte um, was Widerstand zu leisten wag- te, man brannte die Hütten nieder, zerstörte die 45 Ebd., S. 864 f.

41 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 118. 46 Vgl. dazu ausführlich die Texte „Missionen“ (Reisetagebuch, Lima (Peru), 23. Oktober – 24. Dezember 1802), und „Kolonien“ (Reisetagebuch, 42 Daniel Kehlmann: »Ich wollte schreiben wie ein verrückt gewordener His- Guayaquil (Ecuador), 4. Januar – 17. Februar 1803). In: Humboldt, Alexan- toriker«, S. 27. der von: Lateinamerika am Vorabend der Unabhängigkeitsrevolution. Eine Anthologie von Impressionen und Urteilen, aus seinen Reisetagebüchern zu- 43 Sie erschien zwischen 1814 und 1832 auf Französisch und in deutscher sammengestellt und erläutert durch Margot Faak. 2. Auflage. Akademie Ver- Übersetzung zwischen 1815 und 1832 und später auch in anderen Ausga- lag: Berlin 2003, S. 138-147 und S. 63-67. ben. Vgl. Horst Fiedler und Ulrike Leitner: Alexander von Humboldts Schrif- ten. Bibliographie der selbständig erschienenen Werke. Berlin: Akademie 47 Humboldt, Alexander von: Versuch über den politischen Zustand des Kö- Verlag, 2000, S. 70-88. nigreichs Neu-Spanien. 5 Bände. Tübingen: Cotta 1809–1814, hier Bd. 5, S. 55. 44 Alexander von Humboldt: Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neu- en Kontinents. Bd. 2. Hg. von Ottmar Ette. Frankfurt am Main: Insel 1999, 48 Daniel Kehlmann: Masochist. Mit Alexander von Humboldt haben wir S. 859 f. einen neuen Heros.

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und rührte sich nicht mehr, als gäbe es nichts auf brach ein, indem wir noch unter den Knochen 52 der Welt, das ihn interessieren könnte.49 wühlten. Die Mienen unserer indianischen Führer sagten uns, dass wir diese Grabstätte genug ent- Aus mehreren Gründen konnte sich diese Szene so heiligt hätten und den Frevel endlich endigen soll- nicht abgespielt haben. Zu jener Zeit gab es im Gebiet ten. […] Wir schleppten unsere Skelette zu Wasser des heutigen Venezuela tatsächlich freigelassene Skla- bis Angostura und von da zu Lande bis [Nueva] ven. Der „echte“ Humboldt selbst berichtet von ihnen. Barcelona durch die Missionen der Cariben. Dem Einige traf er in Cumaná bei einem Tanzabend, und Spurgeist der Indianer entgeht nichts. Die Kno- bezeichnete sie als „vornehm“.50 Die von der Romanfi- chen waren in doppelten Mapire und schienen gur freigelassenen Afrikaner hätten also durchaus eine uns völlig unsichtbar. Kaum aber kamen wir in ei- Perspektive gehabt. Die Szene ist jedoch auch aus ei- nem Caribischen Dorfe an, und kaum versammel- nem ganz anderen Grund nicht denkbar. Alexander ten sich die Indianer, um unsere Tiere (Kapuziner- von Humboldt, der mit einem Pass des spanischen Kö- und Tigeraffen) zu sehen, so waren sogleich die nigs durch dessen Kolonialgebiet reiste, hätte es sich Knochen ausgespürt. Man weigerte sich, uns mu- niemals erlauben können, dort offiziell Sklaven freizu- las [Maultiere] zu geben, weil der Kadaver sie tö- kaufen. Ein derartiger offener Affront gegen das Kolo- te.52 nialsystem hätte seine sofortige Ausweisung aus dem spanischen Hoheitsgebiet bedeutet. Diese und andere Dass Humboldt der wissenschaftlichen Untersuchung Hinweise auf Humboldts Eintreten gegen die Sklaverei den Vorzug vor dem Respekt gegenüber einer indige- erscheinen im Roman kaum mehr als die Marotte eines nen Kultur eingeräumt und damit eine Grenze über- weltfremden Reisenden. schritten hatte, war ihm wohl bewusst. Aus seiner Schil- derung spricht sein schlechtes Gewissen, und auch

3. und Fakten Fiktion – Die Provokation Missverständnissen von Auch in der Verfilmung des Romans haben die bei- in seinen späteren Publikationen reflektiert er seine den Romanszenen – der gepeitschte Indianer und das Schuld. Sein Bericht zur Höhle von Ataruipe in den An- Freikaufen der Sklaven – ihren Platz und werden dort sichten der Natur endet mit dem Satz: „Rastlos entfaltet an der literarischen Vorlage umgesetzt.51 ihre Knospen die zeugende Natur: unbekümmert, ob der frevelnde Mensch (ein nie versöhntes Geschlecht) die reifende Frucht zertritt.“53 3.2 Die Indianerskelette Über Umwege gelangte einer der Schädel aus Ata- Im Roman und im Film nehmen die menschlichen Ske- ruipe tatsächlich zu Blumenbach und wurde in einem lette, die Humboldt aus der Höhle von Maipures raubt, seiner Werke abgebildet. Die Skelette der Indianer aller- um sie in Europa anthropologisch untersuchen zu las- dings gingen bei einem Schiffbruch vor der Küste Afri- sen, eine wichtige Stellung ein. Diese Begebenheit hat kas verloren. Humboldt hatte einen jungen Franziskaner, sich in der Tat ähnlich zugetragen und wurde von Hum- der über Havanna nach Europa reisen wollte, gebeten, boldt in seinen Ansichten der Natur und auch in seiner sie und einen weiteren Teil seiner Sammlungen mitzu- Reise in die Äquinoktialgegenden des Neuen Kontinents nehmen. Auch dieser starb bei dem Unglück.54 beschrieben. Der unmittelbarste Text findet sich in sei- nem Reisetagbuch, wo es heißt: Mit dem Motiv der geraubten „Indianerleichen“ hat Kehlmann zu Recht einen schwer zu erklärenden Wi- Wir suchten recht charakteristische Schädel für derspruch zwischen Humboldts an dieser Stelle unge- [Johann Friedrich] Blumenbach und öffneten da- zügeltem Forscherdrang und der für ihn ansonsten ty- her viele Mapire [Körbe]. Armes Volk, selbst in den pischen, gegenüber den verschiedenen Weltkulturen Gräbern stört man deine Ruhe! Die Indianer sahen respektvollen Haltung aufgezeigt. diese Operation mit großem Unwillen an, beson- ders ein paar Indianer von Guaicia, welche kaum vier Monate lang weiße Menschen kannten. Wir sammelten Schädel, ein Kinderskelett und zwei Skelette erwachsener Personen. […] Die Nacht

49 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 71. 52 Margot Faak (Hg.): Alexander von Humboldt: Reise durch Venezuela. Auswahl aus den amerikanischen Reisetagebüchern. Berlin: Akademie 50 Vgl. Humboldt an Reinhard und Christiane von Haeften, Cumaná, 18. Verlag, 2000, S. 324 f. und 20. November 1799. In: Alexander von Humboldt: Briefe aus Amerika 1799–1804. Hg. von Ulrike Moheit. Berlin: Akademie Verlag 1993, S. 65 f. 53 Alexander von Humboldt: Ansichten der Natur. Nördlingen: Greno 1986, S. 193. 51 Mikulicz-Radecki, Wenka / Töteberg, Michael (Hg.): Die Vermessung der Welt, S. 53 f. und 79 ff. 54 Ebd., S. 192.

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3.3 Humboldts Mutter form: eine „preußische Gardeuniform“58, wie der Ro- 53 manautor zu wissen glaubt.59 Der junge Humboldt, so Mehrfach im Roman erscheint der Geist der toten Mut- heißt es im Roman, „machte den Abschluss und be- ter von Kehlmanns Humboldt, die er zum letzten Mal an kam eine Uniform. Wo immer er hinkam, sollte er sie ihrem Sterbebett sieht: tragen.“60 Er ließ sich sogar „eine zweite anmessen, die er auch nachts im Bett trug.“61 Auch den Orinoko bereist Gegen Mitternacht wurden ihre Schreie so laut, Kehlmanns Romanfigur in Uniform. Dort erscheint sie schienen so tief aus ihrem sich aufbäumenden „in makelloser Kleidung, den Degen an der Seite“62. Vor Körper emporzudringen, als durchlebte sie einen seiner Ankunft in Mexiko-Stadt, so liest man im Roman, Höhepunkt der Lust. Er wartete mit geschlosse- „legte Humboldt Galauniform an.“63 nen Augen. Erst nach zwei Stunden verstummte sie. Als es hell wurde, murmelte sie Unverständ- In Wahrheit hat Humboldt seine Uniform – es war liches, als die Sonne in den Vormittagshimmel die eines preußischen Oberbergrats – nicht im Bett und stieg, sah sie ihren Sohn an und sagte, er solle sich auch in Amerika kaum getragen. Sie diente ihm aus- gerade halten, so zu lümmeln sei doch keine Art. schließlich bei offiziellen Anlässen und war ihm, beson- Dann wandte sie den Kopf ab, ihre Augen schie- ders wegen der Hitze, lästig.64. Kehlmanns uniformierter nen zu Glas zu werden, und er sah die erste Tote Humboldt bezeichnet sich als ein „Beamter der preu- seines Lebens.55 ßischen Krone.“65 In Wahrheit war Alexander von Hum- boldt Privatmann. Mit dem Ende des Jahres 1796 hatte In Wahrheit war dies weder die erste Tote, die Humboldt er seine Stelle als preußischer Oberbergrat aufgegeben sah, noch war er bei ihrem Tode anwesend. Schon als und das von seiner Mutter ererbte Vermögen für ein un- Kind hatte Humboldt Tote gesehen und während sei- abhängiges Leben als Forschungsreisender eingesetzt.

3. und Fakten Fiktion – Die Provokation Missverständnissen von ner anatomischen Studien in Franken und Jena nicht Die Uniform – allerdings ohne Degen – und den Titel nur Tausende von Tieren, sondern auch Menschen se- des preußischen Oberbergrats nutzte Humboldt bei ziert. Marie Elisabeth von Humboldt starb am 19. No- bestimmten Anlässen jedoch auch weiterhin. Sie öffne- vember 1796. Wilhelm erreichte die Nachricht in Jena, ten ihm wesentlich leichter die Türen der Repräsentan- Alexander in Franken. An seinen Freund Karl Freiesle- ten in den bereisten Ländern. In Amerika spielte eine ben schrieb er: amtliche Position, manifestiert durch die offizielle Klei- dung, und zudem der Titel eines Barons66 eine wichti- Ich kann heute nur hinzusetzen, dass gestern ge Rolle. Humboldt war ein Meister der Diplomatie und die Nachricht von dem Tode meiner Mutter kam. des Selbstmarketings. Ein Freund des Militärs – auf den Vorbereitet war ich längst. Betroffen hat es mich Kehlmanns Hindenburg-Vergleich abzielt − war er je- nicht, aber beruhigt, dass sie so wenig litt. Sie war doch mit Sicherheit nicht. nur einen Tag krank, hatte nur einen Tag heftige- re Schmerzen als sonst. Sie verschied sanft. Du weißt, mein Guter, dass mein Herz von der Seite 58 Daniel Kehlmann: Masochist. Mit Alexander von Humboldt haben wir ei- nicht empfindlich getroffen werden konnte. Wir nen neuen Heros. waren uns von jeher fremd, aber wen hätte das unselige, endlose Leiden der Verschiedenen nicht 59 Ebd. rühren sollen.56 60 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 30.

61 Ebd. S. 38. 3.4 Der uniformierte Humboldt 62 Ebd. S. 127. Der Erzähler in Kehlmanns Roman berichtet: „[Die Frau- en] kicherten über den kleinen Mann in seiner Uniform 63 Ebd. S. 200. mit der im linken Auge festgeklemmten Lupe.“57 Kehl- manns Humboldt, den er als eine „Kreuzung aus Don 64 Margot Faak (Hg.): Alexander von Humboldt: Reise auf dem Magdale- Quixote und Hindenburg“ bezeichnete, trägt eine Uni- na, durch die Anden und Mexiko. Aus seinen Reisetagebüchern. 2 Bände. 2., durchgesehene Auflage. Berlin: Akademie Verlag, 2003, hier Bd. 1, S. 45 und 92.

55 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 35. 65 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 76.

56 Humboldt an Karl Freiesleben, ohne Ort, 25. November 1796. In: Jahn, 66 Zur Führung des Titels „Baron“ war er eigentlich gar nicht berechtigt. Ilse / Lange, Fritz G. (Hg.): Die Jugendbriefe Alexander von Humboldts. 1787- Vgl. Kurt-R. Biermann: War Alexander von Humboldt ein „Freiherr“ (oder 1799. Berlin: Akademie Verlag 1973, S. 553. „Baron“)?“ In: HiN – Alexander von Humboldt im Netz. Internationale Zeit- schrift für Humboldt-Studien (Potsdam - Berlin) XII, 23 (2011) .

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3.5 Der kleinwüchsige Humboldt gezweifelt. Ob er sie allerdings ausgelebt hat, wird wohl 54 immer ein Rätsel bleiben.74 Auf pädophile Neigungen An vielen Stellen wird in Die Vermessung der Welt auf jedoch deutet nichts hin, geschweige denn auf Gewalt- Humboldts angebliche Kleinwüchsigkeit angespielt: ausbrüche eines von seinen Zeitgenossen als äußerst „Er stand kleingewachsen, aber aufrecht, mit leuchten- sanftmütig beschriebenen Forschers. Vielmehr kann den Augen und leicht hängenden Schultern vor dem man Humboldts oft rührendes Engagement für die För- Schreibtisch des Vorgesetzten.“67 Berichte von Zeit- derung jüngerer, begabter Forscher als seine Art verste- genossen, wie z.B. der Berliner Schauspielerin Caroli- hen, mögliche homoerotische Neigungen zu sublimie- ne Bauer zeugen allerdings vom Gegenteil: „Alexander ren. von Humboldt, hoch und schlank, elegant und beweg- lich wie ein Franzose, tauchte oft [...] an Rahel [von Varn- hagens] Teetisch auf.“68 Tatsächlich war Humboldt – das 3.7 Humboldt, der „typisch Deutsche“ belegt sein französischer Reisepass – 1,73 m groß.69 Das war für die damalige Zeit eine durchaus beachtliche Kö- Kehlmanns Humboldt erfüllt alle Vorurteile eines „ty- pergröße. Erst im Alter, als seine Gestalt gebeugter war, pisch Deutschen“. Dazu zählen nicht nur militärisch wurde er bisweilen als klein wahrgenommen, was ver- strikter Ordnungssinn, sondern auch Humorlosigkeit mutlich auch dem Kontrast zu seiner geistigen Größe und Patriotismus. Der historische Alexander von Hum- geschuldet war. boldt dagegen stand seinem Land genauso kritisch ge- genüber wie allen anderen Ländern der Welt. Er bemerkte Hat Kehlmann seine Figur kleinwüchsig gestaltet, einmal: „In Deutschland gehören netto zwei Jahrhun- um sie gnomenhafter erscheinen zu lassen? derte dazu, um eine Dummheit abzuschaffen; näm- lich eins, um sie einzusehen, das andere aber, um sie zu 75 3. und Fakten Fiktion – Die Provokation Missverständnissen von beseitigen.“ Ein Mann, von dem eine solche Bemer- 3.6 Der pädophile Humboldt kung stammt, hätte nicht in das Kehlmann‘sche Hum- boldt-Bild gepasst. Deutschland war für ihn ein Land An mehreren Stellen wird im Roman von pädophilen auf dem Globus wie viele andere. Mehr als von ande- Neigungen Humboldts berichtet. Einmal steht Hum- ren, war er von der französischen Kultur geprägt. Seine boldt nachts ein nackter Indianerjunge gegenüber, der Mutter stammte aus einer hugenottischen Familie, im ihn erregt: „Er streckte die Hand aus, um den Jungen Schloss Tegel wurde Französisch genauso gesprochen wegzuschieben, aber als er dessen feuchte Haut fühl- wie Deutsch. Geprägt war er vor allem von der Franzö- te, zuckte er zurück, als hätte er einen Schlag bekom- sischen Revolution und deren Idealen „Freiheit, Gleich- men. Geh weg, flüsterte er.“70 Mit seinem Stiefel tritt er heit und Brüderlichkeit.“ Als der erste Jahrestag der Re- ihm mehrfach gegen den Kopf, bis der Junge reglos zu- volution vorbereitet wurde, war der 21-jähige Alexander sammensinkt: „Schemenhaft sah er den reglosen Kör- von Humboldt selbst in Paris und karrte Sand zum Frei- per vor sich. Er packte ihn an den Schultern und zerr- heitstempel, der auf dem Marsfeld errichtet wurde. Be- te ihn hinaus.“71 In einem mexikanischen Bergwerk sieht reits im Jahr zuvor, sieben Monate nach dem Sturm auf ihm der Bergwerksleiter „träumerisch“ zu, „wie er den die Bastille, hatte er geschrieben: Bauchnabel eines kleinen Jungen betastete.“72 Und vie- le Jahre später, kurz vor seiner russisch-sibirischen Reise Es gibt ein Aufbrausen unter uns Deutschen, wie ergibt sich mit seinem Bruder folgender Dialog: „Immer jenseits des Rheins. Der Unterschied ist nur der, noch die Knaben? Das hast du gewusst? Immer.“73 An der französische Enthusiasmus erschüttert den der Homosexualität Humboldts wird heute kaum mehr Despotismus, der deutsche läuft dem Lufttänzer [dem Ballonfahrer] Blanchard nach oder lasst sich von einer gelehrten Partei, die sich auf altdeut- 67 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 36. sche Sitte, Schreien und Schimpfen versteht, fein 68 Bericht von Caroline Bauer, Berlin 1827. In: Claire May: Rahel Varnha- bei der Nase herumführen. Das Aufbrausen dau- gen, geb. Levin. Ein Frauenleben im 19. Jahrhundert. Berlin: Das Neue Ber- ert aber nicht lange, die Vernunft kehrt zurück, lin 1949, S. 13 f. und man schämt sich, doch ja! Ohne zu bekennen,

