Protokoll-Nr. 19/85

19. Wahlperiode Ausschuss für Ernährung und Landwirt- schaft

Wortprotokoll der 85. Sitzung

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Berlin, den 7. Juni 2021, 12:00 Uhr Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1, Paul-Löbe-Haus Sitzungssaal: 4.700

Vorsitz: , MdB

Tagesordnung - Öffentliche Anhörung

zu: a) Gesetzentwurf der Bundesregierung Federführend: Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung Mitberatend: des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit BT-Drucksache 19/29485 Berichterstatter/in: Abg. Hermann Färber [CDU/CSU] Abg. [SPD] Abg. Wilhelm von Gottberg [AfD] Abg. Dr. [FDP] Abg. Dr. [DIE LINKE.] Abg. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

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Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

b) Gesetzentwurf der Bundesregierung Federführend: Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Mitberatend: im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit einzuführenden Integrierten Verwaltungs- und Ausschuss Digitale Agenda Kontrollsystems (GAP-Integriertes Verwaltungs- Berichterstatter/in: und Kontrollsystem-Gesetz – GAPInVeKoSG) Abg. Hermann Färber [CDU/CSU] Abg. Rainer Spiering [SPD] BT-Drucksache 19/29488 Abg. Wilhelm von Gottberg [AfD] Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP] Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE.] Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

c) Gesetzentwurf der Bundesregierung Federführend: Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Mitberatend: im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit geltenden Konditionalität Ausschuss Digitale Agenda (GAP-Konditionalitäten-Gesetz – GAPKondG) Berichterstatter/in: Abg. Hermann Färber [CDU/CSU] BT-Drucksache 19/29489 Abg. Rainer Spiering [SPD] Abg. Wilhelm von Gottberg [AfD] Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP] Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE.] Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

d) Gesetzentwurf der Bundesregierung Federführend: Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Mitberatend: im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und finanzierten Direktzahlungen nukleare Sicherheit (GAP-Direktzahlungen-Gesetz – GAPDZG) Berichterstatter/in: Abg. Hermann Färber [CDU/CSU] Abg. Rainer Spiering [SPD] BT-Drucksache 19/29490 Abg. Wilhelm von Gottberg [AfD] Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP] Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE.] Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

19. Wahlperiode Protokoll der 85. Sitzung Seite 2 von 31 vom 7. Juni 2021

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Hinweise:

Aufgrund der Einschränkungen durch die Covid-19-Pandemie wird die Sitzung weitgehend im Wege einer Webex-Videokonferenz stattfinden. Insbesondere die Sachverständigen werden an der öffentlichen Anhörung per Webex-Videokonferenz teilnehmen. Teilnehmerinnen und Teilnehmern per Webex-Videokonferenz, denen das Wort erteilt wird, wird empfohlen, bei ihrem Beitrag ein Headset zu verwenden.

Wegen der Beachtung der Abstandsregeln aufgrund der Covid-19-Pandemie sind die Fraktionen gebeten, möglichst (nur) durch die Berichterstatter/innen im Sitzungssaal zu erscheinen.

Pro Fraktion soll nur bis zu ein/e Referent/in Zutritt zum Sitzungssaal erhalten.

Die Anwesenheit persönlicher Mitarbeiter/innen ist im Sitzungssaal nicht möglich.

Die Vertreter/innen der Bundesländer sind gebeten, im Wege der Webex-Videokonferenz an der Anhörung teilzunehmen.

Die Teilnahme von externen Besucherinnen und Besuchern sowie Pressevertreterinnen und -vertretern ist in begrenzter Zahl im Wege der Webex-Videokonferenz möglich. Eine schriftliche Anmeldung hierfür ist bis spätestens 3. Juni 2021 per E-Mail an [email protected] erforderlich. Nach diesem Datum werden die Zugangsdaten zur Webex-Videokonferenz auf elektronischem Wege übermittelt.

Die Anhörung wird aufgezeichnet und am 8. Juni 2021 um 12:00 Uhr im Kanal 1 des Parlamentsfernsehens übertragen. Anschließend wird sie in der Mediathek des Deutschen Bundestages abrufbar sein.

Am 10. Februar 2021 ist die Allgemeinverfügung des Präsidenten des Deutschen Bundes- tages vom 8. Februar 2021 in Kraft getreten. Danach besteht die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske (OP-Maske, FFP2- oder FFP3-Maske) in den Gebäuden des Deutschen Bundestages. Dies gilt für alle Räume, einschließlich der Sitzungssäle. In den Sitzungssälen kann die medizinische Gesichtsmaske am Platz abgelegt werden, wenn ein Mindestabstand zu anderen Personen von mindestens 1,5 Metern gewährleistet ist. Nach einer Verständigung der Obleute soll die medizinische Gesichtsmaske allenfalls bei der Abgabe eines Wortbeitrages abgelegt werden.

Alois Gerig, MdB Vorsitzender

19. Wahlperiode Protokoll der 85. Sitzung Seite 3 von 31 vom 7. Juni 2021

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Liste der Sachverständigen Öffentliche Anhörung am Montag, dem 7. Juni 2021, 12:00 bis 14:00 Uhr

Stand: 20. Mai 2021

Einzelsachverständige: Prof. Dr. Harald Grethe

Jürgen Maurer

Hubertus Paetow

Konrad Schmid

„Verbandssachverständige“: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e. V. (AbL)

Deutscher Bauernverband e. V. (DBV)

Deutscher LandFrauenverband e. V. (DLFV)

Deutscher Verband für Landschaftspflege e. V. (DVL)

FREIE BAUERN Deutschland GmbH

19. Wahlperiode Protokoll der 85. Sitzung Seite 4 von 31 vom 7. Juni 2021

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Mitglieder des Ausschusses (sofern im Sitzungssaal anwesend)

Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder

CDU/CSU Auernhammer, Artur Färber, Hermann Gerig, Alois

SPD Spiering, Rainer

AfD Gottberg, Wilhelm von

FDP

DIE LINKE. Tackmann, Dr. Kirsten

BÜNDNIS 90/ Ostendorff, Friedrich DIE GRÜNEN

19. Wahlperiode Protokoll der 85. Sitzung Seite 5 von 31 vom 7. Juni 2021

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Der Vorsitzende: Meine sehr verehrten Damen und im Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich darf Landwirtschaft und Forsten. Von Verbänden und Sie alle sehr herzlich zu der öffentlichen Anhörung Institutionen begrüße ich: für die Arbeitsgemein- des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft schaft bäuerliche Landwirtschaft (e. V. - AbL), zu den vier Gesetzentwürfen der Bundesregierung Herrn Phillip Brändle, für den Deutschen Bauern- im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verband (e. V. - DBV) den Präsidenten Joa- herzlich begrüßen. Die vier Untertitel muss ich chim Rukwied, für den Deutschen LandFrauenver- Ihnen nicht einzeln benennen. Wie Sie wissen, hat band (e. V. – dlv) die Erste Vizepräsidentin Julia- unser Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft ne Vees, für den Deutschen Verband für Land- ein breit gefächertes Aufgabengebiet. Einen beson- schaftspflege (e. V. - DVL), den Geschäftsführer deren Stellenwert in unserer Ausschussarbeit Herrn Dr. Jürgen Metzner und für die FREIEN BAU- nimmt generell der Bereich der GAP der Europä- ERN Deutschland (GmbH) (FREIE BAUERN) Herrn ischen Union (EU) ein. In der aktuellen Wahlperio- Reinhard Jung. Wir haben den Sachverständigen de sind die Verhandlungen auf EU-Ebene zur Aus- die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme an- gestaltung der GAP natürlich eine ganz besonders heimgestellt. Fünf von ihnen haben von der Mög- zentraler Punkt unserer Ausschussarbeit. In seiner lichkeit Gebrauch gemacht. Diese Stellungnahmen Sitzung am 19. Mai 2021 hat deshalb unser Aus- werden auf der Internetplattform unseres Aus- schuss entscheiden - einstimmig, zu den vier Ge- schusses veröffentlicht werden. Drei zusätzliche setzentwürfen der Bundesregierung eine öffentliche unaufgeforderte Stellungnahmen wurden an die Anhörung durchzuführen. Die Gesetzentwürfe, die Obleute des Ausschusses weitergeleitet. Es freut der nationalen Umsetzung der GAP-Reform für die mich, dass für die Bundesregierung der Parlamen- kommende Förderperiode dienen, streben nach tarische Staatssekretär (PSt) , MdB Darstellung der Bundesregierung eine Schaffung (BMEL) ebenfalls virtuell an unserer Veranstaltung von verlässlichen Rahmenbedingungen an, die so- teilnimmt. Noch kurz zum Verfahren, dann können wohl die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft wir starten. Wir haben vereinbart, dass nach meiner erhalten, als auch die Einkommen der Bäuerinnen Begrüßung die Sachverständigen jeweils ein Ein- und Bauern sichern und gleichzeitig den sich wan- gangsstatement von bis zu drei Minuten halten dür- delnden gesellschaftlichen und ökologischen An- fen. Da bitte ich Sie, unbedingt diese Zeitvorgabe - forderungen gerecht werden sollen. Dabei soll wei- auch bei der Fülle der Experten - einzuhalten. Ich ter am Zwei-Säulen-Modell und damit an einer bitte Sie, die Mikrofone wieder auf „stumm“ zu Fortführung der Direktzahlungen als wichtigem schalten - aber da haben Sie ja alle entsprechende Einkommensbeitrag für die Landwirtinnen und Übung. Die Obleute von uns haben sich darauf ver- Landwirte festgehalten werden. Zudem ist eine um- ständigt, die Sachverständigen in mindestens fassendere Förderung von Umwelt- und Klimalei- zwei Runden mit Frage- und Antwortzeiten zu stungen als bisher vorgesehen. Schade, dass die gleichmäßigen fünf Minuten-Blöcken zu befragen. Trilog-Verhandlungen vor zehn Tagen zunächst ge- Die öffentliche Anhörung wird zeitversetzt am scheitert sind. Wir möchten heute mit den neun 8. Juni (2021) um 12:00 Uhr im Kanal 1 des Parla- von den Fraktionen benannten Sachverständigen mentsfernsehens übertragen werden und ist an- über die vier Gesetzentwürfe der Bundesregierung schließend auf der Mediathek des Deutschen Bun- sprechen, um uns so ein vertiefendes Bild zur na- destages abrufbar. Leider können wir aufgrund der tionalen Umsetzung der GAP-Reform zu verschaf- Pandemie keine externen Besucher und Pressever- fen. Ich darf deshalb zunächst die Sachverständi- treter hier im Saal zulassen, aber die Teilnahme gen begrüßen, die alle virtuell im Wege der Video- wurde in begrenzter Form auf dem Wege einer konferenz zugeschaltet sind. Als Einzelsachverstän- Videokonferenz ermöglicht. Wenn jetzt kein Wider- dige begrüße ich sehr herzlich den Herrn spruch zu erkennen ist, das scheint der Fall, dann Prof. Dr. Harald Grethe von der Humboldt-Univer- starten wir direkt in unsere Anhörung mit den Ein- sität zu Berlin, Herrn Jürgen Maurer, der Vorsitzen- gangsstatements der Sachverständigen. Und in der de des Bauernverbandes Schwäbisch Hall Hohen- Reihenfolge, wie ich Sie begrüßt habe, haben Sie lohe Rems (e. V.), den Herrn Hubertus Paetow, Prä- nun, lieber Professor Grethe, für drei Minuten das sident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft Wort. Bitte schön, ich hoffe … (DLG) und Herrn Konrad Schmid, Abteilungsleiter

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Prof. Dr. Harald Grethe (per Video): Ja, vielen im Einzelnen drin? Und da ist schon ein recht gu- Dank Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und tes Paket, finde ich, zusammengestellt. Und man Herren, vielen Dank für die Einladung. Ich mache könnte an einigen Stellen mehr machen. Man das ganz gerne. Ganz kurz nur insgesamt zur Wei- könnte die Mehrjährigkeit besser verankern. Man terentwicklung der GAP. Ich halte das nicht für könnte die Nährstoffbilanzierung mit Begrenzung einen Systemwechsel, sondern weiterhin für Stück- von Bilanzüberschüssen besser verankern. Da gehe werk. Aber es gibt eine Reihe von Schritten in die ich jetzt nicht weiter ins Detail, können wir in der richtige Richtung. Nun kann man sich fragen, was Diskussion tun. Letzter Punkt. Weideprämie, von man jetzt tut. Und wenn man zu diesem Zeitpunkt Vielen immer gefordert, habe ich auch immer für eine völlig andere GAP politisch fordert, dann ist plädiert. Aber bitte nicht als pro Kopf Prämie für das gut für den Wahlkampf, aber es bringt die Sa- ausgewählte Tierarten, sondern an die Weidefläche che jetzt nicht weiter. Ich glaube, jetzt muss man gekoppelt und dann auch für andere Tierarten öff- diesen Trilog abschließen und dann in Deutschland nen. Es lässt sich überhaupt nicht begründen, wa- das Beste aus dem machen, was auf dem Tisch rum man das für Mutterkühe tun soll und für liegt. Einige Stellschrauben gibt es ja noch im Tri- Milchkühe und Nachzucht z. B. nicht. Danke. log. Für eine wichtige halte ich dort den Anteil der Eco Schemens, wie vom Europäischen Parlament Der Vorsitzende: Danke Herr Professor Grethe. Jetzt (EP) vorgeschlagen auf 30 Prozent hochzuziehen. rufe ich den Herrn Jürgen Maurer. Wenn wir jetzt auf die deutschen Vorschläge schauen, dann würde ich sagen, das ist nicht so Jürgen Maurer (per Video): Vielen Dank Herr Aus- ambitionslos wie befürchtet, aber mehr würde ge- schussvorsitzender Alois Gerig für das Wort. Vielen hen. Und wenn wir schauen auf das, was mehr ge- Dank für die Einladung. Einen Gruß auch an alle hen würde, dann ist das zum einen die Umverlage- Teilnehmenden hier aus Hohenlohe. Ich werbe da- rung in die 2. Säule, die man noch engagierter be- für, eine vereinfachte und unbürokratischere GAP treiben könnte, als erst mit 15 Prozent am Ende des zu gestalten. Es muss auch möglich sein, hier die Finanzzeitraumes. Denn diese 15 Prozent, die hät- Praktikabilität mit einfließen zu lassen. Es muss ten wir schon in der letzten Finanzperiode gerade einfacher und unbürokratischer werden, die GAP. im Abschluss befindlichen haben können. Wir Wir brauchen auch Einkommenseffekte, die die könnten also weitergehen und sollten weitergehen. Landwirte nicht nur davor bewahren, einen Aus- Die 12 Prozent für die ersten Hektar (ha) halte ich gleich zu bekommen, sondern ich sage immer, es im Großen und Ganzen für unsinnig, weil kleine muss ein Fruchtfolgeglied sein, die GAP-Erweite- Betriebe eben nicht besser sind als große. Nun kann rung und die Biodiversität, die hier gefordert ist. man sagen, das tut dann nicht so weh, aber das Hier brauchen wir einen Einkommenseffekt. Und Geld fehlt einem ja an anderer Stelle. Und man was auch ein großer Aspekt ist, ich kann halt im- könnte dieses Geld auch, wenn man nur auf mer nur aus der Praxis berichten, es sollte nicht 7,5 Prozent geht, was der Mindestsatz zurzeit in der kollidieren mit Ländervorschlägen, die schon um- europäischen Diskussion noch ist, auch verwenden gesetzt werden, Baden-Württemberg z. B. mit dem für eine engagiertere Ausstattung der Öko-Rege- Biodiversitätsstärkungsgesetz. Hier sollte es nicht lung. Und da muss man festhalten, 25 Prozent sind, kollidieren. Das wäre für mich ein wichtiges Anlie- wenn man richtig in die Fläche will, und zwar gen. Und die Fruchtfolgewechselthematik sollte auch in den intensiven Gebieten, ist das nicht sehr auch berücksichtigt werden. Hier sollte darauf viel. Und dort könnte man halt mehr Ausstattung achtgegeben werden, dass es mit zwei Drittel der gut gebrauchen. Und da sollte man drüber nach- Ackerfläche genüge getan ist und dass Grünlandbe- denken, das als Facing In zu machen. Z. B. anzu- triebe und Dauerkulturen hier mit berücksichtigt fangen mit 25 Prozent, aber 35 Prozent am Ende werden, die eine Fruchtartendiversifizierung so des Planungshorizonts zu erreichen. Dann hat man nicht vollziehen können. Das sind die Kernanlie- im Durchschnitt 30 Prozent. Das berücksichtigte gen, die ich so vorbringen möchte. Es sollte auch auch, dass diese Mittel ja abschmelzen jedes Jahr, gelingen, die Kontrollen zeitgemäß zu gestalten weil das ja 25 Prozent sind nach der Umverteilung und zu vereinfachen. Hier auch die Fortschritte der in die 2. Säule. Und dann ist natürlich die letzte Digitalisierung mit zu nutzen. Das sind Anliegen, große Stellschraube: was ist in den Öko-Regelungen die ich als Praktiker hier mit einbringen möchte. Es

