LANDSCHAFTSPLANUNG

Gemeinde Pfitsch

PIANIFICAZIONEPAESAGGISTICA di Val di Vizze

Landschaftsplan Piano paesaggistico

Planverfasser / Redattore del piano: Dr. KONRAD STOCKNER Tel.: 0471-417739 Amt für Landschaftsökologie / Ufficio Ecologia del paesaggio www.provinz.bz.it/natur

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Erläuternder Bericht

1. Ausgangslage und Zielsetzungen 2

2. Gebietsbeschreibung 3

3. Schutzmaßnahmen 5

Gebiete von landschaftlichem Interesse...... 5 Landschaftliche Bannzonen ...... 8 Landschaftsschutzgebiet Pfitsch ...... 11 Biotope...... 14 Naturdenkmäler...... 17 Landschaftliche Strukturelemente ...... 18 Baumschutz und urbanes Grün...... 19 Einschränkungen für den Motorfahrzeugverkehr ...... 20 Archäologische Schutzgebiete ...... 20

4. Landschaftsentwicklung und -pflege 21

Unterschutzstellungen reichen nicht aus ...... 21 Landschaftsentwicklungskonzept für die Gemeinde ...... 21 Bürgerbeteiligung und Information...... 21 Fördermaßnahmen...... 21 Landschaftsleitbild Südtirol...... 22

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1. Ausgangslage und Zielsetzungen

Der derzeit gültige Landschaftsplan der chen dieser Zonen gilt für Projekte die Gemeinde Pfitsch wurde mit Dekret des Ermächtigungspflicht durch die Landes- Landeshauptmanns von Südtirol vom behörde für Landschaftsschutz. 1. Februar 1985, Nr. 185/V/81 genehmigt. Die Ausarbeitung des Planes erfolgte also Wie bereits im Artikel 6 des Landes- vor ca. 20 Jahren. Da sich in der Zwischen- gesetzes vom 25. Juli 1970, Nr. 16 so fest- zeit die allgemeinen Bestimmungen, die gelegt, sind von landschaftlichen Bindungen Planungskriterien, der Gemeindebauleitplan die Wohnbau- und Gewerbegebiete mit sowie die Erfordernisse des Natur- und genehmigten Durchführungsplan ausge- Landschaftsschutzes stark verändert haben, nommen. Durch verschiedene Abänderun- erschien eine Überarbeitung des Planes, gen des Bauleitplanes und dessen Über- auch aufgrund der Wünsche der Gemeinde, arbeitungen haben sich für die Baugebiete als vordringlich. und Zonen für Infrastrukturen wesentliche Veränderungen ergeben. Der überarbeitete Des Weiteren kam es in der Natur- und Landschaftsplan soll dieser Situation Rech- Landschaftsschutzarbeit auf Landesebene nung tragen. zu neuen Weichenstellungen durch die Verabschiedung des LEROP-Fachplanes Landschaftsentwicklung und –pflege Landschaftsleitbild Südtirol. Einen weiteren konkreten Anstoß zur Überarbeitung des Völlig neu ist im überarbeiteten Land- Landschaftsplanes der Gemeinde Pfitsch schaftsplan der Bereich Landschaftsent- stellt die anstehende Überarbeitung des wicklung und –pflege. Zu einem nachhalti- Bauleitplanes dar. gen Umgang mit Natur und Landschaft gehören heute nicht nur Unterschutz- Unterschutzstellungen stellungen, sondern auch die Pflege wert- voller Kulturlandschaften als auch Revita- Die landschaftlichen Unterschutzstellungen lisierungsmaßnahmen für verarmte Land- erfahren teilweise gegenüber dem Land- schaftsräume. Zentrale Bedeutung nimmt schaftsplan aus dem Jahr 1985 erhebliche die Wahrnehmung von Tendenzen in der Veränderungen, sowohl bezüglich deren Landschaftsentwicklung vor Ort ein. Mit Hil- Abgrenzungen als auch deren Schutz- fe von kommunalen Landschaftsleitbildern bestimmungen. oder -entwicklungskonzepten können nega- tive Entwicklungen aufgezeigt und Gegen- Durch die Ausweisung von jeweils zwei maßnahmen festgelegt werden. Aber auch neuen Biotopen und Naturdenkmälern positive Tendenzen gilt es zu erkennen und sowie von verschiedenen Feuchtbereichen zu verstärken. Das Landschaftsleitbild und Auwaldresten soll der Lebensraum- Südtirol mit seiner tiefgehenden Analyse der schutz im überarbeiteten Landschaftsplan Landschaftssituation in Südtirol und den verstärkte Berücksichtigung finden. Der zahlreichen Maßnahmenvorschlägen zur überarbeitete Landschaftsplan enthält auch Lenkung der Landschaftsentwicklung stellt bezüglich der Landschaftsschutzzonen eini- eine wichtige Grundlage für die Land- ge Neuerungen. In den Bannzonen gilt ein schaftsschutzarbeit in der Gemeinde dar. absolutes Bauverbot, aber nur in Teilberei-

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2. Gebietsbeschreibung

Das Pfitschertal nimmt seinen Anfang im im wesentlichen auf Rinnenlagen be- Bereich der Zillertaler Alpen und mündet schränkt, an sonnigen Stellen des äußeren nach 23 km im Talbecken von . Es Tales gedeiht auch die Föhre. An den wird vom Tuxerkamm im Norden und vom Felsabstürzen der südexponierten Hänge Zillertalerkamm im Südosten flankiert. sind der Sadestrauch (Juniperus Sabina) und Trockenrasenelemente nicht seIten. Das Klima ist mitteleuropäisch- bis Der Pfitscherbach wird von Grauerlen be- alpin geprägt. Die jährliche Niederschlags- gleitet, die Verlandungszonen des ehemali- menge liegt in Wiesen bei 795 mm, in gen Sees (etwa in den Kematner Mösern) St. Jakob im Pfitschertal bei 818 mm. Der sind von Molineten und Seggenrieden inneralpine Trockeneinfluss ist klar erkenn- gekennzeichnet. Gegen das Talinnere zu wird die Fichte zunehmend dominierender, bar. Die mittleren Jahrestemperaturen be- wobei wir zwischen basifilen und acidofilen tragen im Sterzinger Raum 7,4°C und in Fichtenwäldern unterscheiden können. Der St. Jakob 5°C. Übergang vom montanen zum subalpinen Fichtenwald erfolgt bei 1.700 m. An der Das Pfitschertal bildet das Westende des Waldgrenze ist die Zirbe sehr selten. Im Tauernkristallins (Tauernfenster) und ist von Bereich des alpinen Strauchgürtels finden großem geologischen Interesse. Während wir auf basischen Böden kleinflächige Lat- im Talinneren noch die Zentralgneiszone schenbestände bzw. Grünerlen an wasser- dominiert, tritt nach Westen hin zunehmend zügigen Hängen; auf sauren Böden hin- die untere und obere Schieferhülle in den gegen Rhododendro-Vaccinieten. Sehr wei- Vordergrund: am Zillertalerkamm sind dies te Ausdehnung haben die alpinen Weide- Gneise, Glimmerschiefer, Quarzite, Kalke, gesellschaften. Dolomite, Marmor, Grüngesteine, Phyllite; im äußeren Abschnitt des Tuxerkammes Wegen der durchwegs steilen Talflanken ist vorwiegend Kalkphyllite, Kalkglimmerschie- die Besiedelung auf den Talsohlenbereich fer und Phyllite. In den dominierenden beschränkt. Lediglich Flains und Schmuders dunklen Tönen des Schiefergesteines fallen am Taleingang stellen Höhensiedlungen immer wieder die hellen Kalkeinlagen auf. dar. Die typische Siedlungsstruktur des Das Pfitschertal ist durch seinen außer- Pfitschertales wird durch Weiler gebildet, ordentlichen Mineralienreichtum weitum be- die, besonders gegen das Talinnere zu, oft kannt. Das wichtigste nacheiszeitliche geo- nur aus wenigen Höfen bestehen. Der logische Ereignis war ohne Zweifel der Gemeindehauptort Wiesen verdankt seine gewaltige Bergsturz von Pfammes, der bis siedlungsgeografische Bedeutung erst der zum Weiler Platz einen 7 km langen See Bautätigkeit der letzten Jahrzehnte. In weit aufstaute, welcher heute gänzlich verlandet geringerem Maße haben sich Kematen und ist. Ins äußere Tal reichte hingegen der St. Jakob entwickelt. Im ganzen Gemeinde- Sterzinger See bis nach Wiesen herein. gebiet findet man noch zahlreiche Gebäude Dazwischen befindet sich der gewaltige in der charakteristischen örtlichen Architek- Sperrriegel des ehemaligen Bergsturzes. tur, die als landschaftliche Bereicherung und als Zeugnisse von heimatkundlichen Der häufige Wechsel zwischen basischem Wert erhaltenswürdig sind. und saurem Gesteinsuntergrund hat ein vielfältiges Vegetationsbild zur Folge. Auf In landwirtschaftlicher Hinsicht ist die Grün- den Kalkphylliten und Kalkglimmerschiefern landnutzung vorherrschend. In den Hang- des äußeren und mittleren Pfitschertales bereichen von Flains sowie vielfach auch dominiert die Lärche. Fichtenbestände sind entlang der Hangfußbereiche ist ein großer

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Reichtum an landschaftlichen Struktur- bis zur Mündung in den . Der vom elementen vorhanden. Die Wiesen sind von Bachlauf mitgeführte Sand und Schotter Hecken, Steinwällen und Trockenmauern wird im Stausee abgelagert, weshalb der durchzogen; intensiv genutzte Wiesen Pfitscher Bach in diesem Abschnitt keinen wechseln sich ab mit Weiden, bestockten Geschiebetransport mehr aufweist. Auch Wiesen und Weiden und auch einigen der sehr unregelmäßige Schwallbetrieb, be- Feuchtbereichen. Der Talboden hingegen dingt durch die Erzeugung von Spitzen- präsentiert sich großteils völlig ausgeräumt. strom, wirkt sich äußerst negativ auf die Gewässerfauna aus. Die intensive energiewirtschaftliche Nutzung Weiters werden mehrere Seitenbäche im des Pfitscherbaches verursacht ab dem Pfitschertal für hydroelektrische Zwecke ab- Rieder Stausee gravierende Auswirkungen geleitet, weshalb der Erhalt der noch intakt auf die Hydrologie des Wasserlaufes und verbliebenen Wasserläufe eine um so zwar nicht nur in der Restwasserstrecke bis größere Bedeutung erlangt. zum Kraftwerk östlich von Wiesen, sondern

Die Grabspitze im Pfitschertal.

