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W150 2214348-1/40E

IM NAMEN DER REPUBLI K!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geb. XXXX .2001, StA.: Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Christian SCHMAUS, gegen den Bescheid des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.01.2019, Zl. XXXX /BMI-BFA_NOE_AST_02, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 28.05.2020 und am 21.07.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe :

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch: „BF“), zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährig, reiste spätestens am 27.08.2014 schleppergestützt unter Umgehung der Grenzkontrollen illegal in das Bundesgebiet ein.

2. Am selben Tag stellte er einen ersten Antrag auf internationalen Schutz und gab, von Organwaltern der LPD NÖ, PI TRAISKIRCHEN, unter Beiziehung seines Vertreters und eines Dolmetschers dabei u.a. an, afghanischer Staatsangehöriger zu sein, den im Spruch genannten Namen zu führen und zu dem im Spruch genannten Datum geboren zu sein. Weiters, dass er - 2 -

uneingeschränkt gesund, ledig, kinderlos, schiitischer Moslem sei, der Volksgruppe der Hazara angehöre, und in seinem Heimatland vier Jahre die Grundschule besucht habe, Dari als Muttersprache spreche und auch Farsi in Wort und Schrift gut könne.

Er selbst sei zwar afghanischer Staatsbürger, jedoch in geboren und aufgewachsen. In seinem Herkunftsland wäre er persönlich auch noch nie gewesen. Dementsprechend laute seine letzte Wohnadresse auf XXXX , PAKISTAN. Seine Familie, bestehend aus beiden Eltern, zwei Schwestern und einem Bruder wären vermutlich auch nicht mehr in Pakistan aufhältig, sondern mittlerweile höchstwahrscheinlich im Iran.

Die finanzielle Situation der Familie sei insgesamt mittelmäßig gewesen, wobei ein in Australien lebender XXXX auf diesem Gebiet aktiv Unterstützung leisten würde.

Seine Ausreise ins Bundesgebiet habe insgesamt ein Jahr gedauert und den Genannten über den Iran, die Türkei, Griechenland diverse unbekannte Länder sowie vermutlich Ungarn geführt. In keinem dieser Staaten hätte er aber je einen Asylantrag stellen wollen, da „ich nach Österreich wollte (Seite 11 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).“

Fluchtauslösend wäre ein bereits auf vor seine Geburt zurückgehender Liegenschaftsstreit seiner Familie mit nicht näher definierten „Feinden“ seines Großvaters gewesen. Diese hätten nunmehr selbigen in Pakistan aufgespürt und mit einer Axt erschlagen. Aus Angst vor weiteren Übergriffen habe sein Vater die Ausreise des Beschwerdeführers nach Europa sowie die der restlichen Familie in den Iran organisiert. Im Falle seiner Rückführung in sein Heimatland befürchte er seine Ermordung.

3. Am 02.06.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen, bestätigte der BF zunächst abermals seinen uneingeschränkten Gesundheitszustand. Die Befragung vor der Sicherheitsbehörde wäre absolut korrekt durchgeführt worden und habe er bislang stets die Wahrheit gesagt.

In Österreich verfüge er über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte. Seine Tagesfreizeit verbringe er mit dem Erwerb deutscher Sprachkenntnisse und dem Besuch einer Schule. Darüber hinaus spiele er vereinsmäßig Tischtennis und gehe gern spazieren.

In Pakistan aufgewachsen, hätte der Asylwerber dort insgesamt drei Jahre lang die Schule besucht, aber ansonsten keinerlei Ausbildung absolviert oder je gearbeitet. - 3 -

Seine Familie lebe seit nunmehr einem Jahr im Iran, in Afghanistan könne er demgegenüber auf keinerlei Angehörige zurückgreifen. Ein XXXX mütterlicherseits lebe zudem in Australien. Zwischenzeitlich sei der Kontakt zu seinen nächsten Verwandten aber abgebrochen.

Der als Hilfsarbeiter am Bau tätige Vater wäre der Alleinverdiener und habe auch seine Schleppung ins Bundesgebiet finanziert. Woher dieser das hierfür nötige Geld gehabt hätte, sei dem Antragsteller nicht bekannt. Ob auch seine Familie nach Österreich kommen wolle, könne der Beschwerdeführer ebenfalls nicht mit Sicherheit beantworten.

Persönliche Fluchtgründe in Bezug auf sein Heimatland Afghanistan habe er keine, aber würde er dort auch niemanden kennen. Von seinen Eltern wäre ihm lediglich mitgeteilt worden, wonach die Familie in Grundstücksstreitigkeiten verwickelt sei und sich deshalb Feinde geschaffen hätte.

Fluchtauslösend für seine Ausreise aus Pakistan wäre die Ermordung seines Großvaters gewesen, wobei hinsichtlich der Identität der Täter bloß Vermutungen angestellt werden würden. „Wir wissen es nicht genau, wir glauben die Feinde, die wir schon in Afghanistan hatten (Seite 115 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).“ Er selbst sei nie von Drohungen oder Anfeindungen betroffen gewesen. Auch hätte er die Feinde noch nie gesehen. Sein Vater wäre aber davon überzeugt, dass der Antragsteller dennoch in Lebensgefahr schweben müsse. Deshalb habe ihn dieser auch nach Österreich geschickt. Im Falle seiner Abschiebung nach Afghanistan sei aufgrund der Existenz der „Feinde“ jedenfalls mit dem Schlimmsten zu rechnen.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.08.2015, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Demgegenüber wurde dem Asylwerber der Status des subsidiären Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. zuerkannt (Spruchpunkt II.). Unter einem wurde dem Antragsteller gemäß § 8 Abs. 4 leg. cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.08.2016 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde hinsichtlich Spruchpunkt I. im Wesentlichen ausgeführt, wonach der Beschwerdeführer keinerlei individuelle Fluchtgründe ins Treffen geführt habe. Sämtliche ins Treffen geführten Vorfälle hätten sich in Pakistan ereignet und wären daher hinsichtlich des eigentlichen Herkunftslands Afghanistan ohne Belang. In Bezug auf das Heimatland sei keinerlei individuell gegen die Person des Antragstellers gerichtete asylrelevante Verfolgung feststellbar. - 4 -

In Bezug auf Spruchpunkt II. verwies die Erstinstanz auf die vor dem Hintergrund einer unsicheren Gesamtlage sich besonders negativ auswirkende fehlende Existenz sozialer oder familiärer Netzwerke des Genannten. Angesichts dieser Konstellation stelle sich der Zugang zu Wohnraum und Nahrung nicht als hinreichend gesichert dar, weshalb im Falle einer Rückführung in das Herkunftsland eine Verletzung des Asylwerbers seiner von Art. 3 EMRK umfassten Rechte nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne.

Diese Entscheidung erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

5. Mit Bescheid vom 02.09.2016, Zl. XXXX , verlängerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Genannten seine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.08.2018.

6. Am 30.12.2016 übermittelte das Landesgericht Wiener Neustadt an die belangte Behörde eine Verständigung hinsichtlich einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung vom 22.11.2016, Zl. 48 Hv 18/16h, des BF.

Demnach wurde über diesen gemäß §§ 15 iVm 127 (versuchter Diebstahl) sowie 107 Abs. 1 (gefährliche Drohung), 229 Abs. 1 (Urkundenunterdrückung), 223 Abs. 2 und 224 (Fälschung besonders geschützter Urkunden) StGB in Kombination mit §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter und neunter Fall, Abs. 3 wie auch Abs.4 Z 2 (unerlaubter Umgang mit Suchtgift) SMG eine bedingte Freiheitsstrafe im Ausmaß von 10 Monaten auf eine Probezeit von drei Jahren verhängt.

Als mildernd wurden hierbei der bis zum damaligen Zeitpunkt ordentliche Lebenswandel, das teilweise Geständnis sowie der teilweise Versuch, erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen sowie die zweifache Qualifikation beim Suchtmitteldelikt gewertet (vgl. Seiten 369 bis 375 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

7. In weiterer Folge am 17.09.2018 vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen, räumte der Beschwerdeführer ein, seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus den Leistungen der öffentlichen Hand zu bestreiten. Zwischenzeitlich habe er aber Deutsch gelernt und plane er demnächst die Hauptschule erfolgreich abschließen zu können. Danach würden sich seiner Einschätzung nach seine Berufsaussichten deutlich verbessern. Über Verwandte im Bundesgebiet verfüge der Genannte nicht und sei dieser auch nicht vereinsmäßig aktiv. Freunde hätte er dennoch gefunden, zumal er auch regelmäßig Tischtennis spielen würde. Kontakt zu seinen Angehörigen bestehe aktuell nicht, zumal der BF sein Mobiltelefon zwischenzeitlich verloren habe. Gearbeitet hätte der Beschwerdeführer vor seiner illegalen Einreise nach Österreich nicht, aber dafür ein Jahr lang einen Englischkurs besucht. - 5 -

Seine strafrechtlichen Verurteilungen im Inland würden aus diversen Ladendiebstählen sowie dem Verkauf von Drogen herrühren. Letzteres habe er aber nur mit dem Ziel gemacht, seiner kranken Mutter im Iran Geld für eine Heilbehandlung schicken zu können.

Konfrontiert mit dem Umstand, wonach sich jene Umstände, aufgrund derer ihm seinerzeitig subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei, zwischenzeitlich weggefallen wären, zeigte sich der Genannte dennoch beunruhigt ob seines in Afghanistan vorherrschenden Mangels an verwandtschaftlichen Bezugspersonen sowie Ortskenntnissen. „Ich habe auch nichts gelernt, was soll ich dort machen, ich habe Angst vor meiner Zukunft (Seite 434 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).“

8. Mit Bescheid vom 27.09.2018, Zl. XXXX /BMI-BFA_NOE_AST_02, wurde die bereits bestehende befristete Aufenthaltsberechtigung des BF abermals bis zum 17.08.2020 verlängert.

9. Neuerlich am 17.12.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen, bestätigte der Beschwerdeführer zunächst seinen uneingeschränkt bestehenden Gesundheitszustand. Ledig und nach wie vor ausschließlich von Leistungen diverser Gebietskörperschaften finanziell abhängig, hätte er zwischenzeitlich bei diversen Freunden genächtigt und sei währenddessen als abgängig gemeldet gewesen.

Seine letzte Hauptschulabschlussprüfung stehe unmittelbar bevor du werde er sich danach auch eine Beschäftigung suchen. Am liebsten würde der Genannte eine Ausbildung zum Installateur absolvieren wollen, jedoch habe er bislang noch keinerlei konkrete Erkundigungen in diese Richtung eingeholt.

Obwohl bereits seit August 2014 in Österreich aufhältig, hätte der BF anstatt sich um eine Arbeit umzusehen, es vorgezogen Deutsch zu lernen und Mitglied in einem Tischtennisverein zu werden. Seine im Bundesgebiet bestehenden sozialen Kontakte würden sich auf seine Betreuerinnen sowie diverse Schulfreunde beschränken. Familiäre Bindungen würden dagegen in Österreich keine bestehen.

Geldleistungen von Verwandten habe der Beschwerdeführer während seiner Zeit im Inland nicht erhalten und hätte er selbst seinerseits auch keines versendet.

Seine Zeit verbringe er zumeist mit Spaziergängen und Kinobesuchen; ab Erreichen der unmittelbar bevorstehenden Volljährigkeit wolle sich der Genannte zunächst eine Arbeit und daran anschließend eine Wohnung suchen sowie den Führerschein machen. - 6 -

Zu seiner im Ausland verbliebenen Familie bestehe schon seit eineinhalb Jahren keinerlei Kontakt mehr, zumal „mein Handy kaputt geworden ist, ich habe auch keine Nummer gehabt (Seite 672 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).“

Zwar stammten seine Eltern ursprünglich aus XXXX in Afghanistan, er selbst sei jedoch noch nie in seinem Leben dort gewesen.

Seit seiner zuletzt thematisierten strafrechtlichen Verurteilung in Österreich, hätte er keine strafrechtlich relevanten Taten gesetzt.

Konfrontiert mit einer kurz zuvor erhaltenen Verurteilung wegen Ladendiebstahls gemäß § 127 StGB und der daraus resultierenden Verlängerung der zuvor ausgesprochenen Probezeit auf fünf Jahre, zeigte sich der BF nur wenig auskunftsfreudig, mit der Begründung, sich aufgrund übermäßiger Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt an nichts mehr erinnern zu können.

Auch hinsichtlich der laufenden Ermittlungen wegen Vandalismus und Sachbeschädigung im Sinne des § 125 StGB wisse er keine näheren Details in Bezug auf den aktuellen Stand, aber wären er und seine Begleiter völlig zu Unrecht angezeigt worden.

Nach Afghanistan wolle der Genannte jedenfalls nicht, da er dort noch nie gewesen sei und es generell unsicher in seinem Heimatland wäre. Das habe er zumindest gehört – auch in Bezug auf XXXX .

10. Mit Bescheid vom 02.01.2019, Zl. XXXX /BMI-BFA_NOE_AST_02, wurden dem Asylwerber der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.08.2015, Zl. XXXX , zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF aberkannt (Spruchpunkt I.), die mit Bescheid vom 17.08.2015, Zl. XXXX ,) erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 leg. cit. entzogen (Spruchpunkt II.), kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg. cit. erteilt (Spruchpunkt III.), sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 idgF erlassen (Spruchpunkt (IV.). Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPFG festgestellt, dass die Abschiebung des Genannten gemäß § 46 leg. cit. nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.), die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI).

Begründend führte die Erstinstanz in diesem Kontext aus, demzufolge die ursprünglich zum Zeitpunkt der ursprünglichen Antragstellung vorliegende Minderjährigkeit innerhalb der folgenden zwei Monate enden würde und der BF durch sein Agieren sowie sein Auftreten - 7 -

äußerst erwachsen und selbstständig wirke. Ein argumentativ stichhaltiger Grund, diesen nunmehr anders zu behandeln, als einen unwesentlich älteren Achtzehnjährigen, der ebenfalls ohne familiäre Bindungen in Afghanistan nicht mehr als außergewöhnlich vulnerabel eingestuft werde, sei in diesem Kontext nicht ersichtlich. So würden sich sowohl die Sicherheitslage als auch die Lebensgrundlage für sämtliche Bewohner dieses Landes nicht substantiell unterscheiden; weshalb die Auswirkungen für den Beschwerdeführer allenfalls stärker spürbar sein könnten als für die sonstige Bevölkerung sei im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen und habe er selbst auch nicht schlüssig darzulegen vermocht.

Die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Genannten, XXXX , habe sich zwischenzeitlich stetig verbessert wie auch die Gesundheitsversorgung. Davon unabhängig stünden dem BF aber auch noch diverse innerstaatliche Fluchtalternativen zur Verfügung, etwa in den Städten MAZAR-E-SHARIF oder HERAT, wie auch aus den aktuellen, der Entscheidung zugrundegelegten, Länderberichten unabhängiger Quellen zweifelsfrei hervorgehe.

Da es sich bei der Person des Genannten um einen jungen gesunden und uneingeschränkt arbeitsfähigen Mann handle, könne dieser auch in vollem Umfang am lokalen Erwerbsleben teilnehmen und stehe daher eine existenzbedrohliche Notlage im Falle seiner Überführung in sein Heimatland nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Dies nicht zuletzt angesichts der zwischenzeitlich erworbenen Schulbildung und der bereits zuvor bestehenden Kenntnisse der Landessprache auf muttersprachlichem Niveau. Zudem stehe es dem Beschwerdeführer frei Rückkehrhilfe und Reintegrationsunterstützung in Anspruch zu nehmen.

11. Gegen diese Entscheidung erhob der rechtsfreundlich vertretene Antragsteller fristgerecht Beschwerde.

12. Anlässlich der vom Bundesverwaltungsgericht anberaumten öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung am 28.05.2020, wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des Genannten und Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts.

Zunächst bestätigte der BF die Richtigkeit seiner bisherigen Angaben, korrigierte aber hinsichtlich seiner Muttersprache, dass diese Hazaragi sei, er aber auch Dari spreche. Ethnisch der Gruppe der HAZARA zugehörig, sei er nach wie vor ledig und kinderlos, spreche DARI und fühle sich generell keiner Religion sonderlich nahestehend. Seine Eltern und fünf Geschwister würden gegenwärtig im Iran leben. Ausbildungsmäßig könne er eine positiv absolvierte B1- - 8 -

Prüfung, eine Erste-Hilfe-Kurs sowie einen Hauptschulabschluss für sich verbuchen. Gegenwärtig wäre der Beschwerdeführer als Hilfsarbeiter am Bau tätig, wolle aber in Hinkunft eine Installateurausbildung beginnen. Zur Führerscheinprüfung sei er nicht zugelassen und für die Dauer eines Jahres worden, da er, bereits im Alter von 18 Jahren, betrunken, mit „L-Tafel“, ohne Lenkerberechtigung aufgehalten worden wäre. Es sei eine „Dummheit“ gewesen.

Früher hätte er auch andere „Dummheiten“ begangen („Ja, das war 2016. Ich hatte mit Drogen zu tun, Diebstahl hatte ich auch.“), dies aber nur, da er mit falschen Freunden unterwegs gewesen wäre, mit denen er gemeinsam in XXXX gewohnt habe. Er hätte Spaß mit ihnen gehabt und wäre mit diesen ein Jahr beisammen gewesen. Sie seien aber „anders“ als er gewesen, denn sie hätten viele Sachen gemacht, die er nicht gewollt habe, z.B. „Diebstahl und sowas“ hätten sie „gemacht“, weiters getrunken, jeden Tag hätten sie getrunken und mit ihm gemeinsam Marihuana konsumiert.

Schon länger, glaublich zwei Jahre, hätte er keinen Kontakt mehr zu diesen „schlechten Freunden“. Seitdem habe er keine Freunde. Seitdem habe er aber keine „Dummheiten“ mehr gemacht, auch keine Drogen konsumiert und nur manchmal getrunken.

Auf Vorhalt, wonach aus dem Strafregisterauszug auch Verurteilungen aus dem Jahre 2018 vermerkt seien, räumte der BF ein, auch noch nach 2016 straffällig geworden zu sein, unter anderem Diebstähle und gefährliche Drohung, bezüglich letzterer sei aber das Verfahren eingestellt worden. Befragt nach Details diverser Straftaten, zeigte sich der Beschwerdeführer allerdings wenig auskunftsfreudig, jeweils mit der lapidaren Begründung, sich generell nicht mehr an die Straftaten erinnern zu können. Auch in Bezug auf die erst vor kurzem, konkret im Jänner 2020, erfolgte Anhaltung durch die Polizei und die darauffolgende Eskalation könne er keinerlei Angaben mehr machen. Lediglich das Resultat seines Verhaltens in Form einer Geldstrafe in Höhe von 5.000,00.— EUR wäre ihm noch präsent. Da der BF offensichtlich nicht willens oder in der Lage war, sich an seine im Bundesgebiet begangenen Straftaten zu erinnern, insbesondere nicht, ob und in welchem Jahr er jemanden gefährlich bedroht habe, wobei dieses Verfahren nicht eingestellt worden sei, vertagte der erkennende Richter zwecks Beischaffung aller bezughabenden Stafakten.

13. Bereits im Vorfeld der mündlichen Einvernahme erstattete der Genannte über seinen rechtsfreundlichen Vertreter eine schriftliche Stellungnahme datiert vom 20.05.2020, in welcher er insbesondere auf die aktuelle Situation in Afghanistan verwies. So sei ihm weder in seiner Heimatprovinz XXXX noch in einem anderen Landeteil ein Aufenthalt zumutbar, zumal dieser auch noch nie in seinem Herkunftsland gewesen wäre und dort auch nicht über - 9 -

ein familiäres Netzwerk verfügen würde. Auch der Umstand, wonach sich der BF nicht als religiös begreife, würde dessen Aufenthalt im Heimatland zusätzlich erschweren können. Im Falle seiner Überstellung bestehe zudem die Gefahr einer Retraumatisierung. Aktuell sei das afghanische Gesundheitssystem zusätzlich durch COVID 19 belastet. Schließlich erweise sich der Genannte mittlerweile als gut in die österreichische Gesellschaft integriert, wovon auch zwei dem Schriftsatz beigelegte Unterstützungsschreiben sowie ein Dienstvertrag zeugen würden.

14. In weiterer Folge fand am 21.07.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine neuerliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt.

In deren Verlauf gab die Zeugin XXXX im Wesentlichen und soweit verfahrensrelevant folgendes an:

„RI: Wie lange kennen Sie den BF schon? Z: Anfang Dezember wären es 2 Jahre. RI: Haben Sie ihn über diese Betreuungseinrichtung kennengelernt? Z: Ja. RI: Sie haben ihn betreut seit? Z: Dezember 2018 bis Februar 2019. RI: Wie haben Sie den BF so erlebt für diesen Zeitraum? Z: Als sehr intelligenten jungen Mann, das ist mir als erstes bei ihm aufgefallen. Ich fand seinen Umgang mir als Frau sehr angenehm. Ich arbeite schon seit einiger Zeit mit Flüchtlingen. Er ist herausgestochen, weswegen ich mich entschieden habe, den Kontakt weiter fortzusetzen nach Beendigung der Betreuung. Ich habe ihn als sehr sozial erlebt, er kümmert sich um seine Freunde. Er ist oft depressiv, was er gut versteckt. Der Unterschied zwischen anderen Jugendlichen ist, dass er sich nicht fallen lässt. Zu dem Zeitpunkt, als ich ihn kennengelernt habe, habe ich natürlich seine ganzen Akten und die Sozialberichte gelesen, die nicht sehr positiv rüberkommen. Was aber nichts mit den Menschen zu tun hatte, der vor mir gestanden ist. RI: Wann endete denn dieses dienstliche Verhältnis? Z: Im Februar 2019. RI: Hat er Ihnen gegenüber über seine Zeit in Afghanistan gesprochen? Z: Nein, weil er nie in Afghanistan war. Er hat über seine Zeit in Pakistan gesprochen. RI: Was hat er Ihnen erzählt? Z: Er hat viel über seine Familie gesprochen, über Gewalterfahrungen in seiner Familie und Dinge, die ihn sehr stören, besonders an seinen Vater, wie er gewalttätig ist, seine Töchter behandelt wie Eigentümer. Er sagte, er würde sowas nie machen, er würde seine Kinder nie schlagen. Er hat darüber gesprochen, dass das System in Pakistan ganz anders ist und es einfach seine Zeit braucht, um sich an das System zu gewöhnen. Man spricht anders, man verhält sich anders, der Umgang ist anders. Wenn man in ein anderes Land kommt, gibt es Verständigungsschwierigkeiten. RI: Glauben Sie, dass er große Verständigungsschwierigkeiten in Österreich hat? - 10 -

Z: Große würde ich nicht sagen, manchmal schon. Er hat es jetzt gelernt, er hat es verstanden, wie unser System ist, was er darf und was nicht. Er hat mir erzählt, ein Betreuer, mit dem er eine Diskussion hatte, hat sich die Ärmel hochgekrempelt und für ihn hat das bedeutet, dass er ihn schlagen will, das war für ihn ein eindeutiges Zeichen. Er hat eine Zeit gebraucht, um zu lernen, dass es in Österreich anders ist und dass ihn ein Betreuer nicht schlagen würde. RI: War dieses Ereignis besonders prägnant für ihn oder ist das nur eine kleine Nebensache gewesen? Z: Besonders prägnant nicht. RI: Gab es einen Polizeieinsatz? Z: Nein, in dem Fall nicht. RI: Und in welchem Fall schon? Z: Als ich ihn betreut habe in St. Gabriel, gab es seinetwegen nie einen Polizeieinsatz. RI: Sie haben gesagt, dass er sich sehr für seine Freunde einsetzt. Habe ich das richtig verstanden? Z: Ja. RI: Wer sind denn so seine Freunde? Z: Hauptsächlich Burschen, die er aus der WG kennt von früher und für die ist er ein halber Sozialarbeiter und für die versucht er weiterzuhelfen mit Anträgen, Formularen, Jobsuche. Es sind die alten Freunde, die er von früher hat. Er hat aber einige neue auch kennengelernt. RI: Wenn Sie meinen, die alten Freunde, die er von früher hat. Von welcher Zeit sprechen Sie? Z: Unterschiedlich. Ich weiß nicht, wie lange. Er hat manche Kontakte abgebrochen. RI: Hat er noch Kontakte von der ersten Unterkunft? Z: Meinen Sie in Traiskirchen? RI: Ja. Z: Das weiß ich jetzt nicht 100%ig. RI: Der BF hat uns das letzte Mal erzählt, dass er früher schlechte Freunde gehabt hat, die ihn sozusagen negativ beeinflusst haben. Hat er noch solche „schlechte“ Freunde? Z: Ich glaube, ich kenne fast alle. Ich würde sagen, nein. Sie sind meistens depressiv, aber nicht kriminell. RI: Kennt er noch einen Ali Hosseini? Z: Nein, also zumindest habe ich nie von ihm gehört. RI: Können Sie mir ein Paar Namen von diesen Freunden aufzählen? Z: Morteza Ansari, Mohammad, ich weiß nicht, wie sein Nachname ist, er wohnt inzwischen in Tirol. Ich weiß von den meisten Freunden die Nachnamen nicht. Dann gibt es Zakhi, das ist die Kurzform des Namens. Parvis Kasimi, mich natürlich. Er versteht sich mit meinen Freunden auch gut. RI: Wie ist es denn bezüglich des Konsums mit diversen Substanzen, die die Laune verändern? Z: Legal oder illegal? RI: Fangen Sie einmal mit den Legalen an. Z: Er ist Raucher, starker Raucher. Inzwischen ist es Gott sei Dank schon einige Monate her, aber manchmal trinkt er, aber nicht regelmäßig, aber manchmal schon. Darf ich das ausführen, seinen Alkoholkonsum, etwas näher? RI: Ja, bitte. Z: Er benutzt Alkohol, um sich zu betäuben um seinen Schmerz nicht mehr zu spüren. Er versteckt sich gerne vor anderen, er macht Witze, er ist lustig, obwohl er sich nicht so fühlt. Wenn er seinen bekannten Freunden gegenüber artikuliert, dass es ihm schlecht geht, dann glauben sie ihm nicht. Mit seiner Verzweiflung ist er dann manchmal sehr alleine und lässt sich - 11 -

hinreißen, Alkohol zu trinken. Es gab den Vorfall im Jänner, seine letzte Straffälligkeit, die im Zusammenhang mit Alkohol gestanden ist. Da gibt es eine Hintergrundgeschichte, über die er nicht sprechen will, weil es ihm peinlich ist. Es gab an dem Tag Streit mit seiner Familie, sie haben telefoniert. Sein Vater hat ihm gesagt, dass er, selbst wenn er wollte, nicht mehr zurückkommen kann, weil die Familie dann ihre Integrität verlieren würde. Seine Mutter hat ihm erzählt, dass seine Schwester von ihrem Vater an einen verurteilten Vergewaltiger verlobt wurde. Mit diesen Informationen hat er sich dann eine Flasche Vodka gegönnt und alles Weitere steht in den Akten. Ihm ist bewusst, was das für ein Blödsinn war. Er hat sich seinen Führerschein damit verbaut und Menschen in Gefahr gebracht, das weiß er auch. Seitdem ist etwas in dieser Art nicht mehr vorgekommen. Ich habe ihn nie wieder trinken gesehen. RI: Wie kam er denn zu diesem Auto? Z: Wir haben gerade „L“ Tafel gemacht, es war nicht mein Auto. XXXX und ich haben uns das geteilt, er ist mit beiden Autos gefahren. In dem Fall war es das Auto von Frau XXXX . RI: Ich hoffe, Sie passen auf Ihre Fahrzeugschlüssel gut auf. Z: Das ist nicht nötig, ich vertraue ihm. RI: Bei der Frau XXXX hat es irgendwie nicht funktioniert. Z: Dazu muss ich aber sagen, er hat nicht die Schlüssel gestohlen und deswegen habe ich keinen Grund auf den Schlüssel aufzupassen, weil er sie nicht unerlaubt nehmen würde. Er ist gebeten worden Brot kaufen zu fahren und Frau XXXX hat nicht bemerkt, dass er betrunken ist und er hat es nicht gesagt. RI: Sie haben gesagt, dass das sich bei ihm entwickelt hat, das Verständnis, wie man sich in einer Gesellschaft zu benehmen hat, man sich einzufügen hat. Seit wann glauben Sie denn, dass er es „begriffen“ hat, wie man das hier richtig handhabt? Z: Als ich ihn vor zwei Jahren kennengelernt habe, hatte ich den Eindruck, dass er das System bereits verstanden hat. Er sagt z.B. oft: Menschlichkeit hat er in Österreich gelernt. So etwas gibt es nicht, wo er herkommt. Das findet er gut und richtig. Die Grundlagen, die zumindest ich richtig finde, hatte er. Es waren nur Kleinigkeiten, wie „Warum darf ich nicht schwarzfahren, warum darf ich nicht parken, wenn ein Schild steht, dass ich das nicht darf“ usw., solche Kleinigkeiten. RI: Schwarzfahren ist aber keine Kleinigkeit. Z: Fahrscheine gibt es nicht in Pakistan. Außerdem ist die finanzielle Situation in Flüchtlingseinrichtungen sehr schlecht. Sie können sich oft keine Fahrscheine leisten. RI: Hat er sonst noch mit Ihnen gesprochen über die „Fehler“, die er in der Vergangenheit begangen hat? Z: Ja. RI: Was haben Sie da für einen Eindruck von ihm gewonnen? Z: Vielleicht so als Beispiel. Er besucht mich manchmal in der Arbeit und ich arbeite immer noch mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die teilweise auch auf Abwegen unterwegs sind und er spricht mit ihnen und erklärt ihnen, wie es richtig geht. Dass die nicht Marihuana verkaufen sollen, niemanden schlagen sollen, dass sie in die Schule gehen sollen. RI: Wollen Sie mir sonst noch etwas über den BF erzählen? Z: Vielleicht nur etwas, was ich an ihm sehr angenehm fand, ist die Abneigung dem Islam gegenüber. Er ist nicht Moslem. RI: Wissen das seine Freunde? Z: Die Freunde schon, die Familie nein. RV: Haben Sie mit dem BF auch öfter über seine psychischen Probleme gesprochen? - 12 -

