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23 AUG/SEP 10 FOR FREE

REFUSED • THIS OR THE APOCALYPSE DEVIL SOLD HIS SOUL • LIFE OF AGONY • 36 CRAZYFISTS THE EYES OF A TRAITOR • AYS • CEREMONY • KVELERTAK

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“BLESSED & CURSED” Atmospärisch düster, emotional ergreifend und hypnotisch – DEVIL SOLD HIS SOUL sind ein wuchtiges Sound Massiv aus Schwere und Melodie. Gemixt von (Dillinger Escape Plan, , ) DEVIL SOULD HIS SOUL LIVE: präsentiert von: Rock Hard, Fuze, MusiX, Getaddicted.org, myspace.com 11.10.2010 Köln Underground · 13.10.2010 Hamburg Molotov 14.10.2010 Berlin Magnet · 19.10.2010 (A) Wien Arena

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Fuze_U2_0710.indd02Fuze23.indd 2 1 08.07.201010.07.10 18:05:16 21:35 Uhr index IMPRESSUM

Fuze Magazine Thomas Renz, P.O.Box 11 04 20 42664 Solingen, 05 CEREMONY Vatermörder und Nachlassverwalter. (Pakete an: Fuze Magazine, Hochstraße 15, 42697 Solingen) 07 CRUEL HAND Fon 0212 383 18 29, Fax 0212 383 18 30 Face the show. fuze-magazine.de, myspace.com/fuzemag 16 07 THE CASTING OUT Boygroup mit Moshpits und Stagedives. Redaktion: Ask the merch guy. Thomas Renz, [email protected] 18 Anzeigen, Verlag: 08 THE LAST FELONY Rather be dead. Tracklist-Interview. Joachim Hiller, [email protected] 20 THIS OR THE APOCALYPSE Marketing, Vertrieb, Anzeigen: 08 FAR Apocalypse later. Kai Rostock, [email protected] Liebes Tagebuch. 22 LIFE OF AGONY Verlag & Herausgeber: 09 PERIPHERY Der Fluss der Zeit. Joachim Hiller, Hochstraße 15, My mixtape. 42697 Solingen, Germany 24 THE EYES OF A TRAITOR 10 MYRA England finished. V.i.S.d.P.: Thomas Renz (Für den Inhalt von Labelmates. 25 KVELERTAK namentlich gekennzeichneten Artikeln ist der/ 10 HOWL und Humor. die VerfasserIn verantwortlich. Sie geben nicht My friends @ MySpace. unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.) 26 AYS Buchstabensalat. MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Florian Auer, Dorian Becker, Alex Bois, Georg 27 DEVIL SOLD HIS SOUL Büchner, Joss Doebler, Frank Engelhardt, Bene- Seelenfänger. dikt Ernst, Björn Esser, John Gahlert, , 11 WFAHM / BURNING SKIES My bands. 28 36 CRAZYFISTS Carl Jakob Haupt, Vincent Hausman, André Jahn, Meat and potatoes. Kai Jorzyk, Aiko Kempen, Tobias Kolb, Arne Kupetz, 11 THE SORROW Chris Linkovich, Hendrik Lukas, Wade MacNeil, Flo- Ein Tag im Studio. 29 GRAND GRIFFON rian Mänz, Andreas Mäser, , Dennis Gewaltbereit und voll sein ... Meyer, Andrew Neufeld, Fredrik Olsson, Ingo Rie- 12 HITMAN ser, Björn Schmidt, Martin Schmidt, René Schuh, My scene – Belgrad. 30 Pia Schwarzkopf, Aleksandar Todorovic, Jan van Den Blick nach vorn. Hamme, Ben Weinman, Alessandro Weiroster, Birte 13 NEVER SAY DIE! TOUR Wiemann, Nils Wittrock Ich packe meinen Koffer. 30 MATULA Eindeutig zweideutig. 13 CLINGING TO THE TREES OF A ... Layout: André Bohnensack My band name. 32 REVIEWS Lektorat: Ute Borchardt Coverfoto: Boris Kramaric 14 MISCONDUCT 43 RETROSPECT Coverdesign: Alex Gräbeldinger Pants down. SUMMERBLAST FESTIVAL Vertrieb: Eigenvertrieb, Cargo, Green Hell, VAINSTREAM ROCKFEST Core Tex, Imperial, Trashmark 14 FROM PLAN TO PROGRESS Abonnement: 6 Ausgaben 10 Euro inkl. P+V My artwork. 44 LIVEDATES HELL ON EARTH TOUR Druck: WAZ Druck, Duisburg 14 IEPER HARDCORE FEST Quotes-Interview. BURNING FIGHT TOUR

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03Fuze23.indd 3 11.07.10 19:58 DieDie neuenneuen KollektionenKollektionen vonvon ElementElement undund Vans.Vans. JetztJetzt beibei unsuns imim Shop:Shop: imperial-clothing.comimperial-clothing.com

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04Fuze23.indd 4 09.07.10 15:33 CEREMONY VATERMÖRDER UND NACHLASSVERWALTER. Die Rettung kommt meist im Gewand des bereits Bekannten daher. Das Leben von CEREMONY ist das Leben von BLACK FLAG. Der Mehrwert ihrer Musik besteht allerdings nicht nur darin, die jüngere Generation mit authentischer Angepisstheit anno Achtziger zu konfrontieren. CEREMONY liefern mit der Ästhetik von damals vielmehr den richtigen Ent- wurf für heute.

VATERMÖRDER? Um überhaupt ernst genommen zu werden, muss Punk Schule besuchen. Das heißt, dass wir nicht mehr monatelang touren kön- heute dekonstruieren, zerstören, hinterfragen, übertreiben, sich unbe- nen. Musik machen werden wir jedoch so oft möglich.“ liebt machen, randständig bleiben und in die Mitte rotzen. Dazu gehört eigentlich auch die Zertrümmerung des Kanons, das Auslachen der Origi- NACHLASSVERWALTER? Punk heute ist der Verzicht auf eine MySpace- nale – für einen Neubeginn aus der Asche der einstigen Initiatoren. „Sick Präsenz. Die vier schwarzen Balken gibt es in jeder pseudourbanen H&M- of BLACK FLAG, sick of CRO-MAGS ...“ Steckt in dieser Zeile des aktuellen Filiale. Und gefährlich sind höchstens noch die Merchandise-Preise der CEREMONY-Albums letztlich also doch ein Quentchen Wahrheit? Und was Bands aus Übersee. Wie soll, wie kann man Punk heutzutage noch ernst ist mit dem historischen Kontext? „Die Dinge, die sich heutzutage in der nehmen? Ganz einfach: Indem man Bands hört, die diese Gedanken ein- Welt abspielen, sind doch um einiges gravierender, als sie es in den Acht- fach auslöschen. Die all das Zwiespältige und Widersprüchliche des Punk zigern waren, zu Zeiten der ersten Generation von Hardcore-Punk. Es gibt so zu konservieren vermögen, dass man sie einfach ernst nehmen muss. immer noch eine Menge Sachen, gegen die es sich zu protestieren lohnt“, „I’m about to have a nervous breakdown ...“ CEREMONY vermitteln dieses kommentiert Gitarrist Anthony Anzaldo die Daseinsberichtigung seiner Gefühl in Endlosschleife. Sie besitzen die Fähigkeit, die Ästhetik der Vor- Band. CEREMONY haben ihre Songs gestrafft. Nie war die Verbeugung vor bilder glaubwürdig und ohne Verlust in die Jetztzeit zu projizieren. Sie sind den Originalen offensichtlicher. Allerdings denken sie ihren Sound auch ein dabei allerdings wesentlich näher an den Originalen als die postmoder- Stück weit neu. Das Ganze ist immer noch so entrückt wie zuvor, der obli- nen Punkrock-Zerstörer FUCKED UP, die in jüngster Zeit als Referenz her- gate Schleier des Nihilismus durchweht jedes der bisweilen höchst eingän- halten mussten. „Legendäre Bands wie MINOR THREAT, BLACK FLAG oder gigen Stücke. Man muss sich also nicht fürchten vor dem Bild eines Ross VOID dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Allerdings sollte man den Blick J. Farrar, der mikrofonverschlingend Autogramme auf die teigige Ober- immer auch nach vorne richten, sonst kommt Punk in ziemliche Schwierig- weite irgendwelcher Springbreak-Kids bei der Vans gibt. keiten.“ Die Frage, ob sich CEREMONY mittels ihrer Musik von den Origina- Selten klang bewusste Rückwärtsgewandtheit in letzter Zeit so schlüs- len lösen, diese vielleicht sogar beerdigen wollen, oder ob sie deren Erbe sig, mitreißend und authentisch. Und das soll wohl auch so bleiben: „Ich verteidigen, beantworten sie somit mit einem klaren Jein. denke nicht, dass wir uns jemals auflösen werden. Ross wird bald wieder die René Schuh Foto: Burkhard Müller (facetheshow.com)

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05Fuze23.indd 5 11.07.10 20:04 light the fuze FUZE.23 DINGE FÜR GEWINNER „GESCHMINKTE AUGEN, FARBIGE KON- „WENN WIR NICHT GEWINNEN“, soll der im letzten Jahr verstorbene Fußballer und Mana- TAKTLINSEN, LAUTER KLEINE ZÖPF- ger Rolf Rüssmann gesagt haben, „dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt.“ So sehr uns CHEN“ – so beschrieb in der Fuze- diese kämpferische Einstellung auch gefällt: Wer bei den Verlosungen im Fuze leer ausgeht, sollte Ausgabe von April/Mai 2008 den Nu-Metal-Fan, seine Wut nicht an unschuldigen Pfl anzen auslassen. Alles, was man verlieren kann, ist schließlich die den er vor inzwischen zehn Jahren zu einem Hard- Zeit, die man braucht, um eine E-Mail mit dem jeweiligen Betreff und seiner Adresse an offi ce@fuze- core-Kid bekehrte. Der -Sänger machte magazine.de zu schicken. wie gewohnt keine halben Sachen: Drei Monate spä- ter war aus dem COAL CHAMBER-Fan ein Glatzkopf Die nächste Fußballweltmeisterschaft fi ndet angeblich erst mit einem IN MY EYES-Shirt und einem X auf dem wieder in vier Jahren statt. Keine Ahnung, was die Spieler in Handrücken geworden. Wie der Typ heute aussieht, der Zwischenzeit treiben, aber es würde sicher nicht schaden, ist nicht bekannt. Ginge es jedoch nach Victory nähmen sie sich ein Beispiel an der HELL ON EARTH TOUR. Records, dürfte er bald wieder seine alten Klamotten Schließlich fi ndet die jährlich statt, und auch da spielen nur die aus dem Schrank holen. Das Label, das einst weg- Besten der Besten mit. Dieses Mal bekanntlich TERROR, EVERY weisende Alben von SNAPCASE, THURSDAY, TAKING TIME I DIE, , , DOWN BACK SUNDAY, DARKEST HOUR und HATEBREED TO NOTHING, THICK AS BLOOD und VERA CRUZ. Zusammen veröffentlichte, bringt jüngst immer wieder Platten mit Ragewear verlosen wir deshalb Trikots der Mannschaften. von Bands heraus, die selbst auf dem Höhepunkt Also T-Shirts der Bands. Zum Beispiel eines von TERROR, auf von bestenfalls zweite oder dritte Wahl dem „Team Stagedive“ steht. Betreff: „Wenn ich das gewinne, waren – nach OTEP und TAPROOT folgt im Oktober mache ich garantiert keinen Trikottausch mehr mit.“ ILL NIÑO. Selbst spielten auf ihrem letzten Album mit Elementen dieses eigentlich längst toten Genres. Ob es sich dabei lediglich um einen Versuch Das Runde muss ins Eckige – so einfach ist Fußball. Bei THE DILLINGER ESCAPE PLAN ist von Victory handelt, mit ein paar halbwegs bekann- die Sache natürlich vertrackter, das weiß jeder, der die Musik der Band schon einmal gehört ten Namen noch ein paar Kröten zu verdienen, oder hat. Da muss das Eckige nämlich ins Runde. Doch es will uns einfach nicht in den Kopf, was ob bald tatsächlich eine Nu-Nu-Metal-Welle über man mit den Würfeln anfangen soll, die uns geschickt haben. Betreff: „Ihr uns hinwegrollt, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch seid vielleicht Quadratschädel! Würfelt doch einfach damit.“ nicht abzusehen. Doch selbst wenn: Jamey Jasta wird es schon wieder richten, da bin ich mir sicher. Thomas Renz (offi [email protected]) War ja klar, dass auf einer Split mit BURNING SKIES unent- schieden spielen würden. Schließlich steht Schlagzeuger Paul Seidel bei beiden Mannschaf- ten unter Vertrag. Wir verlosen CDs und Seven Inches dieser trotzdem sehr spannenden DAS FUZE IST EIN KOSTENLOSES MUSIKMA- Begegnung. Und packen noch eine CD und ein Shirt von THIS OR THE APOCALYPSE drauf. GAZIN, das alle zwei Monate erscheint und sich auf Hard- Betreff: „Unentschieden? Ich habe mich entschieden: Her mit dem Zeug!“ core, Metal und spezialisiert hat. • Unter myspace.com/fuzemag gibt es eine Liste mit allen Locations, in denen das Fuze ausliegt. Wenn du uns beim Verteilen helfen willst, schreib einfach eine E-Mail an marke- Ein Leben ohne Zigaretten und Weizenbier? Die Straight-Edge-Doku „EDGE – Perspectives [email protected]. On Drug Free Culture“ von Marc Pierschel und Michael Kirchner dürfte nicht nur Mario Bas- • Mailorder wie Green Hell, Imperial, Core Tex, Trashmark, ler, sondern sehr viele Fußballer überraschen. In Zusammenarbeit mit Compassion Media Merch Attack, Rage Wear oder Flight13 legen das Heft ihren verlosen wir drei Exemplare der eigentlich bereits vergriffenen Special Edition der DVD. Bestellungen bei. Betreff: „Wenn ich gewinne, mache ich ein riesiges Fass auf.“ • Bei vielen Touren, die von M.A.D., Avocado oder Kingstar organisiert werden, liegt das Magazin am Merch-Stand aus. • Man fi ndet das Heft in allen Carhartt Stores sowie in vielen JULITH KRISHUN ist nicht etwa der Name eines Neuzugangs beim FC Bayern, sondern Läden, in denen es die Klamotten von Atticus Clothing gibt. • Ein Abonnement über sechs Ausgaben kostet zehn Euro eine sehr geile Band – die inzwischen aber JVLITH KRISHVN geschrieben werden möchte. und kann unter ox-fanzine.de/fuze-abo bestellt werden. Wahrscheinlich, weil die kommende Platte den Namen „VV“ trägt. Außerdem in Kürze bei • Für 2,50 Euro kann man das Fuze auch im Bahnhofsbuch- Shark Men Records: „Serving Sorrow“ von AT DAGGERS DRAWN aus Berlin. Wir haben beide handel kaufen. Releases für euch. Betreff: „Wie hieß noch mal der Neue bei den Bayern?“

Fuze-Abo. Das Fuze- Fuze-Prämien-Abo. FUZE-SHOP Abo über ein Jahr (sechs Das Fuze-Abo über ein www.ox-fanzine.de/fuze-shop Ausgaben) für 10 Euro – Jahr + Fuze-Shirt + CD auch ins Ausland. unserer Wahl für 25 Euro. Fuze-Shirt. Schwarzes T-Shirt mit einem Design von Tierrechtskünstler Roland Straller in fair gehan- Gilt nur für Deutschland. Das Das Abo verlängert sich um Abo verlängert sich um jeweils delter Bio-Qualität und limitierter Aufl age für 15 Euro jeweils ein Jahr, wenn es nicht ein Jahr, wenn es nicht bis (+5 Euro P&V) – auch als Girlie erhältlich. bis spätestens vier Wochen spätestens vier Wochen vor Auslandsporto auf Anfrage: [email protected]. Nur vor Erscheinen der letzten Erscheinen der letzten bezahl- solange der Vorrat der reicht. bezahlten Ausgabe schriftlich ten Ausgabe schriftlich gekün- gekündigt wird. digt wird.

Fuze-Spezial-Abo: Fuze-Backissues- 20 für 20. Das Fuze- Paket. Alle noch ver- Abo über ein Jahr (sechs fügbaren alten Hefte für Ausgaben) für insgesamt 10 Euro (+5 Euro P&V). 20 Euro, wobei von jedem Heft zwanzig Exemplare Auslandsporto auf Anfrage: [email protected]. Solange geliefert werden. der Vorrat reicht, ohne Anspruch darauf, dass wirklich jedes Heft dabei ist, weil even- Das Abo verlängert sich nicht tuell vergriffen. Es gibt min- automatisch! destens zwölf Hefte.

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CRUEL HAND FACE THE SHOW. Die Gerüchteküche begann sofort zu brodeln, als im letzten Heft keine Band war, die ein paar der Bilder kommentierte, die von den Leuten von facetheshow.com gemacht wurden. Sollte die beste Kooperation der Hardcore-Szene seit der Verschmelzung von Screamo, Auto-Tune- Vocals und innovativen Tanzschritten zu einem Genre namens Crabcore etwa am Ende sein? CRUEL HAND-Sänger Chris Linkovich sagt: Nein.

Foto: Burkhard Müller Foto: Josi Hoffmann Foto: Josi Hoffmann 19.04.2008 Essen, Cafe Nova. Wahrscheinlich die 19.12.2008 Essen, JuZe. Nate steht ziemlich tief 17.10.2009 Revere, Club Lido. Dieses Foto ist beste Show für uns und MILES AWAY auf der gesam- auf diesem Bild. Zu schade, dass die Leute von face- von der letzten HAVE HEART-Show. Eines mei- ten Tour. Es herrschte eine tolle Atmosphäre mit theshow.com ihn nicht dabei geknipst haben, wie ner Lieblingskonzerte, sowohl was das Zuschauen jeder Menge Energie. Wenn ich mich recht erinnere, er seinen üblichen Limbo aufführt, bei dem sein als auch das Spielen betrifft. Vielleicht hatte ich an haben die lokalen Bands das ganze Essen wegge- Kopf praktisch den Boden berührt. Hätten sie noch dem Abend Hunger – ich verschlinge das Mikro ja futtert, das für die tourenden Bands gekocht wurde. ein paar Sekunden länger gewartet, hätten sie regelrecht. Ich glaube, die Schramme auf meinem Das hat genervt. Außerdem gab es da einen Kicker, ihn erwischt. Nate sieht aus, als würde er sich auf Arm stammt von der Pre-Show am Tag davor. Das glaube ich, und wir haben MILES AWAY total fertig seine Atmung konzentrieren. Tut er das nicht, wird war ebenfalls ein super Konzert, denn die Bühne im gemacht. Auf dem Bild sieht es so aus, als würde ich ihm schwindlig, wenn er das Limbo-Ding macht. Er Anchors Up ist perfekt. Sie ist wirklich kurz, aber hoch versuchen, dem Typen vor mir meine linke Hand ins könnte bewusstlos werden und das ganze Gitarren- genug für perfekte Stagedives. Es ist das CBGB’s des Gesicht zu schlagen. Ich frage mich, ob ich das tat- Equipment umwerfen. Und am Ende geht dann noch Merrimack Valley. Ich habe KILLING TIME dort gese- sächlich vorhatte. ein Verstärker kaputt. hen, was sehr geil war.

und könnte momentan drei Touren gleichzeitig fahren. Langfristig versuche ich, mich als Tour-Manager zu etablieren. Was magst du am Leben auf Tour? Die Unbeschwertheit. Es ist alles durch- strukturiert, auch wenn es manchmal nicht so scheint. Man weiß, wo man hin- fährt, man weiß, wo man herkommt. Das ist ein sehr leichtes und angenehmes Leben. Man lernt viele nette Menschen kennen und freut sich auf Orte, an denen man bekannte Gesichter trifft. Fällt dir spontan eine Anekdote aus dem Tour-Leben von THE CASTING OUT ein? Gerade mit dieser Band ist es immer ein Erlebnis, unterwegs zu sein. Das erste Mal in München zum Beispiel. Das war am Geburtstag eines Freundes, der dort wohnt. Da wurde exzessiv gefeiert. Die Erinnerungen sind schwammig. Welche Musik läuft bei euch im Bus? Wenn die Band selbst auswählen würde, wäre es wahrscheinlich größtenteils Punkrock, aber da hauptsächlich der Tour- Manager fährt, müssen wir Sachen wie MEWITHOUTYOU oder THE GASLIGHT ANTHEM ertragen, was außer ihm niemand hören will. Für wie wichtig hältst du den finanziellen Aspekt von Merchandising-Ver- käufen für die Band? Für ziemlich wichtig. THE CASTING OUT haben mit Nathan THE CASTING OUT natürlich einen Frontmann, der sehr bekannt ist. Davon abgesehen, ist es den- ASK THE MERCH GUY. Während sich Sänger Nathan Gray direkt von noch eine neue Gruppe. Die Gagen sind nicht gerade horrend. Hinzu kommt, dass der Bühne aus unter das Publikum mischt, ist Merch-Mann Kris („mit ‚K‘ – besonders die Flüge und das Essen an Tankstellen während der Fahrt viel kos- wenn das gedruckt wird, muss es schließlich passen“) schwer beschäftigt. ten. Da ist es schon sehr von Vorteil, wenn Leute Shirts und CDs kaufen, um der Besonders das neue Album, das die Band schon vor der offiziellen Veröf- Band auszuhelfen. fentlichung im Gepäck hat, ist heiß begehrt. Der 25-Jährige kennt das Fuze, Welche Rolle spielt in deinen Augen BOYSETSFIRE als ehemalige Band von samt seiner ihn betreffenden Rubrik, und gibt bereitwillig Auskunft. Nathan Gray für den Erfolg von THE CASTING OUT? Ich glaube schon, dass relativ viele Menschen durch BOYSETSFIRE auf die Band gekommen sind. Bei der Wie bist zu diesem Job gekommen? Ich bin vor gut fünf Jahren nach Berlin ersten Tour hat man gemerkt, dass ein großer Anteil nur da war, weil Nathan in gezogen und dort eher zufällig mit der Szene in Berührung gekommen. WAR der Band ist. Allerdings hat das mit jeder weiteren Tour spürbar nachgelassen. FROM A HARLOTS MOUTH sind sehr gute Freunde von mir, mit denen ich als Nathan ist bekannt geworden mit seinem Engagement für soziale Gerech- Tour-Manager viel unterwegs bin. Dadurch bin ich da irgendwie reingeschlittert. tigkeit und Kritik an politischen Systemen. Wie stark beschäftigt er sich Ich kann es selbst nicht so richtig nachvollziehen. aktuell noch damit? Für ihn persönlich kann ich das nicht sagen. Aber ich Was machst du sonst so? Ich habe schon zwei Mal studiert, bin allerdings nicht glaube, musikalisch möchte er nicht mehr politisch agieren oder seine Meinung fertig geworden. Vor kurzem konnte ich mich dazu durchringen, es sein zu las- kundtun. Der größte Faktor ist Spaß. Die Menschen zum Tanzen zu bewegen – sen und mich ausschließlich auf das Touren zu konzentrieren, weil das viel Spaß das ist wohl die Hauptbotschaft. macht und ich eine Zukunft darin sehe. Es läuft ganz gut. Ich habe viele Anfragen Florian Auer

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would notice if you died“) Ich hoffe, man erinnert sich an mich aufgrund meiner anstößigen Texte und meiner brutalen Selbstdarstellung. Darüber hinaus hoffe ich, dass diejenigen, die mich persönlich gekannt haben, liebevoll an den ganzen Unsinn denken, den ich gemacht habe, um sie zu unterhalten. Warst du jemals in einer Situation, in der du dich selbst verteidigen muss- test? („Do not defend me“) Du meinst körperlich? Sehr oft. Ich arbeite als Wachmann. Aber da ich es meist mit alten Landstreichern zu tun habe, bin ich nur selten wirklich in Gefahr. Auch verbal muss ich mich oft selbst verteidigen – wegen der Dinge, die ich manchmal von mir gebe. Ich habe einen eher ausgefal- len Sinn für Humor und ein etwas ungewöhnliches Moralempfinden. Und obwohl ich eigentlich nicht so bin, verteidige ich beides zuweilen bis aufs Blut – einfach wegen der Freude an der Auseinandersetzung. Wenn ich allerdings von jeman- dem angegriffen werde, der es nicht wert ist, dass man sich mit ihm beschäf- tigt, bin ich bekannt dafür, auf ihn zu urinieren – zum Beispiel vor irgendwelchen Bars, in denen sich die örtlichen Hinterwäldler und Country-Liebhaber von unse- rer Musik beleidigt fühlen. Was ist die größte Zwickmühle, in der du dich je befunden hast? („Quan- dary“) Ich schätze, wir alle kennen Dilemmas, auf die wir keine Antwort finden. Manchmal muss man einfach seine eigene Ignoranz akzeptieren, um weiter- machen zu können. Ich habe mehr Respekt vor jemandem, der seine Grenzen Foto: Alexis B.C. (alexisbc.com) zugibt, als vor jemandem, der versucht, so zu tun, als wüsste er alles. Was ist die längste Zeitspanne, die du ohne Duschen verbracht hast? („Most THE LAST FELONY unclean“) Unsere ganze Band hat sich mal eine Woche lang nicht geduscht, weil TRACKLIST-INTERVIEW. „Jeder Song unseres neuen Albums kritisiert wir die ganze Zeit im Van saßen. Irgendwann haben wir uns eine Box mit Feucht- die Auffassung, dass menschliches Leben wichtig wäre, und ist so ziem- tüchern gekauft und uns, so gut es ging, in der Toilette einer Tankstelle gewa- lich das Gegenteil von dem, was man von einem zu hören bekommt. schen. Schließlich haben wir angefangen, die benutzten Tücher aufeinander zu Aber denk’ jetzt nicht, dass ich der Meinung bin, dass Menschen schlecht werfen – von einer Kabine zur nächsten. Das war zwar eklig, aber wahrscheinlich sind, weil sie Kriege führen oder Wälder abholzen. Es geht eher um die klei- das Unterhaltsamste, das wir während dieser Zeit erlebt haben. nen Ärgernisse, mit denen man Tag für Tag konfrontiert wird, wenn man Welche Metal-Bands sind total überschätzt? („Overrated existence“) Die irgendwo lebt, wo auch viele andere Menschen wohnen. Letztendlich han- meisten. delt das Album davon, dass ich verdammt noch mal einen Sitzplatz in der Was ist deine Lieblingsfernsehsendung? („Televisionary“) Normaler- U-Bahn will.“ Diese Worte von Gitarrist Dominic Grimard machen sehr weise mag ich kanadisches Fernsehen nicht, aber meine Lieblingssendung ist deutlich, wovon das zweite Album seiner Band THE LAST FELONY handelt – aus und heißt „Kenny vs. Spenny“. Das ist eine Reality-Show über zwei falls das nach dem Titel der Platte, „Too Many Humans“ noch nicht klar war. Freunde, die jede Woche in verschiedenen Wettbewerben gegeneinander antre- Eine schöne Gelegenheit, die neun Songs völlig aus dem Kontext zu reißen ten. Das geht von „Wer kann mehr Gras rauchen?“ bis zu „Wer kann länger einen und daraus ein Interview zu basteln. toten Oktopus auf dem Kopf tragen?“ Der Spaß liegt meist darin zu sehen, wie es Kenny schafft zu betrügen und Spenny sich dessen so lange nicht bewusst ist, bis Glaubst du an ein Leben nach dem Tod? („We are future housing deve- er die erniedrigende Bestrafung absolviert hat, die mit einer Niederlage einher- lopments for maggots“) Ich bin zu 99 Prozent Atheist und zu einem Prozent geht. Ich habe besonders gelacht, als Kenny Spenny Glauben machte, er habe Agnostiker. Was mich am meisten an religiösen Menschen stört, ist die Sicher- Aids, um zu gewinnen, und damit tatsächlich Erfolg hatte. heit, mit der sie davon überzeugt sind, dass ihr Glaube der richtige ist. Andere Wie bringt man sich mit einem Wasserspender um? („Water cooler sui- Beweise als ihren starken Glauben bleiben sie allerdings schuldig. Und wie sagte cide“) Ich schätze, man kann sich kopfüber dranhängen wie eine Fledermaus Nietzsche? Ein starker Glaube beweist nur deine eigene Stärke, nicht die Gültig- und sich so lange Wasser in die Nase laufen lassen, bis man ertrinkt. Eigentlich keit dessen, an das du glaubst. Ich stelle mich also nicht hin und behaupte, dass steht der Songtitel aber für einen Selbstmord, den die Leute im Büro diskutieren es ohne jeden Zweifel keinen Gott und kein Leben nach dem Tod gäbe. Ich bin für – zum Beispiel während sie um den Wasserspender herumstehen. Normalerweise alles offen, aber bisher scheint mir der Atheismus das Logischste zu sein. benutzt man diesen Ausdruck für harmlosere Dinge – man nennt „Grey’s Ana- Welche Menschen sind absolut unverzichtbar für dich? („Too many tomy“ eine „water cooler TV show“, weil ein Haufen alter Fürze auf der Arbeit end- humans“) Keine. Selbst wenn der wichtigste Mensch sterben würde, ganz egal, los darüber quatscht. Aber ich dachte, für jemanden, der sich umbringt, könnte wer er ist und was er für die Gesellschaft tut, die Welt würde sich weiterdrehen. das auch passen. Wie soll man sich einmal an dich erinnern, wenn du tot bist? („No one Thomas Renz

unterwegs – von San Francisco nach Stuttgart mit unbehaglich fühlen. Aber das ist ihr Problem. Wie es mir. Über Frankfurt. Über Chicago. Und von Stuttgart scheint, können wir uns weigern zu werden, wer wir zu noch so einigen anderen Städten in den nächsten sind. Das ist beängstigender als jeder Tod, den ich zehn Tagen. Wir sind Gefährten. Wir sind der Hutma- mir vorstellen kann. Dennoch ist der Tod furchtein- cher und die weiße Königin füreinander. Wir helfen flößend, und er hat einen verdammt guten Promo- uns weiter, so oder so, unbeholfen, anmutig, alles ter. Wir verbringen so viel Zeit damit, uns über ihn zusammen. Das Paradoxon, einen Augenblick zu Sorgen zu machen, dass wir die Einladungen zu sehr erleben und ihn zu konservieren, ist so gut wie jedes vielen Partys sausen lassen. Partys, bei denen wir die andere Paradoxon, das es gibt. Mit jedem Schritt Möglichkeit haben, viele witzige Kostüme anzuzie- in Richtung Konservierung wird die Erfahrung des hen – auf dem Weg zu uns selbst. Die gute Nach- Augenblicks erhabener. Das meiste hiervon wurde richt ist: Wir können auch weiterhin wir selbst sein, geschrieben, nachdem ich darüber nachgedacht immer und immer wieder. Denk über den Ausdruck habe. Das Schreiben wäre dem Schmecken und Ver- „sich gut fühlen“ nach. Er bedeutet buchstäblich, dauen der Gedanken in die Quere gekommen. Ich wahrzunehmen, was gut ist, es zu berühren, es hin- wollte das Gefühl ihrer Ankunft genießen. Meister einzulassen. Er bedeutet, empfindsam zu sein, gut zu kommen diesem Moment sehr nahe. Wenn wir wer- fühlen. All das läuft darauf hinaus, dass kein Moment Foto: Kristen Blush (blushphoto.net) den, wer wir sind, können wir nicht anders, als wahr- existiert, in dem es keine Freude für uns gibt. Es gibt haftig zu sein. Die Wahrheit kann ein Schwert und ein immer irgendeine Tür, erreichbar durch Akzeptanz. FAR Schild sein, ein Betäubungsmittel und ein Schlupf- Ich könnte noch lange so weitermachen, aber nur LIEBES TAGEBUCH (damit bist du gemeint), winkel, aber das sind nur die schwerfälligen Kurven noch dieses eine: Sei ernsthaft genug, um Spaß zu ich schaue mir gerade „Alice im Wunderland“ entlang des Weges. Wenn wir ankommen, verwan- haben. Wie mein Freund Chad zu sagen pflegte (er an. Den Neuen von Tim Burton. Ich bin in einem delt sich die Wahrheit. Dann geht es niemals darum, ist inzwischen tot): Das war’s. Flugzeug und fliege über den Atlantik. Du bist auch Menschen zu verletzen. Trotzdem können sie sich Jonah Matranga, FAR

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hard.“ Genauso wie die Antwort auf die Frage, wenn ich nachts am Steuer unseres Vans sitze und wer jeweils welche Songs ausgesucht hat. Bleibt von Stadt zu Stadt fahre. Es wäre eine Ehre, eines nur noch ein Rätsel, das es zu lösen gilt: Was zum Tages mit diesen Jungs aufzutreten. Sie sind großar- Teufel ist ein -Riff? Gitarren-Nerd, bitte tige Musiker, und wenn man ihre Alben anhört, spürt übernehmen Sie! man, dass sie alles können. ’S SPECIAL DEFECTS – Suck my kiss. Dehnt – The sun door. Ein Song vom Album „Sol Niger eure Nackenmuskeln, bevor ihr euch diesen Song Within“. Im Vergleich zu einigen anderen Liedern reinzieht. Ich höre ihn seit ungefähr fünfzehn Jah- der Platte ist „The sun door“ ziemlich geradlinig, ren, und er hat noch kein Körnchen Staub angesetzt. aber es hat diesen heftigen, langsamen Groove, der Fleas perkussives Bassspiel zusammen mit Chad mich sofort gepackt hat. Die Gitarre spielt einfach Smiths perfekt getimetem Schlagzeug sind eine nur immer wieder ein offenes Djent-Riff, doch das unglaubliche Kombination. Schlagzeug liefert einen Groove, der sich hervorra- – Around the fur. Diesen Song habe gend zum Trainieren der Nackenmuskeln eignet. ich das erste Mal gehört, als ich auf der Highschool KARNIVOOL – Simple boy. KARNIVOOL sind rie- war. Ich weiß noch, dass ich einen Anruf von der Plat- sig in Australien, und ich bin seit langem ein Fan tenfi rma der Band bekam und sie mich fragten, ob von ihnen. Dieser Song ist der Opener ihres neuen mir die Platte gefi ele. Ich habe die Frau vom Label Albums und gibt auch die Richtung der Platte vor. endlos über die Drums vollgequatscht. Alle meine Misha [Mansoor, Gitarre] und ich spielen dauernd Freunde standen ebenfalls auf DEFTONES. Und jeder Teile dieser Platte nach. in unserer Band sowieso. – Roots bloody roots. Müssen wir die – Mouth for war. Der erste Song, den ich Wahl dieses Songs wirklich begründen? Ich denke von PANTERA gehört habe. Ich glaube, das dritte Riff nicht. des Songs groovet härter als das Leben. THE DILLINGER ESCAPE PLAN – Milk lizard. Mit THE MARS VOLTA – Conjugal burns. Der Song denen waren wir kürzlich in Australien auf Tour. Sie beginnt etwas langsam, nimmt dann aber Fahrt auf. haben jede Nacht komplett abgeräumt. Es war Thomas Pridgens Beats sind super eingängig und unglaublich. Besonders dieser Song war für mich unverbraucht. Er spielt eine Unmenge Fills und ver- immer ein Highlight ihres Sets. Seine Energie ist der Foto: Jerry Nicholl (jerryjohn.com) webt sie mit seinen Grooves. Nicht viele Schlagzeu- Wahnsinn. Muss man erlebt haben. ger sind dazu in der Lage. Die Bridge des Songs ver- – The sound of muzak. Gavin PERIPHERY fügt außerdem über eine schöne Steigerung. Man Harrison for President! Ein Song ihres Albums „In MY MIXTAPE. Der Titel des Mixtapes, das kann nicht anders, als mit dem Kopf zu wackeln, Absentia“. Der Beat ist so frisch und lecker. Und Gitarrist Alex Bois und Schlagzeuger Matt Hal- RADIOHEAD – Idiotheque. Dieses Lied hat einen die Produktion des Schlagzeugs gehört zu meinen pern von PERIPHERY für uns zusammengestellt schnelleren Groove, und das Schlagzeug ist elek- absoluten Favoriten. haben, ist eindeutig: „Ten tracks that groove tronisch, aber es ist ansteckend. Ich höre es gern, Alex Bois / Matt Halpern, PERIPHERY

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ist „myra“ das Wort für Ameise, haha. Wir wollten unserer Band einfach einen sexy Namen geben. Und mal ehrlich: MYRA ist schon verdammt sexy. Euer erstes Album „The Venom It Drips“ ist beim Großteil der Hörer sehr gut angekommen. Wie habt ihr euch auf der neuen Platte weiterentwickelt? „Godspeed“ ist eine ganze Ecke facettenreicher geworden. Ich denke, dass die Platte mehr Tiefe hat, mehr Persönlichkeit und Eigenständigkeit. Ein Großteil von euch ist Veganer beziehungsweise Vegetarier, Sebastian [Spillner, Gesang] hat sich jüngst für Peta nackig gemacht. Wir finden das gut, auch wenn die meisten von uns nicht vegan oder vegetarisch leben. Wenn man einmal vom Verzicht auf Fleisch absieht: Was kann man tun, um unsere Umwelt und das Tierreich zu respektieren? Die Peta-Kampagne war eine wichtige Sache für uns. Es ist uns ein besonderes Anliegen, auf Tierrechte und Veganismus/Vegetarismus aufmerksam zu machen, und als Band haben wir die Möglichkeit dazu. Gerade in Zeiten, in denen es mehr um Haare und Out- fits geht, wollten wir zeigen, dass man mit Musik mehr verbinden kann als trendy Merchandise. Was deine Frage betrifft, kann ich nur auf peta2.de verweisen. Als ersten Schritt sollte man sich einmal über den meist als „normal“ angenomme- nen Fleischkonsum informieren, und dazu gibt es auf der Seite massig Material. Labeltechnisch sitzen wir ja im selben Boot. Wir sind erst kürzlich zuge- stiegen, aber ihr hättet die Chance gehabt, von Bord zu gehen und mit „Godspeed“ einen größeren Luxusdampfer zu entern. Was macht die Euro- pean Label Group für euch so passend? Wir haben uns mit Mosti von Anfang Foto: Sören Schaller an super verstanden – sowohl auf persönlicher als auch auf professioneller Ebene. „The Venom It Drips“ war ein großer Erfolg – auch durch die gute Zusam- MYRA menarbeit mit dem Label. Mosti hat sich wirklich reingehängt, und das ist uns viel LABELMATES. Die Älteren werden es noch wissen: In der letzten Ausgabe wichtiger, als bei einem großen Label zu sein, bei dem man zwischen zig ande- haben ASHES OF A LIFETIME ein paar Fragen von MYRA beantwortet. Die- ren Bands untergeht – auch wenn es da die eine oder andere Anzeige mehr gibt. ses Mal ist es genau anders herum. Zur Erinnerung: MYRA sind „fünf Typen Warum waren wir eigentlich noch nie miteinander auf Tour? Wir haben einige aus Leipzig, die in der Metal- beziehungsweise Hardcore-Szene großge- Male angefragt, aber die Preise für euren Tour-Support können wir uns beim bes- worden sind und sich weitestgehend zu diesen Szenen zugehörig fühlen – ten Willen nicht leisten. jetzt nicht wenn es ums Saufen und Party machen geht, sondern eher als Was hört ihr denn eigentlich so privat? (Antworten ohne verzerrte E-Gitar- Form, sich selbst ausdrücken zu können, kreativ zu sein und etwas Eigenes ren sind erlaubt.) In unserem Bus gibt es regelmäßig Diskussionen über das, was auf die Beine zu stellen und nicht nur zu konsumieren.“ laufen soll oder darf. Die Geschmäcker sind breit gefächert. Die Bandbreite reicht von über den üblichen Metal- und Hardcore-Kram bis zu echt Was heißt eigentlich MYRA? Zu unserem Namen gab es im Fuze mal eine sehr asozialem HipHop. Und den Vorwurf, dass gewisse Personen in absehbarer Zeit umfangreiche Abhandlung. Die haben mehr Bedeutungen gefunden, als uns nur noch Schlager hören werden, gibt es auch regelmäßig. Ich werde aber keine bekannt war. Allerdings sind sie auf eine auch nicht gekommen: Im Schwedischen Namen nennen, haha.