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3. Schutzmaßnahmen

Gebiete von landschaftlichem Habitat für eine Vielzahl von typischen Tier- Interesse arten bilden und wesentlicher Bestandteil der Struktur des Gebietes, seines ökologi-

schen Gleichgewichts und seiner Erho- Das gesamte Gemeindegebiet mit Aus- lungsfunktion sind. nahme der Wohnbau- und Gewerbegebiete mit genehmigten Durchführungsplan im Die Waldbereiche bedecken einen Großteil Sinne des Artikel 6, Absatz 3 des Landes- des Gemeindegebietes. Die Nutzung der gesetzes Nr. 16/1970 wird als Gebiet von Wälder wird in ausreichender Weise durch landschaftlichem Interesse definiert. Dazu das Forstgesetz geregelt und von der Forst- gehören somit auch all jene Bauzonen und behörde kontrolliert; daneben erfüllen Wald- Zonen für Infrastrukturen, die keinen Durch- gebiete vor allem im steilen Gelände eine führungsplan aufweisen. Im Allgemeinen wichtige Schutzfunktion. Zudem haben sie reichen für diese Flächen die Raumord- auch eine hohe ökologische Bedeutung, da nungsinstrumente sowie die Forstgesetz- sie als naturnahe Ausgleichsflächen in einer gebung aus, um deren nachhaltige Entwick- immer stärker urbanisierten Umwelt Rück- lung zu gewährleisten. Die Landschafts- zugsgebiete für die Fauna darstellen und schutzermächtigung wird in der Regel vom auch dem Menschen eine Zuflucht als Bürgermeister erteilt. Ruhe- und Erholungsraum bieten. In diesem

Sinne ist bei der Bewirtschaftung der Wäl- Eine besondere Bedeutung nimmt das der auf ein möglichst breites Artenspektrum Landwirtschaftsgebiet ein. Die Landwirt- zu achten, wobei neben den Baumarten das schaftsflächen mit den charakteristischen, in Augenmerk auch auf eine abwechslungs- typischer örtlicher Bauweise errichteten reiche Kraut- und Strauchschicht zu richten Gehöften sind ein wichtiger Bestandteil der ist. vorhandenen Landschaftstypologie. Sie stellen eine von Menschenhand im Laufe Oberhalb der Wälder breitet sich das alpine der Zeit umgewandelte Landschaft dar, die Grünland aus. Während in der alpinen Ausdruck der geschichtlich-kulturellen Tra- Region von Natur aus Rasengesellschaften dition des Gebietes ist. Die Ausweisung als und Kleinsträucher vorherrschen, wurden Gebiet von landschaftlichem Interesse hat durch jahrhundertelanger Almbewirtschaf- zum Ziel - ohne Einschränkung der land- tung auch in der montanen und subalpinen wirtschaftlichen Tätigkeit - bei den zulässi- Stufe Mähwiesen und Almweiden geschaf- gen Bauten und Eingriffen eine harmoni- fen, die das Landschaftsbild bereichern und sche Eingliederung und Anpassung an die durch die Ausbildung einer eigenen Vege- bestehende Landschafts- und Siedlungs- tation und Fauna zur ökologischen Berei- struktur zu gewährleisten. cherung beitragen. Durch Intensivierung

und Rationalisierung in der Bewirtschaftung Weitere wichtige Bereiche von landschaft- von Almen und Mähwiesen ist heute die lichem Interesse sind der Wald , die Auwäl- hohe ökologische Vielfalt bedroht. Es ist die der , die bestockten Wiesen und Weiden , Tendenz festzustellen, dass einerseits die die Feuchtgebiete , das alpine Grünland, günstigsten Flächen durch Bodenverbesse- die Weidegebiete , die Felsregionen und rungsarbeiten und Düngung intensiviert Gletscher sowie die Gewässe r. Aus der werden, während entlegene und ungünsti- Sicht des Landschafts- und Umweltschutzes gere Standorte aufgeforstet werden. Ver- sind sie von besonderer Bedeutung, sei es loren gehen die landschaftlich zumeist reiz- als wichtiger Faktor des Mikroklimas und vollen und ökologisch wertvollen, extensiv der Schutzwirkung, sei es weil sie ein genutzten Magerrasen und Streuwiesen.

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Auch die Weidegebiete der mittleren und Y 5.205.939,06) - Biotop Sanderau (UTM tiefen Lagen fallen in diese Kategorie. Sie Koordinaten: X 698.826,94, Y 5.205.232,52) sind leider in jüngster Vergangenheit viel- weist sowohl aus landschaftlicher als auch fach der Intensivierung oder Nutzungsauf- aus naturräumlicher und limnologischer lassung zum Opfer gefallen. Umso mehr Sicht besondere Merkmale auf. Weiters gibt verdienen es die übrig gebliebenen Weide- es bachnahe Bereiche die für die Nah- flächen erhalten zu werden. Sie bieten erholung von Bedeutung sind. inmitten der intensiv genutzten Landwirt- schaftsgebiete für eine Reihe von Tieren und Pflanzen letzte Zufluchtsstätten (unter den Vögeln sind es z.B. die Bodenbrüter, die sich wegen dem Verschwinden dieser Weidebereiche immer schwerer tun, geeig- nete Nistplätze zu finden).

Auch wenn nur in geringem Rahmen ge- nutzt, treten Felsregionen und Gletscher zumeist landschaftlich stark in Erscheinung. Die Berggipfel, Steilabbrüche, Schluchtwän- de, Gesteinsformationen und Geröllhalden sind vielfach weitum sichtbar und prägen das Südtiroler Landschaftsbild. Sie erschei- nen zwar äußerst lebensabweisend, aber Im Bachbett des Pfitscherbaches zwischen dennoch handelt es sich um interessante Sagstall und Sanderau ist noch die Deutsche und zumeist völlig intakte Naturlebens- Tamariske zu finden, eine geschützte Pflanzen- räume. Dabei trifft man nicht so sehr auf art, die nur mehr an wenigen ökologisch intakten einen großen Artenreichtum, dafür aber auf Bachläufen die für sie notwendigen Lebens- eine Reihe von besonderen hochspeziali- bedingungen vorfindet. sierten Arten, die mit den kargen Lebens- bedingungen in den Felsspalten und auf Während der Pfitscherbach unterhalb der den Schutthalden zurecht kommen. Sanderau begradigt, verbaut und in ein enges Bett eingezwängt ist, handelt es sich Die Gewässer bestimmen in vielfältiger oberhalb des Biotops um einen nach wie Form das landschaftliche Erscheinungsbild vor intakten Bachlauf. Der Bach weist in und stellen eine ökologische Bereicherung diesem Abschnitt kaum Verbauungen auf für ihre Umgebung dar. Bäche, Flüsse und und hat großteils seinen ursprünglichen Gräben durchziehen unsere Wälder und die Verlauf beibehalten. Die Längsneigung ist Kulturlandschaft und lockern diese mit der sehr gering, der Höhenunterschied auf Ufervegetation auf. Seen, Weiher und Tei- diesem Abschnitt beträgt lediglich 30 m auf che schaffen ökologische Nischen und stel- einer Länge von immerhin 2 km. Aus diesen len häufig landschaftliche Höhepunkte dar, Gründen hat sich vielfach ein relativ breites die gerne als Ziele für die Erholung und Bachbett mit beträchtlichen Sand- und Freizeitaktivitäten genutzt werden. In die- Schotterbänken entwickelt. Auch die Ufer- sem Sinne ist die Erhaltung der Gewässer bereiche stechen durch deren Strukturviel- aus landschaftsökologischer Sicht von falt besonders hervor. Es bestehen beste hoher Relevanz, wobei der Wasserqualität, Lebensbedingungen für die Gewässerfauna der natürlichen Wasserführung und der und –flora. Dieser Abschnitt ist eindeutig als möglichst angepassten Einbettung in den einer der limnologisch interessantesten des jeweiligen Landschaftsraum eine besondere gesamten Pfitscher Bachlaufes anzusehen. Bedeutung zukommt. Derartig gut strukturierte Wasserläufe sind mittlerweile sehr selten. Sie beherbergen Der Pfitscherbach im Abschnitt Sagstall eine Vielzahl floristischer und faunistischer (UTM Koordinaten: X 700.535,49, Besonderheiten, unter anderem kommt die Deutsche Tamariske (Myricaria germanica)