Z: Ja, immer wieder. Er kann das sehr schwer in Worte fassen. Er sagt meistens so etwas, wie „kaputt“. Er sagt, ihm ist halt die Kraft ausgegangen, die Motivation. Er hat keine Lust auf gar nichts, er ist sehr müde. Die letzte Therapie, die er gemacht hat, hat ein bisschen Erleichterung erschafft. Aber eher im Umgang auf Aggressionen, als was die Depression anbelangt. Deswegen versucht die Frau XXXX gerade auch einen neuen Therapeuten für ihn zu finden. Die Dinge, die er mir teilweise erzählt, die er erlebt hat auf der Flucht und in seiner Familie, ich weiß nicht, wie es mir gehen würde. So etwas wegzustecken und trotzdem noch zu funktionieren. RV: Haben Sie da in dem Zeitraum, indem sie ihn kennengelernt haben, eine Veränderung bemerkt und woran würden Sie die festmachen? Z: Er ist wesentlich weniger aggressiv. Er war auch zu Beginn nicht aggressiv, in dem Sinne, aber hatte manchmal so einen Blick, der provozieren konnte. Den hat er jetzt nicht mehr. RI: Seit wann nicht mehr? Z: Gut ein Jahr. RV: Weil Sie erwähnt haben, dass Sie jetzt eine persönliche Beziehung zu ihm haben. Wie stellt sich diese dar? Was machen Sie? Z: Er ist wie ein Familienmitglied für mich, wie ein kleiner Bruder. L Tafel hat sich leider ja erledigt, aber wir gehen manchmal Zelten, spazieren, wir kochen. Manchmal nehme ich ihn mit zu meinem Pferd, mit Tieren kann er sehr gut. RI: Was haben Sie für ein Pferd? Z: Eine Traberstute. RI: Wie alt? Z: 26 Jahre alt. RI: Reiten Sie sie noch? Z: Ja, geht noch, wie der Blitz. RI: Reitet der BF auch? Z: Ja, das hat er in Pakistan gelernt. Er hat sich um sie raufgeschmissen und es hat funktioniert. Es ist bei ihr nicht selbstverständlich, sie mag eigentlich keine Männer. Wenn es irgendwas zum Arbeiten gibt, ist er da. Wenn jemand umzieht, Hilfe braucht, wird er zuerst gefragt. RV: Gibt es sonst noch irgendwas Persönliches zu der Beziehung mit dem BF? Z: Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nicht mehr da ist.“ Der BF, vom erkennenden Richter neuerlich mit den „Dummheiten“ konfrontiert, gab im Wesentlichen und soweit verfahrensrelevant folgendes an: „RI: Wir sind das letzte Mal stehengeblieben bei den Dingen, die Sie als „Dummheit“ bezeichnet haben. Können Sie sich mittlerweile an alle Ihre Verurteilungen erinnern? BF: Ja. RI: Herr XXXX , warum haben Sie das heuer mit dem Auto gemacht? BF: Ich war zu diesem Zeitpunkt sehr, sehr traurig. Ein Freund von mir und ich haben reichlich getrunken. Mit diesem Auto bin ich zum Hofer gefahren, um einzukaufen. Bei der Rückfahrt waren zwei Leute mit Zivilbekleidungen. Die haben mir dann gesagt, dass ich nicht so falsch verhalten dürfte. Dann hat man mich nach meinem Führerschein gefragt. Ich habe gesagt, dass ich keinen Führerschein hätte zwar, aber ich fahre mit der L Tafel. Dann hat man mich mitgenommen und zur Polizei gebracht. Den Schlüssel vom Auto hat man mir weggenommen. Dann hat man mich zu einer anderen Polizeistation gebracht. Ich muss sagen, ich war mehr als betrunken, ich war zu betrunken. Ich fragte nach dem Schlüssel des Autos, natürlich hat man das abgelehnt. Ich erinnere mich nicht sehr im Detail an diesen Moment, aber ich glaube, wir - 13 -

haben alle eine kleine Diskussion gehabt und deshalb hat man mich für eine Nacht dort gehalten. Als ich nüchtern war, habe ich gemerkt, dass ich übertrieben habe, dass ich die Leute bedroht hätte. Es tut mir leid, ich war zu betrunken. Mag sein, dass ich zu viel zu diesem Zeitpunkt gesprochen habe, aber… und deshalb kann ich mich an das Detail nicht so gut erinnern. Ich weiß, dass ich einen großen Fehler gemacht habe, aber ich kann mich dafür nur vom Herzen entschuldigen. RI: Bei mir brauchen Sie sich dafür nicht zu entschuldigen. Haben Sie sich bei den Polizeibeamten persönlich entschuldigt? BF: Ja, ich habe einen Brief bekommen, um zum Gericht zu gehen. Als ich dort war, habe ich die zwei Leute gesehen. Ich habe mich ehrlich und offen bei beiden entschuldigt. RI: Meinen Sie damit, die zwei Polizeibeamten, die die Verkehrskontrolle durchgeführt haben? BF: Nein, die zwei waren nicht dabei. Die Diskussion war bei der zweiten Polizeistation und die Leute von der Polizeistation sind gekommen, aus der zweiten Polizeistation, wo ich hingebracht worden bin. RI: Trinken Sie öfter Alkohol? BF: Ich hatte zu viel getrunken. Nach diesem Ereignis habe ich damit aufgehört. Es ging mir wirklich schlecht. Es geht mir jetzt auch ehrlich gesagt nicht gut, aber ich habe damit aufgehört. Ich halte mich auch daran, dass ich nie mehr so viel trinke, dass ich als „Betrunkener“ bezeichnet werden würde. RI: Ich muss Ihnen vorhalten, das waren damals 0,86 Promille. Das ist nicht eine Menge, wo man vollgetrunken ist und man sich nachher an nichts erinnern kann. Was sagen Sie dazu? BF: Ich kann nichts dafür, ehrlich gesagt, mein Kopf ist so gebaut, dass, wenn ich trinke, ich verstehe nichts und besonders erinnere ich mich an nichts. RI: Aber bis zum Hofer haben Sie es schon geschafft und dort eingekauft. BF: Das stimmt. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich Ihnen auch jedes kleine Detail erzählt, aber als man mich zu der zweiten Polizeistation mitgenommen hat, besonders von dieser Diskussion, von der ich vorhin gesprochen habe, ehrlich gesagt, erinnere ich mich nicht. RI: Von dieser Diskussion oder nach dieser Diskussion? BF: Ich erinnere mich sogar nicht an das, was wir drei zueinander gesagt haben. Es war eine Diskussion, nachher hat man mir Handschellen an die Hand gelegt. Ich muss sagen, sie haben mich zwar nicht geschlagen, aber sie haben mich schon zum Boden gestoßen und ich lag. Aber ich sage Ihnen ehrlich. Es ist nicht nur wegen diesem Vorfall, ich sage offen und ehrlich. Immer, als ich früher getrunken habe, habe ich nichts verstanden, als man zu mir sprach, erinnere ich mich an nichts. RI: Sie erinnern sich also daran, dass Sie Handfesseln bekommen haben? BF: Ja. Sie haben die absichtlich gehabt, dass ich mich setze oder besser gesagt, dass ich liegen bleibe und dann war das alles. RI: Warum können Sie sich an die Handlungen der Polizei erinnern, aber nicht daran, was Sie gemacht haben? BF: Ehrlich gesagt, ich erinnere mich nur bis zu diesem Zeitpunkt, dass ich das Auto zum Hofer fuhr. Aber nachher, was geschah, ich sage ehrlich noch einmal, ich habe mich nicht daran erinnert. Aber, sobald ich das Protokoll gelesen habe, ein Teil davon habe ich Ihnen erzählt, was ich noch weiß. Wenn ich das nicht gelesen hätte, vielleicht hätte ich Ihnen auch weniger erzählen können. RI: Sie können sich also nicht daran erinnern, dass Sie zum Alkomat Test aufgefordert wurden und dass damit, dass alle anwesenden Exekutivbeamte „Hurenkinder sind und ihre Mütter alle in den Arsch ficken sollen“? - 14 -

BF: Ich erinnere mich nicht daran. Wenn ich ein bisschen heute Ihnen mehr darüber erzählen konnte, den Großteil davon habe ich vom Protokoll bekommen. Ich kann mich noch einmal dafür entschuldigen. RI: Wie gesagt, bei mir brauchen Sie sich nicht dafür entschuldigen. Außerdem, man entschuldigt sich nicht, sondern man geht zu demjenigen, den man beleidigt hat und bittet ihn, sich zu entschuldigen. BF (auf Deutsch): Habe ich schon, bei Gericht. RI: Sie wurden insgesamt 5 Mal abgemahnt und zweimal wurde Ihnen die Festnahme angedroht. BF: Was soll ich dazu sagen. Ich weiß, dass es sehr dumm von mir gewesen ist. Ich schäme mich dafür. Ich bin nicht darauf stolz, aber es ist halt passiert, es tut mir leid. RI: An die Verkehrskontrolle können Sie sich aber noch erinnern, ist das richtig? BF: Ja, ich erinnere mich. RI: Warum haben Sie bei dieser Verkehrskontrolle nicht sofort den Anweisungen der beiden Polizeibeamten Folge geleistet? BF: Ich habe die Leute, ehrlich gesagt, für zivile Leute gehalten. Als sie gesagt haben, habe ich es bejaht. Ich sagte, okay, ich fahre von hier weiter. Aber, als sie mich nach meinem Führerschein gefragt haben, dann habe ich geantwortet. Natürlich waren sie nicht vor mir da, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass ich dort nicht parken dürfte. RI: Sie haben begonnen für den Führerschein zu lernen mit Ihren Betreuerinnen. Haben Sie da auch gelernt, was eine Parkverbotstafel, eine Halteverbotstafel ist? BF: Ich habe zwar gelernt, aber ich muss sagen, an diesem Tag waren auf diesem Parkplatz so viele Autos und so viele Leute, dass ich nicht schnell daran gedacht habe. Ich habe einen Parkplatz vor dem Hofer gefunden und ich dachte, ich werde sowieso höchstens 2 Minuten bleiben und dann werde ich sowieso gehen. RI: Das war kein Wunder, dass da ein Parkplatz frei war. Dort war ein Halteverbot, ausgenommen für Dienstfahrzeuge für die Bundespolizeidirektion. BF (auf Deutsch): Ja, das weiß ich, aber ich habe gar nicht geschaut. Einfach, ich habe nicht gelernt. RI: Und Sie sind noch mit einem Rad an Gehsteig gestanden. BF: Ja, das stimmt. RI: Dann ist es kein Wunder, dass Sie von der Polizeistreife kontrolliert werden. BF: Ich habe es versucht, wirklich versucht, richtig zu parken, aber der Platz war zu eng. RI: Sie haben aber dem Beamten nicht gesagt, dass Sie den Führerschein nicht haben, sondern Sie haben gesagt, dass Sie den Führerschein und Zulassungsschein zuhause vergessen haben. BF: Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich meine Lehrlingsbestätigung für den Führerschein gehalten, ehrlich gesagt. Dann habe ich gelernt, erst, wenn ich einen Führerschein habe, darf ich sagen, dass ich einen Führerschein habe. RI: Wenn Sie das so rückblickend betrachten, haben Sie irgendwie das Gefühl, dass es vielleicht einfacher gewesen wäre, gleich das zu tun, was die Polizisten sagen? BF: Ja, Sie haben recht. Ich lebe immer auch nicht so, aber es ist passiert, ich weiß es nicht. Ich kann mich nur wiederholen und sagen, das ist sehr dumm von mir gewesen. RI: Irgendwie schaffen Sie es, Situationen zu eskalieren. Können Sie sich noch erinnern an den Vorfall beim Westbahnhof im Supermarkt mit den Red Bull-Dosen? BF (auf Deutsch): Herr Richter, da war ich mit einem Freund von mir, ja. Wir haben getrunken, wir haben nach Leitungswasser gesucht aber wir haben nicht gefunden. Wir hatten kein Geld. Im Supermarkt habe ich dann Red Bull gestohlen und sie haben erwischt. Mein Freund war - 15 -

auch dabei, aber er hat sich gewehrt und dann ist die Polizei gekommen. Gegen Polizei hat er sich auch gewehrt. Ich habe eh gesagt, Ruhe und so. RI: Das ist nicht ganz richtig, wie Sie das erzählen. Sie sind nicht erwischt worden beim Diebstahl. Können Sie sich daran nicht mehr erinnern? BF: Man hat uns zur Polizeistation mitgenommen, man hat auf meinen Freund auch eingeschlagen. Das bedeutet, dass umsonst die auf einen nicht einschlagen. Es muss was gewesen sein. RI: Ja, das war auch so, Herr XXXX . Dem Strafakt zufolge hatten Sie drei Dosen Red Bull gestohlen, das Geschäft verlassen, unbehelligt, und sind einige Zeit später wieder in das Geschäft zurückgekehrt. War das eine Art Mutprobe? BF: Nein. Ich weiß nicht, ich erinnere mich nicht daran. Soweit ich mich daran erinnere, dass man so auch meinen Freund mitgenommen hat. RI: Das ist in weiterer Folge dann auch passiert. BF: Ich weiß.“

Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der BF aus wie folgt: „RI: Warum sind Sie nach Österreich geflüchtet? BF: Es war so, dass mein Großvater in Pakistan getötet wurde. Ich weiß den Grund nicht. Mein Vater hat mich durch einen guten Bekannten von ihm in den Iran geschickt. Einige Zeit bin ich auch im Iran gewesen. Dann hat mich diese Person einer anderen vorgestellt und durch die Hilfe dieser zweiten Person bin ich immer weitergegangen und weitergefahren. Unterwegs hat diese Person alles organisiert und hin und wieder auch mit einem Schlepper telefonisch gesprochen. Ich weiß die Details nicht. Dann in der Türkei und dann weiter. Ich bin auch drei Monate in der Türkei gewesen. Damit meine ich, in einem Gefängnis in der Türkei bin ich gewesen. Bei unserem ersten Versuch von der Türkei nach Griechenland zu landen, sind wir von der Meeresküstenwache erwischt worden. Man hat uns wieder in die Türkei zurückgeschickt. Dann hat einer von den Jungs dieses Schlauchboot mit einem Messer oder mit etwas Spitzem gerissen oder ein Loch drinnen gemacht. Er war so der Meinung und meinte, wenn wir das Schlauchboot kaputt machen, wären die griechischen Seewachenkräfte uns mit in Griechenland nehmen müssen. Aber leider, als er das Schlauchboot kaputt gemacht hat, wurde uns nicht von den Griechen geholfen. RI: Herr XXXX , das ist schön, dass Sie mir alle Details erzählen, aber ich habe Sie gefragt, warum Sie nach Österreich geflüchtet sind und nicht, wie Sie geflüchtet sind. BF: Ich muss so sagen, dass mein Vater von Pakistan mich hingeschickt hat. Ich bin auch in Pakistan aufgewachsen, ich bin nicht in Afghanistan aufgewachsen. Nachdem man meinen Großvater getötet hat, das war der Grund aber ich kenne nicht die Details. Die Familie hat mir auch nicht darüber erzählt, warum man mich nach Europa oder wohin schickt.“

Zu seiner Lebens-, Familiensituation, seiner Integration und seinen Rückkehrbefürchtungen führte der BF aus wie folgt: „RI: Haben Sie Kinder? BF: Nein. RI: Sind Sie verheiratet, leben Sie in einer Lebensgemeinschaft? BF: Nein, ich bin ledig. RI: Haben Sie Familienmitglieder in Österreich? BF: Nein. - 16 -

RI: Wir haben das letzte Mal erörtert, welche Ausbildungen Sie haben. Sie haben mir erzählt, dass Sie den Hauptschulabschluss gemacht haben, gerne als Installateur eine Ausbildung machen wollen. Ist das immer noch so? BF: Ja, das wollte ich und das will ich auch, aber bis jetzt habe ich keine Lehrstelle leider gefunden, ich habe mich beworben, aber ich bin bis jetzt nicht erfolgreich gewesen. RI: Wie verbringen Sie denn jetzt üblicherweise in Österreich den Tag? BF: Normalerweise um 6 Uhr wache ich immer auf, ich mache ein kleines Frühstück. Um 7 Uhr muss ich bei der Arbeit sein und die Arbeit dauert bis 17 oder 18 Uhr. Ich komme zurück und esse etwas. Manchmal schaue ich mir auch einen guten Film an. Nachher gehe ich schlafen. RI: Wo arbeiten Sie denn jetzt? BF: Nestroyplatz, Rotensterngasse im 2. Bezirk. RI: Was arbeiten Sie dort, in welchem Geschäft? BF: Ich bin in der Baubranche tätig als Hilfsarbeiter. Wir machen zuerst alle Dächer kaputt, dann bauen wir sie neu auf. Das ist meine Arbeit. RI: Sind Sie bei irgendwelchen Vereinen aktiv? BF: Ich war früher, aber jetzt erlaubt es mir die Zeit nicht mehr. Ich habe keine Zeit dafür. Ich werde nach der Arbeit so müde, dass es keine Zeit für eine Mitgliedschaft bleibt. Normalerweise spiele ich in der Freizeit Fußball, aber wegen der Corona-Krise, spiele ich zurzeit auch kein Fußball. RI: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan? BF: Ich habe davor Angst, getötet zu werden. RI: Warum sollte man Sie töten? BF: Ich war nicht in Afghanistan, ich habe immer davon gehört und wurde benachrichtigt, dass man dort getötet wird. Ich habe einige Tätowierungen auch auf meinem Körper. Normalerweise sehen es die Moslems nicht gerne oder anders gesagt, die Moslems dürfen keine Tätowierungen haben. So gesehen, wenn man mich aus irgendeinem Grund erwischen würde, kann es auch sein, dass es bis zum Tod führt. RI: Ich sehe jetzt aber keine Tätowierungen. BF zeigt seine linke Hand und eine kleine Tätowierung neben seinem Auge. BF: Außerdem kann ich auch nicht den Koran lesen, wenn man dort etwas über islamische Gebote oder Verbote fragen würde, könnte ich das nicht beantworten und das wäre für mich eine Gefahr. Ich kenne mich nicht einmal aus, wie man das Gebet verliest. RI: Wie alt waren Sie, als Sie zu uns geflüchtet sind? BF: 13 Jahre. RI: Und Sie haben in der Familie nicht gelernt die islamischen Gebräuche zu pflegen? BF: Ich durfte bis zu diesem Zeitpunkt frei sein, weil, ich weiß nicht einmal, ob die Jungs nicht erst ab 15, 16 das Gebet verrichten. Ich war unter diesem Alter. Ich habe zwar ein bisschen den Koran gelernt, aber ich habe noch nicht gelernt gehabt, wie man das Gebet verrichtet usw. RI: Gibt es noch weitere Dinge, die Sie im Falle einer Rückkehr befürchten? BF: Es gibt noch einen Grund. Ich spreche die afghanische Sprache mit einem Farsi-Akzent. Ich könnte quasi als fremd dort bezeichnet werden. RI: Vorhalt: Sie haben aber bei der Befragung vor dem BFA angegeben, dass Sie Dari sprechen. BF: Also ich bin es so gewohnt, dass ich jetzt eine Mischung von drei Sprachen spreche: Dari, Farsi und Deutsch. Ja, bei mir ist es leider so. Obwohl ich mich versuche zu kontrollieren, trotzdem, wenn ich Dari und Farsi spreche, kommen ein oder zwei deutsche Wörter rein. RI: Ich habe vorläufig keine weiteren Fragen an Sie. RV: In Österreich, praktizieren Sie hier noch den islamischen Glauben? - 17 -

BF: Nein. RV: Wären Sie bereit in Afghanistan, wenn Sie dort wären, den Regeln des Islams zu folgen und zu beten? BF: Dort auch nicht.“

Der rechtsfreundliche Vertreter stellte auch Fragen an den BF, dies gestaltete sich wie folgt: „RV: Sie waren früher in Therapie wegen Ihrer psychischen Beschwerden. Möchten Sie diese Therapie fortsetzen? BF: Ja, 100%ig sicher, aber wie gesagt, wegen der Corona Krise zurzeit ist es nicht möglich. RV: Leiden Sie sehr unter diesen psychischen Schwierigkeiten? BF: Ja, ich kann es auch nicht so genau beschreiben, aber ich kann es so beschreiben, dass ich oftmals Angst habe. Ich denke manchmal ohne Grund nach und einmal kann ich mich nicht kontrollieren, um nicht nachzudenken. Sogar in der Arbeit manchmal von einer zur anderen Sekunde bin ich weg. RV: Und Sie möchten in Zukunft daran arbeiten, dass es besser wird? BF: Ja, natürlich, ich will das. Es ist für mich natürlich besser, dass ich mich fröhlich fühle, ich mache es nicht absichtlich. Es hat fast ein Jahr gedauert, diese Therapie. Aber wie gesagt, wegen der Corona-Krise ist das nicht möglich. Ich muss etwas sagen, etwas hat mir diese Therapie gebracht, aber ich bin nicht so weit, dass ich damit aufhöre. RV: Wenn Sie die zwei verschiedenen Systeme hier in Österreich und in Afghanistan, wie Sie gehört haben, vergleichen. Was sind die Unterschiede für Sie und was finden Sie an den Unterschieden besser? BF: Für den Unterschied als erstes muss ich ein Beispiel geben, dass man in Afghanistan den Koran lernen muss, ob man will oder nicht. Man muss in die Moschee gehen, ob man will oder nicht. Du hast dort nicht diese Freiheit, deine Meinung zu äußern, wenn du anders denkst. Aber ich fühle mich hier frei, z.B., ich kann einen Beruf selber auswählen, wie ich das möchte und wie ich das gerne tun würde. Um ein anderes Beispiel zu nehmen: meine Frau kann ich mir hier selber auswählen und nicht mein Vater. Ich würde, ehrlich gesagt, nicht gerne hingehen und meine zukünftigen Kinder zwangsweise in die Moschee schicken. Wenn es nach mir ginge, das würde ich selber nie tun. Ich stelle mir in meinem Kopf so vor, dass sich meine zukünftige, Kinder selbst auswählen können, was sie lernen wollen und was sie in Zukunft werden wollen. Ehrlich gesagt, ich bin nicht dafür, dass man seine Kinder zwangsweise in die Moschee schickt und zwangsweise den Koran lernen müssen. So viel kann ich über die Unterschiede sprechen. RV: Gibt es irgendwelche familiären oder sozialen Kontakte, die Sie in Afghanistan haben? BF: Nein, ich habe niemanden. So gesehen konnte es auch sein, dass ich vor Hunger dort sterben würde. Ich kenne keinen, ehrlich gesagt, niemanden. RV: Wie stellen Sie sich denn Ihre Zukunft hier in Österreich vor in 5 Jahren? BF: Ja, auf jeden Fall würde ich meine Lehre, die ich vorgehabt habe, zu Ende bringen und meinen Führerschein auf jeden Fall machen. Nachher werde ich sicher auch heiraten. Was dann nach der Heirat dir das Leben bringt, ich bin dafür offen.“

Der RV verwies noch auf die schlechte Lage in Afghanistan, die sich nicht verbessert habe seit Zuerkennung des subsidiären Schutzes. Des weiteren habe sich auch nicht die persönliche Lage des BF nicht maßgeblich verbessert. Aktuell ist die Situation in Afghanistan zusätzlich prekär aufgrund der Auswirkungen des Corona Virus, die Afghanistan besonders hart betreffen. Zusammengefasst ist es keine Besserung der Sicherheitslage sowie der - 18 -

persönlichen Verhältnisse des BF seit Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. letztmaliger Veränderung zu erkennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest:

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, der öffentlichen mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.05.2020 sowie am 21.07.2020, der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in Afghanistan, der im Verfahren vorgelegten Unterlagen, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, Fremdeninformationssystem, Strafregister und Grundversorgungs- Informationssystem wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Der Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Auch zur Person des Beschwerdeführers wird der zu Punkt I. angeführte Sachverhalt zur Feststellung erhoben.

2.1.1. Der BF befindet sich seit fünf Jahren in Österreich und verfügt im Bundesgebiet über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte.

2.1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.08.2015, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Demgegenüber wurde dem Asylwerber der Status des subsidiären Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. zuerkannt (Spruchpunkt II.). Unter einem wurde dem Antragsteller gemäß § 8 Abs. 4 leg. cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.08.2016 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde hinsichtlich Spruchpunkt I. im Wesentlichen ausgeführt, wonach der Beschwerdeführer keinerlei individuelle Fluchtgründe ins Treffen geführt habe.

In Bezug auf Spruchpunkt II. verwies die Erstinstanz auf die vor dem Hintergrund einer unsicheren Gesamtlage sich besonders negativ auswirkende fehlende Existenz sozialer oder familiärer Netzwerke des Genannten. Angesichts dieser Konstellation stelle sich der Zugang zu Wohnraum und Nahrung nicht als hinreichend gesichert dar, weshalb im Falle einer - 19 -

Rückführung in das Herkunftsland eine Verletzung des damals erst vierzehnjährigen Asylwerbers seiner von Art. 3 EMRK umfassten Rechte nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne.

2.1.3. Der volljährige Genannte ist jung, arbeitsfähig und leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen und benötigt keine exklusiv im Bundesgebiet verfügbare medizinische Behandlung. Er hat zu seiner Familie in Afghanistan seit kurz nach seiner illegalen Einreise ins Bundesgebiet 2014 keinen Kontakt mehr, es besteht keine finanzielle gegenseitige Unterstützung.

2.1.4. Der Beschwerdeführer spricht sowohl DARI, HAZARAGI als auch Deutsch und erweist sich als mehrfach vorbestraft. Den weit überwiegenden Teil seines Aufenthalts in Österreich finanzierte er aus Leistungen der öffentlichen Hand.

2.1.5. Der BF liefe nach einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht konkret Gefahr, der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden. Eine Einreise nach Afghanistan kann ohne Gefährdung seiner Person erfolgen.

2.2. Zur Lage in Afghanistan wird unter Heranziehung der im angefochtenen Bescheid zitierten Länderberichte in der aktualisierten neuesten Fassung (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.11.2019, zuletzt aktualisiert am 21.07.2020) Folgendes festgestellt:

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 3.9.2019), nachdem im Frühjahr sowohl die Taliban als auch die afghanische Regierung neue Offensiven verlautbart hatten (USDOD 6.2019). Traditionell markiert die Ankündigung der jährlichen Frühjahrsoffensive der Taliban den Beginn der sogenannten Kampfsaison - was eher als symbolisch gewertet werden kann, da die Taliban und die Regierungskräfte in den vergangenen Jahren auch im Winter gegeneinander kämpften (AJ 12.4.2019). Die Frühjahrsoffensive des Jahres 2019 trägt den Namen al-Fath (UNGASC 14.6.2019; vgl. AJ 12.4.2019; NYT 12.4.2019) und wurde von den Taliban trotz der Friedensgespräche angekündigt (AJ 12.4.2019; vgl. NYT 12.4.2019). Landesweit am meisten von diesem aktiven Konflikt betroffen, waren die Provinzen Helmand, Farah und GHAZNI (UNGASC 14.6.2019). Offensiven der afghanischen Spezialeinheiten der Sicherheitskräfte gegen die Taliban wurden seit Dezember 2018 verstärkt - dies hatte zum Ziel die Bewegungsfreiheit der Taliban zu stören, Schlüsselgebiete zu verteidigen und damit eine produktive Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Seit Juli 2018 liefen auf hochrangiger politischer Ebene Bestrebungen, den Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban politisch zu lösen (TS 22.1.2019). Berichten zufolge standen die Verhandlungen mit den Taliban kurz vor dem Abschluss. Als Anfang September der US-amerikanische Präsident ein geplantes Treffen mit den Islamisten - als Reaktion auf einen Anschlag - absagte (DZ 8.9.2019). Während sich die derzeitige militärische Situation in Afghanistan nach wie vor in einer Sackgasse befindet, stabilisierte die Einführung zusätzlicher Berater und Wegbereiter im Jahr 2018 die Situation und verlangsamte die Dynamik des Vormarsches der Taliban (USDOD - 20 -

12.2018). Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million KABULis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als „politisch motiviert" und „illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in KABUL sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz KABUL ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach den Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über KABUL, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren (USDOD 6.2019). Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung; die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, Engpässe entstehen und dadurch manchmal auch Kräfte fehlen können, um Territorium zu halten (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019). Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau. Die Ausnahme waren islamische Festtage, an denen, wie bereits in der Vergangenheit auch schon, das Kampfniveau deutlich zurückging, als sowohl regierungsfreundliche Kräfte, aber auch regierungsfeindliche Elemente ihre offensiven Operationen reduzierten. Im Gegensatz dazu hielt das Kampftempo während des gesamten Fastenmonats Ramadan an, da regierungsfeindliche Elemente mehrere Selbstmordattentate ausführten und sowohl regierungsfreundliche Truppen, als auch regierungsfeindliche Elemente, bekundeten, ihre operative Dynamik aufrechtzuerhalten (UNGASC 3.9.2019). Die Taliban verlautbarten, eine asymmetrische Strategie zu verfolgen: die Aufständischen führen weiterhin Überfälle auf Kontrollpunkte und Distriktzentren aus und bedrohen Bevölkerungszentren (UNGASC 7.12.2018). Angriffe haben sich zwischen November 2018 und Jänner 2019 um 19% im Vergleich zum Vorberichtszeitraum (16.8. - 31.10.2018) verstärkt. Insbesondere in den Wintermonaten wurde in Afghanistan eine erhöhte Unsicherheit wahrgenommen. (SIGAR 30.4.2019). Seit dem Jahr 2002 ist die Wintersaison besonders stark umkämpft. Trotzdem bemühten sich die ANDSF und Koalitionskräfte die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und konzentrierten sich auf Verteidigungsoperationen gegen die Taliban und den ISKP. Diese Operationen verursachten bei den Aufständischen schwere Verluste und hinderten sie daran ihr Ziel zu erreichen (USDOD 6.2019). Der ISKP ist auch weiterhin widerstandsfähig: Afghanische und internationale Streitkräfte führten mit einem hohen Tempo Operationen gegen die Hochburgen des ISKP in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch, was zu einer gewissen Verschlechterung der Führungsstrukturen der ISKP führt. Dennoch konkurriert die Gruppierung auch weiterhin mit den Taliban in der östlichen Region und hat eine operative Kapazität in der Stadt KABUL behalten (UNGASC 3.9.2019).

So erzielen weder die afghanischen Sicherheitskräfte noch regierungsfeindliche Elemente signifikante territoriale Gewinne. Das aktivste Konfliktgebiet ist die Provinz Kandahar, gefolgt von den Provinzen Helmand und Nangarhar. Wenngleich keine signifikanten Bedrohungen der staatlichen Kontrolle über Provinzhauptstädte gibt, wurde in der Nähe der Provinzhauptstädte Farah, Kunduz und GHAZNI über ein hohes Maß an Taliban-Aktivität berichtet (UNGASC 3.9.2019). In mehreren Regionen wurden von den Taliban vorübergehend strategische Posten entlang der Hauptstraßen eingenommen, sodass sie den Verkehr zwischen den Provinzen erfolgreich einschränken konnten (UNGASC 7.12.2018). So kam es beispielsweise in strategisch liegenden Provinzen entlang des Highway 1 (Ring Road) zu temporären Einschränkungen durch die Taliban (UNGASC 7.12.2018; vgl. ARN 23.6.2019). Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte stellen erhebliche Mittel für die Verbesserung der Sicherheit auf den Hauptstraßen bereit - insbesondere in den Provinzen GHAZNI, Zabul, Balkh und Jawzjan. (UNGASC 3.9.2019).

Für das gesamte Jahr 2018, registrierten die Vereinten Nationen (UN) in Afghanistan insgesamt 22.478 sicherheitsrelevante Vorfälle. Gegenüber 2017 ist das ein Rückgang von 5%, wobei die Anzahl der - 21 -

sicherheitsrelevanten Vorfälle im Jahr 2017 mit insgesamt 23.744 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hatte (UNGASC 28.2.2019).

Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 registriert die Vereinten Nationen (UN) insgesamt 5.856 sicherheitsrelevanter Vorfälle - eine Zunahme von 1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 63% Prozent aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, die höchste Anzahl, wurde im Berichtszeitraum in den südlichen, östlichen und südöstlichen Regionen registriert (UNGASC 3.9.2019). Für den Berichtszeitraum 8.2-9.5.2019 registrierte die UN insgesamt 5.249 sicherheitsrelevante Vorfälle - ein Rückgang von 7% gegenüber dem Vorjahreswert; wo auch die Anzahl ziviler Opfer signifikant zurückgegangen ist (UNGASC 14.6.2019).

Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 sind 56% (3.294) aller sicherheitsrelevanten Vorfälle bewaffnete Zusammenstöße gewesen; ein Rückgang um 7% im Vergleich zum Vorjahreswert. Sicherheitsrelevante Vorfälle bei denen improvisierte Sprengkörper verwendet wurden, verzeichneten eine Zunahme von 17%. Bei den Selbstmordattentaten konnte ein Rückgang von 44% verzeichnet werden. Die afghanischen Sicherheitskräfte führen gemeinsam mit internationalen Kräften, weiterhin eine hohe Anzahl von Luftangriffen durch: 506 Angriffe wurden im Berichtszeitraum verzeichnet - 57% mehr als im Vergleichszeitraum des Jahres 2018 (UNGASC 3.9.2019).

Im Gegensatz dazu, registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) für das Jahr 2018 landesweit 29.493 sicherheitsrelevante Vorfälle, welche auf NGOs Einfluss hatten. In den ersten acht Monaten des Jahres 2019 waren es 18.438 Vorfälle. Zu den gemeldeten Ereignissen zählten, beispielsweise geringfügige kriminelle Überfälle und Drohungen ebenso wie bewaffnete Angriffe und Bombenanschläge (INSO o.D.).

Global Incident Map (GIM) verzeichnete in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019 3.540 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahr 2018 waren es 4.433. Die folgende Grafik der Staatendokumentation schlüsselt die sicherheitsrelevanten Vorfälle anhand ihrer Vorfallarten und nach Quartalen auf (BFA Staatendokumentation 4.11.2019):

Jänner bis Oktober 2018 nahm die Kontrolle oder der Einfluss der afghanischen Regierung von 56% auf 54% der Distrikte ab, die Kontrolle bzw. Einfluss der Aufständischen auf Distrikte sank in diesem Zeitraum von 15% auf 12%. Der Anteil der umstrittenen Distrikte stieg von 29% auf 34%. Der Prozentsatz der Bevölkerung, welche in Distrikten unter afghanischer Regierungskontrolle oder -einfluss lebte, ging mit Stand Oktober 2018 auf 63,5% zurück. 8,5 Millionen Menschen (25,6% der Bevölkerung) leben mit Stand Oktober 2018 in umkämpften Gebieten, ein Anstieg um fast zwei Prozentpunkte gegenüber dem gleichen Zeitpunkt im Jahr 2017. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an von den Aufständischen kontrollierten Distrikten waren Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Ein auf Afghanistan spezialisierter Militäranalyst berichtete im Januar 2019, dass rund 39% der afghanischen Distrikte unter der Kontrolle der afghanischen Regierung standen und 37% von den Taliban kontrolliert wurden. Diese Gebiete waren relativ ruhig, Zusammenstöße wurden gelegentlich gemeldet. Rund 20% der Distrikte waren stark umkämpft. Der Islamische Staat (IS) kontrollierte rund 4% der Distrikte (MA 14.1.2019).

Die Kontrolle über Distrikte, Bevölkerung und Territorium befindet sich derzeit in einer Pattsituation (SIGAR 30.4.2019). Die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle Ende 2018 bis Ende Juni 2019, insbesondere in der Provinz Helmand, sind als verstärkte Bemühungen der Sicherheitskräfte zu sehen, wichtige Taliban-Hochburgen und deren Führung zu erreichen, um in weiterer Folge eine Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Intensivierte Kampfhandlungen zwischen ANDSF und Taliban werden von beiden Konfliktparteien als Druckmittel am Verhandlungstisch in Doha erachtet (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019).

Zivile Opfer

Die Vereinten Nationen dokumentierten für den Berichtszeitraum 1.1.-30.9.2019 8.239 zivile Opfer (2.563 Tote, 5.676 Verletzte) - dieser Wert ähnelt dem Vorjahreswert 2018. Regierungsfeindliche Elemente waren auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer; 41% der Opfer waren Frauen und Kinder. Wenngleich die Vereinten Nationen für das erste Halbjahr 2019 die niedrigste Anzahl ziviler Opfer registrierten, so waren Juli, August und September - im Gegensatz zu 2019 - von einem hohen Gewaltniveau betroffen. Zivilisten, die in den Provinzen KABUL, Nangarhar, Helmand, GHAZNI, und Faryab wohnten, waren am stärksten vom Konflikt betroffen (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 17.10.2019). - 22 -

Für das gesamte Jahr 2018 wurde von mindestens 9.214 zivilen Opfern (2.845 Tote, 6.369 Verletzte) (SIGAR 30.4.2019) berichtet bzw. dokumentierte die UNAMA insgesamt 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte). Den Aufzeichnungen der UNAMA zufolge, entspricht das einem Anstieg bei der Gesamtanzahl an zivilen Opfern um 5% bzw. 11% bei zivilen Todesfällen gegenüber dem Jahr 2017 und markierte einen Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2009. Die meisten zivilen Opfer wurden im Jahr 2018 in den Provinzen KABUL, Nangarhar, Helmand, GHAZNI und Faryab verzeichnet, wobei die beiden Provinzen mit der höchsten zivilen Opferanzahl - KABUL (1.866) und Nangarhar (1.815) - 2018 mehr als doppelt so viele Opfer zu verzeichnen hatten, wie die drittplatzierte Provinz Helmand (880 zivile Opfer) (UNAMA 24.2.2019; vgl. SIGAR 30.4.2019). Im Jahr 2018 stieg die Anzahl an dokumentierten zivilen Opfern aufgrund von Handlungen der regierungsfreundlichen Kräfte um 24% gegenüber 2017. Der Anstieg ziviler Opfer durch Handlungen regierungsfreundlicher Kräfte im Jahr 2018 wird auf verstärkte Luftangriffe, Suchoperationen der ANDSF und regierungsfreundlicher bewaffneter Gruppierungen zurückgeführt (UNAMA 24.2.2019).

High-Profile Angriffe (HPAs)

Sowohl im gesamten Jahr 2018 (USDOD 12.2018), als auch in den ersten fünf Monaten 2019 führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen (USDOD 6.2019; vgl. USDOD 12.2018). Diese Angriffe sind stetig zurückgegangen (USDOD 6.2019). Zwischen 1.6.2018 und 30.11.2018 fanden 59 HPAs in KABUL statt (Vorjahreswert: 73) (USDOD 12.2018), zwischen 1.12.2018 und15.5.2019 waren es 6 HPAs (Vorjahreswert: 17) (USDOD 6.2019).

Anschläge gegen Gläubige und Kultstätten, religiöse Minderheiten

Die Zahl der Angriffe auf Gläubige, religiöse Exponenten und Kultstätten war 2018 auf einem ähnlich hohen Niveau wie 2017: bei 22 Angriffen durch regierungsfeindliche Kräfte, meist des ISKP, wurden 453 zivile Opfer registriert (156 Tote, 297 Verletzte), ein Großteil verursacht durch Selbstmordanschläge (136 Tote, 266 Verletzte) (UNAMA 24.2.2019).

Für das Jahr 2018 wurden insgesamt 19 Vorfälle konfessionell motivierter Gewalt gegen Schiiten dokumentiert, bei denen es insgesamt zu 747 zivilen Opfern kam (223 Tote, 524 Verletzte). Dies ist eine Zunahme von 34% verglichen mit dem Jahr 2017. Während die Mehrheit konfessionell motivierter Angriffe gegen Schiiten im Jahr 2017 auf Kultstätten verübt wurden, gab es im Jahr 2018 nur zwei derartige Angriffe. Die meisten Anschläge auf Schiiten fanden im Jahr 2018 in anderen zivilen Lebensräumen statt, einschließlich in mehrheitlich von Schiiten oder Hazara bewohnten Gegenden. Gezielte Attentate und Selbstmordangriffe auf religiöse Führer und Gläubige führten, zu 35 zivilen Opfern (15 Tote, 20 Verletzte) (UNAMA 24.2.2019).

Angriffe im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen im Oktober 2018

Die afghanische Regierung bemühte sich Wahllokale zu sichern, was mehr als 4 Millionen afghanischen Bürgern ermöglichte zu wählen (UNAMA 11.2018). Und auch die Vorkehrungen der ANDSF zur Sicherung der Wahllokale ermöglichten eine Wahl, die weniger gewalttätig war als jede andere Wahl der letzten zehn Jahre (USDOS 12.2018). Die Taliban hatten im Vorfeld öffentlich verkündet, die für Oktober 2018 geplanten Parlamentswahlen stören zu wollen. Ähnlich wie bei der Präsidentschaftswahl 2014 warnten sie Bürger davor, sich für die Wahl zu registrieren, verhängten "Geldbußen" und/oder beschlagnahmten Tazkiras und bedrohten Personen, die an der Durchführung der Wahl beteiligt waren (UNAMA 11.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Von Beginn der Wählerregistrierung (14.4.2018) bis Ende des Jahres 2018, wurden 1.007 Opfer (226 Tote, 781 Verletzte) sowie 310 Entführungen aufgrund der Wahl verzeichnet (UNAMA 24.2.2019). Am Wahltag (20.10.2018) verifizierte UNAMA 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) durch Wahl bedingte Gewalt. Die höchste Anzahl an zivilen Opfern an einem Wahltag seit Beginn der Aufzeichnungen durch UNAMA im Jahr 2009 (UNAMA 11.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al- Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan (USDOD 6.2019; vgl. CRS 12.2.2019) und stellt nicht nur für die beiden Länder eine Sicherheitsherausforderung dar, sondern eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität (USDOD 6.2019): - 23 -

Taliban

Die USA sprechen seit rund einem Jahr mit hochrangigen Vertretern der Taliban über eine politische Lösung des langjährigen Afghanistan-Konflikts. Dabei geht es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird. Beide Seiten hatten sich jüngst optimistisch gezeigt, bald zu einer Einigung zu kommen (FAZ 21.8.2019). Während dieser Verhandlungen haben die Taliban Forderungen eines Waffenstillstandes abgewiesen und täglich Operationen ausgeführt, die hauptsächlich die afghanischen Sicherheitskräfte zum Ziel haben. (TG 30.7.2019). Zwischen 1.12.2018 und 31.5.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt, als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zu Ziel. Das wird als Versuch gewertet, in den Friedensverhandlungen ein Druckmittel zu haben (USDOD 6.2019).

Der derzeitige Taliban-Führer ist nach wie vor Haibatullah Akhundzada (REU 17.8.2019; vgl. FA 3.1.2018) - Stellvertreter sind Mullah Mohammad Yaqub - Sohn des ehemaligen Taliban-Führers Mullah Omar - und Serajuddin Haqqani (CTC 1.2018; vgl. TN 26.5.2016) Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (TN 13.1.2017). Die Taliban bezeichnen sich selbst als das Islamische Emirat Afghanistan (VOJ o. D.). Die Regierungsstruktur und das militärische Kommando sind in der Layha, einem Verhaltenskodex der Taliban, definiert (AAN 4.7.2011), welche zuletzt 2010 veröffentlicht wurde (AAN 6.12.2018).

Ein Bericht über die Rekrutierungspraxis der Taliban teilt die Taliban-Kämpfer in zwei Kategorien: professionelle Vollzeitkämpfer, die oft in den Madrassen rekrutiert werden, und Teilzeit-Kämpfer vor Ort, die gegenüber einem lokalen Kommandanten loyal und in die lokale Gesellschaft eingebettet sind (LI 29.6.2017). Die Gesamtstärke der Taliban wurde von einem Experten im Jahr 2017 auf über 200.000 geschätzt, darunter angeblich 150.000 Kämpfer (rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten, der Rest sein Teil der lokalen Milizen). Der Experte schätzte jedoch, dass die Zahl der Vollzeitkämpfer, die gleichzeitig in Afghanistan aktiv sind, selten 40.000 übersteigt (LI 23.8.2017). Im Jänner 2018 schätzte ein Beamter des US-Verteidigungsministeriums die Gesamtstärke der Taliban in Afghanistan auf 60.000 (NBC 30.1.2018). Laut dem oben genannten Experten werden die Kämpfe hauptsächlich von den Vollzeitkämpfern der mobilen Einheiten ausgetragen (LI 23.8.2017; vgl. AAN 3.1.2017; AAN 17.3.2017).

Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan. Seit Ende 2014 wurden 20 davon öffentlich zur Schau gestellt. Das Khalid bin Walid-Camp soll12 Ableger, in acht Provinzen betreibt (Helmand, Kandahar, GHAZNI, Ghor, Saripul, Faryab, Farah und Maidan Wardak). 300 Militärtrainer und Gelehrte sind dort tätig und es soll möglich sein, in diesem Camp bis zu 2.000 Rekruten auf einmal auszubilden (LWJ 14.8.2019).

Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt (LI 23.8.2017). In einigen nördlichen Gebieten sollen die Taliban bereits überwiegend Nicht-Paschtunen sein, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LI 23.8.2017).

Haqqani-Netzwerk

Das seit 2012 bestehende Haqqani-Netzwerk ist eine teilautonome Organisation, Bestandteil der afghanischen Taliban und Verbündeter von al-Qaida (CRS 12.2.2019). Benannt nach dessen Begründer, Jalaluddin Haqqani (AAN 1.7.2010; vgl. USDOS 19.9.2018; vgl. CRS 12.2.2019), einem führenden Mitglied des antisowjetischen Jihad (1979-1989) und einer wichtigen Taliban-Figur; sein Tod wurde von den Taliban im September 2018 verlautbart. Der derzeitige Leiter ist dessen Sohn Serajuddin Haqqani, der seit 2015, als stellvertretender Leiter galt (CTC 1.2018).

Als gefährlichster Arm der Taliban, hat das Haqqani-Netzwerk, seit Jahren Angriffe in den städtischen Bereichen ausgeführt (NYT 20.8.2019) und wird für einige der tödlichsten Angriffe in Afghanistan verantwortlich gemacht (CRS 12.2.2019).

Islamischer Staat (IS/ISIS/ISIL/Daesh), Islamischer Staat Khorasan Provinz (ISKP)

Erste Berichte über den Islamischen Staat (IS, auch ISIS, ISIL oder Daesh genannt) in Afghanistan gehen auf den Sommer 2014 zurück (AAN 17.11.2014; vgl. LWJ 5.3.2015). Zu den Kommandanten gehörten zunächst oft unzufriedene afghanische und pakistanische Taliban (AAN 1.8.2017; vgl. LWJ 4.12.2017). Schätzungen zur Stärke des ISKP variieren zwischen 1.500 und 3.000 (USDOS 18.9.2018), bzw. 2.500 und 4.000 Kämpfern (UNSC - 24 -

13.6.2019). Nach US-Angaben vom Frühjahr 2019 ist ihre Zahl auf 5.000 gestiegen. Auch soll der Islamische Staat vom zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan sowie von aus Syrien geflohenen Kämpfern profitieren (BAMF 3.6.2019; vgl. VOA 21.5.2019).

Berichten zufolge, besteht der ISKP in Pakistan hauptsächlich aus ehemaligen Teherik-e Taliban Mitgliedern, die vor der pakistanischen Armee und ihrer militärischen Operationen in der FATA geflohen sind (CRS 12.2.2019; vgl. CTC 12.2018). Dem Islamischen Staat ist es gelungen, seine organisatorischen Kapazitäten sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan dadurch zu stärken, dass er Partnerschaften mit regionalen militanten Gruppen einging. Seit 2014 haben sich dem Islamischen Staat mehrere Gruppen in Afghanistan angeschlossen, z.B. Teherik-e Taliban Pakistan (TTP)-Fraktionen oder das Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), während andere ohne formelle Zugehörigkeitserklärung mit IS-Gruppierungen zusammengearbeitet haben, z.B. die Jundullah-Fraktion von TTP oder Lashkar-e Islam (CTC 12.2018).

Der islamische Staat hat eine Präsenz im Osten des Landes, insbesondere in der Provinz Nangarhar, die an Pakistan angrenzt (CRS 12.2.2019; vgl. CTC 12.2018). In dieser sind vor allem bestimmte südliche Distrikte von Nangarhar betroffen (AAN 27.9.2016; vgl. REU 23.11.2017; AAN 23.9.2017; AAN 19.2.2019), wo sie mit den Taliban um die Kontrolle kämpfen (RFE/RL 30.10.2017; vgl. AAN 19.2.2019). Im Jahr 2018 erlitt der ISKP militärische Rückschläge sowie Gebietsverluste und einen weiteren Abgang von Führungspersönlichkeiten. Einerseits konnten die Regierungskräfte die Kontrolle über ehemalige IS-Gebiete erlangen, andererseits schwächten auch die Taliban die Kontrolle des ISKP in Gebieten in Nangarhar (UNSC 13.6.2019; vgl. CSR 12.2.2019). Aufgrund der militärischen Niederlagen war der ISKP dazu gezwungen, die Anzahl seiner Angriffe zu reduzieren. Die Gruppierung versuchte die Provinzen Paktia und Logar im Südosten einzunehmen, war aber schlussendlich erfolglos (UNSC 31.7.2019). Im Norden Afghanistans versuchten sie ebenfalls Fuß zu fassen. Im August 2018 erfuhr diese Gruppierung Niederlagen, wenngleich sie dennoch als Bedrohung in dieser Region wahrgenommen wird (CSR 12.2.2019). Berichte über die Präsenz des ISKP könnten jedoch übertrieben sein, da Warnungen vor dem Islamischen Staat laut einem Afghanistan-Experten "ein nützliches Fundraising-Tool" sind: so kann die afghanische Regierung dafür sorgen, dass Afghanistan im Bewusstsein des Westens bleibt und die Auslandshilfe nicht völlig versiegt (NAT 12.1.2017). Die Präsenz des ISKP konzentrierte sich auf die Provinzen Kunar und Nangarhar. Außerhalb von Ostafghanistan ist es dem ISKP nicht möglich, eine organisierte oder offene Präsenz aufrechtzuerhalten (UNSC 13.6.2019).

Neben komplexen Angriffen auf Regierungsziele, verübte der ISKP zahlreiche groß angelegte Anschläge gegen Zivilisten, insbesondere auf die schiitische-Minderheit (CSR 12.2.2019; vgl. UNAMA 24.2.2019; AAN 24.2.2019; CTC 12.2018; UNGASC 7.12.2018; UNAMA 10.2018). Im Jahr 2018 war der ISKP für ein Fünftel aller zivilen Opfer verantwortlich, obwohl er über eine kleinere Kampftruppe als die Taliban verfügt (AAN 24.2.2019). Die Zahl der zivilen Opfer durch ISKP-Handlungen hat sich dabei 2018 gegenüber 2017 mehr als verdoppelt (UNAMA 24.2.2019), nahm im ersten Halbjahr 2019 allerdings wieder ab (UNAMA 30.7.2019).

Der ISKP verurteilt die Taliban als "Abtrünnige", die nur ethnische und/oder nationale Interessen verfolgen (CRS 12.2.2019). Die Taliban und der Islamische Staat sind verfeindet. In Afghanistan kämpfen die Taliban seit Jahren gegen den IS, dessen Ideologien und Taktiken weitaus extremer sind als jene der Taliban (WP 19.8.2019; vgl. AP 19.8.2019). Während die Taliban ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte beschränken (AP 19.8.2019), zielt der ISKP darauf ab, konfessionelle Gewalt in Afghanistan zu fördern, indem sich Angriffe gegen Schiiten richten (WP 19.8.2019).

Al-Qaida und ihr verbundene Gruppierungen

Al-Qaida sieht Afghanistan auch weiterhin als sichere Zufluchtsstätte für ihre Führung, basierend auf langjährigen und engen Beziehungen zu den Taliban. Beide Gruppierungen haben immer wieder öffentlich die Bedeutung ihres Bündnisses betont (UNSC 15.1.2019). Unter der Schirmherrschaft der Taliban ist al-Qaida in den letzten Jahren stärker geworden; dabei wird die Zahl der Mitglieder auf 240 geschätzt, wobei sich die meisten in den Provinzen Badakhshan, Kunar und Zabul befinden. Mentoren und al-Qaida-Kadettenführer sind oftmals in den Provinzen Helmand und Kandahar aktiv (UNSC 13.6.2019).

Al-Qaida will die Präsenz in der Provinz Badakhshan stärken, insbesondere im Distrikt Shighnan, der an der Grenze zu Tadschikistan liegt, aber auch in der Provinz Paktika, Distrikt Barmal, wird versucht die Präsenz auszubauen. Des Weiteren fungieren al-Qaida-Mitglieder als Ausbilder und Religionslehrer der Taliban und ihrer Familienmitglieder (UNSC 13.6.2019). - 25 -

Im Rahmen der Friedensgespräche mit US-Vertretern haben die Taliban angeblich im Jänner 2019 zugestimmt, internationale Terrorgruppen wie Al-Qaida aus Afghanistan zu verbannen (TEL 24.1.2019).

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Balkh liegt im Norden Afghanistans und grenzt im Norden an Usbekistan, im Nordosten an Tadschikistan, im Osten an Kunduz und Baghlan, im Südosten an Samangan, im Südwesten an Sar-e Pul, im Westen an Jawzjan und im Nordwesten an Turkmenistan (UNOCHA 13.4.2014; vgl. GADM 2018). Die Provinzhauptstadt ist MAZAR-E- SHARIF. Die Provinz ist in die folgenden Distrikte unterteilt:

Balkh, Char Bolak, Char Kent, Chimtal, Dawlat Abad, Dehdadi, Kaldar, Kishindeh, Khulm, Marmul, MAZAR-E- SHARIF, Nahri Shahi, Sholgara, Shortepa und Zari (CSO 2019; vgl. IEC 2018).

Nach Schätzung der zentralen Statistikorganisation Afghanistan (CSO) für den Zeitraum 2019-20 leben 1.475.649 Personen in der Provinz Balkh, davon geschätzte 469.247 in der Provinzhauptstadt MAZAR-E-SHARIF (CSO 2019). Balkh ist eine ethnisch vielfältige Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird (PAJ o.D.; vgl. NPS o.D.).

Balkh bzw. die Hauptstadt MAZAR-E-SHARIF ist ein Import-/Exportdrehkreuz sowie ein regionales Handelszentrum (SH 16.1.2017). Die Autobahn, welche zum usbekischen Grenzübergang Hairatan-Termiz führt, zweigt ca. 40 km östlich von MAZAR-E-SHARIF von der Ringstraße ab. (TD 5.12.2017). In MAZAR-E-SHARIF gibt es einen Flughafen mit Linienverkehr zu nationalen und internationalen Zielen (BFA Staatendokumentation 25.3.2019). Im Januar 2019 wurde ein Luftkorridor für Warentransporte eröffnet, der MAZAR-E-SHARIF und Europa über die Türkei verbindet (PAJ 9.1.2019). - 31 -

Laut dem Opium Survey von UNODC für das Jahr 2018 belegt Balkh den 7. Platz unter den zehn größten Schlafmohn produzierenden Provinzen Afghanistans. Aufgrund der Dürre sank der Mohnanbau in der Provinz 2018 um 30% gegenüber 2017 (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Balkh zählt zu den relativ stabilen (TN 1.9.2019) und ruhigen Provinzen Nordafghanistans, in welcher die Taliban in der Vergangenheit keinen Fuß fassen konnten (AN 6.5.2019). Die vergleichsweise ruhige Sicherheitslage war vor allem auf das Machtmonopol des ehemaligen Kriegsherrn und späteren Gouverneurs von Balkh, Atta Mohammed Noor, zurückzuführen (RFE/RL o.D.; RFE/RL 23.3.2018). In den letzten Monaten versuchen Aufständische der Taliban die nördliche Provinz Balkh aus benachbarten Regionen zu infiltrieren. Drei Schlüsseldistrikte, Zari, Sholagara und Chahar Kant, zählen zu jenen Distrikten, die in den letzten Monaten von Sicherheitsbedrohungen betroffen waren. Die Taliban überrannten keines dieser Gebiete (TN 22.8.2019). Einem UN-Bericht zufolge, gibt es eine Gruppe von rund 50 Kämpfern in der Provinz Balkh, welche mit dem Islamischen Staat (IS) sympathisiert (UNSC 1.2.2019). Bei einer Militäroperation im Februar 2019 wurden unter anderem in Balkh IS-Kämpfer getötet (BAMF 11.2.2019).

Das Hauptquartier des 209. ANA Shaheen Corps befindet sich im Distrikt Dehdadi (TN 22.4.2018). Es ist für die Sicherheit in den Provinzen Balkh, Jawzjan, Faryab, Sar-e-Pul und Samangan zuständig und untersteht der NATO- Mission Train, Advise, and Assist Command - North (TAAC-N), welche von deutschen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019). Deutsche Bundeswehrsoldaten sind in Camp Marmal in MAZAR-E-SHARIF stationiert (TS 22.9.2018).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 227 zivile Opfer (85 Tote und 142 Verletzte) in Balkh. Dies entspricht einer Steigerung von 76% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Bodenkämpfe, gefolgt von improvisierten Bomben (IEDS; ohne Selbstmordattentate) und gezielten Tötungen. UNAMA verzeichnete für das Jahr 2018 insgesamt 99 zivile Opfer durch Bodenkämpfe in der Provinz (UNAMA 24.2.2019). Hinsichtlich der nördlichen Region, zu denen UNAMA auch die Provinz Balkh zählt, konnte in den ersten 6 Monaten ein allgemeiner Anstieg ziviler Opfer verzeichnet werden (UNAMA 30.7.2019).

Im Winter 2018/2019 (UNGASC 28.2.2019) und Frühjahr 2019 wurden ANDSF-Operationen in der Provinz Balkh durchgeführt (UNGASC 14.6.2019). Die ANDSF führen auch weiterhin regelmäig Operationen in der Provinz (RFERL 22.9.2019; vgl KP 29.8.2019, KP 31.8.2019, KP 9.9.2019) unter anderem mit Unterstützung der US- amerikanischen Luftwaffe durch (BAMF 14.1.2019; vgl. KP 9.9.2019). Taliban-Kämpfer griffen Einheiten der ALP, Mitglieder regierungsfreundlicher Milizen und Sicherheitsposten beispielsweise in den Distrikten Chahrbulak (TN 9.1.2019; vgl. TN 10.1.2019), Chemtal (TN 11.9.2018; vgl. TN 6.7.2018), Dawlatabad (PAJ 3.9.2018; vgl. RFE/RL 4.9.2018) und Nahri Shahi (ACCORD 30.4.2019) an.

Berichten zufolge, errichten die Taliban auf wichtigen Verbindungsstraßen, die unterschiedliche Provinzen miteinander verbinden, immer wieder Kontrollpunkte. Dadurch wird das Pendeln für Regierungsangestellte erschwert (TN 22.8.2019; vgl. 10.8.2019). Insbesondere der Abschnitt zwischen den Provinzen Balkh und Jawjzan ist von dieser Unsicherheit betroffen (TN 10.8.2019).

IDPs - Binnenvertriebene

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 1.218 aus der Provinz Balkh vertriebene Personen, die hauptsächlich in der Provinz selbst in den Distrikten Nahri Shahi und Kishindeh Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 4.361 konfliktbedingt Vertriebene aus Balkh, die allesamt in der Provinz selbst verblieben (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 15.313 Vertriebene in die Provinz Balkh, darunter

1.218 aus der Provinz selbst, 10.749 aus Faryab und 1.610 aus Sar-e-Pul (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.- 30.6.2019 meldete UNOCHA 14.301 Vertriebene nach MAZAR-E-SHARIF und Nahri Shahi, die aus der Provinz Faryab, sowie aus Balkh, Jawzjan, Samangan und Sar-e-Pul stammten (UNOCHA 18.8.2019).

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GHAZNI

Die Provinz GHAZNI liegt im Südosten Afghanistans und grenzt an die Provinzen Bamyan und Wardak im Norden, Logar, Paktya und Paktika im Osten, Zabul im Süden und Uruzgan und Daykundi im Westen. GHAZNI liegt an keiner internationalen Grenze (UNOCHA 4.2014). Die Provinz ist in 19 Distrikte unterteilt: die Provinzhauptstadt GHAZNI-Stadt sowie den Distrikte Ab Band, Ajristan, Andar (auch Shelgar genannt (AAN 22.5.2018)), De Hyak, Gelan, Giro, Jaghatu, Jaghuri, Khwaja Omari, Malistan, Muqur, Nawa, Nawur, Qara Bagh, Rashidan, Waghaz, Wali Muhammad Shahid (Khugyani) und Zanakhan (CSO 2019). Nach Schätzungen der CSO für den Zeitraum 2019-20 leben 1.338.597 Menschen in GHAZNI (CSO 2019). Die Provinz wird von Paschtunen, Tadschiken und Hazara sowie von mehreren kleineren Gruppen wie Bayats, Sadats und Sikhs bewohnt (PAJ o.D.). Fast die Hälfte der Bevölkerung von GHAZNI sind Paschtunen, etwas weniger als die Hälfte sind Hazara und rund 5% sind Tadschiken (NPS o.D.).

Die Stadt GHAZNI liegt an der Ring Road, welche die Hauptstadt KABUL mit dem großen Ballungszentrum Kandahar im Süden verbindet und auch die Straße zu Paktikas Hauptstadt Sharan zweigt in der Stadt GHAZNI von der Ring Road ab, die Straße nach Paktyas Hauptstadt Gardez dagegen etwas nördlich der Stadt. Die Kontrolle über GHAZNI ist daher von strategischer Bedeutung (CJ 13.8.2018). Einem Bericht vom Dezember 2018 zufolge steht die GHAZNI-Paktika-Autobahn unter Taliban-Kontrolle und ist für Zivil- und Regierungsfahrzeuge gesperrt, wobei die Aufständischen weiterhin Druck auf die KABUL-Kandahar-Autobahn ausüben (AAN 30.12.2018), bzw. Straßenkontrollen durchführen (PAJ 31.1.2019). Im Mai 2019 war die GHAZNI-Paktika-Autobahn seit einem Jahr geschlossen (PAJ 13.5.2019a). Auch die GHAZNI-Paktia-Autobahn war Anfang März 2019 trotz einer 20-tägigen Militäroperation (PAJ 27.2.2019) gegen die Taliban immer noch gesperrt (BAMF 4.3.2019; vgl. PAJ 27.2.2019). Im Mai 2019 führten die Regierungskräfte an den Rändern von GHAZNI-Stadt Räumungsoperationen zur Befreiung der Verkehrswege durch (KP 16.5.2019). Die Kontrolle über die Straße nach Gardez, der Provinzhauptstadt von Paktia ist bedeutsam für die Verteidigung von GHAZNI, da sich die Militärbasis des für die Provinz zuständigen Corps dort befindet (AAN 25.7.2018).

Gemäß dem UNODC Opium Survey 2018 gehörte GHAZNI 2018 nicht zu den zehn wichtigsten schlafmohnanbauenden Provinzen Afghanistans. Während die Provinz zwischen 2013 und 2016 schlafmohnfrei war, wurden 2017 etwa 1.000 Hektar angebaut. Im Jahr 2018 nahm die Anbaufläche um 64% ab. Der größte Teil von GHAZNI's Schlafmohn wurde 2018 im volatilen Distrikt Ajristan angebaut (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

GHAZNI gehörte im Mai 2019 zu den relativ volatilen Provinzen im Südosten Afghanistans. Taliban-Kämpfer sind in einigen der unruhigen Distrikte der Provinz aktiv, wo sie oft versuchen, terroristische Aktivitäten gegen die Regierung und Sicherheitseinrichtungen durchzuführen. Gleichzeitig führen die Regierungskräfte regelmäßig Operationen in GHAZNI durch, um die Aufständischen aus der Provinz zu vertreiben (KP 27.5.2019).