69 Kurt-R. Biermann: Alexander von Humboldt. 4. Auflage. Leipzig: Teub- ner 1990, S. 90. 74 Vgl. Manfred Geier: Die Brüder Humboldt. Eine Biographie. Reinbek bei 70 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 126. Hamburg: Rowohlt 2009. S. 56-63 und Frank Holl / Eberhard Schulz-Lü- 71 Ebd. S. 126. pertz: „Ich habe so große Pläne dort geschmiedet...“ – Alexander von Hum- boldt in Franken. Gunzenhausen: Schrenk 2012 (im Druck). 72 Ebd. S. 198. 75 W.F.A. Zimmermann: Das Humboldt-Buch. 2. Abt. Berlin: Gustav Hem- 73 Ebd. S. 264. pel, 1859, S. 114.

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man habe unrecht gehabt. Mit [Rousseaus] Con- misphäre zu beleuchten schienen. Ungeheure In- 55 fessions halten es gar wenige Menschen.76 sektenschwärme verbreiteten ein rötliches Licht in der Luft. Der dicht bewachsene Boden erglühte Nach seiner amerikanischen Expedition lebte Hum- von lebendigem, bewegtem Feuer, als hätte sich boldt mehr als zwanzig Jahre überwiegend in Paris und die gestirnte Himmeldecke auf die Savanne nie- publizierte dort sein großes Werk über die amerikani- dergesenkt. Vor der Höhle blieben wir noch öfters sche Reise – auf Französisch wohlgemerkt. Sein Bruder stehen und bewunderten den Reiz des merkwür- Wilhelm beklagte sich einmal darüber, wie sehr Alexander digen Orts. Duftende Vanille und Gewinde von Bi- „aufgehört hat, deutsch zu sein und bis in alle Kleinigkei- gnonien schmückten den Eingang, und darüber, ten pariserisch geworden ist“77. Tatsächlich war Alexander auf der Spitze des Hügels, wiegten sich säuselnd von Humboldt ein Mensch, der Grenzen überbrückte, die Wipfel der Palmen.80 sowohl in seiner Lebensweise, als auch in seinem wis- senschaftlichen Ansatz. Sein globales Netzwerk, das er Später, in seinen Göttinger Poetikvorlesungen, nahm mit seiner Korrespondenz aufgebaut hatte – er schrieb Kehlmann sein vernichtendes Urteil über den „total um die 50 000 Briefe – im Grunde ein spezieller Vorläu- unlesbaren“ Humboldt81 ein wenig zurück: „Humboldt fer des Internet – war Ausdruck einer von ihm geschaf- ist – vor allem, wenn er Deutsch schreibt, sein Franzö- fenen internationalen Gelehrtenrepublik. Etwas explizit sisch ist viel blasser – einer der größten Prosaautoren „deutsches“ findet sich weder in dieser Idee noch in ih- überhaupt; oder vielmehr, er könnte es sein, wenn er rem Initiator. sich dazu überwinden könnte, jede gelungene Passage nicht unter Unmengen von Messdaten zu ersticken.“82 Inzwischen hatte der Autor sich offenbar mit den Ori- 3.8 Der unliterarische Humboldt ginaltexten seines Protagonisten doch etwas näher be-

3. und Fakten Fiktion – Die Provokation Missverständnissen von fasst, allerdings noch immer nicht genug, um ein Urteil Kehlmanns Humboldt hat keinen Kunstsinn. Mit Spra- über die zahlreichen messdatenfreien Texte Humboldts che kann er nur beschränkt umgehen. Seine Bücher wie abzugeben. der Kosmos oder das amerikanische Reisewerk sind, so Kehlmann „total unlesbar“78. Dies manifestiert sich im Roman vor allem in Humboldts entpoetisierten Version 3.9 Der Humboldt‘sche Vermessungs- von Goethes „Wanderers Nachtlied“, über die viele Re- wahn zensenten reflektiert haben.79 Die Humboldt‘sche Idee von der Verbindung von Kunst und Wissenschaft, wie „Nach einem halben Jahr in Neuandalusien hatte Hum- er sie in seiner Theorie von der Kunst als „Anregungs- boldt alles untersucht, was nicht Füße und Angst genug mittel zum Naturstudium“, im zweiten Band des Kos- hatte, ihm davonzulaufen“83, berichtet der Erzähler. „Er mos darlegte, hätte in Kehlmanns Buch nur gestört. Ein hat diesen ewigen Vermessungswahn – auch dort, wo es Humboldt‘scher Text wie der folgende wäre im Roman überhaupt nicht nötig ist“84, so charakterisiert Kehlmann undenkbar: seinen Protagonisten. „Die Tragik dieses roboterhaft un- verwüstlichen Dschungelreisenden [...] liegt eben dar- Schweigend entfernten wir uns von der Höhle von in, dass er die Natur zu unterwerfen wusste, wo er sie Ataruipe. Es war eine der stillen, heiteren Nächte, fand, selbst jedoch von seinen Millionen Messergeb- die im heißen Erdstrich so gewöhnlich sind. Die nissen besiegt wurde.“85 Sein Humboldt sammelt Daten Sterne glänzten im milden, planetarischen Licht. ohne theoretische Grundlage und System. Er ist die Kari- Ihr Funkeln war kaum am Horizont bemerkbar, katur des Empirikers. Aber Kehlmann karikiert mehr als nur den die großen Nebelflecken der südlichen He- den Empiriker. Er stellt auch die soziale Relevanz der Wis- senschaft in Frage:

76 An Joachim Heinrich Campe, Göttingen, 21. Februar 1790. In: Jugend- briefe, S. 87. 80 Alexander von Humboldt: Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen 77 Vgl. hierzu die Gespräche Alexander von Humboldts. Herausgegeben Kontinents. Bd. 2, S. 1255 f. von Hanno Beck. Berlin: Akademie Verlag 1959, S. 51 f; sowie Ottmar Ette: 81 Daniel Kehlmann: »Ich kann nicht rechnen.« »... daß einem leid tut, wie er aufgehört hat, deutsch zu sein«: Alexander von Humboldt, Preußen und Amerika. In: HiN - Alexander von Humboldt im 82 Daniel Kehlmann: Diese sehr ernsten Scherze, S. 31. Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (Potsdam - Berlin) III, 4 (2002), 24 S. . 84 Kehlmann, Daniel: »Mein Thema ist das Chaos.«, S. 177. 78 Daniel Kehlmann: »Ich kann nicht rechnen.« 85 Daniel Kehlmann: Masochist. Mit Alexander von Humboldt haben wir ei- 79 Vgl. auch Ottmar Ettes Beiträge in dieser Nummer. nen neuen Heros.

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Was tut Wissenschaft der Welt an? Niemand könnte betriebsblinder Empiriker. Seine Wissenschaft schloss 56 mit gutem Gewissen sagen, dass wir Wissenschaft den Menschen ein und zielte letztendlich, wo immer nicht haben wollen. Aber gleichzeitig wurde die möglich, auf einen praktischen Nutzen für die Gesell- Welt durch die Vermessung viel weniger poetisch, schaft. Diese Verbindung zwischen Theorie und Praxis, auch weniger schön. Und die Gewalt der Wissen- zwischen Forschung und Anwendung, hatte Humboldt schaft bekommt natürlich eine ganz erschrecken- erstmals als Verantwortlicher für den Bergbau in Fran- de, überhaupt nicht zu Ende gedachte Dimension ken praktiziert. Auf der Basis vieler eigener empirischer mit dem, was wir der Welt durch die Kernspaltung Studien reformierte er den Bergbau mitsamt der damit antun.86 verbundenen Industrie und verhalf so der dortigen Re- gion zu einer neuen wirtschaftlichen Blüte.92 Humboldt: ein Vorfahre Robert Oppenheimers? Konn- te der Forscher aus Schloss Tegel schon mitten im 19. Wissenschaft und Freiheit waren für ihn nicht zu tren- Jahrhundert die Bedrohung der Welt durch wissen- nen: „Verlieren wir nie das Zutrauen zu den nützlichen schaftliche Erkenntnisse wie die Kernspaltung absehen? Erfolgen der Forschung, unterwerfen wir uns nie einem „Wissen und Erkennen sind die Freude und die Berech- die Freiheit des Gedankens schmälernden Einflusse!“93 tigung der Menschheit“87, schrieb er im Kosmos. Für ihn Von einem Scheitern der Humboldt‘schen Ideen, wie sie war die Suche nach Wahrheit ein sich ständig hinterfra- im Roman anklingt, kann keine Rede sein. gender und erneuernder Prozess, an dem er mit Leiden- schaft teilnahm: „Prüfen Sie von Neuem, was ich ver- öffentlicht habe, betrachten Sie alles als falsch, das ist 3.10 Das zweitgröSSte Übel: das Mittel, die Wahrheit zu entdecken“,88 riet er einem die Sklaverei jungen Kollegen. „Im wundervollen Gewebe des Orga-

3. und Fakten Fiktion – Die Provokation Missverständnissen von nismus, im ewigen Treiben und Wirken der lebendigen Die Rede, die Kehlmanns Protagonist auf der Berliner Na- Kräfte“, erklärte Humboldt im Kosmos, „führt jedes tie- turforschertagung 1828 hält, ist eine bunt zusammen- fere Forschen an den Eingang neuer Labyrinthe.“89 Die gewürfelte Collage aus Versatzstücken Humboldt‘scher weltweiten Verdienste Humboldts für die Wissenschaf- Terminologie. Die Romanfigur kommt dabei zu folgen- ten, und gerade für die modernen Wissenschaften, wur- dem Schluss: den in den letzten Jahren ausführlich reflektiert.90 Vor allem seine Rolle als Förderer und Anreger hat man da- So steige das Leben durch Stadien wachsen- bei immer wieder unter verschiedenen Perspektiven der Verbergung seiner Organisation, bis es je- betrachtet: „Ich bin viel nützlicher durch die Sachen nen Sprung mache, den man getrost den wei- und Fakten geworden, von denen ich berichtet habe“, testmöglichen nennen könne: den Blitzschlag schrieb er einmal, „durch die Ideen, die ich bei anderen der Vernunft. Hin zu ihm finde keine Entwicklung habe entstehen lassen, als durch Werke, die ich selbst in Graden statt. Die zweitgrößte Beleidigung des publiziert habe.“91 Humboldt war alles andere als ein Menschen sei die Sklaverei. Die größte jedoch die Idee, er stamme vom Affen ab.94 86 Daniel Kehlmann: Die Größe und Komik des Deutschseins. Der letzte Satz findet sich so bereits fast wörtlich in Kehl- 87 Alexander von Humboldt: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbe- manns erster öffentlicher Kritik an Humboldt vom Ok- schreibung. 1845, Bd. 1, S. 36. Zit. nach der Ausgabe der Anderen Biblio- tober 2004, der gesagt haben soll: „[...] die zweitgrößte thek, ediert von Ottmar Ette und Oliver Lubrich. Frankfurt am Main: Eich- Erniedrigung des Menschen sei die Sklaverei, die größ- born 2004, S. 24. te aber die Vermutung, er stamme vom Affen ab – wie romanhaft war sein Leben, wie dürr erzählte er es, wie 88 Humboldt an Jean-Baptiste Boussingault, Paris, 21. Februar 1825. Handschrift in der Staatsbibliothek Berlin. Zit. nach Frank Holl (Hg.): Alex- ander von Humboldt – Es ist ein Treiben in mir. Entdeckungen und Einsichten. München: dtv 2009, S. 110.

89 Alexander von Humboldt: Kosmos, Bd. 1, 1845, S. 21 bzw. S. 18. sche Bekenntnisse. Zusammengestellt und erläutert von Kurt-R. Biermann. Leipzig, Jena und Berlin: Urania, 1987 S. 60. 90 Vgl. hier besonders Ottmar Ette: Weltbewußtsein. Alexander von Hum- boldt und das unvollendete Projekt einer anderen Moderne. Weilerswist: 92 Vgl. Frank Holl / Eberhard Schulz-Lüpertz: „Ich habe so große Pläne Velbrück 2002, und ders.: Alexander von Humboldt und die Globalisierung. dort geschmiedet...“. Frankfurt: Insel 2009. 93 Zu Wilhelm Hornay, Potsdam, 27. August 1857. In: Wilhelm Hornay: 91 Alexander von Humboldt: Mes confessions [3. Januar 1806]. In: Lett- Alexander von Humboldt. Sein Leben und Wollen für Volk und Wissenschaft. res d‘Alexandre de Humboldt à Marc-Auguste Pictet 1795-1824, publiées Nach Originalien. Hamburg: Hoffmann und Campe, 1860, S. 53. dans le Journal Le Globe, 7, 1868, S. 180-190. Zit. nach der deutschen Über- setzung in: Alexander von Humboldt: Aus meinem Leben. Autobiographi- 94 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 238.