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könnten auch noch weitere, ja Maßnahmen stattfin- Einschränkungen um sich greifen. Was ist wichtig den, die noch nicht berücksichtigt worden sind. bei den Konditionalitäten? Wie auch bei allen an- Hier ist das F.R.A.N.Z.-Projekt (F.R.A.N.Z. – Für deren Agrarumweltmaßnahmen plädieren wir da- Ressourcen, Agrarwirtschaft & Naturschutz mit Zu- für, dass mehr vom Ende mehr out put-orientiert kunft) z. B., an dem ich auch teilnehme. Einer von gedacht wird. Die Maßnahmen haben ja einen Sinn; zehn Betrieben, die hier bundesweit am Start sind sie sollen ökologisch eine Leistung bringen. Und über das Bundesumweltministerium und -landwirt- bei den Konditionalitäten wäre das z. B. anzuregen, schaftsministerium. Hier gibt es positive Beispiele die ursprünglichen Faktoren des Greenings, also zu berichten. Aber in diese können wir nachher in durch anderthalbfache Gewichtung besonders wert- der Diskussion einsteigen. Das wäre es von mir mal volle lineare Elemente beizubehalten. Was ist bei zunächst. Vielen Dank. uns am Ende für die Betriebe am Wichtigsten? Da habe ich drei Punkte. Zunächst mal, wie schon ge- Der Vorsitzende: Vielen Dank Jürgen Maurer. Kann sagt, zielorientierte, out put-orientierte Maßnah- es sein, dass Sie die Kamera nicht freigeschaltet men, die auch einen Einkommensbeitrag liefern. hatten, weil wir das Bild nicht sehen konnten? Wir müssen das ganz klar sagen. Die Betriebe ver- Vielleicht geht es nachher in der Diskussion noch- lieren bei dieser Reform Geld, weil sie Maßnah- mal anders. Und jetzt … men, die betrieblich Aufwand verursachen, zum Erlangen der Förderung einsetzen müssen. Es ist Jürgen Maurer (per Video): Wir sind technisch überhaupt nicht verständlich, warum das Prinzip, nicht so gut angebunden. Aus diesem Grund ver- dass es um einen reinen Kostenersatz bei den Maß- zichte ich auf das Bild. Ich bitte um Verständnis. nahmen geht, warum das eigentlich beibehalten werden soll. Mit einem reinen Kostenersatz holen Der Vorsitzende: Gut, dann können wir das sehr sie keinen Unternehmer hinter dem Ofen hervor. gut nachvollziehen. Der Ton ist ohnehin noch Der zweite Punkt ist: wie wird das Ganze verwal- wichtiger. Jetzt kommt der Hubertus Paetow von tungstechnisch organisiert? Hier plädiere ich sehr der DLG. für die Nutzung a) digitaler Verfahren und b) auch ins Auge zu fassen, regionale Kooperation zum Ma- Hubertus Paetow (per Video): Auch von mir einen nagement von Agrarumweltmaßnahmen, auch am- schönen guten Tag und vielen Dank, Herr Vorsit- bitioniert anzugehen und zügig in Gange zu brin- zender Gerig, und an den Ausschuss, dass ich hier gen. Und als letzten Punkt. Wenn wir out put-ori- teilnehmen darf. Von mir nur ein ganz kurzer Ab- entiert handeln wollen, brauchen wir Messungen riss aus Sicht der landwirtschaftlichen Betriebe. Ich dafür. Ich plädiere sehr dafür, wir werden nachher muss Herrn Grethe etwas widersprechen. Natürlich noch mehr davon hören, Mediatoren basierte Zerti- ist es ein Systemwechsel. Denn, wenn diese Rege- fizierungssysteme, sprich Punktesysteme, für die lungen so in Kraft treten, wie es vorgesehen ist, ökologischen Leistungen von Betrieben in Zukunft dann werden wir in Zukunft gar keine völlig bedin- wirklich mehr in den Blick zu nehmen. Das kann gungslosen Direktzahlungen mehr haben. Das muss man privatisieren, die Überprüfung. Man kann das man zur Vollständigkeit der Geschichte auch sagen. Ganze rationell organisieren und man kann damit Denn Konditionalität, Eco Schemes und 2. Säule die unternehmerische Kreativität der Betriebe noch sind alle an Leistungen des Betriebes gebunden, die besser nutzen als das bei reinen Maßnahmen über über das momentane Fachrecht hinausgehen. Was die Förderpolitik heute ist. Vielen Dank, das soll brauchen wir als Betriebe, damit wir diese Trans- reichen. Mehr nachher in der Diskussion. formation, die ja der Sinn dieser Reform ist, hin zu einer ökologisch verträglicheren Landwirtschaft Der Vorsitzende: Haben Sie zeitlich gut hinbekom- entsprechend auch mit unserer Energie mit beglei- men. Vielen Dank Herr Paetow. Jetzt rufe ich Herrn ten können? Wir brauchen eine gewisse Planungs- Schmid vom (Bayerischen) Staatsministerium (für sicherheit. Natürlich immer gehören Investitionen Ernährung, Landwirtschaft und Forsten). (Pause) dazu und zwar nicht nur bei den Zahlungen, son- dern auch bei den geplanten Einschränkungen. Wir Zuruf: Das Mikro(fon) ist noch aus(geschaltet). sehen gerade, dass im Bereich z. B. Insektenschutz sehr willkürlich und sehr schnell und sehr planlos

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Der Vorsitzende: Herr Schmid, können Sie sich ein ausgewogenes Paket zu gestalten. Und wenn freischalten? (Pause) Ja, dann springen wir einfach ich an die Schnittstellen denke, dann wird es noch zu … relativ viele Fragen geben, insbesondere beim Zu- sammenspiel zwischen Öko-Landbau beispielswei- Konrad Schmid (per Video): Entschuldigung, geht se einerseits und der Öko-Regelung Verzicht auf es jetzt? Bin ich jetzt zu hören? chemisch-synthetischen Pflanzenschutz (anderer- seits). Wie gehen wir mit der Kombination dieser Der Vorsitzende: Doch, jetzt, jetzt geht es. Dinge um? Oder schließen wir die Öko-Betriebe beispielsweise von dieser Öko-Regelung aus? Und Konrad Schmid (per Video): Vielen Dank Herr Vor- dann stellt sich am Ende natürlich die große Frage: sitzender. Entschuldigung, die Technik hat etwas Was machen die Betriebe aus diesem Angebot, Eigenleben entwickelt. Vielen Dank für die Einla- wenn einerseits wir ja sehen, dass die Basisprämie dung, hier als Einzelsachverständiger auftreten zu sinkt, vom Stand „jetzt“ zumindest, und zwar dürfen und mit dazu beizutragen, dass wir eine durch Umschichtung einerseits, aber auch durch GAP-Reform hinbekommen, auch zeitgerecht, die die Öko-Regelungen, (und) durch andere Maßnah- viel Neuland bedeutet. Neuland vom Verfahren men? Dass zum anderen die bisherige Greening- her. Das ist bekannt, warum der Zeitdruck so hoch Prämie, die ja auch etwas geleistet hat, (oder) wo ist. Neuland aber auch, und da sind wir schon da- eine Leistung dahinter gestanden hat, diese im von überzeugt oder bin ich davon überzeugt, Neu- Grunde dann entfällt. Wenn dann Öko-Regelungen land aber auch inhaltlich. Denn was komplett neu da sind, die vielleicht für den Einzelbetrieb entwe- ist, sind die Eco Schemes, diese Öko-Regelungen, der nicht attraktiv genug sind oder (sich da) nicht die sozusagen die Brücke schlagen sollen zwischen nutzbar sind, weil das im Betriebsgeschehen nicht den Direktzahlungen und den Agrarumweltmaß- passt oder weil der Betrieb nicht dazu passt, und nahmen in der 2. Säule. Und genau darin besteht wir dann gleichzeitig auch in der 2. Säule weniger natürlich die große Herausforderung: diese Öko-Re- Maßnahmen haben werden, aber engagiertere, dass gelungen so zu gestalten, dass sie einerseits breit dann die Betriebe nicht, oder einige Betriebe nicht, wirksam sind in der ganzen Bundesrepublik und auf die Idee kommen, komplett auszusteigen, um möglichst auch für alle Betriebe, damit eine neue sich damit sozusagen von den Steuerungsmaßnah- Agrarpolitik auch wirklich sichtbar grüner wird men (der GAP-Zahlungen) zu entziehen. Deswegen und natürlich die Betriebe auch die Möglichkeit plädieren wir dafür, diese Gesetzentwürfe jetzt haben, daraus dann einen gewissen Einkommens- (schnell) durchzuziehen und zu beschließen und beiwerk(-trag) zu erwirtschaften. Das ist allerdings Änderungen dann auch entsprechend nachzuzie- ein spezielles Thema. Zum Zweiten ist es natürlich hen, wenn es wieder Klarheit schafft in Brüssel. so, dass wir noch viele Ungereimtheiten haben im Danke. Detail zwischen den Schnittstellen 1. Säule - 2. Säule. Und insofern ist es natürlich als Vertreter Der Vorsitzende: Vielen Dank, Sie haben sicher eines Bundeslandes, das bisher in der 2. Säule sehr gleich noch die Möglichkeit, in der Diskussions- ambitioniert (und) auch engagiert war mit Agrar- runde zu Wort zu kommen. Ich rufe jetzt den Herrn umweltmaßnahmen, ähnlich wie unsere Nachbar- Phillip Brändle von der AbL. länder, muss man natürlich schon erkennen, dass es hier bei den Öko-Regelungen nicht eine reine ad- Phillip Brändle (AbL, per Video): Vielen herzli- ditive Wirkung geben wird. Sondern man wird hier chen Dank auch von meiner Seite für die Einladung im Grunde (auf) viele Maßnahmen von der 2. Säule und die Möglichkeit, Stellung nehmen zu können. in die Öko-Regelungen herübernehmen, was uns Vielleicht, auch wenn die Zeit knapp ist, eine allge- dann in der 2. Säule natürlich das Ambitionsni- meine und weitreichende Perspektive vorweg. veau etwas erhöht (selbstverständlich), aber auch Wenn wir die letzten Monate Revue passieren las- die Teilnahmebereitschaft und die Möglichkeit der sen, dann haben eigentlich alle Akteurinnen und Betriebe, da(ran) teilzunehmen, vielleicht etwas Akteure, sei es Bundeslandwirtschaftsministerin vermindert. Also diesen Trugschluss, es wird alles Julia Klöckner, die Agrarministerkonferenzen besser als es bisher schon ist, den darf man damit (AMK), oder auch wenn man in die Wahlprogram- glaube ich nicht machen, sondern es geht darum, me der großen Parteien guckt oder die Diskussion

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in der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ ver- jetzige Periode zur Implementierung eines solchen folgt, alle skizziert, dass spätestens ab 2027 die Systems genutzt werden müsste. Zweiter wichtiger „pauschale Flächenprämie“ der Honorierung von Punkt. Wir müssen alle landwirtschaftlichen Be- Gemeinwohlleistungen weichen wird. Und was wir triebe und alle Herausforderungen adressieren und auf der anderen Seite auch feststellen, ist, dass wir das bedeutet, dass wir die im Moment unterbe- gewaltige Herausforderungen haben in der Land- trachteten Grünlandbetrieb stärker honorieren müs- wirtschaft, das ist Ihnen allen bekannt, Luftreinhal- sen, z. B. wie (durch die) Einführung einer zusätzli- tung, Wasserreinhaltung und Klimaschutz, Umbau chen Weideprämie für Milchvieh. Herr Grethe hat Tierhaltung, aber eben auch die Einkommenssitua- es angesprochen, wir brauchen eine Honorierung tion von landwirtschaftlichen Betrieben. Und wenn der Reduktion von Nährstoffüberschüssen und man sich diese beiden Faktoren anschaut, dann ist nicht zuletzt auch eine Stärkung der Artenvielfalt doch klar, dass die jetzt anstehende Förderperiode z. B., und auch da sind sich ja viele Verbände einig, ab 2023 zum einen dafür genutzt oder vor allem da- durch eine stärkere Honorierung von kleinteiliger für genutzt werden muss, diesen Umbau zu organi- Bewirtschaftung. Und ein letzter Punkt. Die GAP sieren und zum anderen eben auch, diese Heraus- ist ja nicht nur Ökologie, sondern eben auch Ein- forderung adäquat zu adressieren. Und wie kann kommensgrundstützung. Und deswegen sprechen das so gelingen, dass wir dabei alle landwirtschaft- wir uns sehr dafür aus, die Mittel der Einkommens- lichen Betriebe mitnehmen und ihnen einen plan- grundstützung auch wirklich zielgerichtet und be- baren Rahmen schaffen? Als AbL meinen wir, dass darfsgerecht zu verwenden. Und das bedeutet eben die Öko-Regelungen im besonderen Maße dafür ge- auch die Umsetzung einer Kürzung der Mittel der eignet sind, einmal ökologische Leistungen zu ad- Basisprämie und eine Stärkung der kleineren und ressieren und auf der anderen Seite eben auch für mittleren landwirtschaftlichen Betriebe und eine Einkommen auf den landwirtschaftlichen Betrieben bedarfsgerechte Verwendung der Gelder der Jung- zu sorgen. Die Öko-Regelungen sind sozusagen landwirte in Förderung anhand einer qualifizierten erstmalig dafür da, dass Bäuerinnen und Bauern Niederlassungsprämie. Soviel in aller Kürze. Vielen mit Umwelt- und Tierschutzleistungen Geld ver- Dank. dienen können. Und deswegen sprechen wir uns auch dafür aus, die Öko-Regelungen schon bei Der Vorsitzende: Danke Herr Brändle. Nun kom- 30 Prozent starten zu lassen. Wir meinen aber auch, men wir zum DBV. Der Präsident Joachim Ruk- dass wir ein ansteigendes Budget für die Öko-Rege- wied. lungen brauchen und zwar deswegen, weil wir es nur dann schaffen, einen Bruch im Fördersystem Joachim Rukwied (DBV, per Video): Herr Vorsit- für landwirtschaftliche Betriebe hin zu 2027 zu ver- zender Gerig, meine sehr verehrten Damen und meiden. Also, es braucht einen planbaren, schritt- Herren. Vielen Dank, dass ich aus Sicht des DBV weisen, langsamen Übergang und dafür auch ein Stellung nehmen darf. Die GAP ist unseres Erach- planbares, schrittweises, ansteigendes Budget für tens sehr ambitioniert. Sie stellt, und das möchte die Öko-Regelungen. Zweiter zentraler Punkt bei ich auch unterstreichen, einen Systemwechsel dar, den Öko-Regelungen wird sein, dass wir sie mit weil wir auch bei den Direktzahlungen zusätzlich Anreizkomponente ausgestalten, also nach Arti- die Konditionalität einhalten müssen. Nichtsdestot- kel 28 6 a GAP-Strategieplanverordnung. Nur dann rotz geht der DBV den Weg einer grüneren GAP wird sie auch tatsächlich von den landwirtschaftli- mit. Das haben wir im Juni 2019 auch schon deut- chen Betrieben akzeptiert und auch dann werden lich gesagt. Unsere Landwirte wird sie vor große die Öko-Regelungen nur in die Fläche wirken. Und Herausforderungen stellen. Die Direktzahlungen ein Punkt noch. Wenn wir dem Johann Hein- werden von einer Größenordnung von über rich von Thünen-Institut (Thünen-Institut) glauben 250 Euro auf rund 150 Euro pro ha sinken. Und und der Europäischen Kommission (Kommission wenn ich das Europäische betrachte, ich war ja als der EU), dann gibt es im Moment kein wirksameres COPA-Präsident (COPA – Ausschuss der berufs- und flexibleres Instrument zur Ausgestaltung der ständischen Organisationen, Interessenvertretun- Öko-Regelungen als Punktesysteme. Deswegen mei- gen der Landwirte der EU-Mitgliedstaaten) auch nen wir, dass die Öko-Regelungen auch anhand viel im europäischen Umfeld unterwegs, dann wird eines Punktesystems auszugestalten sind und die