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Seite / Pag. 7 auf diesen Schotterbänken vor, eine Art, Grundsätzlich ist die forstliche Nutzung auf welche auf der Roten Liste der besonders den natürlichen Zuwachs zu beschränken gefährdeten Arten geführt wird und durch und für die Verjüngung der Bäume muss eine Reduzierung der Wasserführung des gesorgt werden. Wo eine gewisse Verfich- Baches ihren Lebensraum verlieren würde. tung feststellbar ist, sollte die Fichte vor den Entsprechend wertvoll und attraktiv ist die- anderen Baumarten genutzt werden. Die ser Bachabschnitt auch aus landschaftlicher Fichte kann nämlich die anderen Baumarten Sicht. Dazu trägt nicht nur die Intaktheit des verdrängen und verursacht neben einer Bachlaufes bei, sondern auch die vielfach Vereinheitlichung des Landschaftsbildes noch naturnahen Flächen entlang des Was- auch größere Beeinträchtigungen für die serlaufes. Zum überwiegenden Teil handelt landwirtschaftliche Nutzung. Als Flachwurz- es sich dabei um lockere Waldbestände ler beeinflusst sie auf einer größeren Fläche bzw. um extensiv genutzte Weideflächen das Graswachstum, sie wirft schlechter ver- mit uneingeschränktem Zugang zum Bach- rottbare Nadeln ab und erzeugt eine stärke- lauf. Vor allem der Bereich, wo der Meisel- re Beschattung. bach in den Pfitscherbach mündet, zu Auf die Stockrodung soll verzichtet werden, Füßen der Meiselbachfälle, präsentiert sich da das bewegte Bodenrelief ein charakteri- landschaftlich besonders reizvoll und wird stisches Merkmal für diese bestockten Flä- gerne von Erholungssuchenden aufgesucht. chen ist und gerade die Stellen mit den Es wird als wichtig erachtet, dass dieser Baumstümpfen für die Baumverjüngung in Abschnitt des Pfitscherbaches von jeglichen Frage kommen. Wasserableitungen verschont bleibt. Gera- de bei solchen Abschnitten - mit geringem Die noch vorhandenen Auwaldreste sind Gefälle und breitem Bachbett - wirken sich ebenfalls im Landschaftsplan eingetragen. bereits geringe Wasserentnahmen gravie- Entlang des Pfitscher Baches sind noch rend auf das Bachökosystem und dessen einige Restauflächen vorzufinden und an ökologischen wie landschaftlichen Funktio- den Seitengerinnen, vor allem im Bergfuß- nen sowie auf den Erholungswert aus. bereich, vor der Einmündung in den Pfit- scher Bach, sind einige kleinere Hangerlen- Auch die in der Kartographie als bestockte wälder erhalten geblieben, die eine nicht Wiesen und Weiden eingetragenen Flä- minder wertvolle Vegetation aufweisen. chen fallen in die Kategorie Gebiete von landschaftlichem Interesse. In der Gemein- de Pfitsch gibt es keine größeren Lärchen- wiesenareale. Kleinere Bereiche, Wiesen und Weiden, die mit Lärchen oder anderen Baumarten locker bestockt sind, sind vor allem entlang der oberen Waldgrenze anzu- treffen, aber vereinzelt auch in den tieferen Lagen, in extensiv genutzten Randberei- chen. Die lockere Bestockung bringt nicht nur eine Bereicherung für das Landschaftsbild mit sich und gestaltet es abwechslungsreicher, sondern schützt diese Flächen auch vor In den Erlenauen kann sich wegen der guten Austrocknung: sie verbessert durch Wind- Licht- und Bodenverhältnissen eine üppige schutz das Mikroklima, verhindert Schnee- Bodenvegetation entwickeln. verwehungen, schließt wegen der tieferen Wurzeln der Bäume den Nahrungskreislauf und dämmt die Sonneneinstrahlung etwas Bei diesen Auwaldformationen handelt es ein. Bessere Wachstumsbedingungen sind sich um besondere Naturlebensräume, die die Folge. eine spezielle Pflanzengemeinschaft und auch eine äußerst vielfältige Fauna beher- bergen. Auwälder begleiteten ursprünglich

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Seite / Pag. 8 in einem mehr oder weniger breiten Streifen sämtliche Wasserläufe, vor allem in deren flacheren Abschnitten. Sie wurden durch die zunehmende Nutzung der Talböden von Seiten des Menschen stark zurückgedrängt. Die übrig gebliebenen Restbestände sind heute vielfach durch Verbauungsmaßnah- men an den Fließgewässern gefährdet. Durch Vertiefung des Fluss- oder Bach- bettes und Errichtung von Dämmen oder anderen Schutzbauten wird den anliegen- den Waldflächen Wasser entzogen. Die

Folge sind stark veränderte Standortbedin- gungen. Die für die Entstehung der Auwäl- Um einen interessanten Feuchtbereich handelt der, aber auch für deren Fortbestand not- es sich beim so genannten Grafsee, wegen der wendigen Wechselbeziehungen mit dem vorhandenen Schwingrasen. Fließgewässer sind deshalb oftmals nicht mehr gegeben. Für die noch vorhandenen Feuchtgebiete erfüllen vielfältige land- Auwaldbestände ist der Erhalt optimaler schaftsökologische Funktionen. Sie bedeu- hydrologischer Verhältnisse von existenziel- ten Landschaftsreichtum und stellen vor ler Bedeutung. allem wertvollste Lebensräume dar für eine Vielzahl von gefährdeten Pflanzen- und Auch Feuchtgebiete sind in der Kartogra- Tierarten. Nicht unerwähnt bleiben darf phie abgegrenzt. Ein großer Teil der einmal auch ihre Bedeutung für den Wasserhaus- in den Talbereichen vorhandenen Feucht- halt wegen deren Funktion als Wasser- flächen ist leider heute verschwunden bzw. speicher. Deshalb sind alle Feuchtflächen, flächenmäßig stark reduziert worden. In den auch wenn sie nicht eigens als Biotop oder höheren Lagen hingegen haben sie sich Naturdenkmal unter Schutz gestellt sind, noch besser erhalten. In den meisten Sei- erhaltenswert und dürfen nicht trocken- tenhochtälern in Pfitsch sind vermoorte gelegt werden. Bereiche anzutreffen, die zwar wegen der vorhandenen Geomorphologie (in den stei- len und schmalen Bergtälern kommen fla- Landschaftliche Bannzonen che Stellen nur begrenzt vor) zumeist nicht sehr großflächig sind, aber fast durchwegs Die für das Landschafts- und Siedlungsbild noch einen hohen Intaktheitsgrad aufwei- der Gemeinde Pfitsch besonders charakte- sen. Ein Feuchtbereich, der so genannte ristischen und wertvollen Bereiche werden Grafsee, der wegen seiner begrenzten Aus- als Bannzonen ausgewiesen. dehnung (ca. 2.000 m²) nicht eigens als Es handelt sich dabei um die Umgebung Naturschutzgebiet ausgewiesen werden von kulturhistorisch wertvollen, landschafts- kann, sei aber dennoch besonders hervor- prägenden Bauten, um markante Gelände- gehoben. Es handelt sich um einen seichten formen oder um größere noch weitgehend See, der allerdings, bis auf eine kleine, unverbaute Grünbereiche zwischen den offene Restwasserfläche mit Schwingrasen besiedelten Bereichen, die wichtige Blick- überwachsen ist. Die vorherrschenden felder darstellen und deren intakte Typolo- Moorpflanzen sind die Schnabel-Segge gie ein wertvolles Element der vorhandenen (Carex rostrata), der Fieberklee (Menyan- Landschafts- und Siedlungsstruktur ist. thes trifoliata) und die Graue Segge (Carex canescens). Trotz der allgemein regen Bautätigkeit in den letzten Jahrzehnten sind die genannten markanten Grünbereiche intakt und groß- teils unverbaut geblieben, auch weil sie bereits seit 1985 als Besonders schutz-

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Seite / Pag. 9 würdige Landschaft geschützt sind. Diese buckel mit Trockenelementen und dem bereits bestehenden Schutzgebiete werden Sadestrauch von hohem landschaftlichen somit im neuen, überarbeiteten Land- und ökologischen Wert ist. Gleichzeitig schaftsplan mit einigen Grenzkorrekturen wird dadurch die weilerartige Dorfstruktur übernommen. von FIains und die unmittelbare Umge- bung der exponierten Ortskirche ge- Im einzelnen handelt es sich um folgende schützt. Zonen: In Schmuders ist eine neue Schutzzone - An der Einmündung des Pfitschertales in vorgesehen. Sie betrifft einen unverbau- das Sterzinger Becken sind durch ten Landwirtschaftsbereich des äußerst exponierten Hügel- und Sattelgeländes oberhalb der Höfe Saxer und Frötscher.

Mit der Erweiterung dieser Bannzone auf die umliegenden Wald- und Wiesen- flächen soll der gesamte, äußerst expo- nierte Bergrücken von Schmuders , wo relativ hohe Windstärken zu verzeichnen sind, vor Eingriffen wie Windkraftanlagen geschützt werden.

- Zwischen Wiesen und dem E-Werk ist südlich der Talstraße eine noch vollkom-

men intakte erlengesäumte Wiesenmul- Äußerst wichtig für die landschaftliche de bereits unter Schutz gestellt. Dieses Gliederung sind die völlig unverbauten Land- Schutzgebiet soll nun auch noch auf die wirtschaftsflächen zwischen den Gewerbe- unverbauten Wiesenflächen nördlich der gebieten im Süden von Sterzing und der Straße und des Pfitscher Baches aus- Ortschaft Wiesen. gedehnt werden.

Siedlungserweiterungen, Industrie- und - Eine in sich geschlossene Kulturland- Verkehrsbauten verschiedene Zersiede- schaft von hohem Wert stellt der gleich- lungserscheinungen feststellbar. Durch mäßig ansteigende Schwemmkegel von den Schutz des ausgedehnten Grün- Tulver dar. Der Wechsel der Wiesen und keils, der vom Sterzinger Moos unter- Äcker, gegliedert von Feldhecken und halb Schloss Sprechenstein bis vor Baumreihen, Heuschupfen in Holzkon- Schloss Moos und die Wiesner Pfarr- struktion, behäbigen Gehöften in charak- kirche hineinreicht , wird dieses auch teristischer örtlicher Bauweise, die hier großräumig wirksame landschaftliche abseits der Straße ein harmonisches Gliederungselement vor weiterer Verbau- Ganzes bilden, wie es am Rande des ung geschützt. Hier liegt auch das Quell- Sterzinger Talkessels selten geworden moor bei Schloss Moos als einziger ist. In Der Bannzone verbleibt aber nur Verlandungsrest der Pfitscherbucht des jener Bereich, der keinerlei Verbauungen ehemaligen Sterzinger Sees. aufweist. Der obere Bereich mit den vie- len Einzelhöfen hingegen wird von der - Für den gesamten Sterzinger Talkessel Schutzzone ausgeklammert. von landschaftlicher Bedeutung sind die exponierten Hänge um Flains sowie - Mit der Bannzone zwischen Pfitscher zwischen Schloss Moos und Schmu - Stausee und Ried wird das offene Blick- ders. Es handelt sich um eine intakte feld auf den Weiler und die unmittelbare Kulturlandschaft, die dank zahlreicher Umgebung des Biotops vor einer Anthro- Hecken und Flurgehölze, einzelner Fels- pisierung geschützt.