Aufgrund der Präsenz von Taliban-Aufständischen in manchen Regionen der Provinz, gilt GHAZNI als relativ unruhig (XI 22.9.2019), so standen beispielsweise Ende 2018, einem Bericht zufolge, acht Distrikte der Provinz - 35 -

unter Kontrolle der Taliban gestanden haben, fünf weitere Distrikte waren stark umkämpft (AAN 30.12.2018). Im Jänner 2019 wurde berichtet, dass die administrativen Angelegenheiten der Distrikte Andar, Deh Yak, Zanakhan, Khwaja Omari, Rashidan, Jaghatu, Waghaz und Khugyani aufgrund der Sicherheitslage bzw. Präsenz der Taliban nach GHAZNI-Stadt oder in die Nähe der Provinzhauptstadt verlegt wurden. Aufgrund der Sicherheitslage sei es für die Bewohner schwierig, zu den neuen administrativen Zentren zu gelangen (PAJ 27.1.2019). Dem Verteidigungsminister zufolge, sind in der Provinz mehr Taliban und Al-Qaida-Kämpfer aktiv, als in anderen Provinzen. Dem Innenminister zufolge, hat sich die Sicherheitslage in der Provinz verschlechtert und die Taliban erlitten bei jüngsten Zusammenstößen schwere Verluste (PAJ 19.4.2019).

In Ergänzung zur Afghan National Police (ANP), der Afghan Local Police (ALP) und der paramilitärischen Kräfte des National Directorate of Security (NDS) entsteht im Distrikt Jaghuri im Rahmen eines Pilotprojekts eine neu eingerichtete Afghan National Army Territorial Force (ANA TF). Diese lokale Einheit soll die Bevölkerung schützen und Territorium halten, ohne von lokalen Machthabern oder Gruppeninteressen vereinnahmt zu werden (AAN 15.1.2019). Während des Angriffs auf GHAZNI-Stadt im August 2018 wurden die afghanischen Regierungskräfte von US-amerikanischen Streitkräften unterstützt - laut einer Quelle nicht nur durch Luftangriffe, sondern auch von US-Spezialeinheiten am Boden (TM 23.8.2018). GHAZNI liegt im Verantwortungsbereich des 203. ANA Tandar Corps (USDOD 6.2019; vgl. AAN 25.7.2018) das der Task Force Southeast untersteht, die von US- amerikanischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019).

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 653 zivile Opfer (253 Tote und 400 Verletzte) in GHAZNI. Dies entspricht einer Steigerung von 84% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Kämpfe, gefolgt von Luftangriffen und gezielten oder vorsätzlichen Morden (UNAMA 24.2.2019). Im ersten Halbjahr 2019 zählte UNAMA GHAZNI mit insgesamt 186 zivilen Opfern (77 Tote, 109 Verletzte) zu den fünf Provinzen mit den größten Auswirkungen des Konflikts auf Zivilisten in Afghanistan (UNAMA 30.7.2019).

Einem UN-Bericht zufolge, war GHAZNI neben Helmand und Farah zwischen Februar und Juni 2019 eines der aktivsten Konfliktgebiete Afghanistans. Mehr als die Hälfte aller Luftangriffe fanden in diesem Zeitraum in den Provinzen Helmand und GHAZNI statt. Anfang April 2019 beschloss die Regierung die "Operation Khalid", welche unter anderem auf GHAZNI fokussiert (UNGASC 14.6.2019). Auch die Winteroperationen 2018/2019 der ANDSF konzentrierten sich unter anderem auf diese Provinz (UNGASC 28.2.2019). In der Provinz kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen (z.B. KP 27.7.2019; KP 25.7.2019; KP 22.7.2019, MENAFN 22.7.2019); ebenso werden Luftangriffe in der Provinz durchgeführt (PAJ 17.3.2019). Bei manchen militärischen Operationen werden beispielsweise Taliban getötet (KP 25.7.2019; vgl. KP 22.7.2019). Außerdem kommt es immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (PAJ 30.3.2019; vgl. PAJ 16.2.2019, SP 15.8.2018). Auch verlautbarte die Regierung im September 2019 nach wie vor Offensiven gegen die Aufständischen in der Provinz zu führen, um das Territorium der Taliban zu verkleinern (XI 22.9.2019).

Mitte August 2018 eroberten die Taliban große Teile der Stadt GHAZNI, was zu heftigen Kämpfen zwischen den Aufständischen und den Regierungskräften führte (SP 15.8.2018). Nach fünf Tagen erlangte die Regierung wieder die Kontrolle über die Provinzhauptstadt (AAN 16.12.2018). Die dabei durchgeführten Luftangriffe führten zu zivilen Opfern und zerstörten Häuser von Zivilisten (AAN 16.12.2018; vgl. UNAMA 24.2.2019). UNAMA verzeichnete 262 zivile Opfer (79 Tote, 183 Verletzte) im Zusammenhang mit dem Talibanangriff im August 2018 (UNAMA 24.2.2019). Zeitgleich mit dem Angriff auf die Stadt GHAZNI eroberten die Taliban den Distrikt Ajristan westlich der Provinzhauptstadt (NYT 12.8.2018; vgl. TN 13.8.2018). Im November 2018 starteten die Taliban eine Großoffensive gegen die von Hazara dominierten Distrikte Jaghuri und Malistan, nachdem die Aufständischen bereits Ende Oktober das benachbarte Khas Uruzgan in der Provinz Uruzgan angegriffen hatten (RFE/RL 13.11.2018; vgl. AAN 29.11.2018). Bis Ende November 2018 wurden die Taliban aus Jaghuri und Malistan vertrieben (AAN 29.11.2018).

Die Parlamentswahlen, die im Oktober 2018 hätten stattfinden sollen, wurden in GHAZNI aufgrund der volatilen Sicherheitslage zunächst auf April 2019 verschoben (AAN 16.8.2018). Ende Dezember 2018 kündigte die Unabhängige Wahlkommission (independent election commission, IEC) an, dass die Parlamentswahlen in GHAZNI sowie die Präsidentschaftswahlen in ganz Afghanistan im Juli 2019 mit dreimonatiger Verspätung stattfinden würden (F24 30.12.2018). Neben der Sicherheitslage nannte ein Bericht des UN-Generalsekretärs auch Proteste, welche die Provinzzentrale der IEC blockierten, als einen Grund für die Verschiebung der Wahl in GHAZNI (UNGASC 28.2.2019).

IDPs - Binnenvertriebene - 36 -

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 46.311 konfliktbedingt aus der Provinz GHAZNI vertriebene Personen, die hauptsächlich im Distrikt GHAZNI (37.611) und im geringeren Ausmaß in der Provinz Bamyan, in KABUL und Daikundi, sowie anderen Provinzen Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 3.099 aus der Provinz GHAZNI vertriebene Personen, die in GHAZNI blieben, sowie nach KABUL und in geringerem Ausmaß nach HERAT gingen (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 37.779 Vertriebene in die Provinz GHAZNI, die alle in den Distrikt GHAZNI kamen (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 2.746 konfliktbedingt binnenvertriebene Personen in die Provinz GHAZNI, welche auch aus der Provinz selbst stammten (UNOCHA 18.8.2019).

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HERAT

Die Provinz HERAT liegt im Westen Afghanistans und teilt eine internationale Grenze mit dem Iran im Westen und Turkmenistan im Norden. Weiters grenzt HERAT an die Provinzen Badghis im Nordosten, Ghor im Osten und Farah im Süden (UNOCHA 4.2014). HERAT ist in 16 Distrikte unterteilt: Adraskan, Chishti Sharif, Fersi, Ghoryan, Gulran, Guzera (Nizam-i-Shahid), HERAT, Enjil, Karrukh, Kohsan, Kushk (Rubat-i-Sangi), Kushk-i-Kohna, Obe/Awba/Obah/Obeh (AAN 9.12.2018; vgl. PAJ o.D., PAJ 13.6.2019), Pashtun Zarghun, Shindand, Zendahjan. Zudem bestehen vier weitere "temporäre" Distrikte - Poshtko, Koh-e-Zore (Koh-e Zawar), Zawol und Zerko (CSO 2019; vgl. IEC 2018) -, die zum Zweck einer zielgerichteteren Mittelverteilung aus dem Distrikt Shindand herausgelöst wurden (AAN 3.7.2015; vgl. PAJ 1.3.2015). Die Provinzhauptstadt von HERAT ist HERAT-Stadt (CSO 2019). HERAT ist eine der größten Provinzen Afghanistans (PAJ o.D.).

Die CSO schätzt die Bevölkerung der Provinz für den Zeitraum 2019-20 auf 2.095.117 Einwohner, 556.205 davon in der Provinzhauptstadt (CSO 2019). Die wichtigsten ethnischen Gruppen in der Provinz sind Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Usbeken und Aimaqs, wobei Paschtunen in elf Grenzdistrikten die Mehrheit stellen (PAJ o.D.). HERAT-Stadt war historisch gesehen eine tadschikisch dominierte Enklave in einer paschtunischen Mehrheits-Provinz, die beträchtliche Hazara- und Aimaq-Minderheiten umfasst (USIP 2015). Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert. Der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 besonders gestiegen, da viele aus dem Iran rückgeführt oder aus den Provinzen Zentralafghanistans vertrieben wurden (AAN 3.2.2019). Der Grad an ethnischer Segregation ist in HERAT heute ausgeprägt (USIP 2015; vgl. BFA Staatendokumentation 13.6.2019). - 39 -

Die Provinz ist durch die Ring Road mit anderen Großstädten verbunden (TD 5.12.2017). Eine Hauptstraße führt von HERAT ostwärts nach Ghor und Bamyan und weiter nach KABUL. Andere Autobahn verbinden die Provinzhauptstadt mit dem afghanisch-turkmenischen Grenzübergang bei Torghundi sowie mit der afghanisch- iranischen Grenzüberquerung bei Islam Qala (iMMAP 19.9.2017). Ein Flughafen mit Linienflugbetrieb zu internationalen und nationalen Destinationen liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft von HERAT-Stadt (BFA Staatendokumentation 25.3.2019).

Laut UNODC Opium Survey 2018 gehörte HERAT 2018 nicht zu den zehn wichtigsten Schlafmohn anbauenden Provinzen Afghanistans. 2018 sank der Schlafmohnanbau in HERAT im Vergleich zu 2017 um 46%. Die wichtigsten Anbaugebiete für Schlafmohn waren im Jahr 2018 die Distrikte Kushk und Shindand (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

HERAT gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten durchzuführen (KP 19.5.2019; vgl. KP 17.12.2018). Je mehr man sich von HERAT-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Auch im Vergleich zu KABUL gilt HERAT-Stadt einem Mitarbeiter von IOM-KABUL zufolge zwar als sicherere Stadt, doch gleichzeitig wird ein Anstieg der Gesetzlosigkeit und Kriminalität verzeichnet:

Raubüberfälle nahmen zu und ein Mitarbeiter der Vereinten Nationen wurde beispielsweise überfallen und ausgeraubt. Entführungen finden gelegentlich statt, wenn auch in HERAT nicht in solch einem Ausmaß wie in KABUL (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Der Distrikt mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen ist der an Farah angrenzende Distrikt Shindand, wo die Taliban zahlreiche Gebiete kontrollieren. Wegen der großen US-Basis, die in Shindand noch immer operativ ist, kontrollieren die Taliban jedoch nicht den gesamten Distrikt. Aufgrund der ganz Afghanistan betreffenden territorialen Expansion der Taliban in den vergangenen Jahren sah sich jedoch auch die Provinz HERAT zunehmend von Kampfhandlungen betroffen. Dennoch ist das Ausmaß der Gewalt im Vergleich zu einigen Gebieten des Ostens, Südostens, Südens und Nordens Afghanistans deutlich niedriger (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Innerhalb der Taliban kam es nach der Bekanntmachung des Todes von Taliban-Führer Mullah Omar im Jahr 2015 zu Friktionen (AAN 11.1.2017; vgl. RUSI 16.3.2016; SAS 2.11.2018). Mullah Rasoul, der eine versöhnlichere Haltung gegenüber der Regierung in KABUL einnahm, spaltete sich zusammen mit rund 1.000 Kämpfern von der Taliban-Hauptgruppe ab. Die Regierungstruppen kämpfen in HERAT angeblich nicht gegen die Rasoul-Gruppe, die sich für Friedensgespräche und den Schutz eines großen Pipeline-Projekts der Regierung in der Region einsetzt (SAS 2.11.2018). Innerhalb der Taliban-Hauptfraktion wurde der Schattengouverneur von HERAT nach dem Waffenstillstand mit den Regierungstruppen zum Eid al-Fitr-Fest im Juni 2018 durch einen als Hardliner bekannten Taliban aus Kandahar ersetzt (UNSC 13.6.2019).

2017 und 2018 hat der IS bzw. ISKP Berichten zufolge drei Selbstmordanschläge in HERAT-Stadt durchgeführt (taz 3.8.2017; Reuters 25.3.2018).

Aufseiten der Regierung ist das 207. Zafar-Corps der ANA für die Sicherheit in der Provinz HERAT verantwortlich (USDOD 6.2019; vgl. PAJ 2.1.2019), das der NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - West (TAAC-W) untersteht, welche von italienischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019; vgl. KP 16.12.2018).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 259 zivile Opfer (95 Tote und 164 Verletzte) in HERAT. Dies entspricht einem Rückgang von 48% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren improvisierten Sprengkörper (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge), gefolgt von Kämpfen am Boden und gezielten Tötungen (UNAMA 24.2.2019).

In der Provinz HERAT kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen (KP 16.6.2019; vgl. KP 28.9.2019, KP 29.6.2019, KP 17.6.2019, 21.5.2019). Unter anderem kam es dabei auch zu Luftangriffen durch die afghanischen Sicherheitskräfte (KP 16.6.2019; vgl. AN 23.6.2019). In manchen Fällen wurden bei Drohnenangriffen - 40 -

Talibanaufständische und ihre Führer getötet (AN 23.6.2019; vgl. KP 17.12.2018; KP 25.12.2018). Der volatilste Distrikt von HERAT ist Shindand. Dort kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Taliban-Fraktionen, wie auch zwischen den Taliban und regierungsfreundlichen Kräften (NYTM 12.12.2018; AJ 7.12.2018; AN 30.11.2018; KP 28.4.2018; VoA 13.4.2018). Regierungskräfte führten beispielsweise im Dezember 2018 (KP 17.12.2018) und Januar 2019 Operationen in Shindand durch (KP 26.1.2019). Obe ist neben Shindand ein weiterer unsicherer Distrikt in HERAT (TN 8.9.2018). Im Dezember 2018 wurde berichtet, dass die Kontrolle über Obe derzeit nicht statisch ist, sondern sich täglich ändert und sich in einer Pattsituation befindet (AAN 9.12.2018). Im Juni 2019 griffen die Aufständischen beispielsweise mehrere Posten der Polizei im Distrikt an (AT 2.6.2019; vgl. PAJ 13.6.2019) und die Sicherheitskräfte führten zum Beispiel Anfang Juli 2019 in Obe Operationen durch (XI 11.7.2019). Außerdem kommt es in unterschiedlichen Distrikten immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (KP 5.7.2019; vgl. PAJ 30.6.2019) wie z.B in den Distrikten Adraskan, Fersi, Kushk-i-Kohna, Obe, Rabat Sangi, Shindand und Zawol (PAJ 30.6.2019).

Auf der Autobahn zwischen KABUL und HERAT sowie HERAT und Farah werden Reisende immer wieder von Taliban angehalten; diese fordern von Händlern und anderen Reisenden Schutzgelder (ST 14.12.2018).

IDPs - Binnenvertriebene

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 609 konfliktbedingt aus der Provinz HERAT vertriebene Personen, von denen die meisten in der Provinz selbst Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 586 aus der Provinz HERAT vertriebene Personen (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 5.482 Vertriebene in die Provinz HERAT, von denen die meisten (2.755) aus Ghor stammten (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 6.459 konfliktbedingt Vertriebene in die Provinz HERAT, von denen die meisten (4.769) aus Badghis stammten (UNOCHA 18.8.2019).

Anmerkung: Weitere Informationen zu HERAT - u.a. zur Sicherheitslage - können der Analyse der Staatendokumentation "Afghanistan - Informationen zu sozioökonomischen Faktoren in der Provinz HERAT" vom 13.6.2019 entnommen werden (BFA 13.6.2019).

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Erreichbarkeit

Die Infrastruktur bleibt ein kritischer Faktor für Afghanistan, trotz der seit 2002 erreichten Infrastrukturinvestitionen und -optimierungen (TD 5.12.2017). Seit dem Fall der Taliban wurde das afghanische Verkehrswesen in städtischen und ländlichen Gebieten grundlegend erneuert. Beachtenswert ist die Vollendung der "Ring Road", welche Zentrum und Peripherie des Landes sowie die Peripherie mit den Nachbarländern verbindet (TD 26.1.2018). Investitionen in ein integriertes Verkehrsnetzwerk werden systematisch geplant und umgesetzt. Dies beinhaltet beispielsweise Entwicklungen im Bereich des Schienenverkehrs und im Straßenbau (z.B. Vervollständigung und Instandhaltung der KABUL Ring Road, des Salang-Tunnels, des Lapis Lazuli Korridors etc.) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 5.12.2017), aber auch Investitionen aus dem Ausland zur Verbesserung und zum Ausbau des Straßennetzes und der Verkehrswege (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TN 18.6.2018; SIGAR 15.7.2018, TET 13.12.2018, TD 26.1.2018, TD 8.1.2019, TN 25.5.2019, CWO 26.8.2019).

Jährlich sterben Hunderte von Menschen bei Verkehrsunfällen auf Autobahnen im ganzen Land - vor allem durch unbefestigte Straßen, überhöhte Geschwindigkeit und Unachtsamkeit (KT 17.2.2017; vgl. GIZ 7.2019, IWPR 26.3.2018). Die Präsenz von Aufständischen, Zusammenstöße zwischen diesen und den afghanischen Sicherheitskräften, sowie die Gefahr von Straßenraub und Entführungen entlang einiger Straßenabschnitte beeinflussen die Sicherheit auf den afghanischen Straßen. Einige Beispiele dafür sind die Straßenabschnitte KABUL-Kandahar (TN 15.8.2018; vgl. ST 24.4.2019), HERAT-Kandahar (PAJ News 5.1.2019), Kunduz-Takhhar (KP 20.8.2018; vgl. CBS News 20.8.2019) und GHAZNI-Paktika (AAN 30.12.2019).

Ring Road

Die Ring Road, auch bekannt als Highway One, ist eine Straße, die das Landesinnere ringförmig umgibt (HP 9.10.2015; vgl. FES 2015). Die afghanische Ring Road ist Teil eines Autobahnprojekts von 3.360 km Länge, das 16 Provinzen mit den größten Städten Afghanistans, KABUL, Mazar, HERAT, GHAZNI und Jalalabad, verbinden soll (TN 9.12.2017). Sie verbindet außerdem KABUL mit den vier bedeutendsten Provinzhauptstädten HERAT, Kandahar City, Jalalabad und MAZAR-E-SHARIF (USAID 2014; vgl. TG 22.10.2014, BFA Staatendokumentation 4.2018).

Trotz der Ankündigung von Präsident Ghani aus dem Jahr 2015, die Ring Road in neun Monaten fertigzustellen, sind einzelne Teilstücke weiterhin unbefestigt, darunter ein ca. 150 km langes Teilstück zwischen Badghis und Faryab (Sigar 15.7.2018). Die asiatische Entwicklungsbank (Asian Development Bank - ADB, Anm.) genehmigte 150 Millionen USD, um die KABUL Ring Road fertigzustellen. Die fehlenden 151 Kilometer sollen künftig den Distrikt Qaisar (Provinz Faryab, Anm.) mit Dar-e Bum (Provinz Badghis, Anm.) verbinden; dieses Straßenstück ist der letzte Teil der 2.200 km langen Straße. Mittlerweile leben mehr als 80% der Afghanen weniger als 50 km von der Ring Road entfernt. Die Autobahn wird in diesem Projekt außerdem mit einem Entwässerungssystem ausgestattet, sowie auch mit weiteren modernen Sicherheitsfunktionen. Durch das Ring Road-Projekt sollen regionale Verbindungen erleichtert und die Qualität der Transportdienste verbessert werden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. PAJ 17.12.2017).

Autobahnabschnitt Kandahar - KABUL - HERAT

Die afghanische "Ring Road" verbindet große afghanische Städte wie HERAT, Kandahar, MAZAR-E-SHARIF und KABUL (TD 12.4.2018). Sie erstreckt sich südlich von KABUL und ist die Hauptverbindung zwischen der Hauptstadt und der großen südlichen Stadt Kandahar (REU 13.10.2015). Der Kandahar-KABUL-Teil der Ring Road erstreckt sich vom östlichen und südöstlichen Teil Kandahars über die Provinz Zabul nach GHAZNI in Richtung KABUL, während die Ring Road westlich von Kandahar nach Gereshk in Helmand und Delaram in Nimroz verläuft (ISW o. D.).

Der Abschnitt zwischen KABUL und HERAT beträgt 1.400 km (IWPR 26.3.2018). Die an die Ring-Road anknüpfende 218 km lange Zaranj-Dilram-Autobahn (Provinz Nimroz, Anm.), auch "Route 606" genannt, soll zukünftig Afghanistan mit Chabahar im Iran verbinden (AD 15.8.2017; vgl. TET 9.8.2017, TD 24.5.2017). - 44 -

Anrainer beschweren sich über den schlechten Zustand des Abschnitts Kandahar-KABUL-HERAT (TN 14.3.2018). Ursachen dafür sind die mangelnde Instandhaltung und ständige Angriffe durch Aufständische (IWPR 26.3.2018).

Autobahnabschnitt Baghlan-Balkh

Die Baghlan-Balkh-Autobahn ist Teil der Ring Road und verbindet den Norden mit dem Westen des Landes. Sie gilt als eine unabdingbare Transitroute zwischen der Hauptstadt der Provinz Baghlan, Pul-e Khumri, und den nordwestlichen Provinzen Samangan, Balkh, Jawjzan, Sar-e Pul und Faryab (AAN 15.8.2016).

Salang Tunnel/Salang Korridor

Der Salang-Korridor gilt als Vorzeigeobjekt des Kalten Krieges und wurde im Jahr 1964 zum ersten Mal eröffnet (TD 21.10.2015). Er ist die einzige direkte Verbindung zwischen der Hauptstadt KABUL und dem Norden des Landes (WP 22.1.2018; TD 21.10.2015). Der Salang-Tunnel ist 2.7 km (1.7 Meilen) lang und wurde für den täglichen Verkehr von 1.000 bis 2.000 Fahrzeugen gebaut. Heute befahren ihn jedoch täglich über 10.000 Transportmittel, was den Bedarf an Instandhaltungsarbeiten erhöht (WP 22.1.2018). Durch das von der Weltbank finanzierte Trans-Hindukush Road Connectivity Project soll bis 2022 u.a. der Salang-Korridor dank einer Förderung von 55 Millionen USD renoviert werden (TWB o.D.; vgl. TN 1.9.2018, RW 6.7.2017). In Juni 2018 kündigte das Ministerium für öffentliche Arbeiten (Ministry of Public Works - MoPW) an, dass die technischen und geologischen Untersuchungen sowie der Entwurf des neuen Salang-Tunnels gegen Ende 2019 abgeschlossen sein werden (TN 18.6.2018). Im September kündigte das Ministerium für öffentliche Arbeit an, dass die Arbeiten an den ersten 10 km des Salang-Passes begonnen hätten (TN 1.9.2018).

Weitere Autobahnen

Gardez - Khost-Autobahn (NH08)

Die Gardez-Khost-Autobahn, auch "G-K-Autobahn" genannt, ist 101,2 km lang (USAID 7.11.2016; vgl. PAJ 15.12.2015) und verbindet die Provinzhauptstadt der Provinz Paktia, Gardez, mit Khost City, der Provinzhauptstadt von Khost (PAJ 15.12.2015). Sie verbindet aber auch Ostafghanistan mit der Ghulam-Khan- Autobahn in Pakistan. Mitte Dezember 2015 wurde die sanierte Gardez-Khost Autobahn eröffnet. Ebenso wurden 410 kleine Brücken und 25 km Schutzwände auf dieser Autobahn errichtet (PAJ 15.12.2015; vgl. USAID 7.11.2016).

Grand Trunk Road - Autobahnabschnitt Jalalabad- / Pak-Afghan-Highway

Die Grand Trunk Road, auch bekannt als "G.T. Road", ist die älteste, längste und bekannteste Straße des indischen Subkontinentes (GS o. D.; vgl. Doaks o.D., Dawn 30.12.2018; EIPB 2006). Die über 2.500 km lange Route beginnt in der bangladeschischen Stadt Chittagong, verläuft über in Indien, Lahore und Peshawar in Pakistan, den Khyber Pass an der afghanisch-pakistanischen Grenze und endet in KABUL (Samaa 9.8.2017; vgl. Scroll 4.5.2018, EIPB 2006). Der Khyber-Pass erstreckt sich über 53 km durch das Safed-Koh-Gebirge und ist eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Afghanistan und Pakistan; er verbindet KABUL mit Peshawar (EB 30.3.2017; vgl. BL o. D., NG o.D.).

Die Torkham-Peshawar Autobahn verbindet Jalalabad mit Peshawar in Pakistan, über die afghanische Grenzstadt Torkham in der Provinz Nangarhar. Sie ist eine der am stärksten befahrenen Straßen Afghanistans. Der afghanische Teil der Straße besteht aus zwei Abschnitten: der 76 km langen Torkham-Jalalabad-Straße und die Jalalabad-KABUL-Verbindung, die sich über 155 km erstreckt (ET 27.10.2016). Die Straße, die auch als "Pak- Afghan Highway" bekannt ist, wird als Wirtschaftsroute zwischen Pakistan, Afghanistan, Usbekistan, Tadschikistan und den südasiatischen Ländern genutzt (ET 7.3.2016; vgl. PAJ 28.8.2015, PCQ o.D.).

Autobahnabschnitte KABUL-Bamyan und Bamyan-MAZAR-E-SHARIF

Am 29.8.2016 wurde die Straße KABUL-Bamyan eingeweiht. Das von der italienischen Agentur für Entwicklung finanzierte Straßenprojekt sollte die Verbindung zwischen KABUL und Bamyan erleichtern und den wirtschaftlichen Aufschwung in der Region fördern. Durch die neu errichtete Straße beträgt die Reisezeit von KABUL nach Bamyan zweieinhalb Stunden (Farnesina 29.8.2016). - 45 -

Ausgeführt durch ein chinesisches Unternehmen, wurde der Startschuss zur Weiterführung des Projektes "Dare- e-Sof and Yakawlang Road" gegeben. In der ersten, bereits beendeten Phase, wurde MAZAR-E-SHARIF mit dem Distrikt Yakawlang in der Provinz Bamyan durch eine Straße verbunden. Der zweite Teil dieses Projektes, eine 178 km lange Straße, die durch mehr als 37 Dörfer verlaufen soll, wird den Distrikt Dare-e-Sof in der Provinz Samangan mit dem Distrikt Yakawlang verbinden; angedacht ist eine dritte Phase - dabei sollen die Provinzen Bamyan und Kandahar durch eine 550 km lange Straße verbunden werden (XI 9.1.2017). Im September 2018 wurde ein Projekt zur Instandhaltung von 45 km Straße von Yakawlang nach Sighnan in der Provinz Bamiyan unterzeichnet (PAJ 4.9.2018).

KABUL Ring Road

Mitte September 2017 gewährte die islamische Entwicklungsbank (IDB) der afghanischen Regierung ein langfristiges Darlehen im Wert von 74 Millionen USD zum Bau der KABUL-Ring-Road, die sich über eine Strecke von 95 km erstrecken wird; die Straße soll innerhalb von fünf Jahren gebaut werden (TKT 25.9.2017). Im August 2019 kündigte der Saudi Fond für Entwicklung (Saudi Fund for Development - SFD, Anm.) an, 48 Millionen USD in ein Projekt betreffend die Ring Road in KABUL zu investieren (CWO 26.8.2019).

Transportwesen

Das Transportwesen in Afghanistan gilt als "verhältnismäßig gut". Es gibt einige regelmäßige Busverbindungen innerhalb KABULs und in die wichtigsten Großstädte Afghanistans (IE o.D.). Die Kernfrage bleibt nach wie vor die Sicherheit (IWPR 26.3.2018). Es existieren einige nationale Busunternehmen, welche MAZAR-E-SHARIF, KABUL, HERAT, Jalalabad und Bamiyan miteinander verbinden; Beispiele dafür sind Bazarak Panjshir, HERAT Bus, Khawak Panjshir, Ahmad Shah Baba Abdali (vertrauliche Quelle 14.5.2018; vgl. IWPR 26.3.2018).

Aus Bequemlichkeit bevorzugen Reisende, die es sich leisten können, die Nutzung von Gemeinschaftstaxis nach MAZAR-E-SHARIF, KABUL, HERAT, Jalalabad und Bamiyan (vertrauliche Quelle 14.5.2018).

Beispiele für Busverbindungen

KABUL-Stadt

Der Mangel an Bussen insbesondere während der Stoßzeit in KABUL-Stadt ist eine Herausforderung für die afghanische Regierung. Im Laufe der Jahre wurde versucht, dieses Problem zu lösen, indem Indien dem Transportsystem in KABUL hunderte Busse zur Verfügung stellte (TD 8.1.2019). Auch wird gemäß Aussagen des Bürgermeisters von KABUL ein Projekt zur Einrichtung eines Metro-Bus-Dienstes, auch Bus Rapid Transit genannt, in KABUL-Stadt geplant. Die erste Strecke soll 8 km abdecken und Deh Afghana mit Sara-e-Shamali verbinden, während die zweite Route vom Baraki Platz bis Deh Afghana über Kote Sangi und Deh Mazang verlaufen soll. Insgesamt sollen 111 km innerhalb der Stadt durch den Metro-Bus-Dienst abgedeckt werden (KP 12.9.2017; vgl. TN 15.6.2017). Im Juli 2018 gab ein Sprecher der Stadt KABUL an, dass die Planungsphase des Projektes bald beendet würde und es zu Verzögerungen gekommen sei (TN 8.7.2018).

MAZAR-E-SHARIF

Es gibt einige Busverbindungen zwischen MAZAR-E-SHARIF und KABUL. Bis zu 50 unterschiedliche Unternehmen bieten 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, Fahrten von und nach KABUL an. Ausführende Busunternehmen sind beispielsweise Bazarak Panjshir Bus, Hesarak Panjshir Bus, Jawid Bus, Khorshid Bus und Jabal Seraj Bus. Die Preise pro Passagier liegen zwischen 400 und 1.000 Afghani und hängen stark vom Komfort im Bus ab. So kann man zum Beispiel in einem Bus der Marke Mercedes Benz mit Toiletten, Kühlschränken und Internet reisen. Busreisen gelten als relativ günstig (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Ahmad Shah Baba Abdali Bus Service

Gemäß einem Sprecher des Verkehrsministeriums gehörte das Busunternehmen Ahmad Shah Baba Abdali im Jahr 2017 zu den führenden Transportunternehmen des Landes. In den letzten Jahren war das Busunternehmen in zahlreiche Verkehrsunfälle auf der Kandahar-KABUL-HERAT-Route involviert. Einem Bericht von IWPR zufolge wurden von verschiedenen Quellen zu hohe Geschwindigkeit, Drogenkonsum der Fahrer, Angst vor Angriffen und die schlechten Straßenbedingungen als Gründe für die hohe Anzahl an Verkehrsunfällen angeführt (IWPR 26.3.2018). Laut einem offiziellen Vertreter der Firma ist Ahmad Shah Baba Abdali das größte Busunternehmen - 46 -

Afghanistans. Die Busse dieser Firma transportieren Passagiere von Kandahar nach KABUL, Helmand, Nimroz, HERAT und in andere Provinzen (PAJ 18.3.2015).