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in anderen Regionen die GAP weiterhin als Förder- Juliane Vees (dlv, per Video): Vielen Dank Herr politik für die Landwirtschaft, für den ländlichen Vorsitzender Gerig, sehr geehrte Damen und Her- Raum gesehen. Und insofern erwarten wir da ren. Ich freue mich, dass ich als dlv heute dabei bin durchaus Wettbewerbsnachteile für uns als deut- und möchte Frau (Dr. Kirsten) Tackmann für die sche Landwirte. Daher ist es jetzt ganz entschei- Einladung danken. Der dlv freut sich, dass er als dend, dass wir diesen Transformationsprozess ein- größter Frauenverband im ländlichen Raum und als fach gestalten. Dass wir uns (ihn) so gestalten, dass berufsständische Vertretung der Bäuerinnen heute die Landwirte Interesse haben und dass es sich zur GAP-Anhörung dabei sein darf. Gern möchte auch ökonomisch rechnet, diesen Transformations- ich zur inhaltlichen Erläuterung, zur Stellungnah- prozess umzusetzen. Was wir brauchen ist (sind) me kommen. Mit der voraussichtlichen Vereinba- Verlässlichkeit und ist Planungssicherheit. Land- rung (Verankerung) der Geschlechtergerechtigkeit wirtschaft ist immer und die (deren) Investition(en) im Ziel h) der GAP-Verordnung sehen wir die gro- auf mindestens zehn bis - bei Tierhaltung - 25 Jahre ße Chance, Frauen in den ländlichen Räumen end- angelegt und insofern ist (sind) die Verlässlichkeit lich adäquat an den Programmen teilnehmen lassen und Planbarkeit ganz, ganz wichtig. Wir brauchen zu können. Wir hätten uns nur gewünscht, dass es eine einfache GAP, d. h. auch eine einfache Gestal- außer dem Ziel h) auch noch eine Berücksichtigung tung beispielsweise der Eco Schemes. Also aus un- von (in) allen zehn weiteren Zielen gegeben hätte. serer Sicht (ist es) ganz wichtig, dass jetzt der Vor- Es ist uns wichtig, dass auf allen politischen Ebe- schlag, den das BMEL erbracht hat, auch mit Zah- nen den Akteuren auch bewusst ist, dass die Ge- len hinterlegt wird. Über den (Vorschlag) müssen schlechtergleichstellung nicht ein nice to have ist, wir eh noch reden, der ist zu komplex und zu kom- sondern dass es wichtig ist, es weiter voranzutrei- pliziert, aber (und) er muss mit Zahlen, mit Fakten ben; Stichwort Landflucht von jungen Frauen. Die hinterlegt werden. Eco Schemes, das möchte ich bisherigen Erfolge zur Vereinbarung der Geschlech- betonen, müssen auch einen wirtschaftlichen An- tergerechtigkeit im nationalen GAP-Strategieplan reiz haben. Was wichtig ist, ist dass die bewährten bewerten wir als gute Ausgangsbasis. Unsere Erfah- Agrarumweltprogramme der 2. Säule nicht konter- rungen in den Verbändeanhörungen zeigen jedoch, kariert, nicht kannibalisiert werden. Nach unseren dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, um überschlägigen Berechnungen stehen da (jährlich) Bäuerinnen, Hofnachfolgerinnen, weibliche Ange- rund 300 Millionen (Mio.) Euro im Feuer. Die dür- stellte in der Landwirtschaft etabliert zu verankern. fen wir nicht gefährden. Deshalb plädieren wir bei Ich möchte jetzt zu den einzelnen Forderungen den Eco Schemes für einjährige Maßnahmen, um kommen, die wir dazu erheben möchten. Zum eben die mehrjährigen Maßnahmen der Agrarum- einen Erhöhung des Anteils der Betriebsleiterin- weltprogramme nicht zu gefährden. Im Hinblick nen, weiblichen Hofnachfolgerinnen und Existenz- auf die weitere Ausgestaltung sehen wir auch das gründung in der Landwirtschaft. Dies möchte ich Thema soziale Konditionalität noch als gewisses mit Beispielen unterfüttern, Schaffung von Infor- (großes) Risiko an. Was wir brauchen, ist eine ein- mationsangeboten, Beratung und Qualifizierung, fache Umsetzung in den Betrieben, aber auch ver- Förderung von landwirtschaftlichen Familienbera- waltungstechnisch eine einfache Umsetzung. D. h. tungsangeboten, Existenzbegleitung für Hofnachfol- wir müssen die Digitalisierungsmöglichkeiten nut- gerinnen und auch Existenzgründerinnen. Zwei- zen und sollten auch, was die Kontrollen anbe- tens Förderung der wirtschaftlichen Teilhabe bzw. langt, das Single Audit-Prinzip ins Auge fassen. der Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt in den Das war es jetzt in aller Kürze; alles Weitere später ländlichen Räumen zur Schaffung von Bleibe- und in der Diskussion. Rückkehrperspektiven insbesondere junger Frauen. Auch da Förderung, Beratung, Qualifizierungen für Der Vorsitzende: So machen wir es. Danke für das diese Frauen, um wieder einen Einstieg oder einen Verständnis. Ich rufe jetzt auf die Vizepräsidentin Neueinstieg zu schaffen. Drittens Förderung der der LandFrauen(verband) Juliane Vees (dlv). Leider Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Fa- die einzige, aber immerhin die einzige Frau hier in milie durch Förderung einer familienfreundlichen der Expertenrunde. Liebe Juliane Vees. Infrastruktur. Viertens Förderung und Verbesse- rung der Teilhabe von Frauen an Entscheidungs-

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prozessen der ländlich-agrarischen Gremien, Teil- rallel und das ist genauso wichtig, wir müssen na- habe von Frauen an Entscheidungsprozessen, ein- türlich allen Betrieben ein Angebot machen, ein gu- schließlich von Quotenregelungen z. B. bei tes Angebot, dass die Betriebe mitziehen. Herr LEADER (Maßnahmeprogramm der EU) und Grethe hat das Wort Stückwerk benutzt. Ich be- LAGen (Lokale Arbeitsgruppen). Und fünftens, um nutze das auch und möchte hier als Beispiel die Erfolge im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit Öko-Regelungen nennen. Aus unserer Sicht sind messbar zu machen, bedarf es im Rahmen der GAP diese Maßnahmen zu stark auf einzelne Maßnah- einer entsprechenden Evaluierung und men fokussiert. Es fehlt da ein Gesamtkonzept. Es Monitorings. Zusammenfassend fordern wir, dass ist z. B. komplett unklar oft, ob ein Großteil der Be- der nationale GAP-Strategieplan so aufgestellt triebe mit den vorgeschlagenen Maßnahmen auch wird, dass eine Umsetzung der genannten Punkte adressiert werden kann, ob auch die Öko-Betriebe möglich wird. Auch die Bundesländer spielen in z. B. adressiert werden können, ob die Maßnahmen der Programmentwicklung in der 2. Säule eine an sich harmonieren im Hinblick auf die Zielerrei- zentrale Rolle. Jedoch kommt durch die Umgestal- chung , ob das Budget reicht. Wir haben es vorhin tung bei der Erarbeitung eines nationalen GAP- gehört. Also aus unserer Sicht reichen die 25 Pro- Strategieplanes der Bundesebene eine zentrale zent nicht, um den Ist-Zustand zu erhalten. Ob die Rolle bei. Wir bitten Sie, diese einzunehmen. Vie- Maßnahmen kontrollierbar sind, wie der Verwal- len Dank und ich freue mich auf spätere Fragen. tungsaufwand ist. Und das Wichtigste natürlich, ob auch eine Einkommensrelevanz gewährleistet ist. Der Vorsitzende: Vielen Dank, auch für die zeitli- Also wir als DVL vermissen ein kohärentes Gesamt- che Disziplin. Wir kommen zum Landschaftspfle- paket, das auch zukunftsfähig ist. Und wir haben geverband, Herr Dr. Metzner. mit der Gemeinwohlprämie so ein „rundes Kon- zept“ für die Öko-Regelungen vorgeschlagen. Wir Dr. Jürgen Metzner (DVL, per Video): Herr Gerig, möchten moderne Mischbetriebe entwickeln. Thü- herzlichen Dank für die Einladung. Ich würde, nen-Institut hat uns hier fachlich begutachtet und wenn es möglich ist, drei Folien freigeben wollen? auch unter Gesichtspunkt der Verwaltung begut- Können Sie die Folien sehen? achtet und auch grünes Licht gegeben, ähnlich wie die EU-Kommission übrigens, die auch im Hinblick Der Vorsitzende: Ja, jetzt sind sie da. Fahren Sie auf WTO-Kompatibilität (WTO – Welthandelsorga- fort. (Pause) Wir haben die Folien, aber jetzt Ihren nisation) hier signalisiert hat, dass der Vorschlag Ton nicht mehr. der Gemeinwohlprämie gut ist. Potential für das Konzept wird von der AMK, von der UMK (Um- Dr. Jürgen Metzner (DVL, per Video): Ja jetzt. Ein- weltministerkonferenz), vom Bundesrat erkannt. führend unsere Bündnisse kurz vorstellend, wir Und vor allen Dingen, und das ist immer das Wich- sind ja als Landschaftspflegeverbände drittelparitä- tigste, viele Praktiker haben Sympathien für so ein tisch zusammengesetzt aus Landwirtschaft, Natur- Modell, so ein Punktesystem, weil die Unterneh- schutz und Politik. Und das ist mir wichtig am An- mersicht im Vordergrund steht. Und letztlich, der fang zu betonen, dass wir mit unseren Vorschlägen Trilog wurde auch genannt, Punktesysteme werden sachorientiert und neutral sind, auch sehr praxis- jetzt auch wohl, so die aktuelle Information, meine orientiert, weil sehr viele Landwirte, landwirt- Information, vom EP eingebracht, aber auch im Tri- schaftliche Betriebe bei uns mitarbeiten. Und wir log vorgeschlagen. Der Appell an den Bundestag: versuchen auch, immer zukunftsfähige Lösungen Einführung eines punktebasierten Bewertungssys- zu bieten. Und es wurde jetzt angesprochen, wir tems jetzt im Gesetz über eine Verordnungsermäch- haben mit der Gemeinwohlprämie zur Agrarpolitik tigung. Das ist unser Appell. Und herzlichen Dank ein Punktesystem vorgeschlagen, das, denke ich, erstmal für die Aufmerksamkeit. jetzt auch noch diskutiert wird und auch zukünftig ein guter Vorschlag ist. Wir haben immer zum Ziel, Der Vorsitzende: Danke Herr Dr. Metzner. Und jetzt dass wir mit unseren Umweltleistungen in der GAP haben wir noch von den FREIEN BAUERN den besser werden müssen als bisher. Das will auch die Herrn Reinhard Jung. EU-Kommission, das muss uns klar sein. Aber pa-

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Reinhard Jung (FREIE BAUERN, per Video): Mo- Dingen mit PSt (Uwe) Feiler (BMEL), unsere Vor- ment, ich muss noch … schläge für eine agrarstrukturelle Ausrichtung der Direktzahlungen erörtert, zunächst bezogen auf die Zuruf: Die Folien müssen noch weg. von uns präferierte Kappung. Wir haben gesagt, die Eigentümer müssen ortsansässig sein, keine Stich- Der Vorsitzende: Die Folien zurücknehmen, Herr tagsregelung, so dass die Betriebe sich anpassen (Dr.) Metzner. können. Dann nochmal bezogen auf die Umvertei- lung. Wir haben gesagt, orientiert am Durchschnitt Dr. Jürgen Metzner (DVL, per Video): Ja, Entschul- im Haupterwerb des Bundeslandes und dann be- digung. grenzt auf ortsansässige natürliche Personen, ana- log zur Junglandwirte-Prämie. Ich muss mich we- Reinhard Jung (FREIE BAUERN, per Video): Hallo, gen der drei Minuten auf diese Stichworte be- hören mich alle? schränken, würde Ihnen aber gerne detailliert un- sere Vorschläge im Einzelnen zu einer agrarstruktu- Der Vorsitzende: Jetzt Herr Jung, wir hören Sie. Sie rellen Ausrichtung nochmal erläutern. Jedenfalls können starten. wurde keiner unserer Vorschläge auch nur ansatz- weise in Erwägung gezogen. Vielmehr hat sich die Reinhard Jung (FREIE BAUERN, per Video): Alles Bundesregierung in dieser Frage zu 100 Prozent am klar. Dankeschön in die Runde. Ja, meine Damen DBV orientiert und der hat, wie wir alle wissen, und Herren, wir als Interessenvertretung für Fami- überhaupt keine Probleme mit dem Ausverkauf der lienbetriebe lehnen die Gesetzentwürfe der Bun- ostdeutschen Landwirtschaft an das westdeutsche desregierung für die nationale Umsetzung der ge- Großkapital; seine Funktionäre profitieren ja da- meinsamen europäischen Agrarpolitik ab. Zu den von. Zweitens zur grünen Architektur der GAP. großen Fragen unserer Zeit, Bauernhöfe oder Agrar- Dass das System erneut komplizierter geworden ist, konzerne, sowie das Verhältnis von Landwirtschaft überrascht natürlich nicht. Unsere Kritik richtet und Naturschutz tragen diese Entwürfe nichts bei. sich vor allen Dingen gegen die Maßnahmen zur Deshalb sehen Sie es mir bitte nach, dass ich sie Reduzierung der Landwirtschaft. Drei Prozent un- nicht im Einzelnen kritisiere, sondern die Defizite produktive Fläche als Bedingung für die Direktzah- grundsätzlich benennen möchte. Erstens zu den Di- lungen, dazu über die Öko-Regelung in der 1. und rektzahlungen. Wir haben in Ostdeutschland ein über die Agrarumweltprogramme in der 2. Säule Riesenproblem mit dem Ausverkauf der Landwirt- vielfältige weitere Anreize zur Flächenstilllegung. schaft an überregionale Investoren. Laut Thünen- Das passt zur Düngeverordnung (DüV), (und) zum Studie von 2017 werden inzwischen rund 20 Pro- Insektenschutzprogramm, wo Reduzierungen in zent der Flächen von solchen Heuschrecken be- sog. roten Gebieten, in FFH-Gebieten (FFH – Flora, wirtschaftet. Die Bundeslandwirtschaftsministerin Fauna, Habitat), (und) Gewässerrändern zwangs- hat die ostdeutschen Landesregierungen mehrfach weise angeordnet (werden), alles zusammen wer- angemahnt, diesem Ausverkauf über die Gesetzge- den, (und) noch ein paar neue Häuser und Straßen, bungskompetenz den bodenrechtlichen Riegel vor- die keiner braucht, macht am Ende des Tages eine zuschieben, wohlwissend, dass staatliche Regelun- Größenordnung aus von zwei bis drei Prozent we- gen in diesem Bereich sehr engen verfassungs- und niger landwirtschaftlicher Erzeugung in Deutsch- europarechtlichen Grenzen unterliegen. Gleichzei- land. Das passt wunderbar zu CETA (Wirtschafts- tig hätte sie mit den Direktzahlungen weitaus grö- und Handelsabkommen zwischen der EU und Ka- ßere Spielräume für politische Ausrichtung – Haus- nada), zu TTIP (Transatlantische Handels- und In- haltspolitik statt Ordnungspolitik – lässt diese vestitionspartnerschaft zwischen der EU und den Spielräume aber komplett ungenutzt. Das ist aus Vereinigten Staaten von Amerika – USA), zu Mer- unserer Sicht unglaubwürdig, bestätigt aber leider cosur (Transatlantisches Abkommen mit dem Ge- den Eindruck, den wir in den letzten vier Jahren meinsamen Markt Südamerikas), zu brennenden von Julia Klöckner gewinnen durften. Wir haben in Regenwäldern, aber hat leider nichts zu tun mit zahllosen Gesprächen mit den Abgeordneten der Klimaschutz und Biodiversität. Auch hier zu unse- Regierungskoalitionen, lange und intensiv vor allen ren Vorschlägen nur Stichworte. Wir hatten eine

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Verdichtung des Biotopverbundsystems aus Ge- Gerig, dass ich antworten kann. Was ich eingangs hölzstreifen, (und) Wasserläufen vorgeschlagen. schon gesagt habe, die neue GAP-Reform ist sehr Das braucht wenig Fläche, hat großen ökologischen stark umweltorientiert, stellt einen Systemwechsel Nutzen. Wir haben eine deutliche Verringerung der dar. Wir gehen diesen Weg mit, aber wir müssen Einfuhr an Soja und Palmöl vorgeschlagen. Damit dabei beachten, dass die Landwirte dadurch erheb- würden sich viele Probleme in Luft auflösen. Dage- liche Direkteinzahlungs- und Einkommenswirkung gen stehen, das wissen wir allerdings auch, die In- (der GAP-Förderung) verlieren werden. Wir hatten teressen der Exportindustrie. Herr Gerig, jetzt kom- seither rund 180 Euro Direktzahlungen plus dann me ich zum Schluss. Ich kann Ihnen also nicht da- über die Eco Schemes (das Greening) konnte man zu raten, (diesen Gesetzentwürfen) zuzustimmen das auf rund 260 Euro erhöhen. Wir landen jetzt (diesem Vorschlag), der steht (die stehen) ja (unter bei 150 Euro und das wird die Landwirte deutlich diesen Gesetzentwürfen) weiterhin unter dem Vor- belasten. Deshalb ist für mich entscheidend, wie behalt der Trilog-Ergebnisse. Ich würde mir wün- die Eco Schemes ausgestaltet werden. Auch über schen, die Offenheit in Brüssel zu nutzen für Kor- das Thema Konditionalität muss gesprochen wer- rekturen zugunsten einer bäuerlichen Landwirt- den. Hier darf es nicht zu einer zusätzlichen Wett- schaft. Lieber noch ein Jahr Verlängerung für die bewerbsverzerrung in Europa kommen. D. h. wir bisherige Verfahrensweise und dann eine Agrarre- (Zudem) brauchen (wir) eine einfache Ausgestal- form, die diesen Namen auch tatsächlich verdient. tung der Eco Schemes, die müssen jetzt auch mit Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Zahlen hinterlegt werden. Aus Sicht des DBVes wäre es wichtig, wir haben ja einen Vorschlag ge- Der Vorsitzende: Dieses dürfte auch gleich in der macht, dass man den Landwirten einen Katalog an- Diskussion noch angesprochen werden. Ich danke bietet, aus dem dann der Landwirt seine Ihnen für die Statements und die zeitnahe Einhal- Eco Schemes jährlich auswählen (kann) und diese tung der Redezeiten. Wir starten direkt in die er- dann auch umsetzen kann. Wenn ich auf die Zah- ste Runde mit Fragen und Antworten. Bedenken len schaue, hatten wir seither 900 Mio. Euro in Sie, auch da geht es diszipliniert zu, fünf Minuten Agrarumweltmaßnahmen. Das soll jetzt per annum haben wir je Fraktion. Wir starten nach Fraktions- auf rund 2,5 Milliarden (Mrd.) Euro aufgestockt stärke. Für die Union (Fraktion der CDU/CSU) hat werden. Und hier ist zu berücksichtigen, dass be- sich gemeldet der Kollege Färber. währte Agrarumweltmaßnahmen der 2. Säule nicht durch Eco Schemes kannibalisiert werden. Hier ste- Abg. Hermann Färber (CDU/CSU): Ja vielen Dank hen zusätzlich (jährlich) rund 300 Mio. Euro im Herr Vorsitzender. Ich habe zwei Fragen an den Feuer. Und hier gilt es zu beachten, dass auch zu- Herrn Rukwied (DBV). Herr Präsident Rukwied, Sie künftig dann ein ökonomischer Anreiz geschaffen haben schon ganz kurz angesprochen die Wettbe- wird, dass der Landwirt dann auch über die Umset- werbsverzerrung auf europäischer Ebene. Vielleicht zung von Eco Schemes, aber auch Agrarumwelt- können Sie das noch ein bisschen näher ausführen, maßnahmen zusätzliches Geld verdienen kann. auch, was vielleicht die Wirkung der Umweltorien- Auswirkungen am Pachtmarkt, dass sich Pacht- tierung in dieser Hinsicht angeht. Und die zwei- preise reduzieren, wie manche Wissenschaftler er- te Frage ist: wie schätzen Sie den bürokratischen warten, die sehe ich so nicht. (D. h.) die Wettbe- Aufwand der Landwirte zur Umsetzung der werbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft wird GAP-Förderung ein und was müsste getan werden, zusätzlich strapaziert und die Einkommen werden um den bürokratischen Aufwand für die Betriebe belastet und wir befürchten eine Beschleunigung zu reduzieren? Dankeschön. des Strukturwandels. Wir befürchten auch einen höheren bürokratischen Aufwand, beispielsweise Der Vorsitzende: Herr Präsident Rukwied (DBV). durch das Thema „aktiver Landwirt“, zum Zweiten (Pause) durch das Thema „soziale Konditionalität“ und eben zum Dritten dadurch, dass wir jetzt Zuruf: Das Mikro(fon) ist noch aus(geschaltet). Eco Schemes haben, (also) Agrarumweltmaßnah- men (in der 1. Säule). Das muss alles überprüft Joachim Rukwied (DBV, per Video): Sorry. Vielen werden. Und damit das nicht zu einem „Super- Dank Herr Färber für die Fragen, vielen Dank Herr GAU“ führt, sollte man das Single-Audit-Prinzip