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- Die Bannzonen in Burgum und das Pfitscher Joch verläuft eine wichtige Fußendraß schützen die unverbaute Vogelzuglinie) und dürfen auch aus die- Talsohle, um die abwechslungsreiche sem Grund nicht stärker anthropisiert Gliederung zwischen besiedelten Weilern werden. Bergseitig verläuft die Grenze und den dazwischen liegenden Freiflä- des Schutzgebietes am Fuße der Weiler chen zu erhalten. Durch einige kleinere bzw. um den exponierten Ortskern von Erweiterungen werden die Bannzonen Kematen herum, welcher auch von abgerundet. großer kulturhistorischer Bedeutung ist. An einigen Stellen werden siedlungsnahe - Das auffälligste Landschaftselement des Bereiche von der Bannzone ausgeklam- Pfitschertales stellt die Verebnung der mert, um mehr Spielraum für zukünftige Kematner Möser dar, die durch die Entwicklungen zu belassen. Verlandung des Pfitscher Sees entstan- den ist. - Ein kleinflächiges Schutzgebiet erstreckt sich rund um die alte Pfarrkirche von St. Jakob in Pfitsch . Damit soll der Blick auf die Kirche frei gehalten bleiben. Für den weiten, unverbauten Grünbe - reich vor dem Knappenhof auf der linken Talseite in St. Jakob ist eine neue Bannzone vorgesehen.

Diese Flächen sollen nun durch die Aus- weisung als Bannzonen vor Zersiedelun- gen und Verdrahtungen möglichst ver- schont werden. In den Bannzonen gilt ein absolutes Verbot für die Errichtung

neuer oberirdischer Gebäude. Der weite, offene Talboden im Pfitschertal von Kematen präsentiert sich mit Ausnahme Die allgemeine Ermächtigungspflicht einiger Heuschupfen völlig unverbaut. durch die Landesbehörde für Land- schaftsschutz für die möglichen Eingriffe Da sich die verschiedenen Weilersied- und Projekte ist nur mehr in einigen Teil- lungen am Hangfuß entlang ziehen, sind bereichen dieser Schutzgebiete, die in der die früher stark versumpften Möser noch Kartographie eigens gekennzeichnet sind, heute vollkommen siedlungsfrei. Dafür vorgesehen. Dabei handelt es sich um land- sind sie von zahlreichen Heuschupfen schaftlich besonders herausragende Berei- übersäht, die diesem Talbereich ein cha- che (die von zahlreichen Heckenzeilen rakteristisches Gepräge verleihen. Bei durchzogenen Wiesenhänge unterhalb Schupfenbauten soll nur Holz verwendet Flains , die Wiesner Möser mit ihrer Viel- werden, wobei auch die Baukörpergröße zahl an Wasserläufen und Entwässerungs- dem Bestand angepasst werden muss. gräben, kleinen Feuchtgebiets- und Auwald- Bestehende massive Blockbauten und resten, und schließlich die sowohl in ihrer Holzschindeldächer dürfen nicht durch Geländemorphologie als auch in ihrer andere Baumaterialien ersetzt werden. Naturausstattung reichstrukturierte unmit - Im östlichen Teil des Schutzgebietes sind telbare Umgebung des Biotops Grafau ). die Sandablagerungen der verschiede- nen Verlandungsterrassen an der Stau- Die Bewirtschaftung der Felder (inklusive wurzel des ehemaligen Sees von geolo- Kulturartenänderungen) in diesen Land- gischem Interesse. Trotz der nahezu voll- schaftsschutzzonen unterliegt keinen zu- ständigen Trockenlegung der Kematner sätzlichen Einschränkungen und auch Me- Möser, erfüllen sie noch eine gewisse liorierungsarbeiten, Wegebauten u.ä. sind Bedeutung als Zugvogelrastplatz (über nicht untersagt, womit die geltenden Geset-

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Seite / Pag. 11 zesbestimmungen diesbezüglich unverän- berg. Auf den Bergmähdern im Talschluss dert bleiben. von Pfitsch entstand eine einzigartige Heu- Da es sich bei den vorgeschlagenen schupfenlandschaft. Schutzzonen größtenteils um wertvolle Kul- turgründe handelt, kommt dieser Schutz- Im Oberbergtal sind die Schupfen entlang maßnahme auch eine erhebliche Bedeu- dem Saumpfad aufgereiht, während sie in tung für die Landwirtschaft zu. Tatsächlich Unterberg zum Großteil auf einen eigenarti- würde eine Verbauung und Zersiedlung gen "Heuschupfenweiler" konzentriert sind, dieser Kulturgründe einen unersetzbaren der eine lawinensichere Hangkuppe krönt. Verlust für die Landwirtschaft darstellen. Im Volksmund wird dieser von 11 Heu- Durch die Ausweisung als Bannzone wird schupfen gebildete Weiler scherzhaft (nach hier die Priorität der landwirtschaftlichen der Wienerhütte am Fuße des Hochfeilers) Nutzung vor anderen Nutzungsansprüchen auch "Wiener Neustadt" genannt. Die mei- unterstrichen. sten dieser Schupfen sind leider stark reno- vierungsbedürftig. Weitaus besser ist der Zustand der Schupfen im Oberbergtal. Zum Landschaftsschutzgebiet Schutz vor Lawinen eng an Hangmulden Pfitsch geschmiegt oder auf herausragenden Ge- ländekuppen erbaut, zeugen sie vom Ein-

fühlungsvermögen des alpinen Menschen in Das Berggebiet des innersten Pfitscher- die Naturverhältnisse. Die Heuschupfen tales weist eine einmalige Naturausstattung sind durchwegs in massiver Blockbaukon- auf. Das ehemals auf den Bereich von struktion errichtet (selten teilweise in Tro- Innerpfitsch begrenzte Landschaftsschutz- ckenmauerwerk) und mit Holzschindeln gebiet umfasst das Unterberg- und Ober- oder Natursteinplatten gedeckt. Auch künf- bergtal sowie das Gebiet am Pfitscher Joch. tig dürfen hier nur diese Baumaterialien Ver-

wendung finden, wobei bei Ausbesserungs- arbeiten auch gut erhaltene Bauteile halb- verfallener Schupfen Verwendung finden können.

Links das Oberbergtal, rechts das Unterbergtal und dazwischen der Hochferner und die Weiß- spitzen.

Das Pfitschertal findet seinen Abschluss mit der spektakulären Berg- und Gletscherkulis- Durch das Auflassen der Mahd laufen die Mäh- se des Vorderen und Hinteren Weißspitz, der im Oberbergtal Gefahr, dass sie zusehends des Hochferners, Hochfeilers (die höchste verbuschen und verwalden. Erhebung der gesamten Zillertaler Alpen) sowie der Weißzint- und Hochwartspitzen. Nicht vergessen werden dürfen die vielen interessanten Naturgebilde und –erschei- Sehr intakt erhalten geblieben sind in ihrem nungen, von denen die herausragendsten Natur- und Kulturlandschaftspotential auch auch als Naturdenkmäler ausgewiesen sind: die beiden Bergtäler Oberberg und Unter- der Schluchtbereich des Gliedergangs und

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Seite / Pag. 12 die Wasserfälle im untersten Abschnitt des aber die Wegedichte ist niedrig und zwi- Gliederbaches (Unterbergbach) kurz vor schen den einzelnen Wegsträngen gibt es dem Zusammenfluss mit dem Oberberg- vielfach noch verhältnismäßig große, völlig bach sowie die Bergseen (sieben an der unerschlossene Bereiche. Wandermöglich- Zahl) am Pfitscher Joch, die das Land- keiten gibt es wegen der Weitläufigkeit des schaftsbild auf diesem Alpenübergang ent- Gebietes dennoch ausreichend. So kann scheidend mitprägen. das Gebiet von Wanderern und Bergstei- gern gut erwandert und in seiner landschaft- Als schutzwürdig erscheinen aber auch lichen Schönheit und seinem Naturreichtum die restlichen Berghänge beiderseits des genossen werden. Es handelt sich um einen Pfitschertales . Sie weisen ebenfalls die Bergbereich, der mit bizarren Berggipfel und Merkmale für eine Eingliederung in das spektakulären Ausblicken auf die verglet- Landschaftsschutzgebiet auf. scherten Bergzüge des Alpenhauptkamms Die alpinen Bereiche des Pfitschertals be- aufwartet und wegen seiner Abgeschieden- stechen grundsätzlich wegen ihres hohen heit und Unberührtheit einen eigenen Reiz Grades an Intaktheit und Wildheit. Sie sind aufweist. Er stellt deshalb gerade für Men- sehr exponiert und vielfach vom Tal bestens schen, die die Ruhe und eine intakte Natur einsehbar. Auf beiden Seiten des Tales suchen, einen ganz besonderen Anzie- erreichen die Berggipfel eine Meereshöhe hungspunkt dar. Die Anzahl der Schutz- von mehr als 3.000 m. Das Pfitscher Berg- hütten ist ebenfalls eher niedrig; sie sind gebiet ist wegen seiner landschaftlichen aber geographisch gut verteilt und decken Schönheit und Unberührtheit bekannt. Die so das Gebiet ausreichend ab. Andere touri- Nutzungen von Seiten des Menschen sind stische Einrichtungen gibt es in den Pfit- sehr begrenzt und allgemein ist der Anthro- scher Bergen nicht. pisierungsgrad gering. Skigebiet gibt es im Pfitschertal keines. Das Die almwirtschaftliche Nutzung ist im Ver- Gebiet ist so von Eingriffen, wie Lifttrassen gleich zu anderen alpinen Gebieten in Süd- mit den dazugehörenden Tal- und Bergsta- tirol äußerst extensiv bedingt auch durch die tionen, Skipisten, großflächigen Parkplät- vielfach rauen, steilen und felsigen Gelän- zen, Speicherbecken für die Kunstschnee- debeschaffenheiten. So trifft man vielfach erzeugung, großen Restaurationsbetrieben noch auf eine natürliche obere Waldgrenze, u.ä., verschont geblieben. die nicht durch die Almwirtschaft künstlich Während Pfitsch im Talboden eine eher herabgedrückt ist, weiters auf einen intakten intensive landwirtschaftliche Nutzung auf- Zwergstrauchgürtel, wobei an den verschat- weist und somit der Anthropisierungsgrad teten Hängen die Grünerle vorherrscht und relativ hoch ist, präsentieren sich die alpi- an den sonnigen Hängen die Latsche. Ins- nen Bereiche weitgehend noch in ihrer gesamt kann gesagt werden, dass Flora ursprünglichen Form und zählen somit zu und Fauna verhältnismäßig wenig Störun- den besterhaltensten Bergbereiche Süd- gen und Beeinträchtigungen ausgesetzt tirols. Sie haben somit auch eine wichtige sind. Bezüglich der naturkundlichen Merk- landschaftsökologische Ausgleichsfunktion male des Pfitschertales sind auch die große für die intensiv genutzten Talböden zu erfül- geologische Vielfalt und der außerordent- len. liche Mineralienreichtum zu erwähnen. Neben den genannten Merkmalen gibt es Die Erschließung durch Forst- und Almwege noch zwei weitere Gründe, die eine Ausdeh- hält sich in Grenzen; die Wegedichte, nung des Landschaftsschutzgebietes auf bezogen auf andere Berggebiete Südtirols, das gesamte Pfitscher Berggebiet rechtferti- ist unterdurchschnittlich. Vor allem der oro- gen. Zum einen tauchen immer wieder neue graphisch linksseitige Berghang kann unter Formen landschaftlicher Eingriffe durch den die am wenigsten erschlossenen Gebiete Menschen auf. Von Windkraftanlagen in Südtirols eingereiht werden. den Alpen hat bis vor wenigen Jahren Ähnliches gilt für das Wanderwegenetz. niemand gesprochen. Nun hat sich heraus- Wanderwege und –steige sind zwar relativ gestellt, dass auch exponierte Bergrücken gleichmäßig über das ganze Gebiet verteilt, für diese Art von Stromerzeugung in Frage