Flugverbindungen

Internationale Flughäfen in Afghanistan

In Afghanistan gibt es insgesamt vier internationale Flughäfen; alle vier werden für militärische und zivile Flugdienste genutzt (Migrationsverket 23.1.2018). Trotz jahrelanger Konflikte verzeichnet die afghanische Luftfahrtindustrie einen Anstieg in der Zahl ihrer wettbewerbsfähigen Flugrouten. Daraus folgt ein erleichterter Zugang zu Flügen für die afghanische Bevölkerung. Die heimischen Flugdienste sehen sich mit einer wachsenden Konkurrenz durch verschiedene Flugunternehmen konfrontiert. Flugrouten wie KABUL - HERAT und KABUL - Kandahar, die früher ausschließlich von Ariana Afghan Airlines angeboten wurden, werden nun auch von internationalen Fluggesellschaften abgedeckt (AG 3.11.2017).

Internationaler Flughafen KABUL

Der Flughafen der afghanischen Hauptstadt KABUL ist ein internationaler Flughafen (TN 18.12.2017; vgl. HKA o.D.). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen KABUL, wurde er im Jahr 2014 in "Internationaler Flughafen Hamid Karzai" umbenannt. Er liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von KABUL. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neues internationales Terminal wurde hinzugefügt und das alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (HKA o.D.).

Folgende internationale Airlines fliegen nach KABUL: Turkish Airlines aus Istanbul, Silk Way Airlines aus Baku, Emirates und Flydubai aus Dubai, Air Arabia aus Sharjah, Mahan Air aus Teheran und Emirates aus Hong Kong (Flightradar 24 4.11.2019).

Nationale Airlines (Kam Air und Ariana Afghan Airlines) fliegen KABUL international aus Istanbul, Ankara, Medina, Dubai, Urumqi, Dushambe an (Flightradar 24 4.11.2019).

Innerstaatlich gehen Flüge von und nach KABUL (durch Kam Air bzw. Ariana Afghan Airlines) zu den Flughäfen von Kandahar, Bost (Helmand, nahe Lashkargah), Zaranj, Farah, HERAT, MAZAR-E-SHARIF, Maimana, Bamian, Faizabad, Chighcheran und Tarinkot (Flightradar 24 4.11.2019).

Internationaler Flughafen MAZAR-E-SHARIF

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in MAZAR-E-SHARIF, der Hauptstadt der Provinz Balkh, eröffnet (PAJ 9.6.2013). Nachdem der Flughafen MAZAR-E-SHARIF derzeit die Anforderungen eines erhöhten Personen- und Frachtverkehrsaufkommens nicht erfüllt, ist es notwendig, den Flughafen nach internationalen Standards auszubauen, inklusive entsprechender Einrichtungen der Luftraumüberwachung und der Flugverkehrskontrolle. Die afghanische Regierung will dieses Projekt gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung und finanzieller Unterstützung des ADFD (Abu Dhabi Fund for Development) angehen. Langfristig soll der Flughafen als internationaler Verkehrsknotenpunkt zwischen Europa und Asien die wirtschaftliche Entwicklung der Region entscheidend verbessern (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Folgende internationale Airline fliegt nach Maza-e Sharif: Turkish Airlines aus Istanbul (Flightradar 4.11.10.2019).

Nationale Airlines (Kam Air und Ariana Afghan Airlines) fliegen MAZAR-E-SHARIF international aus Moskau, Jeddah und Medina an (Flightradar 4.11.10.2019).

Innerstaatlich gehen Flüge von und nach MAZAR-E-SHARIF (durch Kam Air bzw. Ariana Afghan Airlines) zu den Flughäfen von KABUL und Maimana (Flightradar 4.11.10.2019).

Internationaler Flughafen Kandahar

Der internationale Flughafen Kandahar befindet sich 16 km von Kandahar-Stadt entfernt und ist einer der größten Flughäfen des Landes (MB o.D.). Er hat 37 Stellplätze für insgesamt 250 Flugzeuge (PAJ 3.6.2015). Ein Teil des Flughafens steht den internationalen Streitkräften zur Verfügung. Eine separate Militärbasis für einen Teil des afghanischen Heeres ist dort ebenso zu finden, wie Gebäude für Firmen (PAJ 3.6.2015; LCA 5.1.2018).

Folgende internationale Airline fliegt nach Kandahar: Tsaradia aus Delhi (Flightradar 4.11.10.2019). - 47 -

Nationale Airlines (Kam Air und Ariana Afghan Airlines) fliegen MAZAR-E-SHARIF international aus Delhi, Jeddah und Dubai an (Flightradar 4.11.10.2019).

Innerstaatlich gehen Flüge von und nach Kandahar (durch Kam Air bzw. Ariana Afghan Airlines) zum Flughafen nach KABUL (Flightradar 4.11.10.2019).

Internationaler Flughafen HERAT

Der internationale Flughafen HERAT befindet sich 10 km von der Provinzhauptstadt HERAT entfernt. Der Flughafen wird u.a. von den Sicherheitskräften der ISAF benutzt, die einen Stützpunkt neben dem Flughafen haben. 2011 wurde ein neues Terminal mit Finanzierung der italienischen Regierung errichtet (HIA o.D.; ACAA o.D).

Nationale Airlines (Kam Air und Ariana Afghan Airlines) fliegen HERAT international aus Medina und Delhi an (Flightradar 4.11.10.2019).

Innerstaatlich gehen Flüge von und nach HERAT (durch Kam Air bzw. Ariana Afghan Airlines) zu den Flughäfen nach KABUL, Farah und Chighcheran (Flightradar 4.11.10.2019).

Zugverbindungen

In Afghanistan existieren insgesamt drei Zugverbindungen: Eine Linie verläuft entlang der nördlichen Grenze zu Usbekistan (von Hairatan nach MAZAR-E-SHARIF, Anm.) und zwei kurze Strecken verbinden Serhetabat in Turkmenistan mit Torghundi (in der Provinz HERAT, Anm.) und Aqina (in der Provinz Faryab, Anm.) in Afghanistan (RoA 25.2.2018; vgl. RoA o.D., RFE/RL 29.11.2016; vgl. vertrauliche Quelle 16.5.2018). Alle drei Zugverbindungen sind für den Transport von Fracht gedacht, wobei sie prinzipiell auch Passagiere transportieren könnten (vertrauliche Quelle 16.5.2018). Die afghanischen Machthaber lehnten lange Zeit den Bau von Eisenbahnen in Afghanistan ab, aus Angst, ausländische Mächte könnten ihre Unabhängigkeit gefährden (RoA o.D.).

Im Laufe der letzten Jahre fanden verschiedene Treffen zwischen Repräsentanten Afghanistans und seiner Nachbarstaaten u.a. zur Förderung und Vertiefung bestehender Projekte zur Implementierung von Zugverbindungen wie dem Five-Nation Railway Corridor und dem Afghanistan Rail Network statt (TD 26.1.2018). Das Five-Nation Railway Corridor Projekt soll China mit dem Iran verbinden und Kirgisistan, Tadschikistan und Afghanistan über eine Länge von insgesamt 2.100 km durchqueren. Mehr als 1.000 km des Eisenbahnkorridors werden durch die afghanischen Provinzen HERAT, Badghis, Faryab, Jawzjan, Balkh und Kunduz verlaufen (TN 14.2.2018). Der Afghanistan Rail Network Plan (ANRP) hat das Ziel, den Transport in den Bereichen Landwirtschaft, Fertigung, Bergbau und anderen Branchen zu fördern. Die Bauarbeiten zur Errichtung einer Eisenbahnverbindung zwischen der iranischen Stadt Khaf und dem afghanischen HERAT sind im Gange (RoA 23.1.2018; vgl. ID 11.4.2018). Im November 2017 wurde zwischen Afghanistan und weiteren fünf Staaten das sogenannte Lapislazuli-Korridor-Abkommen unterzeichnet, das u.a. den Bau von Eisenbahnverbindungen im Land vorsieht (SIGAR 4.2018). Der Lapis Lazuli Korridor, der Straßen, Eisenbahn- und Seewege umfasst, die von Afghanistan nach Turkmenistan, Aserbaidschan und Georgien führen, bevor sie das Schwarze Meer in die Türkei und schließlich nach Europa überqueren, wurde im Dezember 2018 eröffnet (CGTN 14.12.2018).

Ein weiteres Projekt das "China-India-Plus" hat das Ziel, mithilfe von Indien und China die Eisenbahnverbindung zwischen Afghanistan und Usbekistan auszubauen. Das Ziel für Usbekistan ist es hierbei, über Afghanistan und Iran Zugang zum persischen Golf zu erhalten (CGTN 10.10.2018; vgl. Indian Today 16.10.2018).

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Allgemeine Menschenrechtslage

Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine stärkere Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern sowie Einflussnahme örtlicher Machteliten nur schwer durchzusetzen. Außerdem wurde Afghanistan für den Zeitraum 2018-2020 erstmals zum Mitglied des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen gewählt (AA 2.9.2019). Die Menschenrechte haben in Afghanistan eine klare gesetzliche Grundlage. Die 2004 verabschiedete afghanische Verfassung enthält einen umfassenden Grundrechtekatalog (AA 2.9.2019; vgl. MPI 27.1.2004). Darüber hinaus hat Afghanistan die meisten der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge - zum Teil mit Vorbehalten - unterzeichnet und/oder ratifiziert. Die afghanische Regierung ist jedoch nicht in der Lage, die Menschenrechte vollumfänglich umzusetzen und zu gewährleisten (AA 2.9.2019). - 52 -

Korruption und begrenzte Kapazitäten schränken in Anliegen von Verfassungs- und Menschenrechtsverletzungen den Zugang der Bürger zu Justiz ein (USDOS 13.3.2019). In der Praxis werden politische Rechte und Bürgerrechte durch Gewalt, Korruption, Nepotismus und fehlerbehaftete Wahlen eingeschränkt (FH 4.2.2019). Bürger können Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen bei der Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHRC) einreichen, die dann glaubwürdige Beschwerden prüft und zur weiteren Untersuchung und Verfolgung an die Staatsanwaltschaft weiterleitet. Die gemäß Verfassung eingesetzte AIHRC bekämpft Menschenrechtsverletzungen. Sie erhält nur minimale staatliche Mittel und stützt sich fast ausschließlich auf internationale Geldgeber. Innerhalb der Wolesi Jirga beschäftigen sich drei Arbeitsgruppen mit Menschenrechtsverletzungen: der Ausschuss für Geschlechterfragen, Zivilgesellschaft und Menschenrechte; das Komitee für Drogenbekämpfung, Rauschmittel und ethischen Missbrauch; sowie der Jusitz- , Verwaltungsreform- und Antikorruptionsausschuss (USDOS 13.3.2019).

Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen operieren in der Regel ohne staatliche Einschränkungen und veröffentlichen ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsproblemen. Regierungsbeamte sind in dieser Hinsicht einigermaßen kooperativ und ansprechbar. Die Sicherheitslage schränkt jedoch in vielen Landesteilen die Arbeit solcher Organisationen ein (USDOS 13.3.2019).

Menschenrechtsverteidiger sehen sich regelmäßig mit Bedrohungen für ihr Leben und ihre Sicherheit konfrontiert (AI 22.2.2018).

Die weitverbreitete Missachtung der Rechtsstaatlichkeit sowie die Straflosigkeit für Amtsträger, die Menschenrechte verletzen, stellen ernsthafte Probleme dar. Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen, Folter, willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen, Unterdrückung von Kritik an Amtsträgern durch strafrechtliche Verfolgung von Kritikern im Rahmen der Verleumdungs-Gesetzgebung, Korruption, fehlende Rechenschaftspflicht und Ermittlungen in Fällen von Gewalt gegen Frauen, sexueller Missbrauch von Kindern durch Sicherheitskräfte, Gewalt durch Sicherheitskräfte gegen Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft, sowie Gewalt gegen Journalisten (USDOS 13.3.2019).

Mit Unterstützung der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) und des Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) arbeitet die afghanische Regierung an der Förderung von Rechtsstaatlichkeit, der Rechte von Frauen, Kindern, Binnenflüchtlingen und Flüchtlingen sowie Rechenschaftspflicht (UNHRC 21.2.2018). Im Dezember 2018 würdigte UNAMA die Fortschritte Afghanistans auf dem Gebiet der Menschenrechte, insbesondere unter den Herausforderungen des laufenden bewaffneten Konfliktes und der fragilen Sicherheitslage. Die UN arbeitet weiterhin eng mit Afghanistan zusammen, um ein Justizsystem zu schaffen, das die Gesetzesreformen, die Verfassungsrechte der Frauen und die Unterbindung von Gewalt gegen Frauen voll umsetzen kann (UNAMA 10.12.2018).

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_ 02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019 • AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Afghanistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424980.html, Zugriff 16.5.2019 • FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2004321.html, Zugriff 16.5.2019 • MPI - Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan, http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf, Zugriff 16.5.2019 • UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.12.2018): United Nations calls on everyone to protect human rights in Afghanistan, https://unama.unmissions.org/united-nations-calls-everyone-protect-human-rights-afghanistan, Zugriff 16.5.2019 - 53 -

• UNHRC - UN Human Rights Council (21.2.2018): Situation of human rights in Afghanistan and technical assistance achievements in the field of human rights; Report of the United Nations High Commission on Human Rights, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427314/1930_1521636767_a-hrc-37-45.doc, Zugriff 16.5.2019 • USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2004129.html, Zugriff 16.5.2019

Schiiten

Der Anteil schiitischer Muslime an der Bevölkerung wird auf 10 bis 19% geschätzt (CIA 30.4.2019; vgl. AA 2.9.2019). Zuverlässige Zahlen zur Größe der schiitischen Gemeinschaft sind nicht verfügbar und werden vom Statistikamt nicht erfasst. Gemäß Gemeindeleitern sind die Schiiten Afghanistans mehrheitlich Jafari-Schiiten (Zwölfer-Schiiten), 90% von ihnen gehören zur ethnischen Gruppe der Hazara. Unter den Schiiten gibt es auch Ismailiten (USDOS 21.6.2019).

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten (AA 2.9.2019). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen. Gemäß Zahlen von UNAMA gab es im Jahr 2018 19 Fälle konfessionell motivierter Gewalt gegen Schiiten, bei denen 223 Menschen getötet und 524 Menschen verletzt wurden; ein zahlenmäßiger Anstieg der zivilen Opfer um 34% (USDOS 21.6.2019). In den Jahren 2016, 2017 und 2018 wurden durch den Islamischen Staat (IS) und die Taliban 51 terroristischen Angriffe auf Glaubensstätten und religiöse Anführer der Schiiten bzw. Hazara durchgeführt (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 21.6.2019, CRS 1.5.2019). Im Jahr 2018 wurde die Intensität der Attacken in urbanen Räumen durch den IS verstärkt (HRW 17.1.2019).

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen (FH 4.2.2019). Obwohl einige schiitische Muslime höhere Regierungsposten bekleiden, behaupten Mitglieder der schiitischen Minderheit, dass die Anzahl dieser Stellen die demografischen Verhältnisse des Landes nicht reflektiert. Vertreter der Sunniten hingegen geben an, dass Schiiten im Vergleich zur Bevölkerungszahl in den Behörden überrepräsentiert seien. Einige Mitglieder der ismailitischen Gemeinschaft beanstanden die vermeintliche Vorenthaltung von politischen Posten; wenngleich vier Parlamentssitze für Ismailiten reserviert sind (USDOS 21.6.2019).

Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime 25 bis 30% (AB 7.6.2017; vgl. USIP 14.6.2018, AA 2.9.2019). Des Weiteren tagen regelmäßig rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern (USDOS 21.6.2019).

Das afghanische Ministry of Hajj and Religious Affairs (MOHRA) erlaubt sowohl Sunniten als auch Schiiten Pilgerfahrten zu unternehmen (USDOS 21.6.2019).

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_ 02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019 • AB - Afghan Bios (7.6.2017): National Ulema Council Afghanistan AUC, http://www.afghan- bios.info/index.php?option=com_afghanbios&id=1218&task=view&total=3340&start=3067&Itemid=2, Zugriff 3.5.2019 • CRS - Congressional Research Service (1.5.2019): Afghanistan: Background and U.S. Policy In Brief, https://fas.org/sgp/crs/row/R45122.pdf, Zugriff 3.5.2019 - 54 -

• FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2004321.html, Zugriff 3.5.2019 • HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2002151.html, Zugriff 3.5.2019 • USDOS - U.S. Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Afghanistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/05/AFGHANISTAN-2018-INTERNATIONAL-RELIGIOUS- FREEDOM-REPORT.pdf, Zugriff 24.6.2019 • USIP - US Institute of Peace (14.6.2018): Afghanistan's Imams Helped Achieve a Surprise Truce, https://www.usip.org/publications/2018/06/afghanistans-imams-helped-achieve-surprise-truce, Zugriff 3.5.2019

Hazara

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 9 bis 10% der Bevölkerung aus (GIZ 4.2019; vgl. CIA 2012). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen KABUL im Osten und HERAT im Westen erstreckt; der Hazaradjat [zentrales Hochland] umfasst die Provinzen Bamyan, GHAZNI, Daikundi und den Westen der Provinz (Maidan) Wardak sowie Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul. Jahrzehntelange Kriege und schwierige Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach KABUL, getrieben (BFA 7.2016). Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen sowie in KABUL (USDOS 21.6.2019).

Die Stadt KABUL ist in den letzten Jahrzehnten rasant gewachsen und ethnisch gesehen vielfältig. Neuankömmlinge aus den Provinzen tendieren dazu, sich in Gegenden niederzulassen, wo sie ein gewisses Maß an Unterstützung ihrer Gemeinschaft erwarten können (sofern sie solche Kontakte haben) oder sich in jenem Stadtteil niederzulassen, der für sie am praktischen sie ist, da viele von ihnen - zumindest anfangs - regelmäßig zurück in ihre Heimatprovinzen pendeln. Die Auswirkungen neuer Bewohner auf die Stadt sind schwer zu evaluieren. Bewohner der zentralen Stadtbereiche neigen zu öfteren Wohnortwechseln, um näher bei ihrer Arbeitsstätte zu wohnen oder um wirtschaftlichen Möglichkeiten und sicherheitsrelevanten Trends zu folgen. Diese ständigen Wohnortwechsel haben einen störenden Effekt auf soziale Netzwerke, was sich oftmals in der Beschwerde bemerkbar macht "man kenne seine Nachbarn nicht mehr" (AAN 19.3.2019). Viele Hazara leben unter anderem in Stadtvierteln im Westen der Stadt, insbesondere in Kart-e Se, Dasht-e Barchi sowie in den Stadtteilen Kart-e Chahar, Deh Buri, Afshar und Kart-e Mamurin (AAN 19.3.2019).

Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild (BFA 7.2016). Ethnische Hazara sind mehrheitlich Zwölfer-Schiiten (BFA 7.2016; vgl. MRG o.D.c), auch bekannt als Jafari Schiiten (USDOS 21.6.2019). Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradjat lebt, ist ismailitisch (BFA 7.2016). Ismailische Muslime, die vor allem, aber nicht ausschließlich, Hazara sind (GS 21.8.2012), leben hauptsächlich in KABUL sowie den zentralen und nördlichen Provinzen Afghanistans (USDOS 21.6.2019).

Die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, hat sich grundsätzlich verbessert (AA 2.9.2019; vgl. FH 4.2.2019) und Hazara bekleiden inzwischen auch prominente Stellen in der Regierung und im öffentlichen Leben, sind jedoch in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert (AA 2.9.2019). Hazara werden am Arbeitsmarkt diskriminiert. Soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara, basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten, finden ihre Fortsetzung in Erpressung (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Inhaftierung (USDOS 13.3.2019). Nichtsdestotrotz, genießt die traditionell marginalisierte schiitische muslimische Minderheit, zu der die meisten ethnischen Hazara gehören, seit 2001 eine zunehmende politische Repräsentation und Beteiligung an nationalen Institutionen (FH 4.2.2019; vgl. WP 21.3.2018).

Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Kernfamilie bzw. dem Klan (BFA 7.2016; vgl. MRG o. D.c). Sollte der Haushaltsvorstehende Mann versterben, wird die Witwe Haushaltsvorständin, bis der älteste Sohn volljährig ist (MRG o. D.c). Es bestehen keine sozialen und politischen Stammesstrukturen (BFA 7.2016).

Hazara neigen sowohl in ihren sozialen, als auch politischen Ansichten dazu, liberal zu sein, was im Gegensatz zu den Ansichten sunnitischer Militanter steht (WP 21.3.2018). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen führen weiterhin zu Konflikten und Tötungen (USDOS 13.3.2019). Berichten zufolge halten Angriffe - 55 -

durch den ISKP und andere aufständische Gruppierungen auf spezifische religiöse und ethno-religiöse Gruppen - inklusive der schiitischen Hazara - an (USDOS 21.6.2019).

Während des Jahres 2018 intensivierte der IS Angriffe gegen die Hazara. Angriffe gegen Schiiten, davon vorwiegend gegen Hazara, forderten im Zeitraum 1.1.2018 bis 30.9.2018 211 Todesopfer (USDOS 13.3.2019). Das von schiitischen Hazara bewohnte Gebiet Dasht-e Barchi in WestKABUL ist immer wieder Ziel von Angriffen. Die Regierung hat Pläne zur Verstärkung der Präsenz der afghanischen Sicherheitskräfte verlautbart (USDOS 21.6.2019). Angriffe werden auch als Vergeltung gegen mutmaßliche schiitische Unterstützung der iranischen Aktivitäten in Syrien durchgeführt (MEI 10.2018; vgl. WP 21.3.2018).

In Randgebieten des Hazaradjat kommt es immer wieder zu Spannungen und teilweise gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Nomaden und sesshaften Landwirten, oftmals Hazara (AREU 1.2018).

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (BI 29.9.2017). NGOs berichten, dass Polizeibeamte, die der Hazara-Gemeinschaft angehören, öfter als andere Ethnien in unsicheren Gebieten eingesetzt werden oder im Innenministerium an symbolische Positionen ohne Kompetenzen befördert werden (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_ 02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019 • AAN - Afghanistan Analysts Network (19.3.2019): KABUL Unpacked: A Geographical Guide to a Metropolis In The Making, https://www.afghanistan-analysts.org/wp-content/uploads/2019/03/KABUL-Police-Districts.pdf, Zugriff 7.5.2019 • AREU - Afghanistan Research and Evaluation Unit (1.2018): Typologies of nomad-settler conflict in Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1423721/1788_1517926773_012018.pdf,Zugriff 8.5.2019 • BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (7.2016): AfPak - Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur, https://www.ecoi.net/en/file/local/1236701/90_1470057716_afgh-stammes-und- clanstruktur-onlineversion-2016-07.pdf, Zugriff 7.5.2019 • BI - Brookings Institution, the (29.9.2017): Afghanistan Index, https://www.brookings.edu/wp- content/uploads/2016/07/21csi_20171002_afghanistan_index.pdf, Zugriff 7.5.2019 • CIA - Central Intelligence Agency (2012): Afghanistan Country Profile (Wall Map), https://legacy.lib.utexas.edu/maps/middle_east_and_asia/txu-pclmaps-oclc-814380561- afghanistan_country_profile_2012-01.jpg, Zugriff 7.5.2019 • GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019): Länder-Informations-Portal Afghanistan - Gesellschaft, https://www.liportal.de/afghanistan/gesellschaft/, Zugriff 7.5.2019 • GS - Global Security (21.8.2012): Ismailis, https://www.globalsecurity.org/military/world/afghanistan/ismaili.htm, Zugriff 12.9.2019 • MEI - Middle Eastern Institute (10.2018): The Fatemiyoun Division: Afghan Fighters in the Syrian Civil War, https://www.mei.edu/sites/default/files/2018-11/PP11_Schneider.pdf, Zugriff 17.7.2019 • MRG - Minority Rights Group (o.D.c) [letztes Referenzdatum 12.2017]: Afghanistan - Hazaras, https://minorityrights.org/minorities/hazaras/, Zugriff 7.5.2019 • USDOS - U.S. Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Afghanistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/05/AFGHANISTAN-2018-INTERNATIONAL-RELIGIOUS- FREEDOM-REPORT.pdf, Zugriff 24.6.2019 • USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004129.html, Zugriff 7.5.2019 • WP - Washington Post (21.3.2018): 'We suffer more': Rising violence on Shiite targets takes toll on Afghanistan's Hazaras, https://www.washingtonpost.com/world/KABUL-suicide-bomber-strikes-shiite-ceremony-killing-at- least-29/2018/03/21/e6e6e3ce-2cfa-11e8-b0b0-f706877db618_story.html?utm_term=.a0a208a8f985, Zugriff 7.5.2018 - 56 -

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Die Regierung schränkt die Bewegung der Bürger gelegentlich aus Sicherheitsgründen ein [Anm.: siehe dazu auch Artikel 39 der afghanischen Verfassung] (USDOS 13.3.2019; vgl. MPI 27.1.2004, FH 4.2.2019). Afghanen dürfen sich formell im Land frei bewegen und niederlassen. Als zentrale Hürde für die Bewegungsfreiheit werden Sicherheitsbedenken genannt. Besonders betroffen ist das Reisen auf dem Landweg (AA 2.9.2019). Dazu beigetragen hat ein Anstieg von illegalen Kontrollpunkten und Überfällen auf Überlandstraßen (AA 2.9.2019; vgl. USDOS 13.3.2019, FH 4.2.2019). In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht (FH 4.2.2019, USDOS 13.3.2019). Auch schränken gesellschaftliche Sitten die Bewegungsfreiheit von Frauen ohne männliche Begleitung ein (AA 2.9.2019).

Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die sozialen Netzwerke vor Ort und deren Auffangmöglichkeiten spielen eine zentrale Rolle für den Aufbau einer Existenz und die Sicherheit am neuen Aufenthaltsort. Für eine Unterstützung seitens der Familie kommt es auch darauf an, welche politische und religiöse Überzeugung den jeweiligen Heimatort dominiert. Für Frauen ist es kaum möglich, ohne familiäre Einbindung in andere Regionen auszuweichen. Durch die hohe soziale Kontrolle ist gerade im ländlichen Raum keine, aber auch in den Städten kaum Anonymität zu erwarten (AA 2.9.2019).

Bewohner der zentralen Stadtbereiche neigen zu häufigerem Wohnortwechsel, um näher bei ihrer Arbeitsstätte zu wohnen oder um wirtschaftlichen Möglichkeiten und sicherheitsrelevanten Trends zu folgen. Diese ständigen Wohnortwechsel haben einen störenden Effekt auf soziale Netzwerke, was sich oftmals in der Beschwerde bemerkbar macht "man kenne seine Nachbarn nicht mehr" (AAN 19.3.2019).

Auch in größeren Städten erfolgt in der Regel eine Ansiedlung innerhalb von ethnisch geprägten Netzwerken und Wohnbezirken. Die Absorptionsfähigkeit der genutzten Ausweichmöglichkeiten, vor allem im Umfeld größerer Städte, ist durch die hohe Zahl der Binnenvertriebenen und der Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan bereits stark in Anspruch genommen. Dies schlägt sich sowohl in einem Anstieg der Lebenshaltungskosten als auch in einem erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt nieder (AA 2.9.2019).

Es gibt internationale Flughäfen in KABUL, HERAT, Kandahar und MAZAR-E-SHARIF, bedeutende Flughäfen, für den Inlandsverkehr außerdem in GHAZNI, Nangharhar, Khost, Kunduz und Helmand sowie eine Vielzahl an regionalen und lokalen Flugplätzen. Es gibt keinen öffentlichen Schienenpersonenverkehr (AA 2.9.2019).

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_ 02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019 • FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004321.html, Zugriff 9.5.2019 • MPI - Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan, http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf, Zugriff 9.5.2019 • USDOS - United States Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices for 2017, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004129.html, Zugriff 9.5.2019

Meldewesen

Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister, ebenso wenig "gelbe Seiten" oder Datenbanken mit Telefonnummerneinträgen (EASO 2.2018; vgl. BFA 13.6.2019). Auch muss sich ein Neuankömmling bei Ankunft nicht in dem neuen Ort registrieren. Die Gemeinschafts- bzw. Bezirksältesten führen kein Personenstandsregister, die Regierung registriert jedoch Rückkehrer (BFA 13.6.2019). Durch die hohe soziale Kontrolle ist gerade im ländlichen Raum keine, aber auch in den Städten kaum Anonymität zu erwarten (AA 2.9.2019). - 57 -

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_ 02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019 • BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (13.6.2019): Analyse der Staatendokumentation: Afghanistan - Informationen zu sozioökonomischen Faktoren in der Provinz HERAT auf Basis von Interviews im Zeitraum November 2018 bis Jänner 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010507/AFGH_ANALYSE_HERAT_2019_06_13.pdf, Zugriff 19.6.2019 • EASO - European Asylum Support Office (2.2018): Afghanistan Networks https://www.ecoi.net/en/file/local/1433356/1226_1527147803_afghanistan-networks.pdf, Zugriff 10.5.2019

Grundversorgung

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt (AA 2.9.2019; AF 2018). Trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, erheblicher Anstrengungen der afghanischen Regierung und kontinuierlicher Fortschritte belegte Afghanistan 2018 lediglich Platz 168 von 189 des Human Development Index. Die Armutsrate hat sich laut Weltbank von 38% (2011) auf 55% (2016) verschlechtert. Dabei bleibt das Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans eklatant: Außerhalb der Hauptstadt KABUL und der Provinzhauptstädte gibt es vielerorts nur unzureichende Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport (AA 2.9.2019).

Die afghanische Wirtschaft ist stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig. Das Budget zur Entwicklungshilfe und Teile des operativen Budgets stammen aus internationalen Hilfsgeldern (AF 2018; vgl. WB 7.2019). Jedoch konnte die afghanische Regierung seit der Fiskalkrise des Jahres 2014 ihre Einnahmen deutlich steigern (USIP 15.8.2019; vgl. WB 7.2019).

Die afghanische Wirtschaft stützt sich hauptsächlich auf den informellen Sektor (einschließlich illegaler Aktivitäten), der 80 bis 90 % der gesamten Wirtschaftstätigkeit ausmacht und weitgehend das tatsächliche Einkommen der afghanischen Haushalte bestimmt (ILO 5.2012; vgl. ACCORD 7.12.2018). Lebensgrundlage für rund 80% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (FAO 2018; vgl. Haider/Kumar 2018), wobei der landwirtschaftliche Sektor gemäß Prognosen der Weltbank im Jahr 2019 einen Anteil von 18,7% am Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat (Industrie: 24,1%, tertiärer Sektor: 53,1%; WB 7.2019). Das BIP Afghanistans betrug im Jahr 2018 19,36 Mrd. US-Dollar (WB o. D.). Die Inflation lag im Jahr 2018 durchschnittlich bei 0,6% und wird für 2019 auf 3,1% prognostiziert (WB 7.2019).