Also haben wir stattdessen HOWL-Gitarrist und The Famous Narragansett Beer. Das lokale Bil- -Sänger Vincent Hausman gefragt – und die- ligbier bei uns in Rhode Island. Jede Region liebt ihr sen auch etwas über BLACK TUSK schreiben las- lokales Bier, aber wie viele Bands werden von der sen, schließlich sind beide Bands auf demselben Brauerei gesponsert? Vor jeder Tour taucht ein Nar- Label. Ziemlich clever, oder? ragansett-Lastwagen auf, mit einem vollbärtigen Typen am Steuer, der PANTERA hört, und lässt uns . Ich habe gehört, dass einer der 10 (zehn!) Kästen Bier da. Umsonst! Es ist das beste/ Relapse-Jungs ein Juggalo [so werden Fans der schlechteste/beste/wieder beste Sponsoring, das INSANE CLOWN POSSE genannt, Anm. d. Red.] sein man sich vorstellen kann. Mit solchen Katern hat soll. Also, ihr Juggalos und Juggalettes, unterstützt man auf Tour nie Heimweh. Relapse und alles, was sie rausbringen. Vor allem SAINT JUDE. Die beste Band, in der jedes ihrer Mit- unser Album. Jeder Vinyl-Bestellung liegt ein ICP- glieder jemals war, und das will etwas heißen. Das Album bei. Line-up sieht nämlich wie folgt aus: Ich (HOWL, . Wie hat es die Grind-Legende A TERRORIST BLACKEN THE SKIES, DRIVEN, WHITE MICE, IT’S A IS BORN aus Olneyville einst ausgedrückt? Jesus ist FUCKING TRAP, EN VOGUE), Dave (SIN OF ANGELS, nichts im Vergleich zu . SHRED THE PAST, THENIGHTMARECONTINUES..., SKELETONWITCH. Die Tour mit SKELETONWITCH A TERRORIST IS BORN), Mike (GET KILLED, ALL war unsere erste mit einer Band, die wir moch- THOSE OPPOSED, jede beschissene Punk-Band in ten. Ihnen jeden Abend zuzuschauen, hat uns eine Rhode Island von 1996 bis heute), George (SIN OF Menge gebracht. Ich denke, dass wir erst während ANGELS, SHE RIDES und eine Million andere) sowie dieser Tour eine richtige Band geworden sind. Brendan (HOWL-Merch-Mann, THENIGHTMARE- JAVELINA. Was für ein Haufen Arschlöcher. Ich liebe CONTINUES..., A TERRORIST IS BORN, SNAXXX N sie. Das ist der süßeste Haufen wie Grizzlybären aus- STAXXX). Wenn wir nur einen Schlagzeuger finden sehende Wichser, den ich je gesehen habe. Es gibt könnten, der nicht scheiße ist. urkomische Videos von einem Karaoke-Abend in THE_NETWORK. Wo immer wir ihnen begegnen, da Indianapolis, an dem fast alle von HOWL und JAVE- wollt ihr auch sein, glaubt mir. Wenn ihr sie seht, sagt LINA beteiligt waren. Lady Gaga hatte einen Auftritt, ihnen, wir hätten euch geschickt. R. Kelly und die BEASTIE BOYS ebenso. RWAKE. Man munkelt, sie würden Drogen mögen. BLACK TUSK. Wir müssen sie mögen, weil Relapse Was immer es auch ist, das sie diese Musik machen Foto: Samantha Marble (samanthamarble.com) das so wollen. Aber wir mögen sie, weil sie gut sind. lässt, sie sind unglaublich. Bei der SKELETONWITCH-Tour waren sie auch an ein . Die lokalen Frauenschwärme. HOWL paar denkwürdigen Abenden dabei. In Alabama hat- Kennst du das, wenn du einem Mädchen sagst, sie MY FRIENDS @ MYSPACE. Eigentlich waren ten wir mit ihnen fast so etwas wie einen Rockstar- wäre „nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich“ ja BLACK TUSK dafür vorgesehen, uns ihre Moment. Ihr wisst schon: Frauen, der Hotelpool, schön, damit sie weiß, dass du es ernst meinst? Ich My Space-Freunde vorzustellen, weil Martin Alkohol ... Aber alles, was letztendlich dabei rauskam, sage dasselbe über DOOMRIDERS. Schmidt die besser findet. Aber die wollten nicht. war ein Kater. Vincent Hausman, HOWL

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THE SORROW EIN TAG IM STUDIO. Wie das letzte Album entsteht auch unser neues in den Principal Foto: Christian Bendel (chbendelphotography.com) Sudios. Dieses Mal nehmen wir jeden Tag einen kompletten Song auf. Jeder kommt jeden Tag WAR FROM A HARLOTS MOUTH / zum Zug, wir machen nicht wie bisher zuerst die ganzen Drums, dann die Klampfen und so wei- BURNING SKIES ter. Eine coole Sache, da man so noch gut an den MY BANDS. BURNING SKIES aus Bristol und WAR FROM A HARLOTS MOUTH aus Berlin haben nicht Songs arbeiten kann, jeder immer voll bei der nur eine gemeinsame Platte veröffentlicht, sie teilen sich mit Paul Seidel auch einen Schlagzeuger. Sache ist und man sofort Resultate hört. Und sinnigerweise haben wir diesen und nicht die Split-CD zu beiden Bands befragt. 09:00. Der Wecker läutet. Ich frage mich wie jeden Muss man ein besserer Musiker oder ein besse- Stelle einzusetzen. Im Grunde kann man sagen, Tag, ob ich überhaupt geschlafen habe. Als wir die res Organisationstalent sein, wenn man in zwei dass BURNING SKIES die Band ist, dir mir körperlich letzte Runde „Buzz!“ gezockt haben, war es halb drei. Bands spielt? Es ist nicht einfach, so viel sei schon mehr abverlangt, wohingegen WAR FROM A HAR- Glaube ich. Also ab unter die Dusche und fit werden. mal gesagt. Generell plant man natürlich viel im Vor- LOTS MOUTH zwar auch körperliche Fitness fordert, 10:00. Natürlich bin ich der Erste im Studio. Unser aus und möchte alles so früh wie möglich in seinen grundsätzlich allerdings verspielter ist. Freund und Produzent Toni Meloni lässt wie immer Terminkalender eintragen, um Komplikationen zu Abgesehen vom Instrument, spielt jeder Musi- auf sich warten. Aber wenn er dann mit Trainingshose vermeiden. Manchmal muss man auf dieses strikte ker auch eine andere Rolle innerhalb einer Band. und seinem charmanten Lächeln das Studio betritt, Vorausplanen allerdings verzichten, da binnen kür- Hast du bei BURNING SKIES eine andere Stel- ist alles vergessen. 10:30. Toni ist am Start. Es kann zester Zeit Veränderungen auftreten können, wie lung im Band-Gefüge als bei WAR FROM A HAR- mit den Gitarren losgehen. Ich vermute, er hat zum Beispiel „spontane“ Band-Proben, Konzerte LOTS MOUTH? Wenn ich mit BURNING SKIES unter- Spaß daran, mich zu quälen – so oft, wie ich man- und so weiter. Was das musikalische Können anbe- wegs bin, dann sehe ich mich eher als den für Eng- che Takes einspielen muss. Seine Genauigkeit kann langt, muss man zumindest ein gutes Auffassungs- länder typischen Deutschen, der etwas mehr Ord- einem schon mal den letzten Nerv rauben. Nach vermögen und Gedächtnis haben – vor allem wenn nung verlangt und jedem eine bestimmte Aufgabe etwa zwei bis drei Stunden sind dann die Rhyth- beide Bands gleichzeitig neue Songs schreiben. zuteilen will. Ich nehme dann auch gerne mal das musgitarren im Kasten, und ich bin komplett fer- Hast du zu BURNING SKIES ein anderes Verhält- Zepter in die Hand und setze mich durch, um ans Ziel tig mit den Nerven. 12:00. Leider hat man im Studio nis als zu WAR FROM A HARLOTS MOUTH? Ich zu kommen. Bei WAR FROM A HARLOTS MOUTH gibt nur wenig Zeit zum Kochen. Darum gibt es Nudeln, kenne die Jungs von WAR FROM A HARLOTS MOUTH es eine ziemlich gute Aufgabenverteilung. Ich bin Nudeln und nochmals Nudeln. Manchmal essen wir seit über fünf Jahren. Da ist natürlich weitaus mehr zum Beispiel der Mann fürs Grafische und kümmere aber auch das berühmte Thunfischsandwich unse- vorgefallen, als in dem halben Jahr, das ich inzwi- mich um unsere Internetpräsenz sowie um recht- res Bassisten. Das Rezept ist ein absolutes Geheim- schen bei BURNING SKIES spiele, weshalb ich mich liche Dinge wie GEMA und so weiter. Bei BURNING nis. 13:00. Dominik hat sicher den härtesten Job, mit WAR FROM A HARLOTS MOUTH tiefer verbunden SKIES sind alle Aufgaben zentriert. Einer übernimmt denn das Schlagzeug einzuspielen, ist schon ziem- fühle. Das heißt allerdings nicht, dass ich BURNING alles. Das wirkt manchmal etwas uneffektiv, läuft teil- lich zäh. Da gibt es keine Kompromisse. Weil wir die SKIES zwischenmenschlich zweitrangig behandle, weise aber entspannter ab, da man immer genau Songs zum Teil noch im Studio umarrangieren, kann denn auch mit denen habe ich schon so einiges weiß, was passiert. Ich übernehme übrigens gerne es sein, dass er den Hocker für fünf bis sechs Stun- erlebt. die Rolle des Pausenclowns, da gibt es keine Unter- den hütet. Man merkt auch hier wieder, dass Toni es Wahrscheinlich gibt es niemanden, der die bei- schiede zwischen beiden Bands, haha. wissen will. Ich sitze ruhig im Hintergrund und amü- den Bands besser kennt als du. In welchen Punk- Was könnten BURNING SKIES von WAR FROM A siere mich über die kleinen Sticheleien zwischen den ten unterscheiden sie sich? Im Großen und Ganzen HARLOTS MOUTH lernen und umgekehrt? Und beiden. 18:00. Mätze beginnt, sich langsam einzu- gibt es nur marginale Unterschiede, und ich stelle was hast du ganz persönlich von beiden Bands singen. Er tut sich diesmal überraschend leicht mit immer wieder fest, dass sich beide Bands charakter- gelernt? Wenn ich beide Bands vergleiche, fällt mir den Screams. Es klingt wirklich brachial. Die Stimme lich sehr gleichen. Wir lachen über dieselben Witze, auf, dass man als Musiker beziehungsweise Band wird mit einem Schluck Fenchelhonig geölt – und streiten uns wegen der gleichen Nichtigkeiten, regen gerne in bestimmte Muster verfällt und sich schwer mit einem Schluck Bier zum Nachspülen. Nach ein uns über die gleichen Dinge auf und sind alle mit damit tut, neue Dinge auszuprobieren. Ich bin der bis zwei Stunden ist dann aber Schluss, und dem Bier Herzblut bei der Sache, wenn es um das Musikma- festen Überzeugung, dass man im Leben öfter Gren- wird wieder der Vorzug gegeben. 20:00. Am Abend chen geht. Allerdings wird bei BURNING SKIES mehr zen überschreiten muss, um sie für sich selbst neu zu wird gemacht, was gerade so anfällt: Overdub-Gitar- Neunziger-Sound im Van gehört. Es ist erstaunlich, setzen. Viele Bands stagnieren und dümpeln vor sich ren, Bass, Mandolinen und so weiter. 00:00. Feier- wie viele Lieder man mitsingen kann, hüstel. hin, ohne wirkliche Risiken einzugehen und Neues zu abend. Wir treffen uns oben im Aufenthaltsraum auf Spielst du bei WAR FROM A HARLOTS MOUTH versuchen – sei es musikalisch oder organisatorisch. der Couch. Playstation, Wii – alles am Start und das anders Schlagzeug als bei BURNING SKIES? Für welche der beiden Bands würdest du dich auf einer riesigen Leinwand. Wie immer gehen wir uns Oder fühlt sich das Schlagzeugspielen zumin- entscheiden, wenn du müsstest? Ganz klar für beim „FIFA“-Zocken fast an die Gurgel. Zum Glück dest anders an? Auf jeden Fall. WAR FROM A HAR- WAR FROM A HARLOTS MOUTH. Die Frage ist aber bin ich dieses Jahr fast unschlagbar. Nach ein paar LOTS MOUTH ist einfach vertrackter als BURNING auch gemein, und ich möchte niemals in die Situa- Bierchen und der einen oder anderen Sportzigarette SKIES. Ich muss mich mehr auf die Songstrukturen tion kommen, mich entscheiden zu müssen. geht es dann ab ins Bett. Gute Nacht. konzentrieren, um nicht plötzlich an der falschen Thomas Renz Andreas Mäser, THE SORROW

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Wir sind sehr stolz darauf, dass es bei uns sicher und gewaltlos zugeht. Auch was Mode betrifft, ticken die Uhren hier anders. Die wirtschaftliche Situation und ein durchschnittliches Einkommen von dreihundert Euro im Monat erlauben es einem typischen serbi- schen Hardcore-Kid eben nicht, besonders trendy zu sein. Im Gegensatz zu beispielsweise Deutschland sehen die Leute auf Konzerten deshalb viel weni- ger uniformiert aus. Die Musik ist uns wichtiger als das Aussehen, was ein weiterer Punkt ist, den ich an unserer Szene gut finde. Die wirtschaftliche Situation in unserem Land bringt aber natürlich auch Nachteile für die Hardcore- Szene mit sich. Kein Plattenladen könnte hier über- leben. Neunzig Prozent aller Leute, die an Musik interessiert sind, ziehen sie sich aus dem Netz. Die wenigen, die Platten kaufen, sind meist über drei- ßig. Labels, die es wert sind, erwähnt zu werden, gibt es ebenfalls nicht viele – eines, um genau zu sein. Sie nennen sich selbst Ha-Ko Bastards und haben in den letzen zehn Jahren eine Menge Platten ver- öffentlicht. Ich hatte auch mal ein Label, aber Zeit- mangel und finanzielle Probleme haben verhindert, dass ich es ernsthafter betrieb. Es ist deshalb bei Veröffentlichungen meiner eigenen Band und einer Split-CD mit unseren Brüdern LAST HOPE aus Bul- nie einen Besetzungswechsel und sind die Band, die garien geblieben. HITMAN in der Geschichte des serbischen Hardcore-Punk die Es gibt aber noch mehr Probleme in unserer Szene. MY SCENE – BELGRAD. Die Szene hier meisten Shows gespielt hat. Anstatt zusammenzuarbeiten, grenzen sich viele unterscheidet sich eigentlich nicht wirklich von Es gibt viele Clubs in Belgrad, in denen man gute Bands unnötigerweise voneinander ab – zum Teil der in anderen Ländern. Der größte Unterschied Shows machen kann. Die besten sind das Dom aus den dümmsten Gründen. So war das schon vor ist, dass während des Krieges von 1991 bis 1999 Omladine, ein Jugendhaus, und das SKC, das Stu- zwanzig Jahren, und ich schätze, das wird sich auch nur zwei oder drei Mal Bands aus dem Ausland bei dentische Kulturzentrum. Außerdem gibt es seit ein nicht mehr ändern. Aber damit muss sich wohl jede uns gespielt haben. Wir konnten bis vor zehn Jah- paar Monaten einen neuen Laden namens Ciklon, in Szene der Welt auseinandersetzen. Außerdem ren also nie die ganzen großartigen Bands sehen, den zwischen 150 und 400 Leute passen. Alle Bands, interessieren sich die meisten Kids nicht dafür, was die es auf der Welt gibt. Und manche davon werden die seit dem Jahr 2000 hier waren, haben in einem eine Band zu sagen hat oder worum es bei Hard- wir auch niemals live erleben, weil sie sich inzwischen dieser drei Clubs gespielt. Das geilste Konzert in Bel- core-Punk geht. Sie nehmen sich nicht einmal die aufgelöst haben. Abgesehen davon, war und ist es grad haben wohl MURPHY’S LAW abgeliefert. Wäh- Zeit, sich im Internet über den Ursprung von allem wie überall. Alle neuen musikalischen Einflüsse und rend ihres Auftritts ist Jimmy Gestapo auf den Schoß zu informieren. Sie sind mehr mit irgendwelchem Trends, die es auf der Welt gab – von eines Türstehers gehüpft, hat ihn umarmt und ihm Szene-Klatsch beschäftigt. Ein weiteres großes Pro- bis New-School-Hardcore –, konnte man zur selben einen Kuss auf die Wange gegeben. Der Typ hat blem ist eine direkte Folge der ganzen Kriege, die Zeit auch hier beobachten. ein paar Sekunden gebraucht, um zu kapieren, was hier stattgefunden haben: das hohe Maß an Nation- Musikalisch ist die serbische Szene sehr facetten- abgeht, hat dann aber mit einem Lachen reagiert. alismus. Es gibt Bands, die behaupten, Hardcore zu reich. Von klassischem Hardcore-Punk und New Später hat Jimmy so fest in den Schuh eines Freun- sein, obwohl sie in Wahrheit gewaltbereite Nation- York Hardcore über Tough-Guy-Hardcore und des von uns gebissen, dass er seinen Gebissabdruck alisten sind. Die meisten von ihnen sind engstirnige bis hin zu D-Beat-Hardcore-Punk und hinterlassen hat, haha. Die Leute sind aus allen Hooligans, die ihre dummen Ideen von ihren Eltern experimentellem Crossover zwischen Metal, Hard- möglichen Richtungen durch die Luft geflogen, und und Verwandten haben, die im Krieg waren. Nation- core und Rock ist alles vertreten. Die beste Band, überhaupt war die Stimmung sehr, sehr positiv. alismus ist allgemein ein großes Problem in Serbien. die jemals aus Belgrad kam, ist meiner Meinung Das ist generell ein Punkt, in dem sich die Szene in Aber noch etwas stört mich: Die Tatsache, dass nach DEAD IDEAS, von denen wir auf unserem neuen Belgrad von anderen Szenen in Westeuropa unter- unsere Szene eine der wichtigsten und interes- Album einen Song covern. Viele Leute aus der Szene scheidet: Wir moshen nicht. Es gibt absolut kein Kick- santesten in Europa, vielleicht sogar der Welt, sein werden aber auch unseren Namen nennen, schließ- boxen bei den Shows. Trotzdem geht es natürlich ab. könnte, sie aber keine Möglichkeit hat zu zeigen, wie lich sind wir die älteste noch aktive Hardcore-Punk- Jede Band, die hier gespielt hat, wird dies bestätigen originell, leidenschaftlich und aufrichtig die Leute Band des Landes. Es gibt uns seit sechzehn Jahren, können. Wir sind eben sehr altmodisch und stehen sind, die sie ausmachen. wir haben uns zwischenzeitlich nie aufgelöst, hatten auf Stagediving, Circle Pits und klassischen . Aleksandar „Aca“ Todorovic, HITMAN

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Kids nehmen sie als das wahr, was sie sein sollte: Es geht darum, junge, aufstre- bende Bands zu einem Package zu vereinen, um ihnen einen zusätzlichen Schub zu geben. Die Tour hat sich zu einer Marke entwickelt, und interessanterweise wird das auch vom Geschäftsumfeld, wenn man es mal so blöd bezeichnen will, wahr- genommen, und ganz viele Manager und Labels versuchen, ihre Bands auf die Tour zu kriegen. Wir haben mehr Angebote als freie Plätze und können deshalb auswählen. Dieses Jahr stehe ich zum Beispiel total auf . In Amerika werden die gerade richtig fett, und ich glaube, dass die auch hier in den nächsten ein, zwei Jahren mächtig durchstarten werden. Wer entscheidet, wer bei einer Tour dabei ist? Wir sind ja bei Avocado alle nach wie vor Fans und diskutieren das gemeinsam. Das ist ein ganz demokrati- scher Prozess. Es gibt eine Liste mit Bands, die uns gefallen und die für die Tour cool sein könnten. Wir haben jetzt schon wieder Listen für 2011 und 2012. Das Organisieren einer Tour ist wahrscheinlich nie einfach, aber gibt es spezifische Schwierigkeiten, die beim Buchen einer Package-Tour auftre- ten? Nicht wirklich. Anstatt eines Nightliners stehen eben drei vor der Haustür. Für den lokalen Veranstalter ist es natürlich hin und wieder schon eine Heraus- forderung. Anstatt zwanzig Leute unterzubringen und zu verpflegen, gilt es auf einmal, für sechzig Leute eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen, damit sich die Bands wohl fühlen. Kannst du Leute verstehen, die dem Konzept einer so großen Tour ableh- nend gegenüberstehen, weil sie die beteiligten Bands lieber mit längerer Spielzeit in kleineren Clubs sehen würden? Klar, das kann ich total verstehen. Aber es ist ja nicht so, dass die beteiligten Bands nur Package-Touren spielen. NEVER SAY DIE! TOUR Wenn eine Band gut läuft, dann kann sie zwei, drei, vier Mal im Jahr in Europa tou- ICH PACKE MEINEN KOFFER. „Bei Musik geht es um Soziales, um das ren, und darunter sind dann auch Touren, bei denen nur zwei, drei Bands am Start Erwachsenwerden. Es geht darum, Spaß zu haben im Leben, und das funk- sind und jede eine entsprechende Spielzeit hat. tioniert nur, wenn man mit anderen Leuten zusammenkommt.“ Marco Wal- Schaust du dir eine Band lieber auf einer großen Bühne oder in einem klei- zel von Avocado Booking organisiert regelmäßig solche Treffen für junge nen Club an? Ich mag beides. Mich haben große Bands in großen Hallen gelang- Leute – zum Beispiel die Never Say Die! Tour, bei der in diesem Jahr mit weilt, mich haben kleine Bands in kleinen Clubs gelangweilt. Es kommt immer auf PARKWAY DRIVE, COMEBACK KID, , EMMURE, WAR die Chemie und die Stimmung an. Wenn dreitausend Leute bei einer Show sind FROM A HARLOTS MOUTH, und WE CAME AS ROMANS gleich und einen Song mitsingen, kriege ich eine Gänsehaut. sieben angesagte Bands dabei sind. Die Zahl derartiger Package-Touren Werden wir in Zukunft noch mehr Package-Touren sehen? Ich glaube, das hat in den letzten Jahren stark zugenommen – Marco Walzel erklärt im wird zunehmen, ja. Wenn du heute eine Band alleine auf Tour schickst, sind die Interview, warum. Erfolgschancen eher gering, weil die Konkurrenz auf dem Live-Markt extrem zugenommen hat. Mittlerweile macht ja jeder Package-Touren, egal, ob da jetzt Wie ist die Never Say Die! Tour entstanden? Vor drei Jahren hatten wir im drei, sechs oder zehn Bands mitspielen. Man muss den Leuten einfach etwas bie- Sommer zu viele Bands auf Tour – sieben, acht, neun zeitgleich in denselben ten für ihr Geld. Trotzdem werden sich nur die wenigsten Festivaltouren etablie- drei Städten. Also haben wir sie zu einem Package geschnürt. Das war sozusa- ren. Es gab ja immer wieder Versuche, solche Touren in Europa stattfinden zu las- gen der erste Never Say Die! Event, und so entstand die Idee, eine Tour daraus sen – zum Beispiel die Sounds Of The Underground Tour, die in den USA mehr- zu basteln. Bei der ersten – mit COMEBACK KID und PARKWAY DRIVE – hatten wir mals funktioniert hat und die es hier nur ein einziges Mal gegeben hat. Man muss einen Schnitt von 600, 700 Leuten. Ein Jahr später lag er bei 1500. Selbst als wir sich halt überlegen, inwiefern man es schafft, die Touren so attraktiv zu gestal- dann mit und ARCHITECTS ein schwächeres Paket hatten, waren ten, dass die Kids zu den Shows kommen. Und mit Never Say Die! sind wir bisher viele Shows dabei, die weit über Tausend gingen. Und dieses Jahr spielen wir zum immer hundertprozentig richtig gelegen. allerersten Mal zum Teil in Dreitausender-Clubs. Die Tour hat sich etabliert. Die Thomas Renz

CLINGING TO THE TREES OF A FOREST FIRE MY BAND NAME. Layout: „Eine Band, die CLINGING TO THE TREES OF A FOREST FIRE heißt, zu ihrem Namen zu befragen, ist mal wieder eine deiner typischen Schwachsinnsideen!“ Chefredaktion: „Wieso das denn? Und wie redest du überhaupt mit mir?“ Layout: „Klappe zu! Du hattest doch wieder mal bloß keinen Bock, dich ernsthaft mit denen auseinanderzusetzen.“ Chefredaktion: „Das ist doch gar nicht wahr. Wie du lügen kannst! Ich finde das einfach eine nette Rubrik. Kann man ab und zu doch mal bringen. Lies doch den , wenn es dir nicht passt!“ Layout: „Das mach’ ich auch! Und wie soll ich die Scheiße jetzt layouten? Der Name passt doch niemals in eine Spalte.“ Chefredaktion: „Dann mach das Ding halt quer. Oder so breit, wie du beim Layouten immer bist.“ Layout: „Wie kannst du es wagen?!“ [Die Fragen beantwortete Sänger Ethan McCarthy, Anm. d. Red.]

Wie wichtig ist der Name einer Band? Ich denke, Was sind die Vor- und Nachteile, wenn man so er ist wichtig, wenn es um die Vermarktung geht. Der heißt? Der Vorteil ist, dass man nicht verwechselt Name ist das Erste, das die Leute von dir sehen oder wird. Es würde mich schon sehr wundern, auf der Welt hören. Ich bin aber auch der Ansicht, dass man der – oder zumindest in der harten Musikszene – eine Musik einer Band erlauben sollte, für sich selbst zu andere Band zu finden, die CLINGING TO THE TREES sprechen, anstatt nur auf den Namen zu hören, den OF A FOREST FIRE heißt. Der Nachteil ist, dass so sich jemand gegeben hat. ein Name den Leuten einen falschen Eindruck von Was ist die Bedeutung eures Namens? Unser der Musik vermitteln kann, die wir spielen. Sie nei- Name beruht auf dem Gedanken, an etwas fest- gen dazu, uns für eine Art Metalcore-Band zu hal- zuhalten, das durch und durch hoffnungslos ist. An ten – oder zumindest für eine, die irgendwelchen etwas, das völlig zerstört ist. leicht verdaulichen Metal spielt –, an Unholygrin- Wessen Idee war es, euch CLINGING TO THE doom denkt niemand. Aus marketingtechnischer Foto: Radek (DeadFallPhotography) TREES OF A FOREST FIRE? zu nennen? Das war Sicht haben wir uns also selbst ins Knie gefickt. Aber CLINGING TO THE TREES OF A FOREST FIRE hei- eine gemeinschaftliche Entscheidung, weil zu jener als uns der Name damals einfiel, haben wir uns darü- ßen würdet? THE ARTIST FORMERLY KNOWN AS Zeit alle Band-Namen, die aus einem Wort beste- ber eben keine Gedanken gemacht. CLINGING TO THE TREES OF A FOREST FIRE. hen, schon vergriffen waren. Wie würdet ihr euch nennen, wenn ihr nicht Thomas Renz

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Foto: Marcel Klaster Foto: Lena Stahl MISCONDUCT FROM PLAN TO PROGRESS DER WEG EINER FREIHEIT PANTS DOWN. Das englische Wort „miscon- MY ARTWORK. Wie eine Band sich präsentiert QUOTES-INTERVIEW. „Unser Name bedeu- duct“ kann zum Beispiel mit Fehltritt übersetzt – zum Beispiel durch das Artwork eines Albums tet genau das, wofür diese Band steht. Sie ist der werden, doch den hat sich die gleichnamige –, sollte immer auf natürliche Weise ihre Per- Weg, auf dem ich die Freiheit, mein Ich, meine schwedische Band bei unserem Szene-Gesin- sönlichkeit widerspiegeln. Bands versuchen, ihre Gefühle und meine Erinnerungen in Musik und nungstest zum Glück nicht geleistet. Allerdings Vorstellungen und Gefühle durch Musik und Texte zu Text zu verpacken, komplett ausleben kann“, hat Sänger Fredrik Olsson beim Beantworten vermitteln. Eine dazu passende visuelle Darstellung erklärt Nikita Kamprad von DER WEG EINER der Frage, wie er zu christlichem Hardcore stehe, ist eine weitere Möglichkeit, sich gegenüber dem FREIHEIT. Es gibt aber noch mehr schöne Zitate, so viele Allgemeinplätze abgefeuert, dass das Hörer auszudrücken. Aufgrund der Tatsache, dass in denen das Wort „Freiheit“ vorkommt. Einige Phrasenschwein der Fußball-Talkshow „Doppel- ein Großteil der Musik heutzutage heruntergeladen davon haben uns zu ein paar Fragen an die Band pass“ beim Lesen des Statements ganz viele Ein- wird, halte ich Artworks allerdings für eine ausster- inspiriert. und Zwei-Euro-Münzen gekotzt hat. Das Geld bende Kunstform. haben wir übrigens einem guten Zweck zuge- Wir waren zufrieden mit dem Artwork unseres vor- Welchen Stellenwert hat Musik in eurem Leben? führt und Moderator Jörg Wontorra gespendet, herigen Albums „Evolution In The Wrong Direction“, („Kunst ist die einzige Freiheit, die uns geblieben damit dieser nie wieder Werbung für „Die deut- aber dieses Mal wollten wir etwas Komplexeres, etwas ist.“ – Gottfried Helnwein) Musik bestimmt mittler- sche Schlagerparade“ machen muss. mit mehr Farbe, das gleichzeitig die düstereren The- weile jeden Tag unseres Lebens. In den letzten drei men der Texte deutlicher herausstellt und die Grund- Jahren, in denen ich aktiv Musik mache, ist kaum Straight Edge Lifestyle. Mit diesem Begriff sind stimmung des Albums wiedergibt. Wir wollten etwas, ein Tag vergangen, an dem ich mich nicht mit Musik wir zum ersten Mal durch die großartigen MINOR das die Aufmerksamkeit des Hörers erregt. Ein Art- oder der Band beschäftigt habe. Es ist einfach immer THREAT in Berührung gekommen. Da wir eine Band work, bei dem man immer wieder neue Details ent- wieder etwas Neues und wird nie langweilig. Ich würde aus Schweden sind und jeder weiß, dass Schwe- deckt. Vor allem aber wussten wir, was wir nicht woll- sagen, neben der Kunst ist das Träumen die einzige den leidenschaftliche Trinker sind, die ihren Tag mit ten: viele Totenköpfe, schlechte Schriftzüge und kit- Freiheit, die uns geblieben ist. rohem Hering und fünf Gläsern Wodka beginnen schige Farben. Was wollt ihr der Welt mit eurem Debütal- (bevor sie mit ihrem Eisbären Gassi gehen), halten Also haben wir uns auf die Suche nach Künstlern bum mitteilen? („Falls Freiheit überhaupt etwas wir das für eine großartige Lebensweise. Vielen Leu- gemacht und sind letztendlich durch das letzte bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, ten in Schweden würde ein bisschen Straight Edge Album von SET YOUR GOALS auf Drew Millward auf- den Leuten das zu sagen, was sie nicht hören nicht schaden, trotzdem sollte eine solche Entschei- merksam geworden. Drew ist ein Künstler aus Leeds, wollen.“ – George Orwell) Das Album ist eigentlich dung jedem selbst überlassen bleiben. Außerdem der schon mit GALLOWS, MOGWAI, , FAITH ohne einen speziellen Hintergedanken entstanden sollte man nie den ursprünglichen Zweck dieser Art NO MORE und einer Menge anderer cooler Bands und hat auch keine bestimmte Message. Ich wollte zu leben vergessen. gearbeitet hat. Uns allen gefielen seine Arbeiten, mich selbst in Melodien und Texten verwirklichen und Vegan Diet. Ebenfalls jedem selbst überlassen. und wir wussten, dass er etwas abliefern würde, mit es aufnehmen, damit ich es mir immer wieder anhö- Violent Dancing. MISCONDUCT ist eine Band, die dem wir glücklich wären und das zu unserer Platte ren kann. Das Ganze mit anderen Leuten zu teilen, den Moshpit liebt, aber man sollte immer aufei- passen würde. Er war der richtige Mann für den Job. fand ich eine gute Sache. Was der Einzelne mit den nander aufpassen. Wenn du deinen Freunden ins Mit ihm zu arbeiten, war vollkommen unkompliziert. Liedern anfängt, ist jedoch jedem selbst überlassen. Gesicht schlagen willst, nimm Boxunterricht oder Drew wollte nur die Texte sowie den ersten Mix des Auf welche Aspekte des Band-Seins könntet ihr mach Karate. Menschen zu verletzen, die dieselbe Albums von uns und hat dann innerhalb weniger am ehesten verzichten? („Die Freiheit besteht Musik hören wie man selbst, ist bekloppt. Unity ist Wochen das Artwork zu „Ink Stains & Incidents“ fer- in erster Linie nicht aus Privilegien, sondern das Wichtigste von allem. tiggestellt. aus Pflichten.“ – Albert Camus) Es gibt natürlich Christian Hardcore. Nun ja, unser Fahrer heißt Durch viele von Drews Arbeiten zieht sich eine ganze Dinge, die einen stören, aber meistens unerlässlich Christian, aber soweit uns bekannt ist, hat er keine Reihe von immer wiederkehrenden Charakteren und sind. Zum Beispiel der ganze Papierkram. Hardcore-Band. Aber wir lieben ihn trotzdem. Jede Themen. Es wäre interessant zu wissen, welche Teile Was ist das größte Missverständnis über eure Unterteilung in Christian/Vegan/Straight Edge/ des Artworks von welchen Textzeilen beeinflusst Band? („Freiheit! Ein schönes Wort wer’s recht Metal/Punk/Rock/Ska/Hardcore ist bescheuert, weil sind. Das Album handelt davon, meinen Dämonen verstünde.“ – Johann Wolfgang von Goethe) letztendlich doch alles Musik ist. Wen interessiert es, zu begegnen – Abhängigkeiten zu überwinden, sich Musik ist meiner Meinung nach in erster Linie für ob du ein Christ bist oder nicht? Wir sind alle Men- der Gesamtsituation der Band und der Musikindus- das Ohr bestimmt. Man könnte beim Hören auch schen. Es geht um Menschen, die für andere Men- trie zu stellen, zu erkennen, dass Punk inzwischen die Augen schließen. Viele Menschen nehmen Musik schen Musik machen. Gute Musik ist gute Musik. fast sein unbewusstes Ziel erreicht hat, sich kom- jedoch zuerst mit den Augen auf, lassen sich von Do It Yourself Attitude. Wir machen es ständig plett von allem zu entfremden. Ich hatte das Gefühl, einem bestimmten Image – ob positiv oder nega- selbst, also schätze ich, dass wir eine Do-It-Your- einen dunklen Teil meiner Seele offenlegen zu müs- tiv – blenden und vergessen dabei die Musik an sich. self-Einstellung haben. DIY ist immer cool und eine sen, vor allem bei „No need for transparency“. Es war Dies ist natürlich kein spezifisches Missverständ- wichtige Sache innerhalb der Musikszene. Ohne all schwierig, diesen Song aus einer ehrlichen Perspek- nis über uns, sondern eher ein allgemeines Problem, die hart arbeitenden Leute, die ihre gesamte Zeit tive zu schreiben, aber wahrscheinlich ist es nie ganz das es schon immer gab und womit nicht nur wir mit und Mühe in das Organisieren von Shows stecken, leicht, seine dunkelsten Geheimnisse preiszugeben. unseren kurzen Haaren zu kämpfen haben. Glückli- gäbe es viel weniger Konzertmöglichkeiten für neue Ich finde jedenfalls, dass Drews Artwork die wesent- cherweise durfte ich auch das Gegenteil kennen ler- Bands. Leute, die der Meinung sind, es gelte das lichen Inhalte der Texte auf perfekte Art und Weise nen – Leute, denen der Begriff „Image“ fremd ist und Motto „DIY or die“ sind trotzdem naiv und engstirnig. illustriert. die das Wort „Freiheit“ richtig verstehen. Fredrik Olsson, MISCONDUCT Pete FROM PLAN TO PROGRESS Thomas Renz

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06-15Fuze23.indd 14 11.07.10 19:59 06-15Fuze23.indd 15 11.07.10 19:59 BOYGROUP MIT MOSHPIT UND STAGEDIVES. Keine Woche ist vergangen, seit Sänger Winston McCall den letzten Take für das neue PARKWAY DRIVE-Album „Deep Blue“ aufgenommen hat. Doch anstatt einfach in Los Angeles zu bleiben und endlich mal wie- der ausgiebig zu surfen, ist der Australier in Deutschland auf Tour. McCall weiß, was seine Fans von ihm verlangen: ein hartes Album und vor allem viele, viele Live-Shows.

Trotz Release- und Tourstress ist Winston McCall klappen würde, hatten wir wirklich Angst.“ Diese eingeht. Bei erinnerte man sich ziemlich entspannt. Die Aufnahmen gingen der Angst rührte vor allem daher, dass Adam D. für angesichts der brenzligen Lage an einen alten Band locker von der Hand. Selbstverständlich einen messerscharf durcharrangierten, klinisch Bekannten. Barresi hatte mit PENNYWISE und war das nicht, denn PARKWAY DRIVE haben für rein produzierten Sound bekannt ist. Ein Sound, schon für zwei Label-Kollegen „Deep Blue“ erstmals nicht mit ihrem Hauspro- mit dem PARKWAY DRIVE berühmt geworden von PARKWAY DRIVE gearbeitet und sich bereits duzenten Adam Dutkiewicz, den Gitarristen von sind. in den neunziger Jahren einen Namen gemacht, , den alle nur Adam D. nen- als er das Debütalbum von OF THE nen, zusammengearbeitet. „Wir wollten wieder Doch dieses Mal ist alles anders. Denn dass die STONE AGE produzierte. „Von Produzenten hat- bei Adam aufnehmen, aber irgendwie konnten Wahl auf Joe Barresi fi el, ist nicht nur erstaunlich, ten wir gar keine Ahnung. Die Situation war wirk- wir keinen passenden Termin fi nden“, erinnert sondern vor allem dem Label der Band zu ver- lich schwierig für uns. Als dann jemand von Epi- sich McCall. „Als klar war, dass es mit ihm nicht danken – das damit zumindest ein kleines Risiko taph andeutete, dass Joe Barresi vielleicht inte-

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16-17Fuze23.indd 16 11.07.10 20:07 hat. Doch statt einen Gang zurückzuschalten, Die Texte auf „Deep Blue“ folgen einem Gesamtkon- wollten PARKWAY DRIVE noch härter werden. zept, das sich Winston McCall ausgedacht hat. „Es geht „Wir dachten uns: Wenn Joe Bands wie QUEENS um einen Mann, der beim Aufwachen feststellt, dass sein OF THE STONE AGE und TOOL heavy klingen las- Leben eine Lüge ist und nichts von dem, was er zu wis- sen scheint, Realität ist.“ Weil PARKWAY DRIVE aber pas- sen kann, wie heavy werden wir dann erst klin- sionierte Surfer sind, gibt der Ozean die passende Ant- gen?“ wort. „Der Mann“, führt der Sänger weiter aus, „versucht, die Wahrheit zu fi nden, und reist dazu auf den Grund Im Gegensatz zu den Aufnahmen mit Adam D. des Meeres.“ PARKWAY DRIVE pfl egen mit „Deep Blue“ lief die gesamte Produktion mit Barresi dann also nicht nur durch das Artwork von Dan Mumford, son- auch ziemlich entspannt ab. Die Band war zum dern auch durch das textliche Konzept ihr SURFER-KLI- ersten Mal in alle Teile des Aufnahmeprozes- SCHEE. Das Image der Sonnyboys haben die fünf Aus- ses involviert „und nicht nur darauf angewiesen, tralier dabei sicherlich nicht zu Unrecht. Auf ihrer aller- dass ein Typ sich gut mit Pro Tools auskennt“. ersten Tour war der Van nicht nur mit diversen Gitarren und einem Schlagzeug vollgepackt – sondern auch mit Anstatt wie früher jeden Song im Studio in ein- Surfbrettern. zelne Teile zu zerschnipseln und diese dann von Adam D. neu zusammensetzen zu lassen, wurden nun vom Produzenten lediglich vier Takte geän- Doch all das, all die Erwartungen an die neuen dert. „So etwas wäre mit Adam gar nicht möglich Songs, die vielen Vorbands, sogar der große gewesen. ‚Deep Blue‘ ist defi nitiv das ehrlichste Hype um die Band ist binnen Sekunden verges- Album, das wir je gemacht haben. Es ist zu ein- sen, als die Australier auf die Bühne kommen. Die hundert Prozent von uns.“ Die gesamte Platte Zuschauer fl ippen regelrecht aus. Das erinnert wurde analog aufgenommen und gemischt, wor- bisweilen weniger an eine Hardcore-Show, son- auf McCall sichtlich stolz ist. „Bei den früheren dern mehr an den Auftritt einer Boygroup. Eine Produktionen klangen wir nicht mehr wie eine Boygroup mit Moshpit und Stagedives. McCall Band. Das Schlagzeug hörte sich wie ein Drum- und seine Band scheint das nicht zu irritieren. computer an, der Gesang war überladen mit Sie sind es mittlerweile gewohnt, große Hallen Effekten, und die Gitarren waren so perfekt edi- auszuverkaufen. Trotz professionell durchge- tiert, dass es für einen Menschen schon gar nicht zogener Show wirken PARKWAY DRIVE zu jedem mehr möglich wäre, sie so zu spielen.“ Zeitpunkt sympathisch. Die gesamte Crew und alle Vorbands stehen während des Konzerts am Obwohl PARKWAY DRIVE so stark in den Aufnah- Bühnenrand, als könnten sie kaum fassen, was meprozess involviert waren wie niemals zuvor, dort passiert. Und tatsächlich ist das Erlebte legten sie den Mix des Albums dann allein in Bar- unglaublich. Jeder auf der Bühne, der nicht zur resis Hände. „Wir haben auf Tour zwar immer Band gehört, hilft mit, die zahlreichen Stagedi- drei verschiedene Kopfhörer-Sets und einige ver geregelt von der Bühne zu bekommen. Zum Laptops dabei, aber im Studio klingt eben doch Ende der Show wird dies fast unmöglich. Teil- alles anders.“ Zwar wurden immer wieder neue weise streiten sich zehn Fans darum, von der Versionen der Songs per Internet von Los Ange- Mitte der Bühne springen zu dürfen. les nach Deutschland geschickt, das letzte Wort hatte jedoch stets Barresi. „Joe macht seinen Job „Es ist schön, dass sich die Leute immer noch schon so lang, dass er weiß, wie Musik klingen über fünf Jahre alte Songs freuen“, so Winston muss. Wir vertrauen ihm total.“ Im Endeffekt ist McCall. „Ich würde aber gerne bald mehr Material McCall hochzufrieden mit dem Ergebnis. „Joe hat vom neuen Album spielen.“ Dass das so einfach es genau so gemacht, wie er es wollte. Aber es nicht geht, wird klar, als PARKWAY DRIVE zumin- klingt genau so, wie wir es uns gewünscht haben. dest ein neues Lied während der Show in Ham- Schließlich ist ‚Deep Blue‘ unsere mit Abstand burg spielen. Das Publikum weiß schlicht nichts härteste Platte.“ Viel Zeit, sich zu freuen, hat der damit anzufangen. Wo sonst jedem Breakdown Frontmann jedoch nicht. Kurz nachdem er diesen entgegengefi ebert und jede Textzeile mitgesun- Satz gesagt hat, muss er auf die Bühne der aus- gen wird, ist es jetzt ruhig. Die Fans sind ratlos, verkauften Hamburger Markthalle. versuchen aber, sich nichts anmerken zu lassen.