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Seite / Pag. 13 kommen. Im Pfitschertal soll es jedenfalls Der zweite Grund, der für eine Erweiterung Standorte geben, die für eine Windkraft- des Landschaftsschutzgebietes spricht, ist nutzung in Frage kommen. Bei der Errich- die Tatsache, dass mittlerweile die Berg- tung von derartigen Anlagen ist allerdings rücken, die das Pfitschertal einfassen, auf mit einschneidenden Auswirkungen auf die der Seite der Nachbargemeinden großteils Natur und Landschaft zu rechen. Der opti- ebenfalls unter Schutz gestellt sind. Es sind sche Landschaftseingriff ist nicht von der dies die Landschaftsschutzgebiete „Pfun- Hand zu weisen, aber auch akustische derer Berge“ in der Gemeinde und Störungen sind mit derartigen Anlagen „Fane“ in der Gemeinde Mühlbach sowie verbunden. Allein die Tatsache, eine große auf Nordtiroler Seite das Naturschutzgebiet Anlage vor Augen zu haben, die sich „Valsertal“ und der Naturpark „Zillertaler ständig dreht, stellt bereits einen gewissen Alpen“. Mit der Erweiterung des Land- Störfaktor dar und eine gewisse Gefahr für schaftsschutzgebietes in Pfitsch kann die- die Vogelwelt. Im Pfitschertal geht es zwar ses Gemeinde und Länder übergreifende nicht so sehr um Zugvögelrouten, Wind- Schutzgebietsnetz vervollständigt werden räder gefährden aber auch gewisse Arten und eine nachvollziehbare Abgrenzung von Standvögeln und zwar vor allem Greif- erhalten. vögel und Rauhfußhühner.

Das Pfitscher Berggebiet präsentiert sich nach wie vor sehr intakt; die vielfach rauen, steilen und felsigen Geländebeschaffenheiten lassen in der Regel keine intensive almwirtschaftliche Nutzung zu.

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Biotope dauernd isoliert und werden somit vom Grundwasser gespeist. Die verschiedenen Die bereits heute geschützten Biotope Buchten und Tümpel bilden deshalb je nach Riederau (ehemals Verlandungsau des Wasserqualität, Wasserdurchfluss, Nähr- Pfitscher Stausees genannt) und Sanderau stoffgehalt, Temperatur, Tiefe ganz ver- werden im überarbeiteten Landschaftsplan schiedene Lebensräume für Sumpf- und wiederbestätigt. Sie werden genauer abge- Wasserpflanzen sowie -tiere. Amphibien, grenzt, gleichzeitig etwas erweitert und mit Fische und Wasserinsekten finden hier ein der Anpassung an den neuesten Stand der vielfältiges Angebot an idealen Laich- bzw. Landschaftsplanung erfolgt auch eine Über- Brutplätzen. Da über das Pfitscherjoch eine arbeitung der Biotopbestimmungen. Zwei wichtige Vogelzuglinie verläuft, ist dieses weitere Naturschutzgebiete, die Grafau und Feuchtbiotop mitsamt dem See auch als die Putzerbödenmöser, sind neu vorge- Rastplatz für Wasservögel unersetzlich. Die sehen. Gehölzvegetation setzt sich aus verschie- denen Weiden, Erlen und Birken zusam- Biotop Riederau men. Erwähnenswert sind außerdem das Vorkommen von Wollgräsern, Mehlprimel, Am Nordostende des Pfitscher Stausees Sumpfdotterblume, Fettkraut, Sumpforchi- erstreckt sich auf 1.366 m Meereshöhe ein deen. Auf Schotterflächen gedeiht hingegen mehrere ha großes Feuchtgebiet, letzter eine eher trockenresistente, anspruchslose nennenswerter Überrest der vor den Tro- Vegetation. Sogar das Edelweiß konnte hier ckenlegungsarbeiten ausgedehnten Feucht- festgestellt werden. biotope des Pfitschertales. Mit der nun vorgesehenen Erweiterung des Biotops werden auch die westlichen Ver- landungsbereiche – offene oder mit Weiden und Erlen bestockte Sand- und Schotter- bänke – sowie der angrenzende, feuchte und mit Seggen bewachsene Uferstreifen ins Schutzgebiet eingeliedert.

Biotop Sanderau

Diese mehrere ha große Bachschotterau auf 1.450 m Meereshöhe nimmt eine beson- dere Stellung ein, da sie zu den wenigen Standorten in Südtirol gehört, die noch einen bemerkenswerten Bestand der selte-

nen Deutschen Tamariske (Tamarix germa- Der Pfitscher Stausee beim Weiler Ried, mit nica) beherbergen. Diese Strauchart ist auf dem Aubereich im Hintergrund. sauerstoffreiches Grundwasser im Wurzel- bereich angewiesen und reagiert sehr Während im rückwärtigen Teil das Seggen- empfindlich auf Veränderungen im Wasser- ried vorherrscht, ist der Abschnitt gegen den haushalt. So ist sie auf den zugegebener- See zu reich gegliedert durch zahlreiche maßen naturnah verbauten Bachstrecken Buchten, Becken und Tümpel, die vielfach oberhalb und unterhalb davon nahezu ver- auf die Schotterentnahme zurückzuführen schwunden. Der Pfitscherbach bildet auf sind. Jene in der Nähe des Einflusses des dieser Flachstrecke ein natürliches Reten- Pfitscherbaches weisen einen hohen tions- und Ausgleichsbecken. Die Bildung Schwebstoffgehalt auf, die Klarwasserteiche und Veränderung von Bachverästelungen am Ostrand werden hingegen von einem und Schotterbänken befindet sich in einem Entwässerungsgraben mit Hangwasser ge- dynamischen Gleichgewicht. Auf neu auf- speist. Verschiedene Tümpel sind - je nach geschütteten Schotterbänken zeugt ein Wasserstand des Sees - periodisch oder dichter Tamariskenwuchs von den idealen

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Standortbedingungen für diese Pflanzenart. bereiche werden durch Hangwasseraustritte Insgesamt liegt hier ein schönes Beispiel am Fuße des Abhanges unterhalb des Graf- eines natürlichen Bachabschnittes vor. hofes bzw. durch kleine Wasserrinnsale In einigen durch Schotteranschwemmungen gespeist und weisen eine sehr intakte abgeriegelten Mulden haben Moorsukzes- Feuchtvegetation auf. sionen eingesetzt, die vom Niedermoor über Im relativ breiten und unverbauten Bachbett das Hochmoor bis zur Heidegesellschaft des Pfitscher Baches trifft man in diesem reichen und auf kleinem Raum eine ent- Abschnitt auf nennenswerte Sand- und sprechend vielfältige Vegetation aufweisen. Schotterbänken sowie auf einige erlen- Hier finden wir neben verschiedenen Moo- bewachsene Waldinseln. Der Pfitscher sen unter anderem ausgedehnte Seggen- Bach trägt somit wesentlich zur Lebens- riede, Wollgräser, die Mehlprimel, das raumvielfalt dieses Naturschutzgebietes bei. fleischfressende Fettkraut, die Sumpfdotter- Darüber hinaus ist das Augebiet noch von blume, Orchideen, Enziane u.a. Ein paar weiteren, kleineren Bachläufen und Wasser- kleine Wassertümpel stellen ideale Laich- rinnsalen durchflossen, wodurch es weiter und Brutplätze für Lurche, Fische und Was- aufgewertet wird. serinsekten dar, ebenso mehrere Rinnsale, Die Waldzungen entlang dieser Bachläufe die vom Waldrand kommend durch die Au und der Steilstufe unterhalb des Graf- und mäandrieren. Durch geringfügige Gestal- des Paulhanserhofes werden ebenfalls ins tungsmaßnahmen könnte das Angebot Biotop mit aufgenommen. Entlang der Was- solcher Wasserflächen bedeutend verbes- serläufe kommen reine Erlen- und Weiden- sert und auch bei Niedrigwasserstand gesi- bestände vor; an den trockeneren Stellen chert werden, was auch für die Vogelfauna hingegen gesellen sich weitere Laubbaum- bedeutsam wäre. arten, wie Birken und Pappeln hinzu. Solche Neu ins Biotop eingegliedert wird ein kleiner Laubwaldbereiche sind in diesen inner- Feuchtbereich am Ostrand des Schutz- alpinen Höhenlagen (1.400 m Meereshöhe) gebietes. nicht gerade häufig anzutreffen. Insgesamt handelt es sich um einen sehr Biotop Grafau vielfältigen Naturlebensraum, der eindeutig die Merkmale für ein Naturschutzgebiet auf- weist, um so mehr auch weil er sich direkt im Talboden befindet, wo solche Natur- räume allgemein einer größeren Gefähr- dung ausgesetzt sind.