Afghanistan erlebte von 2007 bis 2012 ein beispielloses Wirtschaftswachstum. Während die Gewinne dieses Wachstums stark konzentriert waren, kam es in diesem Zeitraum zu Fortschritten in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Seit 2014 verzeichnet die afghanische Wirtschaft ein langsames Wachstum (im Zeitraum 2014-2017 durchschnittlich 2,3%, 2003-2013: 9%) was mit dem Rückzug der internationalen Sicherheitskräfte, der damit einhergehenden Kürzung der internationalen Zuschüsse und einer sich verschlechternden Sicherheitslage in Verbindung gebracht wird (WB 8.2018). Im Jahr 2018 betrug die Wachstumsrate 1,8%. Das langsame Wachstum wird auf zwei Faktoren zurückgeführt: einerseits hatte die schwere Dürre im Jahr 2018 negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft, andererseits verringerte sich das Vertrauen der Unternehmer und Investoren. Es wird erwartet, dass sich das Real-BIP in der ersten Hälfte des Jahres 2019 vor allem aufgrund der sich entspannenden Situation hinsichtlich der Dürre und einer sich verbessernden landwirtschaftlichen Produktion erhöht (WB 7.2019).

Arbeitsmarkt

Schätzungen zufolge sind 44% der Bevölkerung unter 15 Jahren und 54% zwischen 15 und 64 Jahren alt (ILO 2.4.2018). Am Arbeitsmarkt müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neuankömmlinge in den Arbeitsmarkt integrieren zu können (BFA 4.2018). Somit treten jedes Jahr sehr viele junge Afghanen in den Arbeitsmarkt ein, während die Beschäftigungsmöglichkeiten aufgrund unzureichender Entwicklungsressourcen und mangelnder Sicherheit nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten können (WB 8.2018). In Anbetracht von fehlendem Wirtschaftswachstum und eingeschränktem Budget für öffentliche Ausgaben, stellt dies eine gewaltige Herausforderung dar. Letzten Schätzungen zufolge sind 1,9 Millionen - 58 -

Afghan/innen arbeitslos - Frauen und Jugendliche haben am meisten mit dieser Jobkrise zu kämpfen. Jugendarbeitslosigkeit ist ein komplexes Phänomen mit starken Unterschieden im städtischen und ländlichen Bereich. Schätzungen zufolge sind 877.000 Jugendliche arbeitslos; zwei Drittel von ihnen sind junge Männer (ca. 500.000) (BFA 4.2018; vgl. CSO 2018).

Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Es gibt einen großen Anteil an Selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen, was auf das hohe Maß an Informalität des Arbeitsmarktes hinweist, welches mit der Bedeutung des Agrarsektors in der Wirtschaft einhergeht (CSO 8.6.2017). Im Rahmen einer Befragung an 15.012 Personen, gaben rund 36% der befragten Erwerbstätigen gaben an, in der Landwirtschaft tätig zu sein (AF 2018).

Fähigkeiten, die sich Rückkehrer/innen im Ausland angeeignet haben, können eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen. Bei der Arbeitssuche spielen persönliche Kontakte eine wichtige Rolle. Eine Quelle betont jedoch die Wichtigkeit von Netzwerken, ohne die es nicht möglich sei, einen Job zu finden. (BFA 4.2018). Bei Ausschreibung einer Stelle in einem Unternehmen gibt es in der Regel eine sehr hohe Anzahl an Bewerbungen und durch persönliche Kontakte und Empfehlungen wird mitunter Einfluss und Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt (BFA 13.6.2019). Eine im Jahr 2012 von der ILO durchgeführte Studie über die Beschäftigungsverhältnisse in Afghanistan bestätigt, dass Arbeitgeber persönliche Beziehungen und Netzwerke höher bewerten als formelle Qualifikationen. Analysen der norwegischen COI-Einheit Landinfo zufolge, gibt es keine Hinweise darüber, dass sich die Situation seit 2012 geändert hätte (BFA 4.2018).

In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit. Lediglich beratende Unterstützung wird vom Ministerium für Arbeit und Soziale Belange (MoLSAMD) und der NGO ACBAR angeboten; dabei soll der persönliche Lebenslauf zur Beratung mitgebracht werden. Auch Rückkehrende haben dazu Zugang - als Voraussetzung gilt hierfür die afghanische Staatsbürgerschaft. Für das Anmeldeverfahren sind das Ministerium für Arbeit und Soziale Belange und die NGO ACBAR zuständig; Rückkehrende sollten auch hier ihren Lebenslauf an eine der Organisationen weiterleiten, woraufhin sie informiert werden, inwiefern Arbeitsmöglichkeiten zum Bewerbungszeitpunkt zur Verfügung stehen. Unter Leitung des Bildungsministeriums bieten staatliche Schulen und private Berufsschulen Ausbildungen an (BFA 4.2018).

Neben einer mangelnden Arbeitsplatzqualität ist auch die große Anzahl an Personen im wirtschaftlich abhängigen Alter (insbes. Kinder) ein wesentlicher Armutsfaktor (CSO 2018; vgl. Haider/Kumar 2018): Die Notwendigkeit, das Einkommen von Erwerbstätigen mit einer großen Anzahl von Haushaltsmitgliedern zu teilen, führt oft dazu, dass die Armutsgrenze unterschritten wird, selbst wenn Arbeitsplätze eine angemessene Bezahlung bieten würden. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind (CSO 2018).

Wirtschaft und Versorgungslage in den Städten HERAT, KABUL und MAZAR-E-SHARIF

KABUL

Die Wirtschaft der Provinz KABUL hat einen weitgehend städtischen Charakter, wobei die wirtschaftlich aktive Bevölkerung in Beschäftigungsfeldern, wie dem Handel, Dienstleistungen oder einfachen Berufen tätig ist (CSO 8.6.2017). KABUL-Stadt hat einen hohen Anteil an Lohnarbeitern, während Selbstständigkeit im Vergleich zu den ländlichen Gebieten Afghanistans weniger verbreitet ist (USIP 10.4.2017). Zu den wichtigsten Arbeitgebern in KABUL gehört der Dienstleistungssektor, darunter auch die öffentliche Verwaltung (CSO 8.6.2017). Die Gehälter sind in KABUL im Allgemeinen höher als in anderen Provinzen, insbesondere für diejenigen, welche für ausländische Organisationen arbeiten (USIP 10.4.2017). KABUL ist das wichtigste Handels- und Beschäftigungszentrum Afghanistans und hat ein größeres Einzugsgebiet in den Provinzen Parwan, Logar und Wardak. Menschen aus kleinen Dörfern pendeln täglich oder wöchentlich nach KABUL, um landwirtschaftliche Produkte zu handeln oder als Wachen, Hausangestellte oder Lohnarbeiter zu arbeiten (USIP 10.4.2017).

Ergebnisse einer Studie ergaben, dass KABUL unter den untersuchten Provinzen den geringsten Anteil an Arbeitsplätzen im Agrarsektor hat, dafür eine dynamischere Wirtschaft mit einem geringeren Anteil an Arbeitssuchenden, Selbständigen und Familienarbeitern. Die besten (Arbeits)Möglichkeiten für Junge existieren - 59 -

in KABUL. Trotz der niedrigeren Erwerbsquoten ist der Frauenanteil in hoch qualifizierten Berufen in KABUL am größten (49,6 Prozent). Im Gegensatz dazu zeigt die Provinz Ghor ist der traditionelle Agrarsektor hier bei weitem der größte Arbeitgeber, des Weiteren, existieren hier sehr wenige Möglichkeiten (Jobs und Ausbildung) für Kinder, Jugendliche und Frauen (CSO 8.6.2019).

HERAT

Der Einschätzung einer in Afghanistan tätigen internationalen NGO zufolge gehört HERAT zu den "bessergestellten" und "sichereren Provinzen" Afghanistans und weist historisch im Vergleich mit anderen Teilen des Landes wirtschaftlich und sicherheitstechnisch relativ gute Bedingungen auf (BFA 13.6.2019). Aufgrund der sehr jungen Bevölkerung ist der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter in HERAT - wie auch in anderen afghanischen Städten - vergleichsweise klein. Erwerbstätige müssen also eine große Anzahl an von ihnen abhängigen Personen versorgen. Hinzu kommt, dass die Hälfte der arbeitstätigen Bevölkerung in HERAT Tagelöhner sind, welche Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt in besonderem Ausmaß ausgesetzt sind (USIP 2.4.2015).

Die HERATer Wirtschaft bietet seit langem Arbeitsmöglichkeiten im Handel, darunter den Import und Export von Waren mit dem benachbarten Iran (GOIRA 2015; vgl. EASO 4.2019, WB/NSIA 9.2018), wie auch Bergbau und Produktion (EASO 4.2019). Die Industrie der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ist insbesondere im Handwerksbereich und in der Seiden- und Teppichproduktion gut entwickelt (GOIRA 2015; vgl. EASO 4.2019). Manche alten Handwerksberufe (Teppichknüpfereien, Glasbläsereien, die Herstellung von Stickereien) haben es geschafft zu überleben, während sich auch bestimmte moderne Industrien entwickelt haben (z.B. Lebensmittelverarbeitung und Verpackung) (EASO 4.2019). Die meisten der in KMUs Beschäftigten sind entweder Tagelöhner oder kleine Unternehmer (GOIRA 2015). Die Arbeitsplätze sind allerdings von der volatilen Sicherheitslage bedroht (insbesondere Entführungen von Geschäftsleuten oder deren Angehörigen durch kriminelle Netzwerke, im stillen Einverständnis mit der Polizei). Als weitere Probleme werden Stromknappheit, bzw. -ausfälle, Schwierigkeiten, mit iranischen oder anderen ausländischen Importen zu konkurrieren und eine steigende Arbeitslosigkeit genannt (EASO 4.2019).

MAZAR-E-SHARIF

MAZAR-E-SHARIF ist ein regionales Handelszentrum für Nordafghanistan, wie auch ein Industriezentrum mit großen Fertigungsbetrieben und einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen, welche Kunsthandwerk und Teppiche anbieten (GOIRA 2015).

Dürre und Überschwemmungen

Während der Wintersaat von Dezember 2017 bis Februar 2018 gab es in Afghanistan eine ausgedehnte Zeit der Trockenheit. Dies verschlechterte die Situation für die von Lebensmittelunsicherheit geprägte Bevölkerung weiter und hatte zerstörerische Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Existenzgrundlagen, was wiederum zu Binnenflucht führte und es den Binnenvertriebenen mittelfristig erschwert, sich wirtschaftlich zu erholen sowie die Grundbedürfnisse selbständig zu decken (FAO 23.11.2018; vgl. AJ 12.8.2018).

Günstige Regenfälle im Frühling und beinahe normale Temperaturen haben 2019 die Weidebedingungen wieder verbessert. Da sich viele Haushalte noch von der Dürre des Jahres 2018 erholen müssen, gilt die Ernährungslage für viele Haushalte im Zeitraum 10.2019-1.2020, weiterhin als "angespannt" bis "krisenhaft". Es wird erwartet, dass viele Haushalte vor allem in den höher gelegenen Regionen ihre Vorräte vor dem Winter aufbrauchen werden und bei begrenztem Einkommen und Zugang auf Märkte angewiesen sein werden (FEWS NET 8.2019).

Im März 2019 fanden in Afghanistan Überschwemmungen statt, welche Schätzungen zufolge, Auswirkungen auf mehr als 120.000 Personen in 14 Provinzen hatten. Sturzfluten Ende März 2019 hatten insbesondere für die Bevölkerung in den Provinzen Balkh und HERAT schlimme Auswirkungen (WHO 3.2019). Unter anderem waren von den Überschwemmungen auch Menschen betroffen, die zuvor von der Dürre vertrieben wurden (GN 6.3.2019).

Armut und Lebensmittelsicherheit

Einer Befragung aus dem Jahr 2016/2017 an rund 155.000 Personen zufolge (Afghan Living Condition Survey - ALCS), sind rund 45% oder 13 Millionen Menschen in Afghanistan von anhaltender oder vorübergehender Lebensmittelunsicherheit betroffen (CSO 2018; vgl. USAID 11.4.2019), wobei der Anteil der Betroffenen im - 60 -

Osten, Norden und Nordosten am höchsten ist (CSO 2018). Gegenüber dem Zeitraum 2011-12 ist ihr Anteil bei einem Ausgangsniveau von 30% um 15 Prozentpunkte gestiegen (CSO 2018).

Im Zeitraum 2016-17 lebten dem ALCS zufolge 54,5% der Afghanen unter der Armutsgrenze. Gegenüber früheren Erhebungen ist der Anteil an armen Menschen in Afghanistan somit gestiegen (2007-08: 33,7%, 2011-12: 38,3%). Im ländlichen Raum war der Anteil an Bewohnern unter der Armutsgrenze mit 58,6% höher als im städtischen Bereich (41,6%) (CSO 2018). Es bestehen regionale Unterschiede: In den Provinzen Badghis, Nuristan, Kundus, Zabul, Helmand, Samangan, Uruzgan und Ghor betrug der Anteil an Menschen unter der Armutsgrenze gemäß offizieller Statistik 70% oder mehr, während er in einer Provinz - KABUL - unter 20% lag (NSIA 2019). Schätzungen zufolge, ist beispielsweise der Anteil der Bewohner unter der Armutsgrenze in KABUL-Stadt und HERAT-Stadt bei rund 34-35%. Damit ist der Anteil an armen Menschen in den beiden urbanen Zentren zwar geringer als in den ländlichen Distrikten der jeweiligen Provinzen, jedoch ist ihre Anzahl aufgrund der Bevölkerungsdichte der Städte dennoch vergleichsweise hoch. Rund 1,1 Millionen Bewohner von KABUL-Stadt leben unter der Armutsgrenze. In HERAT-Stadt beträgt ihre Anzahl rund 327.000 (WB/NSIA 9.2018).

2018 gaben rund 30% der 15.012 Befragten an, dass sich die Qualität ihrer Ernährung verschlechtert hat, während rund 17% von einer Verbesserung sprachen und die Situation für rund 53% gleich blieb. Im Jahr 2018 lag der Anteil der Personen, welche angaben, dass sich ihre Ernährungssituation verschlechtert habe, im Westen des Landes über dem Anteil in ganz Afghanistan. Beispielsweise die Provinz Badghis war hier von einer Dürre betroffen (AF 2018).

Bank- und Finanzwesen

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist mittlerweile auch relativ einfach, in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird dabei nach folgendem fragen: Ausweisdokument (Tazkira), 2 Passfotos und 1.000 bis 5.000 AFN als Mindestkapital für das Bankkonto. Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv: unter anderem die Afghanistan International Bank, Azizi Bank, Arian Bank, oder The First Microfinance Bank, Ghazanfar Bank, Maiwand Bank, Bakhtar Bank (IOM 2018).

Hawala-System

Über Jahrhunderte hat sich eine Form des Geldaustausches entwickelt, welche Hawala genannt wird. Dieses System, welches auf gegenseitigem Vertrauen basiert, funktioniert schnell, zuverlässig und günstig. Spezielle Dokumente sind nicht notwendig und der Geldtransfer ist weltweit möglich. Hawala wird von den unterschiedlichsten Kundengruppen in Anspruch genommen: Gastarbeiter, die ihren Lohn in die Heimat transferieren wollen, große Unternehmen und Hilfsorganisationen bzw. NGOs, aber auch Terrororganisationen (WKO 2.2017; vgl. WB 2003; FA 7.9.2016).

Das System funktioniert folgendermaßen: Person A übergibt ihrem Hawaladar (X) das Geld, z.B. 10.000 Euro und nennt ihm ein Passwort. Daraufhin teilt die Person A der Person B, die das Geld bekommen soll, das Passwort mit. Der Hawaladar (X) teilt das Passwort ebenfalls seinem Empfänger-Hawaladar (M) mit. Jetzt kann die Person B einfach zu ihrem Hawaladar (M) gehen. Wenn sie ihm das Passwort nennt, bekommt sie das Geld, z.B. in Afghani, ausbezahlt (WKO 2.2017; vgl. WB 2003).

So ist es möglich, auch größere Geldsummen sicher und schnell zu überweisen. Um etwa eine Summe von Peshawar, Dubai oder London nach KABUL zu überweisen, benötigt man sechs bis zwölf Stunden. Sind Sender und Empfänger bei ihren Hawaladaren anwesend, kann die Transaktion binnen Minuten abgewickelt werden. Kosten dafür belaufen sich auf ca. 1-2%, hängen aber sehr stark vom Verhandlungsgeschick, den Währungen, der Transaktionssumme, der Vertrauensposition zwischen Kunde und Hawaladar und nicht zuletzt von der Sicherheitssituation in KABUL ab. Die meisten Transaktionen gehen in Afghanistan von der Hauptstadt KABUL aus, weil es dort auch am meisten Hawaladare gibt. Hawaladare bieten aber nicht nur Überweisungen an, sondern eine ganze Auswahl an finanziellen und nicht-finanziellen Leistungen in lokalen, regionalen und internationalen Märkten. Beispiele für das finanzielle Angebot sind Geldwechsel, Spendentransfer, Mikro- Kredite, Tradefinance oder die Möglichkeit, Geld anzusparen. Als nichtmonetäre Leistungen können Hawaladare Fax- oder Telefondienste oder eine Internetverbindung anbieten (WKO 2.2017; vgl. WB 2003).

Quellen: - 61 -

• AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_ 02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019 • ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation (7.12.2018): Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in HERAT, MAZAR- E-SHARIF (Provinz Balkh) und KABUL 2010-2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001546/Afghanistan_Versorgungslage+und+Sicherheitslage_2010+bis+20 18.pdf, Zugriff 5.4.2019 • AF - Asia Foundation, The (2018): A Survey of the Afghan People, https://asiafoundation.org/wp- content/uploads/2018/12/2018_Afghan-Survey_fullReport-12.4.18.pdf, Zugriff 24.4.2019 • AJ - Al Jazeera (12.8.2018): Drought raises food security fears in Afghanistan, https://www.aljazeera.com/news/2018/08/drought-raises-food-security-fears-afghanistan- 180812063301371.html, Zugriff 24.9.2019 • BFA Staatendokumentation (13.6.2019): Afghanistan - Informationen zu sozioökonomischen Faktoren in der Provinz HERAT auf Basis von Interviews im Zeitraum November 2018 bis Jänner 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010507/AFGH_ANALYSE_HERAT_2019_06_13.pdf, Zugriff 2.7.2019 • BFA Staatendokumentation (4.2018): Fact Finding Mission Report Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1430912/5818_1524829439_03-onlineversion.pdf, Zugriff 16.5.2019 • CSO - Central Statistics Organization (2018): Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17, https://washdata.org/sites/default/files/documents/reports/2018-07/Afghanistan%20ALCS%202016- 17%20Analysis%20report.pdf, Zugriff 13.5.2019 • CSO - Central Statistics Organization (8.6.2017): Economically Active Population, Provinces of KABUL, Bamiyan, Daykundi, Ghor, Kapisa and Parwan, https://afghanistan.unfpa.org/sites/default/files/pub- pdf/UNFPA%20SDES%20Mono%20Labour%2028%20May%20for%20web.pdf, Zugriff 24.9.2019 • EASO - European Asylum Support Office (4.2019): Afghanistan, Key socio-economic indicators, Focus on KABUL City, MAZAR-E-SHARIF and HERAT City, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005343/EASO_COI_Afghanistan_KSEI_April_2019.pdf, Zugriff 2.4.2019 • FA - Foreign Affairs (7.9.2016): Dirty Money in Afghanistan, https://www.foreignaffairs.com/articles/afghanistan/2016-09-07/dirty-money-afghanistan, Zugriff 25.9.2019 • FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations (23.11.2018): Afghanistan Drought Response, http://www.fao.org/fileadmin/user_upload/emergencies/docs/CA2268EN.pdf, Zugriff 24.9.2019FAO - Food and Agriculture Organizations of the United Nations (2018): Afghanistan Drought response, http://www.fao.org/fileadmin/user_upload/emergencies/docs/CA2268EN.pdf, Zugriff 15.5.2019 • FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (8.2019): Food Security Outlook Update Favorable spring rainfall and near normal temperatures has improved the pasture condition, http://fews.net/central- asia/afghanistan/food-security-outlook-update/august-2019, Zugriff 24.9.2019 • FEWS-NET - Famine Early Warning Systems Network (5.2017): Overview of the Integrated Phase Classification (IPC), http://fews.net/sites/default/files/IPC%20Overview_May_2017_final.pdf, Zugriff: 09.11.2018 • GOIRA - Government of the Islamic Republic of Afghanistan (2015): State of Afghan Cities 2015, Volume One, http://unhabitat.org/books/soac2015/, Zugriff 24.9.2019 • GN - Guardian, the (6.3.2019): 'Chilling reality': Afghanistan suffers worst floods in seven years, https://www.theguardian.com/global-development/2019/mar/06/chilling-reality-afghanistan-suffers-worst- floods-in-seven-years, Zugriff 16.5.2019 • Haider, Mohammad H./Kumar, Sumit (2018): Poverty in Afghanistan. Basingstoke: Palgrave Macmillan, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf • ILO - International Labour Organization (2.4.2018): Afghanistan, Employment and Environmental Sustainability Fact Sheets 2017, https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---dgreports/--- dcomm/documents/publication/wcms_625888.pdf, Zugriff 24.9.2019 • ILO - International Labour Organization (5.2012): Afghanistan: Time to move to Sustainable Jobs, Study on the State of Employment in Afghanistan, https://www.refworld.org/pdfid/5124c39f2.pdf, Zugriff 11.4.2019 • IOM - International Organization for Migration (2018): - 62 -

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Sozialbeihilfen, wohlfahrtsstaatliche Leistungen und Versicherungen

Afghanistan ist von einem Wohlfahrtsstaat weit entfernt und Afghanen rechnen in der Regel nicht mit Unterstützung durch öffentliche Behörden. Verschiedene Netzwerke ersetzen und kompensieren den schwachen staatlichen Apparat. Das gilt besonders für ländliche Gebiete, wo die Regierung in einigen Gebieten völlig abwesend ist. So sind zum Beispiel die Netzwerke - und nicht der Staat - von kritischer Bedeutung für die Sicherheit, den Schutz, die Unterstützung und Betreuung schutzbedürftiger Menschen (BFA 1.2018).

Der afghanische Staat gewährt seinen Bürgern kostenfreie Bildung und Gesundheitsleistungen, darüber hinaus sind keine Sozialleistungen vorgesehen (BAMF/IOM 2018; vgl. EC 18.5.2019). Ein Sozialversicherungs- oder Pensionssystem gibt es, von einigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Armee und Polizei), nicht (SEM 20.6.2017; vgl. BDA 18.12.2018). Es gibt kein öffentliches Krankenversicherungssystem. Ein eingeschränktes Angebot an privaten Krankenversicherungen existiert, jedoch sind die Gebühren für die Mehrheit der afghanischen Bevölkerung zu hoch (BDA 18.12.2018). - 63 -

Ein Pensionssystem ist nur im öffentlichen Sektor etabliert (BAMF/IOM 2018). Der/die zu pensionierende Staatsbedienstete erhält die Pension jährlich auf ein Bankkonto überwiesen. Die Pension eines Regierungsbeamten kann von seinen/ihren Familienmitgliedern geerbt werden (BFA 4.2018). Berichten zufolge arbeitet die afghanische Regierung an der Schaffung eines Pensionssystems im Privatsektor (IWPR 6.7.2018). Private Unternehmen können für ihre Angestellten Pensionskonten einführen, müssen das aber nicht. Manche Arbeitgeber zahlen ihren Angestellten Abfertigungen, welche die Angestellten sich nach einem gewissen Zeitraum ausbezahlen lassen können (BFA 4.2018). Die weitgehende Informalität der afghanischen Wirtschaft bedeutet, dass die Mehrheit der Arbeitskräfte nicht in den Genuss von Pensionen oder Sozialbeihilfen kommt (ILO 5.2012). Die International Labour Organization (ILO) berichtet, dass im Jahr 2010 rund 10% der afghanischen Bevölkerung im pensionsfähigen Alter eine Pension erhielten (ILO 2017).

Für Bedienstete des öffentlichen Sektors gibt es neben einer Alterspension finanzielle Unterstützung im Falle von Invalidität aufgrund einer Verletzung während des Dienstes, wie auch Witwenpensionen und Zulagen bei Armut oder im Fall von Arbeitslosigkeit (BDA 18.12.2018).

Das afghanische Arbeits- und Sozialministerium (MoLSAMD) bietet ad hoc Maßnahmen für einzelne Gruppen, wie zum Beispiel Familienangehörige von Märtyrern und Kriegsverwundete, oder Lebensmittelhilfe für von Dürre betroffene Personen, jedoch keine groß angelegten Programme zur Bekämpfung von Armut (BFA 13.6.2019).

Unterstützungsprogramm - das Citizens' Charter Afghanistan Project (CCAP)

Im Rahmen des zehn Jahre andauernden "Citizens' Charter National Priority Program" (TN 18.1.2018) wurde im Jahr 2016 das Citizens' Charter Afghanistan Project ins Leben gerufen. Es zielt darauf ab, die Armut in teilnehmenden Gemeinschaften zu reduzieren und den Lebensstandard zu verbessern, indem die Kerninfrastruktur und soziale Leistungen durch Community Development Councils (CDCs) gestärkt werden. Das CCAP soll Entwicklungsprojekte unterschiedlicher Ministerien umsetzen und zu einem größeren Nutzen für die betroffenen Gemeinschaften führen (WB 10.10.2016). Das CCAP ist das erste interministerielle und sektorübergreifende Prioritätenprogramm, in dem Ministerien im Rahmen eines strukturierten Ansatzes gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Folgende Ministerien sind hauptsächlich in dieses Projekt involviert: MRRD (Ministry of Rural Rehabilitation and Development), MoE (Ministry of Education), MoPH (Ministry of Public Health) und MAIL (Ministry of Agriculture, Irrigation & Livestock) (ARTF o.D.).

Ziel des Projektes war es von Anfang an, 3,4 Millionen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen, die Qualität von Dienstleistung in den Bereichen Gesundheit, Bildung, ländliche Straßen und Elektrizität zu verbessern sowie die Zufriedenheit der Bürger/innen mit der Regierung und das Vertrauen in selbige zu steigern. Außerdem sollten vulnerable Personen - Frauen, Binnenvertriebene, behinderte und arme Menschen - besser integriert werden (WB 10.10.2016). Alleine im Jahr 2016 konnten 9,3 Millionen Afghan/innen von den Projekten profitieren (TN 23.11.2017).

Quellen:

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Medizinische Versorgung

Seit 2002 hat sich die medizinische Versorgung in Afghanistan stark verbessert, dennoch bleibt sie im regionalen Vergleich zurück (AA 2.9.2019). Die Lebenserwartung ist in Afghanistan von 50 Jahren im Jahr 1990 auf 64 im Jahr 2018 gestiegen (WHO o.D.; vgl. WHO 4.2018). Im Jahr 2018 gab es 3.135 funktionierende Gesundheitseinrichtungen in ganz Afghanistan und 87% der Bevölkerung wohnten nicht weiter als zwei Stunden von einer Einrichtung entfernt (WHO 12.2018). Vor allem in den Bereichen Mütter- und Kindersterblichkeit kam es zu erheblichen Verbesserungen (AA 2.9.2019).

Der afghanischen Verfassung zufolge hat der Staat kostenlos medizinische Vorsorge, ärztliche Behandlung und medizinische Einrichtungen für alle Bürger/innen zur Verfügung zu stellen. Außerdem fördert der Staat die Errichtung und Ausweitung medizinischer Leistungen und Gesundheitszentren (BFA 4.2018; vgl. MPI 2004, AA 2.9.2019). Eine begrenzte Anzahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung an. Die Voraussetzung zur kostenfreien Behandlung ist der Nachweis der afghanischen Staatsbürgerschaft mittels Personalausweis bzw. Tazkira. Alle Staatsbürger/innen haben dort Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten (BFA 4.2018). Die Verfügbarkeit und Qualität der Grundbehandlung ist durch Mangel an gut ausgebildeten Ärzten, Ärztinnen und Assistenzpersonal (v.a. Hebammen), mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten, schlechtes Management sowie schlechte Infrastruktur begrenzt. Dazu kommt das starke Misstrauen der Bevölkerung in die staatlich finanzierte medizinische Versorgung. Die Qualität der Kliniken variiert stark. Es gibt praktisch keine Qualitätskontrollen (AA 2.9.2019). Die medizinische Versorgung in großen Städten und auf Provinzlevel ist sichergestellt, auf Ebene von Distrikten und in Dörfern sind Einrichtungen hingegen oft weniger gut ausgerüstet und es kann schwer sein, Spezialisten zu finden. Vielfach arbeiten dort KrankenpflegerInnen anstelle von ÄrztInnen, um grundlegende Versorgung sicherzustellen und in komplizierten Fällen an Provinzkrankenhäuser zu überweisen. Operationseingriffe können in der Regel nur auf Provinzlevel oder höher vorgenommen werden; auf Distriktebene sind nur erste Hilfe und kleinere Operationen möglich. Auch dies gilt allerdings nicht für das gesamte Land, da in Distrikten mit guter Sicherheitslage in der Regel mehr und bessere Leistungen angeboten werden können als in unsicheren Gegenden (IOM 2018; vgl. WHO 3.2019, BDA 18.12.2018). Zahlreiche Afghanen begeben sich für medizinische Behandlungen - auch bei kleineren Eingriffen - ins Ausland. Dies ist beispielsweise in Pakistan vergleichsweise einfach und zumindest für die Mittelklasse erschwinglich (BDA 18.12.2018).

Die wenigen staatlichen Krankenhäuser bieten kostenlose Behandlungen an, dennoch kommt es manchmal zu einem Mangel an Medikamenten. Deshalb werden Patienten an private Apotheken verwiesen, um diverse - 65 -

Medikamente selbst zu kaufen. Untersuchungen und Laborleistungen sind in den staatlichen Krankenhäusern generell kostenlos (IOM 2018). Gemäß Daten aus dem Jahr 2014 waren 73% der in Afghanistan getätigten Gesundheitsausgaben sogenannte "Out-of-pocket"-Zahlungen durch Patienten, nur 5% der Gesamtausgaben im Gesundheitsbereich wurden vom Staat geleistet (WHO 12.2018).

Berichten von UN OCHA zufolge haben rund 10 Millionen Menschen in Afghanistan keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Viele Afghanen suchen, wenn möglich, privat geführte Krankenhäuser und Kliniken auf. Die Kosten von Diagnose und Behandlung dort variieren stark und müssen von den Patienten selbst getragen werden. Daher ist die Qualität der Gesundheitsbehandlung stark einkommensabhängig (AA 2.9.2019). Berichten zufolge können Patient/innen in manchen öffentlichen Krankenhäusern aufgefordert werden, für Medikamente, ärztliche Leistungen, Laboruntersuchungen und stationäre Behandlungen zu bezahlen. Medikamente sind auf jedem afghanischen Markt erwerbbar, die Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes. Die Kosten für Medikamente in staatlichen Krankenhäusern weichen vom lokalen Marktpreis ab.

Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie KABUL, Jalalabad, MAZAR-E-SHARIF, HERAT und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren (BFA 4.2018).

90% der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden. Über dieses Vertragssystem wird sowohl primäre, als auch sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Allerdings mangelt es an Investitionen in medizinische Infrastruktur. Der Bauzustand vieler Kliniken ist schlecht. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen (AA 2.9.2019).