Und da, auf der großen Bühne des großen Aber warum überhaupt eine Tour, bevor das neue Saals, steht er dann – nur eine Woche nach Auf- Album herauskommt? „Die Platte ist eigentlich nahme des letzten Takes. Bejubelt wird er von gar nicht so wichtig für die Touren. Es war ein- 1200 – man muss es so sagen – Fans. Jede(r) fach günstiger für uns, nach den Aufnahmen Zweite trägt ein T-Shirt seiner Band, manche direkt nach Europa zu kommen, als noch einmal zwei. Allein die Merchandising-Einnahmen an zur Südhalbkugel zu fl iegen.“ Richtig vorgestellt diesem Abend könnten wahrscheinlich die Pro- wird „Deep Blue“ dann erstmals bei der Warped Foto: Boris Kramaric duktionskosten des neuen Albums decken. Die Tour in den USA. Zurück nach Deutschland kom- ressiert sein könnte, dachten wir uns ‚Warum Show ist schon vor dem ersten Ton ein Spekta- men PARKWAY DRIVE im Oktober, im Rahmen eigentlich nicht?‘ und haben ihn engagiert.“ kel, das man so im Hardcore nur selten zu sehen der Never Say Die! Tour. Bis dahin haben sicher bekommt. Unmittelbar bevor PARKWAY DRIVE auch die europäischen Fans wieder alle Sing- Dass Barresi bis dahin noch nie eine Hardcore- die Bühne betreten, wird die Stimmung zusätz- Alongs und Breakdowns auswendig gelernt. Band produziert hatte, sprach eher für als gegen lich von Charlie Alvarez, einem der Gitarristen Denn so viel hat sich trotz der neuen Aufnahme- ihn. „Die meisten Bands, die unsere Art von von THE WARRIORS, angeheizt. Der nur mittel- bedingungen bei den fünf Australiern gar nicht Musik spielen, haben denselben Sound“, beklagt mäßig schön anzusehende Mann kündigt den geändert. Sie wissen noch immer, was ihre Fans McCall. Er und seine vier Mitstreiter wollten dies- Headliner mit einer ganz besonderen Perfor- von ihnen verlangen – und liefern es ihnen par mal anders klingen, auch weil sie selbst nicht mance an: Er steht während der Ansage nackt excellence. So wie sich das für die wohl momen- ganz unschuldig daran sind, dass sich der hoch- – und sichtlich betrunken – auf der Bühne. Die tan größte Band im Hardcore-Business gehört. produzierte, sterile Einheitssound durchgesetzt Menge johlt. Carl Jakob Haupt

PARKWAY DRIVE-Sänger Winston McCall hat in seiner australischen Heimatstadt Byron Bay eine neue Band gegrün- PARKWAY DRIVE det. Einen Namen haben er und seine Freunde noch nicht gefunden, dafür aber schon ein ziemlich klares Konzept und Deep Blue erste Songs. „Wir spielen BLUES-HARDCORE. Alle Lieder sind in der Blues-Skala geschrieben.“ Auch auf seinem iPod Epitaph/Indigo hat McCall einige Blues-Songs. „Es reicht mir, wenn ich mit harten Bands die Bühne teile, da muss ich nicht auch noch parkwaydriverock.com im Tourbus harte Musik hören.“

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16-17Fuze23.indd 17 11.07.10 20:07 Foto: Ricky Adams REFUSED RATHER BE DEAD. Als sich REFUSED 1991 in Umeå gründeten, sollte keiner ahnen, welchen Ausnahmestatus die Band einmal errei- chen würde. Die Schweden veröffentlichten ein paar Demos, ein paar EPs und zwei Alben – bis sie mit „The Shape Of Punk To Come“ nicht nur die Hardcore-Welt schockten, sondern sich auch selbst zu Grunde richteten.

Als ich Kristofer Steen über zehn Jahre nach Ja, wir haben regelmäßig Kontakt. Doch es sind Das heißt, es würde sich einfach nicht rich- all diesen Ereignissen ans Telefon bekomme, zwölf Jahre seit all dem vergangen. Das ist eine tig anfühlen? scheint er vom Punkrock-Leben weit entfernt lange Zeit, in der sich viel verändert. Natürlich ist Ja. Es wäre etwas völlig anderes. Eine neue Band. zu sein: Der ehemalige Bassist und Gitarrist der es nicht mehr so wie früher, als wir jeden Tag mit- Es würde dem Kapitel REFUSED nichts Positives Hardcore-Legende macht gerade die Wäsche. einander verbracht haben. hinzufügen. Und wie sieht es mit Dennis aus? Ihr hattet ja Abgesehen davon, seid ihr schon verdammt Zunächst einmal: Wie geht es dir? Und wie gerade gegen Ende von REFUSED einige Pro- alt ... ist dein Leben dieser Tage – abseits vom bleme. Haha, nicht ganz. Wir sind noch nicht antik. Aber Wäschewaschen? Ich verstehe mich gut mit Dennis. Wir haben vielleicht wären wir auf der Bühne etwas weniger Mir geht es gut. Das Leben ist schön, aber schwer damals einfach einen völlig anderen Weg ein- energiegeladen als früher. zu beschreiben mit ein paar Worten. geschlagen. Das führte zu all diesen Spannun- Ich rufe an, um mit dir über REFUSED und gen. Ich meine ... Wir konnten unsere Visagen „The Shape Of Punk To Come“ hieß nicht „The Shape Of Punk To Come“ zu sprechen. damals einfach nicht mehr sehen. Wir haben umsonst so. REFUSED brachten auf diesem Vor ein paar Jahren meintet ihr: „Wir wer- uns gehasst! Es ist immer schwer, Beziehungen Album Gegensätze zusammen, wie man sie im den nie etwas glorifizieren oder abfeiern, zu beenden. Egal, ob es um eine Freundin oder Punk- und Hardcore-Bereich nie zuvor gehört das schon längst zurückliegt.“ Wie stehst du jemanden aus der Familie geht. Es schmerzt. Mit hatte. Plötzlich schien alles erlaubt zu sein. Hier heute zu dieser Aussage und ganz allgemein Dennis war das nicht anders. Mittlerweile ist aber etwas Jazz, da etwas Techno und ganz viel pro- zur Wiederveröffentlichung des Albums? schon längst wieder alles im Reinen. gressives Denken obendrauf. Im Kern blieb „The Diese Aussage wurde nicht wirklich aus einem Aber du hast dich mit den anderen nie über Shape Of Punk To Come“ aber eine Hardcore- kollektiven Standpunkt heraus getätigt. Als sich eine Reunion unterhalten? Platte, die von ihrer Energie und Leidenschaft REFUSED auflöste, war die Atmosphäre inner- Irgendwie schwirrte das Thema immer rum. Doch lebt. halb der Band wirklich schlecht. Dieses State- wir haben nie ernsthaft darüber diskutiert. Schon ment kam von Dennis [Lyxzén, Gesang]. Ich habe der Gedanke daran ist seltsam. Unser Abgang Wann hast du dir das letzte Mal „The Shape es gelesen. Und es ärgerte mich. Ich dachte mir machte uns sozusagen populär. Er war wie ein Of Punk To Come“ angehört? nur: „Was zur Hölle ...?“ Anhand dieser Aussage Mythos. Wenn wir jetzt wieder auf die Bühne Das ist gar nicht so lange her. Zwar nicht in voller scheint der Re-Release wie ein Widerspruch zu gehen würden, könnten wir nur ein Abziehbild Länge, sondern nur vier oder fünf Songs, aber ... wirken. Was passt, denn REFUSED war immer von damals sein. Ich denke nicht, dass irgend- Weißt du, du liest immer wieder diese verrückten eine Band voller Widersprüche. jemand eine Freude daran hätte. Wir nicht und Reviews, in denen „Shape“ in den Himmel gelobt Bist du immer noch in Kontakt mit den ande- die Leute erst recht nicht. Nur meine Brieftasche wird, und denkst dir nur: „Die Platte muss ja rich- ren Mitgliedern der Band? würde sich darüber freuen. tig gut sein.“

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18-19Fuze23.indd 18 11.07.10 20:08 Kristofer Steen war vor seiner Zeit bei REFUSED schon in Und? Was hältst du heute von ihr? siere mich weiterhin für diese Musik. Die aktuelle anderen schwedischen Punk-Bands aktiv. Die bekann- Sie spricht mich immer noch an. Sie berührt mich. Hardcore-Szene in Schweden ist anders. Ziem- teste davon hört auf den Namen ABHINANDA. Nach Zwölf Jahre später und mit etwas Distanz ist es lich old-school ... also eher new-school. So wie dem Ende von REFUSED widmete er sich seinem expe- leichter, sie zu genießen. Man hat einen objek- SNAPCASE damals. rimentellen Projekt TEXT. Steen hat aber auch CINEAS- tiveren Blickwinkel. Es fühlt sich beinahe so an, Würdest du sagen, dass Musik immer noch TISCHES TALENT. So entstand die Doku „Refused Are als ob das Album von einer anderen Band stam- denselben Stellenwert in deinem Leben hat Fucking Dead“, die auch der Neuaufl age von „The Shape Of Punk To Come“ beiliegt, komplett unter seiner Regie. men würde. Ich mag die meisten Songs, auch wie vor, sagen wir, zehn Jahren? wenn es einige Parts gibt, bei denen ich schmun- Es ist anders. Ich habe eine Weile selbst keine zeln muss. Musik mehr gemacht. Da bekommt man schnell keinen verdammten Sinn mehr hat. Wir kamen Ach ja? Welche denn? eine andere Beziehung zu der ganzen Sache. Ich dennoch zu dem Entschluss, dass es nicht mehr Nein, nein. Generell mag ich die Platte. Einige bin weiterhin ein unersättlicher Hörer. Musik ist klappte. Songs sind halt aus irgendwelchen Überresten extrem wichtig in meinem Leben. Da hat sich also Hast du dir nie gedacht: „Verdammt, wir entstanden. Ich will nicht näher darauf einge- wenig geändert. konnten niemals ernten, was wir gesät hen, sonst zerstöre ich die Erfahrung vieler Men- Planst du in nächster Zeit irgendwelche haben?“ schen, haha. neuen Projekte? Oder vielleicht etwas Neues Nein, solche Gefühle hatte ich nie. Es war das Manchmal glaube ich, eure Vision von pro- mit deiner alten Band TEXT? Beste, was passieren konnte. Es war wie eine gressivem Hardcore wurde falsch verstan- Es wird wohl etwas kommen. Nicht mit TEXT, Befreiung. Die Aufl ösung kam defi nitiv zum rich- den. Ich meine, schau dir all diese Bands an, sondern mit einer neuen Band. Aber es ist noch tigen Zeitpunkt. Es wäre schrecklich gewesen, die in den letzten Jahren tausend Stile mit- zu früh, um darüber zu sprechen. wenn wir auseinander gebrochen wären, nach- einander vermischt haben und am Ende wie Ich sehe schon: Ich bekomme da wohl nicht dem wir Popstatus erlangt hätten. Es war schon Scheiße klangen. Glaubst du, „The Shape Of mehr aus dir heraus, oder? seltsam ... Wir veröffentlichten die Platte, als Punk To Come“ hatte einen Einfl uss auf diese Wie gesagt: Es ist wirklich noch zu früh. Aber wir als Band eigentlich schon im Sterben lagen. Entwicklung? so wie es aussieht, wird wohl Dave [Sandström, Die ganze Phase um „The Shape Of Punk To Es fällt mir schwer, mich irgendwie schuldig an der Schlagzeuger von REFUSED] darin involviert Come“ war eigentlich eine einzige Katastrophe. dieser Entwicklung zu fühlen, haha. Ernsthaft: Ich sein. Wir haben das akzeptiert, auch wenn wir zu der weiß nicht, woher all diese Bands ihren Sound Noch einmal zurück zu „The Shape Of Punk Platte damals ein unheimlich inniges Verhältnis haben. Ich sehe gestylte Haare, Make-up und To Come“. Dennis meinte, das Album spiele hatten. In gewisser Weise symbolisierte sie das all diesen Scheiß ... Dafür fühle ich mich wirklich für ihn keine herausragende Rolle. Es sei nur Fiasko, das sich damals um unsere Band zuge- nicht verantwortlich. Auch wenn es abgedro- eines von vielen Alben, die er in seinem Leben tragen hat. schen klingt, aber diese Bands sollten wirklich aufgenommen habe. Wie siehst du die Sache? Glaubst du, die Wiederveröffentlichung wird ihr eigenes Ding machen. Kann schon sein, dass Natürlich ist „Shape“ das Sahnehäubchen mei- „The Shape Of Punk To Come“ neue Hörer wir einen Einfl uss auf diese Entwicklung hatten. ner persönlichen musikalischen Laufbahn. Es ist bescheren? Aber wir sind nicht stolz darauf und wollen damit die beste Platte, an der ich jemals mitgearbeitet Es sieht so aus. Gute Alben bekommen neue auch gar nicht in Verbindung gebracht werden. habe. Diese Aussage ist typisch für Dennis. Hörer. Und der Re-Release wird seinen Teil dazu „Shape“ klingt beim ersten Hören vielseitiger, als Vielleicht zeigt das einfach nur, wie unter- beitragen. die Platte eigentlich ist. Sie sollte nicht irgend- schiedlich ihr eigentlich seid. Denkst du, dass die herausragende Rolle, die wie „radikal“ werden. Wir wollten einfach nur Ja, manche Dinge ändern sich wohl nie. „The Shape Of Punk To Come“ damals hatte, gute Songs schreiben. Und gute Songs entste- heute noch gegeben ist? Vielleicht denken hen meist aus einem bestimmten Gefühl heraus. Es sollte das letzte Konzert sein. Ein typischer sich ja viele: „Oh, eine weitere Platte, auf der Das ganze Album entstand so. Punk-Gig, in einem viel zu kleinen Keller, mit die unmöglichsten Stile miteinander kombi- Also sollte „The Shape Of Punk To Come“ nie- viel zu vielen Leuten darin. REFUSED wussten niert werden ...“ mals so etwas wie ein Statement zur stagnie- selbst nicht, was sie an diesem Abend erwarten Das könnte natürlich sein. Bei den ganzen Emo- renden Punk/Hardcore-Szene sein? würde. Es herrschte eine Leere in den Köpfen. Als und Crabcore-Bands. Wer weiß das schon so Nein. Es war ein persönliches Ding. Zuvor hat- sie dann endlich anfi ngen und gerade mal zwei genau? ten wir nie viel Zeit, um ein Album aufzuneh- Songs gespielt hatten, sollte „Rather be dead“ men. Vielleicht einen Monat. Plötzlich hatten wir folgen. Bezeichnend. Die Polizei stürmte die Ähnlich wie das letzte Konzert von REFUSED soll drei Monate, was uns mehr Zeit zum Experimen- Bude und stellte der Band den Saft ab. auch dieses Interview kein normales Ende neh- tieren gab. Es war lächerlich. Wir haben wirklich men – die Verbindung reißt ab. Auch wenn es sie hart an der Platte gearbeitet. Anhand des Titels Die Aufl ösung und auch die letzte Show von nicht mehr gibt, so scheint diese Band also noch könnte man zwar darauf kommen, dass sie eine REFUSED waren defi nitiv „punk as fuck“. Bist immer magisch zu sein. Art „Statement“ war, doch wir haben „Shape“ in du zufrieden damit, wie es endete? Alessandro Weiroster erster Linie für uns selbst gemacht. All das gehört zum Kult, der sich später um Fühlst du dich noch mit Punkrock verbunden? REFUSED entwickelte. Ich denke, es war perfekt. REFUSED Ich halte mich, so gut es geht, auf dem Laufen- Wir sind mit Sicherheit zu lange zusammenge- The Shape Of Punk To Come den. Natürlich nicht bis ins letzte Detail, aber blieben. Gerade Dennis ist ein Typ, der einfach (Epitaph/Indigo) ich habe einen guten Überblick und interes- immer und immer weitermacht, selbst wenn es offi cialrefused.com

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18-19Fuze23.indd 19 11.07.10 20:08 müsse. Das jagt mir schon ein bisschen Angst ein. Als ich damals in die Hardcore-Szene kam, hatte ich das Gefühl, dass es dort vor progres- siven Ideen nur so wimmelte – und dann spie- len wir unsere erste große Tour mit christlichen Bands und ich rede auf der Bühne darüber, keine Tiere zu töten und zu essen, und die Kids halten uns für extrem. Es wäre ihnen lieber gewesen, wir hätten über Gott gesprochen. Ihr seid echt lang- weiliger als eure verdammten Eltern, haha. Gibt es Leute, die euch aufgrund eures Band- Namens für eine christliche Band halten? Natürlich. Ein Typ sagte mir sogar mal: „Mir ist egal, an was ihr glaubt oder was ihr sagt. Ihr seid eine christliche Band, weil ich weiß, dass es bei allem, was ihr tut, um Gott geht.“ Für den waren alle Bands christlich, haha. Aber eigentlich war dieses Religionsding nie wirklich ein Thema – bis es Mode wurde, in einer christlichen Band zu sein. Denn das ist die traurige Wahrheit: Es ist eine Mode, die sich gut vermarkten und mit der sich Geld verdienen lässt. Ich habe eine Menge Lügner getroffen. Musiker, die ihren Glauben nicht wertschätzen, ihn aber an Kids verkaufen, die leicht zu beeinflussen sind. Die vor dem fet- ten Breakdown beten, weil sie wissen, dass das Publikum dann noch mehr abgeht und noch mehr CDs kauft. Es ist widerlich – und hat dazu geführt, dass ich mich noch weiter von der Kirche ent- fernt habe. Ohne zu persönlich zu werden: Ich bin eher ... irgendwie seltsam. Mein Ding ist Zen- Buddhismus und so Zeug. Ich habe Mitgefühl mit einem Siebzehnjährigen, der zum ersten Mal bei einer Hardcore-Show ist, weil es keinen ande- ren Ort gibt, wo er hingehen kann, und auf einmal wird dort gebetet und es wird ihm eine Religion aufgedrängt. So jemand sagt sich doch: „Gott- verdammt, diese Scheiße habe ich zu Hause und in der Kirche, da spiele ich lieber Football.“ Unterhältst du dich mit anderen Bands über dieses Thema? Jeder tut das. Im amerikanischen Hardcore ist das gerade der Gesprächsstoff Nummer eins. Jeder hat etwas dazu zu sagen. Obwohl es in letzter Zeit so scheint, als würde sich der Hype etwas abkühlen. THIS OR THE Auch auf eurem neuen Album ist das Thema präsent. Über die Bedeutung des ersten Songs der Platte hast du zum Beispiel Folgen- des gesagt: „Es ist widerlich, dass Religion APOCALYPSE Menschen das Gefühl gibt, dazu ermächtigt Foto: Brandon Hambright (brandonhambright.com) zu sein, andere Lebensformen verantwor- APOCALYPSE LATER. Eine Band, die sich THIS OR THE APOCALYPSE nennt und tungslos zu zerstören und zu konsumieren, laut MySpace mit befreundet ist? Dabei muss es sich doch um Chris- weil sie glauben, dass nur auf sie selbst ein ten handeln. Oder etwa doch nicht? Sänger Rick Armellino kennt die Antwort – und beginnt Leben nach dem Tod wartet.“ Gehe ich recht das Interview mit einer (nicht ganz ernst gemeinten) Warnung: „Manche haben die Gesprä- in der Annahme, dass du Vegetarier bist? che genossen, die sie mit mir zu diesem Thema geführt haben, andere haben es bereut, jemals Ja. Ich bin allerdings irgendwie ein Heuchler, davon angefangen zu haben.“ Dann mal los. weil ich ab und zu Fisch esse. In Amerika genie- ßen wir eine Menge Privilegien. Es ist nicht so, Ich habe im Internet folgendes Zitat von dir zu ehren. Außerdem musst du mit gutem Beispiel dass wir unser Essen selbst erlegen müssen. Wir gefunden: „Wir sind keine christliche Band. vorangehen und deinen Fans ein Vorbild sein. haben Fabriken, die jeden Tag Millionen Leben Nur ein paar religiöse Typen in einer Band.“ Und das tun wir nicht unbedingt. Zumindest ich auslöschen. Oft denke ich mir: Wie weit wer- Kannst du das etwas näher erläutern? nicht, haha. Eine christliche Band zu sein, bedeu- den die Leute gehen, um diese Annehmlichkei- Ich denke, jeder in der Band beschäftigt sich mit tet aber auch, eine Menge Platten zu verkaufen. ten beizubehalten? Und manchmal bringen sie spirituellen Dingen und ist auf der Suche nach Vermeidest du es denn bewusst, deinen Glau- dann Religion ins Spiel: „Weißt du, Gott hat die etwas. Aber ich weiß nicht, ob man unbedingt ben zum Inhalt eines Songs zu machen? Tiere erschaffen, damit wir sie essen können.“ jeden als Christ bezeichnen kann. Nicht wirklich. Es gibt schon ein paar Textzei- Ich glaube, wenn jemand mit solchen Argumen- Was ist deiner Meinung nach der Unterschied len, die auf meinen Kampf mit dem Konzept ten kommt, versucht er vor allem, sich selbst zu zwischen einer christlichen Band und einer des Glaubens zurückzuführen sind. Es geht aber beruhigen. Doch es geht nicht nur um Vegeta- Band mit christlichen Mitgliedern? Gibt es nicht darum, Gott zu ehren. Es sind persönliche rismus. Manche Leute benutzen ihren Glauben, überhaupt einen? Songs über Dinge, die ich ansprechen wollte. Ich um alles zu rechtfertigen. Homosexualität ist in Ich denke schon. Ich habe zwar mit Leuten bin sehr unsicher und mag es nicht, in Absolu- den USA gerade ein großes Thema. Homose- gesprochen, die anderer Meinung sind, aber tismen zu sprechen. Auf der anderen Seite gibt xuelle gehören zu den Menschen, die am meis- wenn du behauptest, eine christliche Band zu es Siebzehnjährige, die auf die Bühne gehen ten unterdrückt werden. Und dann gibt es Leute, sein, muss es in deinen Songs darum gehen, Gott und verkünden, dass jeder ihrem Beispiel folgen die es irgendwie geschafft haben, ein paar Zeilen

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20-21Fuze23.indd 20 11.07.10 20:08 „Vor vier oder fünf Jahren habe ich meinem Dad dabei aus der Bibel dazu zu benutzen, um ihren Hass raten? Im Ernst. Es stiehlt ihnen zwanzig Minu- zugesehen, wie er ein Stück Fleisch auf den Grill gelegt auf diese Gruppe salonfähig zu machen. Gegen ten ihres Tages und verändert sie nicht wirk- hat, und mir bewusst gemacht, dass das von einem die Homo-Ehe zu sein, ist schrecklich. lich. Es sei denn, man wird schwanger. Aber dann Wesen mit einem schlagenden Herzen stammt, wie ich Die meisten christlichen Hardcore-Bands, klärt die Kids eben auf und bringt ihnen bei, wie eines habe. Am nächsten Tag habe ich beschlossen, es als VEGETARIER zu versuchen. Es fi el mir überhaupt mit denen ich bisher gesprochen habe, ver- man das vermeidet. Ich würde gerne mehr Bands nicht schwer, und so bin ich dabei geblieben. Außerdem treten allerdings genau solche reaktionären sehen, die auf die Bühne kommen und über die fühlte ich mich viel gesünder und nahm ein paar Pfund ab. Ansichten. Wieso gibt es so wenige, die sich schreckliche Scheiße reden, die gerade auf Das Mädchen, mit dem ich damals ausging, fand jeden- hinstellen und sagen: „Ja, wir sind Christen, der Welt abgeht. In diesem Moment wird unser falls, dass ich ziemlich gut aussah.“ Trotz dieser guten aber wir sind trotzdem für die Homo-Ehe.“? Ozean zerstört. Aber ich habe keine Band gese- Erfahrungen will Sänger Rick Armellino niemanden zum Ich glaube, sie wollen einfach keinen Ärger hen, die darüber geredet hätte. Ich werde kei- Vegetarismus bekehren: „Ich weiß, wie sehr die Leute so haben. Und das nervt mich. Es gibt inzwischen nen Namen nennen, aber es gibt eine Band, die etwas nervt. Niemand wird sich aufgrund einer Diskus- so viele Regeln. Es gibt den richtigen Weg, einen Kids verurteilt, die sich sonntags einen runter- sion ändern. Die einzige Möglichkeit, etwas zu bewirken, besteht darin, mit den Entscheidungen, die man getrof- Moshpart zu schreiben – und einen falschen. holen. Was? Das macht euch Sorgen? Kids, die fen hat, ein gutes Leben zu führen.“ Es gibt den richtigen Weg, mit dem Publikum sich einen runterholen? Euch ist egal, dass unser zu sprechen – und einen falschen. Doch das ist Ozean zerstört wird? Es ist verrückt. Hardcore. Die Leute sollten sagen, was immer Mit Umweltschutz haben es vor allem evan- einem bedeutenden Teil deines Lebens, wenn du sie wollen. Wir bewegen uns immer weiter weg gelikale Christen eben nicht besonders. Die ihr aufrichtig folgst. Und würdest du dich mit Din- von den fortschrittlichen Bands vergangener wenigsten von ihnen glauben zum Beispiel, gen beschäftigen, die das Wichtigste in deinem Jahre. Ich bin mit HIS HERO IS GONE, SNAPCASE dass es die Erderwärmung tatsächlich gibt, Leben wie einen Irrtum aussehen lassen? und aufgewach- geschweige denn, dass sie vom Menschen Es soll sogar Christen geben, die die globale sen, mit Bands, bei denen ich das Gefühl hatte, verursacht wurde ... Erwärmung gut fi nden, weil das für sie ein dass es ihnen egal war, was irgendwer von dem Dahinter steht der Gedanke, dass Wissenschaft Zeichen der bevorstehenden Apokalypse ist hielt, was sie zu sagen hatten. Bands, die etwas etwas Schlechtes sei. Über die globale Erwär- ... und sie es kaum noch erwarten können. Keine verändern wollten. Davon sehe ich nicht mehr mung steht nichts in der Bibel, also interessiert Ahnung, Mann. Ich glaube nicht, dass die Welt viel. Es ist engstirnig und gefährlich, dass nie- es diese Leute nicht. Wie kann man sich bei so im Jahr 2012 untergehen wird. Nichtsdestotrotz mand mehr für Dinge einsteht, die wichtig sind. etwas auf ein Buch stützen, dass vor tausend denke ich, dass die Menschheit dumm genug ist, Manche christlichen Bands gehen auf die Bühne Jahren geschrieben und an dem ständig her- ihren eigenen Untergang zu verursachen. und sorgen sich um die unbedeutendsten Dinge. umgedoktort wurde? Wissenschaft und Reli- Thomas Renz Sie wollen, dass die Kids nicht fi cken, bevor sie gion sind eben zwei verschiedene Denkschulen. heiraten oder Ähnliches. So kontrolliert man Dabei können wissenschaftliche Erkenntnisse THIS OR THE APOCALYPSE Menschen. Man sorgt dafür, dass sie sich über bestimmte Aspekte des Christentums erklä- Haunt What’s Left irgendeinen Scheißdreck Gedanken machen. ren. Doch allein dieser Gedanke bringt man- (Lifeforce/Soulfood) Wen interessiert es, ob Kids fi cken, bevor sie hei- che Leute auf die Palme. Religion wird eben zu myspace.com/thisortheapocalypse

Das neue Studioalbum COLLISIONS AND CASTAWAYS

23.07.2010 Als CD und Download

www.roadrunnerrecords.de

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20-21Fuze23.indd 21 11.07.10 20:08 Foto: Rolf Fassbind (rabbitriot.net) LIFE OF AGONY DER FLUSS DER ZEIT. Zwanzig Jahre können eine verdammt lange Zeit, eine verdammt prägende Zeit sein. Vor allem, wenn man in einer so emotionalen und komplizierten Band wie LIFE OF AGONY spielt. Mit der Live-CD und -DVD „20 Years Strong – River Runs Red: Live In Brussels“ feiern die New Yorker sich und natürlich ihre Erfolgsplatte „River Runs Red“ – ihr Meisterwerk, ihre Daseinsberechtigung, ihr Ticket für permanentes Touren und Headliner-Slots bei Festivals mittlerer Größe. Wo wären LIFE OF AGONY ohne dieses Konzeptalbum? Bestimmt nicht in der Position, in der sie sich heute befi nden. Vermutlich wären sie schon längst vergessen. Und ganz bestimmt wären sie nicht der Pate eines emotionalen Crossover-Sounds, der auch heute noch funktioniert und von vielen jungen Bands zelebriert wird. Ein ganz und gar unvoll- ständiger Blick auf das Phänomen LIFE OF AGONY mit Bassist Alan Robert.

Natürlich hätte es sich Alan Robert nie im Leben unfassbares Kompliment. Wir haben nie eine essen. Aber wenn wir zusammenkommen, dann träumen lassen, dass er zwanzig Jahre, nach- Gold- oder Platin-Platte bekommen. Trotzdem funktioniert es trotzdem. Da ist diese spezi- dem er im Sommer 1989 zusammen mit Joey Z. wird unsere Fan-Basis von Jahr zu Jahr größer“, elle Magie, diese Chemie, die uns zusammen- und Keith Caputo LIFE OF AGONY gründete, noch zeigt er sich zufrieden. schweißt.“ Interviews über seine Band geben, dass sich noch irgendjemand für sie interessieren würde. Er sei mit LIFE OF AGONY in der glücklichen Lage, Das ist das Geheimnis von LIFE OF AGONY und Inzwischen – nach der Aufl ösung von LIFE OF nicht um jeden Preis Musik machen zu müssen, ihrem speziellen Sound. Keith Caputos leicht AGONY 1999 und der Reunion vier Jahre später so der Bassist. Jeder in der Band sei entspann- knödeliger Gesang, seine melancholische Into- – hat sich viel verändert für den 39-Jährigen. Er ter als in den Anfangstagen, da mittlerweile jeder nation, die Hardcore-Riffs – all diese Parame- hat eine eigene Familie, sein Fokus hat sich ver- sein eigenes Leben aufgebaut habe, seine eige- ter haben die Musik von LIFE OF AGONY zu einem schoben. „Ich glaube, ich kann stolz sein auf das, nen Projekte und Ziele verfolge, seine eigene unverkennbaren Markenzeichen gemacht. was wir mit LIFE OF AGONY erreicht haben. Men- Familie gegründet habe. Heute trifft man sich, Beeinfl usst von PINK FLOYD, Roger Waters, schen erzählen mir immer wieder, dass sie ohne wenn es die Zeit zulässt, geht gemeinsam auf Sinéad O’Connor, und SOCIAL DIS- unsere Musik nicht überlebt hätten. Das ist ein Tour, spielt ein paar Konzerte und kehrt danach TORTION, entwickelte die Band ihren ureige- wieder in den schützenden Schoß der Familie nen Stil und war damit Wegbereiter für ein gan- „LIFE OF AGONY verbindet natürlich viel mit Pete und zurück. LIFE OF AGONY ist also nicht – zumin- zes Genre. „Ich weiß nicht, ob wir diesen Sound TYPE O NEGATIVE. Schließlich hat ihr Keyboarder Josh dest wenn es nach Robert geht – die Firma, die erfunden haben, ob wir die Paten einer Stilrich- ,River Runs Red‘ produziert. Wir kannten Pete seit wir Kids Gelddruckmaschine, die Überlebensstrategie tung sind, die gleichzeitig heavy und emotional waren. Er war ein großer Einfl uss für die Band – musika- gealterter und ideenloser Musiker, die mangels ist. Viele Bands, die wir unterwegs treffen, erzäh- lisch, aber vor allem auch menschlich. Sein Tod kam kom- alternativer Lebenskonzepte die Band aufrecht- len uns das zwar immer, aber letztendlich gab plett unerwartet. Ich konnte es kaum fassen, als ich sei- erhalten, wie dies bei unzähligen anderen Grup- es schon seit diese Mischung nen Sarg sah. Wenn man seinem Tod noch eine positive pen der Fall ist. „LIFE OF AGONY ist einfach eine aus sanfter Stimme und harter Musik. Trotz- Seite abgewinnen kann, dann vielleicht die, dass alle bei seiner Beerdigung waren. Wir, die Jungs von BIOHAZARD Ansammlung der unterschiedlichsten Charak- dem haben wir unser eigenes Ding gemacht. Als ... Man konnte sehen, dass sich alle gegenseitig unterstüt- tere. Und trotzdem sind wir wie Brüder“, betont wir 1993 ,River Runs Red‘ veröffentlichten, gab zen, dass alle zusammenhalten, egal, was kommt.“ Alan Robert. „Ich bin seit mehr als der Hälfte meines es kaum harte Bands im Radio. Das ist heute Robert über den TOD VON PETER STEELE, dem Sänger Lebens Mitglied in dieser Band. Das ist doch ver- komplett anders. Aber ganz ehrlich: Wenn man von TYPE O NEGATIVE. rückt. Jeder ist anders. Jeder hat andere Inter- unsere Musik genau analysiert und unsere Ein-

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22-23Fuze23.indd 22 11.07.10 20:06 Alan Robert ist nicht nur Bassist bei LIFE OF AGONY und Sänger der Punk-Band SPOILER NYC, sondern auch Erfi n- der und Zeichner der Horror-Comic-Serie „WIRE HANGERS“. Sie erscheint beim amerikanischen Verlag IDW Pub- an die Release-Party von BIOHAZARDs erster lishing, auf dessen Konto auch „Transformers“, „G.I. Joe“ oder „30 Days Of Night“ gehen. In „Wire Hangers“ erzählt Platte erinnern“, erzählt Roberts. „Es lag diese Robert die Geschichte einer Reporterin, die versucht, eine Regierungsverschwörung aufzuklären. Vor seiner Karri- unglaubliche Spannung in der Luft. Wir waren ere bei LIFE OF AGONY zog er sogar eine Karriere als Comiczeichner in Erwägung. Nach dem College besuchte er die alle so stolz auf die Jungs. Endlich hatte es eine School of Visual Arts in und lernte dort bei Walt Simonson, den man unter anderem durch seine Arbeit an Band, die schon seit Jahren in der Szene aktiv der Marvel-Comics-Reihe „The Mighty Thor“ kennt. Auf die Frage, ob er sich eher für Musik oder Comics entscheiden war, geschafft, einen Plattenvertrag zu bekom- würde, wenn er dazu gezwungen wäre, antwortet Robert: „Zum Glück muss ich das nicht. Und eigentlich stellt sich die men. Man spürte einfach, dass die Zeit reif war Frage nicht, da ich beides vereinbaren kann. Wenn wir mit LIFE OF AGONY auf Tour sind, kann ich am besten im Bus für ihre Musik.“ entspannen, wenn ich zeichne.“ Eine Entwicklung, von der auch LIFE OF AGONY fl üsse kennt, dann hört man diese aus den ein- raum. Bei uns hingen immer so viele Leute ab. profi tierten, die der Band aber auch beinahe zelnen Songs heraus.“ Und sobald wir probten, zettelten die einen rie- das Genick gebrochen hätte: „,River Runs Red‘ sigen Moshpit an. Damit hatten einige Vermieter erschien einfach zum richtigen Zeitpunkt am Dies alles war 1989, als Robert LIFE OF AGONY ein echtes Problem. Also mussten wir uns öfter richtigen Ort“, erklärt Alan Robert. „Allerdings gründete, noch nicht zu erkennen. Seine Beweg- mal einen neuen Proberaum suchen“. verspürten wir als Band permanent Druck. Wir gründe, eine Band ins Leben zu rufen, waren mussten kreativ sein, und jeder wollte einen damals denkbar profan. „Wir sind mit der erstar- Und wie immer bei einer Band, die aus Brook- Teil von LIFE OF AGONY abhaben. Alles kos- kenden Thrash-Metal-Szene aufgewachsen. lyn, New York stammt, spielt auch die Herkunft tete unendlich viel. Und jeder wollte mit uns Und natürlich mit Punk. Da war es eine ganz nor- eine entscheidende Rolle. Alan Robert lebte Geld verdienen: die Plattenfi rma, Konzert-Pro- male Entwicklung, dass man irgendwann ver- mit seinen Eltern in direkter Nachbarschaft zu moter, Merchandise-Firmen. Wir hatten einfach sucht hat, ebenfalls Musik zu machen“, erklärt Evan Seinfeld von BIOHAZARD. Die beiden Musi- keine Ahnung von der fi nanziellen Seite. Das hat der Bassist. „Jeder hat sich selbst ein Instrument ker, die Anfang der neunziger Jahre mit ihren uns fertiggemacht.“ Diese Blauäugigkeit in der beigebracht. Niemand hat Unterricht genom- Bands so etwas wie die Speerspitze des moder- Anfangszeit sei wohl der größte Fehler in zwei men. So mussten wir zu Beginn schmerzhaft nen New Yorker Metal bildeten, kannten sich Jahrzehnten LIFE OF AGONY gewesen, resümiert feststellen, dass viele Songs einfach zu komplex schon als Kinder und spielten gemeinsam auf der Robert. Deshalb ist er unfassbar glücklich, dass waren, um sie nachspielen zu können. Aber ein Straße – lange bevor sie die Musik für sich ent- sich seine Band auf dem heutigen Niveau einge- MISFITS-Song, der ging immer. Und so haben wir deckten. In ihrer Jugend verloren sich die bei- pendelt hat. Und wenn es nach ihm ginge, könnte einfach nach und nach unser Spiel verfeinert und den dann aus den Augen, bis der Zufall sie wie- es gerne noch zwanzig Jahre so weitergehen. wurden versierter.“ Wie immer fallen in einem der zusammenführte. Robert hatte sich an der Tobias Kolb solchen Moment die Worte „Spaß haben“ – ein Hand verletzt und musste in einem Krankenhaus Eckpunkt des Hedonismus in der Rockmusik. behandelt werden. In eben dieses lieferte Sein- LIFE OF AGONY Zumindest zu Beginn ihrer Karriere stellte das feld eine Pizza, erkannte Roberts Vater und lud 20 Years Strong – River Runs ... LIFE OF AGONY auch vor so manche Probleme: Alan daraufhin zu einem Konzert seiner neuen (I Scream/Warner) „Wir fl ogen mehr als einmal aus unserem Probe- Band BIOHAZARD ein. „Ich kann mich noch gut lifeofagony.com

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22-23Fuze23.indd 23 11.07.10 20:06 THE EYES OF A TRAITOR ENGLAND FINISHED. Das Wochenende hätte unterschiedlicher nicht laufen können für die beiden Teams von der britischen Insel. Für THE EYES OF A TRAITOR war es wirklich erfolgreich, für die englische Nationalmannschaft eher weniger. Dabei machen die fünf Musiker, die direkt nach dem Abpfi ff des Spiels Deutschland gegen England auf der Mainstage des Ghostfest in Leeds stehen, doch vor, wie wirkungsvolles Teamplay funktioniert – und das trotz einiger überraschender Auswechslungen. Foto: Sean Pattison (fl ickr.com/jazzphotography) Wie schön und unbeschwert so ein Festival- seiner Gattung. Die sich an die Veröffentlichung Freunde müsst ihr sein“. Oder eben fünf. Darauf Sonntagnachmittag doch sein könnte. „Wir anschließende Tour fi el zwar etwas zu kurz aus legen THE EYES OF A TRAITOR explizit Wert: „Wir haben beim Ghostfest viele Freunde getrof- („Wir konnten mit dem letzten Album leider nicht sind wirklich zufrieden mit unserer Besetzung. fen und dazu noch Freibier bekommen“, freut so viel unterwegs sein, wie wir wollten, das hat Wir sind eine Band aus Freunden.“ So viel Har- sich Steve Whitworth, einer der beiden Gitar- wirklich genervt.“), aber das soll beim neuen monie und Liebe würde sich sicher auch die eine risten von THE EYES OF A TRAITOR. Aber ganz Longplayer nicht mehr vorkommen. oder andere vorzeitig aus Südafrika abgereiste so fröhlich läuft es dann doch nicht ab, denn die Nationalelf in ihren Reihen wünschen, aber den globale Fußballepidemie grassiert während der Womit wir auch schon beim eigentlichen Thema viel beschworenen Teamspirit gibt es nun mal WM natürlich auch in Leeds. Und es steht nicht wären, denn bekanntlich ist ja nach dem Spiel nicht auf Bestellung. Den bekommt man laut irgendetwas auf dem Plan. Die Nachmittagsbe- vor dem Spiel. Im Falle von THE EYES OF A Whitworth erst mit einem Bier in der Hand und gegnung lautet England gegen Deutschland, der TRAITOR heißt das: Nach der Platte ist vor der guten Freunden an seiner Seite im Backstage- Klassiker schlechthin. „Football’s coming home“, Platte. „Breathless“ heißt die neue, ist rund wie Bereich eines Festivals zu greifen. Allerdings zei- hieß es in der offi ziellen Hymne der englischen das berühmte Leder, aber keineswegs neun- gen sich auch im schönsten Paradies zwischen- Nationalmannschaft für die EM 1996, und nun zig Minuten lang, sondern nicht mal eine Halb- durch kleine dunkle Wölkchen am Himmel: „Jack trifft der Refrain in vollem Umfang zu: Die „Three zeit. „Wir haben nie irgendwelchen Druck von [Delany, Gesang] hört zur Zeit Kesha, und die ist Lions“ treten nicht mehr länger den Ball, sondern außen gespürt“, erzählt Whitworth. „Rechtzei- verdammt noch mal schrecklich“, erbost sich die Heimreise an. Das Ausscheiden der eigenen tig fertig zu werden, war der einzige Druck, den Steve Whitworth. Elf bei der Weltmeisterschaft in Südafrika kann es gab. Schließlich haben wir uns selbst nur drei der Band aus Hertfordshire aber nicht wirklich Monate Zeit zum Schreiben der Platte gegeben.“ Wenn das alles ist, dann steht einer rosigen die Laune verhageln. Eher das ganze Gegenteil Drei Monate, in denen es galt, an alte Erfolge Zukunft ja nichts im Weg. Die weiteren Pläne scheint der Fall zu sein: „Um ehrlich zu sein, war anzuknüpfen und sie auszubauen, drei Monate, der Band sind jedenfalls globaler denn je: „Die- das Spiel schon beschämend, aber glücklicher- in denen sich Gitarrist Steve Whitworth zusam- ses Mal wollen wir so viel touren wie nur irgend- weise mussten wir erst auf die Bühne, nachdem men mit Drummer Sam Brennan ins ganz pri- wie möglich. Das wird uns sicher die nächsten England fertig war. Ich glaube, das hat uns noch vate Trainingslager zurückzog – nämlich in des- zwei Jahre beschäftigen. Außerdem wollen wir mehr aufgeputscht, haha!“, kommentiert Whit- sen Schlafzimmer –, um in nie da gewesener so schnell es geht rüber nach Amerika und Aus- worth die Auswirkungen des Matches auf die Geschwindigkeit fast fl ießbandartig Songs zu tralien.“ Und das alles übrigens nicht nur für Band und ihre Show beim Ghostfest. schreiben: „Es lief defi nitiv viel besser als beim Ruhm und Geld. Als britische Band gibt es näm- letzten Mal. Wir konnten teilweise einen Song lich noch einen viel wichtigeren Anreiz, auch im Frust als Doping also. Dazu haben THE EYES OF A pro Tag fertig machen.“ Ausland Erfolge zu feiern: „Wir sind aus England, TRAITOR seit der Veröffentlichung ihres Debüt- es wäre also wirklich schön, zur Abwechslung mal albums „A Clear Perception“ im März 2009 aller- Aber nicht nur das Songwriting hat sich seit dem ein wenig gutes Wetter zu genießen.“ Um dieses dings nicht viel Grund, waren sich Presse und Debüt maßgeblich geändert, auch in der Mann- Ziel zu erreichen, scheint es im Moment jeden- Fans doch größtenteils einig, dass es sich hier schaftsaufstellung gab es einen zentralen Wech- falls vielsprechender zu sein, in einer Metalcore- nicht nur um eine von vielen Metalcore-Platten sel. Bassist Paul Waudby verließ wegen der Aus- Band zu spielen als bei den „Three Lions“. handelt, sondern um ein wirklich gutes Exemplar sicht auf einen Fulltime-Job drei Wochen vor den André Jahn Aufnahmen die Band. Hilfe eilte in Gestalt von Ein wenig kratzt die 1:4-Niederlage gegen Deutsch- Busenfreund und Ex-Techniker Jack Moulsdale THE EYES OF A TRAITOR land dann aber doch an der ENGLISCHEN FUSSBALL- herbei: „Er hat sich perfekt in die Band eingefügt. Breathless SEELE, weshalb sich Steve Whitworth den dezenten Sei- Wir sind wirklich glücklich mit ihm.“ Eben ganz im (Listenable/Soulfood) tenhieb auf Deutschlands Schlappe bei der Qualifi kation Sinne von Trainerlegende Sepp Herbergers „Elf myspace.com/theeyesofatraitor zur Weltmeisterschaft 2002 dann doch nicht verkneifen kann: „Remember that time we beat you 5:1 though!“

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24Fuze23.indd 24 11.07.10 20:08 KVELERTAK Foto: Erik Five Gunnerud (erikfi ve.com) BLACK METAL UND HUMOR. Black Metal mit anderen Genres zu kombinieren, ist gerade so etwas wie ein kleiner Trend. Das weiß auch KVELERTAK-Gitarrist Vidar Landa, dem das mit seiner Band so gut gelingt wie kaum einer anderen. „Die Grundlage bilden klassische Rock’n’Roll-Riffs, dazu kommen der raue, an Black Metal erinnernde Gesang sowie die Energie des Hardcore“, versucht sich der 23-Jährige, der bis vor kurzem als Aushilfslehrer gearbeitet hat, an einer Beschreibung der Musik seiner Band, die letztendlich vor allem eines ist: unglaub- lich eingängig und ziemlich einzigartig. Obwohl ein Teil der Band aus dem Hardcore kommt, fühlen sich KVELERTAK keiner bestimmten Szene zugehörig – und müssen sich gerade deshalb auch mit so manch unbequemer Frage zum Thema Black Metal auseinandersetzen.