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wenig kannte er sich selbst.“95 In vielen Interviews hat Intensitäts-Versuche oder statistischer Angaben.“99 Ein 57 Kehlmann diese angebliche Aussage Humboldts später Jahr später initiierte er in Preußen ein Gesetz mit fol- wiederholt. Er nennt sie auch in seiner Schrift „Wo ist gendem Wortlaut: „Sklaven werden von dem Augenbli- Carlos Montúfar“, in der er sich auch über die Enzens- cke an, wo sie preußisches Gebiet betreten, frei. Das Ei- bergersche Humboldt-Kampagne äußert: gentumsrecht des Herrn ist von diesem Zeitpunkte ab erloschen.“100 [Humboldt] galt plötzlich wieder, wie schon Ende des neunzehnten Jahrhunderts, als Vorbild für Schulkinder, denen sein tausendseitiges Spätwerk 3.11 Darwin und die Abstammung vom zur Lektüre empfohlen wurde. Der Weltraum, la- Affen sen sie dort, sei mit Äther gefüllt, krank werde man durch üble Miasmen, die zweitgrößte Ernied- „Die zweitgrößte Beleidigung des Menschen“, lässt rigung des Menschen sei die Sklaverei, die größte Kehlmann seinen Humboldt sagen, „sei die Sklave- aber die Behauptung, er stamme vom Affen ab.96 rei. Die größte jedoch die Idee, er stamme vom Affen ab.“101 Auch letzteren Satz kann Alexander von Hum- Warum hat diese Aussage für Kehlmann eine derar- boldt nicht gesagt haben. Die Theorie, dass der Mensch tig zentrale Bedeutung? Diese angebliche Bekundung vom Affen abstamme, wurde erst nach Humboldts Tod findet sich weder im Kosmos, noch in einem anderen erörtert. 1871 legte Charles Darwin in seinem Buch The Werk Alexander von Humboldts. Der Satz des histori- Descent of Man, and Selection in Relation to Sex (Die Ab- schen Humboldt im Politischen Essay über die Insel Kuba stammung des Menschen und die geschlechtliche lautet: „Ohne Zweifel ist die Sklaverei das größte aller Zuchtwahl) dar, dass die Menschen sich aus einem ge- Übel, welche die Menschheit gepeinigt haben.“97 Hielt meinsamen affenähnlichen Vorfahren entwickelt haben

3. und Fakten Fiktion – Die Provokation Missverständnissen von es Kehlmann für notwendig, die Sklaverei an die zwei- müssen. Er griff dabei Ideen auf, die Thomas Henry Hux- te Stelle im Wertesystem der Figur zurückzustufen, weil ley ab 1863 und Ernst Haeckel ab 1868 öffentlich ver- der inhumanen, kalten, robotergleich durch die Welt treten hatten. Alexander von Humboldt, der 1859 starb, reisenden Forscherfigur eine derartige humane und konnte davon nichts wissen. politisch engagierte Anklage nur schwer zugeschrieben werden konnte? Im Roman musste Humboldts Haltung Aber auch wenn man den Ausspruch des gegen die Sklaverei jedenfalls zur Marotte werden. Er Kehlmann‘schen Humboldt metaphorisch interpre- kauft Sklaven frei, die mit ihrer Freiheit nichts anzufan- tiert, kommt er der Wahrheit nicht näher. Alexander von gen wissen, und er beklagt – was er in Wahrheit dort Humboldt war kein Gegner der Darwinschen Evoluti- nicht tat – gegenüber dem U.S-amerikanischen Präsi- onstheorie. Darwins im Jahr 1859, wenige Monate nach denten Thomas Jefferson, der selbst Sklaven hielt, „den Humboldts Tod erschienene Buch Die Entstehung der Ar- Alpdruck der Sklaverei“ und erhält deshalb einen Fuß- ten konnte er ebenfalls nicht kennen.102 Und es ist ziem- tritt unter dem Tisch.98 lich sicher, dass er diese Theorie nicht abgelehnt hätte. Humboldts Kollege Emil du Bois-Reymond bezeichne- Als im Jahr 1856 in den Vereinigten Staaten eine te Humboldt später als „Evolutionisten“ und „vordarwi- englischsprachige Ausgabe von Humboldts Politischem Essay über die Insel Kuba erschien, in der der Übersetzer, der U.S.-Amerikaner John Sidney Thrasher, das Kapitel über die Sklaverei getilgt hatte, protestierte Alexander 99 Alexander von Humboldt: Insel Cuba. In: Berlinische Nachrichten von von Humboldt im Juli 1856 in einer Presseerklärung, Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 172, 25. Juli 1856, S. 4. Zit. nach: Ingo die in den USA und Deutschland publiziert wurde, aufs Schwarz (Hg.): Alexander von Humboldt – Samuel Heinrich Spiker: Brief- Schärfste: „Auf diesen Teil meiner Schrift lege ich eine wechsel. Hg. unter Mitarbeit von Eberhard Knobloch. Berlin: Akademie weit größere Wichtigkeit als auf die mühevollen Arbei- Verlag 2007, S. 383. ten astronomischer Ortsbestimmungen, magnetischer 100 Ingo Schwarz (Hg.): Alexander von Humboldt – Samuel Heinrich Spiker: Briefwechsel, S. 387. 95 Daniel Kehlmann: Masochist. Mit Alexander von Humboldt haben wir ei- 101 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 238. nen neuen Heros. 102 Darwins Monographie The Origin of Species: by Means of Natural 96 Daniel Kehlmann: Wo ist Carlos Montúfar?, S. 23. Selection or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life er- 97 Alexander von Humboldt: Essai politique sur l’île de Cuba (Politischer schien im November 1859. Humboldt starb im selben Jahr, am 6. Mai 1859. Versuch über die Insel Cuba), zit. nach der deutschen Übersetzung: Alexan- Vgl. Petra Werner: Zum Verhältnis Charles Darwins zu Alexander v. Hum- der von Humboldt: Cuba-Werk. Hg. von Hanno Beck. Darmstadt: Wissen- boldt und Christian Gottfried Ehrenberg. In: HiN - Alexander von Humboldt schaftliche Buchgemeinschaft 1992, S. 156. im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (Potsdam - Berlin) X, 18 (2009) .

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nistischen Darwinisten“103. Sicher war er nicht der Vater Motto für ein Kapitel eines Lehrbuchs zur Verkehrsdy- 58 der Evolutionstheorie, dazu war Humboldts Naturbild namik.108 noch zu statisch, aber als Bewunderer der früheren Ar- beiten Darwins hätte er sich dessen Evolutionstheorie Wie der erfundene Humboldt aber auch auf anderen wohl kaum widersetzt. Vermutlich hätte er ihm gratu- Wegen aus Kehlmanns Roman in die reale Welt gelangt,

4. Die Wirkung liert und ihm, wie bereits 1839, etwas zur Evolution der zeigt sich in der Einleitung des Neuedition von Charles wissenschaftlichen Erkenntnis geschrieben: Darwins Reisetagebuch Die Fahrt der Beagle aus dem Jahr 2006. Dort findet sich folgende Passage: Sie sagen mir in Ihrem freundlichen Brief, dass mei- ne Art, die Natur der heißen Zonen zu studieren Darwin nahm seine Kusine und Kindheitsfreundin und zu zeichnen, dazu beitragen konnte, in Ihnen Emma Wedgwood zur Frau und zog sich zurück. In den Eifer und das Verlangen nach weiten Reisen der Abgeschlossenheit des Landlebens, beschützt zu entfachen. Nach der Wichtigkeit Ihrer Arbeit von der Familie und dem ererbten Vermögen, ent- wäre das der größte Erfolg, den meine schwachen stand seine Theorie von der Entstehung der Ar- Arbeiten erreichen konnten. Die Werke sind nur ten, der Unvererbbarkeit des Erworbenen, der gut, soweit sie bessere entstehen lassen.104 Gewordenheit des Menschen durchs Spiel des Zu- falls. Die zweitgrößte Beleidigung des Menschen sei die Sklaverei, hatte Humboldt ausgerufen, die 4. Die Wirkung größte aber die Behauptung, er stamme vom Af- fen ab. Eine Verständigung zwischen beiden kam „Humboldt war ein Päderast! Warum schenken Sie ihm nicht zustande. 109 eine derartige Aufmerksamkeit?“ Mit diesen Worten be- schwerte sich ein Besucher des German Historical Insti- Der Autor der Einleitung ist kein anderer als Daniel Kehl- tutes in Washington lautstark während einer Veranstal- mann selbst. Ist dies ein postmodernes Spiel mit seiner tung aus Anlass des 150sten Todestages Alexander von Leserschaft? Ist es Hybris? Ist es ein augenzwinkerndes Humboldts am 4. Mai 2009.105 Auf die Frage eines Histo- „Catch me if you can“? Jedenfalls findet sich Kehlmanns rikers, welche Belege er dafür habe, nannte er die „Bio- erfundenes Humboldt-Zitat seit 2006 auch in einem wis- graphie“ von Daniel Kehlmann. Aber auch Autoren, de- senschaftlichen Text. Damit setzt Kehlmann sein „Spiel nen man einen vorsichtigeren Umgang mit dem Roman mit Fakten und Fiktionen“ auch im Bereich der wissen- zutrauen sollte, erkannten nicht den fiktiven Charakter schaftlichen Literatur fort. Dort sind Fiktionen allenfalls der Kehlmann‘schen „Wahrheiten“. So liest man in der dann zugelassen, wenn sie explizit deklariert sind und 2009 erschienenen rororo-Monographie vom Hum- wie auch immer der Wahrheitsfindung dienlich sind. Ein boldt-Biographen Thomas Richter folgende Aussage erfundenes Zitat als solches nicht auszuweisen kommt über die historischen Fakten in der Vermessung der Welt: im wissenschaftlichen Kontext einer Fälschung gleich. „Die historischen Ereignisse sind in diesem Roman ex- Im „sozialen System Wissenschaft“, wie Niklas Luhmann akt wiedergegeben“.106 Unter Mathematikern und Physi- es nennt, ist Wahrheit der zentrale Begriff. Wer hier öf- kern ist, wie der Verfasser dieses Beitrages selbst erfah- ters Unwahrheiten verbreitet, verliert sein Ansehen in- ren hat, ein von Kehlmann erfundenes Humboldt-Zitat nerhalb des Systems und sein Anrecht, weiter ernst ge- sehr beliebt. Es lautet: „Bücher ohne Zahlen beunruhi- nommen zu werden.110 gen mich“. 107 Mittlerweile findet es sich sogar schon als

108 Martin Treiber und Arne Kesting: Verkehrsdynamik und –simulation. Daten, Modelle und Anwendungen der Verkehrsflussdynamik. Berlin, Heidel- 103 Zit. nach Petra Werner: Zum Verhältnis Charles Darwins zu Alexander v. berg: Springer 2010, S. 211. Vgl. Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, Humboldt und Christian Gottfried Ehrenberg. S. 221. 104 Humboldt an Charles Darwin, Sanssouci, 18. September 1839. Zit. 109 Daniel Kehlmann: Die Finken und die Wilden. Einleitung. In: Charles nach: Ilse Jahn: Dem Leben auf der Spur. Die biologischen Forschungen Alex- Darwin: Die Fahrt der Beagle. Tagebuch mit Erforschungen der Naturge- ander von Humboldts. Leipzig, Jena, Berlin: Urania 1969, S. 185. schichte und Geologie der Länder, die auf der Fahrt von HMS Beagle unter 105 »Alexander von Humboldt – Remapping Global Perspectives. Comme- dem Kommando von Kapitän Fitz Roy, RN, besucht wurden. Hamburg: mare- moration of Alexander von Humboldt on the 150th Anniversary of His Death.« buchverlag 2006, S. 15. Veranstaltung im German Historical Institute, Washington, D.C. 4. Mai 2009. 110 „Das System reagiert durch ständiges Aussortieren, dem gelegent- Programminfos unter . en zum Opfer fallen können, auf selbstproduzierte Überschüsse, also auf 106 Thomas Richter: Alexander von Humboldt. Reinbek bei Hamburg: Ro- selbsterzeugten Selektionsdruck. Es orientiert sich dabei an der Prämisse, wohlt 2009, S. 126. dass von zwei widersprechenden Auffassungen nur eine wahr sein kann.“ Niklas Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhr- 107 Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt, S. 221. kamp 1990, S. 538.

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5. Kehlmann – der Gelehrte. rischen Figuren, sondern auch Enthüller einer bislang 59 Ein Paradoxon übersehenen historischen Wahrheit. Daniel Kehlmann ist zweifellos ein sehr talentierter Nach dieser Logik ist es dann auch gerechtfertigt, Schriftsteller. Aber er ist kein Historiker. Über sein Buch in wissenschaftlichen Texten wie der Einleitung zur sagt er: Darwin-Edition, objektiv unrichtige, erfundene Hum- boldt-Zitate zu verwenden. Denn sie sind nach Kehl- Es beginnt zwar wie ein historisches Sachbuch, bis manns Logik etwas, das der Wahrheit dient: „Im Dienste es dann plötzlich kippt, weil natürlich Dinge be- der Wahrheit musste ich eben hie und da die Richtigkeit richtet werden, die überhaupt nicht mehr sach- manipulieren.“115 Die Kunst ist, so Kehlmann, „zweitklas- buchhaft, sondern romanhaft und frei erfunden sig [...] gegenüber der Natur“. Sie muss „ihr aber manch- sind. Es sollte so klingen, wie ein seriöser Histori- mal dennoch etwas hinzufügen [...], denn das Wirkliche ker es schreiben würde, wenn er plötzlich verrückt ist nicht immer, nicht in allen Fällen, das Wahre.“116 Sieht geworden wäre.111 Kehlmann sich hier in der Rolle des Dichters als Seher? Oder sogar, mit Wilhelm Dilthey formuliert, des „Dich- 5. Kehlmann – der Gelehrte. Ein Paradoxon Kehlmann bewegt sich dabei auf einer Grenze, die bei ters als Seher der Menschheit“? den Lesern rasch zu Missverständnissen führen kann. Es ist die Grenze zwischen literarischer und historischer In jedem Fall stellt er sich mit dieser Aussage gegen Wirklichkeit: „Im Dienste der Wahrheit musste ich eben die Regeln des Systems Wissenschaft, in dem die Wis- hie und da die Richtigkeit manipulieren.“112 In seinen senschaftler als „Wahrheitssucher“ nachvollziehbare, Göttinger Vorlesungen befasste er sich mit diesem Wi- überprüfbare Regeln einhalten müssen um am Diskurs derspruch: teilzunehmen.117 Kehlmann verweigert sich dieser Re- geln: Es ist seit alters her eine Domäne der Literatur, ihre eigenen Versionen historischer Personen nachzu- Ich berichte ja Dinge, die nicht nur historisch nicht erschaffen. [...] Der historische Mensch selbst ist überliefert sind, sondern es auch gar nicht sein gewissermaßen ein Magnet, und um ihn herum können. Damit ist der Ansatz grundsätzlich iro- ist ein Feld, in dem man sich erfindend bewegt. nisch gebrochen, nicht nur den Figuren, sondern Kommt man der ursprünglichen Gestalt zu nahe, der gewählten Form selbst gegenüber. Aus die- dann schreibt man einfach eine Biographie, und sem Grund war es auch von Anfang an klar, dass das ist nicht Sinn der Sache. Entfernt man sich das Buch keine Widmung, keine Dankesworte, kei- aber so weit, dass die Kraft ihres Feldes nicht mehr ne Literaturliste enthalten würde – nichts, was sich spürbar ist, so hat man das künstlerische Recht auf meine Recherchen bezieht, was sozusagen verloren, diese Namen zu verwenden, und man meine eigene Stimme unverstellt neben die Ironie unternimmt etwas ganz Sinnloses.113 des Erzähltons stellen würde.118

Kehlmann macht es dabei seinen Lesern nicht leicht. Während andere Autoren historischer Romane ihre Ar- Denn wer, außer einigen wenigen Humboldt-Exper- beitsweise und Quellen offenlegen, widersetzt sich ten, kann beurteilen, wie nahe sich Kehlmann noch an Kehlmann dieser Offenheit. Er fügt den historisch über- der Kraft des Magnetfeldes der Wahrheit der Figur be- prüfbaren Fakten eigene, erfundene hinzu, ohne klarzu- wegt? Kehlmann ist sich dabei recht sicher: „Die große stellen, um welche es sich handelt.119 Dadurch erschwert Möglichkeit historischen Erzählens besteht eben dar- er denjenigen eine Rezeption, die etwas über die histo- in, Geschichte, vorbei an den festgeschriebenen Versio- nen, auf solche Art neu zu fassen, dass dabei gemeinhin verschwiegene oder übersehene Wahrheiten sichtbar 115 Daniel Kehlmann: »Mein Thema ist das Chaos«, S. 38. werden.“114 Der Autor Kehlmann beansprucht somit, neue Wahrheiten sichtbar zu machen. Er ist damit, nach 116 Daniel Kehlmann: Wo ist Carlos Montúfar?, S. 26. seiner eigenen Logik, nicht nur Schöpfer seiner litera- 117 „Das Sozialsystem Wissenschaft [...] rechnet damit, dass Wissen- schaftler ehrlich sind, dass sie Zweifel nicht unterdrücken, sondern mel- den und überprüfen. Es rechnet damit, ein System zu sein, das sich nicht 111 Daniel Kehlmann: »Ich wollte schreiben wie ein verrückt gewordener selbst betrügt.“ Niklas Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft., S. 589. Historiker«, S. 33. Vgl. auch Frank Holl: Produktion und Distribution wissenschaftlicher Litera- tur. Der Physiker Max Born und sein Verleger Ferdinand Springer 1913 – 1970. 112 Daniel Kehlmann: »Mein Thema ist das Chaos«, S. 38. Buchhändler-Vereinigung, Frankfurt am Main 1996, S. 10-17.

