The Latest News of Bill Laswell
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__________________________________________________________________________________________ 2 SWR 2 Musikstunde: Urbane Jazzgeschichten: VIII: Oslo – das kreative Hoch im Norden 4.August 2012 Autor: Thomas Loewner Redakteur: Martin Roth Moderation 1: Nachdem es im vergangenen Monat urbane Jazzgeschichten aus Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen zu hören gab, geht’s diesmal noch ein Stück weiter nach Norden, nämlich nach Oslo in Norwegen. Obgleich die Distanz zwischen den beiden Metropolen nicht sonderlich groß erscheinen mag, hat sich der Jazz in beiden Städten über die Jahrzehnte doch ziemlich unterschiedlich entwickelt, was in der heutigen Musikstunde auch deutlich zu hören sein wird. Ganz entscheidend ist etwa, dass Oslo durch seine geographische Lage niemals auch nur annähernd so viele amerikanische Musiker angezogen hat wie Kopenhagen, weder für Konzerttourneen und schon gar nicht als fester Wohnort. Die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs tat ein übriges, um die Entstehung einer vitalen Szene lange Zeit zu verhindern. Die Jazz-Rezeption fand nach dem Krieg vorwiegend über das Radio statt, nach und nach entstanden auch Clubs, in denen Live-Jazz gespielt wurde, aber es dauerte seine Zeit, bis sich die Situation stabilisierte. Bezeichnend ist etwa, dass in den Jahren von 1950 bis 1960 gerade mal so viele Schallplattenaufnahmen mit Jazz aus Norwegen entstanden sind, dass sie auf lediglich 5 CDs Platz finden würden. Einer der ersten Stars der Szene war ein Trompeter, dessen Name nicht sonderlich norwegisch klingt: Rowland Greenberg, Sohn eines Engländers und einer Norwegerin. Greenberg war seit den 1930er 3 Jahren musikalisch aktiv. Stilistisch orientierte er sich zunächst am Swing und war später der erste, der Bebop in Norwegen bekannt machte und sogar mit Charlie Parker durch Skandinavien tourte. Hier sind er und sein Quartett mit einer Aufnahme aus den 1960er Jahren: „If I were you“. Musik 1: CD V.A. – „Turning Pages –Jazz in Norway 1960-1970“: „Rowland Greenberg Quartet – If I were you“ (Take 6, Länge 3’13) Moderation 2: Das Rowland Greenberg Quartett. Ab Ende der 1950er Jahre entstanden in Norwegen zunehmend Jazz- Clubs, die Musikern Auftrittsmöglichkeiten boten. Oslo entwickelte sich mehr und mehr zum wichtigsten Jazz-Zentrun des Landes aber auch in anderen größeren Städten wie Bergen oder Trondheim tat sich etwas. Einer der beiden bedeutenden Auftrittsorte in der Hauptstadt war der Penguin Jazz Club, gegründet 1952. Hier trafen sich sowohl Swing-Musiker als auch solche, die Neues ausprobierten. Die wöchentlichen Jam-Sessions, die jeden Sonntag im Penguin Club stattfanden, entwickelten sich für den Jazznachwuchs zur Bewährungsprobe: wer es hier schaffte, neben den erfahrenen Kollegen eine gute Figur abzugeben, wurde respektiert. Für das größte Aufsehen sorgte Ende 1955 ein Auftritt der damals gerade mal 18-jährigen Sängerin Karin Krog. Sie begeisterte alle Anwesenden dermaßen, dass am nächsten Morgen verschiedene Tageszeitungen von einer Sensation berichteten. Sie sollten Recht behalten, denn Karin Krog hat sich zu einer der großen Jazzstimmen Europas entwickelt, stilistisch enorm vielseitig und bis ins hohe Alter aktiv. Hier ist sie mit einer Aufnahme aus dem Jahr 1964: „Moonshine lullaby“. 4 Musik 2: CD Karin Krog – „Jubilee“: „Moonshine Lullaby“ (CD 1 / Take 1, Länge 2’54) Moderation 3: Karin Krog und das Quintett des Pianisten Arild Wikström bei der SWR 2 Musikstunde: Irivng Berlin’s „Moonshine lullaby“, aufgenommen 1964. Bis dahin stand der norwegische Jazz noch stark unter dem Einfluss amerikanischer Vorbilder, deren Musik vorwiegend über das Radio Verbreitung fand. Doch während Musiker in anderen Regionen Europas bereits an neuen, eigenen Formen des Ausdrucks arbeiteten, nahmen sich die Norweger noch etwas Zeit damit. Es war der junge Saxophonist Jan Garbarek, der ab dem Ende der 1960er Jahre Bewegung in die Szene brachte. Garbarek ist ein Autodidakt, der nie eine Musikhochschule besucht hat. Wie viele Norweger seiner Generation lernte auch er seine Jazzlektionen am Radio. Garbareks Held war John Coltrane und er ließ sich von dessen Saxophonspiel so sehr inspirieren, dass er 1962 prompt einen der zahlreichen Amateurwettbewerbe gewann, die damals in norwegischen Jazzclubs ausgetragen wurden. 