Habt ihr auch ganz bewusst dazu entschie- einmal klar zu sagen: Wir sind keine Spaß-Band. ziemlich gute Platten gemacht, und wir fi nden es den, in eurer Muttersprache zu singen, oder Es ist kein Witz. super, dass er etwas zu unserem Album beige- hat sich das eben so ergeben? Werdet ihr manchmal für die Art und Weise, steuert hat. Wenn sich ein paar Leute nur an den Wir sprechen Norwegisch, warum sollten wir also wie ihr Black Metal in eure Musik integriert, Vorfall in Essen erinnern und uns dafür kritisie- damit anfangen, auf Englisch zu singen? Außer- angefeindet? ren wollen, dann sollen sie das tun. Es ist einfach dem ist unser Sänger sehr von norwegischem Klar. Die ganze Zeit. Man wirft uns Sellout vor nur dumm. Black Metal beeinfl usst, und da hat es Tradition, und dass wir Black Metal ruinieren würden. Aber Stört es dich denn, dass Black Metal immer auf Norwegisch zu singen. darüber zerbrechen wir uns nicht den Kopf. Die wieder mit Nationalsozialismus in Verbin- Und um was geht es in euren Texten? meisten mögen nämlich, was wir tun. Darunter dung gebracht wird? Unsere Lieder handeln hauptsächlich von alter auch Leute, die in der Black-Metal-Szene gro- Das sollte jeden stören, denn die meisten Black nordischer Mythologie und alten nordischen ßen Respekt genießen. von CARPA- Metaller haben nichts mit Nationalsozialismus zu Göttern. Sie haben aber auch eine humoristische THIAN FOREST ist zum Beispiel auf einem unse- tun. Natürlich gibt es diese Bands, aber das hat Note. Wenn du Norwegisch könntest und unsere rer Demos zu hören. mit Black Metal nichts zu tun. Das sind einfach Texte lesen würdest, müsstest du wahrschein- Auch auf eurem Debütalbum gibt es einen Nazis, die Black Metal spielen. Man fi ndet diese lich lachen. Wir wollen keine Spaß-Band sein, Gastauftritt eines bekannten Musikers aus Leute in jeder Szene, und das wird sich auch nicht aber vor allem Metal-Texte sind oft zu ernst. Wir der Black-Metal-Szene: Ørjan Stedjeberg, ändern. Ich glaube nicht, dass wir Nazis darüber wollen, dass unsere Musik Spaß macht, und das genannt Hoest. Dieser ist bei einem Auftritt entscheiden lassen sollten, wie die Öffentlichkeit schließt die Texte mit ein. seiner Band TAAKE in Essen im Jahr 2007 mit Black Metal wahrnimmt oder ob wir Black Metal Ist das nicht ein ganz grundsätzliches Pro- einem auf die Brust gemalten Hakenkreuz in unseren Sound integrieren dürfen. Ich denke, blem harter Musik? Dass sie sich zu ernst auf der Bühne erschienen. Habt ihr von die- das ist eher ein Thema in Deutschland und im nimmt? sem Vorfall gehört? Rest Europas – die Menschen in Norwegen asso- Natürlich. Aber wir versuchen, den Spaß zurück- Ja, haben wir. Er hat das Ganze in Interviews ziieren Black Metal nicht so sehr mit Nationalso- zubringen. Man hört das unserer Musik auch an, erklärt. Das war einfach nur ein schlechter zialismus, sondern eher mit dem Anzünden von glaube ich. Da ist diese lustige Energie. Manche Scherz. Ich weiß, dass er nicht über das nachge- Kirchen und einer antireligiösen Haltung. Riffs bringen mich einfach zum Lachen, weil es so dacht hat, was er tat. Ich glaube nicht, dass ihm Ist Black Metal denn nur eine bestimmte viel Spaß macht, sie zu spielen. Aber um es noch bewusst war, dass man das in Deutschland nicht Musikrichtung oder gibt es – ähnlich wie im komisch fi nden würde. Auch wir fi nden das nicht Hardcore – ein „more than music“? KVELERTAK wurden 2007 im norwegischen STAVAN- lustig. Aber er ist kein Nazi oder so etwas. Damit Black Metal hatte von Anfang an eine Verbin- GER gegründet. Gitarrist Vidar über die lokale Szene – möchten wir nichts zu tun haben. Wir kennen ihn dung zum Antireligiösen und Misanthropischen. und natürlich TURBONEGRO: „Früher gab es hier eine persönlich und wissen, wie er drauf ist. Mit Nati- Für einen richtigen Black-Metal-Fan ist es also richtig gute Hardcore-Szene, doch die ist seit Jahren tot. onalsozialismus hat er nichts am Hut. Er ist ein defi nitiv mehr. Aber für uns ist Black Metal ein- In letzter Zeit tut sich musikalisch aber endlich wieder super Typ. fach nur gute Musik. Weiter nichts. etwas. Es gibt viele gute Bands, in erster Linie im Rock- Habt ihr keine Angst davor, aufgrund dieser Thomas Renz und Metal-Bereich – allen voran natürlich PURIFIED IN BLOOD. Deren Live-Shows haben uns wirklich inspiriert. Verbindung in die Kritik zu geraten? Es gibt aber nicht allzu viele Bands aus Stavanger, die uns Das wäre natürlich schade, aber ich denke, KVELERTAK musikalisch beeinfl usst hätten. Die einzige Band aus Nor- dass wir unser Verhalten nicht danach ausrich- Kvelertak wegen, mit der wir uns vergleichen würden, sind HAUST. ten sollten, was andere von uns halten könnten. (Indie/Soulfood) Sie klingen jedoch etwas rauer und dreckiger als wir. Und Wir sind große Fans seiner Band, er hat ein paar myspace.com/kvelertak natürlich lieben wir TURBONEGRO. Manchmal werden wir sogar mit ihnen verglichen, ist das nicht großartig?“

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25Fuze23.indd 25 11.07.10 20:06 AYS BUCHSTABENSALAT. „BSE, HIV und DRK, GbR, GmbH – ihr könnt mich mal.“ DIE FANTASTISCHEN VIER haben es uns schon vor Jahren vor Augen geführt: Abkürzungen sind attraktiv. So attraktiv, dass mittlerweile die halbe Welt aus ihnen besteht, denn wie sich her- ausstellt, sind AYS aus Wegberg nicht die Einzigen, die diese Buchstabenkombination als Namen verwenden. Wir haben Sänger Florian Schommer ein paar davon vorgestellt.

Foto: Burkhard Müller (facetheshow.com) Thomas Ays ist ein Autor, der in seinem schon stimmen, dass jede Musikrichtung aus gläubig, und das spiegelt sich auch in unseren Debütroman „Romeo und Julian“ über einen der Klassik stammt. Für mich ist das nichts. Ich Texten wider. Aber wenn ein Mensch unbedingt jungen Homosexuellen und dessen Prob- würde es aber auch nicht als „Spießerscheiße“ seine Religion als Basis braucht, um sein Leben leme schreibt. Homophobie ist auch im Hard- bezeichnen. Allerdings ist es auch nicht so, dass unter Kontrolle zu halten, muss man das hinneh- core ein immer wiederkehrendes Thema. Wie wir nur Hardcore hören. Das wäre ziemlich fatal. men. Jeder sollte das für sich selbst entscheiden, stehst du dazu? Hardcore ist halt genau unser Ding, und ich sich aber auch mal Gedanken darüber machen, Meine Position ist, dass ich Menschen nach ihrem behaupte mal, dass mir keine Live-Show persön- warum man an etwas glaubt. Ob es wirklich aus Charakter bewerte und es mir wirklich scheiß- lich mehr geben kann als eine richtig gute Hard- Überzeugung oder einfach nur eine Art Rou- egal ist, ob sie nun hetero- oder homosexuell core-Show. Aber es wäre doch wirklich trau- tine ist, weil man es schon als Kind eingebleut oder sonst was sind. Jeder muss selbst wissen, rig, wenn man sich auf dieser Schiene komplett bekommen hat. was für ihn oder sie der richtige Weg ist, „glück- festfahren würde. Ich habe auch gar keinen Bock AGAINST YOUR SOCIETY ist eine deutsche lich“ zu werden. Da hat sich keine außenste- darauf, meinen persönlichen Horizont durch die- Hardcore-Band, die mit ihrem Namen eine hende Person einzumischen. Homophobie ist bei ses Hardcore-Ding zu beschränken. Das ist ja gewisse Abneigung gegenüber der Gesell- uns ein absolutes „No go“. Wir können und wol- auch gar nicht Sinn der Sache. Es gibt so viele schaft deutlich macht. Pubertäre Rebellion len eine solche Einstellung einfach nicht akzep- gute Platten aus sämtlichen anderen Musikrich- oder ein letzter Funke Vernunft in einer kran- tieren und werden Menschen mit dieser Meinung tungen. ken Welt? in unserem Umfeld zu keinem Zeitpunkt tolerie- Die „Association for Yoga Studies“ ist laut Um ehrlich zu sein, basiert unser Name schon auf ren. Ich denke, dass es ein wichtiges Thema ist. eigener Aussage eine Gemeinschaft von einer gewissen pubertären Rebellion. Wir haben Jeder sollte da seine Augen offenhalten, aber die Yoga-Lehrern und ihren Schülern. Yoga hat circa 2002 angefangen, unter diesem Namen Anzahl der Leute, die die richtige Einstellung zu seinen Ursprung im Hinduismus und war Musik zu machen. Damals waren wir alle fünfzehn der Sache haben, überwiegt schon sehr. Vollidi- ursprünglich ein Weg zur Gotteserkenntnis. bis sechzehn Jahre alt und haben einfach nur oten gibt es leider überall. Bist du ein religiöser Mensch? blind gegen alles gehetzt, was uns in die Quere Das American Youth Symphony ist ein Bei uns sieht es ja so aus: Kurz nach der Geburt kam. Im Lauf der Jahre haben wir unsere Sicht- Orchester, das versucht, Jugendlichen klassi- ist man meistens schon offi zieller Teil der Kirche, weise nicht wirklich geändert, aber wir haben sche Musik näher zu bringen. Für eine Hard- ohne dass man sich dessen überhaupt bewusst gelernt, nicht mehr blind gegen Dinge zu het- core-Band klingt das natürlich zunächst wie ist. Wenn man aufwächst, geht man über die zen, sondern uns zu fragen, warum sie scheiße eine ganz andere Welt. Dennoch fi ndet jede Jahre hinweg regelmäßig in die Kirche, hat Reli- sind. Ich denke also, aus einer pubertären Rebel- heutzutage in unserer Gesellschaft verbrei- gionsunterricht und betet den Scheiß rauf und lion kann auch oft etwas wirklich Gutes entste- tete Musikrichtung ihren Ursprung über kurz runter, weil es die Generationen zuvor auch hen. Die Frage ist nur, wie man sich entwickelt. oder lang in der Klassik. Wie stehst du zu schon so gemacht haben. Es ist ein schleichender Der Sturmgeist Ays entstammt der armeni- Mozart, Beethoven und Co.? Spießerscheiße Prozess, der einem vorschreibt, die Geschichten schen Mythologie und hat die Gabe, in den oder wertvolle Kultur? aus der Bibel zu glauben. Das wird bei einigen zur Körper eines Menschen einzudringen und Weder noch. Im entferntesten Sinne mag es Basis der Existenz. Das hört sich vielleicht krass ihn zu einem besessenen Wahnsinnigen zu an, aber besonders in ländlichen Regionen sind machen, der sich nach seinem Tod in einen Die Alliance For Youth Services (AYS) ist eine (mormo- die Menschen sehr gläubig und viele machen Dämon verwandelt. Werdet ihr eines Tages nische) Wohltätigkeitsorganisation, die unter anderem sich auch gar keine Gedanken darüber. Absolut auch zu Dämonen werden? versucht, Jugendlichen die Problematik der Dritten Welt nichts wird hinterfragt, weil man es nicht anders Auf jeden Fall! näher zu bringen. Auf die Frage, ob es den Menschen kennt. Für mich ist das alles kompletter Bullshit. Joss Doebler dort so schlecht geht, weil es uns so gut geht, antwor- Ich glaube nicht an die ganzen Geschichten, die tet Sänger Florian Schommer: „Na klar – KAPITALIS- einem in den Kirchen erzählt werden. Das ist für AYS MUS!“ Allerdings sei das Thema zu umfangreich, um es im Rahmen eines solchen Interviews angemessen behan- mich nur eine weitere Art, eine Gruppe von Men- Eroded By The Breeze deln zu können. Dennoch: „Wir erwarten von jedem aus schen irgendwie lenken beziehungsweise mani- (Mad Mob/Cobra) der Szene, kritisch zu denken. Das gehört einfach zu Punk pulieren zu können. Keiner in unserer Band ist myspace.com/ayssucks dazu!“

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26Fuze23.indd 26 11.07.10 20:04 SEELENFÄNGER. Wenn Dinge „mit dem Teufel zugehen“ oder dieser „seine Fin- ger im Spiel hat“, ist etwas vorgefallen, das sich rational nicht erklären lässt. Wer hin- gegen einen „Pakt mit dem Teufel schließt“, nimmt für einen besonderen Erfolg den Ver- lust seiner Seele in Kauf. Die sechs Briten von DEVIL SOLD HIS SOUL haben ihren Band- Namen zwar aus einer solchen Redewendung abgeleitet – sind allerdings ausschließlich durch Talent und eigenes Zutun vorange- kommen.

„Der Name hat keinen christlichen Hintergrund“, erklärt Gitarrist Richard Chapple, um sofort jeden Wind aus den Segeln möglicher Vermu- tungen und Gerüchte zu nehmen. Entsprechend eindeutig ist seine Defi nition des Beelzebubs: „Ich betrachte den Teufel weniger in einer reli- giösen Auslegung. Meiner Meinung nach exis- tiert eine Art positiver und negativer Energie, die uns umgibt. Der Name unserer Band hat mit Handlungen und deren Folgen zu tun. Jemand hat etwas Negatives getan, das sich direkt auf dein Leben auswirkt und dieses beeinfl usst. Die Frage ist, was diese Person veranlasst hat, so zu agieren, und wie du damit umgehen kannst. Der nächste Schritt ist deine Reaktion darauf. Das erscheint simpel, aber dahinter steckt eine sehr tiefgründige Thematik, die uns alle beschäftigt.“ Und dann fügt er lachend hinzu: „Meine Seele würde ich nur gegen eine sehr hohe Summe zum Verkauf anbieten.“

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass DEVIL SOLD HIS SOUL sich sehr intensiv mit Emotionen aus- einandersetzen. „Auf der Bühne empfi nde ich Glück, Wut, Frust, Verzweifl ung. Gefühle wie diese bestimmen den Charakter unserer Stü- DEVIL SOLD cke. Es fällt mir nicht schwer, mich darin zu ver- lieren. Live zu spielen, ist fast eine Art Thera- pie“, schwärmt der Gitarrist. Aus diesen Worten wird ersichtlich, wie ernst es der Band mit ihrer HIS SOUL Absicht ist, die Seelen der Menschen zu berüh- Foto: Lena Stahl (unheard-pictures.com) ren. Sie lebt dies gewissermaßen vor und lädt davon, eines Tages von der Musik leben zu kön- da schnell der Stempel „Newcomer“ aufgedrückt den Hörer ein, ihr zu folgen. Sie lockt ihn mit nen. Aber in dieser Branche ist das mittlerweile wird, ist für Richard Chapple kein Problem. „Wir einem Wechselspiel aus brachialem Geschrei sehr schwierig geworden. Wir sind nicht naiv und bekommen viele Kommentare von Menschen und klaren Gesangslinien – ein Rezept, das in arbeiten nebenher.“ aus anderen Ländern, die uns erst jetzt entde- der Vergangenheit allerdings viel zu oft als kom- cken. Da ist es völlig klar, dass wir in deren Augen merzielle Massenware mit dem Etikett „puber- Der hauptberufl iche Landschaftsgärtner hat Newcomer sind.“ In Großbritannien wäre dieses tärer Herzschmerz“ versehen und entsprechend somit – genau wie der Rest der Band – kaum Prädikat dagegen schon „ein klein wenig enttäu- breitgetreten wurde. Zeit für soziale Kontakte außerhalb der Musik- schend“, wie er offen gesteht. In dieser Aussage szene. Dass der bislang konsequent verfolgte schwingt zum ersten Mal ein subtiler Hauch von Doch davon sind DEVIL SOLD HIS SOUL mei- DIY-Gedanke seiner Band aufgrund des Wech- Stolz auf das bisher Erreichte mit. Vielleicht ist lenweit entfernt. Abgesehen von der musika- sels zu einem so großen Label wie Century Media das ja auf das berühmte britische Understate- lischen Qualität der Band, ist da noch die Tat- verlorengeht, fürchtet der Gitarrist indes nicht. ment zurückzuführen. Grund, sich zu verste- sache, dass sie in den vergangenen sechs Jah- Vielmehr sieht er darin die große Chance, end- cken, besteht jedenfalls nicht. DEVIL SOLD HIS ren gereift ist, gelernt hat, Opfer zu bringen, lich aus dem Schatten der vergangenen Jahre zu SOUL werden mit ihrem jüngsten Album sicher- und dadurch deutlich erwachsener klingt. „Wir treten. Der Titel des neuen Albums passt dazu lich viele Hörer neu für sich gewinnen kön- haben nicht nur Geld – für die Aufnahmen, die wie die Faust aufs Auge. „Blessed & Cursed“ ist nen. Wie es danach weitergeht, kann Richard Videos und das Equipment – investiert, son- autobiografi sch auf die Entwicklung von DEVIL Chapple bereits grob umreißen: „Wir wollen dern alles, was wir haben, um die Band voran- SOLD HIS SOUL übertragbar: „Wir lassen damit nie zu lange auf derselben Stelle verharren. Die zubringen. Dazu kommt die räumliche Distanz, die Vergangenheit Revue passieren – bis zu dem Musik, die wir machen, ist stilistisch progressiv. die wir für die Proben überwinden müssen: Ich Punkt, an dem wir uns jetzt befi nden. Das waren Ohne den Versuch, etwas Neues zu wagen, wäre pendle regelmäßig zwischen London und Bris- Jahre voller Höhen und Tiefen, in denen jeder sie das nicht. Wir ziehen einfach weiter unser tol“, so Chapple. „Natürlich träumt jeder von uns von uns Momente hatte, wo es einfacher gewe- Ding durch und lassen uns vom Ergebnis über- sen wäre, alles hinzuschmeißen. Wir haben diese raschen.“ Es müsste also schon mit dem Teufel Auch einen BEKANNTEN GASTMUSIKER gibt es auf Phasen als Erfahrungen mitgenommen und dar- zugehen, sollte man von dieser Band nicht noch „Blessed & Cursed“ zu entdecken. Andrew Neufeld, sei- aus gelernt. Das hat uns stärker gemacht und sehr viel hören. nes Zeichens Frontmann bei COMEBACK KID und SIGHTS treibt uns an. Es wird spannend sein zu sehen, Florian Auer & SOUNDS ist beim Song „The disappointment“ mit seiner wie weit wir damit kommen.“ Stimme vertreten. Der Kontakt kam über die gemeinsame DEVIL SOLD HIS SOUL Booking-Agentur und eine Anfrage per E-Mail zustande. Zumindest die engen Grenzen des Vereinigten Blessed & Cursed „Das Album von SIGHTS & SOUNDS hat uns umgehauen. Königreichs werden mit der weltweiten Veröf- (Century Media/EMI) Wir bewundern diese Band und sind optimistisch, irgend- wann mit ihr touren zu dürfen“, hofft ein zuversichtlicher fentlichung des Albums erweitert. Dass der Band devilsoldhissoul.com Richard Chapple.

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27Fuze23.indd 27 11.07.10 20:05 gut, aber niemals der große Wurf waren, stellt sich die Frage, ob 36 CRAZYFISTS im laufenden Jahrtausend überhaupt noch relevant sind. Der Gitarrist muss nachdenken: „Puh. Das ist echt eine schwere Frage. Natürlich will man als Band relevant sein, aber ich glaube nicht, dass wir das jemals wirklich waren, also ist es nicht so, dass wir etwas verlieren würden. Zu sehen, dass die Menschen um uns herum zu schätzen wissen, was wir tun, ist die einzige Relevanz, die ich brau- che. Das gibt mir mehr, als mir darüber Gedan- ken zu machen, wie viele Platten wir verkaufen.“ Holt beschreibt die Karriere seiner Band, indem er mit den Fingern eine stetig steigende Kurve in die Luft malt, lacht und sich dann korrigiert: „Na ja, ab hier ging es dann nicht mehr stetig berg- auf, sondern blieb auf einem Level. Aber das ist ein Level, mit dem ich leben kann.“

„Leben können“ ist ein gutes Stichwort. Die Zei- ten für die Musikindustrie mögen schwierig sein, aber man hat doch immer noch den Eindruck, dass es vielen Bands fi nanziell nicht unbedingt schlecht geht. Stimmt’s? „Ich komme klar. Natür- lich müssen wir arbeiten, wenn wir nicht auf Tour sind. Wir verdienen mit der Band nicht genü- gend Geld, um eine Familie zu ernähren, also haben wir alle Jobs. Ich produziere Musik, Tho- mas [Noonan, Schlagzeug] ist Dachdecker und auch Brock [Lindow, Gesang] hat diverse Jobs. Aber das war niemals anders. Die Leute mögen denken, dass wir mit der Band viel Geld machen – dem ist aber nicht so.“ Haben 36 CRAZYFISTS denn jemals darüber nachgedacht, das Hand- tuch zu werfen? „Weißt du, sobald man Musik in seinem System hat, lässt sie sich nicht so ein- fach wieder abschütteln. Vor ‚Collisions And Cas- taways‘ haben wir drei verbliebenen Band-Mit- Foto: Lena Stahl (unheard-pictures.com) glieder uns zum ersten Mal zu einem ‚big talk‘ zusammengesetzt, um darüber zu sprechen, ob wir überhaupt noch ein Album machen wol- len. Alle wollten den Sommer über chillen, aber 36 CRAZYFISTS als dann der Herbst kam, waren wir doch wieder MEAT AND POTATOES. Die Hosen sind eng. Die T-Shirts klein und schwarz und heiß auf Musik. Außerdem haben wir zum ers- mit knallbuntem Aufdruck. Die geglätteten Haare sitzen. Noch. Denn es sind dreißig Grad ten Mal bewusst darüber nachgedacht, was für im Schatten. Die türkisfarbenen Babycakes-Sonnenbrillen beginnen schon, Druckstellen auf eine Platte wir machen wollten – was wir gerade den Nasen zu hinterlassen. Brandneue A DAY TO REMEMBER-Shirts sind in Sekundenschnelle selbst hören, was uns gefällt. ‚Collisions And Cas- durchgeschwitzt. Tatort: Münster. Das Vainstream Festival. taways‘ sollte eine straighte Rock-Platte wer- den, mit viel Gesang und guten Songs, zu denen Ausverkauft ist es. Und so trendy, dass für jede grund aus Fashion-Kids. Seine Jeans haben eine man mit dem Kopf nicken kann. Thomas und ich Zielgruppe – egal, ob Emo, Punk, Metal oder normale Weite, und sein schwarzes T-Shirt ist haben uns hingesetzt und Songs geschrieben, eher Mainstream – Festival-T-Shirts im jewei- einfach nur schwarz. Nicht die Spur eines Band- und ehe wir uns versahen, kam da ultraheftiges ligen Style zu haben sind. Auf der Hauptbühne Logos. In seinem Bart zeigt sich erstes Grau, und Zeug raus, auch wenn ich Brock dazu gebracht spielen ATREYU „You give love a bad name“ von Holt schwört mit einem Lachen, dass er noch nie habe, mehr zu singen. Es kommt einfach, wie es BON JOVI, aber nicht jeder bemerkt, dass es sich in seinem Leben „skinny jeans“ getragen habe: kommt.“ dabei um eine Cover-Version handelt. Während „Wir sind einfach nur ein paar Dirtbags. Diese die Band-Mitglieder wenig später ihre Boxhand- ganze Fashion-Geschichte haben wir niemals Natürlich sind 36 CRAZYFISTS keine Fashion- schuhe überstreifen und mit nacktem Oberkör- mitgemacht. Ich hatte auch nie einen von die- Band und auch nicht mehr die Jüngsten. „Brock per vor ihrem Nightliner in der sengenden Sonne sen abgefahrenen Haarschnitten. Es ist okay, tun nach jeder Show die Knie weh. Ich habe eine gegeneinander boxen, passt Steve Holt, Gitarrist wenn Leute meinen, sie bräuchten das, aber ich gebrochene Rippe, die nur langsam heilt. Alles von 36 CRAZYFISTS, so gar nicht in den Hinter- bin da raus.“ dauert länger. Das ist fast schon lustig. Wir sind eben ganz normale Typen. Meat and potatoes.“ „Ich habe ja auch schon unser letztes Album produ- Vielleicht sind 36 CRAZYFISTS einfach zu alt für Dieser Ausdruck steht im englischen Sprachraum ziert, aber irgendwie hatte ich den Eindruck, dass es die- so etwas. „Wir sind tatsächlich alt“, bestätigt für Bodenständigkeit: Es wird Fleisch mit Kartof- ses Mal mehr Arbeit war. Ich habe Gitarre und Bass ein- Holt. „Uns gibt es seit sechzehn Jahren, also län- feln gegessen und keine abgefahrene Haute Cui- gespielt [nachdem Bassist Mick Whitney die Band ver- ger als viele andere Bands. Wir haben vor nicht sine. Mit Blick auf die Besucher des Vainstream ließ, um mehr Zeit für seine Familie zu haben] und fand allzu langer Zeit die Mayhem Tour in Amerika Festivals und einem Grinsen im Gesicht verbes- mich die Hälfte der Zeit alleine in einem Raum wieder, um mitgemacht und waren die mit Abstand unbe- sert sich Holt: „Meat and potatoes? No ... Vegan mich selbst aufzunehmen. Ich habe mich schon gefragt, was ich da überhaupt tue. Am Ende wollte ich die Platte kannteste Band. Es gab da so ein kleines Heft- and potatoes these days.“ NIE WIEDER HÖREN. In einem halben Jahr kann ich das chen, in dem kurze Biografi en aller beteiligten Birte Wiemann vielleicht wieder, dann werde ich wissen, ob ich vielleicht Bands abgedruckt waren, und als wir erkannten, nicht doch ein paar Sachen richtig gemacht habe. Aber dass es uns am längsten gab, mussten wir echt 36 CRAZYFISTS beim letzten Mal war das ähnlich, und die Songs, die ich lachen.“ Nachdem die Band aus mitten im Collisions And Castaways anfangs nicht so gern mochte, waren am Ende die, die mir Nu Metal der Neunziger auftauchte und seitdem (Roadrunner/Warner) am besten gefi elen.“ Gitarrist Steve Holt über die Auf- fl eißig Alben veröffentlichte, die zwar konsistent myspace.com/36crazyfi sts nahmen des neuen Albums.

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28Fuze23.indd 28 11.07.10 20:03 GRAND GRIFFON GEWALTBEREIT UND VOLL SEIN, HARDCORE SCHLESWIG- HOLSTEIN. So amüsant diese Phrase auch immer wieder ist, so wenig hat die Punk- und Hardcore-Szene des Nordens tatsächlich mit Hooliganismus zu tun. Oder etwa doch? Wenn es jemanden gibt, der Licht ins Dunkel bringen kann, dann ja wohl GRAND GRIFFON aus Kiel. Denn die sind, wenn man es denn so nennen will, eine regelrechte Supergroup. Gunnar und Helge bedienten noch vor kurzem bei ESCAPADO Schlagzeug und Mikrofon, Christian kennt man noch als Bassisten der mittlerweile lei- der verblichenen KURHAUS, und Gitarrist Torben entstammt der TACKLE- BERRY-Familie. Trotzdem wäre der Begriff Supergroup albern, gehört es in Kiel doch grund- sätzlich zum guten Ton, in mehreren Bands aktiv (gewesen) zu sein. „Das ist schon ein ziemlich inzestuöses Verhalten, das hier an den Tag gelegt wird“, sinniert Torben und nippt an seinem Astra. Hinter GRAND GRIFFON liegt ein energiegeladenes Konzert in der Kieler Schaubude, die sozusagen die Homebase der Band ist. Wobei auch das schon wieder Blödsinn ist, denn die Homebase liegt genauso im AJZ Neumünster, der T-Stube in Rends- burg oder sonst irgendwo zwischen Flensburg und Hamburg. Man kennt die Läden, man kennt die Leute, man feiert sich mit Vergnügen gegenseitig ab: „Kennst du JUST WENT BLACK aus Hamburg? Die sind ja wohl momentan die beste Hardcore-Band überhaupt. [Das ist richtig, Anm. d. Red.] Oder Foto: Markus Brüggemann ANY PORT IN THE STORM aus Kiel. Ziemlich neu, auch sehr geil. Die AFFEN- pflichtungen und den dadurch bedingten Zwang zum Wochenendkonzert MESSERKAMPF-Platte war aber auch super. Der eine von denen steht ja da verhindert wurde. Und ein Album ist auch schon in Planung. Als sich Renke vorne hinter dem Tresen.“ vom ortsansässigen Haus-Label Zeitstrafe zur Runde gesellt, wird umge- Vermutlich wird in diesem Moment irgendwo anders genauso begeistert hend in dessen Richtung gestichelt: „Wir haben halt auch das Glück, dass über GRAND GRIFFON gesprochen, deren erste Seven Inch kürzlich erschie- Renke echt jeden Scheiß rausbringt.“ nen ist. Schnell und hart geht es zu, man zollt den alten Punk-Helden Tribut. Und so geht es noch eine ganze Weile weiter. In gemütlicher Runde bei Bier Sänger Helge gibt den Songs wie schon bei ESCAPADO durch seine unver- und Zigaretten bezichtigt man sich gegenseitig des Sextourismus’ oder kennbare Stimme und die kryptisch-melancholischen Texte eine beson- plant das nächste Band-Grillen. Der Ausgehzwang wiegt nun einmal weni- dere Note. Im Sommer wird es auch wieder eine kleine Tour geben, welche ger schwer, wenn man im eigenen Wohnzimmer ein Konzert spielt. die Band weiter in den Süden führt, was bis dato durch anderweitige Ver- Benedikt Ernst

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29Fuze23.indd 29 11.07.10 20:05 MATULA EINDEUTIG ZWEIDEUTIG. Ambiguitätstoleranz [Art.]: (die), Begriff des neueren Rollenkonzepts, der sich auf das Verhältnis von gegen- seitigen Rollenerwartungen u. wechselseitiger Bedürfnisbefriedigung bezieht. A. liegt vor, wenn eine Person ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Rollenanpassung u. eigenem Rollenentwurf finden kann, insbes. in der Lage ist, Mehrdeutigkeiten u. widersprüchliche Verhal- tenserwartungen in der sozialen Begegnung auszuhalten u. handelnd umzusetzen. A. stärkt die biografische Kontinuität u. ist Ausdruck erworbener Ich-Entwicklung. Zu wissen, wo man steht, heißt zu wis- sen, wo man war: die gesamte Strecke im Kopf, die Enge der Kleinstadt im Bewusstsein. Die Fähigkeit, ihre Straßen blind zu durchwandern und jede Einzelne der traurigen Figuren beim Namen nennen zu können. Was dabei herauskommt, wenn man genau dazu in der Lage ist, ohne in Plattitüden zu verfallen oder den Leuten die Dinge ins Gesicht zu schreien? Zweideutigkeit als Stilprinzip und doch Eindeutigkeit in der Ausrichtung. Deshalb darf man MATULA auch nicht einfach in die Schublade „Hamburger Schule“ stecken. Trotz Wahlheimat in Hafennähe, trotz deutschsprachiger Texte, die sich weder verschließen noch ohne Tiefgang jedem erschließen, trotz musikalischer Berührungspunkte, Bekanntschaften, Szenenähe oder ähnlich großen und doch nie treffenden Worten. Nicht Plakativität, son- dern Dezenz. Es ist das Bewusstsein der Kleinstadtjugend, die sich in den vertonten Geschichten präsentiert. Und als solche sind die zehn Stücke, die MATULA einem mit ihrem neuen Album „Blinker“ unaufdringlich näherbrin- gen, auch zu verstehen. Der Gegenspieler ist nicht etwa das beängstigende Pandämonium der Großstadt, die Hure Babylon, die sich dem gesichtslo- sen Einzelnen entgegenstellt. Hier dominieren die Weite, das Offene, ein Meer, das selbst norddeutsche Kühle mit der Karibik in Einklang bringen kann und doch nie absurd wirkt. Foto: 616 Photography (alternativevision.co.uk) Aus ebendieser Haltung lässt sich herauslesen, mit welcher Existenzbe- rechtigung sich MATULA auch jetzt noch in ihrem angestammten musikali- IN THIS MOMENT schen Kontext bewegen. Immerhin erscheint „Blinker“ wie auch schon der Vorgänger „Kuddel“ bei Zeitstrafe, der übliche Konzertort ist nach wie vor DEN BLICK NACH VORN. Moderne Heavy-Hymnen dürfen ruhig eher das autonome Juze als eine polierte Indie-Disko. Gelegentlich sollen poppig sein – dieser Auffassung sind zumindest IN THIS MOMENT, die sogar Menschen mit (ehemals) bunten Haaren beim heimlichen Mitsingen auch ihr neues Album „A Star-Crossed Wasteland“ eingängig zwischen und/oder Mit-dem-Fuß-Wippen gesehen worden sein. Begriffe wie Punk Metal, Rock und Pop inszenieren. Es kommt auf die richtige Mischung an, oder Subkultur (von Gegenkultur möchte man heutzutage ja längst nicht und die hat das Quintett um Shouterin Maria Brink mit ihrem dritten Album mehr sprechen), als geistige Einheiten verstanden, sind hier präsenter als gefunden, das wieder etwas metallischer und kantiger ausgefallen ist als bei jeder örtlichen Hänge-Iro-Kapelle, die zwar kein Bewusstsein für das der manchmal arg brave Vorgänger. „Die Songs, die wir schreiben, sind Gestern hat, dafür aber wenigstens auch keins für die Gegenwart. Wenn es bereits in uns. Wir lassen sie einfach nur noch raus“, beschreibt Gitarrist darum geht, mit einem klaren Blick für soziale Realitäten zu agieren, mit Chris Howorth den Songwriting-Ansatz seiner Band. „Herzblut ist die Trieb- dem Fokus auf dem, was man schon immer machen wollte, schon immer feder unseres Sounds. Wir lieben es, Musik zu machen, und hoffen, dass wir gemacht hat, immer noch macht und wohl auch in Zukunft machen wird, die Leute mit unseren Songs ansprechen, dass sie sich mit ihnen identifi- sind musikalische Genregrenzen nur noch zweitrangig. Irgendwie schon zieren können. Wir verstellen uns nicht. Wir sind allein wir selbst. Die Hörer fast zu eindeutig. erkennen das und wissen es zu schätzen. Bestimmte Themen kommen bei Aiko Kempen uns immer wieder vor, und man kann sich an ihnen entlang hangeln – etwa Foto: Jens Quasten (allschools.de) am Motiv der schaurig-schönen Tragödie, dem Duell von Gut gegen Böse oder dem berühmten Licht am Ende des Tunnels. Diese Themen bilden die Grundlage all unserer Stücke.“ Die Songs der fünfköpfigen Band ergeben auf „A Star-Crossed Waste- land“ einen abwechslungsreichen Longplayer, der ohne Umschweife direkt ins Ohr geht. „All diese poppigen Chöre und Passagen stellen sich bei uns automatisch ein,“ erklärt Howorth. „Das müssen wir nicht erzwingen. Diese Parts sind ein wesentlicher Teil von IN THIS MOMENT – genauso wie die harten, schroffen Momente. Am Ende kommt es auf die richtige Mischung der unterschiedlichen Elemente an und darauf, welches Gefühl sie vermit- teln. Unser neues Album hat wieder sehr poppige Stellen, doch dieses Mal ist die metallische Kante mindestens ebenso wichtig.“ Dass der Rock-Mainstream für die Band aus Los Angeles das Ziel ist, steht außer Frage. Diesen steuert das Quintett jedoch nicht zu plakativ und berechnend an. Die Musiker wählen einen nachvollziehbaren Weg, indem sie die verschiedenen Elemente gleichberechtigt nebeneinander stellen. „Um ehrlich zu sein, analysieren wir das, was wir tun, nicht besonders inten- siv“, entgegnet der Gitarrist. „Wir glauben an unsere Fähigkeiten und geben beim Songwriting und bei den Aufnahmen immer unser Bestes. Jedes Stück repräsentiert das Maximum dessen, was wir zu einem bestimmten Zeit- punkt zu leisten in der Lage waren. Dies nachträglich zu bewerten oder zu hinterfragen, bringt nichts, weil wir als Persönlichkeiten und Musiker längst weiter sind. Deshalb blicken wir vor allem nach vorn und niemals zurück.“ „A Star-Crossed Wasteland“ beweist, dass IN THIS MOMENT damit auf dem richtigen Weg sind. Arne Kupetz

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31Fuze22.indd 31 08.07.10 21:46 reviews KVELERTAK Kvelertak Musik ist nicht mehr das, was sie einmal war. Aber wahrscheinlich nur, weil ich nicht mehr der bin, der ich einmal war. Ich bin älter geworden, kenne inzwischen mehr Bands, als mir lieb ist, und bin deshalb einfach nicht mehr so leicht zu begeistern. Alles schon mal da gewesen, letztendlich. Zudem hat das Schreiben über Musik auch dazu geführt, dass ich mir einbilde, alles verstehen zu können. Aber Musik zu verstehen, ist nicht dasselbe, wie sie zu lieben. Oft verhindert das eine sogar das andere. Und meine Aufmerksamkeitsspanne war auch schon mal länger. Woran vermutlich dieses blöde Internet schuld ist, von dem immer so viel die Rede ist. KVELERTAK erinnern mich daran, wie Musik einmal war: mit- reißend, unverständlich, unterhaltsam. Und ein bisschen gefährlich. Die Band aus Stavanger kombi- niert so viele Elemente der norwegischen Metal-, Punk- und Hardcore-Geschichte, dass jeder Journa- list, der etwas auf sich hält, einsehen muss, dass es überhaupt nichts erklärt, diese alle aufzuzählen. Und dass man deshalb ruhig einmal schreiben darf: KVELERTAK machen etwas Neues, irgendwie. Man muss sich ja nicht gleich ein neues Genre aus den Fingern saugen. Rock-Musik reicht als Schublade doch völlig aus. Denn genau das macht diese Musik ja: Sie rockt. Und wie. So sehr, dass ich mir vorstel- len könnte, bei einem Konzert mal wieder „nach vorne zu gehen“ und auszuflippen wie ein besoffener Fünfzehnjähriger. Doch bei aller Energie, bei aller von CONVERGE-Gitarrist und Produzent Kurt Ballou entfesselter Wucht: Die größte Stärke von KVELERTAK ist die Eingängigkeit und Nachvollziehbarkeit ihrer Songs. „Offernatt“ hat nicht einmal zehn Sekunden gebraucht, um mich davon zu überzeugen, dass dies das beste Lied ist, das ich seit Monaten gehört habe. Oder „Nekroskop“: Gleichzeitig weiter weg und näher dran an Pop als im Refrain dieses Songs kann man eigentlich nicht sein. Dank KVELERTAK habe ich Musik noch einmal so erlebt, wie man sie immer erleben sollte: mit der Begeisterung, Neugier und Aufmerksam- keit eines Kindes. Ich bin doch immer noch der, der ich einmal war. Und Musik ist auch immer noch das, was sie einmal war. (Indie/Soulfood) Thomas Renz