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anwenden, d. h. die EU sollte die Überwachungs- Dr. Jürgen Metzner (DVL, per Video): Ja, danke maßnahmen überprüfen und die nicht die einzel- sehr Herr Spiering. Grundsätzlich wurde ja die Ge- nen Landwirte. Man soll auch Bagatellgrenzen ein- meinwohlprämie entwickelt, um in das bestehende führen, was Verstöße anbelangt. Ich hoffe, ich habe andere Antragssystem eingepasst zu werden. D. h. damit die Fragen entsprechend beantworten kön- letztlich werden wir nichts verändern wollen und nen. müssen. Es bleibt eigentlich soweit alles gleich. Wir haben 19 Maßnahmen vorgeschlagen im Be- Der Vorsitzende: Ja, jetzt haben wir nur noch 30 Se- reich Ackergrünland, Sonderkultur, Hoftor, die ha- kunden (für die Fraktion der CDU/CSU). Gut, dann ben wir vorgeschlagen, weil wir natürlich das fach- wechseln wir zum Kollegen Spiering von der (Frak- liche Ziel verfolgen, besser zu werden als bisher, tion der) SPD. aber natürlich auch, um allen Betrieben ein Ange- bot zu machen in ganz Deutschland mit der 1. Säu- Abg. Rainer Spiering (SPD): Herr Vorsitzender, le. Das ist wichtig, aber wir haben alle 19 Maßnah- sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße das men auf Entwicklungstauglichkeit und Kontrollier- ausdrücklich, dass wir hier heute zusammen ge- barkeit geprüft und prüfen lassen - auch über das kommen sind und ich finde auch, dass unter- Thünen-Institut. Und diese Umweltaspekte werden schiedliche Expertenteams ausgesprochen interes- natürlich bei einem Punktesystem dann - und dann sant und spannend für unsere jeweiligen Erkennt- komme ich ein bisschen so auf diese unternehmeri- niszustände (sind). Ich mache mal als Vorbemer- sche Kalkulation hin - unterschiedlich bepunktet kung: Ja, die neue GAP, der Gesetzentwurf wird und der Unternehmerlandwirt kann dann auch vielleicht nicht jeden Wunsch getroffen haben, aber schlag- und flächenbezogen, je nachdem kalkulie- ich habe erst einmal tiefen Respekt vor den Agrar- ren, welche Maßnahme er wo anwendet und wie ministern, denen es gelungen ist, überhaupt etwas viele Punkte, sprich auch wieviel Geld, er dann hinzubekommen. Und dafür möchte ich mich auch auch akquirieren kann. Aber rein von der digitalen an dieser Stelle ganz, ganz herzlich bedanken, dass Abwicklung wird sich hier nichts ändern mit es denen gelungen ist. Jetzt zu meiner ersten Frage. einem Punktesystem wie der Gemeinwohlprämie. Herr (Dr.) Metzner (DVL), Sie haben mit Ihrem An- Wir haben hier einen elektronischen Grundertrag satz der Gemeinwohlprämie eine punktebasierte wir bisher, 15.05., Parzellenschläge zugeordnet, Bewertung sowie Honorierungskonzept für Öko-Re- wie auch teilweise in der 2. Säule bereits. Der gelungen ins Leben gerufen, welches Umwelt- und Landwirt kalkuliert, der Rechner zeigt an, wie viele Klimamaßnahmen unserer Landwirtschaft ent- Punkte er akquirieren kann mit seinen Maßnah- lohnt. Wie stellen Sie sicher, dass die Leistungen men. Da gibt es auch bereits eine Analogie dazu, der Landwirte schnell und unbürokratisch entlohnt die Green-Rechner, und er kann dann seine Prä- werden? Welche Hürden sehen Sie in der prakti- mienhöhe quasi festlegen und berechnen. Die Prä- schen Ausgestaltung einer digitalen Gemeinwohl- mienhöhen, die werden ja dann auch immer jähr- prämie? Und jetzt käme die Nachholfrage dazu. Wir lich kalkuliert, auch wie bisher jetzt schon die Prä- arbeiten ja ganz viel mit digitalen Oberflächen, die mien der 1. Säule und dann auch vom jeweiligen komplette moderne Landwirtschaft arbeitet über di- Ministerium eröffnet. Herr Spiering, Sie sprechen gitale Oberfläche. Es gibt mittlerweile Vereinbarun- einen Gemeinwohlprämien-Rechner an, der ist gen zwischen sehr großen Playern, dass sie Schnitt- wünschenswert und der lässt sich auch sehr gut stellen organisiert haben. Also, hat der Land- entwickeln und ich denke, das ist auch so im Hin- schaftsverband eine Idee, wie man so digitalisieren blick auf Digitalisierung so ein wichtiger Schritt kann, dass schnell und effizient sowohl das Lei- auch, diese Gemeinwohlleistungen hier auch digi- stungsspektrum angeklickt als auch das Ergebnis- tal und mit einer digitalen Kalkulation den Be- spektrum angeklickt werden kann? Wie hoch muss triebsleitern anzubieten. Diesen Rechner gibt es aus Ihrer Sicht der Anteil an Öko-Regelungen sein, noch nicht, den müssten wir entwickeln. Aber wie damit die Zielsetzung, Klima-und Artenschutz er- gesagt, kein Hexenwerk, alles machbar und alles im reicht werden können? Dankeschön. jetzigen System eingedacht.

Der Vorsitzende: Herr Dr. Metzner, Sie dürfen di- Der Vorsitzende: Vielen Dank Herr Dr. Metzner. rekt starten. Auch hier haben wir jetzt noch 20 Sekunden (für

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die Fraktion der SPD), die wir noch liegen lassen in werden. Und da möchte ich nochmal plädieren da- die nächste Runde. Und wir kommen zur (Fraktion für, dass wir die nationalen Möglichkeiten, die wir der) AfD. Da haben wir den Herrn von Gottberg bei haben, gerade in Bezug auf die Agrarstruktur, aus- uns im Raum. nutzen zu Gunsten bäuerlicher Familienbetriebe, die zu stärken durch eine Kappung oder eine wirk- Abg. Wilhelm von Gottberg (AfD): Ich habe eine lich starke Umverteilung, die tatsächlich ein agrar- Frage an den Vertreter der FREIEN BAUERN. Die strukturelles Signal setzt dem gebeutelten Berufs- GAP nach 2023 bietet deutlich mehr nationalen stand, dass jetzt tatsächlich die bäuerliche Land- Spielraum. Viele befürchten jedoch, dass wieder es wirtschaft gewollt ist und nicht immer nur mit wei- dazu führen könnte, dass Deutschland durch eine teren Auflagen reguliert wird. strengere Auslegung der Vorschriften neue Wettbe- werbsnachteile dafür in Kauf nehmen müsse. Wie Der Vorsitzende: Herr Professor Grethe, Sie waren sehen Sie das und wie könnte eine wirklich GAP noch angesprochen. Ihrer Meinung nach aussehen? Und eine zwei- te Frage habe ich an Professor Grethe. Leider ist die Prof. Dr. Harald Grethe (per Video): Sehr gerne. Landwirtschaft derzeit nicht im Stande, von der Vielen Dank Herr Gottberg. Ich bin der Auffassung, eigenen Hände Arbeit zu leben, sondern ist auf dass wir die Leistung, die die Landwirtschaft er- Subventionen angewiesen. Was müsste sich nach bringt und die über marktgängige Produkte hinaus- Ihrer Meinung ändern, damit sich das wieder än- gehen, die müssen wir entlohnen, die müssen ho- dern kann? Ich denke da z. B. an die Herkunftsbe- noriert. Ich würde auch vorschlagen, dann nicht zeichnung oder an eine Nachhaltigkeitsumlage für mehr von Subventionen zu sprechen, sondern das Importe. Danke. sind auch Märkte, Märkte für Gemeinwohlleistun- gen. Da geht es um Tierschutz, da geht es um Kli- Der Vorsitzende: Zunächst Herr Jung (FREIE BAU- maschutz, da geht es um Umweltschutz. Das wol- ERN) und dann Professor Grethe. len wir als Gesellschaft haben und dafür müssen wir die Landwirtschaft bezahlen und dadurch ent- Reinhard Jung (FREIE BAUERN, per Video): Ja, stehen neue Zahlungsströme für die Landwirt- grundsätzlich bin ich kein Gegner von größeren na- schaft. Und dann ist es dann das Einkommen, ein tionalen Spielräumen. Wir haben …, oder ich sage Einkommensmix. Und das ist auch die hauptsächli- mal, Kernproblem, das unsere Landwirtschaft hat, che Rechtfertigung von Agrarpolitik. Und genauso ist, dass sie ja einem Wettbewerbsdruck ausgesetzt wie Herr Brändle (AbL) gesagt hat, da wollen wir ja sind (ist) von Agrarimporten aus Übersee in Grö- hin mittelfristig und dann müssen wir jetzt massiv ßenordnungen, ich hatte ja Soja und Palmöl ange- hinsteuern. Langfristig muss das Geld direkt den sprochen, aus Ländern, die zu ökologischen, sozia- Leistungen gegenüber stehen. Mit der Konditionali- len Standards produzieren, die weit, weit unterhalb tät, so wie wir das jetzt machen, kommen wir letzt- des Niveaus liegen, das die EU hat. Und wenn wir endlich nicht wirklich weit, wenn wir die pauscha- dann in der EU zu nationalen Verschiebungen len Flächenprämien runterfahren wollen, sondern kommen sollten, sehe ich das grundsätzlich erst wir müssen immer ausjustieren Geld gegen Lei- einmal nicht so kritisch (. Ich sehe) das Problem, stung. Eine Seitenbemerkung noch. In der Hinsicht sehe ich eher an den Grenzen der EU nach Übersee ist es außerordentlich bedauerlich, dass es politisch und in drohenden Freihandelsabkommen CETA, nicht gelungen ist, die Empfehlung der „Borchert- TTIP, Mercosur. Ich würde selbstbewusst versu- Kommission“ z. B., jetzt in die Umsetzung hinein- chen, nationale Spielräume zu nutzen. Etwa haben zutreiben, in dieser Legislaturperiode. Denn das ist die Landwirtschaften in Spanien, Italien, Frank- ja genauso ein Modell. Das ist ja nicht nur die GAP. reich nicht das Problem wie die osteuropäischen Das sind viele andere Bereiche, wo wir sagen, wir Landwirtschaften oder wie speziell unsere Land- müssen die Leistung der Landwirtschaft honorie- wirtschaft aus dem ehemals zweigeteilten, jetzt ren, so dass die Landwirtschaft Einkommen erwirt- Gott sei Dank einigen Deutschland, nämlich mit schaften kann mit diesen von uns gewollten Lei- großen letzten Endes durch ihre sehr, sehr große stungen. Danke. Struktur teilweise unproduktiven Betrieben, die jetzt in Größenordnungen vom Kapital aufgekauft

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Der Vorsitzende: Vielen Dank. Auch da sind 30 Se- einem Kostenerstattungsanspruch für die Land- kunden (für die Fraktion der AfD), die schieben sie wirte, sondern es muss da ein unternehmerischer, in die nächste Runde. Und wir kommen weiter ein gewinnwirksamer, eine einkommenswirksame zum Kollegen Dr. Hocker, der sich per Video zu- Komponente dahinterstecken. Wenn das der Fall schalten wird. ist, dann sind diese Unterschiede in Europa eher erträglich. Wenn es tatsächlich so ist, dass diese Abg. Dr. Gero Clemens Hocker (FDP, per Video): Ja 25 Prozent echte Einkommensverluste der Betriebe vielen Dank Herr Vorsitzender. Ich hätte gerne eine werden, dann wäre es extrem schmerzhaft, wenn Frage adressiert an den Herr Paetow. Und zwar wir innerhalb von Europa da dann auch unter- sprechen wir häufig von nationalen Alleingängen schiedliche Landschaften erzeugen. Das soll von und wir haben jetzt den Eindruck, dass auch hier meiner Seite dazu reichen. bei der nationalen Umsetzung der GAP es sich wie- derum um einen nationalen Alleingang handelt, Der Vorsitzende: Vielen Dank. Herr Rukwied (DBV) vor allem weil wir ja noch gar nicht wissen, wie die bitte. Vorgaben aus Brüssel eigentlich aussehen. Z. B. 25 Prozent der Direktzahlungen für Öko-Regelun- Joachim Rukwied (DBV, per Video): Ja, vielen gen gehen ja so vielleicht über das hinaus, was Dank Herr Hocker, dass Sie mir die Frage gestellt Brüssel als Mindestvorgabe fordert. Und da hätte haben. Das kann man relativ einfach beantworten. ich gerne von Ihnen, lieber Herr Paetow, eine Ein- Wir haben zukünftig noch rund 150 Euro pro ha, schätzung, inwiefern da vermieden werden soll, konnten seither über (das Greening, z. B.) die öko- dass es sich dabei um eine reale Einkommenskür- logischen Vorrangflächen die (und andere) Vorga- zung für Landwirte handeln könnte. Und wenn ich ben, (mit rund) 250 Euro (pro ha) ein bisschen darf, vielleicht noch eine zweite Frage an Herrn mehr generieren, d. h. wir verlieren am Ende, weil Präsidenten Rukwied (DBV). Ich hätte von Ihnen jetzt in diesen 150 Euro pro ha die Konditionalität gerne gehört, welche Auswirkungen es nach Ihrer (und das Greening) einzuhalten ist, verlieren wir Vorstellung hat, dass die Einkommenswirksamkeit 100 Euro pro ha. Und das ist enorm und deshalb ist der GAP in der neuen Förderperiode im Vergleich entscheidend, dass die, ich habe schon einmal ge- zur bestehenden Förderperiode durch steigende sagt, die Eco Schemes entsprechend eine wirt- Auflage und Einschränkung der Produktion gesenkt schaftliche Anreizkomponente haben. Ein weiterer wird. Vielen Dank. wichtiger Punkt ist auch das Thema Grünland. Da fordern wir (ja) die Einführung eines Grünland- Der Vorsitzende: Herr Paetow, Sie dürfen zuerst (Klima-)Bonus in Betrieben, (z.B.) wer 75 Prozent starten. Grünland hat. Weshalb, warum (wir von derartigen Einkommensverlusten und Gefahren für die Agrar- Hubertus Paetow (per Video): Ja, vielen Dank Herr struktur sprechen)? Da gibt es beispielsweise eine Hocker für die Frage. Klar, Landwirtschaft ist ein Berechnung der Landwirtschaftskammer Nieder- Wirtschaftszweig. Wir haben einen gemeinsamen sachsen in (u. a. für einen) B(eispielb)etrieb(en) mit Binnenmarkt in Europa. Insofern muss eine Politik, 223 Kühen, der rund 147 ha Fläche bewirtschaftet, die Wirtschaft tangiert, kohärent sein. Zu der Min- davon 125 ha in Vogelschutzgebieten. Und der destausstattung der Öko-Regelungen. Das hängt na- würde ein Einkommen von rund 20 000 Euro per türlich von zwei Dingen ab, nämlich auf der einen annum verlieren, also was massive wirtschaftliche, Seite, wie vernünftig und gut handhabbar für die negative Auswirkungen hätte. Also insofern kommt Betriebe sind diese Öko-Regelungen, je mehr das es auf die Ausgestaltung der Eco Schemes, (und) gegeben ist, desto weniger beeinträchtigen die der Agrarumweltmaßnahmen, (mit) Anreizwirkung 25 Prozent die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an. der Betriebe. Und den zweiten Punkt haben Sie auch angesprochen, die Einkommenswirksamkeit Der Vorsitzende: So, das wäre noch eine Minute, dieser Leistungen muss wirklich im Vordergrund Gero Hocker. stehen. Wir können nicht so weitermachen wie bis- her, dass wir gesagt haben, diese Einschränkungen Abg. Dr. Gero Clemens Hocker (FDP, per Video): der Produktion, die versehen wir lediglich mit Mache ich in der zweiten Runde.