113 Daniel Kehlmann: Diese sehr ernsten Scherze, S. 26. 118 Daniel Kehlmann: »Wie ein verrückter Historiker«

114 Daniel Kehlmann: »Wie ein verrückter Historiker« 119 Vgl. auch Daniel Kehlmann: Diese sehr ernsten Scherze, S. 30.

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rische Person und die tatsächliche Geschichte erfahren Wie sehr dem Wahrheitsgehalt des Romans vertraut 60 wollen: „Selbst wenn es zufällig so gewesen sein sollte, wird, zeigt auch die Rezension von Elmar Krekeler in der wie ich es schildere – was ich, unter uns gesagt, durch- Welt vom 13. Juni 2007. Krekeler führt den Erfolg des aus für möglich halte –, so wäre [der Roman] trotzdem Buches darauf zurück, dass es einen „Bildungshunger“ nicht in landläufigem Sinn „zutreffend“.120 Kehlmann stille und dem „neu erwachten Bildungsbürger gera- weigert sich, dem Leser eine Brücke zwischen Fiktion de recht“ komme.125 Wie sehr allerdings der Autor Kehl- und Fakten zu bauen. Er begründet dies damit, dass mann die Realität mit Fiktionen vermischt (oder ver- wechselt?), zeigt sich zum Beispiel an seinem Verhältnis [...] auf einem Roman das Wort »Roman« steht [und zur Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle. In sei- damit] schon vor dem ersten Wort ein Pakt zwi- ner Göttinger Poetik-Vorlesung berichtet er: schen Erzähler und Leser geschlossen wird, der besagt, dass der Leser alles hinnehmen und nichts Die Humboldt-Forschungsstelle der Brandenbur- glauben wird. »Suspension of disbelief« nannte gischen [sic] Akademie hat sich sehr bei mir be- das Coleridge.121 schwert, weil sie fast wöchentlich Anrufe von Leu- ten bekommt, die wissen möchten, ob der kleine 5. Kehlmann – der Gelehrte. Ein Paradoxon Wie oben an einigen Beispielen gezeigt, verwirrt eine Wilhelm wirklich versucht hat, den kleinen Alex- solche Haltung die Leser. Sie verwirrt sogar Autoren- ander umzubringen. Ich finde ja, sie sollten sich kollegen, die im selben Verlag publizieren, wie den darüber freuen, wann hat schon die Humboldt- Humboldt-Biografen Thomas Richter. Sie verwirrt ins- Forschungsstelle zuletzt so interessante Anfragen besondere auch deshalb, weil Kehlmanns fiktive Figu- bekommen? 126 ren Namen realer historischer Persönlichkeiten tragen. „Natürlich hätte ich dabei die Namen ändern können – Der Dichter als Seher? Zumindest bis zum heutigen Tag Friedland statt Humboldt, Kumpf statt Gauß oder so et- hat sich kein Mitarbeiter dort gefunden, der diese Ge- was. Aber das wäre mir feige vorgekommen.“122 schichte bestätigen könnte.127

Zeugt es von Mut, fiktiven Figuren Namen von his- Mit Die Vermessung der Welt hat sich Kehlmann aus torischen Persönlichkeiten zu geben? Neben der Ver- dem Bastelkasten der Geschichte bedient und histori- weigerung, die Fiktionen in seinem Roman als solche sche Fakten mit Erfindungen vermischt. In Anlehnung kenntlich zu machen, ist ein weiterer Grund für die Ver- an den magischen Realismus nennt er dieses Verfah- wirrung, die Kehlmann stiftet, seine Pose des Gelehrten, ren „gebrochener Realismus“128: „Das Buch gibt sich die er in den Essays zur Literatur, aber auch in Talkshows, als ernsthaftes Geschichtswerk und ist das Gegenteil z. B. mit Thomas Gottschalk, einnimmt. Hier ergibt sich davon.“129 Er gibt jedoch vor, „im Dienste der Wahrheit“ das Paradoxon, dass das Publikum und die Talkrunde zu agieren: „Im Dienste der Wahrheit musste ich eben hie per se demjenigen, der die Rolle des Gelehrten spielt, glaubt und vertraut, so wie auch Gottschalk, der mein- te, Alexander von Humboldt durch Kehlmann nun end- fest, bildet sie doch auch die Grundlage für seinen Bucherfolg: Nur der An- 123 lich verstanden zu haben. spruch, die gleichsam „verborgene“ Seite beider Wissenschaftler zu zei- gen, kann ein großes Lesepublikum dank des Anreizes und der Verlockung Eine hervorragende Quelle für die Rezeptionsfor- gewinnen, anstelle der vermeintlich nur schwer lesbaren und unverständ- schung sind die Amazon-Feedbacks. Aus ihnen wird lichen wissenschaftlichen Werke ein noch tieferes Verständnis beider For- deutlich, wie groß die Anzahl der Leser ist, die, wie Tho- scher auf nur wenigen Seiten geboten zu bekommen.“ Ottmar Ette: Alex- mas Gottschalk, dem Missverständnis erliegen, den Ro- ander von Humboldt und die Globalisierung, S. 310. man Die Vermessung der Welt und seine Protagonisten im Großen und Ganzen als wahr anzusehen und mei- 125 Zit. nach Klaus Zeyringer: Vermessen. Zur deutschsprachigen Rezep- nen, sich durch ihn bilden zu können.124 tion der ‚Vermessung der Welt‘. In: Nickel, Gunther (Hg.): Daniel Kehlmanns ‚Die Vermessung der Welt’, S. 86.

120 Ebd., S. 27. 126 Daniel Kehlmann: Diese sehr ernsten Scherze, S. 35

121 Ebd., S. 27. 127 Die Humboldt-Forschungsstelle erhält allerdings beinahe täglich An- fragen, meist als Emails, und viele drehen sich um „Humboldt-Zitate“ über 122 Daniel Kehlmann: »Wie ein verrückter Historiker« Orte („die Gegend von … ist die schönste“), Bäume („habt Ehrfurcht vor dem Baum“), Weltanschauungen („die gefährlichste Weltanschauung …“). 123 „Literatur im Foyer“ – extra. Thomas Gottschalk und Daniel Kehlmann Vermutlich sind viele solcher nicht belegten Aussprüche für Kehlmann hum- zu Gast bei Felicitas von Lovenberg, 1. September 2011, 22.30 Uhr SWR Fern- boldtgemäßer als echte, nachweisbare Zitate. sehen. 128 Daniel Kehlmann: Diese sehr ernsten Scherze, S. 22. 124 „Daniel Kehlmann hält mit guten Gründen in seinen Interviews im- mer wieder an dieser Behauptung [im Dienste der Wahrheit zu agieren] 129 Ebd., S. 22

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und da die Richtigkeit manipulieren.“130 Seine Absicht ist es weist alles ab, was die Seele erhebt und den Vor- 61 dabei, dass „gemeinhin verschwiegene oder übersehene stellungskreis erweitert.136 Wahrheiten sichtbar werden“131. Warum fehlt ein Satz wie: Vergleicht man seine Figur jedoch mit dem histo- rischen Alexander von Humboldt – und versucht da- Ich habe bei den sogenannten „wilden“ Völ- bei bei aller Subjektivität, der sich auch der Literatur- kern die erhabensten Begriffe von Gott, Tugend, wissenschaftler und Historiker nicht entziehen kann, so Freundschaft in den Anfangen ihrer Sprache ge- objektiv und wahrheitsnah wie möglich zu sein, muss funden, in deren tiefe Wahrheit mich hineinzu- man erkennen, dass wesentliche Charakteristika der denken mir nur gelang, wenn ich mich ganz von Kehlmann‘schen Figur nicht mit dem wirklichen Alexan- europäischen Anschauungen, zumal von Äußer- der von Humboldt übereinstimmen. Es handelt sich da- lichkeiten, im Geiste losmachte.137 bei, wie oben gezeigt, nicht um Marginalien, sondern um grundlegende Eigenschaften der Figur. Alexander Es fällt schwer zu glauben, dass die Erfindungen in Die von Humboldt war kein klein gewachsener, roboterhaft Vermessung der Welt die Wahrheit besser sichtbar ma- 5. Kehlmann – der Gelehrte. Ein Paradoxon in Uniform und mit Degen den Urwald untersuchen- chen sollen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass Daniel der, pädophiler, überheblicher, humorloser, fast immer Kehlmann – mit dem Blick auf den Erfolg beim breiten schlecht gelaunter, chauvinistischer Forscher. Er war Publikum – die Figur mit erfundenen Charakteristika at- auch nicht der positivistische Läusezähler, als den Kehl- traktiver machen und zudem Vorurteile gegen Wissen- mann ihn hinstellt. In Wahrheit machten sich Bonpland schaftler bedienen wollte. Dieses Kalkül funktionier- und Humboldt einen Spaß daraus, die jungen feinen te perfekt. Das Publikum und der Buchmarkt haben es Damen mit ihrem Mikroskop zu beeindrucken.132 ihm gedankt.

Humboldt setzte sich für die Rechte der Indianer ein, Dem Film von Detlev Buck liegt dasselbe Konzept zu- die im Roman kaum mehr als Staffage sind und bezeich- grunde. In edlen Bildern darf der nach Kehlmann’schen nete Bauwerke der Kulturen der Neuen Welt wie der Kriterien designte Humboldt nun die Sensationslust Chimú als „Denkmäler der großartigen Zivilisation“133. des Publikums bedienen und dabei auch mal zur Pistole Er war beileibe kein „Maschinenmensch.“134 Der „echte“ greifen und auf einen Angreifer schießen, oder, zusam- Alexander von Humboldt engagierte sich sein Leben men mit indianischen Kannibalen, gegrilltes Menschen- lang für die Ideale der Französischen Revolution und für fleisch . Bonpland rettet eine Frau, die im Fluss von die Menschenrechte. Sein Einsatz gegen die Sklaverei einem Zitteraal angefallen wird, und jede Menge nackte war ihm, wie er öffentlich bekannte, weitaus wichtiger Busen erfreuen – dreidimensional – den Kinobesucher. als „die mühevollen Arbeiten astronomischer Ortsbe- stimmungen, magnetischer Intensitäts-Versuche oder Im Grunde ist Die Vermessung der Welt ein antiauf- statistischer Angaben.“135 Warum fehlen in Kehlmanns klärerisches Buch. Im besten Fall ist es nicht mehr als Roman Aussagen wie diese: ein sinnfreier historischer Spaß. Dieser geht allerdings auf Kosten zweier Personen, die sich nicht mehr weh- Die Mönchszucht […] in die Wildnisse der Neuen ren können.138 Dieser reichlich sinnfreie Spaß traf wie Welt verpflanzt […], muss desto verderblicher wir- kein anderes „historisches“ Buch den Nerv des Publi- ken, je länger sie andauert. Sie hält von Genera- kums. Vermutlich ist der große Erfolg zu einem beacht- tion zu Generation die geistige Entwicklung nie- lichen Teil auf die Erwartung zurückzuführen, etwas aus der, sie hemmt den Verkehr unter den Völkern, sie dem Buch zu lernen und dabei auch ab und zu unter die Bettdecken zweier berühmter Männer zu blicken. Das 130 Daniel Kehlmann: »Mein Thema ist das Chaos«, S. 38. bestätigen viele Amazon-Feedbacks. Wer allerdings et-

131 Daniel Kehlmann: »Wie ein verrückter Historiker« 136 Alexander von Humboldt: Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neu- 132 Vgl. Humboldt an Reinhard und Christiane von Haeften, Cumaná, 18. en Kontinents. Bd. 1, S. 294. und 20. November 1799. In: Alexander von Humboldt: Briefe aus Amerika 137 Zu Wilhelm Hornay, Berlin, 25. August 1857. In: Wilhelm Hornay: Ale- 1799–1804, S. 65 f. xander von Humboldt, S. 12 f. 133 Reisetagebuch, Aufenthalt in Trujillo (Peru), 24. September–7. Ok- 138 Wie sich Humboldt gegen literarische Verhackstückung zur Wehr ge- tober 1802. In: Margot Faak (Hg.): Alexander von Humboldt: Reise auf dem setzt hat, zeigt der „Fall Dedenroth“: Ingo Schwarz: „Humbug und Takt- Magdalena, durch die Anden und Mexiko. Bd. 2, S. 170. losigkeit“ oder „ein anlockendes Aushängeschild“ - Alexander von Hum- 134 Daniel Kehlmann: Wo ist Carlos Montúfar?, S. 23. boldt als Held einer Novelle – 1858. In: HiN – Alexander von Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (Potsdam - Berlin) VIII, 135 Alexander von Humboldt: »Insel Cuba«, zit. nach: Ingo Schwarz (Hg.): 14 (2007) .

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was für seine Allgemeinbildung tun möchte, ist bei Die 62 Vermessung der Welt an der falschen Adresse. In einem Amazon-Feedback bringt es der Leser „michaelbyron“ auf den Punkt: „Der Erfolg dieses Buches [...] zeigt nicht Zitierweise etwa ein Wiedererstarken des Bildungsbürgertums, sondern den Untergang desselben.“139

Zitierweise

Holl, Frank (2012): „Die zweitgrößte Beleidigung des Menschen sei die Sklaverei ...“ – Daniel Kehlmanns neu erfundener Alexander von Humboldt. In: HiN - Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Hum- boldt-Studien (Potsdam - Berlin) XIII, 25, S. 46-62. Online verfügbar unter

Permanent URL unter

139 Michael „michaelbyron“ (Hamburg) 19. April 2007. .

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À propos Kehlmann

Der Aufsatz erschien ursprünglich in den Mittei- lungen der Gauss-Gesellschaft 47 (2010), S. 9-25. Der Wiederabdruck erfolgt mit freundlicher Ge- nehmigung der Gauss-Gesellschaft Eberhard Knobloch Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß – im Roman und in Wirklichkeit

Zusammenfassung Résumé

Daniel Kehlmanns Roman „Die Vermessung der Welt“ Le roman de Daniel Kehlmann „Le mesurage du mon- wird hoch gepriesen und streng kritisiert. Kehlmanns de“ est célébré et critiqué fortement en même temps. Kritiker lesen seine Satire als eine verfälschte Biographie Les critiques de Kehlmann lisent sa satire comme une von Gauss und Humboldt, obwohl der Autor wiederholt biographie détériorée de Gauss et de Humboldt quoi- selbstironische Bemerkungen eingestreut hat, die sein que l’auteur ait inséré à maintes reprises des remarques wahres Ziel offenbaren. Der Aufsatz bemüht sich, Kehl- autoironiques qui révèlent sa vraie fin. L’article s’effor- manns fiktiven Roman angemessen zu beurteilen und ce de juger justement le roman fictif de Kehlmann et einige der wirklichen Aktivitäten und Errungenschaften de caractériser quelques-unes des activités et conquê- von Gauss und Humboldt zu charakterisieren, indem tes réelles de Gauss et de Humboldt en comparant les Kehlmanns erzählte mit den historischen Tatsachen ver- faits racontés par Kehlmann avec les faits historiques. glichen werden. Beide Wissenschaftler waren stark am Les deux savants s’intéressaient beaucoup au magnétis- Erdmagnetismus interessiert, was zeitweise zu einigen me terrestre ce qui entraînait quelques désaccords pen- Spannungen zwischen ihnen führte. Humboldts Mess- dant quelques années. Les méthodes humboldtiennes methoden und seine Überzeugung, dass alles Wechsel- de mesurage et sa conviction que tout est interaction wirkung ist, waren zwei Seiten derselben Medaille. Nur étaient deux côtés de la même médaille. Seulement numerische Elemente konnten helfen, die Gesetze zu des éléments numériques pouvaient aider de découvrir finden, die die Natur regieren. Humboldts wissenschaft- les lois de la nature. Les techniques scientifiques et les liche Techniken und Ziele (Methode der Mittelwerte) fins de Humboldt (la méthode des valeurs moyennes) waren gut begründet. Humboldts Reisen und Forschen étaient bien fondées. Ses voyages et ses recherches for- bildeten eine untrennbare Einheit. Humboldts Naturbe- maient une unité inséparable. La notion humboldtienne griff schloss beide Möglichkeiten ein, das heißt die natu- de nature incluait les deux possibilités, à savoir la natura ra naturans und die natura naturata, die schaffende und naturans et la natura naturata, la nature créative et gou- herrschende Natur und die Natur, die von bestimmten vernante et la nature gouvernée par certaines lois. Son Gesetzen beherrscht war. Sein überragendes Interesse intérêt extraordinaire aux lois de la nature était basé sur an Naturgesetzen gründete auf der Überzeugung, dass sa conviction qu’elles sont éternelles and qu’elles garan- sie ewig waren und dass sie die Ordnung und Ewigkeit tissent l’ordre et l’éternité du monde. der Welt garantierten. 64