CEREMONY DER WEG Rohnert Park EINER FREIHEIT Wenn Hardcore droht, so deprimie- Der Weg einer Freiheit rend zu werden wie ein Latte-Mac- Auch wenn man noch nicht viel über chiato-Tag in der Kölner Innenstadt, die Zukunftsaussichten von DER WEG dann gräbt man halt mit beiden Hän- EINER FREIHEIT sagen kann, eines ist den tief in der Vergangenheit. Man ziemlich sicher: Die deutsche Black- sortiert Überflüssiges aus, variiert Metal-Szene wird diese Newcomer alte Motive und lädt seinen Hass der aus Würzburg und Hamburg mit vol- Zeit entsprechend mit Nihilismus auf. ler Inbrunst ablehnen. Dabei müsste „Sick“, der erste Song auf CEREM- selbst der finsterste Waldschrat im ONYs drittem Album, sagt alles aus, VULVARK-Shirt die überdurchschnitt- was ein Hardcore(-Punk)-Song aus- liche Qualität dieser klassischen und sagen sollte. Die totale Dekonstruk- dennoch originellen Interpretation tion und das Eingeständnis, dass man am Ende mit seinem Hass doch wieder bei von Black Metal erkennen. Aber das spielt natürlich keine Rolle, wenn der Chef- sich selbst landet: „Sick of BLACK FLAG, sick of CRO-MAGS, sick of hardcore, sick denker der Band, Nikita Kamprad, rein äußerlich jegliche Trueness-Hürde reißt of me ...“ Die Erwähnung BLACK FLAGs ist natürlich pure Ironie. Nie zuvor näm- und dann auch noch zusammen mit Sänger Bär in der belanglosen - lich klangen CEREMONY mehr nach originärer Reagan-Ära-Wut. Nie zuvor war Kapelle FUCK YOUR SHADOW FROM BEHIND spielt. Alle, die sich von derarti- ihre absolut gerechtfertigte Niedertracht so eingängig. Die Powerviolence-Ein- gem Scheuklappen-Bullshit freimachen können, dürfen sich jedoch auf eines der flüsse sind gänzlich verschwunden. Das Abgründige, diese diffuse Wut, geschürt deutschen Black-Metal-Highlights der letzten Jahre freuen. Im Gegensatz zur durch ein Leben hinter blendend weiß gestrichenen Lattenzäunen in endlos lan- ausverkauften Erstauflage ihres Debüts haben DER WEG EINER FREIHEIT für die gen Reihenhausketten ist indes geblieben. Wer sein Heil im Finden irgendwel- acht Songs dieses Re-Releases (inklusive des unveröffentlichten Bonustracks cher abstrusen Powerviolence-Bands sucht, dem wird „Rohnert Park“ ob sei- „Ruhe“) den Drumcomputer durch einen echten Schlagzeuger ersetzt. Es domi- ner angefressenen Eingängigkeit wohl nicht gefallen. Der Rest lausche einer nieren jedoch weiterhin die wunderbaren Tremolo-Melodien, der eingängige und authentisch an alten Zeiten gewachsenen Band, die Sätze vorträgt, die immer dennoch spannende Songaufbau sowie die authentische, düstere Gesamtstim- noch brennen – über Dinge, die immer schlecht bleiben werden. „So very tired of mung. Deshalb kann es der Band ziemlich egal sein, wer sie akzeptiert und wer feeling sick.“ (Bridge Nine/Soulfood) René Schuh nicht. Sie wird ihren Weg gehen. (Viva Hate/Cargo) Martin Schmidt

PARKWAY DRIVE THIS OR Deep Blue THE APOCALYPSE PARKWAY DRIVE emanzipieren sich Haunt What’s Left auf „Deep Blue“ endlich vom lang- Wer im weitesten Sinne auf Metal- weilig gewordenen, klaren Metalcore- core steht und ein Album für eine ein- Sound der Genrekollegen – und ihrer same Insel braucht, ist mit der neuen eigenen Vergangenheit. Die Austra- Scheibe von THIS OR THE APOCA- lier brettern deutlich roher, härter und LYPSE exzellent beraten. Warum? direkter als früher durch ihre Songs Nun, dieses Stück Musik bietet so und schaffen es, auch auf Platte die ungeahnt viele Facetten, dass sich mit Energie der Live-Shows zu transpor- jedem Hören neue Details erschlie- tieren. Größter Pluspunkt bei dieser ßen, die dafür sorgen, dass so schnell Entwicklung ist aber, dass trotz erhöh- keine Langeweile aufkommt. Selten ter Brachialität nicht das Gespür für schafft es eine Band, vielfältige Ele- starke Melodien und große Hits abhanden gekommen ist. Auf „Deep Blue“ hört mente mit solch komplexen Strukturen zu verknüpfen, wie es hier der Fall ist. Das man das Faible der fünf für amerikanischen Westküsten-Punkrock deutlich her- teils melodische, teils aggressiv-vertrackte Gesamtkonzept ist gewürzt mit eini- aus. Schließlich ging es auch da immer um einfache, eingängige Melodien. Dass gen progressiven Elementen, einer wohldosierten Dosis Breakdowns und klei- dann auch noch Brett Gurewitz von BAD RELIGION beim Song „Home is for the nen unerwarteten Überraschungsmomenten – stilistisch kann man MISERY SIG- heartless“ singt, ist nur konsequent. PARKWAY DRIVE setzen mit ihrem dritten NALS als Referenz nennen. Die Produktion von Josh Wilbur (ATREYU, AVENGED Album und der analogen Produktion von Joe Barresi aber auch eine neue Bench- SEVENFOLD) und Chris Adler, dem Schlagzeuger von LAMB OF GOD, ist genauso mark in Sachen Sound. Und selbst beim Songwriting zeigt sich, dass die Band es perfekt gelungen wie die gesamte Arbeit der Band. Durch konzentriertes Aus- eben auch ohne Adam D., der die beiden vorangegangenen Alben produzierte, einandersetzen mit dieser Platte, den damit verbundenen Gelegenheiten zum gebacken bekommt, die aktuell wohl mehrheitsfähigsten Hits in der Szene zu Moshen und das Auswendiglernen der kurzen Mitsing-Parts, übersteht man auch schreiben. Kurzum: PARKWAY DRIVE schaffen es weiterhin, die angesagteste das verlassenste Eiland für eine Weile, ohne danach noch verrückter zu sein, als Band im Hardcore-Kosmos zu sein. (Epitaph/Indigo) Carl Jakob Haupt man vielleicht schon vorher war. (Lifeforce/Soulfood) Florian Auer

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36 CRAZYFISTS immer noch am besten gemacht wird. Alles wie Musikmachen. Stattdessen gibt es einen wun- ges Album ins Ziel zu retten. So aber landet die Collisions And Castaways immer also, trotzdem scheitert die Band auch mit derbar frisch klingenden Hybrid aus aggressi- Platte in der Schublade mit der Aufschrift „Viel- Als man den englischen „Warmwood“ am Vergleich mit ihrem Überalbum vem Thrash und melodischem . Alles leicht beim nächsten Mal“. (Earache/Soulfood) Dichter Philip Larkin „3750“. Die Songs bilden eine breiige Masse, aus sehr versiert gespielt und mit einem ganz fei- Frank Engelhardt 1977 darum bat, etwas der keiner wirklich positiv hervorstechen kann. nen Gespür für Groove, Melodien und Songstruk- Literarisches zum 25. Man wird einfach so lange vom Sound erschla- turen veredelt. Vor allem mit ihrem Songwriting AMBUSH Regierungsjubiläum gen, bis man die Lust verliert. Fraglich, ob noch gelingt es ALLEGAEON zu glänzen – denn wäh- Forward Into Hell der Queen beizutragen, eine weitere Generation von Musikern T-Shirts rend nahezu alle neuen Bands technisch ein- So wie Frankenstein einst in einer blitzdurch- konnte er sich gerade dieser Band tragen will. (Prosthetic/Soulfood) wandfrei sind, fehlt es ihnen doch oft am essen- zuckten Nacht sein Monster schuf, müssen auch einmal dazu aufraf- Frank Engelhardt ziellen Talent, ihre Skills auch in gute Songs zu AMBUSH (mit ehemaligen und aktuellen Mit- fen, vier Zeilen abzuliefern, in deren Fazit er der transformieren. Aber genau das kriegen ALLE- gliedern von unter anderem SPECIAL MOVE, Queen als einzig positive Eigenschaft „she did AGE OF TORMENT GAEON in beeindruckender Art und Weise hin. TAKING NAMES und SIX FT DITCH) im Proberaum not change“ zuschrieb. Ähnlich verhält es sich Dying Breed Reborn Dies ist vor allem der Verdienst der beiden Gitar- an ihrem Ungetüm von einem Album gewer- mit 36 CRAZYFISTS, die es seit 1994 gibt und die Mitglieder von BLOODSHOT und RESISTANCE risten: Wenn sich die nicht gerade in bester Acht- kelt haben. „Forward Into Hell“ verbindet Old- seit „Bitterness The Star“ von 2002 kontinuier- haben zu Beginn des letzten Jahres ein neues ziger-Manier beeindruckende Solo-Duelle lie- School-Metal-Riffs mit aggressivem Hard- lich Alben herausbringen, von denen jedes ein Projekt aus der Taufe gehoben und es AGE OF fern, treiben sie die ungemein packenden Songs core und düstere Doom-Elemente mit brutalen Achtungserfolg ist, keines jedoch jemals als gro- TORMENT genannt. Ihren Sound siedeln die Bel- an, die sofort ins Blut gehen. (Metal Blade/Sony) Thrash-Parts. Auch der Gesang ist ein Genuss. ßer Wurf gehandelt wurde. They do not change. gier zwischen Bay-Area-Thrash, ein wenig Death Martin Schmidt Stell dir einfach vor, der Teufel persönlich hält Auch wenn Gitarrist Steve Holt, der für „Collisi- und einer modernen Tough-Guy-Kante an, so dir eine Predigt über Krieg, Tod und Hass, wäh- ons And Castaways“ zum zweiten Mal für seine dass sich „Dying Breed Reborn“ als abwechs- ALL TIME LOW rend du in einem Betonmischer die Niagarafälle eigene Band hinter dem Mischpult saß, lang lungsreiches, jedoch stets wuchtiges Album Straight To DVD hinabstürzt. Dieses Album könnte sogar Stephen und breit zu erklären weiß, dass sein Equipment erweist. Das Quintett spielt sich auf seinem „Straight To DVD“ ist eine visuelle Retrospektive Hawking aggressiv genug zu machen, um Chuck im Studio immer besser wird und er sich kons- Debüt geschickt und jenseits der gängigen Kli- und gleichzeitige Bestandsaufnahme der bis- Norris mit einen Roundhouse-Kick auszukno- tant Ratschläge von Metal-Gott schees durch neun Tracks und beweist sowohl herigen Karriere von ALL TIME LOW aus Mary- cken. (Rucktion) Georg Büchner holt, bleiben 36 CRAZYFISTS ein für alle Mal 36 Reife im Songwriting als auch Anspruch in der land. Die DVD bietet eine im letzten Jahr in New CRAZYFISTS. „Collisions And Castaways“ mag handwerklichen Umsetzung. Auch ohne das Vor- York aufgenommene Live-Show, diverse Out- ANGELS AND ENEMIES als reine Rock-Platte geplant gewesen sein; handensein innovativer Ansätze gelingt es AGE takes sowie ein Feature, anhand dessen der Nie- Gttkmplx Holt mag Sänger Brock Lindow tatsächlich dazu OF TORMENT deshalb zu punkten. (Ultimhate/ dergang ALL TIME LOWs von der ambitionier- Der Name der Band aus gebracht haben, an Stellen zu singen, wo der nur Twilight) Arne Kupetz ten, talentierten Schüler-Band der Anfangstage der Kölner und Bonner schreien wollte, aber de facto geht es auf Album zur Hochglanzposter-Band von heute nachvoll- Ecke passt gewisserma- Nummer fünf, wenn überhaupt, Metal-lastiger ALL ABOARD! zogen werden kann. Die Live-Show liegt auch ßen auch zu ihrem ers- zu als sonst. Wenn Konstanz tatsächlich eine Radio als CD bei und beinhaltet die wichtigsten Hits ten Album, verhält es Tugend ist, dann sind 36 CRAZYFISTS quasi die Das kecke Spiel mit Klischees ist doch längst der drei Alben – jedoch mit einem gravierenden sich vom Aufbau doch Queen. Oder Könige. Aus Alaska. Ihr wisst schon, passé. Wer es heute in eine Liga mit Bands wie Schwerpunkt auf „Nothing Personal“, der letzten ebenfalls recht gegen- wie ich das meine. (Roadrunner/Warner) THE GASLIGHT ANTHEM schaffen will, muss auch Platte. (Hopeless/Soulfood) Jan van Hamme sätzlich. Kann die eine Birte Wiemann in der Lage sein, ebenso vor Kitsch und Pathos Hälfte der Songs mit der typischen Metalcore- triefende Parolen herauszugeben, die sich mit AND HELL FOLLOWED WITH Mischung nicht wirklich überzeugen, steigert sich THE ACACIA STRAIN Schlagworten wie „highway“, „memories“ oder Proprioception die Band bei einigen Liedern und haut das eine Warmwood „values“ zusammenfassen lassen. Natürlich, Die fünf Jungs aus oder andere Highlight raus. Dass ANGELS AND Kaum eine andere Band die Landstraße in Delaware ist the place to be, Michigan liefern mit ENEMIES sich bei den Texten ihrer Mutterspra- ist bei Promo-Fotos solange du nur mit dabei bist, auch wenn die ihrem zweiten Release che bedienen, kann man als mutig oder kalku- der Konkurrenz häu- Authentizität solcher Aussagen bei Mönchen- einen fast reinrassi- liert ansehen, bedenkt man, dass die ernsthafte figer auf T-Shirts ver- gladbachern eher auf Klassenfahrtsmemoiren gen Ableger des Dea- Konkurrenz mit CALLEJON und NARZISS noch treten als THE ACACIA schließen lässt. Den Schüler-Band-Vergleich thcore-Genres ab, der recht überschaubar ist. Musikalisch kann „Gtt- STRAIN. Allein dadurch habt ihr jetzt unterstellt (unterstelle ich mal), höchstens durch einige kmplx“ mit einer Mischung aus AS I LAY DYING wird deutlich, dass es aber ich weiß, sie meinen es gut. (Three Chords) progressive Anlei- und PARKWAY DRIVE (wer sollte bei Metal- sich hier um eine der Aiko Kempen hen erweitert wird. Man bekommt die Blasts, die core auch sonst als Referenz herhalten?) einige einflussreichsten Bands der neueren Musikge- Growls und die melodischen Riffs serviert, wird Akzente setzen, das Rad wird aber natürlich auch schichte handelt. Doch erschufen sie einst einen ALLEGAEON dabei aber nie das Gefühl los, vieles schon ein- hier nicht neu erfunden. Lieder wie „Im Herzen Sound, von dem sich heute Gruppen wie EMMURE Fragments Of Form And Function mal bei WHITECHAPEL gehört zu haben. Um den Bringer des Lichts“ oder „Verloren“ bewei- oder RECON ernähren, treten sie spätestens ALLEGAEON sind eine das Hörerlebnis zu erschweren, sind die meis- sen, dass bei der Band durchaus ein Gefühl für die seit „Continent“ immer mehr auf der Stelle. Die frische Brise in der der- ten Songs auch noch ziemlich gleich aufgebaut, richtige Mischung der verschiedenen Stile vor- Szene entwickelte sich weiter, die Band aus Mas- zeitigen Metal-Land- was schnell zu Langeweile führt. Es besteht kein handen ist. Diese Glanzpunkte ermöglichen es sachusetts nicht. Das heißt: Man wird von einer schaft, die jüngst Zweifel, dass AND HELL FOLLOWED WITH talen- der Band vielleicht, sich mit ihrem Album im hart Midtempo- beziehungsweise Slo-Motion-Walze nur noch aus Death- tiert sind, es fehlt einfach an den Feinheiten. Für umkämpften Markt durchzusetzen. (Apollon/ erdrückt, die immer wieder von Melodien auf- core, Sludge und Post- Fanatiker handelt es sich bei „Proprioception“ Twilight) Frank Engelhardt gelockert wird. Geblieben ist natürlich der ein- Irgendwas zu bestehen um ein Album, das man gehört haben sollte, um tönige Gesang ohne jegliche Akzente, der mitt- scheint. Denn im Gegen- bei Gesprächen mit seinem Newcomer-Wis- AVENUE SIX LEFT lerweile sicherlich ein Markenzeichen sein satz zu ihren Altersgenossen diesseits und jen- sen protzen zu können. Für Liebhaber des Gen- Faces dürfte. Selbstverständlich ist auch die druck- seits des Atlantiks setzt die Band aus Colorado res fehlen aber eindeutig die Hits, wie sie die Kol- Ein Deathcore-Debüt, das über die gesamte volle, trotzdem aber immer transparente Pro- weder auf die ewig wiederkehrenden Riffs der legen CARNIFEX oder sch- Länge nicht langweilig wird. Und das Ganze auch duktion am Start – ein Sound, der mittlerweile EYEHATEGOD- und NEUROSIS-Schule noch ver- reiben können. Vielleicht hätte ein perfekter noch aus deutschen Landen. Dass man so etwas unzählige Male kopiert wurde, vom Original aber wechselt sie das Abfeuern von Breakdowns mit Song gereicht, um ein ansonsten mittelmäßi- noch erleben darf, haben wir AVENUE SIX LEFT

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aus Pirmasens und Kaiserslautern zu verdan- ASHERS Sekunden und etwas über zwei Minuten. Musik zutage nur durch die Namen des Restpersonals, ken. Die Band bedient sich bei den üblichen Stil- Kill Your Master und Message werden also auf den wesentlichen ansonsten könnte man die Songs der letzten mitteln, arrangiert sie aber gekonnt und mit einer Wenn man im Brock- Kern verdichtet und reduziert. Die Bands agie- Veröffentlichungen unerkannt austauschen. Das gewissen Spielfreude, die das Album hörenswert haus den Begriff „Punk“ ren leidenschaftlich und wütend und stehen in ist aber kein Makel, denn Bones hat nicht nur das macht. In dieser jungen Gruppe steckt Potenzial. nachschlägt, sollte der Tradition von SPAZZ, MONSTER X, CATHE- lockerste Handgelenk der Szene, er zeigt auch, Bleibt zu hoffen, dass dieses beim kommenden daneben eigentlich ein TER, YACØPSÆ oder AGATHOCLES. Kurzum: Hier dass man noch nach über dreißig Jahren und Full-Length voll entfaltet wird und sich AVENUE Bild von Mark Civitarese stimmt, angefangen beim Cover, einfach alles. mit nur wenigen Akkorden sehr inspiriert Gitarre SIX LEFT nicht auf dem momentanen Stand der abgedruckt sein. Nicht (W.I.F.A.G.E.N.A.) Arne Kupetz spielen kann. Auch 2010 muss sich jeder Hard- Dinge ausruhen. (Deadly Sounds/Cargo) nur wegen seiner Stil- core-Gitarrist an ihm messen lassen, sowohl Frank Engelhardt sicherheit (Riesen-Iro, BALBOA BURNOUT handwerklich als auch kreativ. Das gilt ebenso nietenüberzogene Lederjacke, unzählige Täto- OKHC bezüglich der Botschaft. Von der urenglischen, wierungen), sondern weil er trotz seines beacht- Die Idee hinter BALBOA letztlich nur konsequent humanistischen „No quadruple review lichen Bekanntheitsgrades für den längst verlo- BURNOUT ist gut, der gods, no masters“-Attitüde kann sich so eini- ren geglaubten Spirit einer totgesagten Szene Wille da. Punkrock mit ges, was sich heute Hardcore nennt, ein Kreuz steht. Den meisten ist er wohl als Frontmann deutschen Texten, ein um den Hals hängen hat und für Soldaten im Irak Die digitale Revolution markiert den Niedergang von THE UNSEEN bekannt. Er hilft aber auch bisschen die eigenen spielt, eine fette Scheibe abschneiden. Prädi- von Ausdruck und Individualität in der Musik? gerne mal bei Größen wie BLOOD FOR BLOOD Helden feiern und (re-) kat: „besonders wertvoll“. (Dem Bones/Cargo) Truppen wie SONIC SYNDICATE sind gleichge- oder DEATH BEFORE DISHONOR aus. Und weil zitieren. Klare Vocals Hendrik Lukas schalteter Popmüll? Triggern ist Betrug und Andy man nie zu viele Bands haben kann, gibt es jetzt machen es dem Hörer Sneap ein Verbrecher? Wer das glaubt, ist hier auch noch ASHERS. Deren Debüt ist weit mehr einfach, das Booklet darf erst mal links liegen CAMPUS mitten drin in der Konterrevolution. Denn alles, als irrelevantes THE UNSEEN-Methadon. Wie gelassen werden. Aber schon beim zweiten Song Oh, Comely! was jetzt kommt, ist roh wie Mett und dreckig wie ein angeschossenes Tier bellt und kotzt Civita- stolpert man: Hat er wirklich? Habe ich das rich- Dass sich CAMPUS das Gewissen von Henry Kissinger. rese seine gewohnt gesellschaftskritischen Texte tig verstanden? „Du belong to me ...“ Generell ist 2004 gegründet haben, auf rauen, unsauberen Hardcore-Punk. Gangs- nichts gegen ein paar Schnipsel aus einer ande- hört man dem neuen AGATHOCLES houts und Geschwindigkeit sind die bevorzugten ren Sprache einzuwenden. Klappte bei MUFF Album „Oh, Comely!“ Peel Sessions 1997 Stilmittel, der Energie-Level wird permanent im POTTER doch auch. Aber es muss eben passen. nicht wirklich an. Wahr- Für die einen die Könige des Untergrunds, für roten Bereich gehalten. Bevor man sich Gedan- Am besten also ein kompletter Satz oder nur scheinlich haben sie die anderen schlicht Stümper, wurde den Meis- ken machen kann, dass das ja alles gleich klingt, ein Wort. Doch nicht so unglücklich zusammen- früher einfach anders tern der Seven Inches und Splits noch die Ehre ist der Spaß nach 25 Minuten auch schon wieder geschoben wie hier. Das klingt zu gewollt, und geklungen. Oder sie zuteil, beim großen John Peel live im Studio zu vorbei, aber nicht ohne sich mit einem amüsan- man weiß nicht so recht, ob man das ernst neh- wurden fi es ihres geistigen Eigentums beraubt. lärmen. Wie alle Peel Sessions klingen die Auf- ten Herrenchor-Outro zu verabschieden. Mein men soll. Und überhaupt. „OKHC“, das Liebes- Denn es gibt da eine Band, die erstaunlich ähn- nahmen völlig räudig und ungeschliffen und brin- lieber Herr Gesangsverein! (Concrete Jungle/ lied für die Szene, die Musik. Kann man mögen lich klingt. Auch diese Band hat früher mal anders gen damit den Spirit von AGATHOCLES perfekt Broken Silence) Benedikt Ernst oder nicht, klar. Aber Fehlgriffe wie „Du bist so geklungen als heute. Die frommen Bibelbrü- auf den Punkt. Das bedeutet, dass die erstge- hart, du bist so cool (...) / Ein Refugium, das mich der haben jedoch im Jahr 2006 mit nannte Gruppe in dieser Scheibe ihre Erfüllung, AYS beschützen tut“ jagen einem kalte Schauer über „Defi ne The Great Line“ ein Album vorgelegt, das die letztgenannte Bestätigung fi nden wird. So Eroded By The Breeze den Rücken. Was gute Platten ausmacht? Wich- CAMPUS ziemlich genau studiert haben dürf- hat jeder etwas davon, und das ist doch schön. Hier eine unvollstän- tig ist auf jeden Fall dieses kleine Stolpern beim ten. Die fünf Belgier erreichen auf „Oh, Comely!“ (Selfmadegod) dige Liste von Dingen, Hörer – die Stimme von MATULA, die nordi- zwar nicht die atmosphärische Tiefe der Ame- die Menschen wütend schen Rotzgemälde von TURBOSTAAT. Auf der rikaner, gehen hier und da aber etwas fl otter, PSYCHO machen können: Zug- Suche nach ihrem Stolperstöckchen verrennen schnörkelloser und dadurch auch wuchtiger zu The Grind Years verspätungen, Stau, sich BALBOA BURNOUT leider etwas zu oft. Zu Werke. Das Album überrascht immer wieder, Die nächsten Primitivrumpler im Bunde sind Stress mit den Eltern, gewollt, zu offensichtlich, manchmal zu einfach: pendelt zwischen brachialen Ausbrüchen und PSYCHO, Split-Kumpels von AGATHOCLES und den Geschwistern oder „Super, super wie Benzin.“ Da hilft leider auch ruhigen Momenten, ohne dabei aber jemals auch auch sonst Brüder im Geiste. „The Grind Years“ dem Chef, Deutsch- kein graduierter Milo. (Twisted Chords/Broken nur ansatzweise in die Weichei-Ecke abzudriften ist eine Zusammenstellung der 52 Single- und landfähnchen an Autos und die dazugehöri- Silence) Pia Schwarzkopf – den viel zu oft in dieser Musikrichtung gehör- Split-Songs der Jahre 1990 bis 94, außerdem gen Bockwurst-Partys, Disko-Prolls, Dumm- ten Klargesang sucht man glücklicherweise ver- gibt es noch ein paar verhältnismäßig gut aufge- heit. Also eine Menge. Und oft ist es nicht allzu BITTER END gebens. CAMPUS haben mit „Oh, Comely!“ ein nommene Live-Videos plus ein unveröffentlich- leicht, bei all dem einen klaren Kopf zu behal- Guilty As Charged wirklich gutes, schweres Stück Post-Hard- tes Stücks als Bonus. Die Scheibe dokumentiert ten. HIGHSCORE beschrieben diese Problematik Ah, Handschellen auf core geschmiedet, dass sich in Europa durch- einerseits eine gewisse Entwicklung vom Hard- einst mit den Worten: „Trying to stay sane in this dem Cover. Es war nur aus gegen die Genrekonkurrenz behaupten kann. core/Crust der Anfangstage zu etwas metalli- insanity“. Und es klingt fast wie eine pessimisti- eine Frage der Zeit, bis Nicht zuletzt auch wegen des schönen Artworks. scheren Songs, andererseits aber auch, dass es sche Antwort, wenn Florian Schommer von AYS ein sonnenbebrillter Und immerhin das ist defi nitiv nicht bei UNDERO- Bands gibt, die so Zeug irgendwie geiler rüber- brüllt: „It’s so hard to stay myself!“ Wie angepisst texanischer Bulle diese ATH abgeschaut. (Funtime) Carl Jakob Haupt bringen. Dennoch sind PSYCHO für viele Men- er dabei wirkt ... Überhaupt scheint seine Band Typen aus San Anto- schen Kult, womit diese Platte für Fans, die die in den vergangenen Jahren einiges an Boshaf- nio vor den Redneck- CAN’T BEAR THIS PARTY zahlreichen Originalveröffentlichungen nicht tigkeit zugelegt zu haben. Das merkt man „Ero- Richter bringen würde. Ain’t No Princess besitzen, ziemlich essenziell sein dürfte. (Self- ded By The Breeze“ deutlich an: zwölf geladene Zuviel Klischee? Wieso? BITTER END haben doch Mal ehrlich: Frankreich madegod) Manifestationen grenzenloser Wut – untermalt damit angefangen. „Guilty As Charged“ ist die ist im Bereich Punk/ von kleinen, aber sehr ausschlaggebenden und direkte Fortführung von „Climate Of Fear“: klare, Hardcore eher ein wei- UNHOLY GRAVE vor allem düsteren Ambient-Sequenzen zwi- wuchtige Produktion, heavy Hardcore wie in New ßer Fleck auf der Land- Grind Killers schen den Liedern als wertvolle Details, damit York City ab circa 1986, also CRO-MAGS, KIL- karte. Jedenfalls wird Japanische Krawall-Combos klingen gerne ein- die Endzeitstimmung niemals abreißt. Doch am LING TIME, BREAKDOWN, aber auch BIOHAZARD das hier bis auf einige mal besonders kaputt, und die allerfertigsten wichtigsten bleiben natürlich die Lieder selbst, in (Sänger Daniel Rosen rappt manchmal fast), wenige Ausnahmen sind derzeit zweifellos UNHOLY GRAVE. Aufge- denen Schommer mit aller Kraft und Lautstärke und viel Chugga-Chugga-Geriffe für raumgrei- so wahrgenommen. nommen auf Tour in einem Proberaum in Hol- nach außen kehrt, was in ihm vorgeht. „I need fende Moshpit-Aktionen. Großartig, wie BITTER Und wäre nicht Kollege Zufall im Spiel gewe- land innerhalb von zwei Stunden, kann man sich to breathe“, heißt es einmal. Das glaube ich dir, END diesen Sound und vor allem die Spätacht- sen, wären CAN’T BEAR THIS PARTY auch nicht „Grind Killers“ in etwa vorstellen wie die auch mein Lieber, das glaube ich dir. (Cobra/Mad Mob/ ziger-Punk-Attitüde von der Lower East Side im Fuze gelandet. So jedoch bietet sich die Mög- schon nicht gerade hochglanzpolierten HIS Cargo) Joss Doebler nach Texas verpfl anzen. „Guilty As Charged“ lichkeit, mal nicht immer nach Übersee, sondern HERO IS GONE nach zwanzig Jahren Crystal- klingt nach staubigen Hinterhof-Gigs und Kel- nach nebenan zu schauen. Zugegeben, die sechs Meth-Missbrauch auf dem Höhepunkt eines kal- BAD LUCK RIDES ON WHEELS / lershows inklusive Einsatz von Sheriff’s Depart- Franzosen sind stark von FOUR YEAR STRONG ten Entzugs. Abgefuckter geht es einfach nicht. AGUIRRE ment und Einwanderungsbehörde. In „Suenos beeinfl usst. Dennoch gibt es kleine, aber feine Spontan erst mal cool und natürlich schonungs- Tubes Gave Us Wings muertos“ treiben BITTER END das Spiel mit dem Unterschiede. Das Keyboard steht mehr im Vor- los ehrlich, jedoch darf es auf Dauer schon ein Noch eine interessante Split-Veröffentlichung in Tex-Mex-Appeal auf die Spitze. Das klingt hier dergrund, und wer einen Breakdown mit Glo- wenig mehr Musikalität sein. (Selfmadegod) dieser Ausgabe, und erneut ist mit AGUIRRE eine aber wesentlich glaubwürdiger und zwingender ckenspiel begleitet, hat eh gewonnen. „Ain’t französische Band dabei. Den Counterpart über- als damals, als STRIFE kurzzeitig mal SEPULTURA No Princess“ ist das Beste, was seit langem von BLOOD I BLEED / MASSGRAV nehmen BAD LUCK RIDES ON WHEELS aus Ros- sein wollten („Angermeans“, 2003). Danach unseren Nachbarn zu hören war – vor allem nach Split tock. Bei denen frage ich mich ernsthaft, wieso werden BITTER END mit „Inborn“ fast eine Metal- dem Trauerspiel von Les Bleus bei der WM. Liebe Diesem Wunsch kommen beide auf dieser sie nicht schon längst sehr viel bekannter sind. Band, wobei Metal in diesem Zusammenhang Franzosen, Bands wie CAN’T BEAR THIS PARTY Split vertretenen Bands nach, denn sie hacken Drei monströse Doom-Songs in 33 kurzweiligen immer auch bedeutet. (Dea- beweisen, dass es keiner Quote für französisch- ihren einigermaßen geradeaus run- Minuten sind schließlich ein beeindruckender thwish/Indigo) Ingo Rieser sprachige Musik bedarf, um gute Musik hervor- ter und klingen – wenn auch minimal – produ- Arbeitsnachweis. AGUIRRE (benannt nach dem zubringen. „Ain’t No Princess“ hat alle Qualitä- zierter. Neumodischen Kram wie Metal halten Film mit Klaus Kinski) gehen ähnlich vor, benö- BROKEN BONES ten, um einen dicken, fetten Fleck auf der Land- sowohl die Niederländer wie auch die Schweden tigen für ihre Zeitlupeninterpretation des Todes Fuck You! And All You Stand For karte Frankreichs zu hinterlassen. Bleibt zu hof- außen vor, die musikalischen Einfl üsse begin- in drei Akten aber nur 25 Minuten und gefallen Versuchen wir, sach- fen, dass dies hüben wie drüben auch wahrge- nen mit DISCHARGE und enden mit dem Auftau- mit ihrer „Fuck you!“-Attitüde sogar noch etwas lich zu bleiben. Bones nommen wird. (Guerilla Asso) Dennis Meyer chen von REPULSION. Außerdem sind nicht nur besser. (W.I.F.A.G.E.N.A.) Martin Schmidt ist der Gottvater des beide Bands gleich gut, sie klingen gar so ähn- Hardcore-Riffs und mit THE CASTING OUT lich, dass man meinen könnte, hier zwei aufein- BIZARRE X / TRIGGER DISCHARGE ebenso The Casting Out anderfolgende EPs derselben Combo zu hören. Split prägend für das Genre Nathan Gray hat sich Was in anderen Genres zu bemängeln wäre, ist Sowohl BIZARRE X als auch TRIGGER mögen es wie Iommi/BLACK SAB- nach der Aufl ösung von bei dieser reduzierten Art von Musik fast unver- kurz und knackig und treten als Drum’n’Bass- BATH für den Metal. Zum BOYSETSFIRE ein neues meidlich, so dass man sich als Freund des krassen Bands an. Will heißen, dass sie ihren Thrash/ Glück kennt der Meister mit der Gebissruine keine Genre erschlossen: weg Gescheppers diese kurzweiligen zwanzig Minu- Fast/Grindcore-Powerviolence-Punk-Mix allein Altersmüdigkeit, denn nur ein Jahr nach der letz- von politisch motivier- ten ohne Reue anschaffen kann. (Selfmadegod) unter Nutzung von Bass, Schlagzeug und Gesang ten DISCHARGE-Platte gibt es schon wieder fri- tem Hardcore, hin zu Hendrik Lukas entwickeln. Die Spielzeiten der fünfzehn Tracks schen Stoff von seiner Nebenspielwiese. Im unbeschwertem Indie- dieser Split-Ten-Inch variieren zwischen 26 Grunde unterscheiden sich beide Bands heut- Rock mit viel Herzblut.

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33-41Fuze23.indd 34 11.07.10 21:05 Mittlerweile hat sich die neue Band etabliert COMEBACK KID und Beständigkeit – man hat sich nicht verbie- und die Assoziationen mit der bekannten Vor- Symptoms & Cures gen lassen, sondern eine feine Chance wahrge- gänger-Band des Sängers verstummen immer Ein Symptom ist im nommen. (Atlantic/Warner) Dorian Becker mehr. Beim Nachfolger von „Go Crazy! Throw medizinischen Sinn Fireworks!“ verzichtet man sogar auf einen eige- ein Merkmal, das auf COPYKILL nen Titel und stellt die Musik in den Vordergrund. eine Erkrankung hin- Fucking Restless Die zwölf Stücke bleiben zwar im Ohr hängen, weist. Aufgrund der „Fucking Restless“ überschreiten aber nie die Schwelle zu aufdring- Bestimmung und Deu- klingt, als würde ein licher Eingängigkeit. Häufi ger als beim Vorgän- tung dieser Zeichen wütender T. Rex den ger steigert sich die charakteristische Stimme kann ein Befund erstellt brüllenden Löwen von Grays zu durchdringendem Schreien und schafft und der Patient spezifi sch behandelt werden. Metro-Goldwyn-Mayer zusätzliche Dynamik. Obwohl als kleines Manko Im Falle von COMEBACK KID lautet die Diag- würgen. Da braucht man Spermbirds einzuwenden ist, dass die Aufnahmequalität nose seit jeher: melodischer Old-School-Hard- nicht viele Worte zu ver- nicht an das Niveau des ersten Albums heran- core. Da tanzt auch das neue Werk der Kanadier lieren, COPYKILL wis- »A Columbus Feeling« kommt, trübt das keineswegs das Gefühl purer nicht aus der Reihe. Trotzdem stellt „Symptoms sen einfach, was sie machen: brutalen Ruhrpott- LP/CD Lebensfreude, das die Musik vermittelt. Wer & Cures“ eine Steigerung zum Vorgänger dar. Mosh. Die meisten der Jungs sind seit gut zwölf also gerne das Tanzbein schwingt, ist auch mit Vielleicht hat Sänger Andrew Neufelds Neben- Jahren in der Szene unterwegs. Als COPYKILL der neuen Scheibe von THE CASTING OUT bes- projekt SIGHTS & SOUNDS als Inspirationsquelle 2002 eine Pause einlegten, widmeten sich die tens bedient. Zudem muss man eine Lanze bre- und Ausgleich indirekt auch seiner Haupt-Band Band-Mitglieder anderen ehrgeizigen Projekten chen für eine Band, die nicht mit Dollarbündeln genutzt. Die klingt nämlich wütend wie immer, wie DEADSOIL, MACHINEMADE GOD oder CLOB- und einer fetten Promotion-Abteilung im Rücken aber facettenreicher, und traut sich auch mal ein BERIN TIME. Für „Fucking Restless“ hat man dann agiert, sondern so ausgesprochen ehrlich und einminütiges, instrumentales Intro einzubauen wieder alle musikalischen Kompetenzen ver- authentisch ist wie diese. (Eyeball/Cargo) oder sich an raffi nierten Taktwechseln zu ver- eint und präsentiert sich mit einem ausgereiften Florian Auer suchen. Und beim Refrain von „G.M. Vincent & I“ Songwriting, dem man die Wurzeln im Metalcore könnte man sogar glauben, BILLY TALENT hät- und Old-School-Hardcore anhört. Einen nicht zu ten das Songwriting übernommen. Davon abge- unterschätzenden Einfl uss auf das Endprodukt vip review sehen, ist allerdings RISE AGAINST eine treffen- hatte sicher auch Alexander Dietz von HEAVEN dere Referenz, um die eine oder andere Ähnlich- SHALL BURN, der den ganzen Spaß produziert keit zu entdecken. Gleichwohl sticht kein Stück hat. Würde es nicht so daneben klingen, würde CONSTANTS besonders hervor. Nicht, weil es keine Höhe- ich das Ganze eine fucking geile Sache nennen, Das neue Album der If Tomorrow The War punkte gäbe, sondern weil das gesamte Werk die man auf jeden Fall gehört haben sollte, wenn Für all diejenigen, die überzeugt. Bleibt also zu hoffen, dass der Pati- man HATEBREED und MERAUDER mag. Ach ja, deutschen HC-Legende! mit CONSTANTS nicht ent COMEBACK KID noch lange auf Heilung war- ich möchte noch aufklären, warum der T. Rex den vertraut sind: Es handelt ten muss. (Victory/Soulfood) Florian Auer MGM-Löwen überhaupt angreift. Beide haben Burning Fight Tour sich um eine progressive Violent Dancing zu COPYKILL gemacht, und der und atmosphärische CELESTE Löwe hat sich darüber amüsiert, dass der T. Rex Rock-Band aus . Morte(s) Nee(s) mit seinen kurzen Armen dabei so komisch aus- feat. Youth Of Today „If Tomorrow The War“ Sie spricht Französisch, sieht. (Filled With Hate) Georg Büchner & ist ihr neues Album, und man ist von der ers- und es ist der Hammer. Produziert von Justin K. ten Sekunde an von ihr CRUEL HAND Spermbirds Broadrick von JESU, hat es diesen dreckigen, fasziniert. Sie hat viel Lock & Key schweren und dunklen Klang, den man von die- erlebt, das spürt man. CRUEL HAND aus Maine präsentiert von sem Stil erwartet – gleichzeitig klingt die Platte Nicht nur schöne Dinge. waren mal ein Neben- total voluminös. CONSTANTS wissen wirklich, Oh nein. Doch sie ist projekt von OUTBREAK- Visions, Fuze, Ox/Livegigs.de wie man Gitarren und Synth-Pads übereinan- nicht nur traurig, da ist Musikern. Nach einigen der schichtet. Der fünfte Song, „A quiet edifi ce“, auch Wut. Sehr viel Wut. Bei aller Verletzlich- Besetzungswechseln ist Flight 13 & Triggerfish ist dafür ein perfektes Beispiel. Hier hört man keit und Verzweifl ung wirkt sie immer auch stark. von dieser Querverbin- außerdem etwas, das ich einen leichten MEW- Sie strahlt eine fast unheimliche Klarheit aus, dung nichts geblieben Einfl uss nennen würde. „The sun, the earth“ ist in der man sich nur allzu leicht verlieren kann. – außer der günstigen 16.09. CH-Lyss, ein härterer Song, zu dem meine Wenigkeit ein Wenn man sich ganz auf sie einlässt, glaubt man Gelegenheit für einen Hinweis auf das letztjäh- bisschen Geschrei beigesteuert hat. Die melodi- irgendwann, sich in ihr zu spiegeln, sein eigenes rige Hammer-Album „Outbreak“ auf Think Fast! Kulturfabrik scheren Tracks wie „Maya ruin“ und „Spiders in Ich in ihr zu erkennen. [...] Ich kann ihre Schreie Records. CRUEL HAND haben jetzt also Priori- 17.09. Saarbrücken, white“ sind mir aber fast noch lieber. Sänger und nicht mehr ertragen. Warum hört sie nicht auf zu tät und sind dadurch in erster Linie permanent Gitarrist Will Benoit hat wirklich ein paar groß- weinen? Warum hört sie nicht auf zu winseln wie auf Tour. Es ist deshalb kein Wunder, dass sie Garage artige Harmonien geschrieben. „If Tomorrow ein Tier? Ich halte meine Unsicherheit nicht mehr genau das schreiben, was im Moshpit alle durch- The War“ ist eines der Alben, bei denen man mit aus. Meine Angst bringt mich um. Aber es sind nur drehen lässt: Hardcore mit wenig Metal und viel 18.09. B-Hasselt, jedem neuen Durchlauf neue versteckte Juwelen ihre Schmerzen, die zu hören sind, nicht meine. Groove, viel Mosh und viel New York City (siehe Muziekodroom entdeckt. Acht Songs, alle um die fünf Minuten – Ich fühle mich schuldig. Irgendwann sind die DOWN TO NOTHING, NO TURNING BACK, MAD- das ist außerdem genau die richtige Länge, um Schreie verstummt. Die Ruhe ist noch schwerer BALL, SUBZERO und so weiter). Metal fi ndet auf 19.09. NL-Den Bosch, sich nicht überfordert zu fühlen. (Make My Day/ zu ertragen als der Lärm. Ich höre nur noch mei- „Lock & Key“ vornehmlich als Reminiszenz an Alive) Andrew Neufeld, COMEBACK KID nen eigenen Atem und sinke erschöpft zu Boden. alte METALLICA- oder CORROSION OF CONFOR- W2 Aber ich lebe. Das ist mir jetzt klarer als jemals MITY-Riffs statt, ohne die Songs zu dominie- 20.09. Köln, Gebäude 9 zuvor. Du fragst mich, wer sie ist. Sie ist das Mäd- ren. CRUEL HAND verstecken kleine Gesangs- CLINGING TO THE chen auf dem Cover von „Morte(s) Nee(s)“. Sie passagen und Melodien, verbauen Gitarrensoli 21.09. NL-Amsterdam, TREES OF A FOREST FIRE ist die Musik von CELESTE. (Denovali/Cargo) und Sing-Alongs wie im Schlaf, ohne die Wut und Songs Of Ill Hope And Desperation Thomas Renz die Konzentration zu verlieren. Das ist für sich Melkweg * In Europa starten CLIN- genommen und als Fortsetzung des Vorgängers 22.09. Hannover, Faust GING TO THE TREES OF CIRCA SURVIVE „Prying Eyes“ keine Überraschung, aber einfach A FOREST FIRE als New- Blue Sky Noise mitreißend umgesetzt. Ihre Schublade verlassen 23.09. Berlin, SO36 comer, auch wenn die Auch beim dritten Album CRUEL HAND allerdings – wie ungezählte Kol- Band aus Denver schon der avantgardistischen legen – zu keiner Zeit. Warum dabei so oft nur 24.09. Essen, JZE vier Jahre lang aktiv ist Indie-Rocker CIRCA Metalcore-Langeweile rauskommt und manch- und bereits eine MCD SURVIVE muss man mal eben nicht, ist eine gute Frage. (Bridge Nine/ 25.09. Leipzig, und ein Album namens sich staunend fragen, Soulfood) Ingo Rieser Conne Island „Omega Drunk On The Blood Of Alpha“ veröf- was mit Anthony Greens fentlicht hat. Zwischen Death Metal, Hardcore, Stimme los ist. Doch im DEVIL SOLD HIS SOUL 26.09. CZ-Prag, Sludge, Screamo, Powerviolence und Grindcore Kontext des schwermü- Blessed & Cursed geht das Quartett auf seinem Prosthetic-Ein- tigen, leicht proggigen Klanggerüsts seiner Band Bislang hat man hierzu- Lucerna Music Bar stand augenblicklich in die Offensive und wirbelt, ist der fast schon kindlich anmutende Gesang lande nicht viel von die- 27.09. A-Wien, Szene was das Zeug hält. Oder sie erschafft schlep- des 28-Jährigen einfach ein echter Volltref- ser Band gehört. Nach pende Tracks, die als bitterböse Downer wir- fer. Mit „Blue Sky Noise“ befreit sich das Quin- sechsjährigem Beste- 28.09. A-Graz tba * ken, was aber seltener vorkommt. „Songs Of Ill tett aus Philadelphia endgültig und absolut ver- hen und einem ers- Hope And Desperation“ ist kein Album, das man dient aus der mittlerweile wenig schmeichelhaf- ten Album beschränkt 29.09. München, nebenbei hören kann. Ganz oder gar nicht lautet ten Emo-Schublade. Das ist genau die Platte, die sich der Bekanntheits- Backstage die Devise. Sich auf CLINGING TO THE TREES OF man sich nach den beiden bereits großartigen grad von DEVIL SOLD A FOREST FIRE einzulassen, garantiert ein Wech- Vorgängern von CIRCA SURVIVE erhofft hatte. HIS SOUL überwiegend auf Großbritannien. 30.09. Wiesbaden, selbad der Gefühle und krasse Kontraste. Die Keine Revolution, keine Neuerfi ndung, sondern Dies dürfte sich mit der ersten Platte für Century Jungs haben ein Album eingespielt, das sich jen- einfach nur die spürbar konsequente Weiterent- Media ändern. Zu gönnen wäre es der Formation. Schlachthof seits der gängigen Spielmuster eigene Stilkom- wicklung einer höchst ehrgeizigen Band, deren Ihre Interpretation von Post-Hardcore, verbun- binationen und Ausdrucksformen sucht, weshalb Musik langsam, aber sicher das Erwachsenenal- den mit progressiven Elementen, ist zumeist sehr * ohne Spermbirds man bereitwillig Zeit und Konzentration inves- ter erreicht hat. Die Unkenrufe von wegen „Kom- episch gehalten und spielt mit unterschiedlichen tiert. Die ungestüme und spontane Schlagseite merz“ und „Pop“ wird es vermutlich wie gewohnt Stimmungen, wobei hauptsächlich düstere Tra- www.adticket.de der Songs überzeugt, wobei es CLINGING TO geben, und sei es nur, weil eine weitere „Emo“- gik und Verzweifl ung zum Ausdruck kommen. THE TREES OF A FOREST FIRE sogar immer wie- Band ihr Debüt bei einem Major-Label feiert. Im Zusammen mit harmonischen, klar gesungenen der gelingt, den Hörer unvorbereitet zu treffen. Falle von CIRCA SURVIVE jedoch ergibt sich die Refrains erinnert das atmosphärische Geschrei (Prosthetic/Soulfood) Arne Kupetz „Beförderung“ aus ausgezeichneter Leistung von Sänger Ed Gibbs an den Frontmann der