19. Wahlperiode Protokoll der 85. Sitzung Seite 17 von 31 vom 7. Juni 2021

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Der Vorsitzende: Gut, ich werde übertragen und ein wichtiger und sollte im Ziel g) dann auch ver- gebe an die Frau Dr. Tackmann von der Fraktion ankert werden, Steigerung Attraktivität für Jung- DIE LINKE.. landwirte und Erleichterung der Unternehmensent- wicklung im ländlichen Raum. Und wir sind der Abg. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.): Ja vielen Meinung, nur so können landwirtschaftlich enga- Dank. Vielen Dank auch für die interessanten Ein- gierte Unternehmerinnen, aber auch Frauen, die im führungen. Ich denke, wir sind hier wirklich an nicht-landwirtschaftlichen Bereich Existenzgrün- einem wichtigen Punkt der Weichenstellung für die dungen oder ähnliches (o. ä.) anstreben, für die Zukunft. Und deswegen finde ich auch wichtig, ländliche Region Großes erreichen, indem sie Ar- dass nicht „nur“ über Ökologie und Ökonomie ge- beitsplätze vor Ort schaffen, indem sie spezielle redet wird, sondern auch soziale Wirkungen der frauenspezifische Angebote im Grunde auf den GAP mit diskutiert werden, nicht nur als soziale Weg bringen und indem man dann die ländlichen Transferleistung oder so etwas, sondern die Wir- Räume auch ein Stück weit belebter halten und ja kung von Agrarförderung. Deswegen meine Frage im Grunde fördern können. an Frau Vees (dlv), die ja sehr eindrücklich noch- mal darauf hingewiesen hat, dass wir hier auch Der Vorsitzende: Danke. (Dr.) Kirsten Tackmann, einen Geschlechtergerechtigkeits-Gap haben oder zwei Minuten. eine Lücke, die zu schließen ist. Nur sind ja die Ziele zu formulieren, das ist das Eine. Gibt es denn Abg. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.): Dann schon Erfahrungen aus Ihrer Sicht? Also es gibt ja nehme ich die noch. Sie haben ja auch darauf hin- in Baden-Württemberg das „Innovative Maßnah- gewiesen, Frau Vees (dlv), dass die Repräsentanz men für Frauen“, welche Erfahrungen haben Sie von Frauen in den Entscheidungsgremien durchaus denn da bei der Umsetzung und was können wir etwas ist, wo es auch noch Luft nach oben gibt. daraus für die zukünftige GAP lernen? Was sind denn die Folgen davon, dass Frauen da nicht präsent sind? Und wie sollten wir das än- Der Vorsitzende: Juliane Vees (dlv). dern?

Juliane Vees (dlv, per Video): Vielen Dank Frau Der Vorsitzende: Direkt Juliane Vees (dlv). Dr. Tackmann für die Frage. Ja, die innovativen Maßnahmen für Frauen im ländlichen Raum ist ein Juliane Vees (dlv, per Video): Zum einen haben wir ganz besonderes Projekt, was es nur in Baden- die Situation, dass Frauen sich da oft dann nicht so Württemberg gibt; in der ganzen EU-weit hat es trauen, in so sehr männerspezifische Gruppen zu sozusagen ein Alleinstellungsmerkmal, es hat eine gehen. Also man braucht einfach schon eine Weile sehr hohe Vorbildfunktion und ist seit Jahren bei Erfahrungen, in solchen Gremien tätig zu sein. Und uns auch etabliert und anerkannt. In der letzten dafür, finden wir, ist es wichtig, dass wir da schu- Förderperiode hatten wir 85 Projekte von Frauen len können, dass wir Beratungsangebote machen inklusive der Kombination mit IMF (Innovative können und Coachings, um Frauen einfach diesen Maßnahmen für Frauen im ländlichen Raum) und Weg zu ebnen. Das wäre das Eine. Und zum Zwei- LEADER. Es wurden 23 Existenzgründungen und ten müssen wir dementsprechend auch jetzt in der Unternehmensentwicklungen gefördert, 60 Qualifi- GAP, in der ELER-Förderung (ELER – Europäischer zierungsmaßnahmen und es entstanden zwei neue Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Netzwerke, die auch innerhalb von IMF gefördert ländlichen Raums) dann im Grunde schauen, werden. Es hat bei uns das IMF-Programm einen Gleichberechtigung auch mit verankern, das Bei- hohen Innovationsfaktor. Ich erinnere an zwei spiel LEADER ist möglich, wir können dort einfach Ceres-Award-Gewinnerinnen, (die) in ihrer Gruppe einen höheren Frauenanteil fördern, indem wir sa- „Unternehmerin“ sogar im vorletzten Jahr, sogar gen, 30 oder 40 Prozent Frauen müssen in die Be- Gewinnerin der Gesamtgruppe, Linda Kelly und gleitgremien. Wenn man das verankert, könnte man Andrea Göhring, beide über das IMF-Programm ge- das vorher bepunkten, d. h., dass LEADER-Regio- fördert und auch geschult. Der Zugang zu diesem nen, die das berücksichtigen, auch dementspre- speziellen Förderprogramm ist aus unserer Sicht chend eine höhere Chance haben, auch im Grunde ernannt zu werden als LEADER-Region u. ä.. Wir

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brauchen einfach mehr Information auch für bräuchten wir dringend eine Nachbesserung in Be- Frauen, dass sie lernen, auch sich in solchen stark zug auf die gemeinsame Marktöffnung (Marktord- Männer dominierten Gremien dann auch zu be- nung), wird aktuell in Europa verhandelt. Aber ein haupten. Dafür wären Schulungen, Beratungen und zweiter Punkt ist eben, dass ja, und das kann man Weiterbildung einfach auch wichtig. gut finden oder nicht, am Ende in Europa 30 bis 60 Prozent der Einkommen der Bäuerinnen und Der Vorsitzende: Vielen Dank, die Restzeit soll ich Bauern unmittelbar von der GAP abhängen. Also herüberschreiben, habe ich dem Signal entnom- hat die GAP diesbezüglich eine enorme Verantwor- men. Und für (die Fraktion) BÜNDNIS 90/ tung und nicht zu Unrecht ist ja auch eben die Ein- DIE GRÜNEN haben wir den Kollegen Fried- kommensgrundstützung oder die Sicherung von rich Ostendorff im Saal. Bitte. angemessenem Einkommen ein spezifisches Ziel der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik. Und Abg. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- da halte ich es für sinnvoll, genau wie Sie es gesagt NEN): Ja, schönen Dank Herr Vorsitzender für das haben, eben mal zu gucken, wo liegt denn über- Wort. Meine Frage richtet sich an Phillip Brändle haupt der Bedarf. Und summa summarum, euro- (AbL). Ja, wir beobachten, dass GAP in der Tat päisch betrachtet, ist erstmal laut Europäischer mehr ist als das Verteilen von Steuergeldern. Wir Kommission die Einkommenssituation der Bäue- sehen das hier: Ökologisierung der Landwirtschaft, rinnen und Bauern so, dass wir 50 Prozent unter Sicherstellung gerechter Einkommen, vielfältigere dem Durchschnittsbruttoeinkommen liegen dessen, Agrarstruktur. Alles das wollen wir mit der GAP was ein normaler Arbeitnehmer in Europa be- befördern. Ist aus Ihrer Sicht denn für die Einkom- kommt. Auf Deutschland spezifisch, wenn man die mensgrundstützung das Geld bedarfsgerecht einge- Zahlen des Statistischen Bundesamtes mit denen setzt? Sind die Ziele in den Gesetzentwürfen ange- des Situationsberichtes Landwirtschaft vergleicht, messen abgebildet? Wie sehen Sie das aus Sicht der dann liegen die deutschen Bäuerinnen und Bauern AbL? Sehen Sie hier weiteren Nachbesserungsbe- rund 10 000 Euro unter dem Bruttodurchschnitts- darf? Ein Wort noch zur Umverteilung. Wir als einkommen (eines durchschnittlichen Arbeitsneh- GRÜNE sehen es grundsätzlich anders als Herr Pro- mers). Und jetzt wird es in dem Moment interes- fessor Grethe. Die Umverteilung ist aus unserer sant, wo man sich anschaut, was heißt das denn Sicht kein Unfug, sondern eine wirksame sozial- unterteilt nach spezifischen Betriebsgrößenklassen. ökologische Maßnahme, denn das Gutachten von Das Thünen-Institut wertet da ja anhand des Test- Prof. (Dr. Teja) Tscharntke gibt uns ja nochmal auf, betriebsnetzes umfangreich aus. In der Stellung- sehr wohl darüber nachzudenken, dass wir klein- nahme habe ich nochmal entsprechende Darstel- strukturierte Landschaften brauchen, um dem Ziel lungen des Thünen-Instituts auch mit aufgenom- des Biodiversitätsschutzes endlich Wirkung zu ver- men. Und da wird deutlich, dass Betriebe über leihen. 400 ha einen Gewinn je nicht entlohnter Arbeits- kraft von über 100 000 Euro erwirtschaften, ein Be- Der Vorsitzende: Herr Phillip Brändle (AbL). trieb über 600 ha einen Gewinn je nicht entlohnter Arbeitskraft von 130 000 Euro. Und dann muss Phillip Brändle (AbL, per Video): Ja, vielen herzli- man sich ja mal die Frage stellen, ob Mittel der Ein- chen Dank für die Frage. Wir sind erstmal sehr mit kommensgrundstützung bei Betrieben mit so einem Ihnen d’ accord, dass es darum gehen muss, eine Gewinn angemessen und bedarfsgerecht eingesetzt vielfältige Agrarstruktur zu erhalten. Und ganz kon- sind. Da würde ich erstmal sagen oder da sagt die kret bedeutet das eben, dass wir alle rund AbL, das ist nicht der Fall, sondern das entspricht 270 000 landwirtschaftlichen Betriebe, die wir in am Ende eigentlich einem bedingungslosen Grund- Deutschland haben, beim Weg des Umbaus der einkommen für Leute, die eigentlich schon ganz GAP mitnehmen müssen. Und das kann am Ende gut verdienen. Und wir meinen deswegen, dass es nur gelingen, wenn wir eben auch für all diese sinnvoll wäre, eine Kappung mit Degression einzu- landwirtschaftlichen Betriebe angemessene Ein- führen. Und wenn man diese Betriebsgrößenklas- kommen sicherstellen. Und da ist ein Punkt eben sen, wie gerade beschrieben, angemessen adressie- der Markt und die verkauften Produkte. Auch da ren würde, dann würde das eben bedeuten, bei 60 000 Euro eine Degression anzufangen und bei

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100 000 Euro komplett zu kappen. Und das BMEL men wieder zur Union (Fraktion der CDU/CSU) und die Europäische Kommission haben hier auch und es macht weiter der Kollege Färber. entsprechende Vorschläge schon unterbreitet. Und die andere Seite ist eben, wie sieht es denn jetzt Abg. Hermann Färber (CDU/CSU): Ja, ich habe eine mit den unteren Betriebsgrößenklassen aus. Und Frage an den Herrn Jürgen Maurer. Die GAP soll ja die gleiche Studie bzw. die gleiche Auswertung des mit Hilfe der Eco Schemes und soll die Biodiversi- Thünen-Instituts weist eben für Betriebe mit einer tät und die Artenvielfalt beinhalten. Wie sehen Größe von unter 100 ha 20 000 bis 30 000 Euro an jetzt Sie als Praktiker die Chance, das so umzuset- Gewinn je nicht entlohnter Arbeitskraft aus. Also zen, wie es da vorgesehen ist, gerade auch mit hier ist der Bedarf offenkundig relativ hoch. Und Blick auf die von Ihnen schon angesprochenen wir haben ja das Mittel der sog. Umverteilungsprä- Länderregelungen, auch vor dem Hintergrund Ihrer mie. Der Gesetzentwurf sieht vor, diese Mittel auf Erfahrungen als F.R.A.N.Z.-Betrieb. 12 Prozent zu erhöhen. Was heißt das denn dann in der Praxis? Im Moment bekommt der Betrieb über Der Vorsitzende: Jürgen Maurer. die Umverteilungsprämie ungefähr 2 000 Euro, wenn er es maximal ausschöpft. Und diese Erhö- Jürgen Maurer (per Video): Vielen Dank Herr Fär- hung würde bedeuten, dass diese Betriebe, weil sie ber für diese Frage. Ich sehe, dass im Hinblick auf die Mittel aus der Umverteilungsprämie auf das F.R.A.N.Z.-Projekt hier sehr, sehr vielfältige 3 200 Euro steigern, also eine Steigerung um Möglichkeiten, die das Projekt hier hervorbringt. 1 200 Euro, und das bei den eben skizzierten Reali- Wir haben sogar eine Schwarzfahne aufgenommen täten. Deswegen meinen wir, die Umverteilungs- in die Möglichkeiten der Anbaudiversifizierung. prämie muss verdreifacht werden. Und was es auch Wir versuchen, Extensivgetreide nach vorne zu braucht, ist natürlich eine Obergrenze für die Um- bringen, wir versuchen auch, Mais und Stangen- verteilungsprämie, wie sie vom BMEL vorgeschla- bohnengemenge in den Anbau zu bringen und gen wurde. Das macht ja keinen Sinn, die Förde- Pflanzenschutzmittelreduktion hier stattfinden zu rung kleiner und mittlerer Betriebe an große Be- lassen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten. Wir be- triebsgrößen zu zahlen, für die das überhaupt nicht kommen suggeriert, dass die Artenvielfalt hier in adressiert ist, und verbundene Unternehmen müs- diesem F.R.A.N.Z.-Projekt massiv nach vorne geht, sen natürlich auch noch gemeinsam angeschaut was ich sehr, sehr gut finde. Hier zeigt sich die werden. Ein letzter Punkt, dann bin ich fertig. Wir Leistungsfähigkeit der konventionellen Betriebe, brauchen dringend den Ausschluss außerlandwirt- was sie zu leisten vermögen in ihrer Gesamtheit. schaftlicher Investoren, entweder durch eine Defi- Wir sehen hier, ja, Blühflächen, die mehrjährig nition „aktiver Landwirt“ oder alternativ über eine sind, die einjährig sind. Wir brauchen ja eine ge- Negativliste. Ich hab gestern noch mal reinge- wisse Flexibilität. Und es wurde ja heute auch schaut: im letzten Jahr hat Südzucker 1,8 Mio. Euro schon angesprochen, ich denke, wir brauchen Agrarförderung bekommen, die Familie Albrecht einen Maßnahmenkatalog, wo man auswählen über ihre Agrarbetriebe über zwei Mio. Euro. Das kann, und hier zeigt sich, dass der richtige Weg ist, sind die Top Ten, das ist eine der Top Ten-Gutver- im F.R.A.N.Z.-Projekt sehr, sehr vielfältig aufge- diener-Familien in Deutschland und die bekom- stellt zu sein, egal in welcher Form, dass wir das men zwei Mio. Euro an Einkommensgrundstützung produzieren. Wir machen sog. Erbsenfenster, auch und sonstige Förderungen. Das kann man nicht noch in die Produktion integriert, wo wir dann zei- rechtfertigen. Und entsprechend fordern wir hier gen, dass es hier auch ein Nahrungshabitat für Nie- eine klare Definition des aktiven Landwirts oder derwild und … (akustisch nicht verständlich) ge- mindestens die Einführung einer Negativliste. Dan- ben kann, das auch sehr, sehr gut angenommen keschön. wird. Also die konventionelle Landwirtschaft ist durchaus bereit, hier neue Wege zu gehen, aber Der Vorsitzende: So, damit haben wir die erste man muss Spielräume geben, Vertrauen schenken Runde durch. Bei (der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE) und sie mitnehmen und nicht durch unsägliche GRÜNEN werde ich dann 30 Sekunden in Abzug und überzogene Kontrollmaßnahmen, die stattfin- bringen müssen in der zweiten Runde. Wir kom den z. T. auf den Betrieben. Ich kenne Betriebe, die sind in einem Jahr 14mal kontrolliert worden, egal