À propos Kehlmann

Der Aufsatz erschien ursprünglich in den Mittei- lungen der Gauss-Gesellschaft 47 (2010), S. 9-25. Der Wiederabdruck erfolgt mit freundlicher Ge- nehmigung der Gauss-Gesellschaft Eberhard Knobloch Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß – im Roman und in Wirklichkeit

Abstract

Daniel Kehlmann‘s novel „The measuring of the world“ is highly praised and strongly criticized as well, Kehl- mann‘s critics read his satire as a deteriorated biogra- phy of Gauss and Humboldt though the author repeat- edly inserted self-ironical remarks that reveal his true aim. The paper tries to do justice to Kehlmann‘s fiction- al novel and to characterize some of Gauss‘s and Hum- boldt‘s real activities and achievements by comparing Kehlmann‘s narrative with historical facts. Both scien- tists were strongly interested in earth magnetism that temporarily led to some tensions between them. Hum- boldt‘s measuring methods and his conviction that ev- erything is interaction were two sides of the same med- al. Only numerical elements could help to find the laws ruling the world. Humboldt‘s scientific techniques and aims (method of mean values) were well founded. Hum- boldt‘s travelling and researching formed an unsepa- rable unity. Humboldt‘s notion of nature implied both possibilities, that is natura naturans and natura natur- ata, the creative and governing nature and the nature governed by certain laws. His outstanding interest in natural laws was based on the conviction that they are eternal and that they guarantee the order and eternity of the world. Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß – im Roman und in Wirklichkeit (E. Knobloch)

1. Einleitung und absurden Unsinn über seine Person erfinden kön- 65 ne,“ heißt es gleich im ersten Abschnitt. Im zehnten Ab- Im Brandenburgsong von Rainald Grebe heißt es: schnitt redet Humboldt (Kehlmann 2005, 221): „Künstler hielten Abweichungen für eine Stärke, aber Erfundenes

1. Einleitung1. In Berlin bin ich einer von 3 Millionen. verwirre die Menschen...Romane, die sich in Lügenmär- chen verlören, weil der Verfasser seine Flausen an die In Brandenburg kann ich bald alleine wohnen. Namen geschichtlicher Personen binde.“ Warum eigent- lich meinen deutsche Kritiker, diese Aussagen überge- Oh Brandenburg. hen zu können und oberlehrerhaft die Kehlmannschen Aussagen mit der vermeintlichen oder tatsächlichen Ja, weiß denn dieser Ignorant nicht, dass in Berlin über Wahrheit vergleichen zu müssen? Kehlmann mit Ver- 3,5 Millionen Einwohner leben, in Brandenburg immer- achtung oder vernichtender Kritik begegnen zu dürfen? hin noch knapp 2 Millionen? Sollte jemand auf die Lied- Und doch ist die Gefahr nicht zu leugnen, die solches satire derart griesgrämig reagieren, könnte er kaum mit Spiel mit Fiktion und Wirklichkeit nach sich zieht: Der Verständnis rechnen. „Difficile est saturam non scribe- Leser kann nicht mehr zwischen Sein und Schein unter- re“, hatte der römische Dichter Juvenal gesagt (Sat. 1, scheiden, läuft Gefahr, beides für ein- und dasselbe zu 30), „Schwer ist es, keine Satire zu schreiben.“ Aber eine halten, jedenfalls dann, wenn er es nicht besser weiß. Satire zu schreiben, die als solche erkannt und gewür- digt wird, ist es eben auch. Davon zeugen Ruhm und Auch der Münchener Mathematiker Roland Bulirsch, Kritik an Daniel Kehlmanns Roman „Die Vermessung der der eine Laudatio auf den Literaturpreisträger Kehl- Welt“. Oder um es sinngemäß mit Schiller zu sagen (Pro- mann veröffentlichte (Bulirsch 2006, 850), ist dieser Ge- log zu Wallensteins Lager, Vers 102f.): fahr nicht entgangen. „Das Credo des Galileo Galilei: „Alles Messbare messbar zu machen“ ist auch das Cre- Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt, do Humboldts“, heißt es dort. Nur: Galileis angebliches Credo war nicht sein Credo, sondern ist ihm nach jet- schwankt sein Charakterbild in der Geschichte. zigem Kenntnisstand von dem französischen Historiker Thomas Henri Martin 1868 in den Mund gelegt worden Jedenfalls gehört es zu den Lieblingsbüchern des Poli- (Kleinert 2009, 200-203). Als Humboldts Glaubensbe- tikers und ehemaligen Kanzlerkandidaten Frank Walter kenntnis taugt es nur bedingt. Das ist noch näher aus- Steinmeier1. zuführen. Bestimmte Szenen sind bei Kehlmann der- art grell überzeichnet, dass deren fiktionaler Charakter kaum zu übersehen ist: Das geradezu sadistische Ver- 2. Daniel Kehlmanns „Die Vermessung halten Wilhelm von Humboldts gegenüber seinem jün- der Welt“ geren Bruder, den er in einen Schrank sperrt oder teil- nahmslos fast ertrinken lässt (Kehlmann 2005, 21, 24f.); Daniel Kehlmann hat eine satirische Auseinanderset- der erotomanische Gauß mit seinen regelmäßigen Be- zung mit dem verfasst, was es heißt, deutsch zu sein, suchen bei einer Prostituierten (der an manchen Poli- eine satirische Ideologiekritik, in der Gestalt eines Pseu- tiker erinnert); der Besuch von Gauß beim dementen do-Sachbuchs, eines „Romans“, wie im Titel ausdrück- Hanswurst in Königsberg mit dem Namen Immanu- lich gesagt, aber allzu oft überlesen wird2. Um es mit el Kant (Kehlmann 2005, 94-97), eine Majestätsbeleidi- Kehlmann zu sagen (Staatstheater Braunschweig 2008, gung für Philosophen. Humboldt hat ihn sehr verehrt, 8): „Es sollte so klingen, wie ein seriöser Historiker es aber Gauß war niemals in Königsberg. schreiben würde, wenn er plötzlich verrückt geworden wäre.“ Darf Kehlmann das? Die Frage stellen, heißt sie Schwierig wird es, wenn es um wissenschaftliche bejahen: Natürlich darf ein Schriftsteller historische Per- Interessen, Überzeugungen und Tätigkeiten, etwa die sonen in einer Gesellschaftssatire bis zur Unkenntlich- Mess- und Reisetätigkeit Humboldts geht, die diesem keit verfremden. Zumal dann, wenn er wie Kehlmann im Kern nicht abzusprechen sind: Sowohl Humboldts durch selbstironische Einsprengsel an seinem Vorge- Amerika- wie auch Russlandreise sind keine Fiktionen, hen keinen Zweifel lässt (Kehlmann 2005, 59): „Sogar sondern haben stattgefunden. Humboldts Messtätig- ein Verstand wie der seine, sagte Gauß, hätte in frü- keit ist durch ungezählte Briefe, seine Tagebücher, sei- hen Menschheitsaltern oder an den Ufern des Orinoko ne Veröffentlichungen belegt; oder wenn es um Dinge nichts zu leisten vermocht, wohingegen jeder Dumm- geht, die möglich, aber weder bewiesen noch wider- kopf in zweihundert Jahren sich über ihn lustig machen legbar sind, etwa Humboldts Homosexualität, bei Kehl- mann im Dialog zwischen den Brüdern eine Tatsache (Kehlmann 2005, 264). Im folgenden möchte ich des- 1 Süddeutsche Zeitung vom 12.8.2009, S. 1. halb vier zentrale Aspekte des Humboldtschen wissen- 2 siehe auch die Kehlmann-Rezension von Ivo Schneider in Mitt. Gauß- schaftlichen Interesses, Tuns und Programms unter He- Ges. 43, S. 67-69 (2006). ranziehung einschlägiger Zitate aus Kehlmanns Roman

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ansprechen, nämlich den Erdmagnetismus, die Grün- Der Nachteil der Humboldtschen Messmethode be- 66 de und Zwecke der Humboldtschen Messtätigkeit (kurz stand in einer Abhängigkeit: Die Verteilung des freien sein Forschungsprogramm), die dabei hauptsächlich Magnetismus in den Teilchen der Nadel wurde als un- verwandten Methoden und seinen Natur- und Geset- verändert vorausgesetzt, was nur für kleine Zeiträu- zesbegriff. me zutrifft. Gauß stellte am 15. Dezember 1832 in der Göttinger Akademie der Wissenschaften seine Metho- de vor, die Intensität der erdmagnetischen Kraft auf ein 3. Humboldt und Gauß absolutes Maß zurückzuführen. Die Anzeige davon er- 3. Humboldt und Gauß schien neun bzw. zwölf Tage später in den Göttinger Gauß hatte Humboldt im Herbst 1826 in Göttingen ken- Gelehrten Anzeigen am 24. und 27. Dezember 1832 nen gelernt. Die gegenseitige Wertschätzung, ja Ver- (Gauß 1832, 2042): ehrung der beiden Männer für einander ist durch ihren Briefwechsel hinreichend belegt (Biermann 1958/59). Die ersten Aufklärungen über die Intensität des Davon ist bei den Kehlmannschen Romangestalten so Erdmagnetismus verdanken wir Herrn von Hum- gut wie nichts zu spüren. Nur in den Jahren 1833 bis boldt, welcher auf allen seinen Reisen ein Haupt- 1836 herrschte zwischen beiden eine drei Jahre wäh- augenmerk darauf gerichtet und eine sehr gros- rende, vorübergehende Verstimmung, die mit ihrem se Menge von Beobachtungen geliefert hat, aus gemeinsamen starken Interesse für den Erdmagne- denen sich die allmähliche Abnahme dieser In- tismus zu tun hatte. Eine Verstimmung, die sich aller- tensität, von dem magnetischen Äquator der Erde dings auch noch später bei Gauß nachweisen lässt, wie nach den magnetischen Polen zu, ergeben hat. gezeigt werden soll. Dieses gemeinsame Interesse (für Sehr viele Beobachter sind seitdem in die Fusstap- den Erdmagnetismus) spielt auch bei Kehlmann eine fen jenes grossen Naturforschers getreten. wichtige Rolle: Gauß erhält dort Humboldts Brief aus Russland, während er gerade die Intensität der mag- Freundliche Worte voller Anerkennung, nur dass kurio- netischen Kraft misst. Humboldt bittet darin um Nach- ser Weise Humboldts Gesetz auf den Kopf gestellt ist: sicht wegen seiner magnetischen Messdaten, da er eine Aus der Zunahme ist eine Abnahme geworden, ein Feh- vorgeschriebene Reiseroute zu beachten habe. „Zum ler, der unverändert in den Wiederabdruck in der Werk- ersten Mal tat Humboldt ihm leid“, schreibt Kehlmann ausgabe übernommen wurde (Gauß 1867, 293)3. Hum- (2005, 274). Umgekehrt heißt es von Humboldt, der bei boldt hat diese Anzeige ins Französische übersetzt, wie Kasan entsprechende Magnetmessungen vornimmt: er Gauß am 17.2.1833 mitteilte (Biermann 1977, 42-46), „Plötzlich tat Gauß ihm leid...Der arme Mann hatte nie ohne dass seine Übersetzung in Paris gedruckt wurde, etwas von der Welt gesehen“ (Kehlmann 2005, 276). so dass offen bleiben muss, wie er mit dem Fehler um- gegangen ist. Im Brief spricht er diesen nicht an, aner- Tatsächlich hatte Humboldt diese Untersuchung zu kennt jedoch den Fortschritt, den Gauß mit seiner Me- einer der Hauptaufgaben seiner Unternehmung ge- thode für die Erforschung des Erdmagnetismus erzielt macht, wie er im „Kosmos“ berichtet (Humboldt 1845- hat, und fügt hinzu (Körber 1958, 4): „Ich träume, daß 1862 I, 193 mit Anm. 158). Die Aufgabe bestand darin, meine Bitten, die Versuche, die Sie in meinem Hause mit die verschiedenen Zeiten zu bestimmen, in denen die Auffindung der Inclination...gemacht haben mitgewirkt Magnetnadel an verschiedenen Orten dieselbe Anzahl haben zu dem Entschlusse, diesen verworrenen Theil von Schwingungen ausführt, oder die verschiedenen der Physik aufzuklären.“ Gauß hat diesen Traum in sei- Anzahlen von Schwingungen innerhalb desselben Zeit- ner Antwort vom 13.6.1833 höflich zurückgewiesen: raums. Unter Heranziehung der Werte von Paris fand er durch Vergleich mit den in Kuba, Mexiko und Südameri- Daß die unbedeutenden Versuche, die ich vor 5 ka ermittelten Schwingungszahlen das empirische Ge- Jahren bei Ihnen zu machen das Vergnügen hat- setz (Honigmann 1984, 58) :„Die Intensität der erdmag- te, mich der Beschäftigung mit dem Magnetismus netischen Kraft nimmt vom magnetischen Äquator zum zugewandt hätten, kann ich zwar nicht eigentlich magnetischen Nordpol hin zu.“ In der „Relation histo- sagen, denn in der That ist mein Verlangen da- rique“ (Humboldt 1814-1825 III, 615) hatte er dazu ge- nach so alt, wie meine Beschäftigung mit den ex- sagt: „J’ai regardé la loi du décroissement des forces magnétiques, du pôle à l’équateur, comme le résultat le plus important de mon voyage américain“ [„Ich habe 3 Weder Gauß noch Humboldt sprechen von einer Komponente der In- das Gesetz der Abnahme der magnetischen Kräfte vom tensität, sondern ausdrücklich von der Intensität schlechthin. Gauß‘ Aus- Pol zum Äquator als das wichtigste Ergebnis meiner sage wäre nur richtig, wenn er die horizontale Komponente der Totalinten- amerikanischen Reise betrachtet“]. Humboldt erwähn- sität gemeint hätte, ohne dies zu sagen: Die Totalintensität nimmt von den te das Gesetz 1829 in seiner Petersburger Akademie- Polen (ca. 0,6 Gauß) zum Äquator (ca. 0,3 Gauß) ab (Fischer-Lexikon Geo- rede (Knobloch u.a. 2009, 278). Er zitierte die Stelle des physik, 1960, S. 108). - Gauß hat den Fehler vor dem Wiederabdruck seiner Reiseberichts im „Kosmos“, ein Beweis für die Wichtig- Anzeige in den Astronomischen Nachrichten 10, 1833, S. 349-360 berich- keit, die er seiner Entdeckung beimaß. tigt. Den Hinweis darauf verdanke ich meiner Frau Karin Reich.