Beispielsweise um die Gesundheitsversorgung der afghanischen Bevölkerung in den nördlichen Provinzen nachhaltig zu verbessern, zielen Vorhaben im Rahmen des zivilen Wiederaufbaus auch auf den Ausbau eines adäquaten Gesundheitssystems ab - mit moderner Krankenhausinfrastruktur, Krankenhausmanagementsystemen sowie qualifiziertem Personal. Seit dem Jahr 2009 wurden insgesamt 65 Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen gebaut oder renoviert. Neben verbesserten diagnostischen Methoden kommen auch innovative Technologien wie z.B. Telemedizin zum Einsatz (BFA 4.2018).

Auch die Sicherheitslage hat erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Versorgung (AA 2.9.2019; vgl. WHO 4.2018).

Medizinische Versorgung in der Städten KABUL, HERAT und MAZAR-E-SHARIF

KABUL:

Das Rahman Mina Hospital im KABULer Bezirk Kart-e-Naw (Police District (PD) 8), wurde renoviert. Das Krankenhaus versorgt rund 130.000 Personen in seiner Umgebung und verfügt über 30 Betten. Pro Tag wird es von rund 900 Patienten besucht. Das Rahman Mina-Krankenhaus ist eines von 47 Einrichtungen in KABUL-Stadt, die am KABUL Urban Health Projekt (KUHP) teilnehmen. Im Rahmen des Projektes soll die Gesundheitsversorgung der KABULer Bevölkerung verbessert werden (WB 30.9.2018).

Der größte Teil der Notfallmedizin in KABUL wird von der italienischen NGO Emergency angeboten. Emergency führt spezialisierte Notfallbehandlungen durch, welche die staatlichen allgemeinmedizinischen Einrichtungen nicht anbieten können und behandelt sowohl die lokale Bevölkerung, als auch Patienten, welche von außerhalb KABULs kommen (WHO 4.2018).

HERAT:

Das Jebrael-Gesundheitszentrum im Nordwesten der Stadt HERAT bietet für rund 60.000 Menschen im dicht besiedelten Gebiet mit durchschnittlich 300 Besuchern pro Tag grundlegende Gesundheitsdienste an, von denen die meisten die Impf- und allgemeinen ambulanten Einheiten aufsuchen (WB 1.11.2016). Laut dem Provinzdirektor für Gesundheit in HERAT verfügte die Stadt im April 2017 über 65 private Gesundheitskliniken. Die Anwohner von HERAT beklagen jedoch, dass "viele private Gesundheitszentren die Gesundheitsversorgung in ein Unternehmen umgewandelt haben." Auch wird die geringe Qualität der Medikamente, fehlende Behandlungsmöglichkeiten und die Fähigkeit der Ärzte, Krankheiten richtig zu diagnostizieren, kritisiert. Infolgedessen entscheidet sich eine Reihe von HERATis für eine Behandlung im Ausland (TN 7.4.2017). - 66 -

MAZAR-E-SHARIF:

In der Stadt MAZAR-E-SHARIF gibt es zwischen 10 und 15 Krankenhäuser; dazu zählen sowohl private als auch öffentliche Anstalten. In MAZAR-E-SHARIF existieren mehr private als öffentliche Krankenhäuser. Private Krankenhäuser sind sehr teuer; jede Nacht ist kostenpflichtig. Zusätzlich existieren etwa 30-50 medizinische Gesundheitskliniken; 20% dieser Gesundheitskliniken finanzieren sich selbst, während 80% öffentlich finanziert sind (BFA 4.2018).

Das Regionalkrankenhaus Balkh ist die tragende Säule medizinischer Dienstleistungen in Nordafghanistan; selbst aus angrenzenden Provinzen werden Patient/innen in dieses Krankenhaus überwiesen. Für das durch einen Brand zerstörte Hauptgebäude des Regionalkrankenhauses Balkh im Zentrum von MAZAR-E-SHARIF wurde ein neuer Gebäudekomplex mit 360 Betten, 21 Intensivpflegeplätzen, sieben Operationssälen und Einrichtungen für Notaufnahme, Röntgen- und Labordiagnostik sowie telemedizinischer Ausrüstung errichtet. Zusätzlich kommt dem Krankenhaus als akademisches Lehrkrankenhaus mit einer angeschlossenen Krankenpflege- und Hebammenschule eine Schlüsselrolle bei der Ausbildung des medizinischen und pflegerischen Nachwuchses zu. Die Universität Freiburg (Deutschland) und die Mashhad Universität (Iran) sind Ausbildungspartner dieses Krankenhauses (BFA 4.2018). Balkh gehörte bei einer Erhebung von 2016/2017 zu den Provinzen mit dem höchsten Anteil an Frauen, welche einen Zugang zu Gesundheitseinrichtungen haben (CSO 2018).

Es folgt eine Liste einiger staatlicher Krankenhäuser:

• Ali Abad Krankenhaus: Kart-e Sakhi, Jamal Mina, KABUL University

Road, KABUL, Tel.: +93 (0)20 2510 355 (KUMS o.D.; vgl. MoPH 11.2012)

• Antani Krankenhaus für Infektionskrankheiten: Salan Watt, District 2, KABUL, Tel.: +93 (0)20 2201 372 (LN o.D.; vgl. MoPH 11.2012)

• Ataturk Kinderkrankenhaus: Behild Aliabaad (in der Nähe von der KABUL University), District 3, KABUL, Tel.: +93 (0)75 2001893 / +93 (0)20 250 0312 (LN o.D.; vgl. HPIC o.D.a, MoPH 11.2012)

• Indira Ghandi Children Hospital: Wazir Khan, KABUL. Tel.:

020-230-2281 (IOM 2018; AT 17.9.2015)

• Istiqlal/Esteqlal Krankenhaus: District 6, KABUL, Tel.: +93 (0)20 2500674 (LN o.D.; vgl. AB 20.1.2016, MoPH 11.2012)

• Ibne Sina Notfallkrankenhaus: Pull Artal, District 1, KABUL, Tel.:

+93 (0)202100359 (LN o.D.; vgl. HPIC o.D.b, MoPH 11.2012)

• Jamhoriat Krankenhaus: Ministry of Interior Road, Sidarat Square, District 2, KABUL Tel: +93 (0)20 220 1373/ 1375 (LN o.D.; HPIC o.D.c, MoPH 11.2012)

• Karte Sae Mental Hospital: Karte sae Serahi Allaudding, PD-6, Tel.: +93 799 3 190 858 (IOM 2018; IOM 2019)

• Malalai Maternity Hospital: Malalai Watt, Shahre Naw, KABUL, Tel.:

+93(0)20 2201 377 (LN o.D.; vgl. HPIC o.D.d, MoPH 11.2012)

• Noor Eye Krankenhaus: Cinema Pamir, KABUL, Tel.: +93 (0)20 2100 446 (LN o.D.; vgl. IAM o.D., MoPH 11.2012)

• Rabia-i-Balki Maternity Hospital: Frosh Gah, District 2, KABUL, Tel.: +93(0)20 2100439 (LN o.D.; vgl. MoPH 11.2012)

• Wazir Akbar Khan Krankenhaus: Wazir Akbar Khan, KABUL, Tel.: +93 (0)78 820 0419 (MoPH 11.2012; vgl. TN 1.6.2017)

• HERAT Regionalkrankenhaus: Khaja Ali Movafaq Rd, HERAT (MoPH 2013; vgl. PAJ 3.8.2017)

• Mirwais Nika Krankenhaus in Kandahar, Tel.: +93 (0)79 146 4237 (ICRC 28.1.2018; vgl. ICRC 3.2.2017) - 67 -

Es gibt zahlreiche private Kliniken, die auf verschiedene medizinische Fachbereiche spezialisiert sind. Es folgt eine Liste einiger privater Gesundheitseinrichtungen:

• Amiri Krankenhaus: Red Crescent, 5 th Phase, Qragha Road, KABUL,

Tel.: +93 (0)20 256 3555 (IOM 5.2.2018)

• Sayed Jamaluding Psychiatric Hospital, Khoshal Mina section 1,

Tel.: 93 799 128,737 (IOM 2018; vgl. IOM 2019)

• Shfakhanh Maljoy Frdos/Ferdows: Chahr Qala-e-Chahardihi Road,

KABUL, Tel.: +93 (0)70 017 3124 (Cybo o.D.)

• Khair Khwa Medical Complex: Qala Najar Ha, KABUL, Tel.: +93 (0)72 988 0850 (KMC o.D.)

• DK - German Medical Diagnostic Center: Ansari Square, 3d Street, Shahr-e Nau, KABUL, Tel.: +93 (0)70 606 0141 (MK o.D.)

• French Medical Institute for Mothers and Children: Hinter der KABUL University, Aliabad, KABUL, Tel.: +93 (0)20 2500 200 (FMIC o. D.)

• Luqmah Hakim: Bagh-e Azadi Ave, HERAT, Tel.: +93 (0)79 232 5907 (IOM 5.2.2017; vgl. LHH o.D.)

• Alemi Krankenhaus: MAZAR-E-SHARIF (BFA Staatendokumentation 4.2018)

Anmerkung: Zur medizinischen Versorgung bei psychischen Erkrankungen s. auch Kapitel 22.1 Psychische Erkrankungen.

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_ 02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019 • AAN - Afghanistan Analysts Network (2.12.2014): Between Rhetoric and Reality: Access to health care and its limitations, https://www.afghanistan-analysts.org/access-to-health-care-and-its-limitations/, Zugriff 26.9.2019 • AB - Afghan-Bios (20.1.2016): Istiqlal Hospital in KABUL, http://www.afghan- bios.info/index.php?option=com_afghanbios&id=3460&task=view&total=3673&start=1452&Itemid=2, Zugriff 1.6.2018 • AT - Afghanistan Times (17.9.2015): India equips emergency, diagnostic wards of Indira Gandhi Children's Hospital, http://www.afghanistantimes.af/india-equips-emergency-diagnostic-wards-of-indira-gandhi- childrens-hospital/, Zugriff 26.9.2018 • BDA - Belgian Desk on Accessibility (18.12.2018): Country Fact Sheet, Access to Healthcare: Afghanistan, https://www.medcoi.eu/Source/DownloadAttachment/14495?RepositoryId=19487, Zugriff 17.5.2019 • BFA Staatendokumentation (13.6.2019): Afghanistan - Informationen zu sozioökonomischen Faktoren in der Provinz HERAT auf Basis von Interviews im Zeitraum November 2018 bis Jänner 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010507/AFGH_ANALYSE_HERAT_2019_06_13.pdf, Zugriff 2.7.2019 • BFA Staatendokumentation (4.2018): Fact Finding Mission Report Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1430912/5818_1524829439_03-onlineversion.pdf, Zugriff 16.5.2019 • CSO - Central Statistics Organization (2018): Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17, http://cso.gov.af/Content/files/ALCS/ALCS%202016-17%20Analysis%20report%20- %20Full%20report23%20_09%202018-ilovepdf-compressed.pdf, Zugriff 13.5.2019 • Cybo (o.D.): https://www.cybo.com/AF-biz/ferdaws-hospital, Zugriff 1.6.2018 • EASO - European Asylum Support Office (4.2019): Afghanistan, Key socio-economic indicators, Focus on KABUL City, MAZAR-E-SHARIF and HERAT City, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005343/EASO_COI_Afghanistan_KSEI_April_2019.pdf, Zugriff 2.4.2019 • FMIC - French Medical Institute for Mothers and Children (o.D.): - 68 -

How to Reach Us, https://www.fmic.org.af/Pages/Home.aspx, Zugriff 1.6.2018 • HPIC - Health Partners International of Canada (o.D.a): Ataturk Children's Hospital, http://www.hpicanada.ca/hospitals/ataturk-childrens-hospital/, Zugriff 1.6.2018 • HPIC - Health Partners International of Canada (o.D.b): Ibn Sina Emergency Hospital and Ibn Sina Cardiac Hospital, http://www.hpicanada.ca/hospitals/ibn-sina-emergency-and-cardia-hospital/, Zugriff 1.6.2018 • HPIC - Health Partners International of Canada (o.D.c): Jamhuriat Hospital, http://www.hpicanada.ca/hospitals/jamhuriat/, Zugriff 1.6.2018 • HPIC - Health Partners International of Canada (o.D.d): Malalai Maternity Hospital, http://www.hpicanada.ca/hospitals/malalai-maternity/, Zugriff 1.6.2018 • IAM - International Assistance Mission (o.D.): Eye Care, https://iam-afghanistan.org/c/eye-care/, Zugriff 1.6.2018 • ICRC - International Committee of the Red Cross (28.1.2018): Afghanistan: Facts and figures - January to December 2017, https://www.icrc.org/en/download/file/65159/facts_and_figures_2017_jan-dec_eng.pdf, Zugriff 1.6.2018 • ICRC - International Committee of the Red Cross (3.2.2017): Afghanistan: New children's ward at Mirwais Hospital already overcapacity, https://www.icrc.org/en/document/mirwais-hospital-afghanistan-health-children-news, Zugriff 4.6.2018 • IOM - International Organization for Migration (2019): ZIRF-Counselling, https://files.returningfromgermany.de/files/2019-1%20Afghanistan%20Psyche%20Epilepsie.pdf, Zugriff 26.9.2019 • IOM - International Organization for Migration (5.2.2018): BMI-BA123001/1127-BFA-B/III/2017, Anfragebeantwortung liegt bei der Staatendokumentation auf • IOM - International Organization for Migration (2018): Länderinformationsblatt Afghanistan, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698612/18363835/Afghanistan_ %2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20100935&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019 • KMC - Khair Khwa Medical Complex (o.D.): Home, http://kmc.af/index.php, Zugriff 1.6.2018 • KUMS - KABUL University of Medical Sciences (o.D.): Contact Us Hospital, https://kums.edu.af/en/contact-us- hospital-0, Zugriff 1.6.2018 • LHH - Loqman Hakim Hospital (o.D.): Homepage http://www.loqmanhakimhospital.com/language/en/, Zugriff 4.6.2018 • LN - Londonnews (o.D.): Hospitals in KABUL Afghanistan, http://www.londonnews247.com/hospitals-in- KABUL-afghanistan/, Zugriff 1.6.2018 • MedCOI (12.4.2019): BMA-12294, Anfragebeantwortung liegt in der Staatendokumentation auf • MK - Medical KABUL (o.D.): DK - German Medical Diagnostic Center, http://medical-KABUL.com/, Zugriff 1.6.2018 • MoPH - Islamic Republic of Afghanistan Ministry of Publich Health (2013): Cost Analysis of Afghanistan's Essential Package of Hospital Services (EPHS), http://moph.gov.af/Content/Media/Documents/CostAnalysisofEPHSReportMay2013- English1720139531949553325325.pdf, Zugriff 4.6.2018 • MoPH - Islamic Republic of Afghanistan Ministry of Public Health (11.2012): Cost Analysis of KABUL's National Hospitals, http://moph.gov.af/Content/Media/Documents/CostAnalysisofKABUL%E2%80%99sNationalHospitals_FINAL_D ecember0820122342013101930531553325325.pdf, Zugriff 1.6.2018 • PAJ - Pajhwok (3.8.2017): HERAT Regional Hospital gets emergency support, https://www.pajhwok.com/en/2017/08/03/HERAT-regional-hospital-gets-emergency-support, Zugriff 4.6.2018 • TN - Tolonews (1.6.2017): 51 Surgeries Performed In Wazir Khan Akbar Khan Hospital In One Day, https://www.tolonews.com/afghanistan/51-surgeries-performed-wazir-akbar-khan-hospital-one-day, Zugriff 4.6.2018 • UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (5.2018): Returnee and Internally Displaced Persons Monitoring Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1435672/1930_1529398206_64059.pdf, Zugriff 5.4.2019 • UNOCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.2018): 2019 Humanitarian Needs Overview - Afghanistan, - 69 -

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_2019_humanitarian_needs_overview.pdf, Zugriff 28.5.2019 • WB - World Bank (30.9.2018): KABUL's Renovated Hospital Improves Quality of Healthcare for Thousands, http://www.worldbank.org/en/news/feature/2018/09/30/hospital-renovation-improves-quality-of-health- services-for-thousands-in-KABUL-city, Zugriff 20.5.2019 • WHO - World Health Organization (3.2019): Situation Report March 2019, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/COPub_AFG_Situation_rep_Mar_2019_EN.pdf, Zugriff 16.5.2019 • WHO - World Health Organization (12.2018): WHO Afghanistan Country Office 2019, http://www.emro.who.int/images/stories/afghanistan/WHO_at_a_Glance_2019_Feb.pdf?ua=1, Zugriff 17.5.2019 • WHO - World Health Organization (4.2018): From Trauma to Recovery: Addressing Emergency Care in Afghanistan, https://www.who.int/features/2018/emergency-care- afghanistan/en/, Zugriff 17.5.2019 • WHO - World Health Organization (o.D.): Country Profile Afghanistan, https://databank.worldbank.org/views/reports/reportwidget.aspx?Report_Name=CountryProfile&Id=b450fd5 7&tbar=y&dd=y&inf=n&zm=n&country=AFG, Zugriff 17.7.2019

Rückkehr

Die Zahlen der Rückkehrer aus Iran sind auf hohem Stand, während ein deutliches Nachlassen an Rückkehrern aus Pakistan zu verzeichnen ist (2017: 154.000; 2018: 46.000), was im Wesentlichen mit den afghanischen Flüchtlingen jeweils gewährten Rechten und dem gewährten Status in Iran bzw. Pakistan zu begründen ist (AA 2.9.2019). Insgesamt sind in den Jahren 2012-2018 ca. 3,2 Millionen Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Seit dem Jahr 2016 hat sich die Zahl der Rückkehrer jedes Jahr deutlich verringert, jedoch hat sich die Zahl der Rückkehrer aus Europa leicht erhöht 15% aller Rückkehrer siedeln in die Provinz Nangarhar (IOM 15.3.2019).

Je nach Organisation variieren die Angaben zur Zahl der Rückkehrer:

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 sind insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Davon waren 32.260 zwangsweise und 31.189 freiwillige Rückkehrer; 25.561 Personen kehrten aus dem Iran und aus Pakistan zurück; 1.265 aus Europa. 672 Personen erhielten Unterstützung von Hilfsorganisationen (MoRR o. D:): Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück (AA 2.9.2019) bzw. 180.000 Personen aus dem Iran und 125.000 Personen aus Pakistan (IOM 15.3.2019). Im Jahr 2017 stammten 464.000 Rückkehrer aus dem Iran 464.000 und 154.000 aus Pakistan (AA 2.9.2019).

Rückkehrer haben zu Beginn meist positive Reintegrationserfahrungen, insbesondere durch die Wiedervereinigung mit der Familie. Jedoch ist der Reintegrationsprozess der Rückkehrer oft durch einen schlechten psychosozialen Zustand charakterisiert. Viele Rückkehrer sind weniger selbsterhaltungsfähig als die meisten anderen Afghanen. Rückkehrerinnen sind von diesen Problemen im Besonderen betroffen (MMC 1.2019).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen (BFA 4.2018). Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Wegen der hohen Fluktuation im Land und der notwendigen Zeit der Hilfsorganisationen, sich darauf einzustellen, ist Hilfe nicht immer sofort dort verfügbar, wo Rückkehrer sich niederlassen. UNHCR beklagt zudem, dass sich viele Rückkehrer in Gebieten befinden, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind (AA 2.9.2019).

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert (BFA 13.6.2019). Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z.B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf - 70 -

Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken (Kolleg/innen, Mitstudierende etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind manche Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (BFA 4.2018).

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Zudem können fehlende Vertrautheit mit kulturellen Besonderheiten und sozialen Normen die Integration und Existenzgründung erschweren. Das Bestehen sozialer und familiärer Netzwerke am Ankunftsort nimmt auch hierbei eine zentrale Rolle ein. Über diese können die genannten Integrationshemmnisse abgefedert werden, indem die erforderlichen Fähigkeiten etwa im Umgang mit lokalen Behörden sowie sozial erwünschtes Verhalten vermittelt werden und für die Vertrauenswürdigkeit der Rückkehrer gebürgt wird (AA 2.9.2019). UNHCR verzeichnete jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt (BFA 13.6.2019).

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Dem deutschen Auswärtigen Amt sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden (AA 2.9.2019). UNHCR berichtet von Fällen zwangsrückgeführter Personen aus Europa, die von religiösen Extremisten bezichtigt werden, verwestlicht zu sein; viele werden der Spionage verdächtigt. Auch glaubt man, Rückkehrer aus Europa wären reich und sie würden die Gastgebergemeinschaft ausnutzen. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann (BFA 13.6.2019).

Haben die Rückkehrer lange Zeit im Ausland gelebt oder haben sie zusammen mit der gesamten Familie Afghanistan verlassen, ist es wahrscheinlich, dass lokale Netzwerke nicht mehr existieren oder der Zugang zu diesen erheblich eingeschränkt ist. Dies kann die Reintegration stark erschweren. Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab (AA 2.9.2019). Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung, vulnerable Personen einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran zu unterstützen, bleibt begrenzt und ist weiterhin von der Hilfe der internationalen Gemeinschaft abhängig (USDOS 13.3.2019). Moscheen unterstützen in der Regel nur besonders vulnerable Personen und für eine begrenzte Zeit. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch. Deshalb versuchen sie in der Regel, so bald wie möglich wieder in den Iran zurückzukehren (BFA 13.6.2019).

Viele Rückkehrer, die wieder in Afghanistan sind, werden de-facto IDPs, weil die Konfliktsituation sowie das Fehlen an gemeinschaftlichen Netzwerken sie daran hindert, in ihre Heimatorte zurückzukehren (UNOCHA 12.2018). Trotz offenem Werben für Rückkehr sind essentielle Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit in den grenznahen Provinzen nicht auf einen Massenzuzug vorbereitet (AAN 31.1.2018). Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen (UNOCHA 12.2018).

Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA 4.2018). Rückkehrer/innen erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, - 71 -

den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer (BFA 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück (AAN 19.5.2017).

In Kooperation mit Partnerninstitutionen des European Return and Reintegration Network (ERRIN) wird im Rahmen des ERRIN Specific Action Program sozioökonomische Reintegrationsunterstützung in Form von Beratung und Vermittlung für freiwillige und erzwungene Rückkehrer angeboten (IRARA 9.5.2019).

Unterstützung von Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung

Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs sehen bei der Reintegration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen eine Grundstücksvergabe vor, jedoch gilt dieses System als anfällig für Korruption und Missmanagement. Es ist nicht bekannt, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben und zu welchen Bedingungen (BFA 4.2018).

Die Regierung Afghanistans bemüht sich gemeinsam mit internationalen Unterstützern, Land an Rückkehrer zu vergeben. Gemäß dem 2005 verabschiedeten Land Allocation Scheme (LAS) sollten Rückkehrer und IDPs Baugrundstücke erhalten. Die bedürftigsten Fälle sollten prioritär behandelt werden (Kandiwal 9.2018; vgl. UNHCR 6.2008). Jedoch fanden mehrere Studien Probleme bezüglich Korruption und fehlender Transparenz im Vergabeprozess (Kandiwal 9.2018; vgl. UNAMA 3.2015, AAN 29.3.2016, WB/UNHCR 20.9.2017). Um den Prozess der Landzuweisung zu beginnen, müssen die Rückkehrer einen Antrag in ihrer Heimatprovinz stellen. Wenn dort kein staatliches Land zur Vergabe zur Verfügung steht, muss der Antrag in einer Nachbarprovinz gestellt werden. Danach muss bewiesen werden, dass der Antragsteller bzw. die nächste Familie tatsächlich kein Land besitzt. Dies geschieht aufgrund persönlicher Einschätzung eines Verbindungsmannes, und nicht aufgrund von Dokumenten. Hier ist Korruption ein Problem. Je einflussreicher ein Antragsteller ist, desto schneller bekommt er Land zugewiesen (Kandiwal 9.2018). Des Weiteren wurde ein fehlender Zugang zu Infrastruktur und Dienstleistungen, wie auch eine weite Entfernung der Parzellen von Erwerbsmöglichkeiten kritisiert. IDPs und Rückkehrer ohne Dokumente sind von der Vergabe von Land ausgeschlossen (IDMC/NRC 2.2014).

Bereits 2017 hat die afghanische Regierung mit der Umsetzung des Aktionsplans für Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge begonnen. Ein neues, transparenteres Verfahren zur Landvergabe an Rückkehrer läuft als Pilotvorhaben mit neuer rechtlicher Grundlage an, kann aber noch nicht flächendeckend umgesetzt werden. Eine Hürde ist die Identifizierung von geeigneten, im Staatsbesitz befindlichen Ländereien. Generell führt die unklare Landverteilung häufig zu Streitigkeiten. Gründe hierfür sind die jahrzehntelangen kriegerischen Auseinandersetzungen, mangelhafte Verwaltung und Dokumentation von An- und Verkäufen, das große Bevölkerungswachstum sowie das Fehlen eines funktionierenden Katasterwesens. So liegen dem afghanischen Innenministerium Berichte über widerrechtliche Aneignung von Land aus 30 Provinzen vor (AA 2.7.2019).

Anmerkung: Ausführlichere Informationen können dem FFM-Bericht Afghanistan 4.2018 entnommen werden.

Unterstützung durch IOM

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) bietet im Bereich Rückkehr verschiedene Programme zur Unterstützung und Reintegration von Rückkehrern nach Afghanistan an (BFA 13.6.2019; vgl. BFA 4.2018). Hinsichtlich des Ausmaßes und der Art von Unterstützung wird zwischen freiwillig und unfreiwillig zurückgeführten Personen unterschieden (BFA 13.6.2019).

So ist beispielsweise die Provinz HERAT hauptsächlich von der Rückkehr von Afghanen aus dem Iran betroffen. Landesweit ist die Zahl der Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan höher, als die der Rückkehrer aus Europa. Das von IOM durchgeführte Assisted Voluntary Return and Reintegration (AVRR) Programme besteht aus einer Kombination von administrativen, logistischen und finanziellen Unterstützungsmaßnahmen für Personen, welche beschließen, freiwillig aus Europa, Australien und der Türkei in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren (BFA 13.6.2019). Im Zuge des AVRR-Programmes wurden im Jahr 2018 von IOM 2.182 Rückkehrer unterstützt. Etwa die Hälfte von ihnen erhielt Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens (IOM 30.1.2019).

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet - 72 -

sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung, usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an (BFA 13.6.2019). 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz (IOM 30.1.2019). Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach HERAT findet in der Regel auf dem Luftweg statt (BFA 13.62019).

IOM gewährte bisher zwangsweise rückgeführten Personen für 14 Tage Unterkunft in KABUL. Seit April 2019 erhalten Rückkehrer nur noch eine Barzahlung in Höhe von ca. 150 Euro (BAMF 20.5.2019; vgl. IOM 23.9.2019) sowie Informationen, etwa über Hotels (BAMF 20.5.2019). Die zur Verfügung gestellten 150 Euro sollen zur Deckung der ersten unmittelbaren Bedürfnisse dienen und können, je nach Bedarf für Weiterreise, Unterkunft oder sonstiges verwendet werden (IOM 23.9.2019). Nach Auskunft des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) hat lediglich eine geringe Anzahl von Rückgeführten die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM genutzt (BAMF 20.5.2019).

Freiwillige Rückkehrerinnen und Rückkehrer, die am Reintegrationsprojekt RESTART II teilnehmen, haben nach wie vor die Möglichkeit, neben der Unterstützung in Bargeld von 500 Euro, die zur Deckung der ersten unmittelbaren Bedürfnisse vorgesehen sind, eine Unterstützung für die Weiterreise und für temporäre Unterkunft bis zu max. 14 Tagen (in KABUL: Spinzar Hotel) zu erhalten. Unterstützungsleistungen aus dem Projekt RESTART II, welches durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der Europäischen Union und das Österreichische Bundesministerium für Inneres kofinanziert wird, können im gesamten Land bezogen werden und sind daher in Städten wie MAZAR-E-SHARIF und/oder HERAT dieselben wie in KABUL. Wichtig ist, dass die Teilnahme am Reintegrationsprojekt RESTART II durch das BFA und IOM für die Rückkehrerinnen und Rückkehrer bewilligt wurde (IOM 23.9.2019).

In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM-Landesbüro durchgeführt und vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU (AMIF) kofinanziert. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und in den Iran nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. Das Projekt läuft mit 31.12.2019 aus und sieht eine Teilnahme von 490 Personen vor (IOM o.D.).

Wohnungen

In KABUL und im Umland sowie in anderen Städten steht eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in KABUL-City sind jedoch höher als in den Vororten oder in den anderen Provinzen. Private Immobilienhändler in den Städten bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser und Wohnungen an. Die Miete für eine Wohnung liegt zwischen 300 USD und 500 USD. Die Lebenshaltungskosten pro Monat belaufen sich auf bis zu 400 USD (Stand 2018), für jemanden mit gehobenem Lebensstandard. Diese Preise gelten für den zentral gelegenen Teil der Stadt KABUL, wo Einrichtungen und Dienstleistungen wie Sicherheit, Wasserversorgung, Schulen, Kliniken und Elektrizität verfügbar sind. In ländlichen Gebieten können sowohl die Mietkosten, als auch die Lebenshaltungskosten um mehr als 50% sinken. Betriebs- und Nebenkosten wie Wasser und Strom kosten in der Regel nicht mehr als 40 USD pro Monat. Abhängig vom Verbrauch können die Kosten allerdings höher sein (IOM 2018).

Wohnungszuschüsse für sozial Benachteiligte oder Mittellose existieren in Afghanistan nicht (IOM 2018).

Anmerkung: Weitere Informationen zur Unterstützung von Rückkehrern durch IOM können der Analyse HERAT 2019 und dem FFM Bericht Afghanistan 2018 entnommen werden.

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_ 02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019 • AA - Auswärtiges Amt (11.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht- - 73 -

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• MEMO - Middle East Monitor (10.6.2019): Iran deports 100,000 Afghan refugees due to sanctions, https://www.middleeastmonitor.com/20190610-iran-deports-100000-afghan-refugees-due-to-sanctions/, Zugriff 12.7.2019 • MMC - Mixed Migration Centre (1.2019): Distant Dreams - Understanding the aspirations of Afghan returnees, http://www.mixedmigration.org/wp-content/uploads/2019/02/061_Distant_Dreams.pdf, Zugriff 24.5.2019 • MoRR - Ministry of Refugees and Repatriations of the Islamic Republic of Afghanistan (o.D.): Statistics, http://www.morr.gov.af/index.php/en/statistics-0, Zugriff 29.5.2019 • ÖB - Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion] • REU - Reuters (5.12.2018): More than 700,000 Afghans leave Iran as economy slows, https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-iran-migrants/more-than-700000-afghans-leave-iran-as- economy-slows-idUSKBN1O4145, Zugriff 12.7.2019 • UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (3.2015): The Stolen Lands of Afghanistan and its People, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_land_report_2_state_land_distribution_system_final _19march15_0.pdf, Zugriff 27.9.201 • UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (10.2018): UNHCR's Support Toward the Implementation of the Solutions Strategy for Afghan Refugees - Enhancing Resilience and Co-Existence through Greater Responsibility-Sharing, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/66534, Zugriff 24.5.2019 • UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (6.2008): Land Allocation Scheme, https://www.unhcr.org/subsites/afghancrisis/48722db42/land-allocation-scheme.html, Zugriff 27.9.2019 • UNOCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.2018): 2019 Humanitarian Needs Overview - Afghanistan, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_2019_humanitarian_needs_overview.pdf, Zugriff 28.5.2019 • USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2004129.html, Zugriff 28.5.2019 • WB - World Bank/UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (20.9.2017): Afghanistan's Forced Displacement, Legal & Policy Framework Assessment, http://documents.worldbank.org/curated/en/117261515563099980/pdf/122556-WP- AfghanistanForcedDisplacementLegalandPolicyFrameworKAssessmentF-PUBLIC.pdf, Zugriff 27.9.2019

2.3. Zur potentiellen Gefährdungslage im Rückkehrfall (auf Basis der oben zitierten Länderberichte):

In der Provinz XXXX herrscht eine allgemeine prekäre Sicherheitslage. Nach den Länderberichten erscheint es nahezu wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Opfer eines Gewaltaktes werden wird.