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in welcher Form. Das finde ich doch sehr, sehr man) das man jetzt bereits sieht, und wir werden überzogen. Das entmutigt diese Betriebsleiter, ihre auf der anderen Seite natürlich uns auch zusätzli- Betriebe weiterzumachen. In diesem konkreten che neue Maßnahmen ausdenken. Wir werden eine Fall, der hat sogar den Betrieb aufgegeben, weil er gewisse Verlagerung sehen, vielleicht nicht mehr in gesagt hat, er hält es vom psychologischen Druck der (bisherigen) Stärke Agrarumweltmaßnahmen her einfach nicht mehr aus. Auch hier sollte man machen zu können, weil sie dann zu intensiv und bei der GAP ein Augenmerk drauflegen, dass man zu kostenträchtig werden, auch für Betriebe viel- die Regulierungsflut nicht zu stark übertreibt, dass leicht nur noch schwer einzuhalten sind. Wir wer- man die Leute mitnimmt, die Betriebe mitnimmt, den aber andere Dinge in den Blick nehmen. Wir hier Angebote macht und sehr, sehr vielfältig aufge- werden (natürlich) den Öko-Landbau weiterhin stellt ist. Das wäre so meine Anforderung. Danke- ausbauen; das ist ohnehin ein Auftrag, den wir schön. auch als (im) Landesrecht bereits haben. Wir wer- den auch die Frage der Risikoabsicherung für die Der Vorsitzende: Vielen Dank. Der Kollege Auern- produzierenden Betriebe ins Auge fassen, weil wir hammer macht weiter für die Union. sehen, dass hier natürlich der Bedarf stark ansteigt durch Klimawandel und andere Dinge, z. B. auch Abg. (CDU/CSU): Ja vielen durch entsprechende Wildtierarten usw.. Wir wer- Dank Herr Vorsitzender. Meine Frage geht da an den entsprechend, ja, die Frage ist, wie es mit dem Herrn Konrad Schmid. Die einzelnen Bundesländer Tierwohl auf Bundesebene weitergeht, auch da nutzen das Instrument der 2. Säule sehr unter- sind wir im Grunde (eigentlich) „Gewehr bei Fuß“ schiedlich. Bayern hat hier ein sehr umfangreiches und werden zumindest im Jahr (20)22 beginnen, Angebot. Inwieweit sehen Sie die Gefahr, dass ge- um da etwas für die (in Richtung) Tierwohlprämien rade die bayerischen Betriebe Kürzungen hinneh- zu tun. Wir haben im Übrigen natürlich auch die men müssen im Bereich der 2. Säule? Und gibt es Weidetierprämie für die Kühe. Die haben wir ja be- Möglichkeiten, neue Aspekte mit aufzunehmen in reits. Insofern ist (wäre) auch da eine Übernahme der 2. Säule? Und auch welche Rolle spielt das in die Öko-Regelungen natürlich jetzt, für die baye- Thema „Flurstücksgröße“? Gerade in Süddeutsch- rischen Betriebe jedenfalls, ein reines Tauschge- land sind die Gewanne doch sehr kleinstrukturiert. schäft. Ja, insofern muss man immer sehen, was Wie können wir das berücksichtigen auch in der man tut und welche Wirkung es dann hat, regional 1. Säule vielleicht? Dankeschön. aber auch bundesweit. Und deswegen glauben wir, dass wir in der investiven Förderung noch etwas Der Vorsitzende: Herr Schmid. tun sollten, wir wollen die Existenzgründerprämie aufgreifen und solche Dinge, so dass wir da sehr, Konrad Schmid (per Video): Vielen Dank für die sehr gut darin (im Tierwohl aufgestellt) sind. Was Frage. Zum einen müssen wir feststellen, dass wir die kleinen Flächen anbelangt, den Vorschlag, der natürlich aufgrund der Anforderungen der Öko-Re- ist im Übrigen ja auch (ein) Teil der Gemeinwohl- gelungen, wo wir ja gesagt haben, oder die Ministe- prämie (und) den hätten wir gerne mit unterstützt. rinnen und Minister gesagt haben, es sollten zu- Man müsste wahrscheinlich einen anderen Vor- nächst einmal Maßnahmen (auch) sein, die wirk- schlag (machen) oder diesen etwas modifizieren lich bundesweit tragfähig sind, die bundesweit von und (wie gesagt,) das Ganze vielleicht auf Landes- allen Betrieben genutzt werden können, damit es durchschnittsparzellengröße runterbrechen. Das auch sichtbarer wird, das muss zwingend natürlich war es dann auch schon. Vielen Dank. Das war die auch Konsequenzen dann auch für die Landes- letzte Antwort. Dankeschön. agrarumweltmaßnahmen haben, insbesondere für (so) Länder wie Bayern, Baden-Württemberg, an- Der Vorsitzende: Dankeschön. Ich gebe an den Kol- dere vielleicht auch. Und das ist natürlich schon legen Spiering von der (Fraktion der) SPD weiter. der Punkt, wo wir dann sagen müssen: (gut) diese Maßnahmen werden wir dann in Zukunft im ELER Abg. Rainer Spiering (SPD): Vorab, Herr Brändle bei uns auf Landesebene eben nicht mehr anbieten (AbL), Danke für die Klarstellung der Einkommens- können, sondern wir werden diese Regelungen (na- wirkung der Direktzahlungen aus Bauernmund. türlich) in die 1. Säule (dann) übernehmen, (soweit

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Und ich weiß, dass die Kollegen Färber und Auern- ben Mrd. Euro pro Jahr bedeutet. Wäre das nicht hammer Ihnen von Herzen zugestimmt haben. Herr wesentlich wirksamer als GAP-Regelungen? Dr. Metzner (DVL), bitte mit kurzer Antwort, weil mir sonst die Zeit wegläuft. Kurze Antwort zu Der Vorsitzende: Herr Professor Grethe. Grünland- und Weideprämie, weil mich das auch interessiert aus Ihrer Sicht. Und Zweitens, geben Prof. Dr. Harald Grethe (per Video): Ja, vielen Sie bitte die Bedingungen an, die wir brauchen, um Dank Herr Spiering. Reicht das Budget von 25 Pro- kurzfristig eine praktikable Oberfläche für die Ein- zent für die Eco Schemes? Das hängt davon ab, wie tragung der GAP zu konstruieren? Und sind Sie der man sie ausgestaltet, was die Prämienhöhe für die Meinung, dass dort über einzeldigitale Überprü- einzelnen Maßnahmen sind. Wenn man die Ziele, fung und Plausibilität die Kontrolle vor Ort sich er- die wir gesamtgesellschaftlich haben, einmal hier ledigen kann? verfolgen will, dann reicht das nicht. Sind Einkom- mensnachteile zu erwarten? Ja, natürlich ist es so, Der Vorsitzende: Herr Dr. Metzner (DVL). dass kurzfristig Einkommensnachteile zu erwarten sind, wenn wir Geld rausnehmen, für das wir jetzt Dr. Jürgen Metzner (DVL, per Video): Herr Spie- keine Leistung erwarten und das Geld dann geben ring, zur Grünland- und Weideprämie. Wenn ich und das auch mit der Erbringung von Leistung ver- Ihre Frage richtig verstanden habe, ein Statement knüpfen. Aber das schließt auch an die Wettbe- von meiner Seite. Ja, wir brauchen Maßnahmen für werbsfähigkeitsdiskussion und langfristig haut das, Grünland und wir brauchen auch die gekoppelte meine ich, so nicht hin. Man macht einen Sektor Weideprämie. Dies ist unbedingt zu unterstützen. nicht dadurch wettbewerbsfähiger, dass man pau- Zur Oberfläche von Digitalisierung da ist alles schal pro Fläche eine gewisse Menge von Geld eigentlich soweit vorhin ausgeführt worden. Wir zahlt. Das landet langfristig überwiegend in den haben 19 Maßnahmen, die wir auswählen können Bodenpreisen. Wir haben auch sowieso keine ein- und die wir über eine digitale Oberfläche anbieten heitliche EU-Agrarpolitik. Die Direktzahlungen va- könnten. Die sind unterschiedlich bepunktet, diese riieren in Europa zwischen 100 und 500 Euro pro Maßnahmen, und wir wählen die an. Und das wird ha. Man macht einen Sektor dann langfristig wett- sofort in Finanzen, in Geld umgerechnet und dann bewerbsfähig, wenn man es ihm ermöglicht, die auch plausibilisiert von den Behörden. Anforderungen, die an ihn gestellt werden, zu er- füllen. Wir können nicht weiter warten auf Verfas- Der Vorsitzende: Herr Spiering. sungsklagen. Wir haben das gesehen im Klima- schutz. Für die Biodiversität können Sie sich leb- Abg. Rainer Spiering (SPD): Ja, Dankeschön. Herr haft vorstellen, dass sowas in Vorbereitung ist. Wir Professor Grethe, herzlichen Dank für Ihren Vor- haben das im Bereich Tierschutz. Wenn man den trag. Wird der vorgesehene Finanzrahmen für die Landwirten nicht ermöglicht, Geld zu verdienen Öko-Regelungen ausreichen, um die Nachfragen mit der Erbringung dieser Leistung, dann werden durch die landwirtschaftlichen Unternehmen abzu- die Leistungen irgendwann trotzdem eingefordert decken? Teilen Sie die Meinung von Herrn Ruk- und zwar ordnungsrechtlich auf anderen Wegen. wied (DBV), dass die Landwirtschaft Einkommens- Und das ist dann wirklich schlecht für die Wettbe- verluste erleidet? Welche weiteren Instrumente wä- werbsfähigkeit. Was sollte man weiterhin noch ren aus Ihrer Sicht sinnvoll, um mittelfristig das tun? Sie haben natürlich völlig Recht, was wir hier Ziel einer regionalisierten Landwirtschaft mit ge- besprechen bei der GAP ist nur ein Ausschnitt. schlossenen Nährstoffkreisläufen zu verwirklichen? Und wenn Sie denken an das Gutachten des Kann der Staat auf der Nachfrageseite Einfluss neh- WBAEs (Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, men? Und jetzt kommt eine etwas heikle Frage. Ich Ernährung und gesundheitlicher Verbraucher- persönlich bin der Meinung, dass der Staat über die schutz) zu einer nachhaltigeren Ernährung. Natür- Finanzierung von Kantinen, Mensen und, und, und lich hat die öffentliche Gemeinschaft von Ihnen eine Nachfrage erzeugen sollte - und zwar eine de- eine ganz besondere Rolle und kann Nachfragekraft finierte. Und ich schätze, dass der Beitrag des Staa- entwickeln für besonders nachhaltig erzeugte Pro- tes in diesem Bereich ungefähr sechs bis sie dukte. Und kann das auch nicht verengt tun, nur auf die zwei Kriterien Öko-Landbau und regional,

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sondern muss auch formulieren, muss dran mitar- Abg. Wilhelm von Gottberg (AfD): Danke für das beiten, was es denn heißt, nachhaltig zu produzie- Wort Herr Vorsitzender. Meine Frage geht an Präsi- ren und solche Produkte auch nachzufragen und dent Rukwied (DBV) und betrifft das GAP-Direkt- dann hat das natürlich große Einkommenspoten- zahlungsgesetz. Positiv ist zu bewerten bei diesem tiale. Dann haben wir noch die Bereiche, die wir Entwurf die gekoppelte Einkommensstützung für hier in der GAP gar nicht ansprechen: „Borchert- die Weidetierhalter. Das klang eben auch schon an. Kommission“, erhebliche Einkommensmöglichkei- Unverständlich ist jedoch der Zielwert von etwa ten für Landwirtschaft, für Tierwohl, die ganze 60 Euro pro Mutterkuh. Basierend auf dem Groß- Moorwiedervernässung. Wir haben jetzt das Urteil, vieheinheiten-Verhältnis müsste das deutlich mehr bis 2045 klimaneutral. Aber man wird ja nicht kli- sein. Herr Rukwied könnten Sie sich dazu äußern? maneutral, wenn man ein Ziel formuliert. Man Danke. wird klimaneutral, wenn man dann auch Maßnah- men umsetzt und das instrumentalisiert. Und da ist Joachim Rukwied (DVB, per Video): Ja, dazu kann die Moorwiedervernässung eine ganz wesentliche ich mich äußern. Als DBV haben wir eine ganz kla- Stellschraube. Und auch dort müssen wir den re Position, nämlich die, dass wir gekoppelte Zah- Landwirten, die heute auf diesen Standorten wirt- lungen für nicht zielführend halten. Wir haben ja schaften, wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnen, in der Agrarreform, die noch die Handschrift der um auch mit einer nassen Moorbewirtschaftung Frau Künast trägt, diesen Übergangszeitraum ge- Geld zu verdienen. Erlauben Sie mir noch eine habt, den Gleitflug. Und insofern sehen wir das als kurze Bemerkung zu dem Kollegen (Prof. Dr. Teja) nicht zielführend an. Wir sehen (eher) den Ansatz Tscharntke. Der hat ja völlig recht. Aber ihm geht in einer entsprechenden Förderung in der Mutter- es doch gar nicht um die Nutzerstruktur oder um kuhhaltung oder der Schafhaltung in der 2. Säule. die Eigentümerstruktur. Ihm geht es dadrum, dass Für uns ist die Wiedereinführung der Koppelungen die Vielfalt da sein muss in den Flächen. Und auch ein stückweit ein Rückschritt. große Betriebe können große Vielfalt schaffen in Flächen. Also dafür brauche ich nicht kleine Be- Der Vorsitzende: Herr von Gottberg. triebe fördern, dass ich Vielfalt in der Fläche habe, sondern dafür muss ich das fördern, was ich haben Abg. Wilhelm von Gottberg (AfD): Danke. will. Und dann kann man erstmal als Krücke anset- zen an der Schlaggröße, wie das ja auch im Ge- Der Vorsitzende: Vielen Dank. Dann rufe ich für meinwohlprämienmodell vorgesehen ist. Und lang- die (Fraktion der) FDP, ich vermute wieder Herr fristig kann man weiterdenken, denn es geht ja Dr. Hocker? nicht nur um die Schlaggröße, es geht auch um die Schlagform. Ein quadratischer Schlag ist sehr viel Abg. Dr. Gero Clemens Hocker (FDP, per Video): schlechter als ein langgezogener Schlag mit schö- Genau so ist es. Vielen Dank Herr Vorsitzender. Ich nen Saumstrukturen. Kurzum, lassen Sie uns da- hätte noch eine Frage gerne adressiert an den Hu- rauf fokussieren, auf das, was wir haben wollen, bertus Paetow. Sie sind ja auch Mitglied, wenn ich nämlich Vielfalt in der Landschaft und nicht des- das richtig verfolgt habe, in der „Zukunftskommis- wegen kleine Betriebe fördern und unabhängig da- sion Landwirtschaft“. Können Sie mir und uns von, ob Sie jetzt vielfältige Landschaften gestalten vielleicht einen kurzen Einblick geben, inwiefern oder eben auch nicht. Man kann ansonsten auch die Ergebnisse der „Zukunftskommission Landwirt- keinen Bedarf, Herr Brändle (AbL), ableiten aus Ge- schaft“ bei der Entwicklung des nationalen Strate- winnen landwirtschaftlicher Betriebe. Dann müsste gieplanes der GAP Berücksichtigung gefunden ha- man schon die Einkommenssituation haben. Und ben? die haben wir ja nicht mal, auch nicht im Testbe- triebsnetz. Danke. Der Vorsitzende: Herr Paetow.

Der Vorsitzende: Herr Professor Grethe vielen Hubertus Paetow (per Video): Ja, vielen Dank Herr Dank. Und jetzt kommt der Herr von Gottberg. Hocker für die Frage. Das Ergebnis der „Zukunfts- kommission Landwirtschaft“ wird deren Ab-