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ARCHITECTS. Hinzu gesellt sich eine instrumen- trägt, eine Art Bedienungsanleitung oder Inter- tuell zusammen. Man muss das so leicht pathe- double review tale Begleitung, die sehr komplex geraten ist. pretationshilfe und vielleicht den besten apho- tisch schreiben, da eine Begegnung Jonah Mat- Wie das Rauschen eines Wasserfalls bildet diese ristischen Text des Jahres. Eigentlich hätte er rangas mit dem bekanntermaßen im Koma lie- einen konstanten Grundteppich, auf dem der es verdient, hier in Gänze abgedruckt zu wer- genden DEFTONES-Bassisten als Ins- Auch Relapse Records sind letztendlich nur eine Gesang zum Tragen kommt. Es ist eine düstere den. END OF A YEAR bleiben auch auf „You Are piration für den Text von „At night we live“ diente. normale Plattenfi rma. Das bedeutet, dass ihre Mischung, die die Briten da abliefern, weniger auf Beneath Me“ entfesselt, von Euphorie durchfl u- Mit dem Kardinalfehler, nämlich die guten alten Strategie zur Entwicklung neuer Künstler vor rotzige Art, vielmehr gediegen und edel. DEVIL tet, lebenswahr, kontrovers und kauzig. In dich- Zeiten beim Konsum des aktuellen FAR-Albums allem darin besteht, Epigonen einer erfolgrei- SOLD HIS SOUL verlangen dem Hörer höchste tere Songs gepackt, ist die Wirkung noch dop- zu bemühen, sollte jedoch spätestens an dieser chen Band unter Vertrag zu nehmen, schnell zu Aufmerksamkeit ab, um ihre beabsichtigte Wir- pelbödiger und man trägt Kindlons Gedanken Stelle Schluss sein. Lebte „Water And Solutions“ veröffentlichen und zu hoffen, die Welle noch kung entfalten zu können: das Empfi nden tief noch länger mit sich herum. (Deathwish/Indigo) von seiner scheppernden und fragilen Atmo- eine Weile reiten zu können. Nachdem MAST- verwurzelter Emotionen. (Century Media/EMI) René Schuh sphäre, die einem auch heutzutage noch glaub- ODON, BARONESS und allesamt Florian Auer haft vermitteln kann, dass Musik besser sein kann dank Relapse den Durchbruch geschafft haben, FAILSAFE als das Leben, ist FAR mit dem neuen mindestens das Label aber nur bei BARONESS auch etwas DARK SENSATION What We Are Today ein überdurchschnittliches Alternative-Rock- davon hatte, da die anderen Bands inzwischen Trendkill Dass eine relativ unbekannte Band aus England Album gelungen. Manchmal krabbelt dieses alte bei der Konkurrenz sind, schickt es nun HOWL Die aus Belgien stammenden DARK SENSATION ihr Debüt aus dem Jahre 2005 wiederveröffent- Gefühl den Körper hoch, das man eben hat, wenn und BLACK TUSK ins Rennen, um vom Stoner/ sind wahlweise als modern orientierte Thrash- licht, obwohl seit Anfang 2009 ein neues Album Jonah Matranga in dieser einen Tonlage singt und Sludge-Trend wenigstens noch ein bisschen zu Band mit kleiner Death-Metal-Kante oder als erhältlich ist, ist irgendwie komisch. Bei FAIL- sich darüber die Gitarren stapeln. Manchmal ist profi tieren. toughe Metalcore-Combo zu verstehen. Als SAFE macht das dann aber doch irgendwie Sinn. das allerdings alles ein wenig zu dick aufgetragen maßgebliche Inspirationsquellen scheinen den „What We Are Today“ ist nämlich Rock-Musik, und man wünschte sich, der gute alte Sardy hätte HOWL fünf Musikern PANTERA, HATESPHERE, HATE- die noch Ecken und Kanten hat, die auf dem das Teil aufgenommen. (Arctic Rodeo/Alive) Full Of Hell BREED und gedient zu haben. Nachfolger leider abgehobelt und abgeschliffen René Schuh HOWL konnten im letz- DARK SENSATION haben sich einen Sound ange- wurden, bis nichts mehr davon übrig war. Gefäl- ten Jahr bereits durch eignet, der einen guten Kompromiss aus sprö- lig ist das. Und dass ich aus dem Stegreif drei FROM CONSTANT VISIONS eine EP ein erstes Aus- der Härte und wuchtigen Midtempo-Grooves britische Amateur-Bands aufzählen kann, die Feast With The Beast rufezeichen setzen darstellt. Abstriche gibt es jedoch dafür, dass exakt genauso klingen, ist mal gar nicht schlimm. Es war einmal ein kleiner und eine gewisse Vor- die Belgier nicht einmal ansatzweise versuchen, Gefällig heißt schließlich nicht revolutionär. Und Junge namens Atréju, freude auf ihr Debütal- eigene Trademarks herauszuarbeiten, und sich wo kämen wir denn hin, wenn wir jeden Tag eine der mit Pfeil und Bogen bum schüren. „Full Of damit begnügen, ihre Helden unrefl ektiert zu Revolution hätten? (Fond Of Life/New Music) auf seinem Schim- Hell“ ist nun draußen kopieren. (Ultimhate/Twilight) Arne Kupetz Birte Wiemann mel Artax für die Kind- und macht im Grunde alles richtig: Die Produk- liche Kaiserin kämpfte. tion von Keith Souza ist nahezu perfekt für die- DRAMA FANZUI XIANGFA / SS20 Er gab sogar dann nicht sen zähen Sludge-Brocken, die Band weiß, wie Sin Perdón Split auf, als sein treues Ross man Melodien einsetzt, alles wirkt wie aus einem Vier Tracks ruppiger, metallischer Hardcore zwi- FANZUI XIANGFA sind eine Pekinger Hardcore- im Sumpf versank. Das ist übrigens die Szene Guss. Das Problem dabei ist, dass HOWL abso- schen CRO-MAGS und STRIFE aus Barcelona. Die Punk-Band mit US-amerikanischen Austausch- in „Die unendliche Geschichte“, die mir wahr- lut nichts Neues aufs Tableau bringen – fast alle zu drei Vierteln weiblich besetzte Band bietet musikern und einem Schweden, der mal Gitarrist scheinlich noch heute die Tränen in die Augen Riffs, Breaks und Melodien hat man schon ein- keine großen Auffälligkeiten beim Songwriting, bei DS-13 war. Oder so ähnlich, ganz genau soll treiben würde. So sind Mädchen halt, wenn es um mal von anderen Relapse-, Tee-Pee- oder Pro- und Shouterin Michelle agiert oft am Limit ihrer es die chinesische Geheimpolizei vielleicht auch Ponys geht. Aber halt, wir reden hier von Atréju, found-Lore-Bands gehört. Es gibt folglich keinen Fähigkeiten (das heißt: nah am Gekrächze). Doch gar nicht wissen. Schnell, wütend und unglaub- dabei ist die Band, um die es gehen soll, gar nicht Grund, sich „Full Of Hell“ zu kaufen – vor allem ihre Mankos machen DRAMA mit Punk-Attitüde, lich DIY sind sie. Die Gitarristen beschränken sich ATREYU. Sondern FROM CONSTANT VISIONS, wenn man „Snakes For The Divine“ von HIGH ON Wut und einem außergewöhnlich gelungenem nicht allein auf Tempo, und es wird dreisprachig denen man tatsächlich zu Gute halten muss, dass FIRE und „The Red Album“ von BARONESS zu Artwork wett. Kann man gebrauchen. „Rompi- gebrüllt. Super! SS20 können nur Deutsch und sie den Morast geschickt umschiffen, in dem so Hause hat. (Relapse/Rough Trade) endo el silencio“ ist jedenfalls ein Hit. Das Ganze Englisch und klingen ebenfalls wie irgendwas viele andere deutsche Bands gern versinken: Sie kommt gepresst auf Vinyl, inklusive Download- auf Havoc Records. Die Death-Growls erinnern klingen nicht deutsch. Das Handwerk ist gelernt, BLACK TUSK Code. (Hysterical/Ojalä Me Muera/Redstar73) allerdings daran, dass JAPANISCHE KAMPFHÖR- die Einfl üsse abgesteckt, und dass der Anfang Taste The Sin Ingo Rieser SPIELE thematisch noch besser gepasst hät- des dritten Songs auf „Feast With The Beast“ fast Bei BLACK TUSK sieht ten. Vinyl plus Download-Code, 800 Exemplare, schon unverschämt an ALEXISONFIREs „Hey, it’s die Sache dagegen END OF A YEAR featuring textlicher Rundumschlag gegen alles. your funeral, mama“ erinnert, lassen wir mal als schon deutlich besser You Are Beneath Me (W.I.F.A.G.E.N.A.) Ingo Rieser augenzwinkernde Ironie durchgehen, heißt der aus, doch auch das Trio Abgehackt wie Patrick Track doch „Canada is bleeding“ – und ALEXI- aus Savannah, der Hei- Kindlons Bühnenbe- FAR SONFIRE kommen bekanntlich aus genau diesem matstadt von BARO- wegungen ist auch das At Night We Live Land. Trotzdem denke ich die ganze Zeit, dass NESS, gewinnt keinen Leben manchmal. Ver- Zurückdenken an Zei- ich eine ATREYU-Platte mit Achtziger-Gitarren Originalitätspreis. Das quer wie seine berüch- ten, in denen man Bands höre. Ob das nun gut oder schlecht ist, muss jeder scheitert schon am allgegenwärtigen John-Baiz- tigten Spoken-Word- auch immer mit deren für sich selbst entscheiden. Meine Augen zumin- ley-Artwork von „Taste The Sin“, mit dem sich Darbietungen, die die Produzenten zu erklä- dest bleiben trocken. Schließlich versinkt hier die Band in eine lange Reihe von Sludge-Bands abstrusesten The- ren versuchte. Terry kein Pony im Sumpf. (ASR/Soulfood) mit ähnlichem Cover einreiht. Musikalisch sind men streifen, umkreisen und zuspitzen, sind Date und Dave Sardy. Birte Wiemann BLACK TUSK dagegen weit genug von den gro- auch unsere Gedanken bisweilen. Patrick Kind- Date stand für den ßen Namen des Genres entfernt, um sich eine lon erzählt Geschichten, konstant neben der modernen Metal, DEF- FROM PLAN TO PROGRESS eigene Identität zu erschaffen. Zwar können sie Tonspur. Der Bass wummert, das Schlagzeug TONES zum Beispiel. Sardy eigentlich eher für Ink Stains & Incidents den klassischen Louisiana-Sludge nicht ver- bleibt stoisch. Eigentlich singen bei END OF A Schepper-Bands, aber eben auch: FAR. In die- Ich habe eine Zeit- , dieser dominiert den Sound aber auch YEAR die Gitarren, das fällt bei ihrem mittler- sem Fall für ihr zu spät über sich selbst hinaus- maschine zu Hause. nicht. BLACK TUSK setzen lieber auf Punk sowie weile dritten Album mehr auf denn je. Der Sän- gewachsenes Emotionen-Kleinod „Water And Sie funktioniert aller- ein wenig Thrash und Crust. Diese Uptempo- ger, der seine narrative Vortragsweise ein biss- Solutions“. Beide Bands eint(e) eine weit zurück- dings nur vorwärts und Kante gibt dem Album einen fulminanten Kick chen bei Ian MacKaye abgeschaut hat, schleu- reichende Freundschaft, die Heimatstadt und mit einer Sekunde pro nach vorne und sorgt dafür, dass man diese Band dert Gedankenfetzen über die Musik. Und er hat gemeinsam verbrachte Stunden im Tourbus. Und Sekunde. FROM PLAN unbedingt einmal live erleben will. Klarer Sie- dazugelernt. Ein wenig zumindest. Damit er nicht heute? Laufen die DEFTONES ein Stück weit zu TO PROGRESS haben ger sind deshalb BLACK TUSK. (Relapse/Rough wieder falsch verstanden wird (oder gerade des- alter Form auf, und auch FAR melden sich nach auch eine, aber die ist Trade) Martin Schmidt wegen), gibt es mit „Composite character“, dem Jahren der Funkstille zurück. Beide Bands hält in den Neunzigern stehengeblieben. Und auch einzigen Song, der nicht den Namen einer Person der Albumtitel und der gleichnamige Song spiri- wieder nicht. Soll im Klartext heißen: „Ink Stains

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& Incidents“ ist eine von Neunziger-Skatepunk hypnotischen Songs wie eine mit Gitarren ver- zig. Vorsichtig, immer eher zu introvertiert und beeinfl usste Platte, die trotzdem nicht altba- stärkte Version von OM. Und mit nur drei Songs fabelhaft bebildert, erzählt „And Miles To Go cken klingt. Irgendwie schafft es das Quartett wird die Chose auch nicht langweilig. GOUDRON Before I Sleep“ vom Alltäglichen. So alltäglich, aus Brighton, ihre rotzigen Punkrock-Hymnen sind dann die französische Ausgabe des inzwi- dass diese Momente unbemerkt an einem vor- so frisch klingen zu lassen, als wären die letz- schen fast schon klassischen Stoner/Sludge- beiziehen würden, hätte sie Tobias Heiland nicht ten zehn Jahre nicht passiert. Vor allem hört sich Duos. Das ist aber auch schon alles, was man festgehalten. Ehrlich, ohne Schnörkel, nie weh- die Band fast gar nicht nach England an, sondern über GOUDRON wissen muss, denn ihre vier leidig und wunderschön vorgetragen. Die Kurz- eher nach Kalifornien oder Malmö. Auch ihre Songs hat man alle schon irgendwie von anderen geschichtensammlung zum Hören. Und genau Geschichtshausaufgaben haben FROM PLAN TO Bands gehört. Fazit: GRANIT 665 haben Poten- deswegen nicht überfl üssig in der Akustikgitar- PROGRESS gemacht: Sie orientieren sich an den zial. GOUDRON werden untergehen. (Chanmax) ren-Liste, die wohl mittlerweile länger ist als die 26.8. Stuttgart Longhorn wirklich guten Bands der vergangenen Epoche Martin Schmidt Bärte ihrer Hauptdarsteller. Wenn Tim Vantol der +guests: Random Hero (manch einer wird mir bei der folgenden Gewich- große Bruder ist, ist GHOST OF A CHANCE dessen tung widersprechen) und klingen eher nach Cousin – mit CHAMBERLAIN im Tapedeck und 2.9. München Backstage Werk PROPAGANDHI als PENNYWISE, eher nach den beef review dem kaffeegetränkten Schmierzettel auf Kerou- VVK ab 16,50€ SATANIC SURFERS als NO FUN AT ALL. All dies acs „On The Road“. (Midsummer/Cargo) macht „Ink Stains & Incidents“ zu einer guten Pia Schwarzkopf Platte, die mit siebzehn Songs allerdings auch ein THE EYES OF A TRAITOR wenig überfrachtet ist. (Fond Of Life/New Music) Breathless GRAVE Dennis Meyer Da habe ich doch glatt Burial Ground den Promo-Zettel zu Mit GRAVE-Platten ist es wie mit „Star Trek“-Fil- THE FUNERAL PYRE „Breathless“ verlegt men. Man fragt sich vorher immer, ob man die- Vultures At Dawn und weiß folglich gar ses Jahr eine stärkere oder etwas schwächere SUM 41 THE FUNERAL PYRE las- nicht so recht, warum Scheibe bekommt, kann sich aber darauf ver- sen sich nach wie vor man dieses Album lassen, dass man sich sofort zu Hause fühlt und 6.9. Nürnberg Hirsch mit ihren tatsächlichen gehört haben muss. gut unterhalten wird. Obwohl die Schweden ihren VVK 21€ Namen ansprechen, An der Musik kann es Sound durchaus weiterentwickeln, haben sie das verzichten auf jegli- schon mal nicht liegen. Denn die habe ich schon Songwriting des Vorgängers dieses Mal nicht che Corpsepaint-Folk- gefühlte tausend Mal so oder ähnlich gehört. In merklich verändert. Es gibt also den schnellen lore, spielen mittlerweile den besseren Momenten erinnern mich THE EYES Part, den langsamen und den ganz langsamen, aber reinen Black Metal. OF A TRAITOR an die Christen-Mosher von BELO- ultratiefe Gitarren, einen wunderbaren Ana- 22.9. Kiel Pumpe Das macht sie zu so etwas wie den direkten VED, nur leider ohne den geilen, klaren Gesang logsound, eingängige Refrains und, nicht zu ver- Gegenentwurf zu CRADLE OF FILTH. Trotz thea- und die mitreißenden Hits. Was bleibt also übrig? gessen, einen der geilsten Death-Metal-Sänger 23.9.Hamburg Reeperbahnfestival tralischer Momente haben THE FUNERAL PYRE Richtig, aneinandergereihte Moshparts, Dou- unter der Sonne. Eines der stärkeren Alben der 24.9.Frankfurt Batschkapp allen Bombast und Kitsch mit der Keyboarderin blebass, die eine oder andere Gitarrenmelo- Band. (Regain/Soulfood) Hendrik Lukas rausgeschmissen, die auf früheren Alben immer die, kratzige Shouts, gelegentlicher Gesang und alles so zugekleistert hat. Schon für „Wounds“ eine mal wieder recht dicke Produktion. Brutal GRAVE MAKER (2008) wurde sie durch einen zweiten Gitarris- soll es klingen, aber das einzig Brutale an dieser Ghosts Among Men ten ersetzt. Eine begrüßenswerte Entwicklung, Platte ist die Langeweile, die sie in jeder Sekunde Jesus, was ist nur mit die sich besonders positiv auf das Songwriting verströmt. Wenn ich solche Bands höre, drän- Victory los? Eine welt- auswirkt. Auch die Death- und Thrash-Metal- gen sich mir immer zwei Fragen auf. Erstens: liche Hardcore-Platte! Einfl üsse weichen auf „Vultures At Dawn“ fast Wer denkt sich heute noch einen so bescheide- Und dann auch noch gänzlich traditionellem Melodic Black Metal. THE nen Bandnamen aus? Zweitens: Warum wollt ihr eine, die dem momen- 28.9. Bochum BHF Langendreer FUNERAL PYRE eifern unverhohlen skandinavi- im Jahr 2010 noch so klingen, wie es alle anderen tan grassierenden Welt- 29.9. Osnabrück Haus Der Jugend schen Vorbildern wie und DISS- Bands schon seit Jahren tun? Das ist doch lang- untergangsblues den 30.9. Köln Stollwerck ECTION nach, dazu ein bisschen Doom für die weilig, Jungs. Da helfen auch zigtausend MyS- knasttätowierten Stin- 1.10. Karlsruhe Substage Atmo. Einen Originalitätspreis wollen die Kalifo- pace-Freunde nicht weiter. (Listenable/Soul- kefi nger zeigt. Zutaten: ein durchaus sympa- 2.10. München Backstage nier damit nicht gewinnen. „Vultures At Dawn“ food) Carl Jakob Haupt thisch-schnoddriges Grölorgan, Männerschweiß 3.10. Nürnberg Hirsch ist eher gelungener Tribut als Neuerfi ndung. THE zum Hören, Durchhalteparolen zum Auswen- 6.10. Dresden Beatpol FUNERAL PYRE sind jetzt also für jeden da, der THE EYES OF A TRAITOR diglernen und ein konstant hoher Energie-Level 7.10. Hannover Musikzentrum Black Metal ohne das übliche Brimborium und Breathless in Hardcore-Bestzeit – keine dreißig Minuten. 8.10. Berlin Postbahnhof fragwürdige Texte will. Eine Marktnische. (Pros- Knapp ein Jahr nach der Veröffentlichung ihres GRAVE MAKER sind die hörbare Tough-Guy- thetic/Soulfood) Ingo Rieser ersten Albums meldet sich Großbritanniens Combo von nebenan. Nebenan ist Kanada. Und VVK 18€ Death-Metal-Nachwuchs THE EYES OF A TRAI- was macht Tony Victory daraus? „The hardcore THE GASLIGHT ANTHEM TOR mit einer neuen Platte im Gepäck zurück. album of 2010.“ Lässt man mal die Kirche ent- American Slang „Breathless“ ist die aggressivere Weiterentwick- spannt im Dorf, stellt „Ghosts Among Men“ so „Don’t sing me your lung des Vorgängers „A Clear Perception“ und etwas wie das Bindeglied dar zwischen stump- songs about the good insgesamt schnörkelloser, vor allem dank mehr fer Virilität und gekonnter Eingängigkeit. Das ist times / Those days are Hardcore-Anleihen und Moshparts. Aber auch die Sorte Hardcore, die von Menschen mit aus- gone and you should die experimentelle Hülle, die schon beim Debüt reichend vorhandener Oberarm- und Waden- just let ’em go“, singt den Unterschied zur Masse machte, hat die Band muskulatur gespielt wird, die auf der Bühne Brian Fallon bei „Old aus Hertfordshire weiter ausgebaut. Das letzte hohe Sprünge in Endlosschleife vollführen kön- haunts“, dem zweit- Wort von THE EYES OF A TRAITOR ist „Breath- nen, weil die Musik technisch nicht zu anspruchs- letzten Song des drit- less“ allerdings noch nicht. Mit durchschnitt- voll ist. Allerdings auch nie wirklich langweilig. ten Albums von THE GASLIGHT ANTHEM. Dabei lich achtzehn Jahren auf dem Buckel ist von den Thrash, eher klassischer Old-School-Hardcore haben Liebhaber des Debüts „Sink Or Swim“ Jungs in Zukunft sicherlich noch der eine oder und der eine oder andere Kneipenmoment wer- aus dem Jahr 2007 bis zu diesem Moment wahr- andere große Moment zu erwarten. Genügend den hier äußerst sportlich zusammengedacht. + SPECIAL GUEST scheinlich längst selbst gemerkt, dass die guten Potenzial ist schließlich vorhanden. „Breathless“ Überdies gewinnen GRAVE MAKER den Preis für alten Zeiten vorbei sind. Schließlich ist sogar ist für die Band so etwas wie eine neu erklom- das hässlichste Cover einer Hardcore-Platte seit schon die deutsche Ausgabe des Rolling Stone mene Stufe auf dem Weg in Richtung persön- ... eigentlich immer. Und das ist doch auch mal auf die Band aus New Jersey aufmerksam gewor- licher Zenit. Auch wenn das Album sicher auf was. (Victory/Soulfood) René Schuh den und hat das neue Album der „tätowierten geteiltes Echo stößt, insbesondere aufgrund der Punk-Hoffnung“ zur Platte des Monats gekürt häufi g unkonventionellen Songstrukturen sowie GRIND INC. 21.11. Hamburg Markthalle und diese Entscheidung sehr schlüssig begrün- der allgemeinen Kantigkeit und Unmittelbarkeit Lynch And Dissect 22.11. Berlin Postbahnhof det: „Mehr Tattoos, mehr Raffi nesse – und Brian des Materials: Reinhören sollte man auf jeden „Lynch And Dissect“ ist 23.11. Münster Sputnikhalle Fallon singt, statt einfach nur zu schreien“. Und Fall. (Listenable/Soulfood) André Jahn wieder mal eine die- 24.11. Köln Live Music Hall dabei dachte ich immer, das Fuze sei das Täto- ser Platten. Eine von 29.11. München Backstage Werk wiermagazin unter den Musikzeitschriften. denen, an denen nichts 30.11. Stuttgart Longhorn Recht hat der Rolling Stone natürlich trotz- GHOST OF A CHANCE falsch ist, an denen es dem: „American Slang“ ist tatsächlich näher an And Miles To Go Before I Sleep nach allen objektivier- VVK 20€ Bruce Springsteen, THE KILLERS oder U2, als Damals Hardcore (mit baren Kriterien kaum es Fans der ersten Stunde lieb sein dürfte. Aber A SAILORS GRAVE), etwas auszusetzen gibt. eben auch nicht besonders weit weg vom Vor- heute Hausmann. Das Sie ist fett produziert, sauber gespielt, und die gänger „The ’59 Sound“, weswegen THE GAS- wäre die vorschnelle Songs weisen genügend Kontraste auf, um den LIGHT ANTHEM auch im Jahr 2010 eine sehr gute, Kurzfassung. Wäre, ja, technisch anspruchsvollen Mix aus Death Metal 2.10. Berlin Columbia Club wenn auch manchmal arg brave Band sind. Wem wäre Tobias Heilands und Grind nicht zu konturlos zu machen. So weit, 6.10. Leipzig Anker das nicht passt, der kann sich ja bei Jesus bedan- Debüt nicht so char- so gut. Auf der Habenseite stehen außerdem das 7.10. Würzburg Posthalle ken. Macht Brian Fallon schließlich auch: „I thank mant. Charmant wie die sympathische „Alles nur Spaß“-Auftreten der 8.10. Erfurt Centrum Jesus for letting me do that.“ (SideOneDummy/ morgendliche Begrüßung der immergleichen Truppe und durchaus gelegentlich aufblitzen- 9.10. Bochum Matrix Cargo) Thomas Renz S-Bahn-Mitreisenden. Kein Name, kein Wort, nur des Genie in der Riff-Abteilung, das dann aber 11.10. Saarbrücken Garage ein kurzes Aufschauen von der Lektüre und das auch gleich das Problem der Band offenbart: GRANIT 665 / GOUDRON langsame Nicken der Augenlider. Diese kleinen Kaum lässt ein Part aufhorchen, folgt ihm die 12.10. Osnabrück Lagerhalle Split Geschichten über das Leben und Fallen, Weisheit nächste Beliebigkeit auf dem Fuße. Macht man 16.10. Karlsruhe Substage Nun haben auch die Franzosen den weltweiten und Vanillezigaretten haben nie den Anspruch, seinen Frieden damit, GRIND INC. ohne Blick auf 17.10. München Backstage Trend des Beard-Metal (Doom/Sludge/Stoner/ die Ehrenurkunde zu bekommen. Hier geht es das Cover unmöglich von unzähligen ähnlichen Post) erkannt und wollen mitmischen. GRANIT nicht um möglichst viel Trara, sondern einfach Bands unterscheiden zu können, so ist „Lynch VVK zu 22€ 665 machen den Anfang und klingen mit ihren um die richtigen Hörer. Egal, ob fünf oder fünf- And Dissect“ eine Anschaffung wert – Bruta- Tickets zzgl. Gebühren erhältlich unter Ticketonline.com 0 18 05 – 44 70 und Ticketmaster.de 0 18 05 – 9 69 00 00 (0,14 €/Min je Anruf aus dt. Festnetz / max. 0,42 €/Min je Anruf aus dt. Mobilfunknetz)

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lität und Energie gibt es hier bis zum Abwinken. doch diesen steuert das Band aus Los Angeles ungalant hingerotzte Rock’n’Roll-Nummern, fentlichung nicht. Vielleicht gehört „Hemel- Wer auch bei so heftiger Mucke gern den Lieb- nicht zu plakativ und kalkuliert an. Die Kalifornier die sowohl von ihrer Rohheit als auch von ihrer traan“ in das obere Drittel vergleichbarer Veröf- lingssong oder die Stelle zum Mitgrunzen ent- wählen den refl ektierten Weg, indem sie auf die Klasse her angenehm an das erste Album von fentlichungen (vor allem dank der Drone-Passa- deckt, gibt seine Kohle eventuell besser für die kompakte und melodische Anlage ihres Song- GALLOWS erinnern. Mit dem Credo „Viel Bass, gen), aber in diesem Genre geht es inzwischen zu neue MISERY INDEX-CD oder die Label-Kollegen writings und die Prägnanz ihrer Hymnen bauen. wenig Text“ wird straight nach vorne gerum- wie beim New-York-Marathon, weshalb unterm MÖRSER aus. (Bastardized/Alive) Hendrik Lukas Balladen sind im Spannungsfeld zwischen Metal pelt, wie es THE BRONX nicht dreckiger hätten Strich trotzdem nur ein 12677. Platz steht. Herz- und Rock, wie es von der Band besetzt wird, als hinkriegen können. Ein Fest für Lederjackenträ- lichen Glückwunsch. (Hypertension/Conspiracy) HITMAN obligatorisch anzusehen, doch sie übertreibt ger und Feierabend-Headbanger. Schön, dass Thomas Renz Overstand es diesbezüglich nicht und bewahrt sich jeder- es in Spanien nicht nur Ska-Punk gibt. (Ojalä Me Wem beim Thema Bal- zeit eine natürlich-eingängige Grundhaltung. IN Muera) Benedikt Ernst KIDS IN GLASS HOUSES kan-Hardcore spontan THIS MOMENT sind als Musiker gereift und haben Dirt LAST HOPE aus Sofi a in das eigene Songwriting einer kritischen Prüfung Alle Menschen, die ich den Sinn kommen, dem unterzogen. Ihre neue Platte unterstreicht, dass double vip review kenne, hassen Fens- kann man keinen Vor- die Band noch einiges vorhat und erst jetzt so terputzen. Die Devise wurf machen. Schließ- richtig warmläuft. (Century Media/EMI) lautet: So lange noch lich haben aus dieser Arne Kupetz BLACK FRIDAY 29 Licht durchkommt, ist Ecke der Welt noch nicht The Escape alles gut. Meine Fenster allzu viele Bands den nötigen Bekanntheitsgrad INSIDIOUS DISEASE Auf den ersten Blick hat sind manchmal so dre- erreicht, um auch in der internationalen Szene Shadowcast sich beim Re-Release ckig, dass meine Mut- Fuß zu fassen. Es verwundert also nicht, dass Die Besetzung die- von BLACK FRIDAY 29s ter bei ihren unregelmäßigen Besuchen mit einer HITMAN aus Belgrad bereits eine Split-CD mit ser Band lässt auf- „The Escape“ nicht viel „Was sollen denn die Nachbarn denken?“-Blase den umtriebigen Bulgaren vorweisen können. horchen: Marc Grewe verändert. Denn selbst über dem Kopf höchstpersönlich zu Wasserei- Nun dürfen die Serben nach sechzehn Jahren (MORGOTH), Silenoz fünf Jahre nach der Erst- mer und Fensterleder greift. Dabei wohne ich im Band-Geschichte endlich einen eigenen Long- (DIMMU BORGIR), Jar- veröffentlichung auf dritten Stock. Die Nachbarn sehen meine Fens- player auf die Menschheit loslassen. Wobei sich dar (OLD MAN’S CHILD), GSR handelt es sich ter überhaupt nicht! Ich stelle es mir also äußerst das „endlich“ einzig und allein auf die Gefühle der (NAPALM um eines der besten Alben, die der europäische schwierig vor, in einem Glashaus zu wohnen. So Band bezieht, denn das next big thing in Sachen DEATH) und Tony Lau- Hardcore bis dato hervorgebracht hat. Getragen viele Scheiben! KIDS IN GLASS HOUSES aus Hardcore werden HITMAN mit dieser Veröffent- reano (NILE) spielen – naheliegenderweise – von Björns unverwechselbarem Gesang, hat es Wales scheinen auf dem Nachfolger ihres Debüts lichung mit Sicherheit nicht. Dafür klingen die Death Metal. Dass solche Zusammenrottungen diese Platte geschafft, den klassischen Hardcore „Smart Casual“ ein ähnliches Problem zu haben. Serben viel zu sehr nach klassischem New York von Szene-Prominenz noch lange keine gute der späten Achtziger in die heutige Zeit zu über- Hätten sie das Album sonst „Dirt“ getauft? Doch Hardcore. Der ist zwar recht solide gespielt, das Musik garantieren, erweist sich jedoch allzu oft. tragen, ohne dabei zu kopieren oder sich irgend- schon nach den ersten Takten wird deutlich, dass reicht allerdings nicht aus, um in diesem Bereich Angesichts der technischen Hochkaräter ist von welcher Klischees zu bedienen. So war es neben „Dirt“ mit Dreck wenig am Hut hat. Bei Sauber- wirklich etwas zu reißen. Schließlich sind die vorneherein klar, dass die Scheibe sehr souve- der Musik vor allem die Attitüde der Band, die männern wie KIDS IN GLASS HOUSES hat selbst besten NYHC-Platten bereits vor 20 bis 25 Jah- rän gespielt ist, auch der fette Plastiksound ist sie aus der Masse herausragen ließ. Diese wird das kleinste Stäubchen keine Chance. Die Schei- ren erschienen, und da sollte eine Band schon Ehrensache. Das Interessanteste sind freilich die erneut deutlich, wenn man sich das sehr per- ben ihres Glashauses sind so sauber, dass man etwas mehr zu bieten haben als zwei bis drei Songs, und hier machen INSIDIOUS DISEASE den sönliche Statement im Booklet der neuen Platte sich darin spiegeln kann und Meister Proper sich Lichtblicke innerhalb von sechzehn Tracks. Da gleichen Fehler, der fast allen derartigen Projek- durchliest und erfährt, was die Band in den letz- fragt, ob er seinen Job verfehlt hat. Und während auch die Texte der Serben nur die üblichen Hard- ten anzulasten ist: Sie versuchen, die gesamte ten acht Jahren angetrieben hat. Das Beson- shiny Refrains, blitzblanke Riffs und spiegelnde core-Klischees bedienen, kann man „Overstand“ Death-Metal-Historie in jeden Song zu pressen, dere des Re-Releases ist neben dem neuen Lay- Scheiben auf dem Weg zu Stadionshows sicher- leider nur eingeschränkt weiterempfehlen. (Swell und so fi nden sich ENTOMBED, BOLT THROWER, out der Bonustrack „Your life’s a blackout“ von lich den einen oder anderen blenden werden, Creek/Superhero/Soulfood) Kai Jorzyk MONSTROSITY und Tempoausbrüche auf NILE- der 2002 erschienenen Seven Inch „Blackout“. bleibe ich bei der Überzeugung, die meine Mut- Niveau in jedem Stück. Das macht nicht nur die Da ich mich nie entscheiden konnte, ob „Kill this ter niemals als Argument gelten lässt: Dreck hat I NOT DANCE Unterscheidbarkeit der Songs schwierig, son- dream“ oder eben „Your life’s a blackout“ der Charakter. „Dirt“ hingegen lässt selbigen vermis- Holy dern auch die Abgrenzbarkeit der Band gegen- beste Song von BF29 ist, ist mit dem Erscheinen sen. (Roadrunner/Warner) Birte Wiemann Das Debütalbum der Österreicher aus dem Jahr über ungefähr öchzig anderen. Wenn man kom- dieser Platte, die beide Songs enthält, also auch 2008 war richtig stark. Nun legen I NOT DANCE plett unoriginell komponiert, muss man die dieses Problem gelöst. (Let It Burn/Soulfood) eine EP nach – und beweisen abermals guten Standards wenigstens zu ernsthaften Hits for- Florian Mänz, FINAL PRAYER Behind The Blackest Tears Geschmack, sowohl beim schlichten Artwork als men, und da wird die Luft dünn. Alles ist gefäl- Wie Vater und Sohn auch beim Wahl des Formats: „Holy“ kommt auf lig, außer Grewes krankem Gekotze sticht aber FINAL PRAYER (einer eher schlecht einer Ten Inch daher. Stilistisch baut man auf nichts wirklich heraus. „Shadowcast“ ist nicht Best Of Times gelaunten Familie) wir- dem vielschichtigen Sound des Albums auf und schlecht, wird dem von der Besetzung ausge- Normalerweise höre ich ken Jamey Jasta (HATE- macht sich somit frei von jeglichen Schubladen. lösten refl exartigen Speichelfl uss aber letzt- nicht sehr viel moshigen BREED) und Kirk Wind- Hardcore, Screamo, Emo, Post-Hardcore, New lich nur bedingt gerecht. (Century Media/EMI) Hardcore, und eigent- stein (CROWBAR, School – was denn nun? Von allem ein bisschen Hendrik Lukas lich braucht man außer DOWN) auf den Promo- und durchweg eigenständig. Denn spätestens HATEBREEDs „Satis- Fotos von KINGDOM wenn die rauchige Stimme über der atmosphä- INTEGRITY faction Is The Death Of OF SORROW. Genau so wird Hardcore-CROW- rischen und dennoch sehr angepissten Musik The Blackest Curse Desire“ auch nicht viele BAR-Fan Jasta sich das vorgestellt haben, als er ertönt, weiß man als Kenner der Band: Das sind I Den Ausdruck „Cleve- andere Platten aus dem vor Jahren anfi ng, Windstein mit der Idee einer NOT DANCE. Höchst empfehlenswert. (Synalgie) land Hardcore“ hört Bereich. Es gibt zwei Ausnahmen für mich: BORN gemeinsamen Band zu bearbeiten. Und er kann Alessandro Weiroster Dwid Hellion gar nicht FROM PAIN und FINAL PRAYER. Beides ham- beharrlich sein. Das zeigt der große Erfolg von gern. Schließlich lebt mergute Live-Bands und sympathische Typen. HATEBREED, der nicht zuletzt auf Zielstrebigkeit INJURY TIME der Mann hinter INTE- Was sie außerdem herausstechen lässt, sind und Sturheit zurückzuführen ist. Und auf Verläss- The Vex GRITY inzwischen seit ihre kritischen Texte. Bei FINAL PRAYER sehe ich lichkeit. So lässt sich auch das zweite KINGDOM „The Vex“ ist nach einer Split-CD mit WISDOM mehreren Jahren in Bel- manchmal sogar sehr starke Parallelen zu unse- OF SORROW-Album als Schnittmenge der jewei- IN CHAINS das Full-Length-Debüt von INJURY gien – der Abgeschie- ren Texten, und ich weiß ja auch, dass sie weit ligen Haupt-Bands und ihrer Wurzeln von BLACK TIME und lässt sich am ehesten als eine Mischung denheit wegen und weil seine alte Heimat „nicht mehr drauf haben, als nur stumpfen Moshcore SABBATH bis CARNIVORE, von bis aus Hardcore und Punk beschreiben, die nicht so empfänglich für seine Entwicklung“ war. Welche zu spielen, bei dem man einfach nur hart abge- PANTERA beschreiben. Einfach in den Ope- richtig zünden will. Der Gesang erinnert eher an Entwicklung damit gemeint ist, lässt das neue hen soll. Jetzt höre ich mir gerade „Best Of Times“ ner „Enlightened to extinction“ reinhören: vom eine Oi!-Band, lässt aber das hymnisch-melo- Album seiner Band allerdings offen. „The Bla- an und bin froh, diese ganzen Sachen zusam- schleppenden Sludge-Riff zum gebrüllten HATE- diöse Element des Genres vermissen, was dazu ckest Curse“ bietet genau die Art von fi esem, men auf einer CD zu haben, da das ganze Kra- BREED-Slogan und zurück. Dabei sind HATE- führt, dass man sich den Sänger einfach nur als metallischem Hardcore, die INTEGRITY für CON- men ja echt nervt und ich nicht so der MP3-Fan BREED heavier und CROWBAR fi eser als KING- jemanden vorstellt, der gerne Bier trinkt und VERGE und HATEBREED gleichermaßen wichtig bin. Am besten gefallen mir die Songs von der DOM OF SORROW. Es geht also nicht darum, danach rumgrölt. Musikalisch fehlt einfach das gemacht hat – inklusive nerviger -Soli. Split mit ALCATRAZ gleich zu Beginn, was mich Rekorde zu brechen. Mehr noch als auf dem „hard“ aus Hardcore sowie das Aggressive und Wer die Band grundsätzlich mag, wird das auch sehr freut, da ich die noch nicht kannte. Nach Debüt gelingt es Windstein und Jasta, der Summe Direkte des Punk, weshalb das Album unterm weiterhin tun, in ein paar Wochen aber wahr- den Songs der alten LP „Right Here, Right Now“ der zwischen New Orleans und Connecticut Strich eher einem Oi!-Fan gefallen könnte, der scheinlich trotzdem wieder auf irgendein altes folgen noch die der Split-CD mit CRISIS NEVER getrennt voneinander erdachten Teile Seele und mal Bock auf mehr als nur drei Akkorde hat. Album zurückgreifen. Er sei erst dann in seinem ENDS, das Demo von 2004 und ein Cover-Song Charakter zu verleihen. Für eine Zweit-Band sind (Rucktion) Georg Büchner Element, wenn seine Musik den Leuten gegen den von „Alone In A Crowd“, einer Berliner Compila- dabei fast unverschämt gut geschriebene, über- Strich gehe, hat Dwid Hellion kürzlich in einem tion. Fazit: FINAL PRAYER machen super Mos- raschend eingängige Songs und große Melodien IN THIS MOMENT seiner seltenen Interviews gesagt. Die Songs auf hcore, der nicht sumpf tough ist, sondern mit entstanden. (Relapse/Rough Trade) Ingo Rieser A Star-Crossed Wasteland „The Blackest Curse“ dürften niemanden aufre- Hardcore-Spirit, Verstand, DIY-Ethics und Punk- Es kommt auf die rich- gen. Wenn INTEGRITY heutzutage noch provo- rock-Mentality aufwartet. Ach ja: Das letzte Mal KNUT tige Mischung an, und zieren, dann eher unfreiwillig, zum Beispiel durch in Berlin waren wir weitaus länger feiern als ihr. Wonder die haben IN THIS unterirdisch schlechte Live-Shows. Der „terro- Also haben wir gewonnen! (Let It Burn/Soulfood) Die Information, KNUT MOMENT auf ihrem rist of destructive artistic creation“ scheint im Björn Esser, BLACK FRIDAY 29 hätten es in die Schwei- Drittwerk gefunden. Jahr 2010 keine Gefahr mehr zu sein. Das U.S. zer Ausgabe von „Trivial Rock und Metal werden Department of Homeland Security ist nicht mehr Pursuit“ geschafft, nützt ebenso stimmig mitei- zuständig. Und das nicht nur, weil Dwid inzwi- KINGDOM nun wirklich gar nichts, nander kombiniert wie schen in Europa lebt. (Deathwish/Indigo) Hemeltraan liebe Promo-Agentur. Eingängigkeit und Wucht. Vom Vorgänger „The Thomas Renz Von den drei Leuten, die bei KINGDOM spie- Im Gegenteil, es wirft Dream“ hat das Quintett um Shouterin Maria len, sind zwei auch bei AMENRA aktiv. Warum Fragen auf, zumindest Brink gelernt, dass man es mit der poppigen Atti- KIDS PANTERA die Belgier allerdings eine weitere Post-Metal- die, worauf die Noise-Veteranen wohl die Ant- tüde nicht übertreiben darf. Folgerichtig fällt „A Kids Pantera Band brauchen, die mit christlicher Metaphorik wort sind. Und wer die bitte wissen soll – Bestsel- Star-Crossed Wasteland“ wieder metallischer KIDS PANTERA, was für ein Name! Schon das hantiert (obwohl zumindest Sänger Colin H. Van ler sind die Genfer nämlich auch bei den Eidge- und kantiger aus. Dass der Rock-Mainstream für coole Tiger-Artwork strahlt Gefahr aus. Die Eeckhout laut eigener Aussage gar kein Christ nossen nicht. Vermutlich nur ein Mythos. „Won- IN THIS MOMENT das Ziel ist, steht außer Frage, selbstbetitelte Debüt-EP der Spanier bietet fünf ist), beantwortet aber auch ihre zweite Veröf- der“ erklärt den Mythos und das Rezept von