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acten Wissenschaften überhaupt, also weit über Vom höheren Standpunkt der Wissenschaft aus 67 40 Jahre. betrachtet ist aber die möglichst vollständige Zu- sammenstellung der Beobachtungen noch nicht Humboldt brauchte drei Jahre, um seine Verstimmung das Ziel selbst. Man hat nur Bausteine, kein Ge- über diese Zurückweisung zu überwinden. Aber auch bäude, solange man nicht die verwickelten Er- Gauß scheint umgekehrt über Humboldts ‚Traum’ ver- scheinungen Einem Prinzip unterwürfig gemacht stimmt gewesen zu sein. Jedenfalls finden sich in seiner hat... Es ist jedenfalls gut, dies höchste Ziel vor Au- 1841 erschienenen Schrift „Intensitas vis magneticae gen zu haben. 3. Humboldt und Gauß terrestris ad mensuram absolutam revocata“ einige be- merkenswerte Änderungen gegenüber der deutschen Was sich vielleicht wie eine leise Kritik am Vorgehen Anzeige aus dem Jahre 1832. Dort heißt es nunmehr Humboldts liest, entsprach in Wahrheit dessen eigener (Gauß 1841a, 81): Vorstellung von einem pragmatischen, erfolgreichen Forschungsprogramm. Ja, Gaußens Wortwahl erinnert Illustri Humboldt inter tot alias ea quoque laus an das, was Humboldt in seiner Abhandlung über iso- debetur, quod primus fere huic argumento therme Linien und Wärmeverteilung auf der Erdoberflä- animum advertit, inque itineribus suis magnam che aus dem Jahre 1817 ausdrücklich gesagt und in den copiam observationum circa intensitatem „Kleineren Schriften“ wenige Jahre vor seinem Tod wie- relativam magnetismi terrestris congessit, e derholt hatte (Humboldt 1817, 20; Humboldt 1853, 207): quibus continuum incrementum huius intensitatis, dum ab aequatore magnetico versus polum Kann man verwickelte Erscheinungen nicht auf progredimur innotuit. Permulti physici vestigiis eine allgemeine Theorie zurückführen, so ist es huius naturae scrutatoris insistentes … ���������[Dem be- schon ein Gewinn, wenn man das erreicht, die rühmten Humboldt schuldet man neben so vielen Zahlen-Verhältnisse zu bestimmen, durch wel- anderen auch dieses Lob, dass er fast als Erster den che eine große Zahl zerstreuter Beobachtungen Geist auf dieses Thema gelenkt hat und auf seinen mit einander verknüpft werden können, und den Reisen eine große Menge von Beobachtungen zur Einfluß localer Ursachen der Störung rein empiri- relativen Intensität des Erdmagnetismus sammel- schen Gesetzen zu unterwerfen. Das Studium die- te, aus denen die ständige Zunahme dieser Inten- ser Gesetze erinnert die Reisenden, auf welche sität bekannt wurde, wenn wir vom magnetischen Probleme sie vorzüglich ihre Aufmerksamkeit zu Äquator zum Pol fortschreiten. Sehr viele Natur- richten haben. forscher traten in die Fußstapfen dieses Naturfor- schers …] Die Theorie der Wärme-Verteilung werde in dem Maße an Ausdehnung und Schärfe gewinnen, wie die Beob- Die Unterschiede habe ich im lateinischen Text durch achtungen vervielfältigt werden. Der fast neunzigjäh- Unterstreichung gekennzeichnet: Aus den „ersten rige Humboldt nahm die metaphorische Sprechweise Aufklärungen“ ist „fast der Erste“ geworden, aus der von den „verwickelten Naturerscheinungen“ mehr- „sehr großen Menge“ eine „große Menge“ von Beob- fach auf, eine Metaphorik, die ihr Vorbild in Kants „All- achtungen, aus dem „großen Naturforscher“ ein „Na- gemeiner Naturgeschichte und Theorie des Himmels“ turforscher“. Wer möchte hier an Zufall glauben? Die hat: Kant spricht dort von der Auswickelung der Ord- Übersetzungen sind völlig unzuverlässig und machen nung der Natur nach bestimmten Gesetzen (Kant 1755, bezeichnender Weise diese Änderungen nicht mit: Sie 232). Dass Kant in der kurzen Einleitung zum fünften lassen „Illustri“ beiseite (Gauß 1841b; 1841c), ebenso Buch des „Kosmos“ ausdrücklich zitiert wird (Humboldt „fere“ (Gauß 1841b, 241), verwechseln es mit „fortassis“ 1845-1862 V, 8), ist danach offenbar kein Zufall. Hum- (wohl) (Gauß 1841c, 3) oder bleiben gemäß der Anzeige boldts Ziel sei es gewesen, partielle Kausalzusammen- beim „großen“ (Gauß 1841c, 3) oder „so großen“ (Gauß hänge zu erforschen. Die allmähliche Zunahme der Ver- 1841d, 5), weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Noch allgemeinerungen seien für jetzt die höchsten Zwecke vor seiner lateinischen Abhandlung über die Intensität der kosmischen Arbeiten. Kurz: Noch allzu viele Kennt- der erdmagnetischen Kraft erschien Gaußens „Allge- nisse entzögen sich einer mathematischen Gedanken- meine Theorie des Erdmagnetismus“ (Gauß 1839). Hum- entwicklung, als dass seine Weltbeschreibung zugleich boldt hatte sie mit Hilfe des Mathematikers Jacobi in- eine Welterklärung sein könnte. Ein durchaus Newto- tensiv studiert (Biermann 1971, 102f.). Humboldts große nischer Gedanke! Hatte es doch Newton im Scholium Anzahl magnetischer Beobachtungen aus dem russi- generale seiner „Principia mathematica“ ebenso abge- schen Reich wurden von Gauß erwähnt und in seiner lehnt, die Gravitation zu erklären, Hypothesen zu ersin- analytischen Theorie verwendet (Gauß 1839, 154-156). nen, und sich programmatisch darauf beschränkt, die Freilich hatte er zu Beginn der Schrift einschränkend ge- Wirkung der Gravitation zu beschreiben. Dementspre- mahnt (Gauß 1839, 122): chend war Humboldts Ziel die Entdeckung von Geset- zen realer Naturprozesse und das Aufdecken eines Kau- salzusammenhanges (Humboldt 1845-1862 V, 9).

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4. Alles ist Wechselwirkung daten war Humboldts empirischer Induktivismus, seine 68 Überzeugung, dass nur so eine verlässliche Grundlage „Es erfüllte Humboldt stets mit Hochgefühl, wenn et- für das Auffinden von Naturgesetzen und das Ausarbei- was gemessen wurde“, heißt es bei Kehlmann anläss- ten von Theorien gewonnen werden kann. Hauptzweck lich der französischen Vermessung eines Längengrades war, mit Hilfe des Zahlenmaterials funktionale Zusam- (2005, 39). Und etwas später zu Bonplands Ungeduld menhänge aufzudecken, das Bilden von Zahlenverhält- über Humboldts ständige Messtätigkeit auf dem Weg nissen, wie es Humboldt nannte, das Zusammenwirken nach Madrid: „Ein Hügel, von dem man nicht wisse, wie der Naturkräfte zu entschlüsseln. Das Zahlenmateri- hoch er sei, beleidige die Vernunft und mache ihn un- al stand im Dienste von Humboldts holistischer Welt-

4. Alles ist Wechselwirkung ruhig“ (2005, 42). Messen als paranoide Beschäftigung sicht. Die Werte einer Größe blieben nicht isoliert, son- um ihrer selbst willen? Tatsächlich hatte Humboldt am dern wurden in Beziehung zu anderen Größen gesetzt. 20. März 1837 gegenüber Johann Gotthelf Fischer von Messen war kein Selbstzweck, sondern für das zu ge- Waldheim bekannt (Handschrift: Archiv der Russischen winnende Weltverständnis unentbehrlich. Zwar ging Akademie der Wissenschaften F. 260, op. 2, Nr. 50, l. 11): es nicht wie bei Kepler um das Auffinden eines göttli- „J’ai la fureur des chiffres exactes“ [„Ich bin von exakten chen Schöpfungsplans gemäß der „Weisheit Salomo- Zahlen besessen“]. Seine Schriften und sein Briefwech- nis“ (11, 20), nach der Gott alles nach Maß, Zahl und Ge- sel legen von dieser „fureur“ beredtes Zeugnis ab. Orts- wicht geordnet hatte. Aber um Schöpfung durchaus: bestimmungen, die die geographische Breite und Län- Wenn Kehlmann Humboldt sagen lässt, er habe keine ge bis zu bestimmten Bogensekunden genau erfassten, anderen Geheimnisse gesucht als die so offen liegen- Temperaturmessungen mit Zehntelgraden waren keine den Wahrheiten der Schöpfung (Kehlmann 2005, 218), Seltenheit. so verwendet er historische zutreffende Begrifflichkeit. Darauf wird noch einzugehen sein. Über Gründe und Zwecke des Humboldtschen Vor- gehens ist damit noch nichts gesagt: Hauptgrund für die Anfang August 1803 notierte Humboldt in seinem Gewinnung möglichst vieler, möglichst genauer Mess- Tagebuch (Faak 2003a, 358; 2003b, 258): „L’évaporation,

Abb.1: „Geographie der Pflanzen in den Tropen-Ländern; ein Naturgemälde der Anden“, Kupfertafel aus: A. von Humboldt, Ideen zu einer Geographie der Pflanzen usf., Tübingen 1807 (alle Abbildungen: Alexander von Humboldt-Forschungsstelle der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften/Verf.).

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causée par la chaleur, produit le manque d’eau et de ri- Palmen und Bananen-Gewächse, Farnkräuter und Fie- 69 vières, et le manque d’évaporation (source principa- berrinde bis hin schließlich zu Alpenkräutern, Gräsern le du froid atmosphérique) augmente la chaleur. Alles und in über 4600 m Höhe Flechten. Die restliche Berg- ist Wechselwirkung.“ [„Die von der Wärme verursachte schnittfläche hat er mit den Namen der Pflanzen be- Verdunstung bringt den Mangel an Wasser und Flüssen schrieben, die in der jeweiligen Höhe wachsen. Die sech- hervor, und der Mangel an Verdunstung (die Hauptquel- zehn Spalten endlich enthalten gleichsam alles, was die le der atmosphärischen Kälte) vermehrt die Hitze. Alles Naturlehre damals in Zahlen darbot, wie Humboldt sag- ist Wechselwirkung.“] Dieser Ausspruch ist zu Recht be- te (Humboldt 1807, 102). Alle Erscheinungen werden in rühmt geworden und hat noch jüngst Eingang ins Ma- ihrer Abhängigkeit von der Höhe numerisch erfasst: Die

4. Alles ist Wechselwirkung gazin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus dem horizontale Strahlenbrechung; die Entfernung, in wel- Jahre 2009 gefunden (Stiftung Preußischer Kulturbe- cher Berge auf der Meeresfläche sichtbar sind; Höhen- sitz 2009). Sein Kerngedanke, die Verkettung der Natur- messungen in verschiedenen Erdteilen; Kultur der Be- kräfte, wird besonders deutlich durch Humboldts groß- wohner nach Verschiedenheit der Höhe; Abnahme der artiges Naturgemälde der Anden. Den ersten Entwurf Schwere (nach Theorie berechnet); Luftbläue; Abnah- dazu hatte Humboldt nach eigenen Angaben im Feb- me der Feuchtigkeit (berechnete Mittelwerte); Luft- ruar 1803 im ecuadorianischen Hafenort Guayaquil aus- druck (nach Laplacescher Formel berechnet); mittlere gearbeitet, wo er die Zeit vom 4.1. bis zum 17.2.1803 ver- Lufttemperaturen; chemische Natur der Atmosphäre brachte (Humboldt 1807, 72). Während der „Essai sur la (des ‚Luftkreises’); untere Grenze des ewigen Schnees géographie des plantes“ seit 1805 in Paris erschien, wur- in Abhängigkeit von geographischer Breite; Grundzüge de das Bild erst 1807 als Beilage gestochen. Die deut- zu einem zoologischen Gemälde (Tiere und Höhe ihres sche, von Humboldt selbst stammende Bearbeitung Wohnortes); Siedehitze des Wassers; geognostische An- des „Essai“ und des „Tableau physique“ erschien 1807 sicht der Tropenwelt im Vergleich mit europäischen Ge- unter dem Titel: „Ideen zu einer Geographie der Pflan- birgen usf. Vier Aspekte verdienen, besonders hervor- zen nebst einem Naturgemälde der Tropenländer, auf gehoben zu werden: Beobachtungen und Messungen gegründet, welche vom 10. Grade nördlicher bis zum 10. Grade südlicher Breite, in den Jahren 1799, 1800, 1801, 1802 und 1803 (1) Entwurf als Wagnis angestellt worden sind, Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland 1807“. Humboldt nannte seinen Entwurf eines physikalischen Gemäldes der Äquinoktialländer ein Wagnis (Humboldt Das Gemälde - ein Ausschnitt daraus schmückt Kehl- 1807, 69). Hatte doch schon Platon das Vertrauen auf manns Einbandumschlag - ist eine Symbiose aus Text den Mythos seiner Erdbeschreibung im “Phaidon“ ein und Bild und zeigt, wie für Humboldt Wissenschaft, „schönes Wagnis“ (kalòs kíndynos) (Phaidon Kap. 63) Ethik und Ästhetik ein unauflösbares Ganzes bildeten genannt. Auch noch sein Alterswerk, den „Kosmos“, (Ette 2001, 52). Nach eigenem Anspruch (Humboldt wird Humboldt Entwurf nennen, „Entwurf einer phy- 1807, 44) stellte er alle (!) Erscheinungen zusammen, sischen Weltbeschreibung“, und zwar wegen des stets die die Oberfläche der Erde und die jene einhüllende unzureichenden Wissensstandes der Naturwissenschaf- Atmosphäre zwischen 10. Grad nördlicher und 10. Grad ten. Dessen war sich Humboldt stets bewusst. südlicher Breite dar. Damit umfasste das Gemälde Na- tur und menschliche Kultur. Humboldts Erläuterungen gelten dem Profil, das heißt der Kontur des Schnittes, (2) Zusammenarbeit der Geographie der Tropenpflanzen und schließlich den sechzehn Spalten tabellierter Angaben. Der Schnitt Wie der „Kosmos“, so beruhte auch sein Naturgemälde durch den höchsten Gipfel der Anden, den Chimborazo auf einer Zusammenarbeit mit befreundeten Wissen- (6310m) und den südamerikanischen Kontinent reicht schaftlern. Jean-Baptiste Biot berechnete die Werte für vom Pazifischen bis zum Atlantischen Ozean. Auf der die horizontale Strahlenbrechung und die Schwächung östlichen Seite ist durch eine Unterbrechung die für die der Lichtstrahlen in der Erdatmosphäre. Jean-Baptiste Aufzeichnung unvermeidbare Verkürzung dieser Sei- Delambre steuerte eigene Messungen zum Tableau der te der Anden angedeutet. Hinter dem Chimborazo hat Berghöhen bei. Marie Riche de Prony berechnete mehr Humboldt den zweithöchsten Vulkanberg der Anden, als vierhundert der Humboldtschen Höhenangaben. Es den Cotopaxi (5897m) gezeichnet. Die Höhe des Rau- sind also nicht Messdaten, sondern berechnete nume- ches (über 900m) ist maßstäblich zutreffend eingetra- rische Werte. gen.

Die Tropenpflanzen hat er in neun Vegetationsstu- (3) Natur und Kultur fen eingeteilt. Leben ist, wie Humboldt feststellt, in al- len Räumen der Schöpfung verbreitet (Humboldt 1807, Im „Kosmos“ will Humboldt Natur- und Geistesgeschich- 93): Auf die unterirdischen Sporenpflanzen folgen die te zusammenführen, will Intellekt und Gefühl, Verstand

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und Gemüt ansprechen, durch wissenschaftliche Auf- ment der Natur dürfe getrennt vom Rest betrachtet 70 klärung den Naturgenuss erhöhen und zum Naturstudi- werden, Vorgänger hatte. 1790 nannte er Jean-Louis um anregen (Knobloch 2005, 2). Dementsprechend be- Giraud-Soulavie den Gründungsvater der Pflanzengeo- schränkt sich Humboldt auch beim Naturgemälde nicht graphie (Bourguet 2002, 111). Für den Baron Louis-Fran- auf physikalische Angaben, sondern bezieht die Kultur çois-Elisabeth Ramond de Carbonnières fand Humboldt des Menschengeschlechtes ein. in den „Ideen“ die wärmsten Worte (Humboldt 1807, 94) und widmete die deutsche Bearbeitung dem darüber hoch erfreuten Goethe, der selbst ein Profil 1807 an- (4) Holistisches Anliegen fertigte, da Humboldts Profil zunächst nicht fertig ge-

4. Alles ist Wechselwirkung worden war. Tatsächlich einte beide die Überzeugung Sein holistisches Anliegen veranlasst ihn, die Tropen- von der Einheit in der Natur, die Neigung zur Botanik. welt in ständigem Vergleich mit europäischen Gege- Aber Humboldts von Anbeginn praktizierte instrumen- benheiten zu sehen, nie das Ganze angesichts der Fül- telle Vernunft, die eine allmähliche Vervollkommnung le der Einzeldaten aus dem Auge zu verlieren. Das von der Naturwissenschaften nur auf eine Vermehrung ge- Plinius dem Älteren genommene Motto des „Kosmos“ nauer Beobachtungen und Messungen gründen wollte, durchzieht die „Ideen“ und prägt das Naturgemälde entsprach nicht Goethes Herangehensweise.

Abb. 2: Vegetationsprofile des Chimborazo, Montblanc und Sulitelma (aus: A. von Humboldt, A. Bonpland, S. Kunth, Nova genera et species plantarum ... Prolegomena, Paris 1815).