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schlussbericht sein. Und insofern wäre das natür- Prof. Dr. Harald Grethe (per Video): Vielen Dank lich ein zweiseitiges Paradoxon, wenn bei dieser für die Frage Herr Hocker. Völlig richtig, wir müs- GAP-Reform die Ergebnisse, die in der Zukunfts- sen mitdenken, dass das, was wir tun, auch im Rest kommission verhandelt werden, bereits aufgenom- der Welt Effekte hat. Das haben wir irgendwann men werden. Ich will das mal anders interpretie- mal in der breiten Öffentlichkeit gelernt mit den ren, Ihre Frage geht sicher dahin: Entspricht diese Biokraftstoffen, wo wir gemerkt haben, dass wenn GAP-Reform in Grundzügen dem, was sich als Kon- wir hier sehr viel Biokraftstoffe raussaugen aus sens in der Zukunftskommission u. U. vielleicht dem Markt, dass wir damit Landnutzungseffekte im abzeichnet? Und wenn ich das so sehe, dann gibt es Rest der Welt generieren. Und dass der Mechanis- da ein gemischtes Bild. Ich denke schon, dass, mus gilt natürlich genauso für eine sehr starke Ex- wenn wir die Zukunftskommission als einen brei- tensivierung, die wir hier betreiben. Wenn wir ge- ten Schnitt aus der deutschen Gesellschaft nehmen, nauso weiterkonsumieren wie sonst und weniger viele Dinge, die da Konsens sind, in dieser Reform produzieren, dann importieren wir das Zeug und sich wiederfinden, insbesondere das Bekenntnis das generiert woanders Effekte und das müssen wir dazu, dass wir langfristig, und ich betone dabei mitdenken. Und deswegen müssen wir auch immer langfristig, von dem Prinzip der reinen Direktzah- denken, wie wir die beiden Ziele, Produktionsziel lungen abkommen müssen. Ich denke, das ist auch und die ganzen weiteren Ziele, möglichst gut mit- heute politisch auch gar keine Frage mehr. Und in- einander verbinden und wie wir möglichst viel sofern ist es auf der anderen Seite natürlich so, die hinkriegen mit produktionsintegrierten Maßnah- „Zukunftskommission Landwirtschaft“ in Deutsch- men. Und natürlich ist es dafür auch wichtig, mo- land kann ja nicht für ein europäisches Projekt wie derne Technologien zu nutzen. Es scheint mir aber die GAP-Reform die Rahmenbedingungen entspre- zu polarisiert sozusagen, bei dieser Agrarreform, chend formulieren. Und insofern denke ich, ist das, wie sie jetzt auf dem Tisch liegt zu sagen, dass das was jetzt vorliegt in der Gesetzgebung, ein Ach- ja wahnsinnig weit geht, was die indirekten Land- tungserfolg. Wahrscheinlich wäre bei einer rein nutzungseffekte angeht, weil das doch relativ mo- deutschen Betrachtung mehr dabei rausgekommen. derat ist bisher, was wir da vorhaben, so wie die Gesetzesvorschläge jetzt auf dem Tisch liegen. Was Abg. Dr. Gero Clemens Hocker (FDP, per Video): Ja anderes ist es, wenn man, sozusagen im Sinne des vielen Dank. Ich dachte, Sie tauschen sich da viel- Green Deal nur formuliert, wo man überall mit den leicht auch schon einmal zwischenzeitlich sozusa- Inputs runtergehen will, das aber nicht wirklich gen aus. Ich habe eine zweite Frage an Herrn Pro- runterdenkt. Das würde ich z. B. phetischer be- fessor Grethe. Und zwar, Herr Professor, wir haben trachten. Grundsätzlich, der Punkt ist wichtig, aber ja vorhin gehört, wie die Veränderungen aussehen es ist auch nicht so, dass wir mit dem, was wir hier sollen. Ich hätte von Ihnen gerne eine Antwort auf produzieren, die Welternährung grundsätzlich ret- die Frage, wie Sie bewerten, dass die vorgesehenen ten könnten. Es muss auch woanders mehr produ- Maßnahmen für die Öko-Regelungen ja fast voll- ziert werden und es gibt auch viele Standorte auf ständig eine Einschränkung der Produktion vorse- der Welt, wo die Intensität, das Input-Mittel Einsat- hen, aber der Einsatz von Technologien wie preci- zes noch sehr viel geringer ist als bei uns und wo sion farming und andere Dinge gar keine Rolle auch eine gewisse Intensivierung nämlich auch gut spielen. Und all dies vor dem Hintergrund, dass tun würde und auch nicht unbedingt ein Nachhal- wir eine explodierende Weltbevölkerung haben. tigkeitsproblem schaffen würde. Im Übrigen Halten Sie das für eine schlaue Idee, sozusagen schließt das auch wieder an an das Thema, das Produktionseinschränkungen zu fordern, aber Herr Spiering reinbrachte, wir müssen auch an an- gleichzeitig ja damit nicht die Frage zu beantwor- dere Sachen denken, z. B. an eine nachhaltigere Er- ten, wie wir tatsächlich, ja nicht nur Hunger in der nährung und z. B. an eine Verringerung unseres Welt, sondern auch den steigenden Bedarf an Nah- Konsums tierischer Produkte. Weil der Flächenab- rungsmitteln insgesamt befriedigen können? Ist da druck, der Fußabdruck, den wir generieren, son- wirklich die Einschränkung von Produktion der al- dern nicht nur bei uns, sondern auch im Rest der lein seligmachende Schritt, was sich gegenwärtig Welt an Futtermitteln zu groß ist. Danke. so widerspiegelt? Vielen Dank.

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Der Vorsitzende: So vielen Dank. Jetzt haben wir an die Hand geben, aber auch wie sie beim AFP dieses Zeitfenster aufgebraucht und kommen zur (Agrarinvestitionsförderungsprogramm) einen An- Kollegin Dr. Tackmann. trag stellen. Wir merken immer wieder, dass gerade in dem Bereich AFP auch sehr selten ist, dass Abg. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.): Ja vielen Frauen beantragen. In der Regel (i. d. R.) ist der Dank. In der Diskussion wird ja schon klar, wir Mann der Hofbesitzer. Und auch wenn die Frau brauchen Akteurinnen und Akteure, die tatsächlich vielleicht einen Teil des Betriebes in ein eigenes das alles auch umsetzen können, was wir hier mit- Projekt umsetzen möchte, wird trotzdem dann einander besprechen und was notwendig ist. meistens der Mann dann den Antrag stellen und Gleichzeitig haben wir mit einem Generationen- das Unternehmen gehört dann am Schluss nicht wechsel in der Landwirtschaft zu tun und Frage der Frau. Die Höfe sind dadurch dann oft doch al- Hofnachfolge und andere Dinge und gleichzeitig, les unter dem Dach des Hofbesitzers und die Frau Vees (dlv), ich wende mich dann wieder an Frauen auch mit ihren eigenen Projekten können Sie, haben Sie ja vorhin adressiert, dass Frauen in nicht berücksichtigt werden. Da kommen noch die den landwirtschaftlichen Betrieben, aber auch im soziale Absicherung der Frauen dazu, die dann ländlichen Raum durchaus nicht die gleiche Teil- nicht so möglich ist und auch dass sie keine Ren- habe haben. Also insofern ist die Frage: Wie kön- tenanwartschaften auf eigenes Ticket sozusagen er- nen wir erreichen, dass Frauen als Berufseinsteige- werben können. Ich möchte aber auch den Punkt rinnen, als Hofnachfolgerinnen, als Neugründerin- der sozialen Absicherung von Frauen erwähnen. nen usw., Existenzgründerinnen hier eine größere Wir haben immer mehr auch Trennungen in der Rolle spielen und welche Folge hat es eigentlich, Landwirtschaft. Wir haben auch Tod von Partnern, dass sie das im Moment nicht tun? Was ist notwen- aber auch wir haben die Verpflichtung von Banken, dig dafür, dass das besser klappt, dass Frauen ein- dass Frauen in die Haftung der Betriebe mit eintre- steigen können in die Landwirtschaft und in den ten müssen. Das bringt sehr, sehr viele Gefahren für ländlichen Räumen besser präsent sind? Frauen mit, die in der Landwirtschaft tätig sind. Da müssen wir Antworten zu finden. Und die Bera- Der Vorsitzende: Frau (Juliane) Vees (dlv). tung innerhalb der Weiterbildung der Landwirt- schaft, auch in dem ländlichen Raum sollte deshalb Juliane Vees (dlv, per Video): Vielen Dank Frau gestärkt werden, auch im Bereich Sozioökonomie, Dr. Tackmann für diese Frage. Ja, Frauen sind als aber auch im Bereich fachlicher Kompetenzen für Betriebsleiterinnen und auch als Hofnachfolgerin- Unternehmerinnen, Hofnachfolgerinnen, aber auch nen immer noch selten. Und es hat zum einen da- für weibliche Fachkräfte. Und da müssten spezifi- mit zu tun, dass es ihnen vielleicht auch von ihren sche Bildungsangebote, Wissens- und Erfahrungs- Familien nicht so zugetraut wird, oder auch dass austausch unterstützt werden durch die ELER-An- Frauen einfach keine gezielte Förderung bekom- gebote. Ich möchte erwähnen, dass die Transforma- men und unterstützt werden. Frauen sind von Hau- tion der GAP wahrscheinlich gerade durch die se aus eher vorsichtig, wenn sie in eine Selbstän- Frauen eine große Chance hat, weil Frauen doch digkeit gehen, wenn sie einen Hof übernehmen die gesellschaftlichen Gegebenheiten besser ken- wollen. Sie beginnen eher langsam und nieder- nen. Sie sind eher in den Dörfern integriert, sie schwellig. Sie wollen sich sehr, sehr sicher sein, wissen, was die Erwartung der Menschen ist. Und was ihre Fachlichkeit, aber auch ihre finanzielle Si- ich glaube, dass sie auf dem Weg in die Zukunft tuation betrifft. Und daher wäre es glaube ich wich- vielleicht auch dann die klareren Antworten hät- tig, dass gezielte Angebote gemacht werden müs- ten, wie das beides unter einen Hut gebracht wer- sen. Und dafür ist der ELER und die GAP ein gutes den kann. Dazu gibt es aber Ausführungen auch in Instrument, Frauen in diese Selbständigkeit zu be- unserer Stellungnahme. Danke. gleiten. Hier kommen zum einen Existenzgrün- dungsseminare, die ich ja schon mal erwähnt hatte Der Vorsitzende: Vielen Dank. Frau Dr. Tackmann. mit der Erarbeitung von fertigen Businessplänen z. B. in Frage. Dann geht’s aber auch weiter, dass Abg. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.): Da habe wir Frauen im Bereich der Klärung von Finanzie- ich gleich nochmal eine Nachfrage Frau Vees (dlv). rung unterstützen, eben das nötige know how dafür Frauen arbeiten i. d. R. auch deutlich vernetzter als

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häufig Männer. D. h. wären z. B. kooperative Struk- Kurzrunde à drei Minuten machen, wenn noch Be- turen, Genossenschaften usw. besser zu berücksich- darf wäre. Nur, dass Sie sich einstellen können. tigen in der GAP, etwas was auch Frauen dann un- Jetzt Kollege Ostendorff von (der Fraktion) BÜND- terstützen würden? NIS 90/DIE GRÜNEN.

Juliane Vees (dlv, per Video): Also ich sehe dieses Abg. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Instrument sehr, sehr gut. Gerade auch bei den in- NEN): Noch eine Bemerkung zur Umverteilung, novativen Maßnahmen, die wir schon angespro- Herr Professor Grethe, das Eine ist der theoretische chen haben in Baden-Württemberg, wird auch das Ansatz, das Andere ist das praktische Tun. 80 ha Netzwerken mit angedacht. Daraus entstehen Ver- bewirtschaftet meine Frau zu Hause als Betrieb mit eine oder auch Genossenschaften speziell von 35 Teilflächen. Ich glaube, das ist eine Situation, Frauen. Aber die Beteiligung natürlich auch in wie Ihr sie in Baden-Württemberg, in Bayern alltäg- ländlichen Genossenschaften wäre wichtiger, um lich kennt, so. Von daher, ich glaube, man kann im- einfach da den Weg auch für Frauenprojekte, aber mer postulieren, dass die Großen ja die Möglichkei- auch für Frauen, Unternehmerinnen stärker zu be- ten hätten, aber nur sie tun es ja nicht. Das ist ja ein rücksichtigen. reines Gedankenmodell, was in der Praxis dann doch nicht so stattfindet. Aber da kommen wir ja, Der Vorsitzende: Ja, noch eine Minute mit dem Zu- Phillip Brändle (AbL), zu den Öko-Regelungen. schlag hätten wir. Wie kriegen wir denn jetzt noch mehr Potential da rein, dass Bäuerinnen und Bauern erkennen, dass Abg. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.): Dann sie mit wirksamen Umwelt- und Tierschutzmaß- würde ich gerne DVL nochmal nachfragen. Agro- nahmen Geld verdienen können, dass sie den Um- forst ist ja geöffnet zumindest. Wie ist das berück- bau damit aktiv befördern können? Wo sehen Sie sichtigt bei der Gemeinwohlprämie? Und soll das da noch Ergänzungsbedarf? Was muss dort noch ge- auch auf dem Grünland umgesetzt werden? tan werden? Wir müssen doch das Multitalent Grünland, alle reden über Grünland, Klima, sonst Der Vorsitzende: Herr Dr. Metzner (DVL). was, Grünland immer vorne weg. Aber da gebe ich Herrn Rukwied (DBV) ja Recht. Es passiert ja zu Dr. Jürgen Metzner (DVL, per Video): Agroforst ha- wenig für das Grünland. Wir müssen ja hier noch- ben wir nicht berücksichtigt bei der Gemeinwohl- mal deutlich den Blick drauf wenden und sagen, es prämie, weil wir … Unbestritten positive Effekte, kann doch nicht einhergehen mit Geldverlusten aber wir sehen den Agroforst im Augenblick eher und gleichzeitig zu sagen, was wir im Grünland al- als investive Maßnahme, die dauerhaft wirkt. Und les für Potential haben. der Bedarf ist einfach auch eine Planungsphase, eine investive Phase. Und es ließe sich in die Ge- Der Vorsitzende: Herr Brändle (AbL). meinwohlprämie integrieren, ja, aber wir haben da- von abgesehen, wir sehen das eher in der 2. Säule Phillip Brändle (AbL, per Video): Vielen Dank für im Augenblick. Da gibt es ja auch Untersuchungen die Frage. Ich will versuchen, es zu beantworten. z. B. in Brandenburg, die das dann auch so vor- Vielleicht auch noch ganz kurz vorweg einfach zur schlagen. Aber wie gesagt, man kann das tun. Auf Richtigstellung. Herr Grethe, ich habe nicht von Grünland muss es natürlich immer auch natur- Gewinn gesprochen, sondern von Gewinn je nicht schutzfachlich abgeklärt sein, ob das auch sinnvoll entlohnter Arbeitskraft. Also das, was sich auch ist in Hinblick auf Wiesenbrüterschutz. Da sind nach Abzug der Personalkosten auf die einzelnen Landschaftselemente oft eher dann hinderlich na- Gesellschafter eines Betriebes verteilt. Ich verweise turschutzfachlichen Fragestellungen gegenüber. diesbezüglich nochmal auf das Thünen-Working Grundsätzlich aber wo es möglich ist, ja. Paper 96, da ist das alles ausführlich beschrieben und ausführlicher, als dass ich das jetzt hier auch Der Vorsitzende: Vielen Dank. Bevor ich Fried- abbilden kann. Vielen Dank für die Frage. Ich bin rich Ostendorff das Wort erteile, noch ein Hinweis. ganz bei Ihnen und auch bei Herrn Rukwied (DBV), Wenn Sie möchten, können wir danach noch eine dass das Grünland nicht angemessen adressiert ist

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in den Vorschlägen bei den Öko-Regelungen, ob- Nährstoffüberschüsse ist vorhin auch schon gefal- wohl es ja ein gewaltiges Potential hat, einmal in len. Herr Grethe hat es ausgeführt. Wir haben ge- Bezug auf den Artenschutz, aber einmal auch in waltige Herausforderungen: Nitratrichtlinie, Nähr- Bezug auf den Klimaschutz. Wir haben ja insge- wertrichtlinie, Klimaschutzgesetz usw.. Wir müs- samt, je nachdem wie man es liest, im Moment sie- sen da besser werden. Und eine Möglichkeit wäre ben oder neun Regelungen oder Maßnahmen in den eben, anhand Stoffstrombilanzverordnung Betriebe Öko-Regelungen angeboten und dafür sind ja nur zu honorieren, die quasi Überschüsse reduzieren. drei Stück tatsächlich für Grünland überhaupt vor- Die Stoffstrombilanzverordnung kommt im Zuge gesehen. Und diese drei Stück sind aber gerade für der DüV sowieso. Also lassen Sie uns die Daten vergleichsweise intensive Grünlandregionen gar nutzen und Betriebe, die hier besonders gut sind, nicht richtig umsetzbar. D. h. erstmal ganz knall- honorieren. Die einfache Variante wäre eine Hono- hart ökonomisch, dass diese Betriebe vielfach über- rierung von Düngemitteln, schlagspezifisch, einzel- haupt nicht die Möglichkeit haben, die wegfallende schlagspezifisch. Da kann man sich auch viel vor- Greening-Prämie überhaupt zu kompensieren über stellen. Und Herr Grethe hat es ja gesagt, eine klein- die Öko-Regelung, weil sie keine Angebote haben teilige Bewirtschaftung hat einen besonderen Wert. und gleichzeitig aber eben mit dem anziehenden Und auch da sind wir mit dem DBV einig, eine zu- Rahmen innerhalb der Konditionalität zu tun ha- sätzliche Öko-Regelung für eine kleinteilige Bewirt- ben. Also, ja es braucht unbedingt zusätzliche Maß- schaftung macht durchaus Sinn. Da stellt sich dann nahmen für den Bereich Grünland. Wir stellen uns die Frage der Ausgestaltung. Auch hier haben wir da nicht nur eine zusätzliche Maßnahme vor, son- einen konkreten Vorschlag gemacht in Bezug auf dern eigentlich ganzes Portfolio und haben in unse- die Honorierung von eins bis 15 ha. Je kleiner die rer Stellungnahme darauf verwiesen. Aber wovor durchschnittliche Schlaggröße desto höher die Ho- ich sehr abraten möchte, ist jetzt eine pauschale norierung mit einem besonderen Wert von durch- Honorierung für Grünland einzuführen und zu sa- schnittlichen Schlaggrößen unter sechs ha, so wie gen, alle Grünlandregionen kriegen pauschal Geld. es Herr (Prof. Dr. Teja) Tscharntke in seiner Studie Es ist eben ein Unterschied in Bezug auf die Ökolo- hier auch ausgeführt hat. Jetzt können wir noch gie, ob der Lohnunternehmer an zwei Tagen mal viel zu Öko-Regelungen sagen, aber wahrscheinlich kurz den ganzen Landkreis umlegt oder ob die Kuh ist meine Zeit vorbei. auf der Weide steht, ob der Kuhfladen im Güllepott ist und das Güllefass rausgefahren wird oder ob er Der Vorsitzende (schmunzelt): Ihre Zeit ganz sicher auf der Weide liegt und die Insekten ein Refugium nicht, Herr Brändle, aber die hier jetzt im Moment haben. Und gerade in Bezug auf das Tierwohl be- für die Beantwortung der Frage. Jetzt kommen wir trachtet, was ja in den Öko-Regelungen so gut wie noch ggf. zu den drei Minuten-Blöcken mit Frage gar nicht adressiert werden kann, weil wir die Be- inklusive Antwort. Für die Union (Fraktion der zugsgröße Großvieheinheiten leider nicht haben in CDU/CSU) hat sich schon der Kollege Auernham- den Öko-Regelungen, sondern nur in ha. Seitenbe- mer gemeldet. merkung, das, meinen wir, wäre auch noch bei zu- künftigen Reformen auf jeden Fall nachzubessern. Abg. Artur Auernhammer (CDU/CSU): Vielen In Bezug auf das Tierwohl ist die Weidehaltung Dank Herr Vorsitzender. Ich will es auch schnell auch von einem besonders hohen Wert. Insofern ja, machen. Frage an den Konrad Schmid. Die Defini- zusätzliche Öko-Regelungen für Grünlandhonorie- tion „aktiver Landwirt“. Wie sehen Sie das auch rung, aber eben auch konkret gebunden an Maß- mit Blick auf die vielfältigen Nebenerwerbsland- nahmen, die eine konkrete Wirksamkeit haben. wirtschaften gerade in Süddeutschland? Und noch Und das ist nun mal die Weidehaltung von Milch- eine kurze Frage an Hubertus Paetow. Der Einsatz kühen und eine (deren) Nachzucht. Und deswegen digitaler Technik, könnte das eine Rolle spielen bei sprechen wir uns sehr vehement und deutlich da- den Öko-Regelungen? Ich denke an das Potential für aus, hier ein Angebot für entsprechende Grün- der Verringerung von Pflanzenschutzmitteln, an landbetriebe zu machen. Und haben in unserer den effektiven Einsatz von Gülle. Vielen Dank. Stellungnahme auch einen detaillierten und kon- kreten Vorschlag hierzu unterbreitet. Der Punkt der Der Vorsitzende: So, mit der Bitte um kurze Ant- wort, Herrn Schmid und Herr Paetow.