Biotop Putzerbödenmöser

Ein besonders interessanter und intakter Natur- und Landschaftsbereich befindet sich oberhalb des Weilers Stein in Innerpfitsch, Im Bereich des Grafhofes dehnt sich entlang des entlang des Wasserfallbaches und zwar im Pfitscher Baches eine wertvolle Erlenau aus. Bereich der oberen Waldgrenze. In den Verflachungen dieses Hochtales – im Dieser Naturschutzbereich befindet sich Bereich des Durrnsees, am Hohen Boden gleich nach dem weiten, offenen Talab- und am Hinterboden – trifft man auf wert- schnitt der Kematner Möser, dort wo das volle Moorbereiche. Tal sich wieder zu verengen beginnt. Hier Das aus floristischer Sicht interessanteste sind noch mehrere Erlenauen anzutreffen, Moor befindet sich in der Senke des Durrn- sowohl im Talgrund als auch im Bergfuß- sees. bereich. Die vielfältigste und interessanteste Es wird mit Sickerwasser vom östlich gele- davon ist jene unterhalb des Grafhofes, genen Hang versorgt. Die teilweise vorhan- beidseitig des Pfitscher Baches. Der dichte denen wenig tiefgründigen Wasserflächen Erlenauwald ist nur durch einige kleine sind großteils mit Schnabel-Segge (Carex Feuchtflächen aufgelockert. Diese Sumpf-

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Seite / Pag. 16 rostrata) und Schlamm-Segge (Carex limo- Feuchtvegetation und mehr oder weniger sa) bewachsen, mit Ausnahme der größten großen eingestreuten Blocksteinen. Im und offenen Wasserfläche (Durrnsee), in Hochsommer ist der gesamte Bereich von der sich die vergletscherten Gipfel der Wollgräsern übersät. Weisspitzen und des Hochferners spiegeln. Auf den Torfmoosbulten in den eigentlichen Moorbereichen sind verschiedene Hoch- moorzeiger zu finden, wie das Scheidige Wollgras (Eriophorum vaginatum), die Wenigblütige Segge (Carex pauciflora), die Kleinfrüchtige Moosbeere (Vaccinium micro- carpum) und vor allem im zentralen Bereich gibt es auch ein massives Auftreten des Rundblättrigen Sonnentaus (Drosera rotun- difolia), das in dieser Höhenlage, auf 2.000 m Meereshöhe, als eine Besonderheit anzusehen ist. Die westlichen und östlichen Randstreifen der Moorfläche sind mit einem dichten Latschengürtel bedeckt.

Der Durrnseein in einem der Böden des Biotops Der Hohe Boden und im Hintergrund die Grab- Putzerbödenmöser. spitze auf der gegenüberliegenden Talseite.

Der Hohe Boden hingegen sticht vor allem Auch unterhalb des Hohen Bodens schließt wegen seiner einzigartigen Mäanderland- sich ein äußerst interessanter Bereich an. schaft hervor. Der Wasserfallbach, der zu Gleich nach einer steilen, ca. 50 m hohen Füßen der Hohen Wand (3.289 m.ü.M.) Geländestufe, teilt sich der Wasserfallbach entspringt, durchfließt in weiten Mäandern in mehrere Seitenarme auf, von denen eini- den völlig flachen Abschnitt dieses Berg- ge auf Teilabschnitten unterirdisch verlau- tales. Auch zahlreiche Altarme, wasser- fen. Der Untergrund wird hier von großen gefüllte Senken und vermoorte Stellen mit Blocksteinen gebildet, die großteils von interessanter Feuchtvegetation sind vorzu- Wald- und Grasvegetation überwachsen finden (der Schachtelhalm ist sehr ver- sind. Der Bach mit seinen Seitenarmen ver- breitet). Der Hohe Boden stellt ein klassi- sickert vielfach zwischen den Steinen, so sches Lehrbeispiel für einen Mäanderbach dass er teilweise völlig verschwindet. und den Entwicklungen seines Verlaufes im An gewissen Stellen verrät lautes Gurgeln Laufe der Zeit dar. seinen unterirdischen Verlauf und an ande- Knappe 100 m höher liegt der Hinterboden, ren Stellen kann der Bach in einigen Metern der ebenfalls großteils versumpft ist. Es Tiefe durch Öffnungen von oben einge- handelt sich um flachgründige Feuchtberei- sehen werden. In diesem Bereich der unter- che mit teilweise entsprechend spärlicher irdischen Bäche befindet sich auch eine

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Seite / Pag. 17 weitere, intakte Moorfläche, die von einem - Die von Moosrasen überzogene Tropf - Seitenarm des Wasserfallbaches in schö- steinquelle im Burgumertal entspringt auf nen Mäandern durchflossen ist. 1.690 m Meereshöhe mit einer gewaltigen Wasserschüttung. Leider wurde die Quelle im Jahre 2001 durch eine Lawine in Mitlei- denschaft gezogen, wobei teilweise der Moosbewuchs zerstört worden ist. Nach wir vor tritt aber das Wasser der Quelle dicht gedrängt an zahlreichen Stellen aus und fließt oder tropft über die vorstehenden Felsen.

- Die Burgumerau (ehemals Altarm des Pfitscher Baches bei Burgum genannt) befindet sich in der Nähe des Weilers Burgum. Es handelt sich um einen erlen- gesäumten Altarm des Pfitscher Baches, der von Hangfußquellen gespeist wird und Der Wasserfallbach, der auf gewissen Abschnit- eine reichhaltige Sumpf- bzw. Unterwasser- ten unterirdisch verläuft. vegetation mit Verlandungszonen aufweist.

Das gesamte Gebiet wird nur sehr extensiv durch Beweidung (die durchwegs beibehal- ten werden kann, da sie nicht im Wider- spruch zu den Schutzzielen steht) genutzt. Es präsentiert sich als ein sehr intakter, einzigartiger Natur- und Landschaftsraum, der absolut schutzwürdig ist und vor Eingrif- fen in die Moorbereiche sowie in das Abflussregime des Wasserfallbaches ver- schont bleiben muss.

Naturdenkmäler Die Burgumerau, eine Aufläche entlang eines Altarmes des Pfitscher Baches. Der Großteil, der bereits im Landschaftsplan von 1985 enthaltenen Naturdenkmäler, wird In seinen Tümpeln, die mit dem Wasser- wiederbestätigt: spiegel des Pfitscher Baches in Verbindung stehen, finden verschiedene Frösche, Mol- - Die Schlossau , ein kleines Quellmoor bei che, Fische sowie Wasserinsekten ideale Schloss Moos, das noch einen Überrest des Laich- bzw. Brutplätze. Mit dem überarbei- verlandeten Sterzingersees darstellt. Wir teten Landschaftsplan wird nun auch noch finden hier auf kleinstem Raum eine vielfälti- der weitere Verlauf dieses Gewässers bis ge Sumpf- und Wasservegetation, Amphi- zu seinem Ursprung in das Naturdenkmal bien, Fische und Wasserinsekten halten eingegliedert. sich in den Gräben und Quelltümpeln auf, in welchen Unterwasserquellen gelegentlich - Der Wasserfall des Unterbergbaches . kleine Schlammkrater aufwerfen. Die Fläche Kurz vor dem Zusammenfluss mit dem ist teilweise auch mit einer dichte Baum- Oberbergbach durchfließt der Unterberg- vegetation bewachsen (Erlen, Weiden und bach eine imposante Klamm und einen Birken, aber auch Nadelhölzer, wie Fichten, eindrucksvollen Wasserfall. Lärchen und Weißkiefern).

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- Die Gruppe der sehr idyllisch gelegenen Eisack durch Dammbauten stark reguliert und landschaftlich besonders hervorste- und eingeengt. chenden Bergseen am Pfitscherjoch .

- Der Gliedergang auf ca. 2.000 m Meeres- höhe stellt auf Grund seiner Form und

Die Mühlbachau mit Wasserfläche und Erlen- bewuchs.

Der Erlenbestand weist einen äußerst arten- Die Schlucht des Gliederganges, die wegen reichen Unterwuchs auf und im nordwest- ihres Mineralienreichtums bekannt ist. lichen, etwas breiteren Bereich der Au befindet sich ein Teich. Diese Restaufläche seines außerordentlichen Mineralienreich- stellt ein wertvolles Trittsteinbiotop dar. Da tums (der vor allem in früheren Zeiten einer in den tieferen Lagen fast alle Feucht- und starken Ausbeutung unterlegen war) ein Aubereiche ausgeräumt worden sind, geologisches Naturdenkmal dar. kommt den noch verbliebenen eine beson- dere ökologische Ausgleichsfunktion zu, Die drei Nussbäume in Flains sind im weshalb solche Standorte absolut erhal- neuen Landschaftsplan nicht mehr als tenswert sind. Naturdenkmal vorgesehen, da die einzelnen Bäume weder vom Alter noch von der Die Maisslbachfälle befinden sich an einer Größe her, die Eigenschaften von Natur- gut einsehbaren Stelle, auf der orogra- denkmälern aufweisen. Dies bedeutet je- phisch linken Seite des hinteren Pfitscher- doch nicht, dass sie nicht trotzdem erhal- tales, gegenüber den Aigner Höfen. Der tenswert sind und die Gemeinde hat auf eindrucksvolle Wasserfall betrifft mehrere jeden Fall die Möglichkeit Beeinträchtigun- Felsstufen und weist eine Gesamthöhe von gen oder ein nicht notwendiges Fällen der 85 m auf. Nussbäume zu unterbinden (Baumschutz- bestimmung des überarbeiteten Land- schaftsplanes). Landschaftliche Struktur- elemente Neu vorgesehen werden zwei weitere

Naturdenkmäler: Alle Pflasterwege (und Überreste, auch

wenn sie nicht in der Kartographie ein- Die Mühlbachau befindet sich am Zusam- getragen sind), Trockenmauern , aber auch menfluss von drei Wasserläufen. Im Osten Lesesteinwälle , Feldhecken und Flur- wird sie vom Pfitscher Bach begrenzt, im gehölze sind geschützt wegen ihrer ästhe- Südwesten vom Eisack und der Mühlbach tischen Bereicherung für die Kulturland- durchfließt den Aubereich in seiner ganzen schaft und dem Angebot an Kleinlebens- Länge. Während der Mühbach kaum ver- räumen für eine Vielzahl von Pflanzen- und baut ist, sind der Pfitscher Bach und der Tierarten.