1969 veröffentlichte Jan Garbarek seine erste Schallplatte als Leader. Für größere internationale Aufmerksamkeit sorgte aber erst seine zweite Aufnahme, die ein Jahr später erschienen ist: „Afric Pepperbird“ ist eine der ersten Veröffentlichungen des damals noch ganz jungen Münchner Labels ECM gewesen. Jan Garbarek und seine Band waren zudem die ersten Norweger, die eine Zusammenarbeit mit der Plattenfirma begonnen haben und sie hätten sich damals vermutlich nicht träumen lassen, dass sie damit den Grundstein für eine bis heute andauernde, künstlerisch überaus erfolgreiche Tradition legen sollten. Denn kaum ein anderes international renommiertes Label steht heute 5 so sehr für zeitgenössischen Jazz aus Norwegen und einen damit fest assoziierten Sound wie ECM. Jan Garbareks Label-Debüt „Afric Pepperbird“ war allerdings noch ein gutes Stück von diesem Sound entfernt: es dominierten freie Formen und raue Klänge, die vom späten John Coltrane beeinflusst waren. So auch beim folgenden Titel: „Beast of Kommodo“. Über zwölf Minuten dauert dieser musikalische Parforceritt, bei dem Jan Garbarek vor allem die wilden Seiten seines Spiels auslotet. Hier ein Ausschnitt: Musik 3: CD Jan Garbarek - „Afric Pepperbird“: „Beast of Kommodo“ (Take 3, Länge 2‘20) Moderation 4 (zunächst über Musik): Das Jan Garbarek Quartett mit Musik von der Platte „Afric Pepperbird“ aus dem Jahr 1970, Garbareks erster Einspielung für das damals noch junge Münchner Label ECM. Der Saxophonist ist der Plattenfirma bis heute treu geblieben und gehört längst zu den Stars neben anderen weltbekannten Kollegen wie dem Pianisten Keith Jarrett oder Gitarrist John Abercrombie. Vor allem steht er aber an der Spitze zahlreicher anderer Kollegen aus Norwegen, die ebenfalls seit vielen Jahren mit dem Label zusammenarbeiten. Und noch jemand ist sehr wichtig in diesem Zusammenhang: der Toningenieur Jan Erik Kongshaug. Er nahm Garbareks Debüt in Oslo auf und etablierte sich seitdem als wichtigster Aufnahmeleiter bei ECM-Produktionen. 1984 gründete Kongshaug sein eigenes Rainbow Studio in Oslo. Hier sind seitdem mehr als die Hälfte der Aufnahmen für das Label entstanden. Kongshaugs Markenzeichen ist ein überaus transparentes Klangbild, das als „ECM-Sound“ bekannt geworden ist. 6 Jan Garbarek hat bis heute auf knapp vierzig Aufnahmen für das Label mitgewirkt, ein Großteil davon Einspielungen mit eigenen Bands. Vom rauen, energetischen Spiel der ersten Jahre hat er sich mehr und mehr entfernt. Stattdessen entwickelte Garbarek eine sehr melodische Musik, die Einflüsse des Jazz enthält, genauso aber auch von norwegischer Folklore beeinflusst ist wie von klassischer indischer Musik oder europäischer Kunstmusik unterschiedlicher Epochen. Seine bislang letzte Studioproduktion erschien 2008: die CD „In praise of dreams“. Daraus jetzt „Conversation with a stone“: Musik 4: CD Jan Garbarek - „In praise of dreams“: „Conversation with a stone“ (Take 10, Länge 4’26) Moderation 5: Jan Garbarek bei den Urbanen Jazzgeschichten, Thema diesmal: die norwegische Hauptstadt Oslo. Nicht nur Garbarek hat seit seinem Durchbruch in den 1970er Jahren international Erfolg gehabt, sondern auch seine Mitspieler aus den Anfangsjahren gehören bis heute zur ersten Liga des norwegischen Jazz. So etwa Gitarrist Terje Rypdal: sein verzerrter, vom Rock inspirierter Sound klingt bisweilen so schroff wie die steilen Felswände eines Fjords. Rypdal hat entscheidenden Anteil daran gehabt, dass Jazz aus Norwegen seit den 1970er Jahren nicht mehr klang wie eine Kopie amerikanischer Vorbilder, sondern sich zu einem Markenzeichen entwickelte, das bis heute Gültigkeit hat. Schon früh fand er großen Gefallen an musikalischen Gegensätzen, vor allem den Reibungen, die entstehen, wenn seine E-Gitarre auf Streicherklänge trifft. Besonders überzeugend ist ihm diese Kombination auf seiner CD „If mountains could sing“ gelungen: 7 Musik 5: CD Terje Rypdal - „If mountains could sing“: „Dancing without reindeers“ (Take 7, Länge 3’27) Moderation 6: „Dancing without reindeers“ – der norwegische Gitarrist Terje Rypdal mit Band und einem klassischen Streichertrio. Wie Rypdal gehörte auch Arild Andersen dem ersten Jan Garbarek Quartett an. Er spielte bis 1973 in der Band. Danach gründete er eigene Projekte, spielte als Sideman in den Gruppen europäischer und amerikanischer Jazzkollegen und gehört bis heute zu den Top- Bassisten der internationalen Szene. Die traditionelle Musik Norwegens hat in Andersens Musik schon früh Spuren hinterlassen. In den 1990er Jahren begann er sich noch intensiver mit ihr zu beschäftigen. Auf der CD „Sagn“, erschienen 1991, gelang ihm eine überzeugende Symbiose aus norwegischer Folklore und Jazz. Mit der Sängerin Kirsten Braten Berg hatte er eine Spezialistin für traditionellen norwegischen Gesang in die Band geholt, die es aber auch mühelos verstand mit den beteiligten Jazzmusikern aus Oslo zu kommunizieren. Hier sind die beiden aber jetzt als Duo zu hören: „Nystev“, Andersens Arrangement eines norwegischen Gedichts aus dem 18.Jahrhundert. Musik 6: CD Arild Andersen – „Sagn“: „Nystev“ (Take 12, Länge 3’59) Moderation 7: Arild Andersen und die Sängerin Kirsten Braten Berg mit Musik von der CD „Sagn“. 8 An den Aufnahmen zu diesem Album war auch der Pianist und Keyboarder Bugge Wesseltoft beteiligt.