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Konrad Schmid (per Video): Vielen Dank. Wir sind Abg. Rainer Spiering (SPD): Herr Professor Grethe, sehr kritisch gegenüber diesem Instrument des akti- die öffentliche Beschaffung lässt mich nicht in Ru- ven Landwirts. Nicht aus grundsätzlichen Erwä- he. Sehen Sie eine Möglichkeit im Rahmen des gungen heraus, sondern, wie wir das ja jetzt auch Rechtes und der Anwendung von Recht, eine öf- öfter gehört haben mit den Großbetrieben, sondern fentliche Beschaffung auch mit großen Geldmitteln (haben) eigentlich das Problem, dass wir dann na- mit definierten Nahrungsmitteln? Und Sie haben ja türlich die Großen wie die Kleinen behandeln müs- auch den WBAE-Ernährungsbericht angesprochen, sen und dann auch kleine Betriebe, Nebenerwerbs- so herzustellen, dass man Regionalität tatsächlich betriebe, Einkommenskombinierer letztlich darauf fördern kann, um in die entsprechenden landwirt- hin prüfen müssen, ob sie von der Landwirtschaft schaftlichen Betriebe auch Geld hineinzuspülen? leben, und zwar hauptsächlich leben. Und das Herr Paetow, wäre das für Sie auch ein gangbarer führt natürlich in eine Diskussion rein, die wir Weg, um Regionalität zu fördern? Und Frau Vees eigentlich überhaupt nicht brauchen können und (dlv), was mich jetzt wirklich umgetrieben hat. Wir auch politisch so nicht gewollt ist. Wir wollen die haben ja die großen landwirtschaftlichen Einrich- Betriebe vielfältig aufstellen, wir wollen breite Ein- tungen BayWa, (Landwirtschaftliche) Rentenbank, kommensstandbeine haben und da ist die Land- Raiffeisengenossenschaft (Deutscher Raiffeisenver- wirtschaft eben ein Teil davon. Wenn man von band e. V. – DRV) und, und, und. Mögen Sie mir kleinen Betrieben spricht, von denen, die auch um- sagen, wie viel Frauen dort überhaupt in den Vor- weltmäßig etwas leisten aufgrund ihrer Kleinheit ständen und in den Aufsichtsräten vertreten sind? und der Akteursvielfalt, das dürfen wir auch nicht vergessen, das ist auch ein Wert an sich. Dann Der Vorsitzende: Jetzt sind gleich drei von Ihnen muss man, wenn sie (die Regelung) denn kommt - angesprochen. Bitte kurz. Herr Professor Grethe zu- verpflichtend -, dann müssen wir sehr darauf ach- erst. ten, dass wir hier nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Vielen Dank. Prof. Dr. Harald Grethe (per Video): Wie man das letztendlich hinkriegt, rechtlich sprachen Sie an, Der Vorsitzende: Vielen Dank. Herr Paetow. ist außerordentlich schwierig, weil wir ja so viele verschiedene Trägerinnen und Träger haben der je- Hubertus Paetow (per Video): Ja, vielen Dank für weiligen Einrichtung, auch zu verschiedenen Ge- die Frage. Natürlich, technologische Innovationen bietskörperschaften gehörend. Ob das mit der Re- können eine große Hilfe sein. Also Stichwort: Re- gionalität ein guter Weg ist? Ich würde sagen, ja mit duktion von Pflanzenschutzmitteln, Durchziehen, Vorsicht. Denn wir müssen ja sagen, Regionalität auch Verfahren durch Wandspritzung, Stichwort: ist nicht per se nachhaltig. Und etwas, was überre- Nährstoffeffizienz bei der Gülle, durch Inhaltsstoff- gional transportiert wird, ist nicht per se schlecht, messung während der Ausbringung, sind beides was die Nachhaltigkeit angeht. Das hängt davon ab, hervorragende Verfahren, um ökologische Verbes- wie es transportiert wurde, das hängt an den Jah- serungen in der konventionellen Produktion zu er- reszeiten, das hängt an den Produktionsverfahren. reichen. Wir müssen eben bloß aufpassen, dass wir Insofern würde ich nicht dafür plädieren, zu veren- sagen, wir fördern vielleicht nicht nur Investition, gen auf die Regionalität. Aber Regionalität ist na- sondern wir schauen auch sehr genau auf die Be- türlich eine Möglichkeit, auch Beziehungen herzu- triebe, die diese Verfahren dann auch wirklich an- stellen zwischen Menschen, die konsumieren, und wenden. Denn nur dann kann dieser ökologische der Landwirtschaft, die sie erleben, wenn sie aus Fortschritt auch wirksam werden. Aber ich bin auf den Städten rausfahren an den Wochenenden. Und jeden Fall dafür, wir brauchen jedes Werkzeug für gerade, wenn wir z. B. denken an Kita- und Schul- die Transformation und wir sollten diejenigen, die verpflegung (Kita – Kindertagesstätte), hat das, sich da anbieten, auch alle nutzen. glaube ich, einen hohen Wert, zumindest einen be- stimmten Prozentsatz auch regional zu beziehen Der Vorsitzende: Vielen Dank. Habe ich es gesehen, und diese Information, wo das herkommt, auch Rainer Spiering hat eine Wortmeldung für die mitzutransportieren entlang der Wertschöpfungs- (Fraktion der) SPD. kette. Und das kann man wiederum mit Bildungs-

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angeboten wunderbar verbinden, so dass man be- geht aber auch darum, Frauen schon als junge greift, dass eine Kartoffel nicht nur eine Kartoffel Frauen im Grunde fachlich auch fit zu machen, ist, die in einem Netz im Supermarkt liegt, sondern dass sie sich so eine Position auch zutrauen und dass die vorher irgendwo gewachsen ist. Deswegen sehr früh schon in diese Aufgaben reinwachsen, würde ich aber eher spezifisch je nach dem Stand- dass sie als kompetente Ansprechpartnerinnen ort, wo das ist, darüber nachdenken, dass man auch wahrgenommen werden und gleichberechtigt, dann Zielanteile definiert. Wir wollen zumindest am liebsten paritätisch, in die Gremien mit aufge- mal so und so viel Prozent auch in diesem Produkt- nommen werden können. kategorien regional beziehen. So etwas kann man auch für Öko-Landbau tun und besonders wichtig Der Vorsitzende: Vielen Dank. Die (Vertreter der eben auch andere besonders nachhaltige Produk- Fraktion der) AfD haben wir jetzt nicht mehr im tionsverfahren, die nicht immer „Öko“ sein müs- Saal. Deswegen meine Frage an Herrn Dr. Hocker: sen. Aber nicht in der Ausschließlichkeit „alles re- Gibt es da noch eine Nachfrage oder wird verzich- gional“, sondern immer im Gleichgewicht auch mit tet? anderen Zielen, die man ja auch verfolgt. Abg. Dr. Gero Clemens Hocker (FDP, per Video): Der Vorsitzende: Vielen Dank. Jetzt hoffe ich auf Ich bin glücklich. Wenn noch Zeit über ist, können deutlich kürzere Antworten vom Herrn Paetow und die gern von Anderen wahrgenommen werden. von der Frau Vees (dlv). Der Vorsitzende: Danke dafür. Gemeldet hat sich Hubertus Paetow (per Video): Ja, vielen Dank Herr die Kollegin Dr. Tackmann. Spiering. Natürlich hat sich die Beschaffung einen riesigen Hebel zunächst einmal direkt, aber eben Abg. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Wenn die auch indirekt, weil ja viele Prägungen auch im Er- FDP glücklich ist, naja. Ich möchte nochmal die nährungsverhalten der öffentlichen Nahrungsmit- Herren Professor Grethe und Herrn Paetow nachfra- telbeschaffung gesetzt. Allerdings gibt es dieselbe gen. Welche Rolle könnten denn so kooperativ und Problematik in der öffentlichen Beschaffung hier genossenschaftlich organisierte Akteurinnen spie- auch bei den Verbrauchern. Wenn ich wirklich len bei der GAP? Und ist das richtig abgebildet in nachhaltige Nahrungsmittel beschaffen will, dann den Gesetzesvorlagen? muss ich auch sicher nachweisen, dass die nach- haltig entstanden sind. Und da brauchen wir dann Der Vorsitzende: Herr Paetow. eine entsprechende Kennzeichnung, eine Prüfung, ein Zertifizierungssystem, was diese Nachhaltigkeit Prof. Dr. Harald Grethe (per Video): Können eine auch wirklich sicher beweist. Weil sonst hat der öf- große Rolle spielen und ist bisher nicht hinrei- fentliche Beschaffer wirklich ein Problem. Vielen chend abgebildet, bräuchten wir auch dringend Pi- Dank. lotprojekte. Was auch immer gern zitiert wird, ist das holländische Modell, wo kooperativ Landwirte Der Vorsitzende: So, Juliane Vees (dlv) will ich sich zusammenschließen und bestimmte Maßnah- auch noch zu Wort kommen lassen. men der 2. Säule kollektiv umsetzen. Ich habe mir das dort angeguckt und war beeindruckt sozusagen Juliane Vees (dlv, per Video): Vielen Dank. Ganz in auch von dem unternehmerischen Geist, der dann der Kürze. Es sind zu wenig Frauen. Ich kann Ih- entsteht, wenn einfach 20, 30, 40 Landwirte sagen, nen jetzt nicht ganz genau die Zahlen liefern. Bei wir wollen gemeinsam Vogelschutz hinkriegen. der BayWa, weiß ich, das sind vier Frauen von ich Und dann auch die Vorteile nutzen können, wenn glaube 17 Aufsichtsräten. Bei der (Landwirtschaftli- sie zwischen den Betrieben flexibel agieren. Wir chen) Rentenbank bin ich selber auch Mitglied in haben auch eine ganze Reihe von weiteren Heraus- der Vollversammlung, aber auch in deutlich gerin- forderungen, wo das enorm wichtig wird. Denken gerer Anteil an Frauen als an Männern logischer- wir etwa an den Moorschutz, was gar nicht geht weise, wie ja auch bekannt ist, in den meisten land- ohne kollektives Handeln. Also, glaube ich ein wirtschaftlichen Gremien. Ich denke, es geht um ganz wichtiger Bereich, da auch Pilotprojekte zu die Bereitschaft, einfach Frauen mit zu berufen. Es fördern und Anreize zu schaffen, dass Landwirte

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sich untereinander organisieren und gemeinsam Abg. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Maßnahmen umsetzen können. NEN): Ja. Phillip Brändle (AbL) zur Gemeinwohl- prämie, die hier vom DVL vorgeschlagen ist, wo ja Der Vorsitzende: Danke. Herr Paetow . AbL und DVL sehr intensiv dran gemeinsam gear- beitet haben. Wo sehen Sie hier noch ggf. Ergän- Hubertus Paetow (per Video): Ja, ganz schnell. Frau zungsbedarf, will ich mal sagen? Welche Änderun- Tackmann, natürlich Zusammenarbeit ist immer et- gen müssen jetzt noch konkret auf den Weg ge- was Gutes, sei es nur in dem Bereich, was Herr bracht werden, um dieses Punktesystem in der Grethe gerade ansprach, die kooperativen auch kommenden Förderperiode umzusetzen? Agrarumweltbasis, aber eben auch Erzeugerzusam- menschlüsse. Wir reden von weiteren Fruchtfolgen, Der Vorsitzende: Herr Brändle (AbL). von neuen Produkten, die wir in die Produktion bringen wollen, was wir auch brauchen. Auch da- Phillip Brändle (AbL, per Video): Vielen Dank. Ich für sind natürlich Zusammenschlüsse zwischen habe es vorhin schon kurz in einem Halbsatz er- mehreren Betrieben zum Aufbau von Vermark- wähnt. Wir haben ja nicht nur besondere Heraus- tungsketten unbedingt zu fördern. Ich denke, da forderungen in der Fläche, sondern wir haben auch gibt es noch viel zu tun. Und zu Ihrer Frage: Ist das besondere Herausforderungen in der Tierhaltung. im Augenblick adressiert? Ich kann es bisher jeden- Und natürlich muss „Borchert“ umgesetzt werden, falls in den bisherigen Entwürfen so noch nicht er- aber die GAP muss auch ihren Beitrag leisten. Und kennen. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich das dazu ist es notwendig, dass auch in einem Punkte- aber ändern würde. system natürlich die Bezugsgröße Großvieheinheit (GV) enthalten ist, weil wir nur dann auch die Der Vorsitzende: Dankeschön. Möglichkeit haben, die Herausforderungen gegen- über der Tierhaltung über die GAP mit zu adressie- Abg. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.): Ganz ren. Deswegen hat die AbL in ihrem Punktesystem, kurze Nachfrage? was die 2018 vorgeschlagen hat, eben nicht nur eine Prämie für die Fläche vorgeschlagen in Bezug Der Vorsitzende: Ja. auf ha, sondern auch eine Prämie in Bezug auf die GVen, so dass wir quasi eine Doppelprämie haben, Abg. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.): An wenn man so will, oder sich unsere Gesamtbe- Herrn Paetow. Wie ist es denn mit Genossenschaf- triebsprämie aus einer Tierprämie und einer Flä- ten, Agrargenossenschaften? Sind die denn aus Ih- chenprämie zusammensetzt. Und natürlich hat das rer Sicht jedenfalls in der GAP angemessen berück- Punktesystem der AbL auch die Degressionseffekte sichtigt? und Kosteneffekte berücksichtigt und die Beson- derheit, dass die kleinen und mittleren landwirt- Hubertus Paetow (per Video): Ich denke, wir haben schaftlichen Betriebe einen besonderen Beitrag einen großen Erfolg erzielt, indem der jetzige Ent- nicht zuletzt auch eben für eine gesunde Agrar- wurf, dass die Ambitionen, was Degression und struktur liefern. Und Punktesysteme, die in Zu- Kappung angeht, zumindest jetzt nicht greifen und kunft die Gemeinwohlleistungen in der GAP abbil- dass deshalb eine große Sorge nämlich, dass Mehr- den, müssen all diese Dinge mit erfüllen. Also auch familienbetriebe da auch noch benachteiligt wer- soziale Faktoren, kulturelle Faktoren, Tierwohlfak- den, dass das nicht eingetreten ist. Ansonsten ist toren. Und das wäre wichtig. für mich die Genossenschaft eine Unternehmens- form wie viele andere auch mit ihren Vor- und Der Vorsitzende: Vielen Dank Herr Brändle. Sehr Nachteilen. Da gibt es keine besondere Präferenz. geehrte Sachverständige, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine, wie ich finde, sehr spannende An- Der Vorsitzende: Vielen Dank. Friedrich Osten- hörung liegt jetzt hinter uns. Ich danke Ihnen allen dorff, gibt es da noch Fragen? für die konstruktive Mitarbeit, für die Fragestel- lung, den Experten für die Statements und für die Beantwortung der vielen Fragen. Mit Spannung werden wir erwarten, was in den nächsten Wochen

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passiert, insbesondere wie die Ergebnisse aus Brüs- morgen, am Mittwoch, den Erkenntnisgewinn aus sel ausfallen werden. Die heute gehörten Sachver- dieser Anhörung in unsere Arbeit einfließen lassen. ständigen haben verständlicherweise sehr unter- Ich danke Ihnen allen sehr herzlich, wünsche Ih- schiedliche Denk- und Lösungsansätze offeriert. nen alles Gute, bleiben Sie gesund. Und ich habe Aber was Sie offensichtlich alle wollen, und das große Hoffnung, dass wir uns bald wieder einmal finde ich sehr positiv, das ist das Ausbalancieren auch auf physische Art und Weise sehen dürfen zwischen Ökologie und Ökonomie, der Erhalt der und können. Alles Gute. Unsere Anhörung ist da- Landwirtschaft in Deutschland, der Erhalt der Le- mit beendet. bensmittelproduktion in Deutschland, das ist Ihnen allen sehr wichtig. Und das wird entscheidend sein und maßgeblich für die nationale Ausgestaltung der GAP. Wir als Ausschuss werden bereits über- Schluss der Sitzung: 13:55 Uhr

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