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Den Bachläufen sowie Entwässerungs- Baumschutz und urbanes Grün gräben kommt als aquatische Lebens- räume aus Naturschutzsicht eine besondere Der Baumbestand und allgemein das Bedeutung zu. Sie stellen wichtige Natur- Grün in den Siedlungsbereichen erfüllen korridore dar. Vor allem in den stärker wichtige Aufgaben. Der vom Mensch be- anthropisierten Gebieten ist deren ökolo- nötigte Siedlungsraum wird immer größer, gische Funktion aber vielfach erheblich be- weshalb auch die Notwendigkeit zunimmt, einträchtigt (durch Verbauung, Einengung, der Natur ihren Raum auch in diesen Flä- Begradigung, Wasserverschmutzung und chen zu gewähren. Der Grünbestand be- Wasserableitung) und damit auch eine Flora deutet nämlich Lebensraum für verschiede- und Fauna, die an solche Standorte gebun- ne Pflanzen und Tiere und somit Erhaltung den ist. Für Amphibien, aber auch für ande- der Biodiversität. Weitere wichtige Funktio- re gefährdete Tierarten sind die Wasser- nen sind Wind- und Lärmschutz sowie Stau- läufe unersetzbare Lebensräume. Nicht bindung und Verringerung der Immissionen. zuletzt sei an die Wasservögel gedacht, die Jeder Fleck urbanen Grüns stellt auch besonders während der Nist- und Brutzeit unversiegelten Boden dar und trägt somit sehr störanfällig sind. Wichtig ist auch die bei, den Grundwasserspiegel zu erhalten Präsenz einer intakten, spontanen Ufer- und den Oberflächenabfluss des Regen- vegetation, die einen integrierenden Be- wassers zu vermindern. Das Ortsbild wird standteil eines jeden Fließgewässers bildet. ebenfalls entscheidend mitgeprägt vom vor- Aus diesen Gründen dürfen sämtliche Bach- handenen Grünbestand, wobei natürlich läufe und Entwässerungsgräben - auch hochstämmige Bäume besonders hervor- wenn es sich um kleine Abschnitte handelt, stechen. Insgesamt trägt das Grün in den die in der Kartographie nicht aufscheinen - besiedelten Bereichen wesentlich zur nicht zugeschüttet oder verrohrt werden und Lebensqualität des dort wohnenden Men- die Mahd der Grabenböschungen in den schen bei, zu dessen Grundbedürfnissen Talbödenbereichen darf nicht innerhalb der auch ein gewisser Naturkontakt zählt. Zeit vom 15. März bis 30. Juni erfolgen und Hervorgehoben werden soll bei dieser Gele- danach nur abschnittsweise, um den Tieren genheit die Bedeutung der Streuobstbe- (vor allem Jungvögeln) nicht jede Zufluchts- stände. Die alten Birn- und Apfelbäume in möglichkeit zu entziehen. Auch auf die den Dorfbereichen oder bei Einzelhöfen Artenzusammensetzung im Bewuchs der sind wertvolle Elemente der Kulturland- Böschungen hat die Mahd einen Einfluss. schaft und von großer landschaftlicher Rele- Grundsätzlich sollte möglichst wenig oft vanz. Sie stellen Zeugen einer alten Obst- gemäht werden, damit eine natürlichere und anbauweise dar und vielfach befinden sich vielfältigere Ufervegetation sich ansiedeln unter ihnen wunderschöne Baumexemplare, kann. die nicht so sehr wegen ihrer Größe hervor- stechen als wegen ihrem Alter, den knorr- Zäune stellen vielerorts einen wertvollen gen Stämmen und der starken Verästelung. Bestandteil der Kulturlandschaft und somit Blüte und Fruchtbestand unterstreichen ein interessantes landschaftsgestalterisches deren landschaftlichen Reiz. Schließlich Element dar. Dabei ist darauf zu achten, darf auch die Obstproduktion (wobei es sich dass die Umzäunungen in ortsüblicher Art um Bioobst handelt) nicht vergessen wer- und Weise errichtet werden und dass vor den, die durch einen verhältnismäßig gerin- allem auch auf die Verwendung von Sta- gen Pflegeaufwand erzielt werden kann. cheldraht verzichtet wird. Ansonsten bedeu- Die ebenfalls landschaftsrelevanten Nuss - ten Abzäunungen eindeutige Störfaktoren in bäume stehen fast durchwegs bei den ein- der Landschaftswahrnehmung. zelnen Gebäuden, wo sie die Funktion als Hausbäume übernehmen. Schließlich sei auch noch auf einen iso- lierten Ahornbestand unterhalb des Wei- lers Stein (1.500m – 1.530 m) verwiesen,

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Seite / Pag. 20 der als Zeuge besonderer Klimaverhältnisse Archäologische Schutzgebiete eindeutig als erhaltenswert einzustufen ist. Aus den genannten Gründen soll mit dem Die archäologischen Schutzgebiete werden Grün- und Baumbestand möglichst scho- gemäß den Angaben des Landesdenkmal- nend umgegangen werden. Die Ermächti- amtes in die Kartographie aufgenommen, gung für die Schlägerung von Bäumen welches auch für Grabungsermächtigungen innerhalb des verbauten Ortskerns erteilt zuständig ist. Die bereits bestehende Zone (gemäß Landschaftsschutzgesetz L.G. am Waldhang nördlich von Wiesen wird 16/1970 und dazugehörender Durchfüh- erweitert, damit beide archäologisch interes- rungsverordnung) der Bürgermeister und santen Kuppen, der Gschleidboden und der außerhalb des verbauten Ortskerns ist (ge- Burgstall, im Schutzgebiet eingebunden mäß Forstgesetz L.G. 21/1996) die Forst- sind. Weitere, neue archäologische Zonen behörde zuständig. Um den Baumschutz kommen in Schmuders, Überwasser, Tulfer und das Grünmanagement vor allem im und Afens hinzu. In der Gemeinde Pfitsch Siedlungsbereich noch zu verbessern, kann konnten Funde aus verschiedenen Zeit- die Gemeinde weitreichendere Regelungen perioden getätigt werden (weitere Informa- (Baumschutzsatzungen, einschlägige Be- tionen zu den archäologischen Schutz- stimmungen für die Gemeindebauordnung) gebieten: Amt für Bodendenkmäler, festlegen. ArchaeoBrowser).

Einschränkungen für den Motorfahrzeugverkehr

Die Straße auf das Pfitscher Joch führt in eine alpine Region bis auf eine Meereshöhe von 2.250 m. Außer der üblichen almwirt- schaftlichen Nutzung und einer Schutzhütte gibt es in diesem Gebiet keine weiteren Einrichtungen oder wirtschaftliche Nutzun- gen. Wir befinden uns in einem Berg- und Ruhegebiet das ein großes Erholungspoten- tial aufweist. Durch die Verkehrssperre ab der vierten Kehre der Pfitscherjochstraße (wo der Wandersteig zur Europahütte ab- zweigt) soll das Gebiet von den Lärm- und Schadstoffbelastungen des Motorfahrzeug- verkehrs möglichst verschont bleiben und Störungen sowie Konfliktsituationen mit den Wanderern und Bergradfahrern vermieden werden. Nur mit der Eintragung des Durch- fahrtsverbots für den allgemeinen Motor- fahrzeugverkehr in den Landschaftsplan kann eine möglichst klare und effiziente

Verkehrsregelung erreicht und den Bürgern mehr Rechtssicherheit geboten werden. Durnsee mit den Gletschern der Zillertaler Alpen Die außergewöhnliche Benutzung der im Hintergrund. betroffenen Straße wird gemäß Landes- gesetz Nr. 10 vom 08.05.1990, in geltender Fassung, geregelt.

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4. Landschaftsentwicklung und -pflege

Unterschutzstellungen reichen dungen und zum zweiten bringt der enge nicht aus Kontakt mit der Bevölkerung Akzeptanz- vorteile mit sich.

Beim vorliegenden Plan handelt es sich fast ausschließlich um ein Schutzinstrument für einzelne Gebiete, für gewisse Tier- und Bürgerbeteiligung und Infor- Pflanzenarten, Natur- und Kulturobjekte mation usw. Schützen allein aber reicht nicht aus. Die Landschaft ist einer ständigen Ent- Für die Umsetzung von landschaftspflege- wicklung unterworfen, die gesteuert werden rischen Maßnahmen ist die Bürgerbeteili- muss. Vor allem die Bereiche der Land- gung von großer Bedeutung. Eine nach- schaftspflege und -aufwertung (Behebung haltige Landschaftsentwicklung kann nur landschaftsökologischer Defizite, Renaturie- gelingen, wenn die vorgesehenen Maß- rungen) bedürfen zusätzlicher Instrumente. nahmen von der Bevölkerung mitgetragen Dies betrifft sowohl die ländliche Kultur- werden. Deshalb ist es wichtig, sowohl bei landschaft als auch das Siedlungsgebiet. Es der Erstellung als auch bei der Umsetzung handelt sich dabei um Maßnahmen des eines Landschaftskonzeptes, am besten in aktiven Landschaftsschutzes, wofür die Form einer Arbeitsgruppe, sämtliche Land- Initiative von Seiten der örtlichen Behörden nutzer mit einzubeziehen, um mögliche Nut- bzw. der Landnutzer besonders gefragt ist zungskonflikte auszuräumen. Auch allge- und es wenig Sinn ergibt, wenn diese meine Information und Aufklärung ist im hoheitlich verordnet werden (wie dies formal Natur- und Landschaftsschutz großge- bei den Schutzmaßnahmen der Fall ist). schrieben, denn der Mensch achtet und schützt nur, was er kennt!