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KNUT recht simpel. Zunächst setzen sie sich Zur Erhöhung der Vermarktbarkeit wird ein Stan- erklärt Bassist Alan Robert die anhaltende Fas- Matt einer dieser Typen, der neben den einfühl- mit vertracktem (BOTCH, COALE- dard etabliert, der abweichende Konzepte mehr zination von LIFE OF AGONYs Debütalbum. Ob samen auch die aggressiven Töne drauf hat und SCE, KEELHAUL) von der Konkurrenz ab, wobei und mehr verdrängt und irgendwann vom Groß- es nun einer Live-CD und -DVD gebraucht hätte, dem Album damit sehr viel gibt. Streng betrach- vor allem Roderic Mounir an den Drums auffällt. teil der Leute relativ kritiklos akzeptiert wird. die „River Runs Red“ jeweils komplett vom ers- tet, ist „Decade Diary“ mit seinen 45 Minuten Die stärksten Momente erreichen KNUT mit Bre- Vorbei sind die Zeiten, in denen Bands dessel- ten bis zum letzten Song wiedergeben, um das etwas zu lang geworden. Denn ein guter Teil der chern wie „Damned extroverts“, „Lemmings“ ben Genres dennoch grundverschieden klangen, zwanzigjährige Band-Jubiläum angemessen zu zwölf Songs ist einfach einfach nur „okay“. Aber oder „Fast forward bastard“. Wenn Didier Seve- ein Schlagzeug richtig Druck hatte, man erkenn- feiern, sei einmal dahingestellt. Schließlich gibt das sei dem Dreier verziehen, denn langwei- rin nicht brüllt, wenn KNUT sludgy, repetitiv und bar menschlichen Wesen beim Spielen von Inst- es ja schon mehrere Best-Of- und Live-Veröf- lig oder gar nervig ist „Decade Diary“ nie. (Ass- hypnotisch werden (siehe „Ultralight backpa- rumenten zuhörte. Zuweilen gibt es Ausnahmen, fentlichungen der Band. Den Vorwurf des Aus- Card/Cargo) Alessandro Weiroster cking“), lässt das gelegentlich unruhig auf den LAIR OF THE MINOTAUR sind so eine. Stilistisch verkaufs weist Robert natürlich empört zurück: nächsten Ausbruch warten. Vermutlich ist es ähnlich gelagert wie HIGH ON FIRE oder die lei- „Wer uns kennt, der weiß, dass es uns nicht ums MATULA genau so gewollt und in unzähligen Sessions per- der total untergegangenen RAVENS CREED, ver- Geld geht. Wir lieben diese Platte. Es war des- Blinker fektioniert, dass vornehmlich brachiale Monoli- mengen sie SLAYER, und MOTÖR- halb nur konsequent, auf diese Weise unser Jubi- Ein Review in freien the im Gedächtnis bleiben. Und dazu die Ahnung, HEAD und klingen dabei, wie man sich Metal läum zu feiern. Außerdem macht es immer noch Assoziationen (teil- dass KNUT mit mehr als vierzig Minuten noch wünscht: laut, aggressiv, dreckig und ange- Spaß, diese Songs zu spielen.“ Irgendwie hat er weise postmodern effektiver hätten fesseln können. Fernab von pisst. Punkten können sie vor allem mit ihrer ja auch Recht: Es macht tatsächlich Spaß, die- zitiert): Versuch doch jeglichem Durchschnitt scheinen KNUT bewusst kompromisslosen Attitüde, ansonsten soll bei sem emotional chaotischen Haufen zuzusehen, mal zu fühlen. Nicht nur Teile ihres Könnens zu zeigen, beweisen müs- aller Sympathie für die Herangehensweise nicht wie er „This time“ oder „Through and through“ denken, sondern füh- sen sie ja nichts. (Conspiracy/Cargo) Ingo Rieser verschwiegen werden, dass die Resultate der vor einem ausflippenden Publikum spielt und sich len. Sein Glück war kurz genannten Gesinnungsgenossen noch einen Keith Caputo mit Hippie-Matte um sein Mikrofon und heftig und kennt LAETHORA Zacken besser sind. (The Grindhouse/Southern windet. Irgendwie ist es sogar erschreckend, wie kein Erbarmen. Ebenso sein Leben. Der Blick The Light In Which We All Burn Lord/Soulfood) Hendrik Lukas frisch die Songs heute noch klingen. Und wahr- auf die Weite, das Meer, das immer da ist. (Viel- The End Records scheinlich wird sich daran auch in den nächsten leicht sogar der alte Mann, der schlief und von umschreiben das wüste THE LAST FELONY zwanzig Jahren nichts ändern. (I Scream/War- den Löwen träumte.) Dasein, dessen Sinnhaftig- Treiben von LAETHORA Too Many Humans ner) Tobias Kolb keit nicht durch äußere Siege bestätigt werden als Mischung aus Death Erstens: Der durch- muss. Es gibt nur cool und uncool und wie man Metal und Grindcore. schnittliche Kana- LIFERIDE sich fühlt. Norddeutsche Dezenz, das Rettungs- Ersteres stimmt, doch dier liebt Ahornsirup Liferide boot mit Tiefgang. Ein Lächeln, müde, immerhin reichen die wenigen und Eishockey. Zwei- Der schlimmste musikalische Anachronismus ein Lächeln. Und Strahlen. Wenn du jetzt damit Blastbeats noch lange tens: Der durchschnitt- ist ja wohl der Crossover. Ihr wisst schon: Rap- überhaupt nichts anfangen kannst, möchte nicht aus, um die Göteborger als Grind-Band liche Frankokanadier Metal, Kopfsocke, pseudo-sozialkritisches ich nicht implizieren, dass „Blinker“ nicht dein zu bezeichnen. Das ginge am Kern dessen vor- liebt Ahornsirup, Eisho- Geschwafel, brennende Biomülltonnen im Wig- nächstes Lieblingsalbum werden könnte, immer- bei, was auf „The Light In Which We All Burn“ zu ckey und technischen ger-Haushalt und jetzt alle mal hüpfen, bitte. hin geht es ja doch immer nur um Phrasen. (Zeit- hören ist. DARK TRANQUILLITY-Gitarrist Niklas Death Metal. Wie sonst ist eine derartige Quali- Wenn LIFERIDE, die früher zu Teilen mal SOLID strafe/Cargo) Aiko Kempen Sundin verbrüdert sich im Line-up mit drei Mit- tätsdichte von Bands (DESPISED ICON, ION DIS- GROUND waren, von Crossover sprechen, mei- gliedern der Düster-Prog-Metaller THE PROVE- SONANCE, ) aus der nen sich jedoch etwas anderes. Die Metallisie- MISCONDUCT NANCE und einem bislang unbekannten Shou- Gegend zu erklären? THE LAST FELONY aus Mon- rung von Hardcore in New York City zum Beispiel. One Step Closer ter. Gemeinsam wildert man als LAETHORA in treal versuchen, sich mit „Too Many Humans“ in Eine klare, eher erzählende Singstimme, abge- So gerne ich etwas vertrackten und futuristischen Metal-Welten, dieser Riege zu etablieren: schnell, kompromiss- hangener Groove, Quietschsoli und immer schön anderes über die die zwischen modernem Death, Cyber-Kante, los, technisch perfekt und glasklar produziert. Tempo. Hier fällt einem spontan eine Band wie vier hübschen Pun- experimentellen Tendenzen und rücksichtsloser Ein bisschen Hardcore hier, ein bisschen Death LEEWAY ein. Die waren gut. LIFERIDE sind das auf ker-Boys schreiben Abrissbirne anzusiedeln sind. Anders formuliert: und Black Metal da, und schon fängt die Lan- eine erfrischend untrendige Art auch. (True Till würde, aber MISCON- Die fünf Schweden nehmen sich alle Freiheiten, geweile an. Die Kanadier bieten Qualität, keine Deaf/Take It Back/Widespread) René Schuh DUCT bringen mit „One gehörig mit Stilfragmenten zu wirbeln und sich Frage. Leider haben sie es nicht wirklich verstan- Step Closer“ nun ein- dabei nicht festzulegen. Ein verbindender roter den, ihrem Sound das gewisse Etwas zu verlei- METROPLEX mal eine Platte raus, Faden ist dennoch gegeben, da LAETHORA dar- hen, um sich von der Masse abzuheben. Mal kurz Decade Diary auf die keiner gewartet hat. Vollkommen kan- auf achten, ihr Zweitwerk hörbar und fesselnd den Fuß vom Gas nehmen oder einen songdien- Eines muss man MET- tenfreier Corporate-Pop-Punk, der stets beteu- zu halten. Das Anliegen der Göteborger nach- lichen Breakdown einstreuen – das sind die Klei- ROPLEX lassen: Auch ert, auf die Charts zu pfeifen, aber insgeheim zuvollziehen, braucht trotzdem Zeit und Aufge- nigkeiten, die man braucht, um dem Hörer auch wenn es doof wäre, ganz huschig wird beim Gedanken an die Top schlossenheit. Hat man den Dreh aber erst ein- mal ein bisschen Pause zum Genießen und Stau- „Decade Diary“ als pro- Ten und einen eigenen Track bei „ Hero“. mal raus, kann man dem zwischen DARK TRAN- nen zu geben. So rollt der kanadische Güterzug gressiv zu bezeich- Alte Rezepte werden abgearbeitet, kein Tempo- QUILLITY, GOJIRA und HACRIDE angesiedelten einfach über einen hinweg. Was zwischen Anfang nen, schlägt das Trio so wechsel kommt unerwartet, kein Mitsingrefrain Album „The Light In Which We All Burn“ durch- und Ende nun aber genau passiert ist, kann man viele Haken, dass man zu spät. Den Gitarristen fällt viel ein, aber eher aus etwas abgewinnen. (The End/Soulfood) hinterher nicht mehr sagen. (Lifeforce/Soul- es nicht richtig festna- selten etwas Gutes. Der Sänger mit dem dünnen Arne Kupetz food) Frank Engelhardt geln kann. Und so klingt jeder neue Song immer Stimmchen scheint irgendwie wütend zu sein. ein bisschen anders als der davor. Grundsätzlich Das soll wohl wie PENNYWISE mit Pop-Appeal LAIR OF THE MINOTAUR LIFE OF AGONY fahren METROPLEX die melodiöse Midtempo- klingen, ist aber am Ende nur Musik für Leute, Evil Power 20 Years Strong – Schiene, verstehen es dabei aber immer wie- die beim Festival auf NOFX verzichten, um spä- Gentrifizierung, River Runs Red: Live In Brussels der, durch verschrobene Gitarrenarbeit oder ter bei GREEN DAY in der ersten Reihe stehen zu umgangssprachlich „,River Runs Red‘ füllt verzwackte Rhythmik jegliche Seichtigkeit im können. Selten hat man eine schwedische Band auch „Yuppiefizierung“ einfach eine Lücke aus. Keim zu ersticken. Am ehesten erinnert „Decade gehört, die dermaßen nach Amerika klingt. Sie genannt, ist ein Begriff Es gibt so viele Kids da Diary“ an moderne Indie/Emo-Bands wie THE liefert den perfekten Soundtrack, um nach der für die soziale Umstruk- draußen, die schreck- JEALOUS SOUND oder THE SLEEPING. Wenn großen Prom Night zur Hausparty der coolen turierung eines Stadt- lichen Dingen wie dem die Band aber FUGAZI oder HOT SNAKES als Frat-Boys zu gehen und schales Bier aus roten teils und zum Beispiel im Alkoholmissbrauch und ihre Einflüsse nennt, kann man das genauso gut Plastikbechern zu trinken. Im Hintergrund könnte Hamburger Schanzen- der Gewalt ihrer Eltern nachvollziehen. Spätestens wenn in „Godzilla vs. dann das blitzblanke Hochglanzvideo zu „Closer“ viertel – einst Heimat linker Subkultur, heute ein ausgesetzt sind. Sie alle godfather“ BILLY TALENT zitiert wird, weiß man, laufen, von dem im Promo-Text so beunruhigend Fanal für die Inhaltsleere kapitalistischer Denk- können sich in der Musik und den Texten wieder- welche weiten Wege die Jungs aus Philadelphia oft die Rede ist. Irgendwie verständlich, über die weisen – in tragischer Deutlichkeit zu beobach- erkennen. Doch obwohl das Thema der Platte so hier zurücklegen. Und als wäre die instrumentale Musik gibt es schließlich nicht viel zu sagen. (I ten. So etwas Ähnliches gibt es auch im Metal. düster ist, strahlt sie jede Menge Hoffnung aus“, Abteilung nicht schon lebendig genug, ist Sänger Scream/Warner) Benedikt Ernst

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MISERY INDEX NEW HATE RISING durch elf Songs, die zwar keine großen Wider- geführt werden und zu viel auf Wiederholungen Heirs To Thievery Hatebreed haken besitzen, aber als Ganzes funktionie- gesetzt wird: Die Platte hat durchaus ihre schö- Nachdem die letz- Was soll das denn? Die ren und nach einer kurzweiligen halben Stunde nen Momente und mit dem bezeichnenderweise ten beiden Alben nicht Kritik an der weit ver- sogar dazu animieren, sich noch einmal in den eher kurzen „Alive in the tone“, das sich am Ende unbedingt das Gelbe breiteten Einförmig- menschlichen Überresten zu suhlen. PATHO- großartig in einen von exzellenten Hi-Hat-Stops vom Ei waren und weder keit und eklatanten Ein- LOGY haben sicher kein Klassikerpotenzial, aber gespickten, zackig-rhythmischen Teil entwickelt, kompositorisch noch fallslosigkeit im Metal- sie sind eine gute Adresse für alle, denen MORTI- auch einen Höhepunkt. (Shelsmusic/Indigo) klanglich gegen das core langweilt mitt- CIAN zu simpel und mittler- Nils Wittrock brillante Debüt anstin- lerweile selbst schon, weile zu frickelig geworden sind. (Victory/Soul- ken konnten, markiert trotzdem ist „Hate- food) Hendrik Lukas PLACENTA „Heirs To Thievery“ eine Rückkehr zur Topform. breed“ ein Ärgernis. Kein Mensch braucht noch Brutalis Die Songs fließen wieder, die Band spielt tighter den hunderttausendsten Aggressivling, für den PERIPHERY Wer sein instrumentales Intro – das in der Dea- als je zuvor und ist zudem musikalisch vielfälti- seine Freunde wie eine Familie sind. Selbst wenn Periphery thcore-Gemeinde so etwas wie ein Kulturgut ist ger aufgestellt. Zwar wird nach wie vor gehackt, das gut gemacht ist – „Hatebreed“ (zu diesem Es ist ein Stück weit – „Boredom at its best“ nennt, sammelt schon was das Zeug hält, allerdings findet das Massa- Albumtitel enthalte ich mich eines Kommen- mutig, dass Roadrunner mal Sympathiepunkte. PLACENTA klingen auf ker im Jahre 2010 auch mal im Midtempo statt, tars) ist ein so dermaßen zusammenzitiertes und heutzutage noch eine ihrer EP wie eine gemäßigtere Version von WAR was ein Novum im Repertoire der Band darstellt, nachgemachtes Werk, dass es schmerzt. Immer Band wie PERIPHERY in FROM A HARLOTS MOUTH zu Zeiten ihres Debüts den Energieverlust der letzten Scheiben gleich- noch besser, als wenn die eher milchgesichtig einem größeren Rah- und beweisen, dass man auch mit Altbekanntem wohl nicht rückgängig machen kann. Rückbli- böse dreinschauenden Jungs aus Stendal auf der men veröffentlicht. Die noch viel Spaß haben kann, solange es nur gut ckend kann Bassist und Sänger Jason Netherton Straße abhängen, eine Banklehre machen oder goldenen Zeiten des gemacht ist. Wo sich andere Bands allzu wich- die Kritik an den beiden Vorgängern zumindest Bushido hören würden, mag man einwenden. verbreakten, techni- tig nehmen, setzen die Berliner auf Spaß, ohne teilweise nachvollziehen, wie im Interview im Nichts davon lässt sich anhand des vorliegenden schen Frickelsounds zwischen Mathcore und for- sich dabei lächerlich zu machen – angefangen letzten Heft nachzulesen war. Wenig verwundert Materials sicher ausschließen. Keine Ahnung, derndem Stakkato liegen schließlich schon ein bei den Songtiteln, bis hin zum Video zu „Trend- hingegen, dass er „Heirs To Thievery“ für die bis- wann NEW HATE RISING ihren Standard-Metal- wenig zurück, deren Vertreter sind längst wie- cutter“. Jetzt heißt es nur noch, auf eine LP von her beste Scheibe seiner Truppe hält. Und nimmt core eigentlich hätten bringen müssen, um nicht der in den Underground zurückgekehrt. Selbst WITH ABANDON zu warten, und Berlin ist ab man einmal die rosarote „Retaliate“-Brille ab, so hoffnungslos verspätet und überflüssig zu wir- die auflockernden Melodien, Clean-Vocals und sofort auch die deutsche Hauptstadt des Death- kann man durchaus verstehen, warum. Waren ken. Das lässt sich wohl kaum noch ermitteln. verspielten Elektronikelemente scheinen PERI- core. (Noizegate) Frank Engelhardt die Musiker auf den Vorgängern noch damit Um den Kids die Sing-Alongs für Shows beizu- PHERY nicht über Gebühr dafür zu empfehlen, beschäftigt, sich aufeinander einzugrooven, so bringen, hätten kostenlose Downloads gereicht, breitenwirksam auf sich aufmerksam zu machen. PROTECTION OF HATE hat man es hier deutlich hörbar mit einer einge- und selbst für die wichtigste Message auf „Hate- Der erste Longplayer der Band aus Maryland 1st Statement spielten Einheit zu tun. Die Band hat ihre völlige breed“, nämlich dass Nazis im Hardcore nichts erinnert – je nach Moment – an THE DILLIN- PROTECTION OF HATE spielen Hardcore, wie Gnadenlosigkeit wohl endgültig eingebüßt, lie- zu suchen haben („Not of the same kind“), muss GER ESCAPE PLAN, frühe CAVE IN, BETWEEN er vor fünfzehn Jahren mit Bands wie BACK- fert aber einen Sack voller erstklassiger Songs, man nicht unbedingt ins Studio. Ins Fitnessstudio THE BURIED AND ME, , ATREYU, FIRE! oder BRIGHTSIDE erfolgreich war: ein- die immer noch besser sind als neunzig Prozent vielleicht. (Swell Creek/Superhero/Soulfood) GLASSJAW oder KILLSWITCH ENGAGE. PERI- fach, effektiv und ehrlich. Prollige Gangshouts der Konkurrenz. (Relapse/Rough Trade) Ingo Rieser PHERY hätten allerdings gut daran getan, ihren und Doublebass inklusive. Damit werden PRO- Hendrik Lukas Sound stärker zu strukturieren – die Songs wir- TECTION OF HATE in der modernen Hardcore- OMEGA MASSIF ken nicht immer transparent und in sich schlüs- Szene sicherlich kein großes Aufsehen erregen, MONGO NINJA Geisterstadt / Kalt sig. Die Musiker konzentrieren sich etwas zu sehr das macht diese EP aber nicht schlechter. Denn No Cunt For Old Men Eigentlich wollte ich für die Wiederveröf- auf das bloße Handwerk und verlieren dabei das in Zeiten von überproduzierten Kiddie-Combos, Zwiespältig, äußerst fentlichung des ausverkauften OMEGA MAS- Songwriting aus den Augen. Hörer, die auf ein die sich nur von den Kopien der Kopien inspirie- zwiespältig. So dürfte SIF-Debütalbums einfach meine alte Bespre- Maximum an Technik Wert legen, sind bei PERI- ren lassen, tun diese fünf Songs richtig gut. Ein- das zweite Album der chung recyclen. Doch aus dieser Idee wurde lei- PHERY trotzdem richtig. (Roadrunner/Warner) ziger Wermutstropfen ist das merkwürdige Intro. Norweger MONGO der nichts, weil das „Geisterstadt“-Re-Release Arne Kupetz Der Rest passt und weckt Neugier auf das erste NINJA auf die etwas von Denovali Records aufwendig neu verpackt Album. Bei dem können die drei Berliner gerne sensibleren Hörer wir- wurde und ich damals auch über das Artwork der PRETEND ihre noch sehr dezenten Sludge-Momente weiter ken. Zum einen trom- Platte geschrieben habe. Außerdem liegen der Bones In The Soil, Rust In The Oil ausbauen. (Rügencore) Martin Schmidt melt in der Band Bård CD-Version die Songs des Demos der Band bei PRETEND aus Los Ange- G. „Faust“ Eithun, seines Zeichens verurteilter – und auch die habe ich damals natürlich nicht les bezeichnen ihre REFUSE RESIST Mörder und ehemaliger Drummer von EMPEROR. erwähnt. Tja, da bleibt mir wohl nichts anderes Musik selbst als Jazz- Socialized Zum anderen wird bei Band-Name, Albumti- übrig, als einen komplett neuen Text über das Rock. Ihr Debüt war- Vom Namen sollte man tel und einem Song über Dieter Bohlens Sexun- Album zu schreiben – schließlich sind OMEGA tet mit einer Spieldauer sich bei REFUSE RESIST fälle („Broken cock“) klar, dass MONGO NINJA MASSIF die beste deutsche Post-Metal-Band. von 75 Minuten auf und nicht täuschen lassen. es nicht darauf abgesehen haben, politisch kor- (Denovali/Cargo) Thomas Renz setzt leider nicht auf Denn mit dem gleich- rekt und niveauvoll zu Werke zu gehen. Soweit Abwechslung, sondern namigen Hit der Metal- die eine Seite der Medaille. Die andere ist die PATHOLOGY auf langsamen Aufbau und Zirkulation. Die Ins- Ikonen SEPULTURA hat Musik, und die ist gut, und das macht das Album Legacy Of The Ancients trumentierung, bestehend aus zwei E-Gitarren, die Band so gut wie gar so zwiespältig. Denn MONGO NINJA machen ein- Grrroooooorrrrr, Huoo- Bass und Schlagzeug, wird konstant eingesetzt nichts gemein. Nein, fach Spaß. Fünf alte Männer, die insgesamt in oorrrrr!!! Na, wer wird und ist – bis auf sehr wenige Ausnahmen – immer REFUSE RESIST kommen aus Boston und wie so über zwölf Bands gespielt haben (darunter solch sich denn da gleich in gleich produziert. Ab und zu gesellt sich Gesang viele Bands aus der amerikanischen Metropole Kleinode wie WEAPONS OF ASS DESTRUCTION) sein Mikrofon überge- dazu, der einen Song jedes Mal sofort enorm haben sich die Herren dem Streetpunk verschrie- und nun dauerbesoffen ihrer Vorliebe für Punk ben? So schlecht, wie aufwertet und unmittelbar das erzeugt, was die ben und würzen diesen zudem mit einer ordentli- und Thrash frönen. Nicht spektakulär, aber kurz- dem Sänger offen- instrumentalen Passagen nur schwerlich ver- chen Prise Hardcore. Vergleiche zu Kult-Com- weilig und mit ehrlichem Spaß am Sound rüber- bar ist, kommt „Legacy mögen: eine Stimmung. Aufgrund der teilweise bos wie BLOOD FOR BLOOD oder DEATH BEFORE gebracht, klingt das Album dann wie melodi- Of The Ancients“ doch ungenau eingespielten Instrumente, der unkla- DISHONOR liegen nahe, treffen den Nagel aller- sche TOXIC HOLOCAUST oder wütende DANKO gar nicht rüber. Der mit allen üblichen Zuta- ren Abgrenzung der Songs voneinander und des dings nicht ganz auf den Kopf. Vielmehr werden JONES. Wer sich also von der Vita des Drummers ten wie Blut, Gedärm, Zombies und einer Prise durch die enorme Präsenz der Gitarren unfer- mit „Socialized“ Freunde von SLAPSHOT und oder den Themen einiger Texte freimachen kann Eiter gewürzte Gurgel-Grind ist zwar null origi- tig wirkenden Mixes bekommt man den Eindruck, STARS AND STRIPES perfekt bedient. Kein Wun- und einfach nur einen Soundtrack für die Fahrt nell, knallt dafür aber ohne Umwege. Mal stumpf dem Mitschnitt eines enorm langen Jams zu lau- der, schließlich ist Steve Risteen, der Gitarrist zum nächsten Festival haben will, macht mit wie MORTICIAN, mal technisch wie CANNIBAL schen. Vielleicht ist ja auch genau das der Fall. des erstgenannten Bostoner Hardcore-Urge- MONGO NINJA nichts falsch. (Indie/Soulfood) CORPSE, oft groovig wie und, wie Aber selbst wenn der große Knall in den Songs steins, auch bei REFUSE RESIST tätig. An den Martin Schmidt gesagt, null originell, hackt sich der Ami-Dreier oft fehlt, kleine Ausbrüche nicht logisch fort- Aufnahmen zu „Socialized“ war er zwar noch

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nicht beteiligt, er dürfte das Line-up aber per- SILVERSTEIN sche Bands beschränkt und sich vor allem durch cken und einer Cover-Version der anderen Band fekt ergänzen. Zumal sich der Sänger derma- Decade (Live At The El Mocambo) Acts wie THIS IS A STANDOFF, ARGETTI oder PHI- leben beide Gruppen in „Trife life“ zusammen ßen nach SLAPSHOT-Frontmann Choke anhört, Zehn Jahre gibt es die kanadische Pop- NIUS GAGE einen Namen gemacht hat. Durchaus ihre Lust auf HipHop in einer Hommage an Snoop dass es kein Zufall mehr sein kann. Erfreulicher- Screamo-Band SILVERSTEIN jetzt schon. Damit empfehlenswert für alle, die sich von der Quali- Dogg aus. Natürlich ist auf der Platte der von bei- weise fi nden sich trotz des recht deutlichen Oi!- wir das nicht vergessen, pfeffern uns Victory tätsarbeit des Labels überzeugen wollen – auch den Bands praktizierte brutale Angriff aus bösem Einschlages keine dämlichen überpatriotischen Records eine CD plus DVD um die Ohren. Wie wenn natürlich nicht alle Bands auf demselben Metal, Grindcore und Hardcore zu fi nden – letzt- Ausfälle auf dem Album. Stattdessen geht es in nicht anders zu erwarten, wird hier höchst pro- Niveau agieren. (Fond Of Life/New Music) lich bietet diese Veröffentlichung aber auch ein bester Streetpunk-Tradition um die Probleme fessionell aufgefahren: Die Show im kleinen Club Dennis Meyer wenig die Chance, Experimente zu wagen und und Freuden des kleinen Mannes. Und dank der ist mit mehreren Kameras nahezu perfekt ein- festzustellen, wo man in der Entwicklung als Band Eingängigkeit der Songs können die Texte auch gefangen, der Sound klingt fast mehr nach Stu- WE ARE WOLF gerade steht. Insofern kann diese Aufnahme jederzeit mitgegrölt werden. In diesem Sinne: dioaufnahme als nach Live-Show. Fans werden Aeons einerseits eine Vorschau auf kommende Alben, Fuck the IRS! (I Scream/Warner) Kai Jorzyk es lieben. Wer kein Fan ist, aber fast dreißigjäh- Es war einmal eine Band namens EAT UNDA aber genauso gut nur eine Spielerei ohne bin- rigen Männern bei einer hingebungsvollen Herz- TABLE, die in den dunklen Wäldern rund um Bonn dende Aussagekraft sein. (Lifeforce/Soulfood) schmerz-Performance zusehen will, darf natür- ihr Unwesen trieb. Aufgewachsen mit Metalcore, Florian Auer dvd review lich auch zugreifen – muss aber mit meinem spürte die Gruppe nach einiger Zeit, dass sie sich Unverständnis leben. (Victory/Soulfood) von diesem lösen und in eine härtere Richtung Carl Jakob Haupt entwickeln wollte. Also hießen die fünf ab sofort Witchkrieg Marc Pierschel / Michael Kirchner WE ARE WOLF und machten bösen Melodic Die treibende Kraft hin- EDGE – PERSPECTIVES ON STARKWEATHER Death Metal. Ihr Debütalbum spielt noch sche- ter der Allstar-Combo DRUG FREE CULTURE This Sheltering Night menhaft mit den stilistischen Ursprüngen der WITCHERY war von Subkultur? (Gegen-) „This is the place where Band, setzt aber mit technischer Raffi nesse und jeher THE HAUNTEDs Bewegung? Distink- all dreams come to einem Frontmann, der sowohl tiefe Growls als , der auch tionsmerkmal? Ego- end“, heißt es im ersten auch die höheren Tonlagen sicher beherrscht, ein dieses Mal für den über- trip? Die Idee, die Hal- Song des neuen Albums hörbares Ausrufezeichen in der hiesigen Szene. wiegenden Teil der Stü- tung, das Lebensgefühl von STARKWEATHER. Kein Wolf im Schafspelz also, sondern genau das, cke verantwortlich Straight Edge hat in den Und dann beginnt der was man erwartet hatte. (Noizgate) Florian Auer zeichnet und für seine markante Gitarrenarbeit Jahren seit seiner mehr Albtraum. „This Shel- einen gelungenen Kontext formt. Das Line-up oder weniger unfreiwil- tering Night“ ist letzt- WAR FROM A HARLOTS MOUTH / komplettiert sich durch Mitglieder von OPETH, ligen Initiation durch endlich genauso schwer zu fassen wie die Band BURNING SKIES SEANCE und . Gegenüber dem Vor- Ian MacKaye so einige selbst. STARKWEATHER verschwanden seit ihrer Split gänger „Don’t Fear The Reaper“ ist lediglich die Ergänzungen, Umdeu- Gründung 1989 immer wieder von der Bildfl äche, „Die Menschen ver- Position hinter dem Mikro neu besetzt worden – tungen und ideologische Entgleisungen erfah- manchmal für Jahre, haben aber niemals aufge- stehen einander nicht. zu hören ist nunmehr Legion (ex-MARDUK, ex- ren. Da kann man etwas daraus machen. Einen hört, Musik zu machen – „The band never went Es gibt weniger Wahn- DEVIAN). Sein kratzig-aggressiver Stil schafft hochinformativen Film zum Beispiel, der sich away. We simply stopped giving a shit about sinnige als wir den- einen guten Kontrast zum vergleichsweise läs- recht unaufgeregt und ästhetisch mit diesem playing shows, playing scene politics, dealing ken“, stellte der Philo- sigen musikalischen Unterbau. WITCHERY wüten Phänomen auseinandersetzt. Marc Pierschel with record labels.“ „This Sheltering Night“ soph Claude Adrien Hel- im Feld zwischen Death und , doch und Michael Kirchner, die Macher von „EDGE besteht im Wesentlichen aus sechs Songs, auf- vétius fest. Mit dieser sie müssen niemandem etwas beweisen, son- – Perspectives On Drug Free Culture“ haben genommen zu verschiedenen Zeitpunkten in den Split-EP ist das Gegen- dern wollen einfach Spaß haben. Diese komfor- sich jedenfalls sichtlich Mühe gegeben, diesen vergangenen Jahren. Dazu kommen insgesamt teil bewiesen. Dass die Berliner WAR FROM A table Ausgangsposition überführen sie in rabi- mit allerlei persönlicher Brisanz aufgeladenen fünf Soundscapes von Elizabeth Jacobs alias HARLOTS MOUTH vor nichts zurückschrecken, ate Abrissbirnen, die Souveränität, Anspruch Begriff mehrperspektivisch und in seiner gesam- Sophia Perennis sowie Oktopus von DÄLEK. Das muss man mittlerweile niemandem mehr erzäh- und Unterhaltungswert miteinander verbinden. ten Ambivalenz zu erfassen. Unbezahlbar und Ergebnis ist allerdings mehr als nur „eine Samm- len. Dass sie aber mit BURNING SKIES ein pas- So verwundert es dann auch nicht, dass unter auch für vermeintliche Szenekenner unterhalt- lung von Songs und Kollaborationen“, wie Sän- sendes Pendant gefunden haben, zeugt davon, anderem von SLAYER sowie sam sind die Auftritte derjenigen, die hinter der ger Rennie Resmini bescheiden feststellt. „This dass sich Menschen durchaus verstehen – und und Lee Altus von EXODUS auf „Witchkrieg“ als Idee Straight Edge auch immer den Menschen Sheltering Night“ ist eines der anspruchsvolls- der Wahnsinn ist diesen Musikern sicher nicht Gäste mit von der Partie sind. (Century Media/ hervorscheinen lassen. Ray Cappo (YOUTH OF ten Metal-Alben des Jahres, das trotz seiner Zer- besonders fern. Neben jeweils drei eigenen Stü- EMI) Arne Kupetz TODAY, SHELTER) verrenkt sich im wahrsten rissenheit am besten als Ganzes funktioniert. So Wortsinne vor der Kamera, gibt Auskunft über könnten NEUROSIS klingen, hätten sie nur noch den berühmten „Wein-Vorfall“, den viele Abs- einen Tag zu leben und würden – verrückt gewor- tinenz-Apologeten mit dem Untergang des ge- den vor Angst – noch ein paar Lieder schreiben. xten Abendlandes gleichsetzten, und regt sich im Diese Songs kennen nur ein einziges Ziel: „To Nachhinein über die Borniertheit einer von ihm your heart, to your soul / Where it hurts you the selbst ein Stück weit radikalisierten Bewegung most.“ (Deathwish/Indigo) Thomas Renz auf. Hochinteressant auch Bull Gervasi, immer strahlender, dicht bartbewachsener Bioladen- TRAKTOR Verkäufer von R.A.M.B.O., der paradigmatisch Where Water Goes für unterschiedliche Lebensentwürfe trotz der Auch wenn TRAKTOR aus Schweden kommen, Gemeinsamkeit Straight Edge steht. Oder aber weisen sie doch einige Parallelen zu JR EWING Ross Haenfl er, HAVE HEART-Shirt tragender auf. Wenn man dem Seven-Inch-Vorboten ihres Soziologiedozent aus den USA, der seinen Stu- dritten Albums Glauben schenken darf, sind sie dierenden den Symbolgehalt von Geld verdeut- von der latent chaotischen, ungestümen Aus- licht, indem er es zerreißt. Pierschel und Kirchner richtung ihrer Anfangsphase abgewichen und bleiben jedoch trotz offensichtlicher Szenever- gehen inzwischen ähnlich wie die Norweger in bundenheit nicht unkritisch. Stimmige Schwarz/ eine melodiösere, mehr von Indie-Rock beein- weiß-Einstellungen und kurze Live-Ausschnitte fl usste Richtung. Zwischen den Refrain-Wie- sorgen überdies für eine bisschen Atmosphäre derholungen ist aber immer noch genug Platz für und das kurze Gänsehautgefühl angesichts sich verspielte Gitarren und dunkle Atmosphäre. Der auf der Bühne stapelnder Menschen. Löblich ist Song auf der B-Seite kommt nicht ganz an das auch der Einbezug der Gender-Perspektive in Hit-Potenzial von „Where water goes“ heran, ist einer Szene, die wohl bis an ihr Lebensende pit- aber solide. (I Made This/Apocaplexy/Not Ano- patriarchalisch geprägt sein wird. Fazit: Für Idio- ther Record Label) Alessandro Weiroster synkraten, aber vor allem alle anderen ein essen- zieller und sehr liebevoll gestalteter Einblick. Und UNIDAD 4 wer, bitte, sagt die zwei goldenen Wörter „Fuck Fuerza Para Seguir you!“ mit einer abgeklärteren Niedertracht als UNIDAD 4 kommen aus Cajamarca. Aber wie Ian MacKaye? (Compassion) René Schuh kommt deren Album auf meinen Tisch? Den MyS- pace-Views der Band zufolge, können die in Peru ja nicht besonders groß sein. Überhaupt erin- STYGGELSE nert mich die Tatsache, dass das Album vor mir Heir Today, God Tomorrow liegt, sehr an MySpace: an Freundschaftsanfra- So böse Black-Metal-Bands sich gerne geben, so gen völlig unbekannter Bands, die man lustlos ungeschickt sind sie zuweilen bei der Namens- annimmt, um sich anschließend zu ärgern, dass wahl. Doch im Gegensatz zu den Norwegern einen die Seite nur noch nervt. Die Band spielt FURZE erinnern die Schweden STYGGELSE schnörkellosen, melodischen (Hardcore-)Punk irgendwie an großzügige Kannibalen: „Noch mit spanischen Texten im Stil von BAD RELIGION, ein Stück Else?“ Ist man über das erste Geki- H2O und PENNYWISE. Wer damit etwas anfan- cher hinweg, ist aber Schluss mit lustig. Musi- gen kann, könnte UNIDAD 4 okay fi nden, der Rest kalisch machen STYGGELSE einiges richtig. Ihr lobt sich Facebook. (Identidad) Björn Schmidt Black-Rumpel-Thrash vereint das Sträßenkö- terige von VENOM oder frühen BATHORY mit der V/A Melodik von DARKTHRONE. Originell ist das zwar This Is Fond Of Life Records II nicht, aber stimmig gemacht und mit den teil- Fond Of Life aus Süddeutschland feiern ihre vier- weise politischen – im Gegensatz zu vielen Gen- zigste Veröffentlichung mit einem Label-Samp- rekollegen also unblöden Texten – auch im Detail ler, und natürlich dürfen alle mitmachen. Dabei ungewöhnlich umgesetzt. Stück Else? (Unexplo- bietet die Compilation einen guten Überblick ded/Twilight) Hendrik Lukas über das Programm, das sich nicht auf deut-