(Naturalis historia VII,1): „Aber die Kraft und die Großar- Ein Naturgemälde, das seinen Namen den zahlrei- tigkeit der Dinge der Natur entbehren in all ihren Wech- chen numerischen, physikalischen Daten verdankte, seln der Glaubwürdigkeit, wenn jemand im Geiste nur hat Humboldt nicht nochmals veröffentlicht, wohl aber deren Teile und sie nicht als ganze erfasst.“ Bei Kehl- Vegetationsprofile, die wiederholt auch den Chimbora- mann wird daraus (2005, 117): „Alle großen Ströme sei- zo betrafen. Den 1815 erschienenen „Einleitenden Vor- en verbunden. Die Natur sei ein Ganzes.“ bemerkungen über die Einrichtung des Werkes und die geographische Verteilung der Pflanzen entspre- Es mindert nicht Humboldts Verdienste um die chend der klimatischen Beschaffenheit und der Höhe Pflanzengeographie und die Anfertigung des Naturge- der Berge“ (Humboldt 1815a) war ein farbiger Kupfer- mäldes, das er mit seiner dreidimensionalen Zonierung stich „Grundlinien der Pflanzengeographie“ (Geogra- der Vegetation, mit seiner Forschungsmaxime, kein Ele- phiae plantarum lineamenta) beigegeben (Neudruck

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in Dobat 1985, 192): Er verdeutlicht für den Chimborazo 5. Methoden, Zwecke 71 und Popocatepetl sowie die europäischen Bergmassive des Montblanc, Montperdu und Sulitelma die Tempera- „Hier gebe es keine frühe oder späte Stunde, murmelte turabhängigkeit der Pflanzen in horizontaler (vom Äqua- Humboldt. Hier gebe es nur Arbeit, und die werde ge- tor zum Nordpol) und vertikaler (vom Meeresniveau bis tan“ (Kehlmann 2005, 15). Die Reaktion des Kehlmann- zur Vegetationsgrenze) Erstreckung. Humboldts „At„At-- schen Humboldt auf den Versuch von Eugen Gauß, de- las géographique et physique des régions équinoxiales ren späte Ankunft zu entschuldigen, eines workaholics,

5. Methoden, Zwecke du Nouveau continent“ erschien in den Jahren 1814 bis der kein Schlafbedürfnis kannte. Eine Schilderung, die 1838 in Paris. Die Tafeln 2 (1817) „Tableau physique des dem historischen Humboldt durchaus nachempfunden Iles Canaries, Géographie des Plantes du Pic de Téné- ist. Das eine betraf seine glückliche, körperliche Kons- riffe“ (Abb. 3., Neudruck in Dobat 1985, S. 188 f.) und 9 titution, ohne die er kaum seine beiden großen Reisen (1825) „Voyage vers la cime du Chimborazo, tenté le 23 nach Lateinamerika und durch Russland so unbescha- Juin 1802 par Alexandre de Humboldt, Aimé Bonpland det überstanden hätte. Das andere war kein blinder et Carlos Montúfar“ (Neudruck in Dobat 1985, S. 186 f.) Aktionismus, sondern methodisch wohlüberlegte, von ahmen das berühmte Vorbild dadurch nach, dass die einem Zweck geleitete Tätigkeit. Er war von unstillba- Bergrücken mit den Namen der dort wachsenden Pflan- rer Wissbegierde getrieben, im lateinischen Sprachge- zen beschrieben sind. brauch von „curiositas“, die sich bei Humboldt als „cu-

Abb.3: Pflanzengeographie am Pico del Teide, riosité“ wieder findet (Humboldt 1814-1825 I, 320; Ette Teneriffa (3718 m), Tafel 2 (aus: A. von Humboldt, 1991, 256f.). Insofern liegt ein tieferer Sinn in dem Um- Atlas géographique et physique.... du nouveau stand, dass ausgerechnet die Leopoldina mit dem Mot- continent, Paris 1814). Bei dem im Hintergrund to „Numquam otiosus“ [„Niemals müßig“], den erst sichtbaren, von Humboldt als Cerro de Yzaña 23jährigen Humboldt als erste Akademie zum Mitglied bezeichneten Berggipfel handelt es sich um den gewählt hat, die heutige deutsche Nationalakademie. später durch astronomische Expeditionen sehr Sie bezeichnete sich ja als „Academia naturae curioso- berühmt gewordenen Berggifel Montaña La rum“, als „Akademie der auf die Natur Wissbegierigen“, Guajara (2717 m) am Rande der Cañadas del Teide. „Akademie der Naturforscher“, wie sich ja Humboldt selbst oft bezeichnet hat: naturaliste (Humboldt 1814- 1825 I, 223; Ette 1991, 216), physicien et géologue (Hum- boldt 1837, 29).

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Die Gründer der Leopoldina nannten sich Argonau- Während die Komponenten Handeln und Anschau- 72 ten, setzten wissenschaftliche Forschung und Seefahrt en damit deutlich sind, ist die Komponente Denken in einander gleich, eine auch sonst beliebte Metapher Humboldts methodischem Vorgehen zu suchen, um Na- (Müller 2008, 22f.). Einer der wirklichen Argonauten war turgesetze aufzudecken. Wie leitet man aus der Menge Lynkeus, berühmt wegen seiner scharfen Augen. Ihm der Daten ein empirisches Gesetz ab, wie Humboldt Ge- hat Goethe mit dem Türmer im „Faust“ (2. Teil, 5. Akt, setze nannte, die er seinen beobachteten oder berech- Vers 11288f.) ein Denkmal gesetzt: „Zum Sehen gebo- neten Werten entnahm? Sein Bekenntnis zur Methode

5. Methoden, Zwecke ren, zum Schauen bestellt“. Humboldts Lebensmaxime der Mittelwerte zieht sich wie ein roter Faden durch sei- war, sich durch Reisen die Welt anzusehen, durch ein ne wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Zum Zusam- sehr bewusstes, durchdachtes Beobachten des natürli- menhang zwischen Deklination der Sonne und dem chen Geschehens. Er verband auf diese Weise die drei Beginn äquatorialer Regengüsse hieß es schon 1818 möglichen Weltzugänge Denken, Handeln, Anschauen. (Humboldt 1818, 190): �������������������������������������„...pour découvrir les lois de la na- Diese kamen im Begriff Wissen zusammen, so wie es in ture, il faut, avant d’examiner les causes des perturba- Schleiermachers Dialektik-Vorlesungen deutlich wurde tions locales, connaître l’état moyen de l’atmosphère et (Zachhuber 2008, 185). le type constant de ses variations.“ [��������������������„... um die Naturge- setze zu entdecken, muss man, bevor man die Ursachen

Abb. 4: Zusammenstellung geographischer Breiten und mittlerer Temperaturen (Tabelle adaptiert nach: A. von Humboldt, Von den isothermen Linien und der Verteilung der Wärme auf dem Erdkörper, Kleinere Schriften Bd.1, Stuttgart und Tübingen 1853. S. 247, 249).

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der lokalen Störungen prüft, den mittleren Zustand der lem die Linien gleicher mittlerer Jahrestemperatur, die 73 Atmosphäre kennen und den konstanten Typ seiner Ver- von ihm sogenannten „Isothermen“, untersucht bzw. änderungen.“]. Dementsprechend heißt es in seinem gefunden (Humboldt 1845-1862 III, 88, 403, 602; IV, 33). Alterswerk, dem „Kosmos“ (Humboldt 1845-1862 I, 82): Ist die Kenntnis zu unvollständig, will sagen ist die nu- Bei allem Beweglichen und Veränderlichen im Raume merische, empirische Grundlage zu gering, wie im Fall seien mittlere Zahlenwerte der letzte Zweck, ja der Aus- des Vulkanismus, kann die Methode noch nicht ange- druck physischer Gesetze. Sie zeigen uns das Stetige im wandt werden (Humboldt 1845-1862 IV, 288). Entschei-

5. Methoden, Zwecke Wechsel und in der Flucht der Erscheinungen. Der Fort- dend ist, dass die Mittelbildung die Gesetze hervortre- schritt der neueren messenden und wägenden Physik ten lässt. Mit anderen Worten: Naturerkenntnis ergibt sei vor allem durch Erlangung und Berichtigung mitt- sich nicht unmittelbar wie der Naturgenuss, sondern lerer Werte gewisser Größen bezeichnet. So träten wie- wird über Zahlen vermittelt. Der Name der Methode derum, wie einst in der italischen Schule – gemeint sind darf nicht verwirren: Es geht nicht um das arithmetische die Pythagoreer - doch in erweitertem Sinn, die Zahlen Mittel – im Sinne einer Schätzfunktion – als wahrschein- als Mächte des Kosmos auf (Böhme 2001, 19 Anm. 8). lichsten Wert einer bestimmten, mehrfach gemessenen konstanten Größe. So hatte Gauß 1809 ursprünglich die Im vierten Buch des „Kosmos“ spricht er von der Methode der kleinsten Fehlerquadratsummen begrün- „einzig entscheidenden Methode“ (Humboldt 1845- det. Es geht um die Veränderung einer variablen Grö- 1862 IV, 288). Auf diese Weise hat er den Zusammen- ße an einem Ort in einem Zeitraum. Es geht um das Er- hang zwischen dem Funkeln von Fixsternen und ihrer kennen des Gesetzes, das der Änderung zugrunde liegt, Höhe über dem Horizont, zwischen Klima und Zahl der wenn man Mittelwerte homogener Daten verschiede- Sonnenflecken, zwischen Sternschnuppen und Meteor- ner Orte im gleichen Zeitraum miteinander vergleicht. fällen, die Richtung des magnetischen Meridians, vor al- Ziel ist das Aufdecken von Zusammenhängen, von em-

Abb. 5: Karte der Isothermen (Tafel aus: A. von Humboldt, „Des lignes isothermes et de la chaleur sur le globe“, Mém. phys. chim. de la société d‘Arcueil, Vol. 3, Paris 1817. S. 462-602).

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pirischen Gesetzen, wenn man Zahlenpaare – Humboldt welchem kaum vorstellbaren Maße dies während der 74 spricht von Zahlenverhältnissen – etwa von geographi- Amerikareise der Fall war. Seine Pariser Bekannte Eliza- scher Breite und mittlerer Temperatur zusammenstellt. beth de Pommard sprach von Humboldts „maladie cen- Dies lässt sich besonders gut an Humboldts Studien zur trifuge“ [„zentrifugalen Krankheit“] (Moheit 1993, 246; Wärmeverteilung auf der Erde veranschaulichen (Hum- 1999, 182). Humboldt war stets zugleich Forscher und boldt 1817, 44, vgl. Abb. 4): Ästhet. Sein Naturstudium sollte zugleich dem Naturge- nuss dienen. Wie aber nahm er Natur wahr, dieses Re- Humboldt kombiniert zunächst mittlere Temperatu- sultat des stillen Zusammenwirkens eines Systems trei- ren des Jahres, von Jahreszeiten oder Monaten mit geo- bender Kräfte? (Humboldt 1845-1862 IV, 16) 6. Reisen, Gesetze Natur, graphischen Breiten. Die methodische Entscheidung, zu mitteln, sagt noch nichts darüber aus, welche und (1) Sie ist allbelebt (Humboldt 1807, 147). Wohin wie viele Werte gemittelt werden sollen. In der zitierten der Blick des Naturforschers dringe, sei Leben oder Abhandlung erörtert Humboldt ausführlich Möglichkei- Keim zum Leben verbreitet (Humboldt 1806, 23, 24, ten und Grenzen der Methode. 26). Ewig entsprieße neues Leben aus dem Schoße der Natur (Humboldt 1849, 143). Humboldt spricht Sie genügt zum Beispiel nicht, um die Anteile der durchaus von Geschöpfen, von Schöpfung. Nur ist verschiedenen Ursachen für die gemessenen Tempera- nicht Gott der Urheber, sondern die schaffende, be- turen zu offenbaren. Er misst täglich die minimale und ständig zeugende Natur (Humboldt 1849, 143), die die maximale Temperatur, von denen angenommen scholastische natura naturans. wird, dass sie bei Sonnenaufgang und um 14 Uhr auf- treten. Er mittelt also zweimal 365 oder 730 Wärmemes- (2) Sie ist frei (Knobloch u.a. 2009, 86, 183). Aus dem sungen im Jahr. Die Dauer der einzelnen Temperatu- freien Spiel dynamischer Kräfte (Humboldt 1807, 71) ren gehen – anders als im Falle von etwa drei täglichen gehe das Gleichgewicht hervor, das unter den Per- Messungen – in die Rechnungen nicht ein. Ausdrücklich turbationen scheinbar streitender Elemente herr- beansprucht er, das einfache arithmetische Mittel ange- sche. Natur schmücke den Boden der Freiheit mit wandt zu haben, ohne irgendeine Hypothese über die Pflanzenformen (Humboldt 1807, 101). Kurz: Sie Wärmeabnahme zugrunde gelegt zu haben. Ein Verfah- ist das Reich der Freiheit (Humboldt 1845-1862 I, ren, das deutlich an Francis Bacons Forderung erinnert, 9), wie Humboldt in der Tradition Buffons, Rousse- theoriefreie Datenanalyse zu betreiben. Hatte sich doch aus, Bernardin de Saint-Pierres oder Georg Forsters Humboldt schon 1797/98 zu Bacon bekannt (Dettelbach schrieb. Er meinte damit durchaus auch eine ver- 2001, 141). Freilich bleibt ein weiterer Aspekt zu beach- steckte, politische Aussage (Böhme 2001, 28). ten. Da die Lufttemperatur mit der Höhe der Atmosphä- re abnimmt, dürfen mittlere Temperaturen von Orten (3) Sie ist wundervoll, schön, groß, oft furchtbar, stets nicht miteinander vermischt werden, die nicht auf dem- wohltätig (Humboldt 1807, 71, 147), sorgsam (Hum- selben Niveau liegen. Humboldt reduziert deshalb die boldt 1807 65), wild, gigantisch (Humboldt 1814- Mittelwerte auf den Meeresspiegel, um den Einfluss des 1825 I, 36). Kein Zweifel: Humboldt verwandte äs- Reliefs der Erdoberfläche auszuschließen. Jetzt endlich thetische und moralische Kategorien, um die Natur kann er gleiche mittlere Jahreswerte durch eine Kurve zu charakterisieren, spricht vom Zauber (Humboldt miteinander verbinden (Humboldt 1817, 19, vgl. Abb. 1845-1862 II, 90), vom Zauberbild der Natur (Hum- 5). Das Bild lässt sofort die Ordnung in der kaum über- boldt 1806, 37), von prachtvollen Naturerscheinun- schaubaren Datenfülle hervortreten: gen (Humboldt 1807, 145).