Der Beschwerdeführer kann sich jedoch im Rückkehrfall voraussichtlich in einer der relativ sicheren Städte HERAT oder MAZAR-E-SHARIF niederlassen und mittelfristig dort eine Existenz aufbauen.

Er kann diese Städte auch - in einer relativ sicheren Weise - erreichen, sei es auf dem Luftweg oder z.B. über Busverbindungen. - 75 -

Es besteht für ihn hier keine reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr einer Tötung (einschließlich der Verhängung und/oder Vollstreckung der Todesstrafe) durch den Staat oder tödlicher Übergriffe durch Dritte.

Eine mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr, der Folter ausgesetzt zu sein oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu sein, besteht nicht, insbesondere nicht im Hinblick auf eine drohende Kettenabschiebung, im Hinblick auf eine drohende Todesstrafe, im Hinblick auf den Gesundheitszustand in Verbindung mit einer Unzulänglichkeit der medizinischen Bedingungen im Herkunftsstaat, im Hinblick auf die allgemeinen humanitären Bedingungen im Herkunftsstaat in Verbindung mit der persönlichen Lage des Beschwerdeführers (etwa im Sinne einer existenzgefährdenden Notlage oder des Entzugs der notdürftigsten Lebensgrundlage) oder im Hinblick auf psychische Faktoren, auf Haftbedingungen oder aus anderen Gründen.

Eine solche mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene Gefahr besteht auch nicht im Hinblick auf eine etwaige ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Zwischenzeitlich wurde auch vom VwGH judiziert, dass jungen, gesunden, arbeitsfähigen Männern von Afghanistan eine innerstaatliche Fluchtalternative in HERAT und MAZAR-E- SHARIF, auch ohne familiärem Netzwerk zur Verfügung steht, wenn der Beschwerdeführer in Afghanistan aufgewachsen ist (VwGH vom 12.12.2019; Ra 2019/01/0243-6).

3. Beweiswürdigung:

3.1. Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die niederschriftlichen Einvernahmen des BF und verschiedene oben unter Punkt 2. angeführten Informationssysteme, durch die am 28.05. sowie am 21.07.2020 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die aktuelle neue Version der Länderberichte im Hinblick auf die für das gegenständliche Verfahren relevanten Situation in Afghanistan wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebracht und gelangte so den Parteien zur Kenntnis. Diese Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit - 76 -

der von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Auch ist der Antragsteller dem Inhalt dieser Länderberichte nicht substantiiert entgegengetreten.

3.2. Der Beschwerdeführer gab glaubhaft vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an, dass er afghanischer Staatsbürger sowie der Volksgruppe der Hazara angehörig ist und aus der Provinz XXXX stammt. Auch an den weiteren Festellungen zur Person des Beschwerdeführers wie Religionszugehörigkeit, Muttersprache, Familienstand, Schulbildung und seine Berufserfahrung gründen sich ebenfalls auf die gleichbleibenden und glaubhaften Angaben im Verfahren.

Die Feststellung, wonach der BF gesund und arbeitsfähig ist, in Afghanistan zurzeit über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügt, resultiert aus seinen eigenen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Die Tatsache, dass bzw. aus welchen Gründen dem Genannten der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.08.2015, Zl. XXXX . Der Bescheid über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist somit für die Parteien bindend.

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf die im verwaltungsbehördlichen vorgelegten Unterlagen.

Aus den, dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Unterlagen ist zu entnehmen, dass der BF wiederholt straffällig geworden ist und erst seit äußerst kurzer Zeit erwerbstätig ist. Die Art und Weise, wie der BF seine Straftaten begengen hat, zeugt zudem von einem äußerst hohen Gewaltpotential und einer bemerkenswert intensiven Abneigung, mit Angehörigen der Exekutive auf normale Art zu kommunizieren (z.B. nach Verkehrskontrolle wegen Parkens im Halteverbot „ausgenommen Fahrzeuge der Bundespolizeidirektion“, mit einem Rad am Gehsteig, in alkoholisiertem Zustand und ohne Lenkerberechtigung: keine Kooperationsbereitsschaft, Versuch, mit dem Auto davonzufahren, derart aggressives Verhalten, dass ihm Handfesseln angelegt werden mussten, der Versuch, die Polizeibeamten zu treten, wüsteste Beschimpfungen der Exekutivbeamten „Du Arschloch, du fettes Arschloch … dieser fettere Polizist ist kein Mensch. Fick Dich!“, Beschimpfung anwesender weiblicher Exekutivbeamtinnen als „hässliche Huren“, usw. usw.). Andererseits ist eine Bereitschaft des BF, sich mit dem Unwert seiner Taten auseinanderzusetzten, diese zu reflektieren und daraufhin sein Verhalten zu bessern, kaum zu bemerken, da er seine Taten verdrängt, die Schuld auf andere oder widrige Umstände schiebt („schlechte Freunde“, „Alkohol“) und keine echte Schuldeinsichtigkeit zeigt, sondern sich seinen Betreuerinnen gegenüber als - 77 -

freundliches, depressives, hilfsbedürftiges Opfer widriger Ereignisse präsentiert; eine Darstellung, die ihm diese bis dato auch höchstwahrscheinlich geglaubt haben. Und all das, obwohl er illegal mit dem PKW einer Betreuerin - sei es nun mit oder ohne deren Wissen - eine Spritztour, unternommen hat. Dies zeigt, dass er keine Hemmungen hat, selbst seiner engsten Bezugsperson gegenüber sozialschädliches Verhalten an den Tag zu legen und deren gutgemeintes Vertrauen zu missbrauchen. Abgesehen vom Erwerb deutscher Sprachkenntnisse sind keinerlei greifbaren Bemühungen des Genannten erkennbar, sich vertiefend zu integrieren.

3.3. zur Situation in Afghanistan

Die länderspezifischen Feststellungen entstammen einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation (die nicht nur für die Länderinformationen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, sondern auch für das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist) jüngsten Datums, welche auf einer ausgewogenen Sammlung zahlreicher seriöser, aktueller, internationaler, staatlicher und nicht staatlicher Quellen beruht, die in den obigen Länderfeststellungen zitiert wurden.

Dass es dem Beschwerdeführer möglich sein wird, im Fall eines Aufenthaltes in HERAT oder MAZAR-E- SHARIF ein Leben aufzubauen, und sei es auch unter Anwendung entsprechender Anstrengung und bei zunächst sehr schwierigen Bedingungen, kann das Bundesverwaltungsgericht aus einer Gesamtschau des Beweismaterials schließen. Bei dieser Gesamtschau ist zunächst auch der Umstand zu berücksichtigen, dass bereits die mit Indizwirkung ausgestatteten UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 zwar grundsätzlich davon ausgehen, dass Rückkehrer dann eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vorfinden, wenn sie im "voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft" haben, dass diese Richtlinien aber gerade für den Fall von "alleinstehende[n], leistungsfähige[n] Männer[n] ... im erwerbsfähigen Alter ohne ... besondere Gefährdungsfaktoren" eine Ausnahme von dieser Grundannahme festhalten und ausführen, dass diese Personengruppe "unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Lebensgrundlagen zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter der tatsächlichen Kontrolle des Staates stehen" (UNCHR, 30.08.2018, deutsche Fassung S. 125, vgl. https://www.ecoi.net/en/file/local/1449845/90_1542006632_unhcr- 2018-08-30-afg-richtlinien.pdf). - 78 -

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um eine Person, die in diese Ausnahmekategorie fällt. Der Genannte kann HERAT und MAZAR-E-SHARIF auf relativ sicherem Weg erreichen. Zum einen ist zu beachten, dass zwar Abschiebungen nach Afghanistan in der Regel nach KABUL erfolgen, dass aber auch HERAT und MAZAR-E-SHARIF über internationale Flughäfen verfügen, so dass insofern eine Rückkehr auch auf dem Luftweg direkt dorthin möglich wäre. Aber auch im Fall einer Abschiebung nach KABUL wäre eine Weiterreise nach HERAT oder MAZAR-E-SHARIF nicht mit einer solchen Wahrscheinlichkeit mit Gefahren für den BF verbunden, dass schon allein daraus die Unzulässigkeit der Annahme dieser Städte als Schutzalternativen resultieren würde: Die Berichtslage enthält zahlreiche Hinweise auf regelmäßig operierende Bus- und Taxiverbindungen, was als Indiz dafür zu werten ist, dass die Sicherheitslage auf diesen Verbindungen zwar punktuell angespannt, im Allgemeinen aber so ist, dass der reguläre Betrieb dieser Transportmittel aufrecht und von den betreffenden Unternehmen vertretbar ist. Dieselbe Annahme ist für Verbindungen von und zu Flughäfen zu treffen.

4. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des - 79 -

Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

4.1. Zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, wenn

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. Er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Abs. 2 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten, wenn er nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen ist, auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht. - 80 -

Die Behörde stützte die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG.

§ 9 Abs. 1 Z 1 AsylG setzt Art. 16 Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Folgenden: Statusrichtlinie) um, der daher im Sinne einer richtlinienkonformen Interpretation zu berücksichtigen ist.

Dessen Absatz 1 lautet: "Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist." Nach Absatz 2 leg.cit. berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Gemäß Art. 19 Abs. 3 lit b der Statusrichtlinie erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den subsidiären Schutzstatus ab, wenn eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen seinerseits, einschließlich der Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente, für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ausschlaggebend war.

Nach § 9 Abs. 3 AsylG ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist. Nach § 8 Abs. 4 AsylG ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat demnach zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 AsylG in Ansehung des Beschwerdeführers gegenwärtig nicht oder nicht mehr vorliegen.

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, - 81 -

wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 AsylG offen steht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit bei der Frage, ob subsidiärer Schutz zu gewähren ist zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; 05.04.1995, 95/18/0530; 04.04.1997, 95/18/1127; 26.06.1997, 95/18/1291; 02.08.2000, 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214)

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende - 82 -

Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich, 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059).

Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Wie oben ausgeführt wurde dem BF ursprünglich der Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund einer Zusammenschau seiner Minderjährigkeit in Kombination mit seiner familiären Situation als unbegleiteter Minderjähriger zuerkannt. Jedoch haben sich seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten die Umstände maßgeblich geändert, sodass die zweite Alternative des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gegeben ist, also die Voraussetzungen für eine Erteilung subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen. Diese maßgebliche Änderung muss, wie sich bereits aus dem Wortlaut der zweiten Alternative des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG ergibt, nach Zuerkennung passiert sein und erinnert an die Regelung des § 68 AVG, wonach in einer Sache lediglich dann ein neuer Bescheid erlassen werden darf, wenn sich die Sach- und/oder Rechtslage wesentlich geändert hat. Wesentlich ist eine Änderung des Sachverhalts nur dann, - 83 -

wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann und daher die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides zumindest möglich ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68, Rz 26 mN aus der Rsp). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrmals, wenn auch in anderen Konstellationen, festgehalten, dass eine Durchbrechung der Rechtskraftwirkung bei subsidiärem Schutz nur dann gerechtfertigt ist, wenn sich nach Erlassung der Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften wesentlich geändert haben, also eine neue Sache vorliegt, für die die Rechtskraftwirkung der ursprünglichen Entscheidung nicht mehr gilt. Von einer nachträglichen Änderung der Sache ist aber der Fall zu unterscheiden, in dem der Sachverhalt anders rechtlich beurteilt wird oder neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorlagen, aber erst später bekannt wurden ("nova reperta"). Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst und bindet Gerichte und Behörden, solange diese Entscheidung dem Rechtsbestand angehört (VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0274; 28.02.2017, Ra 2016/01/0206; 18.01.2017, Ra 2016/18/0293). Auch eine Änderung der Sicherheitslage vermag eine Aberkennung des subsidiären Schutzes zu rechtfertigen (VwGH 21.03.2018, Ra 2017/18/0416). Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich auch auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar.

Daraus ergibt sich Folgendes:

Im vorliegenden Fall wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.08.2015, Zl. XXXX , festgestellt, wonach der damals minderjährige Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan in eine aussichtslose und existenzbedrohende Lage kommen würde. Das Vorliegen der Voraussetzung für die Gewährung von subsidiärem Schutz ergab sich aus den Länderfeststellungen.

In dem Aberkennungsbescheid vom 02.01.2019, Zl. XXXX /BMI-BFA_NOE_AST_02, ging das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon aus, dass sich die subjektive Lage im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als der subsidiäre Schutz gewährt wurde, geändert hat. Eine Neuansiedlung des BF in den Städten MAZAR-E-SHARIF und HERAT, sei zumutbar, denn der Genannte könne seinen Lebensunterhalt dort bestreiten und würde Arbeitsmöglichkeiten finden. Die belangte Behörde hat sich bei ihrer Entscheidung auf § 9 Abs. - 84 -

1 Z 1, berufen, indem sie von einer Aktualisierung ihres Kenntnisstandes zur allgemeinen Situationen in dem Heimatland des Beschwerdeführers ausging.

Rückkehrmöglichkeit nach GHAZNI

GHAZNI zählt zu den relativ volatilen Provinzen in Afghanistan, weil nachwievor Taliban- Kämpfer und Regierungskräfte um die Vorherrschaft in GHAZNI kämpfen. In der Provinz kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen, weil mehr Taliban und Al-Qaida-Kämpfer aktiv sind, als in anderen Provinzen. Die Sicherheitslage erschwert den Bewohnern zu den neuen administrativen Zentren zu gelangen. Die für Oktober 2018 festgesetzten Parlamentswahlen wurden in GHAZNI aufgrund der volatilen Sicherheitslage verschoben. Aus diesem Bericht ergibt sich, dass es für den Beschwerdeführer geradezu wahrscheinlich ist Opfer eines Gewaltaktes zu werden. Daher droht im aufgrund der allgemeinen prekären Sicherheitslage ein reales Risiko der Art. 3 EMRK. Eine Rückführung in seine Heimatprovinz kommt damit nicht in Frage.

Droht einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (§ 11 AsylG 2005).

Dies entspricht der Rechtsprechung des EGMR, der eine Verletzung von Art. 3 EMRK verneint, wenn eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative aufgezeigt werden kann. Nach der Rechtsprechung des EGMR ist Voraussetzung einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Lichte von Art. 3 EMRK, dass der Betroffene nicht nur sicher in das angesprochene Gebiet reisen und sich dort sicher aufhalten kann, sondern auch, dass er dort "aufgenommen wird und sich niederlassen kann" ("the person to be expelled must be able to travel to the area concerned, gain admittance and settle there, failing which an issue under Article 3 may arise" so wörtlich der EGMR im Urteil vom 29.06.2011, Sufi u Elmi gg. Vereinigtes Königreich, Beschw. Nr. 8319/07 und 11.449/07, § 266).(vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001; vgl. auch jüngst VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Nach allgemeiner Auffassung soll die Frage der Zumutbarkeit danach beurteilt werden, ob der in einem Teil seines Herkunftslands verfolgte oder von ernsthaften Schäden (iSd Art. 15 Statusrichtlinie) bedrohte Asylwerber in einem anderen Teil des Herkunftsstaates ein "relativ normales Leben" ohne unangemessene Härte führen kann. Dabei ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, mwN). - 85 -

Es muss dem Beschwerdeführer möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, mwN).

KABUL als innerstaatliche Fluchtalternative:

Festzuhalten ist, dass gemäß den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, welche nach der jüngsten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unmittelbar einschlägig sind (vgl. VfGH 30.11.2018, E3870/2018, mwN) und welchen auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ist (vgl. VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, mit Verweis auf VwGH 22.11.2016, Ra 2016/20/0259, mwN), eine innerstaatliche Schutzalternative in der Provinz KABUL angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in KABUL derzeit nicht verfügbar ist (so auch VfGH 30.11.2018, E 3870/2018). Der Beschwerdeführer hat keinerlei Anknüpfungspunkte in KABUL. Eine interne Schutzmöglichkeit in KABUL besteht somit nicht.

MAZAR-E-SHARIF als innerstaatliche Fluchtalternative

MAZAR-E-SHARIF ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans. Sie zählt du den ruhigen Provinzen Nordafghanistans. Die Provinz und die Stadt sind prinzipiell am Landweg von KABUL aus erreichbar, dieser ist auch hinreichend sicher. Zudem ist die Stadt auch über den Luftweg erreichbar, was vor allem für den Fall der Unpassierbarkeit der Straßen während der Wintermonate, die sichere Erreichbarkeit der Stadt gewährleistet. Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in MAZAR-E-SHARIF nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Hierzu ist auszuführen, dass die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet noch nicht die Schlussfolgerung zu tragen vermag, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre. Die in der Stadt MAZAR-E-SHARIF verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche - 86 -

Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt MAZAR-E-SHARIF insgesamt nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist. Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der durchschnittlichen afghanischen Bevölkerung in MAZAR-E-SHARIF dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Eine Gefährdung nach Art. 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU), die die Zuerkennung von subsidiärem Schutz aus diesen Gründen notwendig machen würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Für den Fall mangelnder familiärer oder sozialer Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in MAZAR-E-SHARIF ist auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu verwiesen, wonach einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist und die Möglichkeit hat, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zugemutet werden könne, und zwar selbst dann, wenn er - anders als der Beschwerdeführer - nicht in Afghanistan geboren wurde, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan hat (vgl. VfGH 12.12.2017, E 2068/2017). Auch nach Ansicht des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes stehen einem jungen alleinstehenden gesunden Mann ausreichende und realistische Möglichkeiten offen, ein zumutbares Leben in MAZAR-E-SHARIF zu führen (vgl. deutsches Bundesverwaltungsgericht vom 23.04.2018 W1 K18.30201 welches dem Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 nicht folgt). Dem Beschwerdeführer steht somit eine innerstaatliche Fluchtalternative in MAZAR-E-SHARIF zur Verfügung.

Fluchtalternative HERAT:

Zur Sicherheitslage in HERAT ist festzuhalten, dass HERAT trotz stattfindender Kampfhandlungen und Aktivitäten von Aufständischen als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet wird. Zwar zählt HERAT (neben sieben weiteren Provinzen Afghanistans) gemäß den getroffenen Feststellungen zu den Provinzen Afghanistans, in welchen bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen stattgefunden haben; - 87 -

dennoch bleiben die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen - so auch HERAT-Stadt - unter Kontrolle und Einfluss der afghanischen Regierung. HERAT ist ebenfalls für den Beschwerdeführer prinzipiell von KABUL aus erreichbar, dieser Weg ist auch hinreichend sicher. Zudem verfügt die Provinz HERAT über internationale Flughäfen und ist daher auch über den Luftweg via KABUL zu erreichen, was vor allem die sichere Erreichbarkeit der Stadt für den Fall der Unpassierbarkeit der Straßen während der Wintermonate gewährleistet.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung in Afghanistan häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der durchschnittlichen afghanischen Bevölkerung in HERAT dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Die wirtschaftliche Situation in Afghanistan insgesamt und insbesondere in HERAT erreicht jedenfalls nicht das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK, das für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095). Zwar ist die Situation, insbesondere in HERAT, wegen der Zahl der Binnenvertriebenen und der im April 2018 aufgetretenen Dürre, auf welche jüngst starke Regenfälle gefolgt sind, die mit Zerstörungen in einzelnen Distrikten HERATs einhergegangen sind, angespannt. Der aktuellen Quellenlage ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung (mit Nahrungsmittel und Trinkwasser) in HERAT generell nicht mehr gewährleistet oder das Gesundheitsversorgungssystem zusammengebrochen wäre. Auch ist HERAT-Stadt nicht von den Zerstörungen infolge der starken Regenfälle, die im ersten Quartal 2019 in Teilen HERATs eingesetzten haben, betroffen. Die Versorgung des Beschwerdeführers ist somit in HERAT-Stadt jedenfalls grundlegend gewährleistet.

Eine Gefährdung nach Art. 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU), die die Zuerkennung von subsidiärem Schutz aus diesen Gründen notwendig machen würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Unter Berücksichtigung der dargelegten allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und der aufgezeigten persönlichen Umstände des Einzelfalls des Beschwerdeführers erscheint es insgesamt möglich, dass der junge arbeitsfähige Beschwerdeführer im Rahmen der innerstaatlichen Fluchtalternative in der Stadt HERAT Fuß fassen und dort - allenfalls nach anfänglichen Schwierigkeiten - ein Leben ohne unbillige Härten führen kann, wie es auch andere, dort bereits ansässige Landsleute führen. In Bezug auf die mangelnden familiären bzw. sozialen Anknüpfungspunkte des BF ist auf die - 88 -

Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu verwiesen, wonach einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist und die Möglichkeit hat, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zugemutet werden könne (vgl. VfGH 12.12.2017, E 2068/2017). Auch nach Ansicht des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes stehen einem jungen alleinstehenden gesunden Mann ausreichende und realistische Möglichkeiten offen, ein zumutbares Leben in HERAT zu führen (vgl. deutsches Bundesverwaltungsgericht vom 23.04.2018 W1 K18.30201 welches dem Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 nicht folgt). Dem Genannten steht daher eine innerstaatliche Fluchtalternative in HERAT zur Verfügung.

Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass relevante Aussagen der Berichtslage für die Gefährdungs- und Versorgungslage von Einzelpersonen als auch die den Beschwerdeführer betreffende individuelle Beurteilung des Erkenntnisses vom 15.04.2015 (und der fortschreibenden Verlängerungsbescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl) auf eine Mehrzahl von Faktoren abstellen, zu denen nicht nur die Volljährigkeit, sondern auch das Geschlecht, das Vorhandensein von Familienbeziehungen, die Berufsausbildung und Selbsterhaltungsfähigkeit, die Volksgruppenzugehörigkeit, das Vorhandensein von Kontakten vor Ort etc. zählen. Ausgehend davon, dass sich diese Faktoren untereinander beeinflussen, kommt einem Zugewinn an Lebens- und Berufserfahrung gefährdungsmindernde Wirkung zu. Der Vorgang, mit dem eine Person älter, erfahrener und selbständiger wird, ist nicht sprunghaft mit der Volljährigkeit beendet, sondern hierbei handelt es sich in der Regel um eine auch nach Vollendung des 18. Geburtstages fortschreitende Entwicklung. Diese Entwicklung hin zu persönlicher Selbständigkeit wurde auch durch das Empfehlungsschreiben der Wiener Volkshochschule ausgedrückt. Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung zumutbar, dass der Beschwerdeführer angesichts seiner hinzugewonnenen Lebens- und Berufserfahrung nicht mehr in der Situation ist, in eine mit unmenschlicher Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK gleichzusetzende Lage zu geraten.

Da in einem relevanten Punkt eine geänderte Sachlage vorliegt, kann das Bundesverwaltungsgericht den Sachverhalt nunmehr auch rechtlich anders zu beurteilen als die Behörde in den rechtskräftigen Vorbescheiden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 25).

Unter Anderem hat der Verwaltungsgerichthof (12.12.2019, Ra 2019/01/0243-6) auch auf die ständige Judikatur des EGMR verwiesen, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines - 89 -

abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa jüngst VwGH 30.9.2019, Ra 2018/01/0068; sowie aus der ständigen Rechtsprechung des EGMR 8.10.2019, R.K./Russland, 30.261/17, Z 46; s. aber auch EGMR (GK) 23.3.2016, F.G./Schweden, 43.611/11, Z 120; (GK) 23.8.2016, J.K./Schweden, 59.116/12, Z 91 f, jeweils mwN). Weiters bezieht sich der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur auch auf die Rechtsprechung des EGMR, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert sei, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde (vgl. etwa jüngst VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; s. auch EGMR 5.7.2016, A.M./Niederlande, 29.094/09, Z 87, jeweils mwN; im Übrigen auch das dt. BVerwG im Beschluss vom 13.2.2019, BVerwG 1 B 2.19).

Es ist daher nicht mehr anzunehmen, dass der Genannte bei einer Rückkehr nach Afghanistan in eine ausweglose Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde. Dabei handelt es sich auch, wie von Art. 16 Statusrichtlinie gefordert, um eine nicht nur vorübergehende Änderung.

Zusammengefasst beherrscht der BF zumindest eine der Landessprachen Afghanistans, ist mit den kulturellen Gepflogenheiten vertraut und verfügt nunmehr über familiären Anschluss in Afghanistan. Auch wenn er anfangs möglicherweise mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert ist, besteht nicht mehr die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK (vgl. VwGH 30.05.2018, Ra 2018/18/0268; 29.05.2018, Ra 2018/20/0122; 07.05.2018, Ra 2018/20/0186; 06.03.2018, Ra 2017/18/0413; 18.10.2017, Ra 2017/19/0157; 08.08.2017, Ra 2017/19/0118; 19.06.2017, Ra 2017/19/0095 jeweils mwN, sowie VfGH 12.12.2017, E 2068/2017).

Die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen nicht mehr im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG, weshalb die Aberkennung des subsidiären Schutzes durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden ist.

Gem. § 9 Abs. 4 AsylG 2005 ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen. - 90 -

Dieser Bestimmung entsprechend war die Behörde verpflichtet, Ihnen die noch bestehende befristete Aufenthaltsberechtigung zu entziehen.

4.2. Zu den Spruchpunkten III., IV. und V. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10. Abs. 1 Z 5 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG nicht erteilt wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 27. August 2014 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor, wobei dies auch weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet worden ist. - 91 -

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Genannte ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. (2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist. (3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf - 92 -

Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Aus Art 8 EMRK ist keine generelle Verpflichtung abzuleiten, dem Wunsch eines Fremden, sich in einem bestimmten Mitgliedstaat aufzuhalten, nachzukommen. Unter besonderen Umständen kann sich aus Art 8 EMRK aber eine Verpflichtung des Staates ergeben, den Aufenthalt eines Fremden zu ermöglichen, mit der Folge, dass die Verweigerung der Einreise oder Niederlassung einen Eingriff in Art 8 EMRK bildet (VfGH 11.06.2018, E 343/2018 ua.).

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entsteht ein von Art 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt. Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden. Das Zusammenleben zwischen einem Elternteil und dem Kind ist dabei keine unabdingbare Voraussetzung für das Vorhandensein eines Familienlebens im Sinne von Art 8 Abs 1 EMRK. Ferner ist es nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können; die Familienbeziehung wird insbesondere nicht dadurch beendet, dass das Kind in staatliche Pflege genommen wird (VfGH 12.10.2016, E 1349/2016 mN aus der Rsp des EGMR).

Nach Art. 2 Abs. 1 BVG über die Rechte von Kindern hat jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen. Nach Art. 7 leg.cit. ist eine Beschränkung der in den Artikeln 1, 2, 4 und 6 dieses Bundesverfassungsgesetzes gewährleisteten Rechte und Ansprüche nur zulässig, insoweit sie gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua gg Lettland, Nr. 60654/00, EuGRZ 2006, 554). - 93 -

In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Aus folgenden Gründen handelt es sich nicht um einen unzulässigen Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers:

Der Genannte befindet sich seit 27.08.2014 und somit seit nunmehr etwa fünfeinhalb Jahren im Bundesgebiet. Vor Zuerkennung des subsidiären Schutzes im August 2015 war sein Aufenthalt jedoch nur aufgrund der Stellung eines unbegründeten Antrags auf Asyl rechtmäßig. Der langjährige Aufenthalt ist zwar zugunsten des Asylwerbers zu werten, wenngleich festzuhalten ist, dass die Aufenthaltsdauer nur eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien darstellt (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070). Darüber hinaus ist dazu noch auszuführen, dass nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes der Aufenthaltsstatus bei der Personengruppe subsidiär Schutzberechtigter anders als bei Asylberechtigten von vornherein eher provisorischer Natur ist (VfGH 28.06.2017, E 3297/2016). Der Antragsteller musste sich folglich bewusst sein, dass mit der Zuerkennung subsidiären Schutzes (zunächst) lediglich ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht einhergeht, was auch in der in § 8 Abs. 4 AsylG vorgesehenen Befristung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zum Ausdruck gebracht wird. In Anbetracht dieser Befristung sowie der Tatsache, dass die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter als antragsbedürftiger Verwaltungsakt ausgestaltet ist, musste sich der Genannte nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts darüber im Klaren sein, dass die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und damit des rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet sich keineswegs als Automatismus darstellt und an Voraussetzungen geknüpft ist. Die erfolgte Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten sowie die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung konnte demnach kein berechtigtes Vertrauen des BF auf einen dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet begründen. Dadurch wird auch die tatsächliche Intensität des Privatlebens vermindert.

Der BF hat keine Familienangehörige im Bundesgebiet. Er ist seit kurzer Zeit Mitglied in einem Tischtennisverein, betätigt sich aber ansonsten nicht ehrenamtlich. Zudem ist der Genannte mehrfach vorbestraft und zeigt durch die permanente Missachtung diverser strafrechtlicher Normen seine grundsätzliche Ablehnung der österreichischen Rechtsordnung gegenüber. Wenngleich er zwischenzeitlich die deutsche Sprache auf B1-Niveau erlernt und den Hauptschulabschluss zwischenzeitlich nachgeholt hat, erweisen sich seine Bestrebungen nicht durch eigene Arbeitsleistung, sondern stattdessen von Mitteln der öffentlichen Hand zu leben, - 94 -

als nicht sonderlich engagiert. An dieser Einschätzung vermag auch der Umstand, wonach der BF seit Kurzem als Hilfsarbeiter am Bau tätig ist, keine entscheidungsrelevante Andersbewertung zu rechtfertigen. Soziale Kontakte außerhalb seines schulischen Umfelds und seiner Betreuerinnen wurden nicht vorgebracht. Dem Interesse des Beschwerdeführers an einer Fortsetzung seines Privatlebens in Österreich kommt daher kein entscheidungswesentliches Gewicht zu.

Insgesamt betrachtet ist daher davon auszugehen, dass die Interessen des Antragstellers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig (vgl. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0142; 18.03.2010, 2010/22/0023).

Die Bindung zum Herkunftsland, in dessen Sinne der Antragsteller zwar nicht aufgewachsen ist, wohl aber sprachlich und kulturell sozialisiert wurde, überwiegt bei Weitem den Bezug des Asylwerbers zu Österreich.

Im Hinblick auf die Zeitspanne, während der sich der BF in Österreich aufgehalten hat, kann selbst unter Miteinbeziehung integrativer Merkmale in sprachlicher, sozialer und beruflicher Hinsicht eine von Art. 8 EMRK geschützte "Aufenthaltsverfestigung" unter den gegebenen Umständen noch nicht angenommen werden. Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation konnten nicht erkannt werden. Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Genannten am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 22.01.2013, Zl. 2011/18/0036; VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100; VwGH 22.03.2011, Zl. 2007/18/0628; VwGH 26.11.2009, Zl. 2007/18/0305), zu geben ist.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. - 95 -

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Gemäß § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten können keine Gründe erkannt werden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das - 96 -

Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.