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13/14/201015 AUGUST

FRIDAY 13/8: MAIN STAGE AGNOSTIC FRONT RAISED FIST 7 SECONDS STRENGTH FOR A REASON CRUEL HAND The FREEZE FOR THE GLORY MILES AWAY PURIFICATION PAURA CAMPUS FRIDAY 13/8: MARQUEE NEXT STEP UP VITAMIN X ANNOTATIONS OF AN AUTOPSY STRENGTH APPROACH THIS IS A STANDOFF SSS BLOODY PHOENIX ATLAS LOSING GRIP BLEED INTO ONE BORN TO LOSE ALARMA MAN Saturday 14/8: MAIN STAGE MADBALL The BLACK DAHLIA MURDER DESPISED ICON BORN FROM PAIN AS WE FIGHT RUINER CONFRONTO CARPATHIAN COLD EXISTENCE IN BLOOD WE TRUST NEW MORALITY Saturday 14/8: MARQUEE NO TURNING BACK CATARACT REPROACH RAFFLESIA BITTER END AUSSITÔT MORT The BLACK HEART REBELLION UFOMAMMUT BLEED FROM WITHIN BARN BURNER CEREBRAL BALLZY SUNDAY 15/8: MAIN STAGE CONVERGE ALL OUT WAR TRASH TALK BREAKDOWN 50 LIONS GRAVE MAKER DEAD SWANS CROSSED THE LINE The END OF ALL REASON SUNDAY 15/8: MARQUEE AMENRA VOIVOD KYLESA KNUT ORIGIN FORENSICS AN EMERALD CITY GAZA KVELERTAK HANG THE BASTARD

WHERE: Crossroads of PoPeringseweg and Hazewindestraat, iePer, tHREE stagEs: oPen air + marquee + more tHan musiC tickEts: fat Kat (antwerPen), JJ rCs (leuven), metalzone (KortriJK), ostensCHe Ploate (oostende), Piet gein (roeselare) & vort’n vis (iePer). all fnaC and free reCord sHoP stores in Belgium, Holland, and luxemBurg. fnaC Hotline: 0900 00 600. online at www.iePerfest.Com. MtM-stagE: CHeCK out tHe mtm-stage for some interesting non-musiCal aCtivities, niCe ngo-stands, Hot (!) doCumentaries, and ever growing iePerfest zine liBrary. CHeCK site or messageBoard in front of tHe mtm-tent for more details! WWW.IEPERFEST.COM

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ALEXISONFIRE DEADLOCK DILLINGER ESCAPE PLAN Foto: Lena Stahl (unheard-pictures.com) Foto: Sebastian Steinfort (be-subjective.de) Foto: Torben Utecht (allschools.de) MY VAINSTREAM ROCKFEST. Wir kom- MY VAINSTREAM ROCKFEST. Nach einer MY SUMMERBLAST FESTIVAL. Nachdem wir men spät nachts am Vortag des Festivals an. Nor- sechsstündigen Fahrt bei gefühlten achthundert die letzten zehn Tage fast nur auf Festivals gespielt malerweise würde das bedeuten, dass wir absolut Grad im Bus und mit dem letzten Album von Alexan- haben, stellt sich langsam so etwas wie Routine ein. nichts mehr machen oder sehen und irgendwann der Marcus in Endlosschleife kommen wir in Münster Um ehrlich zu sein, habe ich keinen blassen Schim- vor Langeweile einschlafen würden. Aber heute lau- an. Die erste Amtshandlung besteht darin, unseren mer mehr, welches Festival welches ist, wer dort spielt fen so viele betrunkene Teenager an unserem Park- Schlagzeuger Tobi am Veggie-Stand zu besuchen oder in welcher Stadt es stattfindet. Das ist auch platz vorbei – irgendetwas muss da vor sich gehen. und ihn um einige Döner zu erleichtern. Danach nicht wirklich wichtig. Letzten Endes kommt es nur Wir folgen ihnen und finden raus, dass AGNOSTIC strömt jeder in eine andere Richtung, um das Fes- darauf an, so viele Leute wie möglich umzublasen. FRONT spielen. Als ich später ins Bett gehe, habe tivalgelände zu erkunden und durch ein Meer aus Als ich aus dem Fenster unseres Busses schaue, sehe ich immer noch „Crucified“ im Ohr. Am nächsten Tag halbvollen Bechern zu waten. Kurz darauf klingelt ich mehr Tätowierungen und gedehnte Ohrlöcher als schnappe ich mir einen Kaffee und schaue BLEE- der Handy-Alarm. Zeit für den Soundcheck. Da das bei einem Stamm im afrikanischen Dschungel. Dies DING THROUGH an, die den Parkplatz um halb zwölf Tryptychon, in dem die Aftershow-Party steigen hier ist also ein Metal- und Hardcore-Festival. Ironi- Uhr mittags in ein Tollhaus verwandeln, während die soll, nicht der größte Laden ist, dauert es etwas, die scherweise fühlen wir uns bei solchen Veranstaltun- Sonne unerbittlich vom Himmel brennt. Wir spie- Backline für alle spielenden Bands aufzubauen. Die gen immer ein bisschen deplatziert – obwohl wir aus len kurz danach und haben einen großartigen Auf- Kollegen von WE BUTTER THE BREAD WITH BUT- der Punk- und Hardcore-Szene kommen. Vielleicht tritt. Höhepunkt des Tages ist aber, wieder mal HOT TER und BETWEEN THE BURIED AND ME sind bereits liegt es daran, dass viele dieser Kids mein Jello-Bia- WATER MUSIC sehen zu können. Wir haben vor vielen vor Ort und bester Stimmung. Außerdem tummelt fra-Shirt anstarren, als würde es sich auf eine Nach- Jahren mit ihnen getourt, als wir noch eine sehr junge sich auch schon das Who is Who der Münsteraner speise beziehen. Oder es ist, weil Greg mehr wie einer Band waren. Das sind sehr freundliche Menschen, die Rock-Musik am Getränkekühlschrank. Ich werde der Typen aussieht, der sich in der Schule über die uns eine Menge beigebracht haben. All diese ver- keine Namen nennen, aber die Leute von NEAERA, Hälfte dieser Leute lustig gemacht hat, weil sie selt- schiedenen Bands an einem Tag zusammenzubrin- MISERY SPEAKS und LONG DISTANCE CALLING wis- same Klamotten tragen und nicht gut in Sport sind. gen, ist für uns eine super Sache, da wir alle einen sen schon, wer gemeint ist. Kurz vor elf ist der Saal Wir freuen uns, als wir herausfinden, dass SUFFOCA- sehr vielseitigen Musikgeschmack haben. Ein derar- schlagartig voll, und WBTBWB spielen sehr zur Erhei- TION spielen. Diese Band macht seit mehr als zwan- tiges Festival wäre in Nordamerika nicht vorstellbar. terung des Publikums ihr Potpourri aus Kinderliedern zig Jahren die brutalste Musik, die es gibt. Es haut Später treffen wir 36 CRAZYFISTS und schmieden und Moshcore. Zu unserer Show kann ich als Teil- mich um, dass die meisten der neuen Deathcore- betrunken Pläne, zusammen durch Alaska zu touren. nehmer wenig sagen: Sound laut, Licht aus, Feuer, und Death-Metal-Bands nicht wissen, dass sie Lie- Bevor ich mich versehe, ist es dunkel und wir machen fertig. Leider folgt nach dem tollen Gefühl, das man der schreiben, die SUFFOCATION schon geschrieben uns auf den Weg, um BETWEEN THE BURIED AND ME auf der Bühne hat, immer auch das Abbauen und haben, als ihre Nachahmer noch gar nicht gebo- zu sehen. Paul ist der beste Gitarrist, den ich kenne. Einladen. Weil uns ein sichtlich bekiffter Club-Ange- ren waren. Insgesamt muss ich aber sagen, dass wir Seine Art zu spielen, ist so hypnotisierend, man ver- stellter mit unserem Bus das Gelände nicht verlas- ziemlich viel Spaß hatten. Das Festival war gut orga- liert sich komplett darin. BTBAM beenden ihr Set mit sen lässt, sind wir erst um drei Uhr morgens im Hotel. nisiert und das vegetarische Essen der Hammer. einem Gewitter aus Doublebass und Stroboskop- Vier Stunden später geht es weiter, aber zum Glück Selbst unser Auftritt lief gut – auch wenn ich immer licht. Alles, was mir jetzt noch bleibt, ist, ins Bett zu hat Alexander Marcus auch tolle Songs zum Wach- noch nervös bis, wenn ich auf die Bühne muss. gehen. (Wade MacNeil, ) werden. (John Gahlert, DEADLOCK) (Ben Weinman, THE DILLINGER ESCAPE PLAN)

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TOURMATES. Eine gigantische Package-Tour, ein Drei-Tage-Festival, jemals geknickt zu sehen. Sie lieben, was sie tun, haben eine Menge Spaß dabei, eine Tour zu einem Buch („Burning Fight“ von Brian Peterson): Bei unseren und es könnte ihnen gar nicht gleichgültiger sein, was andere davon halten. (Vin- Show-Highlights der nächsten Zeit ist mal wieder alles dabei. Und bei dem, cent THE ACACIA STRAIN) was die beteiligten Bands übereinander zu sagen haben, sowieso. Allein aufgrund ihres Namens weiß man, dass er keinen Sinn macht. Niemand kann mehrmals sterben. Wenn ich nur ein Album auf eine einsame Insel mitneh- men dürfte, könnte ich mich nicht zwischen „Gutter Phenomenon“ und „The Big Dirty“ entscheiden, weshalb meine Wahl wahrscheinlich auf „Straight To Hell“ von Hank Williams III fiele. (Greg VERA CRUZ) ALL SHALL PERISH. Für eine Band, die so brutale Musik macht, gehören diese Typen zu den bodenständigsten, mit denen ich jemals getourt habe. Sie sind professionelle Faulenzer. Wir haben schon viele gemeinsame Stunden damit verbracht, hinter irgendwelchen Venues auf Gartenstühlen zu sitzen und zu chil- len. 2008 waren wir mit ihnen in den Staaten auf Tour. Ich glaube, ich habe das Arschloch und/oder den Penis und die Eier jedes einzelnen Band-Mitglieds gese- hen. ALL SHALL PERISH und THE ACACIA STRAIN im selben Raum ist eine ver- heerende Kombination. Gebt ihrem Sänger Eddie einen aus und fragt, ob ihr seine Eier sehen dürft – ihr könntet Glück haben. (Vincent THE ACACIA STRAIN) Ich habe Eddie mal geküsst, als ich betrunken war. (Scott TERROR) Allein aufgrund ihres Namens weiß man, dass das keine Musik für die Schwes- ter deiner Mutter ist. Sie ist wie ein Bulldozer, der immer wieder über deinen Kopf fährt. (Yoann VERA CRUZ) THE ACACIA STRAIN. Ihr Bassist heißt wie ein Superheld: Jack Strong. Aber er ist nur einen Meter groß und muss eine Brille tragen. Seine einzige Superhelden- Power wäre dann wohl, dass er ein netter Kerl ist. Kevin, der Schlagzeuger, ist eher HELL ON EARTH TOUR ruhig und scheint immer dicht zu sein. Ein toller Typ. Und Vincent ... Er ist so etwas Foto: Jess Baumung wie ein Geschenk des Himmels für alle Straight-Edge-Kids. Jeder, der etwas dar- TERROR. Eine der besten Live-Bands, die ich jemals gesehen habe. Ich versuche über wissen will, wendet sich an ihn. (Andy ) immer, so abzugehen wie Scott Vogel, aber ich komme nicht einmal ansatzweise Vincent ist bei Konzerten immer voll dabei, auch wenn er nicht selbst spielt, und an seine Energie auf der Bühne ran. Einmal haben wir zusammen in einem Laden das bedeutet mir eine Menge. (Scott TERROR) gespielt, in dem Moshen und Stagediven verboten war. Ich habe Scott noch Einmal waren wir mit THE ACACIA STRAIN in Denver, Colorado. DL, ihr Gitarrist, nie so aufgedreht erlebt. Überflüssig zu erwähnen, dass das Verbot nicht lange hat vor dem Club ein bisschen was getrunken. In der Stadt war irgendeine große Bestand hatte. Die Security war zahlenmäßig unterlegen, und die Leute haben Party, und es sind eine Menge betrunkener Frauen herumgelaufen. Man muss gemacht, was sie wollten. Ich habe Menschen bei TERROR-Shows schon die ver- wissen, dass DL ein ziemlich großer Kerl ist, der eine Menge Tätowierungen hat rücktesten Dinge machen sehen. Ich habe erlebt, wie Kids Türsteher zusammen- und verdammt bedrohlich aussieht. Überflüssig zu erwähnen, dass die Frauen geschlagen haben, wie sie über zwei Meter breite Bühnengräben gesprungen Angst vor ihm hatten und beim Vorbeilaufen ständig irgendwelche Kommentare sind, wie ganze Läden in Schutt und Asche gelegt wurden. Nur wegen TERROR. abgelassen haben. DL hatte irgendwann keinen Bock mehr darauf und streitlus- (Vincent THE ACACIA STRAIN) tig reagiert. Wir haben uns über die Show, die er abgezogen hat, echt kaputtge- Mit Scott Vogel war ich schon auf Tour, als er noch bei BURIED ALIVE war. Er hat lacht. Insgeheim habe ich allerdings befürchtet, dass ich mich mit dem ersten Idi- oft seinen Schwanz rausgeholt, und wir haben den Van gefahren, während die oten schlagen müsste, der versuchen würde, sich mit DL anzulegen. (Eddie ALL anderen schliefen. Wenn wir uns heute sehen, benehmen wir uns immer noch so, SHALL PERISH) als würden wir gleich zusammen in den Van steigen, unsere Schwänze rausholen Allein aufgrund ihres Namens weiß man, dass man sie fragen will, was er bedeu- und alte Hardcore-Songs hören. (Andy EVERY TIME I DIE) tet, und sie dann sauer sein werden. (Flo VERA CRUZ) TERROR waren mir in einer Phase meines Lebens sehr wichtig. Sie haben mich mit DOWN TO NOTHING. Von denen weiß ich nicht viel, außer dass sie es live voll ihren Texten über Selbstbestimmung und Stärke durch ein paar schwere Zeiten bringen und dass überall, wo ich hinkomme, Aufkleber von ihnen sind. (Vincent geholfen. Um ehrlich zu sein, war ich auf unserer ersten Tour mit ihnen zunächst THE ACACIA STRAIN) ziemlich eingeschüchtert, aber sie haben uns mit offenen Armen empfangen. Eine der besten Hardcore-Bands. Obwohl sie straight edge sind, gehen sie mehr Einmal waren wir jedoch in unseren Hotelzimmern eingeschneit. Ich weiß nicht ab als die besoffensten Besoffenen. (Scott TERROR) mehr, in welcher Stadt. TERROR sind jedenfalls eines Nachts vom Feiern zurück- Der Sänger dieser Band ist der verrückte Bassist von TERROR. Lasst ihn nicht gekommen und wie es schien, hatten sie nicht besonders viel Spaß, weil sie ziem- nach Europa! (Randy THICK AS BLOOD) lich laut miteinander gestritten haben. Ich habe sie schon von weitem gehört und Allein aufgrund ihres Namens weiß man ... Nun, man kann nicht wirklich etwas dar- deshalb aus meinem Fenster geschaut. Martin [Stewart, Gitarre] stand vor dem aus schließen, aber das ist der Moment, in dem man weiß, dass man die Klappe Van und hat die anderen angebrüllt, sie sollten sofort mit dem Streiten aufhö- halten sollte. Nur eines noch: Ihr Gitarrist heißt Hunter Jennings und damit wie ein ren, sonst müsste er sie alle k.o. schlagen. Ich dachte, er macht Witze – bis er mit Charakter aus der Fernsehserie „Harper’s Island“. (Greg VERA CRUZ) seiner Faust ausgeholt und die hintere Scheibe des Vans eingeschlagen hat. Es THICK AS BLOOD. Coole junge Männer aus . Sie lieben das weibliche klang wie eine Explosion. Das werde ich nie vergessen. (Eddie ALL SHALL PERISH) Geschlecht. Gino ist ein wilder Hund. (Scott TERROR) Das ist unsere zweite Tour mit TERROR. Im Januar waren wir mit ihnen schon in Gino, ihr Sänger, hatte mal Probleme, nach Kanada einzureisen, also habe ich den USA unterwegs. Ihr Bassist ist verrückt. Wir glauben, dass er eine Gefahr für mit ihm drei Tage in Buffalo verbracht. Der Junge liebt Hot dogs. (Andy EVERY euer Land ist, also lasst ihn nicht rein. (Randy THICK AS BLOOD) TIME I DIE) Allein aufgrund ihres Namens weiß man, dass das keine Musik für deine Mutter Wenn du glaubst, dein Englisch wäre gut, dann versuch doch mal, dich mit Gino ist. Es ist wirklich clever, dass sie sich TERROR und nicht TEDDY BEAR genannt zu unterhalten, wenn er seinen Grill im Mund hat. Wenn du ihn verstehst, ist dein haben. Ohne TERROR auf meinem iPod gehe ich nicht aus dem Haus. Wenn ich Englisch wirklich perfekt. (Vincent THE ACACIA STRAIN) dann in der U-Bahn bin, fühle ich mich wie Mike Tyson und will jedem ins Gesicht Allein aufgrund ihres Namens weiß man, dass man ihre Musik nicht hören kann, schlagen. Aber dann fällt mir ein, dass ich nur der Gitarrist von VERA CRUZ bin, wenn man mit seinem Vater beim Angeln ist. (Yoann VERA CRUZ) und ich bleibe ruhig sitzen. (Flo VERA CRUZ) VERA CRUZ. Ich wette, dass niemand etwas über uns schreibt, also werden wir für EVERY TIME I DIE. Sie kommen aus Buffalo, der Stadt, in der ich aufgewach- uns selbst sprechen. Wir freuen uns wahnsinnig, bei dieser Tour dabei zu sein, und sen bin. Andy Williams ist einer der coolsten Typen aller Zeiten. Er war Roadie bei hoffen, dass uns alle Bands wie ihre Patenkinder behandeln und uns nicht den meiner alten Band BURIED ALIVE. Sie haben ein paar gute Trinker in ihrem Team. ganzen Tag die Zähne eintreten werden. (Flo VERA CRUZ) (Scott TERROR) Fuze präsentiert Es haut mich um, die Möglichkeit zu haben, mit ihnen zu touren. Ich habe sie HELL ON EARTH TOUR mit TERROR, EVERY TIME I DIE, ALL SHALL PERISH, THE zum ersten Mal auf der „Hellfest“-DVD von 2002 gesehen. Ihr Gitarrist hat einen ACACIA STRAIN, DOWN TO NOTHING, THICK AS BLOOD, VERA CRUZ. Headwalk in die Menge gemacht und dabei weitergespielt. Seitdem sind sie Stück 17.09. Jena, F-Haus | 18.09. Köln, Essigfabrik | 29.09. Frankfurt, Batschkapp | 30.09. für Stück größer geworden. Jeder in unserer Band ist ein Fan von ihnen. (Randy A-Klagenfurt, Volxhaus | 01.10. München, Werk | 03.10. CH-Solothurn, Kofmehl | 04.10. THICK AS BLOOD) Hannover, Faust | 06.10. Münster, Sputnikhalle | 07.10. Hamburg, Markthalle | 08.10. Ein paar der witzigsten Typen des gesamten Planeten. Viele Bands sind manch- Saarbrücken, Garage | 09.10. Schweinfurt, Alter Stattbahnhof | 11.10. Lindau, Vaude- mal richtige Miesepeter, aber ich kann mir nicht vorstellen, EVERY TIME I DIE ville | 12.10. Stuttgart, LKA | 13.10. A-Wien, Arena | 15.10. Leipzig, Werk | 16.10. Ber- lin, SO36

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IEPERFEST BURNING FIGHT TOUR Foto: Arkadiusz Goniwiecha Foto: Marc Gärtner AGNOSTIC FRONT. Legenden, aber nicht mein Ding. Wenn es um Hardcore SPERMBIRDS. 1981, als wir noch KAHLSCHLAG hießen und erste Gehversuche geht, stand ich schon immer mehr auf Bands wie HÜSKER DÜ, BLACK FLAG, BAD in Sachen Punk machten, kannten wir nicht viel von der musikalischen Welt da BRAINS und FUGAZI als auf das typische Macho-Zeug aus New York. (Rod KNUT) draußen. Internationale Bands verirrten sich nicht nach Kaiserslautern. Immerhin Lemmy, der früher bei ihnen Gitarre gespielt hat, war einmal beim Soundcheck kannten wir schon einige US-Bands wie die DEAD KENNEDYS, AGENT ORANGE nicht da, also bin ich eingesprungen. (Chris CRUEL HAND) oder BLACK FLAG, die uns mit ihrem kompromisslosen Sound faszinierten. Da CONVERGE. Die beste noch aktive Hardcore-Band. Wir werden von Zeit zu Zeit damals in „K-Town“ auch tausende US-Soldaten lebten, lernten wir einen jun- mit ihnen verglichen, obwohl sie viel punkiger sind. (Rod KNUT) gen Amerikaner kennen, dessen Plattensammlung weitere spätere Klassiker wie Eine der Bands, die ich nie besonders beachtet habe. Zu viel Krach? Zu viel Kunst? die MISFITS, die frühen DESCENDENTS oder MINOR THREAT umfasste. Der junge Vielleicht bin auch einfach nur zu faul, herauszufinden, wie gut sie sind. (Alessan- Amerikaner hieß Lee Hollis, wurde unser Sänger, und wir gründeten die SPERM- dro STRENGTH APPROACH) BIRDS. ALL OUT WAR. Ende der Neunziger haben sie in Vancouver gespielt und mich In den folgenden Jahren kreuzten viele Bands unseren Weg, aber merkwürdi- und ein paar andere minderjährige Kids in die Bar geschmuggelt, damit wir sie gerweise niemals YOUTH OF TODAY. Allerdings wussten und hörten wir, dass sie sehen konnten. Das war ein schöner Valentinstag. (Bailey GRAVE MAKER) musikalisch extrem hart waren – eine der besten Hardcore-Bands überhaupt – THE BLACK DAHLIA MURDER. Extrem nett und talentiert. Ich habe ihrem Gitar- ,vor allem aber, dass sie nicht nur Straight Edger und Veganer waren, sondern risten mal gesagt, er solle den technischen Death Metal ausmachen, den er im auch Hare Krishnas. Für uns als Provinz-Band klang das alles sehr exotisch und Backstage-Bereich um zehn Uhr morgens gehört hat. (Jake CONVERGE) auch befremdlich. Bisher schien uns eine gemeinsame Grundidee des Punk zu DYING FETUS. Einer unserer größten Einflüsse. Ich höre sie seit ihrem Debüt und sein, dass man sich von niemandem vorschreiben ließ, was man zu tun hat – erst bin immer noch ein großer Fan, aber ich vermisse die alte Besetzung mit Talley, recht von keinem Gott (den es ohnehin nicht gibt)! Und jetzt kamen die und san- Jason und Sparky. (Alex DESPISED ICON) gen das Hohelied auf Krishna. 7 SECONDS. „Young till I die“ ist der wahrscheinlich meistgecoverte Youth- Dazu kam noch der Streit zwischen Straight Edgern und Saufpunks, der aus Crew-Hardcore-Song. Das sagt wohl alles. (Alessandro STRENGTH APPROACH) unserer Sicht von beiden Seiten mit einer Selbstgerechtigkeit und Intoleranz VOIVOD. Eine meiner absoluten Lieblingsbands. „Dimension Hatröss“ hat mein gegenüber anderen Ansichten geführt wurde, wie wir das von der Punk-Szene Leben verändert. (Jake CONVERGE) bislang nicht kannten. Dabei hatten beide Positionen einen berechtigten Grund- Sie haben Metal neu erfunden. Wir hatten das Glück, mit ihnen 1999 in Rennes gedanken: Die einen waren angekotzt vom selbstzerstörerischen Alkoholismus in aufzutreten. Ich habe mich auf Französisch mit Piggy (R.I.P.) unterhalten. Was der Szene, die anderen davon, dass sie angefeindet wurden, nur weil sie ein Bier für ein toller Kerl, was für ein Genie! Er kann nicht ersetzt werden, das ist klar, tranken. Für uns als Band, die den freien Willen des Einzelnen als einen der wich- aber zumindest haben seine Band-Kollegen einen Weg gefunden, ihm die Ehre tigsten Werte ansah, war dieser Dogmenstreit in seiner Vehemenz ein Schock, zu erweisen und seine Riffs am Leben zu halten. (Rod KNUT) da aus unserer Sicht gerade Punk für das Sprengen von ideologischen Grenzen DESPISED ICON. Sind scheiße. (Alex DESPISED ICON) stand. Mit der Zeit legte sich dieser Konflikt aber glücklicherweise wieder. NO TURNING BACK. Wahrscheinlich die größte europäische Hardcore-Band im Heute können Bands wie YOUTH OF TODAY und SPERMBIRDS zusammen auf Moment. Außerdem sehr bodenständig, was heutzutage gar nicht so selbstver- Tour gehen. Ray Cappo wird uns vermutlich nicht mit der Krishna-Bibel in der ständlich ist. (Alessandro STRENGTH APPROACH) Hand zu bekehren versuchen. Und wir werden ihn nicht mit einer Bierfahne zu BITTER END. Eine erfrischende Rückkehr zu Bands wie CRO-MAGS oder frühen einer Frikadelle überreden. Wir alle sind älter, weiser, möglicherweise auch coo- SEPULTURA. (Jake CONVERGE) ler, vor allem aber toleranter geworden und werden zusammen mit dem Publikum CARPATHIAN. Marty hat uns mal eine Woche durch Australien kutschiert, jede Menge Spaß haben. Denn auch das ist Punk. obwohl er keinen Führerschein hat. Seine Band ist auch super. (Jake CONVERGE) Übrigens: Zu unserem persönlichen Spaß (und hoffentlich auch zu dem des Pub- CRUEL HAND. Die waren bei der Deathwish-Weihnachtsfeier und haben im likums) wird beitragen, dass wir mit einer neuen Platte im Gepäck kommen und Postzimmer mit uns zu ENTOMBED gemosht. (Jake CONVERGE) das eine oder andere Lied davon spielen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Eine der wenigen neuen Bands, die ich wirklich mag. Erinnert mich an ATTITUDE „Try again“ spielen wir auch beim 1125. Mal mit größtem Vergnügen. Aber ab und ADJUSTMENT und METALLICA. Ich bin mir sicher, dass sie das nächste große Ding zu mal was Neues macht auch Spaß. Wir sind gespannt, wie das Publikum darauf im amerikanischen Hardcore werden. (Alessandro STRENGTH APPROACH) reagiert. (Roger SPERMBIRDS) Nate ist mal von einer 15 oder 20 Meter hohen Klippe gesprungen und wäre dabei YOUTH OF TODAY. Als ich das erste Mal in Europa war, war ich kurz zuvor aus fast draufgegangen. Kein Scheiß. (Bailey GRAVE MAKER) Indien zurückgekehrt, wo ich als Krishna-Mönch gelebt habe. Das war ein Erleb- 50 LIONS. Ihr Sänger Oscar ist ein echter Klugscheißer. (Alex DESPISED ICON) nis, das mein Leben so sehr verändert hat, dass mir Europa damals wie eine nur ORIGIN. Zusammen mit BENEATH THE MASSACRE die Könige des technischen leicht andere Version von Amerika vorkam. Obwohl mich Europa kulturell mehr Death Metal. (Alex DESPISED ICON) beeindruckte als die USA, war ich davon nicht inspiriert – vielmehr deprimiert und PURIFICATION. Die Reunion mit diesem Line-up verstehe ich nicht. Sie sollten etwas frustriert. Ganz ehrlich, es fiel mir schwer, die Tour zu genießen. Außerdem die Vergangenheit ruhen lassen. (Alessandro STRENGTH APPROACH) waren wir in der Situation, eine der frühen Pionier-Bands in Sachen US-Hardcore BLEED FROM WITHIN. Wir werden nach unserem Auftritt Party machen, also in Europa zu sein. Mal abgesehen von BLACK FLAG, DEAD KENNEDYS und sol- stecht mit uns ein paar Dosen Bier. (Ali BLEED FROM WITHIN) chen großen Bands, tourten damals nur wenige kleine Bands in Europa. Irgend- GAZA. „I Don’t Care Where I Go When I Die“ ist wahrscheinlich der beste Album- wer verdiente an der Tour sicher Geld, aber nicht wir. Wir spielten viel in Squats. titel der Metal-Geschichte. (Alex DESPISED ICON) Manche dieser besetzten Häuser waren beeindruckend, andere nur unglaublich John hat die letzte Tour mit einem Leistenbruch gesungen, den er jeden Abend versifft. Zu den SPERMBIRDS fällt mir leider nichts ein. (Ray YOUTH OF TODAY) verbinden musste, damit seine Eingeweide nicht rausfallen. (Jake CONVERGE) Fuze präsentiert Fuze präsentiert BURNING FIGHT TOUR mit YOUTH OF TODAY, SPERMBIRDS. IEPER HARDCORE FEST mit AGNOSTIC FRONT, CONVERGE, MADBALL, ALL 16.09. CH-Lyss, Kulturfabrik | 17.09. Saarbrücken, Garage | 20.09. Köln, Gebäude OUT WAR, THE BLACK DAHLIA MURDER, MAXIMUM PENALTY, DYING FETUS, 7 9 | 22.09. Hannover, Faust | 23.09. Berlin, SO36 | 24.09. Essen, JZE | 25.09. Leipzig, SECONDS, VOIVOD, BREAKDOWN, DESPISED ICON, TRASH TALK, KNUT ... Conne Island | 27.09. A-Wien, Szene | 29.09. München, Backstage | 30.09. Wiesba- 13./14./15.08. BE-Ieper den, Schlachthof

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44-46Fuze23.indd 45 11.07.10 20:21 FUzE PRäSENTIERT 50 LIONS, GRAVE MAKER, ANTAGONIST Bremen, Tower | 28.08. Greifswald, Bal- AD. 14.08. Köln, MTC | 18.08. Münster, Sput- tic Sea nik Café | 21.08. Hohenstein-Ernstthal, Voice Of Art | 22.08. Hamburg, Hafenklang | 24.08. FIRST BLOOD. 22.07. Siegen, Vortex | 25.07. A-Wien, Escape | 26.08. Koblenz, Jam Club | Hamburg, Logo | 28.07. Trier, Ex-Haus | 27.08. Greifswald, Baltic Sea 31.07. Karlsruhe, Die Stadtmitte | 03.08. CH- Zürich, Werk 21 | 04.08. Ingolstadt, Paradox A TRAITOR LIKE JUDAS. 06.08. A-Mönich- | 06.08. Essen, Filled With Hate | 13.08. Vill- kirchen, Rocky Mountain | 08.08. Köln, MTC mar, Tells Bells | 14.08. Torgau, Endless Sum- | 10.09. Hof, Grüne Haidt | 25.09. Eisenach, mer | 27.08. Greifswald, Baltic Sea Alter Schlachthof HIS STATUE FALLS. 24.07. Bausendorf, Riez AGNOSTIC FRONT. 06.08. Weinheim, Café | 07.08. Wallerfangen-Ihn, Sunset | 13.08. Central | 19.08. Dinkelsbühl, Summer Breeze Neunkirchen, JUZ | 14.08. Frankfurt, Elfer | | 20.08. Leer, Zollhaus | 21.08. Niedergörs- 20.08. Enkirch, Fallig | 21.08. Herzogenrath, dorf, Oft und gut | 22.08. CH-Basel, Som- Rodarock | 28.08. Köln, Werkstatt | 03.09. mercasino | 23.08. Koblenz, Dream Club | Hagen, Ruhrpott Underground | 04.09. Bad 24.08. Hannover, Bei Chéz Heinz | 25.08. Dürkheim, Rock die Burg | 07.09. Saarbrü- Göttingen, Musa | 26.08. Alsfeld, Hessen- cken, Modul | 09.09. Rüsselsheim, Das Rind halle | 27.08. Köln, Underground | 11.09. Münster, Sputnik Café

ALL FOR NOTHING. 07.08. Leisning, IMPERIAL NEVER SAY DIE! TOUR mit Sucks’n’Summer | 13.08. Zwiesel, Jugend- PARKWAY DRIVE, COMEBACK KID, BLEE- cafe | 27.08. Schleiz, Woodys | 28.08. Greifs- DING THROUGH, EMMURE, WAR FROM wald, Baltic Sea | 25.09. Cottbus, Gladhouse A HARLOTS MOUTH, YOUR DEMISE, WE CAME AS ROMANS. 29.10. Oberhausen, ASHERS. 07.08. Köln, Underground | 08.08. Turbinenhalle | 08.11. Hamburg, Grosse Frei- Bad Hersfeld, Zigeunerkeller | 09.08. Dres- heit | 11.11. Berlin, Huxley’s | 12.11. Karlsruhe, den, Chemiefabrik | 14.08. Torgau, Endless Substage | 15.11. A-Wien, Gasometer | 17.11. Summer | 15.08. Hof, Grüne Haidt | 23.08. CH-Pratteln, Z7 | 18.11. München, Back- Stuttgart, Zwölfzehn stage | 19.11. Leipzig, Werk 2 | 20.11. Würz- burg, Posthalle AT THE FAREWELL PARTY. 01.08. Tre- bur, Open Air | 06.08. Gerau, Open Air | INITIATION OF THE MISLED TOUR mit 14.08. Oberursel, Orscheler Sommer | 21.08. , , ION Rotenhein, Rock im Feld | 21.08. Schloß DISSONANCE, HOUR OF PENANCE, DYS- Holte-Stuckenbrock, Holter Meeting | CARNATE. 10.09. Darmstadt, Steinbruch 28.08. Witzenhausen, Come2gether | 04.09. Theater | 11.09. München, Feierwerk | 24.09. Bonn, Green Juice CH-Sursee, Kulturwerk 118 | 27.09. A-Wien, Arena | 28.09. Leipzig, Theater-Fabrik- AVATAR. 16.09. München, 59to1 | 18.09. Sachsen | 30.09. Berlin, K17 | 02.10. Ober- Stuttgart, Universum | 19.09. Frankfurt, hausen, Death Feast Ultimate Nachtleben | 20.09. Köln, Underground | 21.09. Berlin, Comet | 22.09. Hamburg, Logo MADBALL. 13.08. Torgau, Endless Summer | 15.08. Bremen, Tower | 16.08. Nordhausen, CARPATHIAN, RUINER. 24.07. Köln, Essig- Destille | 18.08. A-Klagenfurt, Stereo Club | fabrik | 30.07. Marburg, KFZ | 02.08. Karls- 22.08. CH-Basel, Sommercasino ruhe, Die Stadtmitte | 05.08. Leisnig, Sucks’n’Summer | 08.08. Trier, Ex-Haus | MIDSUMMER OPEN AIR mit HARM- 09.08. Münster, Sputnikhalle | 11.08. Ham- FUL, THE DESTINY PROGRAM, HOLMES, burg, Hafenklang | 12.08. Berlin, Cassiopeia PATSY O’HARA, CITY LIGHT THIEF ... | 13.08. Neustadt an der Orla, Exil 14.08. Halver, Rathauspark

CEREMONY, SABERTOOTH ZOMBIE. 01.10. NEAERA. 31.07. Lörrach, Baden in Blut | Berlin, Cassiopeia | 02.10. Rosswein, Juha | 03.09. A-Trimmelkamm, Sakog | 04.09. 05.10. A-Wien, Shelter | 08.10. Karlsruhe, A-Kärnten, Rock The Lake | 25.09. Eichstät- Die Stadtmitte | 10.10. Mülheim, AZ | 12.10. ten, Festhalle Hamburg, Hafenklang PERSISTENCE TOUR mit , CIRCA SURVIVE. 06.09. Hamburg, Molo- BLOOD FOR BLOOD, SEPULTURA, EVER- tow | 07.09. Dortmund, FZW | 08.09. Ber- GREEN TERRACE ... 04.12. Dresden, Messe | lin, Magnet | 09.09. Wiesbaden, Schlachthof 05.12. A-Wien, Gasometer | 07.12. Stuttgart, Filharmonie Filderstadt | 09.12. Saarbrücken, CONVERGE, KYLESA, GAZA, KVELERTAK. Garage | 10.12. Geiselwind, Autohof Stroho- 19.07. Hamburg, Markthalle | 23.07. Berlin, fer | 11.12. Oberhausen, Turbinenhalle Columbia Club | 24.07. Nürnberg, Z-Bau | 25.07. Bochum, Matrix | 03.08. CH-Geneve, PURIFICATION. 31.07. Aachen, Musikbunker L’usine | 06.08. München, Feierwerk | 07.08. | 03.08. CH-Zürich, Werk 21 | 04.08. Augs- Leisnig, Sucks’n’Summer | 10.08. A-Salz- burg, Circus | 05.08. Mannheim, Red Box burg, Rockhouse | 12.08. A-Wien, Arena THE SETUP. 30.07. Bochum, Zwischenfall | CRO-MAGS. 30.07. Bochum, Zwischenfall 06.08. Weinheim, Café Central | 07.08. Leis- | 31.07. Loreley, Rock Area | 03.08. Stutt- nig, Sucks’n’Summer | 27.08. Köln, Under- gart, JuHa West | 04.08. Hamburg, Molotow | ground 06.08. Leisnig, Sucks’n’Summer SKELETONWITCH, , ANGE- CRUEL HAND, MILES AWAY. 24.07. Köln, LUS APATRIDA. 29.08. Saarbrücken, Essigfabrik | 26.07. A-Wien, Shelter | 29.07. Garage | 02.09. A-Wien, Arena | 03.09. München, Feierwerk | 30.07. Rostock, Alte Bischofswerda, East-Club | 04.09. München, Zuckerfabrik | 01.08. Hamburg, Hafenklang Feierwerk | 06.09. Berlin, Magnet | 08.09. | 02.08. Karlsruhe, Die Stadtmitte | 03.08. Hamburg, Hafenklang | 10.09. Essen, Turock Nürnberg, Desi | 04.08. Dessau, Panic Room | 06.08. Leisnig, Sucks’n’Summer | 08.08. STRENGTH APPROACH. 24.07. Bausen- Trier, Ex-Haus dorf-Olkenbach, Riez | 03.08. Stuttgart, JuHa West | 07.08. Leisning, Sucks’n’Summer DENOVALI SWINGFEST mit CELESTE, | 28.08. A-Amstetten, Let’s Get Loud | 26.11. OMEGA MASSIF, HER NAME IS CALLA, Rudolstadt, Saalgärten SWITCHBLADE, 65DAYSOFSTATIC ... 09./10.10 Essen, JZE TONFEST mit PARACHUTES, ANGELS AND ENEMIES, EXPOSED TO NOISE ... 16.10. DEVIL SOLD HIS SOUL. 11.10. Köln, Under- Unna, Lindenbrauerei ground | 13.10. Hamburg, Molotow | 14.10. Berlin, Magnet | 22.10. Stuttgart, JuHa West | STEVE VON TILL, HARVESTMAN. 19.07. 24.10. München, 59to1 CH-Geneve, L’usine | 20.07. München, Kran- halle | 21.07. Köln, Underground | 25.07. Ber- THE DILLINGER ESCAPE PLAN. 04.10. lin, Jägerklause Frankfurt, Batschkapp | 05.10 Leipzig, Conne Island | 06.10 Hamburg, Markthalle | 07.10 WAR FROM A HARLOTS MOUTH. 24.07. Bochum, Zeche | 08.10 Berlin, Columbia Club Karlsruhe Das Fest | 06.08. Leisnig, Sucks’n’Summer | 20.08. Dinkelsbühl, Sum- FINAL PRAYER. 06.08. Egelsee, Schwarzer mer Breeze | 28.08. Greifswald, Baltic Sea | Adler | 07.08. Gränichen, Open Air | 15.08. 11.09. A-Leoben, Hope and Glory

46 FUZE

44-46Fuze23.indd 46 11.07.10 20:21 47Fuze23.indd 47 10.07.10 21:37 48Fuze23.indd 48 08.07.10 10:19