Konrad Paul Liessmann / Violetta L. Waibel ZUM RAUM WIRD HIER DER LEIB
Konrad Paul Liessmann / Violetta L. Waibel ZUM RAUM WIRD HIER DER LEIB Mythos und Wahrheit vom vergessenen Körper des Philosophen Philosophie findet statt. Philosophy on Stage provoziert durch die Andeutung, dass Philosophie an Orten stattfinden kann, die zumindest unüblich, wenn nicht ungehörig sind: auf der Bühne zu Beispiel. Aber was bedeutet es für die Philosophie, sich auf eine Bühne zu begeben, und was wären die anderen Orte der Philosophie? Man könnte, grob, tatsächlich drei Orte nennen, an denen philosophiert werden kann, ohne dass dies genuine Orte der Philosophie wären. Es sind immer besetzte oder geborgte Orte, die dennoch ihre Wirkungen auf das Denken und seine Haltungen haben. Diese drei Orte sind: Der Marktplatz, das Katheder und die Bühne. Den Marktplatz borgte sich die Philosophie von den Händlern, um überhaupt erst einmal ins Geschäft zu kommen. Da am Markt getauscht und gefeilscht wird, übernimmt die Philosophie diese Bewegungsformen: sie dialogisiert und argumentiert, sie tauscht Argumente. Ihre Körperhaltung und damit ihre Denkweise ist die von Marktteilnehmern: Gehen, sitzen, stehen, reden, gestikulieren, warten, hoffen, täuschen – alles ist möglich. Das Katheder borgt sich die Philosophie, wie die Wissenschaft überhaupt, von der Kirche. Es könnte als die säkularisierte Form der Kanzel gedeutet werden, noch leicht erhoben über die Hörer, ein Pult, das Schutz gewährt, ein Sprechen im Stehen. Nur die Arme sind noch frei, um das zu unterstreichen, was nun nicht angeboten, sondern 1 vorgetragen wird. Und die Bühne stiehlt die Philosophie vom Theater, das Denken will nun ein Drama, also eine Handlung werden. Solch eine Bühne kann weit definiert werden, vom theatrum mundi bis zum Kellertheater reichen die Spielräume der Philosophie.
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