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SWR2 Zeitwort 12.05.1967: veröffentlicht "" Von Matthias Kugler

Sendung: 12.05.2017 Redaktion: Ursula Wegener Produktion: SWR 2017

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Musik: „A Whiter Shade of Pale“ – Procol Harum

Autor: war gefrustet. Jahrelang hatte der englische Sänger, Songwriter und Pianist sich mit seiner Band abgemüht, hatte Singles und Alben veröffentlicht, ein paar kleinere Hits gehabt und war seit Anfang der 60er Jahre regelmäßig mit den Beatles, den Rolling Stones und den Kinks auf Tour. Am Ende waren alle berühmt, nur die Paramounts nicht.

Musik: „Poison Ivy“ / The Paramounts

Autor: Gary Brooker hatte danach keine Lust mehr, Musiker und Künstler zu sein. Er wollte alles hinschmeißen. Bis er den Texter traf, der ihm regelmäßig seine Lyrics schickte, die alle von Tod, Sex und Gewalt handelten. Das passte so gar nicht in den „Summer of Love“ 1967, in dem es um Frieden, Gewaltlosigkeit und freie Liebe ging. Ein Song-Text aber blieb hängen bei Gary Brooker: „A Whiter Shade of Pale“, grob übersetzt: „Eine noch blassere Version von sowieso schon blass“.

Musik: „A Whiter Shade of Pale“ – Procol Harum

Autor: Aber von was handelt der Text eigentlich? 16 jungfräuliche Priesterinnen, Räder auf der Tanzfläche schlagen, den Fandango auslassen? Hört sich an wie ein LSD- und Alkohol-Trip auf einer Party. Und genau das steckte dahinter! Ein Mann trinkt sich Mut an, um ein Mädel anzuquatschen und schildert, was er auf der Party erlebt. Gary Brooker fand die Geschichte großartig, die Musik hatte er angeblich in drei Minuten geschrieben. Vielleicht auch, weil er sich dabei von Johann Sebastian Bach und seiner „Air“ aus der Suite Nr. 3 in D-Dur inspirieren ließ.

Musik: "Air"- Johann Sebastian Bach

Autor: Das Problem war: Gary Brooker hatte keine Band. Eilig trommelten er und Keith Reid über Zeitungsannoncen ein paar Musiker zusammen und nannten die neue Gruppe Procul Harum. Wenig später gingen sie in die Olympic-Studios in London, am Schlagzeug saß Session-Drummer Bill Eyden, an der Hammond-Orgel Matthew Fisher, dazu die bluesige Gitarre von Ray Royer und Bassist , der zur feierlichen, von Matthew Fisher komponierten Orgel-Melodie einfach den Bass-Part aus der Bach-Kantate „Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“ spielte, was wunderbar passte.

Musik: „Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“ – Johann Sebastian Bach

Autor: Das getragene Intro entwickelt einen tranceartigen Sog, der bis heute die Faszination von „A Whiter Shade of Pale“ ausmacht. Die einzige Frage, die noch übrig war: wer sollte das Stück singen? Gary Brooker wollte eigentlich nur ein paar Klavier-Läufe 2 beisteuern. Am Ende ließ er sich dann doch überreden und sorgte mit seinem souligen Gesang für einen spannenden Kontrast zu den geheimnisvollen Lyrics und dem klassischen Arrangement des Songs.

Musik: Procol Harum "A whiter shade"

O-Ton von Gary Brooker: „Mit diesem Song wird es mir nie langweilig. Außerdem ist es meistens das einzige, was die Leute von uns kennen. Ich kann sie schlecht heim schicken, ohne ihn gespielt zu haben.“

Autor: Procol Harum veröffentlichten ihre Debüt-Single „A Whiter Shade of Pale“ am 12. Mai 1967. Zwei Wochen später stand die Platte auf Platz 1 in England, wurde zu einer der Hymnen des „Summer of Love“ und verkaufte sich weltweit über 10 Millionen Mal. Bis heute sind davon mehr als 700 Cover-Versionen entstanden, u.a. von Bonnie Tyler, Joe Cocker oder Annie Lennox. Für sie ist „A Whiter Shade of Pale“ einer der mystischsten und surrealistischsten Songs der Pop-Geschichte und es war die erste Platte, die sich die Ex-Eurythmics-Sängerin als Jugendliche gekauft hatte.

O-Ton Annie Lennox:

Autor: Den Song-Titel hatte Texter Keith Reid übrigens von Procol-Harum-Manager Guy Stevens, der ihn eines Morgens nach einer wilden Drogen-Party zu seiner mal wieder sehr übermüdeten Frau sagte: „Du siehst heute noch einen Tick weißer aus als blass, Schatz!“

Musik: A Whiter Shade of Pale / Procol Harum

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