Landschaftsentwicklungskon- zept für die Gemeinde

Die Erarbeitung eines Landschaftsleitbildes oder landschaftlichen Entwicklungskonzep- tes ermöglicht es der Gemeinde, aktiv die Landschaftsentwicklung mitzugestalten. Auch ein Landschaftsinventar, eine Baum- schutzverordnung, ein Grünordnungsplan für den Siedlungsbereich oder ein Kultur- landschaftsprogramm tragen zu einer Ver- besserung der Natur- und Landschafts- Wesentliche Berührungsbereiche zwischen schutzarbeit in der Gemeinde bei. Schließ- Raumnutzungen und Landschaftsschutz lich sind die Entscheidungskompetenzen (Quelle: Landschaftsleitbild Südtirol) der Gemeinde ausgeweitet worden, wes- halb auch immer mehr Fachkompetenz in den Verwaltungen vor Ort gefragt ist. Die Fördermaßnahmen Gemeinde stellt für den Natur- und Land- schaftsschutz eine äußerst interessante Ein weiteres wichtiges Instrument für die Tätigkeitsebene dar: zum einen fallen in der Landschaftspflege sind die Fördermaß- Gemeinde für alle Projekte und Vorhaben nahmen. Das Land Südtirol vergibt über die wichtige Entscheidungen und Vorentschei- EU Verordnung 1698/2005 Landschafts-

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Seite / Pag. 22 pflegeprämien für eine ökokompatible ziele, Schutz- bzw. Gestaltungsziele und die Landwirtschaft . So gibt es Prämien für die für die Erreichung dieser Ziele notwendigen Bearbeitung und Pflege von artenreichen Maßnahmen beschrieben werden. Für die Bergwiesen, Magerrasen, Lärchenwiesen, tägliche Natur- und Landschaftsschutzarbeit Kastanienhainen, für Hecken sowie für in den Gemeinden kann deshalb gerade Beweidungsverzichte in Mooren und Auwäl- dieser Teil des Fachplanes eine interes- dern, sofern sie als Biotop oder Naturdenk- sante Hilfestellung darstellen. mal ausgewiesen sind. Die Gemeinde, in Zusammenarbeit mit der Forstbehörde, kann darauf einwirken, dass diese Förde- rungen verstärkt in Anspruch genommen werden. Weiters sind auch Beiträge für die Erhal- tung und Pflege von Landschaftsele- menten , wie Schindel- und Strohdächer, traditionelle Zäune, Trockenmauern sowie weitere Zeugnisse bäuerlicher Architektur und traditionelle Bewirtschaftungsformen und andere Landschaftspflegemaßnahmen (z.B. Entfernung von Drahtzäunen, unter- irdische Verlegung von Freileitungen, Schaffung von Amphibienteichen, Renatu- rierung verbauter Gewässer usw.) sowie umweltdidaktische Projekte vorgesehen.

Landschaftsleitbild Südtirol

Das Landschaftsleitbild Südtirol – der LEROP-Fachplan zum Bereich Natur und Landschaft – enthält umfassende Richtlinien und Umsetzungsstrategien für die lang- fristige Sicherung der Südtiroler Landschaft Das Gemeindegebiet von Pfitsch ist gemäß als Natur-, Lebens- und Wirtschaftsraum. Landschaftsleitbild Südtirol fünf Land- Dieses Ziel kann aber von der Landschafts- schaftseinheiten zuzuordnen. Im Folgenden schutzbehörde allein nicht erreicht werden. werden diese fünf Einheiten mit den vom Es muss gelingen alle Landnutzer (Land- Fachplan vorgesehenen und auf einen akti- wirtschaft, Forstwirtschaft, Wasserwirt- ven Landschaftsschutz ausgerichteten schaft, Tourismus, Freizeit und Erholung, Steuerungsmaßnahmen aufgelistet: Raumplanung) in diese Aufgabe einzu- binden. Die Berührungsbereiche mit den a) Landschaftseinheit – Siedlungs- verschiedenen Landnutzern, mögliche Kon- räume fliktpotenziale als auch gemeinsame Inte- ressen erfahren eine ausführliche Analyse. Maßnahmen: Weiters werden im Landschaftsleitbild Südtirol die Instrumente und Strategien des • Vermeiden von Zersiedelung; Natur- und Landschaftsschutzes dargestellt. • Fachgerechte bauliche Ausführung (Einbin- dung in Landschaft und Baubestand, Mate- rialaufbau, Regenwassernutzung, Vermei- Der Fachplan liefert auch eine Gliederung dung von Bodenversiegelung, Versickerung der Landschaft Südtirols in verschiedene von Niederschlagswasser usw.); Landschaftseinheiten, wobei für jede die • Erhalten und Schaffen von Grünräumen naturschutzfachliche Bedeutung, die jewei- (u.a. auch Dach- und Fassadenbegrünungen) ligen Probleme und Konflikte, Nutzungs- und naturnahe Grünpflege;

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• Erhalten ökologischer Elemente im Sied- • Gewässerschutz (ökologische Gerinnebe- lungsraum und ökologisches Vernetzen mit handlung, Revitalisierung, Gülleverordnung, dem Umland durch Hecken, Alleen usw.; Wasserschutzgebiete usw.); • Ökologische Durchführungs- und Wiederge- • Landschaftsgerechte Kapazitätenfestlegung winnungspläne; für touristische Einrichtungen; • Erstellen von Grünordnungsplänen; • Erstellen von Landschaftsinventaren und Kul- • Ausarbeiten einer Baumschutzverordnung; turlandschaftsprogrammen. • Ausbau des Fuß- und Radwegenetzes; • Einrichten attraktiver Naherholungszonen. d) Landschaftseinheit – Waldstufen b) Grünland- und ackerbaudomi- Maßnahmen: nierte Talböden und Randzonen • Erhaltung der Waldgesellschaften als gene- relles Ziel und Ausweisung von Schutzgebie- Maßnahmen: ten für repräsentative Waldbestände; • Ausgliederung von sensiblen Zonen für den • Förderungsstopp für die Beseitigung land- Schutz gefährdeter Arten (z.B. Greifvögel); schaftsrelevanter Strukturelemente sowie die • Naturnahe Waldbehandlung; Entwässerung von Feuchtlebensräumen und • Festsetzen von Pflegemaßnahmen für Wald- die Bewässerung von Trockenstandorten, ränder (Förderungen); Förderung für Düngeverzicht; • Beibehaltung traditioneller Mehrfachnutzun- • Sicherung naturnaher Restflächen sowie gen des Waldes (z.B. Waldweide); Erhaltung und Förderung einer nachhaltigen • Anstreben einer differenzierten Wegenetz- Nutzung mit deutlich abgestuften Nutzungs- dichte gemäß Bedarf, mit landschaftsscho- intensitäten (Nutzungsmosaik); nender Bauweise; • Ausarbeitung von Kulturlandschaftsprogram- • Festlegung und Erfüllung von Schalenwild- men und von Förderprogrammen zur Sicher- abschussplänen und Auflassen der Scha- stellung artenreicher Wiesenflächen; lenwildfütterung; • Standortgemäße Viehdichten, Gülleverord- • Begrenzung des Ausbaus von Skigebieten nung, Reduktion der Düngemengen; und des Einsatzes von Schneekanonen. • Beibehaltung der Landschaftspflegebeiträge für die Erhaltung traditioneller Bewässe- e) Landschaftseinheit – Alpine Be- rungssysteme; • Reaktivierung natürlicher Retensionsräume reiche und Hochlagen (z.B. Feuchtwiesen) sowie Erstellung von Richtlinien für die Revitalisierung von Fließ- Maßnahmen: und Stillgewässern sowie Gräben; • Festlegung von Tabuzonen für den Schotter- • Aufrechterhaltung der traditionellen Almwirt- und Kiesabbau, Renaturierungsauflagen; schaft mit abgestuften Nutzungsintensitäten • Landschaftsschonende Baunutzung; (Anpassung der Viehdichten); • Landschaftsgerechte Kapazitätsfestlegung in • Nutzungssteuerung durch agrarisches Förde- touristischen Regionen. rungswesen mit stärkerer ökologischer Orien- tierung; • Streichung der Fördersätze für Geländekor- c) Landschaftseinheit – Bergland- rekturen und Entwässerung; wirtschaftszonen • Erstellen von Landschaftsinventaren und Kulturlandschaftsprogrammen; Maßnahmen: • Erhaltung bzw. Regeneration der ausgedehn- ten Moorgebiete, Schutz aller Torfvorkommen • Erhalten traditioneller Wirtschaftsformen und und deren torfbildender Pflanzengesellschaf- abgestufte Anpassung der Viehdichten; ten; • Reduzieren der Intensitätsstufen mittels • Begrenzung des Ausbaus von Skigebieten Anreizen durch Landschaftspflegeprämien; und des Einsatzes von Schneekanonen; • Förderungen für die Erhaltung und Pflege von • Nutzung des öffentlichen Wassergutes bzw. Landschaftselementen (Hecken, Trocken- Regulierung der Gewässer nach ökologi- mauern, Lesesteinhaufen, Zäunen usw.); schen Kriterien (z.B. ingenieurbiologische • Streichung der Förderungen für Geländekor- Sicherungsmaßnahmen); rekturen, Beseitigung landschaftsrelevanter • Gezielte Besucherlenkungskonzepte (Anlage Strukturelemente, Entwässerung von Feucht- von Knüppelpfaden durch Moore, Abzäunung standorten, Bewässerung von Trockenstand- kritischer Bereiche, Festlegen von Reitrouten, orten); Ausweisung von Wildruhezonen). • Überprüfung der Förderungen für Wegebau; • Standortbezogene Regelung der Waldweide;

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