1. Die Isothermen sind nicht zu den Breitenkreisen (4) Die Naturkräfte betreiben ein geheimes Spiel parallel, sondern schneiden diese. (Humboldt 1807, 66), dem der Naturforscher nach- spüren muss (Humboldt 1807, 77). Diese geheim- 2. Die Lage der relativen Minima und Maxima einer nisvollen Kräfte regen das Werk der Schöpfung an Isotherme im Koordinatensystem aus geographi- (Knobloch u.a. 2009, 268). Sie unterliegen ewigen schen Breiten und Längen ist von der Länge abhän- Gesetzen, sie bringen kein Chaos hervor, zerstören gig. nicht die Stabilität. Das gesamte System oszilliert um einen mittleren Gleichgewichtszustand (Knobloch u.a. 2009, 276). Humboldts Lebensziel war, diese 6. Reisen, Natur, Gesetze dauerhafte Ordnung wenigstens ein Stück weit auf- zudecken, wenigstens die großen Gesetze der Natur Während Gauß größere Reisen nach Möglichkeit ver- (Knobloch u.a. 2009, 274), „rerum naturalium causas mied, verschmolzen bei Humboldt Reisen und Forschen atque leges inquirere“ [die Ursachen und Gesetze zu einer notwendigen, unauflösbaren Einheit. Sein Ta- der natürlichen Dinge zu erforschen] (Humboldt gebuch wie das gewaltige Reisewerk, das er nach seiner 1815a, XVIII). Rückkehr aus Lateinamerika verwirklichte, bezeugen, in

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Je nach Bedeutung des Naturbegriffs war die Natur Natur in einer beliebigen Zone unterworfen ist“] (Hum- 75 gegenüber den waltenden Gesetzen handelnde Ins- boldt 1815a, XVII). Natur in diesem Sinn ist Untertan der tanz oder ausgeliefertes Objekt, war Ordnung stiften- Gesetze. Vor diesem Hintergrund bemerkt Kehlmanns de Kraft oder geordnete Erscheinung, natura naturata. Gauß (2005, 220), die wahren Tyrannen seien die Natur- In den „Einleitenden Vorbemerkungen zur geographi- gesetze. Woraufhin sein Humboldt erwidert: Aber der schen Verteilung der Pflanzen gemäß der mittleren Be- Verstand forme die Gesetze; Positionen, die weder der schaffenheit des Klimas und der Höhe der Berge“ treten historische Gauß noch der historische Humboldt so ver- beide Bedeutungen dicht hinter einander auf: „Natu- treten haben. ra enim plantas aeternae legis imperio sub unaquaque 6. Reisen, Gesetze Natur, zona dispertivit“ [„Denn die Natur hat die Pflanzen der An methodologischen Bemerkungen hat es dieser Herrschaft eines ewigen Gesetzes unter jeder einzelnen freilich in seinen Werken nicht fehlen lassen: „Fieri non Zone zugeteilt“] (Humboldt 1815a, XIII). Natur als Ord- potest, ut uno obtutu universam naturam recte consi- nungsmacht, die die Herrschaftsgebiete der Gesetze deremus nisi prius singula solerter tractaverimus.“ [„Es zuteilt. So ist die allmähliche Verbreitung der Pflanzen kann nicht geschehen, dass wir mit einem einzigen an bestimmte physische Gesetze gebunden (Humboldt Blick die gesamte Natur richtig betrachten, wenn wir 1806, 26; Humboldt 1849, 178), die nicht überall zu gel- nicht das Einzelne zuvor kunstfertig behandelt haben“] ten brauchen (Humboldt 1815a, LI; 1815b, 236). Nun sind (Humboldt 1815a, LVIII; 1815b, 247). Auf den „obtutus“, Pflanzen Dinge der Natur. Deshalb kann Humboldt un- den eigenen Blick aber kam es Humboldt entscheidend ter Umkehrung der Machtverhältnisse wenig später for- an. Nahm er doch für sich in Anspruch, sein Wissen mulieren: „Disquisitiones istae ex Arithmetica botanica hauptsächlich der unmittelbaren Anschauung der Welt petitae leges nobis patefecerunt, quarum imperio na- zu verdanken. Warf er doch genau diesen Mangel Buf- tura in quavis zona subjecta est“ [„Jene aus der bota- fon vor, dass jenem die eigene Ansicht der Tropenwelt nischen Arithmetik entnommenen Untersuchungen ha- fehlte, die er zu beschreiben glaubte (Humboldt 1845- ben uns die Gesetze aufgedeckt, deren Herrschaft die 1862 I, 66). Freilich durfte die Naturforschung nicht beim

Abb. 6: Weltkarte „Typus Orbis Terrarum“ von Abraham Ortelius. Wiedergabe nach: „America, Das frühe Bild der Neuen Welt“, Ausstellungskatalog der Bayerischen Staatsbibliothek München, Prestel Verlag, München 1992, S. 81. Die dortige Abbildungsvorlage stammt aus der Ausgabe Antwerpen 1579, Signatur: 2O Mapp. 131. (Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Bayerischen Staatsbibliothek München, 2010).

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Einzelnen stehen bleiben: „Is demum est verus finis om- der Autopsie. Hier hat die überragende Rolle der Optik 76 nis perscrutationis naturae, ut a singulis ad universa nos bei Humboldt ihre Wurzel. Davon zeugen die gern ver- Epilog tollamus“ [„Erst das ist das wahre Ziel jeder Naturfor- wendeten Titelbestandteile wie „Ansichten“, „Vues“, die schung, dass wir uns vom Einzelnen zu Gesamtheiten Anfertigung von Gemälden, Tableaux, Atlanten. Davon erheben“] (Humboldt 1815a, L; 1815b, 235). Der Umweg zeugt seine begriffliche Trennung zwischen individuel- über das Einzelne war methodisch unvermeidbar, blieb ler Naturbeschreibung und allgemeiner Naturbeschrei- aber nur Mittel zum Zweck. Und genau deshalb sprach bung oder Physiognomik der Natur (Humboldt 1806, der knapp neunzigjährige Humboldt von seiner großen 29; 1849, 182), die jedem Himmelsstrich ausschließlich Neigung zu Verallgemeinerungen (1845-1862 V, 6). Die- zukomme (Humboldt 1845-1862 II, 92). Davon zeugen se Kernaussage Humboldtscher Wissenschaftstätigkeit schließlich die vielen optischen Metaphern, wonach geht in Kehlmanns Roman vollständig unter. die Mathematik zum Raum durchdringenden Fernrohr wird (Humboldt 1845-1862 II, 355), zum geistigen Auge, Am Anfang der Humboldtschen Naturforschung das den Neptun sah, bevor der Planet mit dem Fernrohr stand danach die Weltbetrachtung. Ja, er sprach vom entdeckt wurde (Humboldt 1845-1862 II, 211). Schauspiel der Tropenwelt (Humboldt 1845-1862 I, 14). Die Welt als Theater, als Schaubühne! Diese Metapher hat dem enthusiastischen Forschungsreisenden gefal- Epilog len. Kein Wunder, dass er das einflussreiche „Theatrum orbis terrarum“ des Antwerpener Kosmographen Ab- „Diesmal war er trunken vor Enthusiasmus“, sagt Kehl- raham Ortelius (1527-1598) aus dem Jahre 1570 in sei- mann über seinen Humboldt anlässlich der französi- ner Entdeckungsgeschichte des neuen Kontinents gern schen Längengradvermessung (Kehlmann 2005, 39). Zu und oft herangezogen hat (Humboldt 2009a). Der orte- Aimé Bonpland, der wenig begeistert Humboldts Orino- lische „Typus orbis terrarum“ [„Bild des Erdkreises“] war co-Pläne anhört, lässt Kehlmann Humboldt sagen: “Sei von der zweiten Auflage an mit lateinischen Sinnsprü- etwas Enthusiasmus zuviel verlangt?“ (Kehlmann 2005, chen zur Bestimmung des Menschen geschmückt (Abb. 77). Tatsächlich hatte Humboldt an den deutsch-balti- 6). Humboldt kannte diese, da er die Ausgaben von 1570 schen Kunsthistoriker Baron Alexander von Rennen- und 1601 zitierte (Humboldt 2009b, Abb. 45/Ausgabe kampf 1812 über seine Pläne zu einer Russlandreise ge- von 1570, Abb. 49/Ausgabe von 1587). schrieben (Knobloch u.a. 2009, 59): Er kenne kein Wort der russischen Sprache, aber er werde sich zum Russen Die Sprüche waren Schriften Ciceros und Senecas machen, wie er sich zum Spanier gemacht habe. „Tout des Jüngeren entnommen. Sie verherrlichen die vita ce que j’entreprends je l’exécute avec enthousiasme“ contemplativa als die einem stoischen Philosophen ge- [„Alles, was ich unternehme, führe ich mit Begeisterung mäße Lebensform. Der Kosmo- und Kartograph half also aus.“]. Der Enthusiast, griechisch „enthousiastés“, ist dem Menschen, sich seiner eigentlichen Bestimmung zu eine inspirierte, von einer Gottheit erfüllte Person. Wer widmen. So heißt es im oberen rechten Emblem nach war danach der Gott, von dem Humboldt erfüllt war? Ciceros Schrift De natura deorum [„Über die Natur der Die Antwort scheint mir in Humboldts Schreiben an den Götter“] II, 37: „Equus vehendi causa, arandi bos, ven- russischen Finanzminister Cancrin vom 10. Januar 1829 andi et custodiendi canis, homo autem ortus ad mund- zu liegen, das er kurz vor seiner Russlandreise verfasste. um contemplandum“, [„ das Pferd des Sein Bruder rate ihm zu, heißt es da, „weil er fühlt dass Reitens wegen, den Ochsen des Pflügens wegen, den mein eigentlicher Wirkungskreis das Reisen, das Leben Hund des Jagens und Bewachens wegen. Der Mensch in der freien Natur ist“ (Knobloch u.a. 2009, 86). aber ist zur Betrachtung der Welt geboren.“]. Die Welt- karte vermittelte ein Bild der Welt, ein Weltbild auf ei- nen Blick. Dementsprechend seufzt Seneca im unteren Danksagung rechten Emblem „Epistulae morales“ 89,1: „Utinam que- madmodum universa mundi facies in conspectum ve- Ich danke Frau Anne Jobst und Frau Regina Mikosch nit, ita philosophia tota nobis posset occurrere.“ [„Wenn (BBAW) für die Herstellung von digitalen Reproduktio- uns doch nur so, wie das gesamte Antlitz der Welt in nen der Abbildungen 1-6. den Blick kommt. die ganze Philosophie gegenüber- treten könnte “]. Recht verstanden sprach Cicero Humboldts Le- bensmaxime aus, sich durch Reisen die Welt anzusehen, freilich nicht passiv wie ein Stoiker, sondern aktiv, nicht durch Betrachten einer Karte, sondern der Wirklichkeit. Die aber – wir hörten es – erschloss sich nicht einem einzigen Blick, eine Feststellung, die Humboldts metho- disches Herangehen an die Naturforschung entschei- dend beeinflusste. Seine Reisen bürgten für das Prinzip

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HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien 80 Über die Autoren Concerning the authors Sobre los autores

Reinhard Andress

Professor für deutsche Sprache, Kultur und Li- Räumen“ (ab WS 2009/2010). Mitbegründer des For- teratur und Dekan des College of Arts and Sci- LaBB (Forschungsverbund Lateinamerika Berlin-Bran- ences an der Loyola University-Chicago, USA. denburg). Von April 2010 bis Juli 2010 war er Fellow am Er war Gastprofessor an der Pontificia Univer- FRIAS (Freiburg Institute for Advanced Studies) und seit sidad Católica del Ecuador. Zu seinen Buch- 2010 ist er ordentliches Mitglied der Academia Europa- veröffentlichungen gehören: Protokolliteratur ea. Seit 2012 Chevalier dans l‘Ordre des Palmes Acadé- in der DDR (2000) und „Der Inselgarten“ - das miques (Frankreich). Exil deutschsprachiger Schriftsteller auf Mallor- ca, 1931-1936 (2001). Eine Übersetzung aus dem Spani- Buchpublikationen u.a.: Weltbewusstsein. Alexander von schen ins Deutsche von Benno Weiser Varons Exilroman Humboldt und das unvollendete Projekt einer anderen Mo- Yo era europeo als Ich war Europäer (zusammen mit Egon derne (Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2002); Alexan- Schwarz) ist 2009 erschienen. der von Humboldt und die Globalisierung (Frankfurt a. M.: Insel 2009); ZusammenLebensWissen. List, Last und Lust li- Mehr zu Reinhard Andress unter terarischer Konvivenz im globalen Maßstab (Berlin: Kad- http://luc.edu/cas/about_deans.shtml mos 2010), TransArea. Eine literarische Globalisierungs- geschichte (Berlin, Boston: De Gruyter 2012). Zu seinen Moritz von Brescius Texteditionen zählen: A. v. Humboldt, Reise in die Äqui- noktial-Gegenden (Hg., 2 Bde. Frankfurt a. M.: Insel 1991); Moritz von Brescius has been a PhD research- A. v. Humboldt, Kosmos (mit O. Lubrich, Berlin: Eichborn er at the European University Institute in Flor- 2004); A. v. Humboldt, Ansichten der Kordilleren und Mo- ence since September 2010. He gained his B.A. numente der eingeborenen Völker Amerikas (mit O. Lub- in History and Political Science at the Freie Uni- rich, Berlin: Eichborn 2004); A. v. Humboldt, Über einen versität Berlin (2009), and his Master of Studies Versuch den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen (mit O. in History at the University of Oxford in 2010. Lubrich, Berlin: Eichborn 2006), A. v. Humboldt, Kritische He is now working on his PhD project, entitled Untersuchung zur historischen Entwicklung der geographi- ‘Empires of Opportunities: The Role of German schen Kenntnisse von der Neuen Welt und den Fortschrit- travelling scholars in Europe’s Overseas Empires, ca. ten der nautischen Astronomie im 15. und 16. Jahrhundert 1830-1880’, which is supported by the DAAD and the (Frankfurt a. M.: Insel 2009). Studienstiftung des deutschen Volkes and supervised by Profs. Antonella Romano (EUI) and Jürgen Osterham- Mehr zu Ottmar Ette unter mel (Konstanz). http://www.uni-potsdam.de/romanistik/ette Ottmar Ette Frank Holl

1956 im Schwarzwald geboren. Seit Oktober Germanist und Historiker. Geb. 1956 in Heidel- 1995 Lehrstuhl für Romanische Literaturwis- berg, Promotion an der Universität München senschaft an der Universität Potsdam. 1990 mit einer Arbeit über den Physiker und Nobel- Promotion an der Universität Freiburg i.Br. preisträger Max Born. Seit 1994 Kurator einer 1995 Habilitation an der Katholischen Universi- internationalen Ausstellungsreihe zu Alexan- tät Eichstätt. Mehrfach Gastdozenturen in ver- der von Humboldt. Konzeption und Durchfüh- schiedenene Ländern Lateinamerikas sowie in rung von Ausstellungen in Mexiko-Stadt (1997), den USA. 2004-2005 Fellow am Wissenschafts- Havanna (1997/98), Caracas (1999), Berlin (1999), Bonn kolleg zu Berlin. Mitantragssteller des DFG- (1999/2000), Bogotá (2001), Quito (2001), Lima (2002/03), Graduiertenkollegs „Lebensformen + Lebenswissen“ Mexiko-Stadt (2003/04) und Madrid (2005/06). 1994 (ab WS 2006/2007), des Internationalen DFG-Graduier- Preis der Georg-Agricola-Gesellschaft zur Förderung tenkollegs „Zwischen Räumen“ (ab WS 2009/2010) so- der Geschichte der Naturwissenschaften und Technik, wie Internationalen DFG-Graduiertenkollegs „Zwischen 2003 Preis für eines der best-edierten Bücher Spaniens

HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien 81 Über die Autoren Concerning the authors Sobre los autores in der Kategorie „Wissenschaft und Technik“. Seit 2008 leitet Frank Holl die Münchner Wissenschaftstage, eine viertägige Großveranstaltung zur Vermittlung wissen- schaftlicher Erkenntnisse.

Publikationen u. a.: Alexander von Humboldt – Netzwer- ke des Wissens, Berlin/Bonn 1999; El mundo de Humboldt (zusammen mit Joaquín Fernández), Barcelona/Madrid 2002; Alexander von Humboldt. Mein vielbewegtes Leben. Der Forscher über sich und seine Werke. Ausgewählt und mit biographischen Zwischenstücken versehen von Frank Holl, Frankfurt: Eichborn 2009 (von der Zeitschrift „damals“ zum „Historischen Buch des Jahres 2009“ in der Kategorie „Autobiographisches“ gewählt).

Mehr zu Frank Holl unter http://de.wikipedia.org/wiki/ Frank_Holl_%28Historiker%29 Eberhard Knobloch

Geb. 1943, studierte Mathematik, Klassische Philologie, Geschichte der exakten Wissen- schaften und der Technik. Promotion 1972, Ha- bilitation 1976. Seit 2002 Akademieprofessor für Geschichte der exakten Wissenschaften und der Technik an der Technischen Universität Ber- lin und der Berlin-Brandenburgischen Akade- mie der Wissenschaften (BBAW). Projektleiter der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle an der BBAW, Präsident der Académie Internationale d’Histoire des Sciences.

Mehr zu Eberhard Knobloch unter http://www.philosophie.tu-berlin.de/menue/mitarbei- ter/professoren/prof_dr_eberhard_knobloch_ad/

HiN XIII, 25 (2012) ISSN: 1617-5239 Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien Internationale Zeitschrift für Hum- boldt Studien ++++ International Review for Humboldtian Studies ++++ Revista Internacional de Estu- dios Humboldtianos ++++ Revue HiN d’Études Humboldtiennes ++++++

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